Bayerisches Landessozialgericht Beschluss, 06. Feb. 2018 - L 11 AS 92/18 NZB

bei uns veröffentlicht am06.02.2018

Tenor

I. Die Beschwerden gegen die Nichtzulassung der Berufung im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 28.07.2017 - S 4 AS 257/17 - werden verworfen.

II. Die Anträge der Kläger auf Aufhebung der im Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Bayreuth vom 28.07.2017 - S 4 AS 257/17 - getroffenen Entscheidung, ihnen Gerichtskosten in Höhe von jeweils 150,00 € aufzuerlegen (

II. des Gerichtsbescheides), werden abgelehnt.

III. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Gründe

I.

Das Sozialgericht Bayreuth (SG) hat mit Gerichtsbescheid vom 28.07.2017 unter Punkt I. die Klagen der Kläger gegen einen allein die Klägerin zu 1) betreffenden Sanktionsbescheid abgewiesen und den Klägern Gerichtskosten in Höhe von jeweils 150,00 € auferlegt. Die Klage des Klägers zu 2) gegen den allein die Klägerin zu 1) betreffenden Sanktionsbescheid vom 08.05.2017 sei mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig; er sei davon nicht betroffen. Die Klage der Klägerin zu 1) sei mangels Durchführung des Widerspruchsverfahrens unzulässig, wäre aber auch unbegründet. Wegen der Aussichtslosigkeit der Klagen hätten sie jeweils Gerichtskosten in Höhe von 150,00 € zu tragen (Punkt II.).

Die Gerichtsbescheide sollten durch Einschreiben mit Rückschein zugestellt werden, kamen aber als „Nicht abgeholt“ zurück. Mit Schreiben vom 22.11.2017 hat das SG die Gerichtsbescheide nochmals formlos an die Kläger übersandt.

Am 16.01.2018 haben die Kläger Nichtzulassungsbeschwerden durch Niederschrift des SG erhoben und die Aufhebung des Gerichtsbescheides und der Gerichtskosten begehrt. Der Gerichtsbescheid sei ihnen nicht ordnungsgemäß zugestellt worden. Auf Nachfrage des Gerichts haben sie mitgeteilt, den Gerichtsbescheid hätten sie Ende November 2017 erhalten. Die Beschwerdefrist sei versäumt.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.

II.

Die am 16.01.2018 zur Niederschrift des Sozialgerichts erhobene und am 19.01.2018 beim Bayer. Landessozialgericht (LSG) eingegangenen Nichtzulassungsbeschwerden sind unzulässig, sie sind verfristet erhoben worden.

Gemäß § 145 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind die Beschwerden beim LSG innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich oder zu Niederschrift des Urkundsbeamten einzulegen. Zwar sind die Gerichtsbescheide den Klägern nicht formgerecht per Einschreiben mit Rückschein - wie vom SG verfügt - zugestellt worden, denn eine Aushändigung ist nicht erfolgt. Die Kläger haben die Gerichtsbescheide auch nicht bei der Post abgeholt, so dass diese als „Nicht abgeholt“ zum SG zurückkamen. Damit ist eine formgerechte Zustellung gemäß § 175 Zivilprozessordnung (ZPO) iVm § 63 SGG nicht erfolgt (vgl. Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, § 63 Rn. 9a). § 179 ZPO greift bei der Zustellung mittels Einschreibens nicht ein (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 04.08.2010 - L 2 SO 18/10 - veröffentlicht in Juris). Allerdings haben die Kläger die Entscheidungen des SG als Anlage zum Schreiben des SG vom 22.11.2017 tatsächlich spätestens Ende November - so die Mitteilung der Kläger auf Nachfrage des LSG - erhalten. Damit ist der Zustellungsmangel gemäß § 189 ZPO geheilt, so dass die Frist zur Erhebung der Nichtzulassungsbeschwerde spätestens am 01.12.2017 zu laufen beginnt und am 02.01.2018 (31.12.2017 = Sonntag, 01.01.2018 = Feiertag) abgelaufen ist (vgl. dazu auch: BSG, Beschluss vom 15.11.2010 - B 8 SO 71/10 B - veröffentlich in Juris).

Gründe für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 67 SGG werden von den Klägern nicht genannt und sind für den Senat auch nicht ersichtlich.

Die Anträge der Kläger auf Aufhebung der Gerichtskosten in Höhe von jeweils 150,00 € sind ebenfalls abzulehnen. Eine Überprüfung der Kostenentscheidung des SG im Rahmen der Nichtzulassungsbeschwerde ist dem Senat verwehrt, nachdem die Nichtzulassung selbst unzulässig ist und eine isolierte Anfechtung der Kostenentscheidung - samt Prüfung der Anwendung des § 192 SGG - nicht zur Zulässigkeit der Berufung führen kann (§ 144 Abs. 4 SGG). Damit kann auch diese Kostenentscheidung nicht gesondert mit der Beschwerde angefochten werden. Der Senat hat eine Kostenentscheidung nur dann zu treffen, wenn er im Rahmen einer zugelassenen bzw. zulässigen Berufung in der Hauptsache auch die Kostenentscheidung des SG zu prüfen hat (vgl. BSG, Beschluss vom 28.10.2010 - B 13 R 229/10 B - veröffentlicht in Juris).

