Bundesarbeitsgericht Urteil, 18. März 2015 - 4 AZR 59/13
Gericht
Tenor
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1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 18. September 2012 - 12 Sa 1796/11 - aufgehoben.
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2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Münster vom 15. November 2011 - 3 Ca 1113/11 - abgeändert:
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Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Klägerin seit dem 1. November 2009 nach der Entgeltgruppe S 14 des Anhangs zu der Anlage C zum TVöD-BT-V/VKA zu vergüten und die anfallenden monatlichen Nettodifferenzbeträge für die Monate November 2009 bis einschließlich Juni 2011 ab dem 6. Juli 2011 und für die folgenden Kalendermonate jeweils ab dem 1. des Folgemonats mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
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3. Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.
Tatbestand
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Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.
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Die Klägerin ist staatlich anerkannte Sozialarbeiterin und als solche seit dem Jahr 1991 im Sozialpsychiatrischen Dienst der beklagten Stadt beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden sowohl aufgrund arbeitsvertraglicher Vereinbarung als auch beiderseitiger Tarifgebundenheit die Tarifverträge für den öffentlichen Dienst im Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) Anwendung. Durch den Änderungstarifvertrag Nr. 6 zum Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD - Besonderer Teil Verwaltung - (BT-V)) vom 27. Juli 2009 gelten für die Eingruppierung der Beschäftigten des Sozial- und Erziehungsdienstes ab dem 1. November 2009 nach § 1 Abs. 1 Satz 1 der „Anlage zu Abschnitt VIII Sonderregelungen (VKA) § 56“ die Tätigkeitsmerkmale des Anhangs zur Anlage C. Die Klägerin erhält seither eine Vergütung nach der Entgeltgruppe S 12 Stufe 6 TVöD-BT-V/VKA.
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Im Zuständigkeitsbereich der Beklagten werden die Vorgaben und Ziele des Gesetzes über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (im Folgenden: PsychKG NRW) ua. vom Sozialpsychiatrischen Dienst bezirksbezogen als Teil der unteren Gesundheitsbehörde umgesetzt. Dabei ist jeder Sozialarbeiter für die Bearbeitung aller ihm nach dem PsychKG NRW obliegenden Aufgaben für Personen aller Altersgruppen in seinem Bezirk verantwortlich. Art, Ausmaß und Dauer der Hilfen richten sich nach den Besonderheiten des Einzelfalls. Liegen gewichtige Anhaltspunkte dafür vor, dass Betroffene sich wegen einer psychischen Krankheit selbst erheblichen Schaden zufügen können oder bedeutende Rechtsgüter anderer gefährdet sind, muss der Sozialpsychiatrische Dienst prüfen, ob Maßnahmen gegen den Willen des Betroffenen durchzuführen sind. Ausdrückliches Ziel der angebotenen Hilfen ist es, die Anordnung von Schutzmaßnahmen und insbesondere Unterbringungen zu vermeiden. Nach der Stellenbeschreibung der Klägerin ist ihr ihre gesamte Tätigkeit mit einem Arbeitszeitanteil von 100 vH übertragen worden.
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Mit Schreiben vom 15. Februar 2011 hat die Klägerin Vergütung nach der Entgeltgruppe S 14 TVöD-BT-V/VKA rückwirkend ab 1. November 2009 geltend gemacht. Die Beklagte hat auf die Einhaltung der Ausschlussfristen für die Zeit nach dem 1. November 2009 verzichtet.
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Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihre Tätigkeit erfülle schon unter Berücksichtigung des im Klammerzusatz genannten „Sozialpsychiatrischen Dienstes“ das Tätigkeitsmerkmal der zweiten Alternative der Entgeltgruppe S 14 TVöD-BT-V/VKA. Die von ihr zu erbringenden Tätigkeiten seien als einheitliche Gesamttätigkeit zu bewerten und mit denen der Mitarbeiter des Jugendamts gleichwertig. In Notsituationen und bei Kriseninterventionen treffe sie Entscheidungen zur Gefahrenabwehr.
