Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 30. Okt. 2015 - L 16 R 741/15 B ER

published on 30/10/2015 00:00
Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 30. Okt. 2015 - L 16 R 741/15 B ER
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Tenor

I.

Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts München vom 11. August 2015 aufgehoben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 22. Juni 2015 bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens angeordnet.

II.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Antragsverfahrens in beiden Rechtszügen.

Gründe

I.

Streitig ist zwischen den Beteiligten die sofortige Vollziehung des Bescheids der Antragsgegnerin vom 22.06.2015, mit dem diese gegenüber der Antragstellerin eine Beitragsforderung von 25.962,64 € einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 6.118,00 € festgesetzt hat.

Die Antragstellerin, die sich seit 03.02.2014 (Eintragung im Handelsregister) in Liquidation befindet, hatte den Betrieb von Bars und Restaurants zum Gegenstand (hier vor allem ehemaliges Restaurant I. in A-Stadt).

Vom 19.09.2014 bis 24.04.2015 führte die Antragsgegnerin bei der Antragstellerin eine Betriebsprüfung durch.

Mit Bescheid vom 22.06.2015 setzte sie nach Anhörung mit Schreiben vom 24.04.2015 eine Nachforderung zur Sozialversicherung in Höhe von 25.962,64 € (darin enthalten Säumniszuschläge in Höhe von 6.118,00 €) fest. Die Betriebsprüfung habe ergeben, dass für alle in der Anlage genannten Personen in ihrer Tätigkeit als Service Restaurant, Service Kochen, sonstige Dienstleistungen (Dienstleistungen als Bar- und Servicekraft), gastronomische Beratung/Management und küchentechnische Beratung ein dem Grunde nach sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestehe. Beiträge wurden für die Kalenderjahre 2011, 2012, und 2013 festgesetzt. Sie betreffen entsprechend der Bezeichnung im Bescheid folgende Personen: N. D., S. K., S. E., S. G., B. H., L. K., C. K., M. M., N. M., R. P., M. R., J. S., J. S., K. Z., C., G., S., B., S. B., B., A. D., H., A. K., S. K., L., M., M., F. N.-D., M. von P., W., W., G., K., N., S. W., A. W., S. S., N. L., M. P., M. a G., B. W., L. Z., J., K. und T.

Soweit für den weit überwiegenden Teil dieser insgesamt 26 Personen Beiträge festgesetzt wurden, enthält der Bescheid den Vermerk „unbekannt“, zum Teil sind nur Vor- oder Nachname benannt, eine Versicherungsnummer ist nur den Arbeitnehmern D., K., S. W., A. W., S. S., N. L., M. P. und M. a G. zugeordnet. Nähere Ausführungen enthält der Bescheid lediglich zur Person des Kochs N. D., da dieser als einziger den Fragebogen zur sozialversicherungsrechtlichen Feststellung beantwortet habe. Dessen Angaben ließen auf ein Beschäftigungsverhältnis schließen. Die anderen Auftragnehmer und die Antragsgegnerin seien ihren Mitwirkungspflichten nicht nachgekommen, weshalb eine Beurteilung nach Aktenlage in Anlehnung an den Fragebogen bzw. das Tätigkeitsfeld der bei der Antragsgegnerin in den gleichen Berufsgruppen abhängig beschäftigten Arbeitnehmer erfolgt sei. Es handle sich ausweislich der teilweise vorhandenen Belege ausschließlich um Servicepersonal in der Gastronomie und es sei von den gleichen Umständen auszugehen. Es seien auch Säumniszuschläge zu erheben. Die Antragstellerin habe grob fahrlässig die Beschäftigungsverhältnisse falsch beurteilt, sie habe die gleichen Arbeiten auch von abhängig Beschäftigten ausführen lassen und sich nicht um die Klärung des Status der anderen Mitarbeiter bemüht.

In den von der Antragsgegnerin vorgelegten Akten befinden sich (Monats-)Rechnungen von N. D. über „Kochen“, Rechnungen von M. a G. über „Service Restaurant“, von R. K. für „Service Kochen“, von M. P. über „Dienstleistung als Bar und Servicekraft“, von R. P. über „Produktion Kochen“, von J. S. über 9 Arbeitsstunden am 23.01.2011, Monatsrechnungen von M. M. als „Mietkoch“, von C. über Gastronomische Beratung/Management, von F. N.-D. über „küchentechnische Beratung“, von PRT (S. K.) über Veranstaltungsbetreuung, Monatsrechnungen von B. W. über „geleistete Tätigkeit“, von S. S. über „erbrachte Dienstleistung“, von S. von K. über Servicetätigkeit, und von A. S. über „Bar und Servicetätigkeiten“. Abgeheftet ist außerdem eine von der Antragsgegnerin bearbeitete Buchungsliste der Buchhaltung über Fremdleistungen. Diese Liste enthält teilweise Namen mit dem Hinweis Aushilfe, Koch, Service Restaurant oder Putzen, daneben aber auch Warenlieferungen oder Namen wie „G. 30 €“ ohne nähere Erläuterung. Diese Liste wurde von der Antragstellerin auf Anforderung der Antragsgegnerin vorgelegt.

Mit ihrem Widerspruch vom 22.07.2015 beantragte die Antragstellerin, die sofortige Vollziehung des Bescheides auszusetzen. Mit Fax vom 23.07.2015 beantragte sie beim Sozialgericht München die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs.