Nach alledem waren die Nichtzulassungsbeschwerden zu verwerfen und die Anträge auf Aufhebung der Kostenentscheidung des SG abzulehnen.

Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).

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Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


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(1) Das Gericht kann im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass 1. durch Verschulden des Beteiligten die Vertagung einer mün

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(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sind den Beteiligten zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist. Terminbestimmungen und Ladungen sind bekannt zu geben. (2) Zugest

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Tenor

I. Die Klage gegen den Bescheid vom 08.05.2017 wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Klägerin zu 1 und der Kläger zu und 2 haben Gerichtskosten in Höhe von jeweils 150,00 € zu tragen.

Tatbestand

Die Kläger wenden sich gegen einen Sanktionsbescheid nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), der gegenüber der Klägerin zu 1 erlassen wurde.

Die Kläger zu 1 und 2 sind verheiratet und bilden eine Bedarfsgemeinschaft.

Die Klägerin zu 1 wurde wiederholt aufgefordert, beim Beklagten vorzusprechen. Es sollte die aktuelle berufliche Situation der Klägerin erörtert werden.

Mit Schreiben vom 05.04.2017 erhielt die Klägerin zu 1 eine Folgeeinladung zum 13.04.2017 mit identischem Besprechungszweck. Der letzten Einladung am 27.03.2017 sei die Klägerin nicht nachgekommen. Wenn sie ohne wichtigen Grund dieser erneuten Einladung nicht Folge leiste, werde ihr Arbeitslosengeld II nochmals um 10% des für sie maßgebenden Regelbedarfs für die Dauer von 3 Monaten gemindert. Die Minderungen wegen des Nichterscheinens zum 27.03.2017 blieben davon unberührt.

Am 11.04.2017 führte der Kläger zu 2 ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes (S 17 AS 188/17 ER) wegen eines Sanktionsbescheides vom 06.04.2017 bei einem Meldeversäumnis. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz wurde mit Beschluss vom 25.04.2017 abgelehnt. Das Sozialgericht Bayreuth führte unter Bezugnahme auf ein Urteil des Bundessozialgerichts aus, dass das Einladungsschreiben vom 15.02.2017 der Klägerin zu 1 durch Niederlegung in der Postfiliale zugestellt worden ist:

„Diese Rechtsprechung sei zur Auffassung der Kammer auf den vorliegenden Fall übertragbar. Es lag in der Entscheidung des Klägers, das Schriftstück bei der Niederlegungsstelle abzuholen, von seinem Inhalt Kenntnis zu nehmen und sodann der Meldeaufforderung Folge zu leisten oder auch nicht. Indem der Antragsteller die ordnungsgemäße Vorlage seines Personalausweises verweigerte, hat er wie der Kläger im vom Bundessozialgericht entschiedenen Fall selbst durch sein Verhalten ein Hindernis geschaffen, die Belehrung zur Kenntnis zu nehmen. Damit ist er rechtlich so zu behandeln, als hätte er Kenntnis von dem Inhalt der Schriftstücks genommen.“

Mit Bescheid vom 08.05.2017 wurde für die Zeit vom 01.06.2017 bis 31.08.2017 das Arbeitslosengeld IImonatlich um 10% des maßgeblichen Regelbedarfs, höchstens jedoch in Höhe des der Klägerin zu 1 zustehenden Gesamtbetrages, gemindert. Die Minderung des Arbeitslosengeldes II betrage 36,80 €. Die vorangegangenen Leistungsbescheide würden für den Zeitraum vom 01.06.2017 bis 30.06.2017 aufgehoben. Der Auszahlungsbetrag ergebe sich aus dem beigefügten Berechnungsbogen. Nach der Begründung des Bescheides sei die Klägerin zu 1 zum Meldetermin am 13.04.2017 ohne wichtigen Grund nicht erschienen. In der Rechtsbehelfsbelehrung:wurden die Klägerin zu 1 darauf hingewiesen, dass gegen den Bescheid jeder Betroffene oder ein von diesem Bevollmächtigter innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erheben kann.

Am 08.05.2017 erging ein weiterer Sanktionsbescheid wegen Meldeverstoß. Diesem lag die Einladung zum 27.04.2017 zu Grunde.

Am 15.05.2017 erhoben die Klägerin zu 1 und der Kläger zu 2 Klage zur Niederschrift des Sozialgerichts Bayreuth. Die Kürzung durch den Bescheid vom 08.05.2017 sei zu Unrecht erfolgt. Von dem Meldetermin am 13.04.2017 sei ihnen nichts bekannt gewesen. Bei der Post habe die Klägerin den Ausweis vorzeigen müssen. Sie habe der Poststelle nicht erlaubt, hiervon eine Kopie zu machen bzw. die Daten abzuschreiben. Sie habe daraufhin den Brief nicht erhalten. Das Jobcenter habe ihnen absichtlich Schaden zufügen wollen und ihnen nicht rechtmäßige Briefe zustellen wollen. Die Briefe würden von ihnen nicht aufgemacht. Ihnen würde die staatliche Grundsicherung für Lebensmittel und Leistung gestrichen.

Beide Kläger beantragen den Bescheid vom 08.05.2017 aufzuheben und die vollen Leistungen nach dem SGB II zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er meint im Schreiben vom 06.06.2017, dass die Klage unzulässig wäre, da die Kläger bisher keinen Widerspruch gegen den Bescheid vom 08.05.2017 eingelegt hätten.