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Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
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festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie seit dem 1. November 2009 nach der Entgeltgruppe S 14 der Anlage C zum TVöD-BT-V/VKA zu vergüten und die anfallenden monatlichen Nettodifferenzbeträge für die Monate November 2009 bis einschließlich Juni 2011 ab dem 6. Juli 2011 und für die folgenden Kalendermonate jeweils ab dem 1. des Folgemonats mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen.
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Tätigkeit der Klägerin erfülle nicht die Anforderungen des Tätigkeitsmerkmals der Entgeltgruppe S 14 Alt. 2 TVöD-BT-V/VKA. Die Aufgaben nach dem PsychKG NRW seien den Ordnungsbehörden zugewiesen. Bei der Beklagten sei hierfür die Feuerwehr zusammen mit einer medizinischen Fachkraft und dem Gericht zuständig. Es obliege allein dem Jugendamt und deren Mitarbeitern, die Gerichte anzurufen. Im Sozialpsychiatrischen Dienst fielen keine gleichwertigen Tätigkeiten an. Dessen Mitarbeiter seien - anders als die des Jugendamts - nie „Herren des Verfahrens“. Ihre Beteiligung falle nach einer von der Feuerwehr geführten Statistik im Übrigen auch tatsächlich nicht ins Gewicht. Bei einer Gesamtzahl von jährlich 456 bis 640 Unterbringungsverfahren nach dem PsychKG NRW in den Jahren 2007 bis 2011 sei der Sozialpsychiatrische Dienst der Beklagten lediglich an 20 bis 40 Einweisungen pro Jahr beteiligt gewesen.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Revision ist begründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Unrecht abgewiesen.
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I. Die Klage ist nach § 256 Abs. 1 ZPO als allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage(st. Rspr., siehe nur BAG 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 - Rn. 18; 17. November 2010 - 4 AZR 188/09 - Rn. 15; 22. April 2009 - 4 AZR 166/08 - Rn. 13 mwN) auch im Hinblick auf die Verzinsung (vgl. BAG 23. September 2009 - 4 AZR 308/08 - Rn. 10 mwN) zulässig.
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II. Die Klage ist auch begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf eine Vergütung nach der Entgeltgruppe S 14 des Anhangs zur Anlage C zum TVöD-BT-V/VKA.
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1. Für die Eingruppierung der Klägerin sind aufgrund der beiderseitigen Tarifgebundenheit neben § 22 Abs. 2 Unterabs. 1 Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT), der nach § 17 Abs. 1 Satz 1 des Tarifvertrags zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) nach wie vor maßgebend ist, ua. die nachstehenden Bestimmungen der Entgeltgruppen S des TVöD-BT-V/VKA von Bedeutung:
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„S 12
Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter und Sozialpädagoginnen/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit sowie sonstige Beschäftigte, die aufgrund gleichwertiger Fähigkeiten und ihrer Erfahrungen entsprechende Tätigkeiten ausüben, mit schwierigen Tätigkeiten. …
…
S 14
Sozialarbeiterinnen/Sozialarbeiter und Sozialpädagoginnen/Sozialpädagogen mit staatlicher Anerkennung und entsprechender Tätigkeit, die Entscheidungen zur Vermeidung der Gefährdung des Kindeswohls treffen und in Zusammenarbeit mit dem Familiengericht bzw. Vormundschaftsgericht Maßnahmen einleiten, welche zur Gefahrenabwehr erforderlich sind, oder mit gleichwertigen Tätigkeiten, die für die Entscheidung zur zwangsweisen Unterbringung von Menschen mit psychischen Krankheiten erforderlich sind (z.B. Sozialpsychiatrischer Dienst der örtlichen Stellen der Städte, Gemeinden und Landkreise).“
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Durch den Änderungstarifvertrag Nr. 11 vom 24. Januar 2011 fügten die Tarifvertragsparteien der Entgeltgruppe S 14 des Anhangs zur Anlage C (VKA) zum TVöD eine neue Protokollerklärung hinzu. Dort heißt es:
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„13. Das ‚Treffen von Entscheidungen zur Vermeidung der Gefährdung des Kindeswohls und die Einleitung von Maßnahmen in Zusammenarbeit mit dem Familiengericht bzw. Vormundschaftsgericht, welche zur Gefahrenabwehr erforderlich sind‘, sind im Allgemeinen Sozialen Dienst bei Tätigkeiten im Rahmen der Fallverantwortung bei
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Hilfen zur Erziehung nach § 27 SGB VIII,
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der Hilfeplanung nach § 36 SGB VIII,
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der Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen (§ 42 SGB VIII),
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der Mitwirkung in Verfahren vor den Familiengerichten (§ 50 SGB VIII)
einschließlich der damit in Zusammenhang stehenden Tätigkeiten erfüllt.