Die Antragsgegnerin habe sich alleine auf die Prüfung des N. D. gestützt, die anderen Auftragnehmer seien nicht geprüft worden, so dass der Bescheid auf einer fehlerhaften Tatsachenfeststellung beruhe. Die Antragstellerin beschäftige festangestellte Arbeitnehmer und vergebe daneben Aufträge an selbstständige Auftragnehmer, die unterschiedlich häufig für sie tätig seien. Die Auftragserteilung erfolge großteils mündlich und sehr kurzfristig, da es im Gastronomiebereich häufig nicht möglich sei, den benötigten Personalbedarf zu bestimmen. Es sei unerlässlich, Selbstständige zu beauftragen, die abhängig von der Bedarfslage einspringen könnten. Diese Auftragnehmer seien nicht weisungsgebunden. So könnten die Köche, auch wenn die Speisekarte vorgegeben sei, selbst Einkäufe tätigen und die Speisekarte mitgestalten. Den Bedienungen könnten keine Weisungen erteilt werden, wie sie zu bedienen hätten, welche Empfehlungen auszusprechen seien und welche Kenntnisse sie aufweisen müssten. Es bestehe keine Weisungsgebundenheit hinsichtlich Zeit und Ort der Tätigkeit und keine festen Anwesenheitszeiten. Es bestehe keine Vertretungsregelung und sie seien nicht berechtigt, wie die festangestellten Mitarbeiter die Sozialeinrichtungen der Antragstellerin zu nutzen, hätten im Gegensatz zu diesen keinen eigenen Spind und würden nicht zur Weihnachtsfeier eingeladen, sie partizipierten nicht von der Mitgliedschaft bei F.F. Sie trügen auch keine Dienstkleidung und seien größtenteils nicht im Besitz eines Schlüssels. Sie seien frei gewesen, einen Auftrag anzunehmen, seien für mehrere Auftraggeber tätig gewesen und nicht zur persönlichen Leistungserbringung verpflichtet gewesen. Die Abrechnung sei aufgrund individueller Preisvereinbarung nach Stunden erfolgt. Es habe ein Unternehmerrisiko bestanden, da nur die geleisteten Stunden bezahlt worden seien. Einige Auftragnehmer besäßen auch eine eigene Betriebsstätte. Köche hätten ihre eigenen Messer mitgebracht. N. D., R. P., S. B. und M. von P. seien als Köche selbstständig gewesen. F. N.-D. sei für verschiedene Dienstleistungen, unter anderem als Koch und als Berater, gebucht worden. Beraterdienstleistungen würden typischerweise von Selbstständigen erbracht. M. a G. habe ein eigenes Gewerbe angemeldet, einen individuellen Stundensatz ausgehandelt und ein erhebliches Unternehmerrisiko getragen, da nicht abzusehen gewesen sei, welchen Gewinn sie erzielen werde. Sie habe selbst bestimmt, wie lange sie wann tätig sein wolle. Gleiches gelte für B. W., S. S., S. von K. und J. S.

S. K. sei Inhaber des Unternehmens PRT und als solcher mit der Betreuung von Veranstaltungen beauftragt worden. A. K. sei Inhaber des Unternehmens W.G. & C., das sich auf Beratungsleistungen im Bereich Bar und Service spezialisiert habe, trete werbend am Markt auf, besitze eine eigene Betriebsstätte und sei aufgrund freier Preisgestaltung tätig gewesen. M. P. habe vom 01.09.2011 bis 30.11.2011 bei der Antragstellerin eine Ausbildung absolviert und sei vor und nach der Ausbildung abhängig von der Auftragslage als selbstständige Barkraft bei der Antragstellerin tätig gewesen. Diese Tätigkeit habe sich erheblich von der Tätigkeit während der Ausbildung unterschieden. Er habe den Stundensatz von 10,00 € festgelegt und Rechnungen gestellt. Für die Auftragnehmer N. M., S. E., M. R., L. Z., L. K., S. K., K., A. D., M., M. a G., T. R, A. W., C. K., J. S., B. H., G., K. Z., M. M., W., die nur an einzelnen Tagen, teilweise nur ein einziges Mal, als Servicekraft für die Antragstellerin tätig gewesen seien, habe bereits keine Eingliederung in die betriebliche Organisation der Antragstellerin stattgefunden. Auch C. sei in ihrer Tätigkeit für das allgemeine Management, die Veranstaltungsleitung und den Einkauf selbstständig tätig gewesen. Herr J. K. sei vom 24.11.2011 bis zum 31.05.2012 als geringfügig Beschäftigter tätig gewesen. Die Beiträge seien entrichtet worden, so dass keine Nachforderung bestehe. Bei der Position B. handele es sich um eine Rechnung für Blumen anlässlich einer Hochzeit am 12.12.2012. Bei der Position L. handele es sich um die Rechnung für eine Weinlieferung, die im Auftrag und für einen Kunden von dessen Lieferanten bezogen worden sei. Bei der Position M. handele es sich um einen Entsorgungsfachbetrieb. Rechnungen hierüber wurden vorgelegt. Schließlich ergebe sich eine unbillige Härte daraus, dass die Vollziehung des Bescheides vom 22.06.2015 die Zahlungsunfähigkeit der Klägerin im Sinne des § 17 Insolvenzordnung (InsO) zur Folge hätte.

Die Antragsgegnerin lehnte mit Schreiben vom 28.07.2015 den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab und beantragte gegenüber dem Sozialgericht, den Antrag abzulehnen.

Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides bestünden nicht. Die betroffenen Personen seien am Verfahren beteiligt worden. Allerdings habe wegen mangelnder Mitwirkung auch der Antragstellerin nur nach Aktenlage entschieden werden können. Bedienungs- und Küchenpersonal in gastronomischen Einrichtungen stünden grundsätzlich in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis. Typische Merkmale unternehmerischen Handelns wie z. B. das Aushandeln von Preisen, Warenbezug, Einstellung von Personal, Einsatz von Kapital und Maschinen, Kundenakquisition und insbesondere ein Unternehmerrisiko im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts hätten nicht festgestellt werden können. Die betroffenen Personen seien auch in die betrieblichen Organisationsstrukturen der Antragstellerin eingebunden gewesen. Die Positionen J. K., B. L. und M. seien im Hauptsachverfahren weiter zu prüfen. Die hierauf entfallende Gesamtforderung von 342,55 € zuzüglich Säumniszuschlägen rechtfertige jedoch nicht die Aussetzung der Vollziehung des gesamten Bescheides.