Das Schreiben des Beklagten vom 06.06.2017 wurde an die Kläger am 07.06.2017 weitergeleitet. Das Gericht bat um Mitteilung, wann der Bescheid vom 08.05.2017 zugegangen ist.

Am 12.06.2017 haben die Kläger im Sozialgericht Bayreuth vorgesprochen. Die Klägerin zu 1 teilte mit, dass der Bescheid wohl zwischen dem 08.05.2017 und 15.05.2017 zugegangen sei. Die Klägerin zu 1 wurde darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit zur Widerspruchserhebung noch bestehen dürfte.

Auf Nachfrage teilte der Beklagte am 30.06.2017 mit, dass ein Widerspruch gegen den Bescheid vom 08.05.2017 bislang nicht erhoben worden sei.

Mit richterlichem Hinweis wurden die Kläger mit Schreiben vom 07.07.2017 aufgefordert, die Klage zurückzunehmen. Die Sachentscheidungsvoraussetzung des erfolglosen Vorverfahrens sei nicht vorhanden.

Mit Schreiben vom 12.07.2017 zitierten die Kläger den Wortlaut des Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz.

Daraufhin wurde den Klägern angekündigt, dass das Gericht beabsichtige, beiden Klägern Verschuldenskosten gemäß § 192 Abs. 1 SGG aufzuerlegen. Die Beteiligten wurden weiterhin zum Erlass eines Gerichtsbescheides angehört.

Mit Schreiben vom 20.07.2017 verwiesen die Kläger auf das Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums, der Berufsfreiheit und auf das Grundrecht auf Leben und körperliche Unversehrtheit und verwiesen auf Urteile eines Sozialgerichts und des Bundesverfassungsgerichts.

Der Beklagte teilte mit Schreiben vom 21.07.2017 mit, dass keine Einwände gegen eine Entscheidung durch Gerichtsbescheid bestünden.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Prozessakten Bezug genommen.

Gründe

Nach § 105 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid entscheiden, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (Satz 1). Die Beteiligten sind vorher zu hören (Satz 2).

Ein Sachverhalt ohne besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art liegt vor, da der entscheidungsrelevante Sachverhalt ohne Beweisaufnahme geklärt ist. Die Beteiligten haben der Vorgehensweise auch nicht widersprochen.

Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid des Beklagten vom 08.05.2017, mit dem der Regelbedarf um monatlich 10% für den Meldeverstoß am 13.04.2017 gemindert wurde. Nicht Gegenstand des Verfahrens ist der weitere Bescheid vom 08.05.2017 wegen der Vorsprache am 27.04.2017, wie sich aus der Klagebegründung zur Niederschrift des Sozialgerichts vom 15.05.2017 ergibt.

Der Bescheid ist einer sachlichen Überprüfung nicht zugänglich, da die Klage unzulässig ist.

Die Klage des Klägers zu 2 ist mangels Klagebefugnis unzulässig. Diese formelle Beschwer setzt die Behauptung des Klägers voraus, der Verwaltungsakt sei rechtswidrig und er sei durch diesen in seinen rechtlichen geschützten Interessen verletzt (Keller in: Meyer-Ladewig, SGG, 12. Auflage 2017 § 54 Rn. 10).

Der Kläger zu 2 hat aber weder eine eigene Rechtsverletzung vorgetragen noch ist eine solche plausibel, da die Minderung gegenüber der Klägerin zu 1 ergangen ist.

Die Klage der Klägerin zu 1 ist mangels ordnungsgemäßen Vorverfahren (§ 78 Abs. 1 Satz 1 SGG) unzulässig. Grundsätzlich ist dem Kläger die Möglichkeit zu geben, das Verfahren nachzuholen. Trotz der Aufforderung am 12.06.2017 hat die Klägerin zu 1 dies aber unterlassen. Im Hinblick auf die Funktion des Vorverfahrens als verwaltungsinterne Kontrolle kann das Gericht in der Klageschrift vom 15.05.2017 auch keine Widerspruchseinlegung erkennen (vgl. Bayerisches Landessozialgericht Urteil vom 18.03.2013 - L 7 AS 142/12). Eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung:liegt vor.

Ergänzend ist anzumerken: Die Klage wäre auch unbegründet. Der Bescheid vom 08.05.2017 ist rechtmäßig. Er ist formell rechtmäßig, da die Antragstellerin zum Eintritt einer Sanktion angehört worden ist. Rechtsgrundlage für die Feststellung einer Minderung des Arbeitslosengeld II im Fall eines Meldeversäumnisses ist § 32 SGB II in Verbindung mit § 31b SGB II.

Die Klägerin zu 1 hat eine ordnungsgemäße Meldeaufforderung erhalten, deren Zugang sie vereitelt hat. Die erkennende Kammer verweist auf den Beschluss der 17. Kammer vom 25.04.2017 und macht sich die Begründung zu Eigen.