…“
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2. Die Klägerin kann sich für ihr Begehren, wie das Landesarbeitsgericht zu Recht angenommen hat, nicht allein wegen ihrer Tätigkeit im Sozialpsychiatrischen Dienst auf den Klammerzusatz des Tätigkeitsmerkmals der Entgeltgruppe S 14 Alt. 2 TVöD-BT-V/VKA (Sozialpsychiatrischer Dienst der örtlichen Stellen der Städte, Gemeinden und Landkreise) stützen. Durch diesen wird lediglich ein Fachdienst, nicht jedoch eine bestimmte Tätigkeit bezeichnet. Es handelt sich nicht um ein tarifliches „Regelbeispiel“ (dazu etwa BAG 23. März 2011 - 4 AZR 926/08 - Rn. 22 mwN), das eine Prüfung allgemeiner Tätigkeitsmerkmale entbehrlich machte (BAG 13. November 2013 - 4 AZR 53/12 - Rn. 32).
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3. Die von der Klägerin auszuübende Tätigkeit erfüllt aber das Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe S 14 Alt. 2 TVöD-BT-V/VKA.
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a) Die Tätigkeit der Klägerin besteht aus einem einheitlichen Arbeitsvorgang.
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aa) Nach der Definition der Tarifvertragsparteien in der Protokollnotiz Nr. 1 zu § 22 Abs. 2 BAT ist grundsätzlich und allein das Arbeitsergebnis für die Bestimmung eines Arbeitsvorgangs maßgebend(st. Rspr., zB BAG 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 - Rn. 24 mwN). Erst dann ist der Arbeitsvorgang anhand des in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmals zu bewerten (vgl. BAG 6. Juli 2011 - 4 AZR 568/09 - Rn. 58; 9. Mai 2007 - 4 AZR 757/06 - Rn. 36, BAGE 122, 244). Für ein Abweichen der Tarifvertragsparteien von ihren eigenen Vorgaben nur für die Entgeltgruppe S 14 Alt. 2 TVöD-BT-V/VKA ist nichts erkennbar (BAG 13. November 2013 - 4 AZR 53/12 -).
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Die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit kann einen einzigen Arbeitsvorgang ausmachen. Nur wenn es tatsächlich möglich ist, Tätigkeiten von unterschiedlicher Wertigkeit abzutrennen, werden diese nicht zu einem Arbeitsvorgang zusammengefasst. Wiederkehrende, gleichartige und gleichwertige Bearbeitungen können zusammengefasst werden, nicht aber solche, die tariflich unterschiedlich zu bewerten sind. Dies gilt jedoch nur, wenn die unterschiedlich wertigen Arbeitsleistungen von vornherein voneinander zu trennen und tatsächlich getrennt sind. Die theoretische Möglichkeit, einzelne Arbeitsschritte oder Einzelaufgaben verwaltungstechnisch isoliert auf andere Angestellte übertragen zu können, reicht dagegen nicht aus. Tatsächlich getrennt sind Arbeitsschritte dann nicht, wenn sich erst im Laufe der Bearbeitung herausstellt, welchen tariflich erheblichen Schwierigkeitsgrad der einzelne Fall aufweist (st. Rspr. des BAG 21. August 2013 - 4 AZR 933/11 - Rn. 14, BAGE 146, 22; grundlegend BAG 23. September 2009 - 4 AZR 308/08 - Rn. 20 ff. mwN).