Dieser Auffassung schloss sich das Sozialgericht an und lehnte mit Beschluss vom 11.08.2015 den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ab. Ernsthafte Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestünden nicht. Dabei sei zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber in § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG das Vollzugsrisiko bei Abgabenbescheiden bewusst auf den Adressaten verlagert habe, um die notwendigen Einnahmen der öffentlichen Hand zur Erfüllung ihrer Aufgaben sicherzustellen. Diese Risikoverteilung würde unterlaufen, wenn bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens die Vollziehung ausgesetzt würde. In den Fällen des § 86a Abs. 2 SGG sei in der Regel das Vollziehungsinteresse vorrangig. Es könne davon ausgegangen werden, dass die im Bescheid vom 22.06.2015 genannten Personen bei der Antragsgegnerin abhängig beschäftigt und damit sozialversicherungspflichtig gewesen seien. Regelmäßig würden Tätigkeiten im Restaurant- und Veranstaltungsbetrieb als Koch, Bedienung, Barkraft und im Management im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt werden. Dies zeige sich auch daran, dass die Antragstellerin selbst Köche und Servicekräfte als festangestellte Mitarbeiter beschäftigt habe. Würden festangestellte Mitarbeiter in der gleichen Tätigkeit beschäftigt, seien Unterschiede in der Tätigkeit herauszuarbeiten, die die Tätigkeit der letzteren im Vergleich zu der der festangestellten Mitarbeiter zu einer selbstständigen machten. Dass Bedarf an flexiblen Arbeitskräften bestehe, Rechnungen gestellt würden, teilweise Gewerbeanmeldungen vorgelegen hätten und die sozialen Einrichtungen der Antragstellerin nicht genutzt werden könnten, sei hierfür nicht ausreichend. Soweit die Auftragnehmer S. K. als Inhaber des Unternehmens PRT und A. K. als Inhaber des Unternehmens W.G. & C. jeweils ein eigenes Unternehmen aufgebaut hätten, sei nicht erkennbar und noch zu prüfen, ob auch die Tätigkeit für die Antragstellerin hierunter falle, was ausweislich der vorgelegten Internetausdrucke schwer vorstellbar sei. Auch kurzzeitige Arbeitseinsätze würden in den Anwendungsbereich des § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV fallen. Das Vorbringen hinsichtlich der Position J. K. sei mangels Vorlage von Nachweisen nicht überprüfbar. Gleiches gelte für den Vortrag, bei der Position „B.“ handele es sich um eine Blumenrechnung und die Position „L.“ sei mit der Rechnung der Firma E.M.P. et F. identisch. Soweit die Antragstellerin geltend mache, bei der Position M. sei fälschlicherweise eine Rechnung eines Entsorgungsfachbetriebes berücksichtigt worden, werde darauf hingewiesen, dass dies wohl zutreffend sei, von der Antragsgegnerin im Rahmen des Widerspruchs aber geprüft werde. Für die einzelnen Personen seien die vorgebrachten Tatsachen und Argumente zu würdigen und weitere Ermittlungen durchzuführen. Gegebenenfalls würden sich auch die betroffenen Auftragnehmer, die sich bis jetzt nicht geäußert haben, nunmehr an dem Verfahren beteiligen und die von der Antragsgegnerin erbetenen Auskünfte erteilen. Bei danach offenem Ausgang des Widerspruchsverfahrens könne die Anordnung der aufschiebenden Wirkung auch nicht darauf gestützt werden, dass die Vollziehung des Bescheides für die Antragstellerin eine unbillige, nicht durch öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Die Antragstellerin habe lediglich pauschal vorgetragen, dass sie Insolvenzantrag stellen müsste, ohne die aktuelle Vermögenssituation konkret darzustellen. Das Interesse der Antragsgegnerin an einer zeitnahen Durchsetzung der Forderung sei aber gerade dann hoch, wenn die Antragstellerin behaupte, dass Zahlungsunfähigkeit drohe. In einer solchen Situation sei die Antragsgegnerin verstärkt gehalten, die Beiträge rasch einzutreiben, um die Funktionsfähigkeit der Sozialversicherung sicherzustellen. Die Antragstellerin habe auch nicht dargelegt, dass die Durchsetzbarkeit der Forderung bei weiterem Zuwarten nicht weiter gefährdet wäre als derzeit. Der Beschluss wurde der Antragstellerin am 18.08.2015 zugestellt.

Am 11.09.2015 (Eingang beim Sozialgericht) hat sie Beschwerde gegen den Beschluss eingelegt, die dem Bayer. Landessozialgericht am 02.10.2010 vorgelegt worden ist.

Die Beschwerde wird im Wesentlichen mit dem Vortrag aus der ersten Instanz begründet.

Die Antragsgegnerin hat mit Schriftsatz vom 13.10.2015 zur Beschwerde Stellung genommen und beantragt,

diese zurückzuweisen.

Bei der Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen müsse es sich um Nachteile handeln, die durch spätere Rückzahlung von tatsächlich nicht geschuldeten Beiträgen nicht mehr korrigierbar seien. Dazu zählten Fälle, in denen die Zahlung zur Arbeitgeberinsolvenz führen oder der Bestand des Unternehmens gefährdet würde. Da sich die Beschwerdeführerin in Liquidation befinde, könne durch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ohnehin der Erhalt des Betriebs nicht mehr gesichert werden. In diesem Fall würden die öffentlichen Interessen an der Geltendmachung der Forderung gegenüber den Liquidatoren überwiegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Antragsgegnerin verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig. Sie ist insbesondere statthaft und form- und fristgerecht erhoben worden (§§ 172, 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Die Beschwerde ist auch begründet. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist begrenzt auf die Dauer des Widerspruchverfahrens.

Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 22.06.2015 ist statthaft gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG, da der Widerspruch gegen den Beitragsbescheid keine aufschiebende Wirkung entfaltet (§ 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG). Danach kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.

Ob vorläufiger Rechtsschutz gewährt wird, steht im Ermessen des Gerichts („kann“) und erfordert grundsätzlich eine Interessenabwägung der relevanten öffentlichen und privaten Belange für den Fall der Gewährung bzw. Nichtgewährung des vorläufigen Rechtsschutzes bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage. In den Fällen des § 86a Abs. 2 Nr. 1 SGG (Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten, Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben) ist Prüfungsmaßstab § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG (vgl. Krodel, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 3. Auflage 2011, Rn. 164 mit weiteren Nachweisen). Nach dieser Regelung soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- und Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Es bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 28.02.2014, die im Wesentlichen darauf beruhen, dass für den Senat anhand der von der Antragsgegnerin vorgelegten Akten nicht feststellbar ist, auf welcher Grundlage die Antragsgegnerin für den größten Teil der in der Anlage aufgeführten Personen zu den streitigen Feststellungen gekommen ist. Derzeit würde der Bescheid gerichtlicher Überprüfung voraussichtlich nicht standhalten.