Auch die Einwände der Kläger vom 20.07.2017 würden die Klage nicht tragen, da durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken gegen eine Minderung des Arbeitslosengeld II-Anspruchs nicht bestehen (Bundessozialgericht - BSG Urteil vom 29.04.2015 - B 14 AS 19/14 - Rn. 50). Eine Rüge verletzter Grundrechte ist nicht erfolgreich. Insbesondere verstoßen Sanktionen - auch wenn sie zu einem völligen Wegfall des Arbeitslosengeld II führen - nicht gegen das durch Art. 1 Abs. 1 Grundgesetz (GG) begründete und nach dem Sozialstaatsgebot des Art. 20 Abs. 1 GG auf Konkretisierung durch den Gesetzgeber angelegte Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (BSG a. a. O. Rn. 51 unter Hinweis auf das von den Klägern zitierte Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 09.02.2010).

Die Kostenentscheidung hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten beruht auf § 193 SGG. Die Entscheidung über die Gerichtskosten folgt aus § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG; die Kläger haben Gerichtskosten in Höhe von jeweils 150,00 € zu tragen.

Trotz der Eindeutigkeit der Sach- und Rechtslage haben sich die Kläger nicht entschließen können, das Verfahren durch Klagerücknahme zu beenden. Im Hinblick auf dieses Verhalten hat es das Gericht nach entsprechender Belehrung für erforderlich angesehen, den Klägern Verschuldenskosten gemäß § 192 Abs. 1 Nr. 2 SGG aufzuerlegen. Hiernach kann das Gericht einem Beteiligten Kosten auferlegen, die unter anderem dadurch verursacht werden, dass Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihnen vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder Verteidigung dargelegt wurden und sie auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreits hingewiesen worden sind.

Missbräuchlichkeit kann insbesondere Vorliegen bei der Weiterverfolgung des Verfahrens trotz offensichtlicher Aussichtslosigkeit. Aussichtslosigkeit allein genügt jedoch nicht, es müssen besondere Umstände hinzukommen. Rechtsmissbräuchlichkeit liegt vor allem dann vor, wenn Beteiligte den Prozess weiter betreiben, obwohl sie subjektiv wissen, dass die Rechtsverfolgung objektiv aussichtslos ist und wenn sie entgegen besserer Einsicht von einer weiteren Prozessführung nicht Abstand nehmen (vgl. Leitherer in: Meyer/Ladewig SGG § 192 Rn. 9 ff. m. w. N.). Nicht ausreichend ist hingegen das Weiterprozessieren, wenn Beteiligte die Hoffnung auf einen günstigen Ausgang noch nicht aufgegeben haben, auch wenn sie unbelehrbar und uneinsichtig sind, sofern seine Uneinsichtigkeit nicht ein besonders hohes Maß erreicht.

Die Annahme von Mutwillen verlangt somit objektiv die Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung und subjektiv die Kenntnis des Fehlens der Erfolgsaussicht. An das subjektive Tatbestandsmerkmal dürfen allerdings nicht zu hohe Anforderungen gestellt werden. Es genügt, wenn das Gericht aufgrund der Gesamtumstände zu der Überzeugung gelangt, dass Beteiligte oder deren Prozessbevollmächtigter die Aussichtslosigkeit der Rechtsverfolgung kennt und trotzdem den Prozess fortführt (vgl. etwa BayLSG, Urt. v. 29.11.2001 - L 15 BL 10/00).

Das Gericht ist aufgrund der Gesamtumstände zu der Überzeugung gelangt, dass die Kläger die Aussichtslosigkeit des Rechtsstreits kennen und diesen trotzdem fortführen. Zulasten des Klägers zu 2 ist dabei zu werten, dass eine Betroffenheit durch die gegenüber seiner Frau verfügte Sanktion (Bescheid vom 08.05.2017) offensichtlich erkennbar nicht besteht. Außerdem sind die Kläger außerordentlich gerichtserfahren.

Das Gericht wird den Klägern Missbräuchlichkeitskosten in Höhe von jeweils 150,00 € auferlegen. Der festzusetzende Betrag von 150,00 € je Kläger erscheint in Ansehung aller „Systemkosten“, die mit diesem Verfahren, insbesondere mit der Sachverhaltsermittlung und der Absetzung eines Gerichtsbescheides in Zusammenhang stehen, als angemessen. Hinsichtlich der Höhe der Kosten hat das Gericht den Mindestbetrag nach §§ 192 Abs. 1 Satz 3, 184 Abs. 2 SGG für angemessen gehalten, um den Aufwand abzubilden.

(1) Ein Schriftstück kann den in § 173 Absatz 2 Genannten gegen Empfangsbekenntnis zugestellt werden.

(2) Eine Zustellung gegen Empfangsbekenntnis kann auch durch Telekopie erfolgen. Die Übermittlung soll mit dem Hinweis „Zustellung gegen Empfangsbekenntnis“ eingeleitet werden und die absendende Stelle, den Namen und die Anschrift des Zustellungsadressaten sowie den Namen des Justizbediensteten erkennen lassen, der das Dokument zur Übermittlung aufgegeben hat.

(3) Die Zustellung nach den Absätzen 1 und 2 wird durch das mit Datum und Unterschrift des Adressaten versehene Empfangsbekenntnis nachgewiesen.

(4) Das Empfangsbekenntnis muss schriftlich, durch Telekopie oder als elektronisches Dokument (§ 130a) an das Gericht gesandt werden.