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Bei der Tätigkeit eines Sozialarbeiters bildet regelmäßig nicht jeder einzelne Fall einen Arbeitsvorgang. Erst die Befassung mit allen Fällen füllt diesen Rechtsbegriff aus (vgl. BAG 21. August 2013 - 4 AZR 968/11 - Rn. 14; 6. März 1996 - 4 AZR 775/94 - zu II 3 der Gründe). Dabei dient die gesamte Tätigkeit oft einem einheitlichen Arbeitsergebnis, nämlich der Beratung und Betreuung des zugewiesenen Personenkreises. Etwas anderes kann dann gelten, wenn der Sozialarbeiter oder die Sozialarbeiterin verschiedene, von einander abgrenzbare Personenkreise zu betreuen hat, deren Hilfsbedürfnisse rechtlich ganz unterschiedlich bestimmt sind (vgl. BAG 10. Dezember 2014 - 4 AZR 773/12 - Rn. 24).
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Die tatsächlichen Grundlagen für die Arbeitsvorgangsbestimmung sind von den Gerichten für Arbeitssachen zunächst zu ermitteln und festzustellen. Für eine solche Feststellung kann - auch wenn die Angaben von den Parteien im Verlauf des Rechtsstreits nicht in Frage gestellt werden - nicht allein auf eine vom Arbeitgeber verfasste Stellenbeschreibung und die dort genannten, auszuübenden Tätigkeiten sowie deren Aufgliederung, bspw. in mehrere, als „Arbeitsvorgänge“ bezeichnete Unterpunkte, abgestellt werden. Eine Stellenbeschreibung dient lediglich der Dokumentation der Tätigkeit des Stelleninhabers. Als Grundlage für eine tarifliche Tätigkeitsbewertung kommt sie allenfalls dann in Betracht, wenn sie die tatsächlich auszuübende Tätigkeit sowie die Gesamt- oder Teiltätigkeiten ausreichend wiedergibt (BAG 16. November 2011 - 4 AZR 773/09 - Rn. 23). Ohne entsprechende weitere tatsächliche Feststellungen kann hieraus nicht zwingend der Arbeitsvorgang im tariflichen Sinne ermittelt werden. Sie vermag also die notwendige rechtliche Bewertung zur Bestimmung von Arbeitsvorgängen entsprechend den tariflichen Vorgaben - erforderlichenfalls durch die Gerichte - nicht zu ersetzen (vgl. ua. BAG 13. November 2013 - 4 AZR 53/12 - Rn. 18; 21. März 2012 - 4 AZR 266/10 - Rn. 39; 21. Oktober 2009 - 4 ABR 40/08 - Rn. 27). Stehen die erforderlichen Tatsachen fest, können die Arbeitsvorgänge vom Revisionsgericht auch selbst bestimmt werden (st. Rspr., zB BAG 28. Januar 2009 - 4 AZR 13/08 - Rn. 44, BAGE 129, 208; 22. Januar 1986 - 4 AZR 409/84 - mwN).
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bb) In Anwendung dieses Maßstabs handelt es sich bei der Tätigkeit der Klägerin um einen einheitlichen Arbeitsvorgang. Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Klägerin als Sozialarbeiterin im Sozialpsychiatrischen Dienst der Beklagten für die Bearbeitung aller ihr nach dem PsychKG zugewiesenen Aufgaben für Personen aller Altersgruppen zuständig ist. Sie hat in jedem Einzelfall zu prüfen, welche Maßnahmen in welchem Umfang zu ergreifen sind. Eine Unterscheidung und organisatorische Trennung zwischen Fällen, in denen es - voraussichtlich - zu einer Einweisung kommt und solchen, in denen eine zwangsweise Unterbringung nicht in Erwägung zu ziehen ist, ist nicht erfolgt. Es steht nicht bereits bei Übernahme des „Falls“ fest, ob eine Unterbringung erforderlich ist. Vielmehr stellt sich dies erst im Laufe seiner Bearbeitung heraus. Einzelne Arbeitsschritte, die die - zwangsweise - Unterbringung der betroffenen Personen zum Gegenstand haben, sind von der Gesamttätigkeit der Klägerin organisatorisch nicht abgetrennt. Dem entspricht im Übrigen die von der Beklagten erstellte Stellenbeschreibung, die sämtliche der Klägerin übertragenen Tätigkeiten mit einem einheitlichen Arbeitszeitanteil von 100 vH bemisst.