Streitig ist zwischen den Beteiligten eine Beitragsforderung in Höhe von 19.844,64 € zuzüglich der hieraus errechneten Säumniszuschläge aufgrund einer Betriebsprüfung nach § 28p Abs. 1 SGB IV. Auf welche Grundlagen die Antragsgegnerin die darin getroffenen Feststellungen gestützt hat und welche Ermittlungen sie durchgeführt hat, kann nach den vorgelegten Akten nur bedingt nachvollzogen werden. Zwar befinden sich für einzelne der Personen Rechnungen in den Akten. Bei der überwiegenden Zahl der im Bescheid als Arbeitnehmer aufgeführten (und von der Antragsgegnerin selbst als unbekannt gekennzeichneten) Personen erschließt sich dem Senat jedoch nicht, auf welcher Grundlage die Antragsgegnerin zum Ergebnis gekommen ist, diese seien jeweils bei der Antragstellerin beschäftigt gewesen. Möglicherweise waren Grundlage die auszugsweise in den Akten abgehefteten Auflistungen über Fremdleistungen, die aber nur teilweise Rückschlüsse dahingehend zulassen, es habe sich dabei um Beschäftigungsverhältnisse gehandelt. Auch im Bescheid wird dies nicht näher erläutert. Die Formulierung „teilweise“ legt nahe, dass tatsächlich nur für einen Teil der angenommenen Beschäftigungsverhältnisse Quittungen bzw. Rechnungen vorgelegen haben.

Der Einwand der Antragstellerin, dass es sich dabei nicht einmal um Dienstleistungen, sondern um Warenlieferungen gehandelt habe, erscheint vor dem Hintergrund der vorgelegten Rechnungen (M.) nicht von vornherein unberechtigt und gibt Anlass zu Zweifeln, ob für alle im Bescheid genannten Personen, soweit es sich dabei um Personen handelt, die für die Feststellung einer Beitragspflicht erforderlichen Feststellungen getroffen wurden.

Die Träger der Rentenversicherung prüfen bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach dem Gesetz, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung gegenüber den Arbeitgebern (§ 28p Abs. 1 SGB IV). Die Arbeitgeber sind verpflichtet, an der Prüfung mitzuwirken und die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen (§ 28p Abs. 5 SGB IV). Dazu gehören insbesondere Geschäftsbücher, Listen und die Unterlagen, aus denen Angaben zur Beschäftigung hervorgehen. Welche Verpflichtungen die Arbeitgeber im Einzelnen treffen, regelt die Beitragsverfahrensverordnung (BVV). Ermächtigungsgrundlage zum Erlass der Verordnung ist § 28p Abs. 9 Nr. 1 SGB IV. Aber eine fehlende Mitwirkung entbindet den Träger der Rentenversicherung aus den o.g. Gründen nicht von seiner Pflicht zur Amtsermittlung (§ 20 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - SGB X). Die Verpflichtung zur Feststellung der angefallenen Beiträge steht nicht nur im Interesse des Arbeitgebers, sondern vor allem im Interesse der betroffenen Arbeitnehmer. Denn es handelt sich bei Sozialversicherungsbeiträgen nicht um Abgaben im Sinne einer Steuer, ihnen steht vielmehr ein konkreter Anspruch des Arbeitnehmers gegenüber, bei Erfüllung der entsprechenden gesetzlichen Voraussetzungen auch die gesetzlich garantierten Leistungen zu erhalten (Beschluss des Bayer. Landessozialgericht (LSG) vom 30.07.2012, L 5 R 267/12 B ER). Nur wenn der Arbeitgeber seine Aufzeichnungspflichten nicht erfüllt hat und dadurch die erforderlichen Feststellungen nicht mehr getroffen werden können, sieht das Gesetz in § 28f Abs. 2 SGB IV die Möglichkeit vor, Arbeitsentgelte zu schätzen oder einen Summenbescheid zu erlassen. Entscheidend ist, ob ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden kann, dass Beiträge nicht zu zahlen waren oder Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden kann (zu den Anforderungen an einen Summenbescheid vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 17.12.2014, B 12 KR 19/12 R). Unter Umständen ist, soweit einzelne Beschäftigte ermittelbar sind und andere nicht, auch „zweigleisig“ zu fahren. Ermöglicht der Arbeitgeber die erforderlichen Feststellungen auch im Widerspruchsverfahren nicht, kann er sich im Gerichtsverfahren nicht mehr mit Erfolg gegen einen Summenbescheid wenden (BSG, Urteil vom 07.02.2002, B 12 KR 12/01 R).

In jedem Fall ist aber zunächst festzustellen, dass der Beitragsforderung Beschäftigungsverhältnisse zugrunde gelegen haben. Soweit es sich um einmalige oder von vornherein befristete Beschäftigungsverhältnisse gehandelt hat, sind die Regelungen zur Versicherungsfreiheit in § 8 Abs. 1 Nr. 2 SGB IV zu beachten. Gerade bei geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen im Gastronomiebereich, in dem viele Studenten arbeiten, stellt sich außerdem die Frage, ob diese nicht gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) von der Krankenversicherungspflicht befreit sind. Gleiches gilt für die Versicherungspflicht nach dem Recht der Arbeitsförderung (§ 27 Abs. 4 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - SGB III).