(1) Anordnungen und Entscheidungen, durch die eine Frist in Lauf gesetzt wird, sind den Beteiligten zuzustellen, bei Verkündung jedoch nur, wenn es ausdrücklich vorgeschrieben ist. Terminbestimmungen und Ladungen sind bekannt zu geben.

(2) Zugestellt wird von Amts wegen nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung. §§ 173, 175 und 178 Abs. 1 Nr. 2 der Zivilprozessordnung sind entsprechend anzuwenden auf die nach § 73 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 9 zur Prozessvertretung zugelassenen Personen.

(3) Wer nicht im Inland wohnt, hat auf Verlangen einen Zustellungsbevollmächtigten zu bestellen.

Wird die Annahme des zuzustellenden Schriftstücks unberechtigt verweigert, so ist das Schriftstück in der Wohnung oder in dem Geschäftsraum zurückzulassen. Hat der Zustellungsadressat keine Wohnung oder ist kein Geschäftsraum vorhanden, ist das zuzustellende Schriftstück zurückzusenden. Mit der Annahmeverweigerung gilt das Schriftstück als zugestellt.

Lässt sich die formgerechte Zustellung eines Dokuments nicht nachweisen oder ist das Dokument unter Verletzung zwingender Zustellungsvorschriften zugegangen, so gilt es in dem Zeitpunkt als zugestellt, in dem das Dokument der Person, an die die Zustellung dem Gesetz gemäß gerichtet war oder gerichtet werden konnte, tatsächlich zugegangen ist.

Tenor

Der Antrag des Klägers, ihm zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 4. August 2010 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem bezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.

Gründe

1

I. Im Streit ist die Übernahme von Umzugs- und Zahnbehandlungskosten.

2

Die Beklagte lehnte die Übernahme von Kosten für einen Umzug sowie einer Zahnbehandlung ab (Bescheide vom 16.4.2007 und 12.9.2007; Widerspruchsbescheid vom 15.12.2008). Die Klage vor dem Sozialgericht (SG) blieb ohne Erfolg (Gerichtsbescheid des SG Freiburg vom 25.11.2009). Die mittels E-Mail eingelegte Berufung des Klägers hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg als unzulässig verworfen (Urteil vom 4.8.2010). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die innerhalb der Berufungsfrist durch einfache E-Mail eingelegte Berufung sei wegen Fehlens der Schriftform unzulässig.

3

Mit einem am 10.9.2010 eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des LSG Beschwerde eingelegt und zur Durchführung des Verfahrens der Beschwerde Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt.

4

II. Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 73a Abs 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz iVm § 114 Zivilprozessordnung). An der erforderlichen Erfolgsaussicht fehlt es hier. Hinreichende Aussicht auf Erfolg böte die Nichtzulassungsbeschwerde nur, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten(§ 73 Abs 4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Ein solcher Zulassungsgrund ist nicht erkennbar.

5

Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Die Rechtssache wirft keine Rechtsfrage auf, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist (vgl BSG SozR 1500 § 160 Nr 17 und § 160a Nr 7, 11, 13, 31, 39, 59 und 65). Die Entscheidung des LSG weicht des Weiteren nicht von einer Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts ab, weshalb eine Divergenzrüge keine Aussicht auf Erfolg verspricht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG).

6

Schließlich kann nach Aktenlage auch kein Verfahrensmangel des LSG geltend gemacht werden, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG). Insbesondere hat das LSG die Berufung des Klägers im Ergebnis zu Recht als unzulässig verworfen. Dabei kann dahingestellt bleiben, ob dem LSG darin zu folgen ist, dass der Gerichtsbescheid des SG dem Kläger bereits am 3.12.2009 wirksam zugestellt wurde. Bei Vorliegen eines Zustellungsmangels wäre dieser nach § 189 ZPO jedenfalls mit dem tatsächlichen Zugang des Gerichtsbescheids geheilt. Von einem solchen (tatsächlichen) Zugang ist spätestens an dem Tag auszugehen, an dem der Kläger per E-Mail Berufung gegen die Entscheidung des SG eingelegt hat, hier am 1.1.2010. Bis Montag, dem 1.2.2010, an dem spätestens die Berufungsfrist abgelaufen ist, ist die Berufung nicht ordnungsgemäß (schriftlich) eingelegt worden (§ 151 Abs 1 SGG). Das Einlegen der Berufung mittels einfacher E-Mail genügt gemäß § 65a SGG nicht den Anforderungen an die Schriftform(vgl auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 151 RdNr 3, 3 f mwN). Frühestens in einem am 10.3.2010 bei dem SG eingegangenen, vom Kläger persönlich unterschriebenen Schreiben, könnte eine der Schriftform genügende Berufung gesehen werden, die allerdings nach Ablauf der Berufungsfrist eingegangen ist. Soweit das LSG dem Kläger keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der versäumten Berufungsfrist gewährt hat (§ 67 SGG), ist die Entscheidung nicht zu beanstanden.

7

Da dem Kläger keine PKH zusteht, kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts gemäß §§ 73 SGG, 121 ZPO nicht in Betracht. Die von dem Kläger persönlich eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde ist ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter als unzulässig zu verwerfen, weil der Kläger insoweit nicht durch einen vor dem BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) vertreten ist (§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 SGG iVm § 169 SGG).

8

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.