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b) Die der Klägerin übertragene Tätigkeit erfüllt das Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe S 14 Alt. 2 TVöD-BT-V/VKA.
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aa) Die Klägerin übt eine Tätigkeit aus, die für die Entscheidung zur zwangsweisen Unterbringung von Menschen mit psychischen Krankheiten erforderlich ist. Gem. § 12 Satz 1 PsychKG NRW erfolgt die Anordnung der Unterbringung durch das Amtsgericht im Benehmen mit dem Sozialpsychiatrischen Dienst. Die Einbeziehung des Sozialpsychiatrischen Dienstes ist danach gesetzlich vorgesehen und damit „erforderlich“ iSd. Tarifmerkmals. Etwas anderes gilt nach § 14 Abs. 1 Satz 4 PsychKG NRW ausnahmsweise und lediglich für den Fall der sofortigen Unterbringung. Hier ist eine Beteiligung des Sozialpsychiatrischen Dienstes gesetzlich nur vorgesehen, wenn die örtliche Ordnungsbehörde in der Beurteilung der Voraussetzungen für eine sofortige Unterbringung von einem vorgelegten ärztlichen Zeugnis abweichen will.
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bb) Die Tätigkeit der Klägerin ist auch „gleichwertig“ im tariflichen Sinne.
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(1) Eine Tätigkeit, die - wie die der Klägerin - im Zusammenhang mit Maßnahmen zur Gefahrenabwehr im Bereich der zwangsweisen Unterbringung von Menschen mit psychischen Krankheiten steht und insoweit von Gesetzes wegen erforderlich ist, ist regelmäßig „gleichwertig“ iSd. Entgeltgruppe S 14 Alt. 2 TVöD-BT-V/VKA (vgl. BAG 13. November 2013 - 4 AZR 53/12 - Rn. 37). Die „Gleichwertigkeit“ setzt entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts keine unmittelbare Entscheidungsbefugnis über eine zwangsweise Unterbringung voraus. Während nach der ersten Alternative der Entgeltgruppe S 14 TVöD-BT-V/VKA ausdrücklich eigene „Entscheidungen“ zu „treffen“ sind, erfordert die zweite Alternative der Entgeltgruppe nach dem Tarifwortlaut eine eigene Antrags- und Entscheidungsbefugnis gerade nicht. Der Sozialarbeiter muss entgegen der Auffassung der Beklagten nicht in diesem Sinne „Herr des Verfahrens“ sein. Die zweite Alternative der Entgeltgruppe erfasst vielmehr Tätigkeiten, die „für … Entscheidungen“ anderer erforderlich sind. Darunter sind „begleitende“ Maßnahmen bei der Entscheidung zur zwangsweisen Unterbringung zu verstehen, die ihrerseits nicht allein ausschlaggebend sein müssen (BAG 13. November 2013 - 4 AZR 53/12 - Rn. 35). Ebenso wenig setzt die zweite Alternative der Entgeltgruppe S 14 TVöD-BT-V/VKA eine eigenständige Zusammenarbeit mit den Gerichten voraus. Auch eine solche wird nach dem Wortlaut der Tarifnorm nur in der ersten Alternative verlangt (BAG 13. November 2013 - 4 AZR 53/12 - Rn. 36).