Ob und auf welcher Grundlage die Antragsgegnerin diese Feststellungen getroffen hat und ob ihr dies möglich gewesen wäre, vermag der Senat für den überwiegenden Teil der im Bescheid aufgeführten Personen nicht festzustellen. Danach ist lediglich nachvollziehbar, dass die Antragsgegnerin sich ohne Erfolg an Herrn S.K., Herrn J. K. und Frau S. S. gewandt hat. Dass die Antragstellerin ihre Aufzeichnungspflichten verletzt hätte, kann weder den Akten entnommen werden, noch wird dies von der Antragsgegnerin vorgetragen. Dass es während der über sechs Monate andauernden Prüfung nicht möglich gewesen sein soll, mit dem Ansprechpartner der Antragstellerin persönlich zu klären, welche Personen für die Antragstellerin in welcher Funktion tätig waren und bei welchen Posten es sich um Waren- oder Lieferantenrechnungen handelt, ist für den Senat nicht nachvollziehbar. Dies zu klären und damit die erforderlichen Ermittlungen im Verwaltungsverfahren nachzuholen, wird nicht als Aufgabe der Gerichte angesehen (vgl. zur Funktionstrennung von Verwaltung und Gerichten: BSG, Urteil vom 25.06.2015, B 14 AS 30/14 R - Terminbericht).

Zwar teilt auch der Senat die Auffassung des Sozialgerichts, dass der Vortrag zur Selbstständigkeit der „auf Rechnung“ beschäftigten Aushilfen nicht geeignet ist, eine Beschäftigung auszuschließen. Insbesondere stehen weder eine anderweitig ausgeübte Selbstständigkeit noch die Möglichkeit, einen Auftrag abzulehnen oder für andere Auftraggeber tätig zu sein, der Annahme einer Beschäftigung entgegen. Das bedeutet, dass die als Servicemitarbeiter, Bedienungen und Köche beauftragten Personen wohl ebenso bei der Antragstellerin beschäftigt gewesen sein dürften wie die fest angestellten Mitarbeiter, wenn auch im Einzelfall nur kurzfristig. Auch die Tatsache, dass Einzelne offensichtlich nur einmalig für die Antragstellerin gearbeitet haben, steht weder einer Eingliederung in deren Betrieb im Rahmen dieser kurzfristigen Tätigkeit noch der Annahme eines Beschäftigungsverhältnisses entgegen.

Auch wenn danach hinsichtlich des wohl größeren Teils der geforderten Summe keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken bestehen, werden aufgrund der dargestellten Mängel des streitigen Bescheids die Interessen der Antragstellerin, bis zum Abschluss der im Übrigen auch von der Antragsgegnerin selbst noch für erforderlich angesehenen Ermittlungen von einer Vollstreckung vorläufig verschont zu bleiben, als überwiegend angesehen. Dies gilt auch vor dem Hintergrund der Auflösung der Gesellschaft. Richtig ist, dass der Betrieb der Antragstellerin aufgrund deren Auflösung nicht mehr gefährdet werden kann. Von den noch durchzuführenden Ermittlungen hängt aber ab, in welcher Höhe die Forderung der Antragsgegnerin berechtigt ist, was unter Umständen Auswirkungen auf die Frage haben kann, ob eine ordnungsgemäße Liquidation noch möglich ist. Bis dahin sind die Interessen der Antragsgegnerin durch die Regelung in § 73 Abs. 2 Satz 2 GmbH-Gesetz weitgehend geschützt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Satz 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Festsetzung des Streitwerts folgt derjenigen des Sozialgerichts (§§ 52, Abs. 3, 47 Abs. 2 Gerichtskostengesetz).

Dieser Beschluss ist für die Beteiligten unanfechtbar (§ 177 SGG).

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Annotations

(1) Allgemeiner Eröffnungsgrund ist die Zahlungsunfähigkeit.

(2) Der Schuldner ist zahlungsunfähig, wenn er nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Zahlungsunfähigkeit ist in der Regel anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung.

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt

1.
bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten,
2.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen,
3.
für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen,
4.
in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen,
5.
in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 kann die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder die über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 ist in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts die nächsthöhere Behörde zuständig, es sei denn, diese ist eine oberste Bundes- oder eine oberste Landesbehörde. Die Entscheidung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Die Stelle kann die Entscheidung jederzeit ändern oder aufheben.

(4) Die aufschiebende Wirkung entfällt, wenn eine Erlaubnis nach Artikel 1 § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) geändert worden ist, aufgehoben oder nicht verlängert wird. Absatz 3 gilt entsprechend.

(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag

1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen,
2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen,
3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen oder befolgt worden, kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder die Anordnung der sofortigen Vollziehung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Maßnahmen jederzeit ändern oder aufheben.

(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung.

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt

1.
bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten,
2.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen,
3.
für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen,
4.
in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen,
5.
in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 kann die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder die über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 ist in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts die nächsthöhere Behörde zuständig, es sei denn, diese ist eine oberste Bundes- oder eine oberste Landesbehörde. Die Entscheidung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Die Stelle kann die Entscheidung jederzeit ändern oder aufheben.

(4) Die aufschiebende Wirkung entfällt, wenn eine Erlaubnis nach Artikel 1 § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) geändert worden ist, aufgehoben oder nicht verlängert wird. Absatz 3 gilt entsprechend.

(1) Die Träger der Rentenversicherung prüfen bei den Arbeitgebern, ob diese ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, ordnungsgemäß erfüllen; sie prüfen insbesondere die Richtigkeit der Beitragszahlungen und der Meldungen (§ 28a) mindestens alle vier Jahre. Die Prüfung soll in kürzeren Zeitabständen erfolgen, wenn der Arbeitgeber dies verlangt. Die Einzugsstelle unterrichtet den für den Arbeitgeber zuständigen Träger der Rentenversicherung, wenn sie eine alsbaldige Prüfung bei dem Arbeitgeber für erforderlich hält. Die Prüfung umfasst auch die Entgeltunterlagen der Beschäftigten, für die Beiträge nicht gezahlt wurden. Die Träger der Rentenversicherung erlassen im Rahmen der Prüfung Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den Arbeitgebern; insoweit gelten § 28h Absatz 2 sowie § 93 in Verbindung mit § 89 Absatz 5 des Zehnten Buches nicht. Die landwirtschaftliche Krankenkasse nimmt abweichend von Satz 1 die Prüfung für die bei ihr versicherten mitarbeitenden Familienangehörigen vor.