(1) Wenn jemand ohne Verschulden verhindert war, eine gesetzliche Verfahrensfrist einzuhalten, so ist ihm auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.

(2) Der Antrag ist binnen eines Monats nach Wegfall des Hindernisses zu stellen. Die Tatsachen zur Begründung des Antrags sollen glaubhaft gemacht werden. Innerhalb der Antragsfrist ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Ist dies geschehen, so kann die Wiedereinsetzung auch ohne Antrag gewährt werden.

(3) Nach einem Jahr seit dem Ende der versäumten Frist ist der Antrag unzulässig, außer wenn der Antrag vor Ablauf der Jahresfrist infolge höherer Gewalt unmöglich war.

(4) Über den Wiedereinsetzungsantrag entscheidet das Gericht, das über die versäumte Rechtshandlung zu befinden hat. Der Beschluß, der die Wiedereinsetzung bewilligt, ist unanfechtbar.

(1) Das Gericht kann im Urteil oder, wenn das Verfahren anders beendet wird, durch Beschluss einem Beteiligten ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass

1.
durch Verschulden des Beteiligten die Vertagung einer mündlichen Verhandlung oder die Anberaumung eines neuen Termins zur mündlichen Verhandlung nötig geworden ist oder
2.
der Beteiligte den Rechtsstreit fortführt, obwohl ihm vom Vorsitzenden die Missbräuchlichkeit der Rechtsverfolgung oder -verteidigung dargelegt worden und er auf die Möglichkeit der Kostenauferlegung bei Fortführung des Rechtsstreites hingewiesen worden ist.
Dem Beteiligten steht gleich sein Vertreter oder Bevollmächtigter. Als verursachter Kostenbetrag gilt dabei mindestens der Betrag nach § 184 Abs. 2 für die jeweilige Instanz.

(2) (weggefallen)

(3) Die Entscheidung nach Absatz 1 wird in ihrem Bestand nicht durch die Rücknahme der Klage berührt. Sie kann nur durch eine zu begründende Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden.

(4) Das Gericht kann der Behörde ganz oder teilweise die Kosten auferlegen, die dadurch verursacht werden, dass die Behörde erkennbare und notwendige Ermittlungen im Verwaltungsverfahren unterlassen hat, die im gerichtlichen Verfahren nachgeholt wurden. Die Entscheidung ergeht durch gesonderten Beschluss.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 16. Juni 2010 wird als unzulässig verworfen.

Der Antrag der Klägerin auf Aufhebung der im vorgenannten Urteil getroffenen Entscheidung, ihr Gerichtskosten in Höhe von 225 Euro aufzuerlegen, wird abgelehnt.

Die Beteiligten haben einander auch für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Gründe

1

Mit Urteil vom 16.6.2010 hat das LSG Niedersachsen-Bremen den von der Klägerin geltend gemachten Anspruch auf höhere Anpassung ihrer Rente wegen Erwerbsunfähigkeit zum 1.7.2007 verneint und ihr Gerichtskosten in Höhe von 225 Euro auferlegt.

2

Gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil hat die Klägerin beim BSG Beschwerde eingelegt. Sie beruft sich auf die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Ferner beantragt sie, "gemäß § 192 Abs. 3 Satz 2 SGG" die Entscheidung des LSG aufzuheben, ihr eine sog Missbrauchsgebühr nach § 192 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG aufzuerlegen.

3

1. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ist unzulässig. Ihre Begründung genügt den gesetzlichen Anforderungen nicht, weil der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG nicht ordnungsgemäß dargelegt worden ist(§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG).

4

Grundsätzlich bedeutsam iS des § 160 Abs 2 Nr 1 SGG ist eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Der Beschwerdeführer muss daher anhand des anwendbaren Rechts und unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung angeben, welche Fragen sich stellen, dass diese Rechtsfragen noch nicht geklärt sind, weshalb eine Klärung dieser Rechtsfragen aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine derartige Klärung erwarten lässt. Um seiner Darlegungspflicht (§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG) zu genügen, muss ein Beschwerdeführer mithin (1) eine konkrete Rechtsfrage, (2) ihre (abstrakte) Klärungsbedürftigkeit, (3) ihre (konkrete) Klärungsfähigkeit (Entscheidungserheblichkeit) und (4) die über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der von ihm angestrebten Entscheidung (sog Breitenwirkung) aufzeigen (vgl zum Ganzen BSG vom 25.9.2002, SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 70 mwN). Diesen Anforderungen wird die Beschwerdebegründung nicht gerecht.

5
        

           

Die Klägerin bezeichnet als grundsätzlich bedeutsam die Frage:

        
        

"Stellt die zum 01.07.2007 erfolgte Rentenanpassung eine Verletzung der Art. 14 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG dar und in diesem Zusammenhang konkret: Hat der Gesetzgeber durch die Rentenanpassung 2007 die Grenzen seines sozialpolitischen Gestaltungsspielraums bei der Ausgestaltung der Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung überschritten, sodass von einer dauerhaften Abkoppelung von der allgemeinen Lohnentwicklung auszugehen ist, …"

6

Es kann dahinstehen, ob die Klägerin damit eine hinreichend konkrete Rechtsfrage im oben genannten Sinne formuliert hat. Jedenfalls fehlt es an der erforderlichen Darlegung der Klärungsbedürftigkeit. Für die Darlegung verfassungsrechtlicher Bedenken gegen die Regelungen, auf die das Berufungsgericht seine Entscheidung gestützt hat, muss unter Einbeziehung der einschlägigen Literatur und Rechtsprechung - insbesondere des BVerfG, aber auch des BSG - im Einzelnen aufgezeigt werden, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Verfassungsmäßigkeit umstritten ist (vgl BSG vom 22.8.1975 - BSGE 40, 158 = SozR 1500 § 160a Nr 11; BSG vom 5.8.2003 - B 12 RA 5/03 B - Juris RdNr 6; BSG vom 8.12.2008 - B 12 R 38/07 B - Juris RdNr 7). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.