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(2) Die Protokollerklärung Nr. 13 zu Entgeltgruppe S 14 TVöD-BT-V/VKA steht diesem Normverständnis nicht entgegen. Sie konkretisiert lediglich das Tätigkeitsmerkmal der ersten Alternative. Anhaltspunkte dafür, unter welchen Voraussetzungen die Tarifvertragsparteien die Gleichwertigkeit iSd. zweiten Alternative für erfüllt ansehen, lassen sich der Protokollerklärung nicht entnehmen. Ob sie als Auslegungshilfe gemeint (vgl. zB BAG 7. Dezember 1989 - 6 AZR 324/88 - BAGE 63, 385) oder als - schuldrechtliche oder normative - Tarifnorm vereinbart worden ist (vgl. zB BAG 26. September 2012 - 4 AZR 689/10 - Rn. 27), kann deshalb dahinstehen.
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cc) Die Tätigkeit der Klägerin erfordert die Mitwirkung an Entscheidungen zur zwangsweisen Unterbringung auch in einem rechtlich ausreichenden Maße. Der Einwand der Beklagten, der Sozialpsychiatrische Dienst sei in der Vergangenheit - gemessen an der Gesamtzahl der Unterbringungsverfahren - an verhältnismäßig wenigen Einweisungen beteiligt gewesen, steht dem nicht entgegen.
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(1) Für die Erfüllung des höheren Tätigkeitsmerkmals ist es ausreichend, dass die Sozialarbeiterin innerhalb ihres maßgebenden Arbeitsvorgangs die fraglichen Aufgaben und Tätigkeiten in einem rechtserheblichen Umfang auszuüben hat (vgl. BAG 13. November 2013 - 4 AZR 53/12 - Rn. 31; 18. Mai 1994 - 4 AZR 461/93 - zu B II 4 c der Gründe). Nicht erforderlich ist, dass die für die Höherwertigkeit maßgebenden Einzeltätigkeiten innerhalb des Arbeitsvorgangs zeitlich überwiegend anfallen.
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(2) Danach übt die Klägerin in einem rechtserheblichen Umfang (gleichwertige) Tätigkeiten aus, die für die zwangsweise Unterbringung erforderlich sind.
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(a) Die von der Beklagten angegebenen Zahlen sind dabei nicht von entscheidender Bedeutung. Sie stellen der Gesamtzahl der Unterbringungsverfahren die Zahl der Einweisungen gegenüber, an denen der Sozialpsychiatrische Dienst beteiligt war. Nicht jedes Unterbringungsverfahren führt aber zu einer Einweisung, zumal es ausdrückliches Ziel der dem Sozialpsychiatrischen Dienst obliegenden Aufgaben ist, die Unterbringung der betroffenen Menschen zu vermeiden. Entgegen der Auffassung der Beklagten ist für die Erfüllung des Tarifmerkmals deshalb nicht die Anzahl der tatsächlich erfolgten Einweisungen maßgebend. Entscheidend ist vielmehr die Verpflichtung der Sozialarbeiter, in einer Vielzahl von Fällen - auch in Fällen, in denen letztlich eine Einweisung der betroffenen Person nicht erfolgt oder sogar nicht einmal ein formelles Unterbringungsverfahren eingeleitet wird - die Notwendigkeit solcher Maßnahmen zu prüfen. Die Sozialarbeiter - so auch die Klägerin - müssen deshalb ihre für die qualifizierte Tätigkeit erforderlichen Kenntnisse und Fertigkeiten während des gesamten - einheitlichen - Arbeitsvorgangs vorhalten. Das rechtfertigt es, ihre Tätigkeit insgesamt dem höheren Tätigkeitsmerkmal zuzuordnen.
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(b) Selbst wenn man zugunsten der Beklagten unterstellt, dass der Sozialpsychiatrische Dienst in der Vergangenheit ausschließlich bei jährlich 20 bis 40 Einweisungen beteiligt wurde, würde die Tätigkeit der Klägerin das Tarifmerkmal der Entgeltgruppe S 14 Alt. 2 TVöD-BT-V/VKA gleichwohl in einem rechtserheblichen Umfang erfüllen. Die von der Beklagten genannten Zahlen machen hinreichend deutlich, dass die Mitwirkung an Unterbringungsverfahren im Rahmen der von der Klägerin zu erbringenden Tätigkeit nicht nur theoretische Bedeutung hat, sondern sie - in nicht ganz unwesentlichem Ausmaß - tatsächlich anfällt. Dies ist nach der Senatsrechtsprechung ausreichend (vgl. BAG 28. Januar 2009 - 4 AZR 13/08 - Rn. 47, BAGE 129, 208).
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4. Der Klägerin steht der Zinsanspruch für die geltend gemachten Zeiträume zu. Dieser ergibt sich aus § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB iVm. § 24 Abs. 1 Satz 2 TVöD-VKA, § 288 Abs. 1 Satz 2 und § 291 BGB.
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III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
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Eylert
Creutzfeldt
Rinck
H. Klotz
J. Ratayczak
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Annotations
(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.
(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.
(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.
(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.
(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.
(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.
(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.
(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.
(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.
(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.
(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.
(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn
- 1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder - 2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und - a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder - b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
- 3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.
(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich
- 1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder - 2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
(4) Die Inobhutnahme endet mit
- 1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten, - 2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.
(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.
(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.
(1) Das Jugendamt unterstützt das Familiengericht bei allen Maßnahmen, die die Sorge für die Person von Kindern und Jugendlichen betreffen. Es hat in folgenden Verfahren nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit mitzuwirken:
- 1.
Kindschaftssachen (§ 162 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit), - 2.
Abstammungssachen (§ 176 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit), - 3.
Adoptionssachen (§ 188 Absatz 2, §§ 189, 194, 195 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit), - 4.
Ehewohnungssachen (§ 204 Absatz 2, § 205 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit) und - 5.
Gewaltschutzsachen (§§ 212, 213 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit).
(2) Das Jugendamt unterrichtet insbesondere über angebotene und erbrachte Leistungen, bringt erzieherische und soziale Gesichtspunkte zur Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen ein und weist auf weitere Möglichkeiten der Hilfe hin. In Verfahren nach den §§ 1631b, 1632 Absatz 4, den §§ 1666, 1666a und 1682 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie in Verfahren, die die Abänderung, Verlängerung oder Aufhebung von nach diesen Vorschriften getroffenen Maßnahmen betreffen, legt das Jugendamt dem Familiengericht den Hilfeplan nach § 36 Absatz 2 Satz 2 vor. Dieses Dokument beinhaltet ausschließlich das Ergebnis der Bedarfsfeststellung, die vereinbarte Art der Hilfegewährung einschließlich der hiervon umfassten Leistungen sowie das Ergebnis etwaiger Überprüfungen dieser Feststellungen. In anderen die Person des Kindes betreffenden Kindschaftssachen legt das Jugendamt den Hilfeplan auf Anforderung des Familiengerichts vor. Das Jugendamt informiert das Familiengericht in dem Termin nach § 155 Absatz 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit über den Stand des Beratungsprozesses. § 64 Absatz 2 und § 65 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 bleiben unberührt.
(3) Das Jugendamt, das in Verfahren zur Übertragung der gemeinsamen Sorge nach § 155a Absatz 4 Satz 1 und § 162 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit angehört wird, teilt
- 1.
rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen, aufgrund derer die Sorge gemäß § 1626a Absatz 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs den Eltern ganz oder zum Teil gemeinsam übertragen wird oder - 2.
rechtskräftige gerichtliche Entscheidungen, die die elterliche Sorge ganz oder zum Teil der Mutter entziehen oder auf den Vater allein übertragen,
(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.
(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn
- 1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, - 2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt, - 3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.
(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.
(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.
(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.
(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.
(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.
(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.
(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.
(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.
Eine Geldschuld hat der Schuldner von dem Eintritt der Rechtshängigkeit an zu verzinsen, auch wenn er nicht im Verzug ist; wird die Schuld erst später fällig, so ist sie von der Fälligkeit an zu verzinsen. Die Vorschriften des § 288 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2, Abs. 3 und des § 289 Satz 1 finden entsprechende Anwendung.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.