(1a) Die Prüfung nach Absatz 1 umfasst die ordnungsgemäße Erfüllung der Meldepflichten nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz und die rechtzeitige und vollständige Entrichtung der Künstlersozialabgabe durch die Arbeitgeber. Die Prüfung erfolgt

1.
mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern, die als abgabepflichtige Unternehmer nach § 24 des Künstlersozialversicherungsgesetzes bei der Künstlersozialkasse erfasst wurden,
2.
mindestens alle vier Jahre bei den Arbeitgebern mit mehr als 19 Beschäftigten und
3.
bei mindestens 40 Prozent der im jeweiligen Kalenderjahr zur Prüfung nach Absatz 1 anstehenden Arbeitgeber mit weniger als 20 Beschäftigten.
Hat ein Arbeitgeber mehrere Beschäftigungsbetriebe, wird er insgesamt geprüft. Das Prüfverfahren kann mit der Aufforderung zur Meldung eingeleitet werden. Die Träger der Deutschen Rentenversicherung erlassen die erforderlichen Verwaltungsakte zur Künstlersozialabgabepflicht, zur Höhe der Künstlersozialabgabe und zur Höhe der Vorauszahlungen nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz einschließlich der Widerspruchsbescheide. Die Träger der Rentenversicherung unterrichten die Künstlersozialkasse über Sachverhalte, welche die Melde- und Abgabepflichten der Arbeitgeber nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz betreffen. Für die Prüfung der Arbeitgeber durch die Künstlersozialkasse gilt § 35 des Künstlersozialversicherungsgesetzes.

(1b) Die Träger der Rentenversicherung legen im Benehmen mit der Künstlersozialkasse die Kriterien zur Auswahl der nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 zu prüfenden Arbeitgeber fest. Die Auswahl dient dem Ziel, alle abgabepflichtigen Arbeitgeber zu erfassen. Arbeitgeber mit weniger als 20 Beschäftigten, die nicht nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 zu prüfen sind, werden durch die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1 im Hinblick auf die Künstlersozialabgabe beraten. Dazu erhalten sie mit der Prüfankündigung Hinweise zur Künstlersozialabgabe. Im Rahmen der Prüfung nach Absatz 1 lässt sich der zuständige Träger der Rentenversicherung durch den Arbeitgeber schriftlich oder elektronisch bestätigen, dass der Arbeitgeber über die Künstlersozialabgabe unterrichtet wurde und abgabepflichtige Sachverhalte melden wird. Bestätigt der Arbeitgeber dies nicht, wird die Prüfung nach Absatz 1a Satz 1 unverzüglich durchgeführt. Erlangt ein Träger der Rentenversicherung im Rahmen einer Prüfung nach Absatz 1 bei Arbeitgebern mit weniger als 20 Beschäftigten, die nicht nach Absatz 1a Satz 2 Nummer 3 geprüft werden, Hinweise auf einen künstlersozialabgabepflichtigen Sachverhalt, muss er diesen nachgehen.

(1c) Die Träger der Rentenversicherung teilen den Trägern der Unfallversicherung die Feststellungen aus der Prüfung bei den Arbeitgebern nach § 166 Absatz 2 des Siebten Buches mit. Die Träger der Unfallversicherung erlassen die erforderlichen Bescheide.

(2) Im Bereich der Regionalträger richtet sich die örtliche Zuständigkeit nach dem Sitz der Lohn- und Gehaltsabrechnungsstelle des Arbeitgebers. Die Träger der Rentenversicherung stimmen sich darüber ab, welche Arbeitgeber sie prüfen; ein Arbeitgeber ist jeweils nur von einem Träger der Rentenversicherung zu prüfen.

(3) Die Träger der Rentenversicherung unterrichten die Einzugsstellen über Sachverhalte, soweit sie die Zahlungspflicht oder die Meldepflicht des Arbeitgebers betreffen.

(4) Die Deutsche Rentenversicherung Bund führt ein Dateisystem, in dem die Träger der Rentenversicherung ihre elektronischen Akten führen, die im Zusammenhang mit der Durchführung der Prüfungen nach den Absätzen 1, 1a und 1c stehen. Die in diesem Dateisystem gespeicherten Daten dürfen nur für die Prüfung bei den Arbeitgebern durch die jeweils zuständigen Träger der Rentenversicherung verarbeitet werden.

(5) Die Arbeitgeber sind verpflichtet, angemessene Prüfhilfen zu leisten. Abrechnungsverfahren, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen durchgeführt werden, sind in die Prüfung einzubeziehen.

(6) Zu prüfen sind auch steuerberatende Stellen, Rechenzentren und vergleichbare Einrichtungen, die im Auftrag des Arbeitgebers oder einer von ihm beauftragten Person Löhne und Gehälter abrechnen oder Meldungen erstatten. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich im Bereich der Regionalträger nach dem Sitz dieser Stellen. Absatz 5 gilt entsprechend.

(6a) Für die Prüfung nach Absatz 1 sind dem zuständigen Rentenversicherungsträger die notwendigen Daten elektronisch aus einem systemgeprüften Entgeltabrechnungsprogramm zu übermitteln; für Daten aus der Finanzbuchhaltung kann dies nur im Einvernehmen mit dem Arbeitgeber erfolgen. Die Deutsche Rentenversicherung Bund bestimmt in Grundsätzen bundeseinheitlich das Nähere zum Verfahren der Datenübermittlung und der dafür erforderlichen Datensätze und Datenbausteine. Die Grundsätze bedürfen der Genehmigung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, das vorher die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände anzuhören hat.

(7) Die Träger der Rentenversicherung haben eine Übersicht über die Ergebnisse ihrer Prüfungen zu führen und bis zum 31. März eines jeden Jahres für das abgelaufene Kalenderjahr den Aufsichtsbehörden vorzulegen. Das Nähere über Inhalt und Form der Übersicht bestimmen einvernehmlich die Aufsichtsbehörden der Träger der Rentenversicherung mit Wirkung für diese.