7

Die Klägerin zitiert zwar die Entscheidung des BVerfG vom 26.7.2007 ( 1 BvR 824/03, 1 BvR 1247/07 - SozR 4-2600 § 68 Nr 2)und führt aus, dass die dort bestätigte Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne sich ausschließlich auf die preisindexorientierte Rentenanpassung 2000 und die Aussetzung der Rentenanpassung 2004 bezogen habe. Ferner trägt sie vor, dass sich in den Folgejahren die "systemwidrige" Abkoppelung der Rentenanpassungen von der Lohn- und Gehaltsentwicklung und damit eine regelmäßige und systematische "Entwertung der Renten" fortgesetzt habe. Dabei handele es sich entgegen der Entscheidung des BVerfG vom 26.7.2007 nicht mehr um eine Ausnahme oder punktuelle Maßnahme, sondern um eine strukturelle Abänderung des Grundsatzes, dass die Rente an die Entwicklung des Arbeitseinkommens angepasst werden solle.

8

Es kann dahingestellt bleiben, ob die Klägerin sich in ihrer Beschwerdebegründung hinreichend mit der von ihr zitierten Entscheidung des BVerfG auseinandergesetzt und untersucht hat, ob sich aus den dortigen Ausführungen Hinweise für die Beantwortung der aufgeworfenen Frage ergeben. Eine Auseinandersetzung erfordert, anhand dieser Rechtsprechung zu begründen, dass Bedarf nach einer - weiteren - Entscheidung des Revisionsgerichts bestehe (vgl BSG vom 22.4.1997 - BSG SozR 3-1500 § 160a Nr 23 S 42; BSG vom 27.6.2001 - B 6 KA 6/01 B - Juris RdNr 4). Sie erübrigt sich jedenfalls nicht bereits deshalb, weil die von der Klägerin herangezogene Entscheidung des BVerfG nicht die Verfassungsmäßigkeit der Rentenanpassung 2007 zum Gegenstand hat. Denn eine Rechtsfrage ist auch dann als höchstrichterlich geklärt anzu- sehen, wenn das Revisionsgericht sie zwar noch nicht ausdrücklich entschieden hat, aber bereits eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen ergangen sind, die ausreichende Anhaltspunkte zur Beantwortung der von der Beschwerde als grundsätzlich herausgestellten Rechtsfrage geben (vgl Senatsbeschlüsse vom 21.1.1993 - SozR 3-1500 § 160 Nr 8 S 17; vom 31.3.1993 - SozR 3-1500 § 146 Nr 2 S 6).

9

Die Klägerin versäumt es bereits, sich hinsichtlich der im Streit stehenden Rentenanpassung 2007 mit den gegenüber 2004 geänderten Rechtsgrundlagen auseinanderzusetzen. Während die Rentenanpassung 2004 durch eine Sondernorm (Art 2 2. SGB VI-ÄndG vom 27.12.2003 = Gesetz über die Aussetzung der Anpassung der Renten zum 1.7.2004) ausgesetzt wurde, hat der Gesetzgeber ab 2005 ein neues Anpassungskonzept umgesetzt, das ua zu dem von der Klägerin angegriffenen Umfang der Rentenanpassung 2007 geführt hat. So wurde ua mit dem Rentenversicherungs-Nachhaltigkeitsgesetz vom 21.7.2004 (BGBl I 1791) als zusätzlicher Berechnungsfaktor der Nachhaltigkeitsfaktor eingeführt (vgl hierzu Senatsurteil vom 13.11.2008 - SozR 4-2600 § 255e Nr 1 RdNr 27 ff). Wenn sich aber die einfach-gesetzlichen Grundlagen gegenüber der einzigen von der Klägerin erwähnten einschlägigen Entscheidung des BVerfG geändert haben, hätte sie prüfen müssen, inwiefern dies die Beantwortung der von ihr gestellten Rechtsfrage beeinflusst.

10

Im Übrigen hat die Klägerin auch nicht die Rechtsprechung des BSG zu dem mit der Frage aufgeworfenen Problemkreis der Rentenanpassung ausgewertet. Sie hätte im Einzelnen unter Berücksichtigung und Darstellung der Rechtsprechung des BSG (vgl Senatsurteile vom 27.3.2007 - BSGE 98, 157 = SozR 4-2600 § 65 Nr 1 und vom 13.11.2008 - SozR 4-2600 § 255e Nr 1; BSG vom 20.12.2007 - SozR 4-2600 § 255a Nr 2; BSG vom 21.1.2009 - B 12 R 1/07 R - Juris) zur verfassungsrechtlichen Bewertung der Rentenanpassung und deren Aussetzung (auch unter dem Blickwinkel des von ihr angesprochenen Eigentumsschutzes) dezidiert aufzeigen müssen, warum die Rentenanpassung 2007 - anders als die Aussetzung der Rentenanpassung in den Vorjahren - zu einem verfassungswidrigen Eingriff führe. Entsprechende substantiierte Darlegungen enthält die Beschwerdebegründung nicht. Rechtsprechung des BSG zum aufgeworfenen Problemkreis wird nicht einmal erwähnt.