(8) Die Deutsche Rentenversicherung Bund führt ein Dateisystem, in dem der Name, die Anschrift, die Betriebsnummer, der für den Arbeitgeber zuständige Unfallversicherungsträger und weitere Identifikationsmerkmale eines jeden Arbeitgebers sowie die für die Planung der Prüfungen bei den Arbeitgebern und die für die Übersichten nach Absatz 7 erforderlichen Daten gespeichert sind; die Deutsche Rentenversicherung Bund darf die in diesem Dateisystem gespeicherten Daten nur für die Prüfung bei den Arbeitgebern und zur Ermittlung der nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz abgabepflichtigen Unternehmer verarbeiten. In das Dateisystem ist eine Kennzeichnung aufzunehmen, wenn nach § 166 Absatz 2 Satz 2 des Siebten Buches die Prüfung der Arbeitgeber für die Unfallversicherung nicht von den Trägern der Rentenversicherung durchzuführen ist; die Träger der Unfallversicherung haben die erforderlichen Angaben zu übermitteln. Die Datenstelle der Rentenversicherung führt für die Prüfung bei den Arbeitgebern ein Dateisystem, in dem neben der Betriebsnummer eines jeden Arbeitgebers, die Betriebsnummer des für den Arbeitgeber zuständigen Unfallversicherungsträgers, die Unternehmernummer nach § 136a des Siebten Buches des Arbeitgebers, das in der Unfallversicherung beitragspflichtige Entgelt der bei ihm Beschäftigten in Euro, die anzuwendenden Gefahrtarifstellen der bei ihm Beschäftigten, die Versicherungsnummern der bei ihm Beschäftigten einschließlich des Beginns und des Endes von deren Beschäftigung, die Bezeichnung der für jeden Beschäftigten zuständigen Einzugsstelle sowie eine Kennzeichnung des Vorliegens einer geringfügigen Beschäftigung gespeichert sind. Sie darf die Daten der Stammsatzdatei nach § 150 Absatz 1 und 2 des Sechsten Buches sowie die Daten des Dateisystems nach § 150 Absatz 3 des Sechsten Buches und der Stammdatendatei nach § 101 für die Prüfung bei den Arbeitgebern speichern, verändern, nutzen, übermitteln oder in der Verarbeitung einschränken; dies gilt für die Daten der Stammsatzdatei auch für Prüfungen nach § 212a des Sechsten Buches. Sie ist verpflichtet, auf Anforderung des prüfenden Trägers der Rentenversicherung

1.
die in den Dateisystemen nach den Sätzen 1 und 3 gespeicherten Daten,
2.
die in den Versicherungskonten der Träger der Rentenversicherung gespeicherten, auf den Prüfungszeitraum entfallenden Daten der bei dem zu prüfenden Arbeitgeber Beschäftigten,
3.
die bei den für den Arbeitgeber zuständigen Einzugsstellen gespeicherten Daten aus den Beitragsnachweisen (§ 28f Absatz 3) für die Zeit nach dem Zeitpunkt, bis zu dem der Arbeitgeber zuletzt geprüft wurde,
4.
die bei der Künstlersozialkasse über den Arbeitgeber gespeicherten Daten zur Melde- und Abgabepflicht für den Zeitraum seit der letzten Prüfung sowie
5.
die bei den Trägern der Unfallversicherung gespeicherten Daten zur Melde- und Beitragspflicht sowie zur Gefahrtarifstelle für den Zeitraum seit der letzten Prüfung
zu verarbeiten, soweit dies für die Prüfung, ob die Arbeitgeber ihre Meldepflichten und ihre sonstigen Pflichten nach diesem Gesetzbuch, die im Zusammenhang mit dem Gesamtsozialversicherungsbeitrag stehen, sowie ihre Pflichten als zur Abgabe Verpflichtete nach dem Künstlersozialversicherungsgesetz und ihre Pflichten nach dem Siebten Buch zur Meldung und Beitragszahlung ordnungsgemäß erfüllen, erforderlich ist. Die dem prüfenden Träger der Rentenversicherung übermittelten Daten sind unverzüglich nach Abschluss der Prüfung bei der Datenstelle und beim prüfenden Träger der Rentenversicherung zu löschen. Die Träger der Rentenversicherung, die Einzugsstellen, die Künstlersozialkasse und die Bundesagentur für Arbeit sind verpflichtet, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Datenstelle die für die Prüfung bei den Arbeitgebern erforderlichen Daten zu übermitteln. Sind für die Prüfung bei den Arbeitgebern Daten zu übermitteln, so dürfen sie auch durch Abruf im automatisierten Verfahren übermittelt werden, ohne dass es einer Genehmigung nach § 79 Absatz 1 des Zehnten Buches bedarf. Soweit es für die Erfüllung der Aufgaben der gemeinsamen Einrichtung als Einzugsstelle nach § 356 des Dritten Buches erforderlich ist, wertet die Datenstelle der Rentenversicherung aus den Daten nach Satz 5 das Identifikationsmerkmal zur wirtschaftlichen Tätigkeit des geprüften Arbeitgebers sowie die Angaben über die Tätigkeit nach dem Schlüsselverzeichnis der Bundesagentur für Arbeit der Beschäftigten des geprüften Arbeitgebers aus und übermittelt das Ergebnis der gemeinsamen Einrichtung. Die übermittelten Daten dürfen von der gemeinsamen Einrichtung auch zum Zweck der Erfüllung der Aufgaben nach § 5 des Tarifvertragsgesetzes genutzt werden. Die Kosten der Auswertung und der Übermittlung der Daten nach Satz 9 hat die gemeinsame Einrichtung der Deutschen Rentenversicherung Bund zu erstatten. Die gemeinsame Einrichtung berichtet dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales bis zum 1. Januar 2025 über die Wirksamkeit des Verfahrens nach Satz 9.

(9) Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales bestimmt im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Gesundheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates das Nähere über

1.
den Umfang der Pflichten des Arbeitgebers, der Beschäftigten und der in Absatz 6 genannten Stellen bei Abrechnungsverfahren, die mit Hilfe automatischer Einrichtungen durchgeführt werden,
2.
die Durchführung der Prüfung sowie die Behebung von Mängeln, die bei der Prüfung festgestellt worden sind, und
3.
den Inhalt des Dateisystems nach Absatz 8 Satz 1 hinsichtlich der für die Planung der Prüfungen bei Arbeitgebern und der für die Prüfung bei Einzugsstellen erforderlichen Daten, über den Aufbau und die Aktualisierung dieses Dateisystems sowie über den Umfang der Daten aus diesem Dateisystem, die von den Einzugsstellen und der Bundesagentur für Arbeit nach § 28q Absatz 5 abgerufen werden können.

(10) Arbeitgeber werden wegen der Beschäftigten in privaten Haushalten nicht geprüft.

(11) Sind beim Übergang der Prüfung der Arbeitgeber von Krankenkassen auf die Träger der Rentenversicherung Angestellte übernommen worden, die am 1. Januar 1995 ganz oder überwiegend mit der Prüfung der Arbeitgeber beschäftigt waren, sind die bis zum Zeitpunkt der Übernahme gültigen Tarifverträge oder sonstigen kollektiven Vereinbarungen für die übernommenen Arbeitnehmer bis zum Inkrafttreten neuer Tarifverträge oder sonstiger kollektiver Vereinbarungen maßgebend. Soweit es sich bei einem gemäß Satz 1 übernommenen Beschäftigten um einen Dienstordnungs-Angestellten handelt, tragen der aufnehmende Träger der Rentenversicherung und die abgebende Krankenkasse bei Eintritt des Versorgungsfalles die Versorgungsbezüge anteilig, sofern der Angestellte im Zeitpunkt der Übernahme das 45. Lebensjahr bereits vollendet hatte. § 107b Absatz 2 bis 5 des Beamtenversorgungsgesetzes gilt sinngemäß.

(1) Der Arbeitgeber hat für jeden Beschäftigten, getrennt nach Kalenderjahren, Entgeltunterlagen im Geltungsbereich dieses Gesetzes in deutscher Sprache zu führen und bis zum Ablauf des auf die letzte Prüfung (§ 28p) folgenden Kalenderjahres geordnet aufzubewahren. Satz 1 gilt nicht hinsichtlich der Beschäftigten in privaten Haushalten. Die landwirtschaftliche Krankenkasse kann wegen der mitarbeitenden Familienangehörigen Ausnahmen zulassen. Für die Aufbewahrung der Beitragsabrechnungen und der Beitragsnachweise gilt Satz 1.

(1a) Bei der Ausführung eines Dienst- oder Werkvertrages im Baugewerbe oder durch Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, die im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig sind und im Auftrag eines anderen Unternehmers Pakete befördern, hat der Unternehmer die Entgeltunterlagen und die Beitragsabrechnung so zu gestalten, dass eine Zuordnung der Arbeitnehmer, des Arbeitsentgelts und des darauf entfallenden Gesamtsozialversicherungsbeitrags zu dem jeweiligen Dienst- oder Werkvertrag möglich ist. Die Pflicht nach Satz 1 ruht für einen Unternehmer im Speditions-, Transport- und damit verbundenen Logistikgewerbe, der im Bereich der Kurier-, Express- und Paketdienste tätig ist, solange er eine Präqualifikation oder eine Unbedenklichkeitsbescheinigung im Sinne von § 28e Absatz 3f Satz 1 und 2 oder eine Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 150 Absatz 3 Satz 2 des Siebten Buches vorlegen kann.

(1b) Hat ein Arbeitgeber keinen Sitz im Inland, hat er zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Satz 1 einen Bevollmächtigten mit Sitz im Inland zu bestellen. Als Sitz des Arbeitgebers gilt der Beschäftigungsbetrieb des Bevollmächtigten im Inland, in Ermangelung eines solchen der Wohnsitz oder gewöhnliche Aufenthalt des Bevollmächtigten. Im Fall von Satz 2 zweiter Halbsatz findet § 98 Absatz 1 Satz 4 des Zehnten Buches keine Anwendung.

(2) Hat ein Arbeitgeber die Aufzeichnungspflicht nicht ordnungsgemäß erfüllt und können dadurch die Versicherungs- oder Beitragspflicht oder die Beitragshöhe nicht festgestellt werden, kann der prüfende Träger der Rentenversicherung den Beitrag in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung und zur Arbeitsförderung von der Summe der vom Arbeitgeber gezahlten Arbeitsentgelte geltend machen. Satz 1 gilt nicht, soweit ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand festgestellt werden kann, dass Beiträge nicht zu zahlen waren oder Arbeitsentgelt einem bestimmten Beschäftigten zugeordnet werden kann. Soweit der prüfende Träger der Rentenversicherung die Höhe der Arbeitsentgelte nicht oder nicht ohne unverhältnismäßig großen Verwaltungsaufwand ermitteln kann, hat er diese zu schätzen. Dabei ist für das monatliche Arbeitsentgelt eines Beschäftigten das am Beschäftigungsort ortsübliche Arbeitsentgelt mitzuberücksichtigen. Der prüfende Träger der Rentenversicherung hat einen auf Grund der Sätze 1, 3 und 4 ergangenen Bescheid insoweit zu widerrufen, als nachträglich Versicherungs- oder Beitragspflicht oder Versicherungsfreiheit festgestellt und die Höhe des Arbeitsentgelts nachgewiesen werden. Die von dem Arbeitgeber auf Grund dieses Bescheides geleisteten Zahlungen sind insoweit mit der Beitragsforderung zu verrechnen.

(3) Der Arbeitgeber hat der Einzugsstelle einen Beitragsnachweis zwei Arbeitstage vor Fälligkeit der Beiträge durch Datenübertragung zu übermitteln; dies gilt nicht hinsichtlich der Beschäftigten in privaten Haushalten bei Verwendung von Haushaltsschecks. Übermittelt der Arbeitgeber den Beitragsnachweis nicht zwei Arbeitstage vor Fälligkeit der Beiträge, so kann die Einzugsstelle das für die Beitragsberechnung maßgebende Arbeitsentgelt schätzen, bis der Nachweis ordnungsgemäß übermittelt wird. Der Beitragsnachweis gilt für die Vollstreckung als Leistungsbescheid der Einzugsstelle und im Insolvenzverfahren als Dokument zur Glaubhaftmachung der Forderungen der Einzugsstelle. Im Beitragsnachweis ist auch die Steuernummer des Arbeitgebers anzugeben, wenn der Beitragsnachweis die Pauschsteuer für geringfügig Beschäftigte enthält.

(4) (weggefallen)

(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.

(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.