11

Soweit die Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung auf anhängige Verfassungsbeschwerden zu dem von ihr aufgeworfenen Problemkreis hinweist, kommt es im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde nicht auf den Bedarf nach Klärung durch das BVerfG an, sondern entscheidend ist die Frage nach der Klärungsbedürftigkeit innerhalb des Revisionsverfahrens (vgl BSG vom 25.9.2002 - SozR 3-1500 § 160a Nr 34 S 72; Senatsbeschluss vom 2.11.2009 - B 13 R 291/09 B - BeckRS 2009, 74206 RdNr 11); für diese fehlen aber - wie aufgezeigt - hinreichende Ausführungen.

12

Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen (§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbs 2 SGG).

13

Die Verwerfung der danach nicht formgerecht begründeten und somit unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbs 2 iVm § 169 Satz 2 und 3 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.

14

2. Der Antrag auf Aufhebung der Entscheidung des LSG, der Klägerin Kosten in Höhe von 225 Euro wegen rechtsmissbräuchlicher Rechtsverfolgung nach § 192 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG aufzuerlegen, wird abgelehnt. Die Klägerin kann sich nicht auf § 192 Abs 3 Satz 2 SGG stützen, wonach die Entscheidung nach § 192 Abs 1 SGG durch eine zu begründende Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren aufgehoben werden kann. Denn mit der Einfügung dieser Norm - durch das 6. SGG-ÄndG vom 17.8.2001 (BGBl I 2144) mit Wirkung vom 2.1.2002 als Abs 2 Satz 2; seit dem 1.4.2008 Abs 3 Satz 2 - ist kein gesondertes Rechtsmittel gegen Entscheidungen nach § 192 Abs 1 SGG eingeführt worden. Dies ergibt sich bereits aus den Materialien des 6. SGG-ÄndG zu § 192 SGG(BT-Drucks 14/5943 S 28 zu Nr 65 <§ 192>), wonach die "Entscheidung über die Kostenauferlegung grundsätzlich endgültig (ist); eine Aufhebung kann nur durch eine Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren erfolgen." Hieraus wird deutlich, dass die von der Klägerin beantragte Überprüfung der vom LSG getroffenen Entscheidung, ihr Kosten wegen rechtsmissbräuchlicher Rechtsverfolgung in Höhe von 225 Euro aufzuerlegen, dem Senat im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren verwehrt ist. Nachdem die Klägerin gegen die Entscheidung des LSG in der Hauptsache kein Revisionszulassungsgrund dargelegt hat, ist die begehrte Überprüfung der Anwendung von § 192 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGG eine isolierte Anfechtung einer Kostenentscheidung, die gemäß § 165 Satz 1 iVm § 144 Abs 4 SGG nicht zur Zulassung der Revision führen und deshalb auch nicht gesondert mit der Beschwerde geltend gemacht werden kann (stRspr, BSG vom 21.12.1956 - SozR Nr 2 zu § 192 SGG; BSG vom 24.6.1993 - 6 BKa 27/92 - Juris RdNr 7; BSG vom 27.1.1999 - B 12 KR 56/98 B - Juris RdNr 2; BSG vom 13.7.2004 - B 2 U 84/04 B - Juris RdNr 13; Senatsbeschluss vom 5.8.2008 - B 13 R 153/08 - Juris RdNr 13; BSG vom 25.2.2010 - B 11 AL 114/09 B - Juris RdNr 7). Das BSG hat in diesem Sinne nur dann eine "Kostenentscheidung im Rechtsmittelverfahren" zu treffen, wenn es im Rahmen einer statthaften und zulässigen Revision neben der Hauptsache auch die Kostenentscheidung des LSG zu prüfen hat (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl 2008, § 192 RdNr 20). Allenfalls für den Fall einer Klagerücknahme im Revisionsverfahren ließe sich diskutieren, ob das BSG auf Antrag des Klägers (vgl § 102 Abs 3 Satz 1 SGG) gemäß § 192 Abs 3 Satz 2 SGG die Entscheidung über die Auferlegung der Kosten nach § 192 Abs 1 und 2 SGG durch einen zu begründenden Beschluss aufheben kann; ansonsten bliebe nämlich diese Entscheidung trotz Klagerücknahme gemäß § 192 Abs 3 Satz 1 SGG - eingefügt mit Wirkung vom 2.1.2002 durch das 6. SGG-ÄndG (aaO) als Abs 2 Satz 1; seit dem 1.4.2008 Abs 3 Satz 1 - wirksam.

15

Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 und 4 SGG.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

Entscheidungen des Landessozialgerichts, seines Vorsitzenden oder des Berichterstatters können vorbehaltlich des § 160a Abs. 1 dieses Gesetzes und des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden.