Bundesarbeitsgericht Urteil, 23. Feb. 2016 - 1 AZR 73/14

ECLI:ECLI:DE:BAG:2016:230216.U.1AZR73.14.0
bei uns veröffentlicht am23.02.2016

Tenor

Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 29. November 2013 - 10 Sa 696/13 - wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Zulässigkeit der Anrechnung tariflicher Entgelterhöhungen auf eine übertarifliche Zulage.

2

Der Kläger ist als Projektingenieur in E (Nordrhein-Westfalen) beschäftigt. Nach einer am 14./20. Januar 1988 mit der Rechtsvorgängerin der Beklagten geschlossenen „Anstellungsvereinbarung“ setzte sich seine Vergütung aus einem monatlichen Grundgehalt nach dem „Manteltarifvertrag der Hessischen Metallindustrie“ und einer „freiwilligen, jederzeit widerruflichen übertariflichen Zulage“ iHv. 1.686,00 DM brutto zusammen. Im Übrigen heißt es dort, dass sich „alle weiteren das Arbeitsverhältnis betreffenden Punkte … nach den jeweils gültigen Bestimmungen des Tarifvertrages der Hessischen Metallindustrie …“ richten.

3

Mit Wirkung vom 1. April 2007 ging das Arbeitsverhältnis aufgrund eines Betriebsübergangs auf die nicht tarifgebundene Beklagte über. Zu diesem Zeitpunkt erhielt der Kläger ein Tarifentgelt iHv. 3.802,00 Euro brutto, eine Leistungszulage iHv. 25 % des Tarifentgelts (940,50 Euro brutto) und eine - von beiden Parteien so bezeichnete - „freiwillige übertarifliche Zulage (FÜZ)“ iHv. 325,18 Euro brutto. Die zwischen der Industriegewerkschaft Metall und dem Verband der Metall- und Elektrounternehmen Hessen eV vereinbarten Tarifentgelterhöhungen ab 1. Juni 2007 bis einschließlich 1. April 2011 gab die Beklagte nicht an den Kläger weiter. Nachdem das Bundesarbeitsgericht in einem von einem Kollegen des Klägers angestrengten Rechtsstreit zu einer inhaltsgleichen Verweisungsklausel rechtskräftig festgestellt hatte, dass die Beklagte als Betriebserwerberin verpflichtet ist, die Entgelttarifverträge für die Hessische Metallindustrie in der jeweils gültigen Fassung anzuwenden (21. Oktober 2009 - 4 AZR 396/08 -), traf diese am 29. Juni 2010 die - auch andere Arbeitnehmer betreffende - Entscheidung, die tariflichen Entgelterhöhungen auf die freiwillige übertarifliche Zulage anzurechnen.

4

Der in dem Betrieb E gebildete Betriebsrat leitete daraufhin ein Beschlussverfahren mit dem Antrag ein, ua. „festzustellen, dass ihm ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bei der ungleichmäßigen Verrechnung der … freiwilligen (übertariflichen) Zulage (FÜZ) durch die Antragsgegnerin zusteht“. Das Arbeitsgericht Düsseldorf wies den Feststellungsantrag mit Beschluss vom 28. Juli 2011 ab (- 5 BV 62/11 -). Die Beschwerde des Betriebsrats vor dem Landesarbeitsgericht Düsseldorf (9. Februar 2012 5 TaBV 74/11 -) blieb ebenso ohne Erfolg wie seine Nichtzulassungsbeschwerde (BAG 24. Juli 2012 - 1 ABN 42/12 -).

5

Anlässlich der Anhebung des Tarifentgelts ab dem 1. Mai 2012 erhöhte die Beklagte das Entgelt und die Leistungszulage des Klägers um 4,3 %, kürzte allerdings die freiwillige übertarifliche Zulage um den Steigerungsbetrag.

6

Mit seiner Klage hat der Kläger - soweit für die Revision noch von Bedeutung - die ungekürzte Zahlung der freiwilligen übertariflichen Zulage für die Zeit von Oktober 2008 bis Oktober 2012 iHv. insgesamt 14.242,89 Euro brutto sowie für den Zeitraum vom Mai 2012 bis Oktober 2012 iHv. weiteren 1.226,16 Euro brutto geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die Anrechnung der Tarifentgelterhöhung sei mangels Beteiligung des Betriebsrats unwirksam. Die rechtskräftige Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 9. Februar 2012 (- 5 TaBV 74/11 -) sei für den vorliegenden Rechtsstreit ohne Einfluss. Er sei an diesem Beschlussverfahren nicht beteiligt gewesen.

7

Der Kläger hat - soweit für das Revisionsverfahren noch von Bedeutung - in der Sache - beantragt,

        

die Beklagte zu verurteilen,

        

1.    

an ihn (weitere) 14.242,89 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30. November 2012 zu zahlen,

        

2.    

an ihn 1.226,16 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30. November 2012 zu zahlen.

8

Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt.

9

Das Arbeitsgericht hat dem Antrag zu 1., mit dem der Kläger erstinstanzlich eine Gesamtforderung von 27.236,74 Euro erhoben hat, in Höhe von 12.993,85 Euro stattgegeben; dies betrifft die Differenz zwischen dem für die Zeit Oktober 2008 bis Oktober 2012 beanspruchten tariflichen Entgelt einschließlich einer in ihrer Höhe davon abhängigen Leistungszulage unter Anrechnung der Tariferhöhung auf die freiwillige übertarifliche Zulage zuzüglich der für diesen Zeitraum beanspruchten tariflichen Sonderzahlungen und der Differenzen zwischen tariflichem und gezahltem Weihnachtsgeld sowie Urlaubsgeld, bei denen die Beklagte keine Verrechnung mit der Zulage angebracht hat. Das Landesarbeitsgericht hat die nur von dem Kläger eingelegte Berufung mit der klarstellenden Maßgabe zurückgewiesen, dass die Klage im Übrigen abgewiesen wird. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger die von seinen Anträgen zu 1. und zu 2. umfassten ursprünglichen Zahlungsziele weiter.

Entscheidungsgründe

10

Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet. Die Vorinstanzen haben dem Klageantrag zu 1. zu Recht nicht in der geltend gemachten Höhe entsprochen. Bei dem Klageantrag zu 2. ist die Revision bereits deshalb unbegründet, weil es insoweit an einer zulässigen Berufung des Klägers gegen die arbeitsgerichtliche Entscheidung fehlt.

11

I. Der Kläger kann die mit dem Klageantrag zu 1. verfolgte ungekürzte Zahlung der freiwilligen übertariflichen Zulage unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt beanspruchen.

12

1. Er hat im Streitzeitraum keinen vertraglichen Anspruch auf die erstrebte weitere Vergütung.

13

a) Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien ein Entgelt, das sich aus einem Tarifentgelt und einer Zulage zusammensetzt, und erweist sich später das Tarifentgelt aus Rechtsgründen als zu niedrig angesetzt, besteht ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Leistung der unverminderten Zulage neben dem erhöhten Tarifentgelt nur dann, wenn die Zulage als selbständiger, anrechnungsfester Bestandteil der Gesamtvergütung vereinbart ist (vgl. BAG 3. September 2014 - 5 AZR 109/13 - Rn. 12, BAGE 149, 78).

14

b) Das Landesarbeitsgericht hat zu Recht erkannt, dass die Parteien keinen eigenständigen und damit anrechnungsfesten Vergütungsbestandteil „freiwillige übertarifliche Zulage (FÜZ)“ iHv. 325,18 Euro brutto monatlich vereinbart haben. Dafür fehlt es nach den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts an Anhaltspunkten, zumal die Gesamtvergütung des Klägers - jedenfalls seit dem Zeitpunkt des Betriebsübergangs auf die Beklagte - auch eine „Leistungszulage“ enthielt. Dies hindert die Annahme eines besonderen Leistungszwecks der freiwilligen übertariflichen Zulage, der einer Anrechenbarkeit entgegenstehen könnte. Weiterhin hat das Landesarbeitsgericht rechtsfehlerfrei erkannt, dass die Anrechnung individualrechtlich zulässig war. Gegenteiliges macht der Kläger mit seiner Revision auch nicht mehr geltend.

15

2. Die Beklagte ist auch nicht nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung verpflichtet, dem Kläger die begehrte ungekürzte freiwillige übertarifliche Zulage zu zahlen.

16

a) Nach der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung führt die Verletzung von Mitbestimmungsrechten des Betriebsrats im Verhältnis zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer jedenfalls zur Unwirksamkeit von Maßnahmen oder Rechtsgeschäften, die den Arbeitnehmer belasten. Das soll verhindern, dass der Arbeitgeber dem Einigungszwang mit dem Betriebsrat durch Rückgriff auf arbeitsvertragliche Gestaltungsmöglichkeiten ausweicht. Dem Arbeitgeber darf aus einer betriebsverfassungsrechtlichen Pflichtwidrigkeit auch im Rahmen des Arbeitsverhältnisses kein Vorteil erwachsen (BAG 22. Oktober 2014 - 5 AZR 731/12 - Rn. 31, BAGE 149, 343). Verletzt der Arbeitgeber bei einer Anrechnung von Tarifsteigerungen auf Zulagen das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats, hat dies die Unwirksamkeit der Anrechnung zur Folge (vgl. BAG 22. Mai 2012 - 1 AZR 94/11 - Rn. 29 mwN).

17

b) Die Beklagte hat bei der Anrechnung der Tarifentgelterhöhungen auf die freiwillige übertarifliche Zulage kein Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats verletzt. Dies steht aufgrund der rechtskräftigen Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf (9. Februar 2012 - 5 TaBV 74/11 -) in dem vom Betriebsrat angestrengten Beschlussverfahren fest und schließt eine abweichende gerichtliche Beurteilung zu einem Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats bei der Anrechnungsentscheidung der Beklagten im vorliegenden Rechtsstreit aus.

18

aa) Der Betriebsrat hatte bei der Anrechnungsentscheidung der Arbeitgeberin nach rechtskräftiger Entscheidung des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf nicht nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG mitzubestimmen.

19

(1) Nach dem auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anwendbaren § 322 Abs. 1 ZPO sind Beschlüsse der Rechtskraft fähig, soweit über den durch den Antrag erhobenen Anspruch entschieden ist(BAG 5. März 2013 - 1 ABR 75/11 - Rn. 12 mwN). Der Begriff des Anspruchs in § 322 Abs. 1 ZPO bezeichnet den prozessualen Anspruch im Sinn der Streitgegenstandslehre. Dieser richtet sich nach dem zur Entscheidung gestellten Antrag und dem zugehörigen Lebenssachverhalt, aus dem die begehrte Rechtsfolge hergeleitet wird. Dabei sind die Gründe des Beschlusses ergänzend heranzuziehen, wenn die Entscheidungsformel, wie insbesondere bei einer den Antrag abweisenden Entscheidung, den Streitgegenstand und damit den Umfang der Rechtskraft nicht erkennen lässt (BAG 5. März 2013 - 1 ABR 75/11 - Rn. 13 mwN).

20

(2) Das Landesarbeitsgericht hat rechtskräftig über das Nichtbestehen eines Mitbestimmungsrechts bei vergangenheits-, gegenwarts- und zukunftsbezogenen Anrechnungen von Tariflohnerhöhungen auf die freiwillige übertarifliche Zulage entschieden. In dem von ihm eingeleiteten Beschlussverfahren hat der Betriebsrat des E Betriebs ua. ein Mitbestimmungsrecht bei der „ungleichmäßigen Verrechnung der … freiwilligen (übertariflichen) Zulage“ (FÜZ) durch die Arbeitgeberin reklamiert. Die erstrebte Feststellung bezog sich - zumindest auch - auf die am 29. Juni 2010 getroffene Entscheidung der Beklagten, Tariferhöhungen auf übertarifliche Zulagen anzurechnen. Für diese Angelegenheit ist mit der rechtskräftigen Antragsabweisung ein Mitbestimmungsrecht verneint worden.

21

bb) Der Kläger muss das rechtskräftige Ergebnis über ein fehlendes Beteiligungsrecht des Betriebsrat bei der Anrechnungsentscheidung gegen sich gelten lassen. Dem Beschluss des Landesarbeitsgerichts Düsseldorf vom 9. Februar 2012 (- 5 TaBV 74/11 -) kommt insoweit eine präjudizielle Bindungswirkung zu.

22

(1) Rechtskräftige Beschlüsse im Beschlussverfahren über betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeiten können für spätere Individualstreitigkeiten auch dann präjudizielle Bindungswirkung entfalten, wenn der Arbeitnehmer am Beschlussverfahren nicht beteiligt gewesen ist. So ist etwa bei Entscheidungen über die Mitbestimmungspflichtigkeit einer Betriebsänderung für nachfolgende Ansprüche auf Nachteilsausgleich (§ 113 Abs. 3 BetrVG) oder eine Maßnahme des Arbeitgebers nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG eine aus der Rechtskraft folgende Präklusionswirkung anzunehmen(vgl. BAG 10. März 1998 - 1 AZR 658/97 -; 31. Januar 1990 - 1 ABR 39/89 - BAGE 65, 28; 10. November 1987 - 1 AZR 360/86 - BAGE 56, 304). Unabhängig von Abgrenzungsfragen und terminologischen Unterschieden im Einzelnen ist eine präjudizielle Bindungswirkung oder Präklusionswirkung - auch außerhalb vom Bestehen ausdrücklicher Präklusionsnormen und des vom Wortlaut des § 325 ZPO vorgegebenen Rahmens - dann gerechtfertigt, wenn die Rechtslage des Arbeitnehmers primär durch eine kollektivrechtliche Vorfrage geprägt und daher seine individuelle Position in ein übergreifendes Bezugssystem eingebettet ist(vgl. BAG 18. Oktober 2006 - 2 AZR 434/05 - Rn. 44). Insoweit gründet sich die Bindungswirkung von Entscheidungen im Beschlussverfahren für einen nachfolgenden Individualrechtsstreit vor allem in der materiell- und verfahrensrechtlichen Kompetenz der Betriebsparteien. Allein dem Betriebsrat und nicht dem einzelnen Arbeitnehmer ist die Mitbestimmung in sozialen, personellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten zugewiesen. In der Folge können einzelne Arbeitnehmer nicht gegenüber dem Betriebsrat verlangen, in einem bestimmten Sinn tätig zu werden, also etwa die Zustimmung zu einer mitzubestimmenden Maßnahme zu verweigern. Nur den Betriebsparteien - nicht den jeweiligen Arbeitnehmern - kommt die Befugnis zu, in einem Beschlussverfahren das (Nicht-)Bestehen von Mitbestimmungsrechten klären zu lassen. Entsprechend kann sich der einzelne Arbeitnehmer auch dann, wenn er an dem vorherigen Beschlussverfahren nicht beteiligt war, im nachfolgenden Individualprozess nicht darauf berufen, die Entscheidung über die kollektivrechtliche Streitfrage, die als Vorfrage auch im Individualprozess zu beantworten ist, sei unrichtig entschieden (vgl. BAG 10. März 1998 - 1 AZR 658/97 - zu III 2 a bb der Gründe; 3. Juli 1996 - 2 AZR 813/95 - zu II 2 b der Gründe, BAGE 83, 267; 23. November 1993 - 1 AZR 441/93 - zu I 1 a der Gründe; 17. Februar 1992 - 10 AZR 448/91 - BAGE 69, 367; 10. November 1987 - 1 AZR 360/86 - zu 2 c der Gründe, BAGE 56, 304).

23

(2) Von einer präjudiziellen Wirkung ist daher auch auszugehen, wenn - wie im vorliegenden Rechtsstreit - in einem vorangegangenen Beschlussverfahren rechtskräftig über das Nichtbestehen eines Mitbestimmungsrechts des Betriebsrats nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG bei der Anrechnung von Tarifentgelterhöhungen auf freiwillige übertarifliche Zulagen befunden worden ist. Der Arbeitnehmer kann den auf die kollektivrechtliche Unwirksamkeit der Anrechnung gestützten Anspruch auf ungekürzte Zulagenzahlung nicht unabhängig von der für die Betriebsparteien rechtskräftigen betriebsverfassungsrechtlichen Beurteilung des Anrechnungstatbestands geltend machen. Die Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung bezweckt den Schutz des Mitbestimmungsrechts. Ein hierauf gestützter Anspruch setzt ein mitbestimmungswidriges Verhalten des Arbeitgebers voraus. Ist in einem Beschlussverfahren allerdings rechtskräftig geklärt, dass kein Beteiligungsrecht des Betriebsrats besteht, fehlt es an einem zu schützenden Mitbestimmungsrecht, das durch die Anerkennung der (individualrechtlich wirkenden) Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung zu flankieren oder zu sichern wäre.

24

(3) Die Präjudizialität der rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung über das Nichtbestehen eines Mitbestimmungsrechts bei der Anrechnung der Tarifentgelterhöhungen auf die freiwillige übertarifliche Zulage verletzt den am Beschlussverfahren nicht beteiligten Kläger - entgegen der Auffassung der Revision - nicht in seinem Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG). Sind auf die Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung gestützte Ansprüche eines Arbeitnehmers auf eine ungeschmälerte Zulagenzahlung allein von der kollektivrechtlichen Beteiligung des Betriebsrats bei der Anrechnung von Tariferhöhungen abhängig, betrifft der Streit der Betriebsparteien über den Bestand eines Mitbestimmungsrechts und eine gerichtliche Entscheidung hierüber nur die Betriebsparteien. In einem solchen Beschlussverfahren sind die Arbeitnehmer ebenso wenig aus Gründen des rechtlichen Gehörs zu beteiligen, wie sie etwa vom Betriebsrat vor einer Zustimmung zur Anrechnung gehört werden müssten. Die Bindung an die in einem Beschlussverfahren ergangene Entscheidung verkürzt auch keine originäre individuelle Rechtsposition der Arbeitnehmer. Sie bewirkt lediglich, dass im Hinblick auf die abschließend geklärte betriebsverfassungsrechtliche Fragestellung kein Anwendungsfall der Theorie der Wirksamkeitsvoraussetzung vorliegt.

25

(4) Der Präjudizialität einer rechtskräftigen Entscheidung über den Bestand eines Mitbestimmungsrechts bei der Anrechnung steht die Entscheidung des Sechsten Senats des Bundesarbeitsgerichts vom 15. Januar 1987 (- 6 AZR 589/84 -) nicht entgegen. Zwar hat der Sechste Senat hierin ausgeführt, trotz rechtskräftiger Abweisung eines Antrags des Personalrats auf Feststellung, der Arbeitgeber habe bei der Kürzung eines Essenzuschusses Mitbestimmungsrechte verletzt, seien die Gerichte für Arbeitssachen befugt, im Individualrechtsstreit selbständig zu prüfen, ob solche Mitbestimmungsrechte bestünden oder nicht. Seine Ausführungen zur Ablehnung einer Bindungswirkung waren aber nicht tragend; seine die Klage abweisende Entscheidung beruhte auf anderen Gründen.

26

II. Die Revision ist in Bezug auf den Klageantrag zu 2. bereits deshalb unbegründet, weil insoweit die Berufung des Klägers gegen das arbeitsgerichtliche Urteil unzulässig war. Es fehlt damit an einer - vom Revisionsgericht von Amts wegen zu prüfenden - Prozessfortsetzungsvoraussetzung. Unerheblich ist, dass das Landesarbeitsgericht die Berufung des Klägers insgesamt als zulässig angesehen hat (BAG 13. Oktober 2015 - 1 AZR 429/14 - Rn. 35 mwN).

27

1. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO muss die Berufungsbegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergibt. Erforderlich ist eine hinreichende Darstellung der Gründe, aus denen sich die Rechtsfehlerhaftigkeit der angefochtenen Entscheidung ergeben soll. Bezieht sich das Rechtsmittel auf mehrere Ansprüche im prozessualen Sinn, ist zu jedem Anspruch eine ausreichende Begründung zu geben. Fehlen Ausführungen zu einem Anspruch, ist das Rechtsmittel insoweit unzulässig (BAG 13. Oktober 2015 - 1 AZR 429/14 - Rn. 36).

28

2. Diesen Grundsätzen genügte die Berufungsbegründung des Klägers bezogen auf den mit dem Antrag zu 2. eigenständig erhobenen Streitgegenstand nicht. Das Arbeitsgericht hat hierzu ausgeführt, die tatsächliche Entgelterhöhung im Mai 2012 sei nicht anspruchserhöhend zu werten, denn der Kläger habe die jeweiligen Tariferhöhungen bereits bei seiner Berechnung der monatlichen Entgeltdifferenzen ab Mai 2012 berücksichtigt. Damit setzt sich die Berufungsbegründung nicht auseinander.

        

    Schmidt    

        

    Treber    

        

    K. Schmidt    

        

        

        

    Sibylle Spoo    

        

    Hann    

                 

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1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
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Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
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4.
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6.
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8.
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9.
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10.
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11.
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13.
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14.
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(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Urteile sind der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist.

(2) Hat der Beklagte die Aufrechnung einer Gegenforderung geltend gemacht, so ist die Entscheidung, dass die Gegenforderung nicht besteht, bis zur Höhe des Betrages, für den die Aufrechnung geltend gemacht worden ist, der Rechtskraft fähig.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Betriebsrats gegen den Schlussbeschluss des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 7. Juli 2011 - 9 TaBV 168/10 - wird zurückgewiesen.

Gründe

1

A. Die Beteiligten streiten über die Wirksamkeit von Altersgrenzenregelungen in Betriebsvereinbarungen.

2

Antragsteller ist der Betriebsrat eines am Standort W bestehenden Gemeinschaftsbetriebs. Dessen Inhaber sind seit einem am 1. Juli 2010 vollzogenen Betriebsinhaberwechsel die zu 2. (PGM) und zu 3. (PGS) beteiligten Arbeitgeberinnen. In dem Gemeinschaftsbetrieb finden kraft deren Tarifbindung die Tarifverträge der Chemischen Industrie Anwendung. Zu diesen gehört auch der im Jahr 2008 abgeschlossene Tarifvertrag „Lebensarbeitszeit und Demografie“ (TVLD). Dieser enthält ua. Regelungen über die Durchführung einer Demografieanalyse in den Betrieben und die Gestaltung von Arbeitszeitmodellen.

3

Die PGM schloss mit ihrem zu 4. beteiligten Gesamtbetriebsrat am 24. November 2009 eine „Freiwillige Gesamtbetriebsvereinbarung Umsetzung des Demografietarifvertrags“ (GBV 2009) ab. Deren § 5 enthält eine auf das Erreichen des Regelrentenalters bezogene Altersgrenze. Eine inhaltsgleiche Altersgrenzenregelung vereinbarte auch die PGS mit ihrem zu 5. beteiligten Gesamtbetriebsrat.

4

Im Gemeinschaftsbetrieb W bestand seit dem 12. Dezember 2008 eine zwischen den vormaligen Betriebsinhaberinnen und dem Betriebsrat vereinbarte Betriebsordnung (BO 2008). Nach deren Nr. 11.1 endete das Arbeitsverhältnis ohne Kündigung mit Ablauf des Kalendermonats, in dem das jeweils gültige gesetzliche Rentenalter vollendet wird. Am 23. Dezember 2009 schloss der Betriebsrat W eine „Freiwillige Betriebsvereinbarung Umsetzung des Demografietarifvertrags“ (BV 2009). § 4 BV 2009 enthält eine mit § 5 GBV 2009 übereinstimmende Altersgrenzenregelung.

5

Der Betriebsrat W hat die von ihm abgeschlossenen betrieblichen Altersgrenzenregelungen wie auch § 5 GBV 2009 für unwirksam gehalten. Altersgrenzenvereinbarungen in Betriebsvereinbarungen seien generell unzulässig. Jedenfalls sei ein Gesamtbetriebsrat hierfür nicht zuständig.

6

Der Betriebsrat W hat - soweit für die Rechtsbeschwerde von Bedeutung - zuletzt beantragt,

        

a)    

festzustellen, dass § 4 der Betriebsvereinbarung „Umsetzung des Demografietarifvertrags“ vom 23. Dezember 2009 und Ziffer 11.1 der Betriebsordnung vom 8. Dezember 2009 rechtsunwirksam sind und keine Rechtswirkung entfalten,

        

b)    

…       

        

c)    

festzustellen, dass § 5 GBV „Umsetzung des Demografietarifvertrags“ zwischen der Geschäftsleitung der Beteiligten zu 2. und dem Beteiligten zu 4. und § 5 GBV „Umsetzung des Demografietarifvertrags“ zwischen der Geschäftsleitung der Beteiligten zu 3. und dem Beteiligten zu 5. rechtsunwirksam sind und keine Rechtswirkung entfalten.

7

Die Arbeitgeberinnen haben die Abweisung der Anträge beantragt.

8

Das Arbeitsgericht hat den dort allein gestellten Antrag zu a) abgewiesen. Dagegen hat der Betriebsrat W Beschwerde eingelegt und sein Begehren um den Antrag zu c) erweitert. Das Landesarbeitsgericht hat die Beschwerde zurückgewiesen und den Antrag zu c) abgewiesen. Es hat die Rechtsbeschwerde nur in Bezug auf den Antrag zu c) zugelassen und darüber hinaus auf die Frage der Wirksamkeit der zwischen der PGM und ihrem Gesamtbetriebsrat in § 5 GBV 2009 vereinbarten Altersgrenzenregelung beschränkt. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgt der Betriebsrat W entsprechend der zweitinstanzlichen Zulassungsentscheidung seinen Antrag zu c) weiter. Daneben hat er den vom Landesarbeitsgericht abgewiesenen Antrag zu a) im Wege der Antragserweiterung zur Entscheidung gestellt.

9

B. Die Rechtsbeschwerde ist unbegründet. Beide Anträge des Betriebsrats sind unzulässig.

10

I. Gegenstand des Rechtsbeschwerdeverfahrens ist der auf Feststellung der Unwirksamkeit von § 5 GBV 2009 gerichtete Antrag des Betriebsrats W. Für diesen hat das Landesarbeitsgericht die Rechtsbeschwerde ausdrücklich zugelassen. Daneben hat der Betriebsrat W seinen vom Beschwerdegericht abgewiesenen Antrag zur Geltung von § 4 BV 2009 sowie Nr. 11.1 BO 2008 im Wege der Antragserweiterung in das Rechtsbeschwerdeverfahren eingeführt.

11

II. Der auf die Feststellung der Unwirksamkeit von § 4 BV 2009 und Nr. 11.1 BO 2008 gerichtete Antrag ist unzulässig. Einer erneuten Sachentscheidung steht der Einwand der Rechtskraft (§ 322 Abs. 1 ZPO) entgegen.

12

1. Nach dem auch im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren anwendbaren § 322 Abs. 1 ZPO sind Beschlüsse der Rechtskraft fähig, soweit über den durch den Antrag erhobenen Anspruch entschieden ist(BAG 6. Juni 2000 - 1 ABR 21/99 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 95, 47). Die materielle Rechtskraftwirkung solcher Beschlüsse hindert grundsätzlich, dass bei Identität der Beteiligten und des Sachverhalts die bereits rechtskräftig entschiedene Frage den Gerichten zur erneuten Entscheidung unterbreitet werden kann. Das ist als negative Prozessvoraussetzung auch in der Rechtsbeschwerdeinstanz von Amts wegen zu beachten.

13

Der Begriff des Anspruchs in § 322 Abs. 1 ZPO bezeichnet den prozessualen Anspruch im Sinne der Streitgegenstandslehre. Die objektiven Grenzen der Rechtskraft des Entscheidungsgegenstandes werden durch den Streitgegenstand des vorangehenden Verfahrens bestimmt. Dieser richtet sich nach dem zur Entscheidung gestellten Antrag und dem zugehörigen Lebenssachverhalt, aus dem die begehrte Rechtsfolge hergeleitet wird (BAG 19. Januar 2010 - 1 ABR 55/08 - Rn. 15, BAGE 133, 75). Dabei sind Tatbestand und Entscheidungsgründe, erforderlichenfalls auch das Parteivorbringen, ergänzend heranzuziehen, wenn die Entscheidungsformel, wie insbesondere bei einer den Antrag abweisenden Entscheidung, den Streitgegenstand und damit den Umfang der Rechtskraft nicht erkennen lässt (BAG 19. Januar 2010 - 1 ABR 55/08 - aaO).

14

2. Danach ist der vom Betriebsrat in der Rechtsbeschwerdeinstanz im Wege der Antragserweiterung eingeführte Feststellungsantrag unzulässig. Über diesen hat das Beschwerdegericht bereits rechtskräftig entschieden.

15

Das Arbeitsgericht hat den auf Feststellung der Unwirksamkeit von § 4 BV 2009 und Nr. 11.1 BO 2008 gerichteten Antrag abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die dagegen gerichtete Beschwerde des Betriebsrats zurückgewiesen und gegen diesen Teil seiner Entscheidung die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen. Hiergegen hat der Betriebsrat keine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt. Die Entscheidung des Beschwerdegerichts ist insoweit in Rechtskraft erwachsen. Es ist weder ersichtlich noch vom Betriebsrat geltend gemacht, dass die beschränkte Rechtsbeschwerdezulassung unbeachtlich ist und die Rechtsbeschwerde unbeschränkt eingelegt werden kann. Die Wirksamkeit der vom Gesamtbetriebsrat abgeschlossenen Altersgrenzenregelung in der GBV 2009 betrifft einen abtrennbaren selbständigen Teil des Gesamtstreitstoffs, über den gesondert und unabhängig von dem verbleibenden Verfahrensgegenstand entschieden werden konnte.

16

III. Auch der auf die Feststellung der Unwirksamkeit von § 5 GBV 2009 gerichtete Antrag ist unzulässig. Dem Betriebsrat fehlt bereits die erforderliche Antragsbefugnis iSv. § 81 Abs. 1 ArbGG.

17

1. Im arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren ist ein Beteiligter antragsbefugt, wenn er eigene Rechte geltend macht. Antragsbefugnis und die Beteiligtenstellung fallen nicht notwendig zusammen; § 83 Abs. 3 ArbGG besagt nichts darüber, ob ein Beteiligter im Beschlussverfahren einen Antrag stellen kann. Die Antragsbefugnis ist vielmehr nach den Regeln über die Einleitung eines gerichtlichen Verfahrens zu bestimmen (§ 81 Abs. 1 ArbGG). Regelmäßig kann nur derjenige ein gerichtliches Verfahren einleiten, der vorträgt, Träger des streitbefangenen Rechts zu sein. Ausnahmen gelten im Fall einer zulässigen Prozessstandschaft. Die Prozessführungsbefugnis im Urteilsverfahren und die Antragsbefugnis im Beschlussverfahren dienen dazu, Popularklagen auszuschließen. Im Beschlussverfahren ist die Antragsbefugnis nur gegeben, wenn der Antragsteller durch die begehrte Entscheidung in seiner kollektivrechtlichen Rechtsposition betroffen sein kann. Das ist regelmäßig nur dann der Fall, wenn er eigene Rechte geltend macht und dies nicht von vornherein als aussichtslos erscheint (BAG 17. Juni 2009 - 7 ABR 96/07 - Rn. 9).

18

2. Ein Betriebsrat kann die Unwirksamkeit einer von einer anderen Arbeitnehmervertretung abgeschlossenen Betriebsvereinbarung nicht unabhängig von einem Eingriff in seine eigene betriebsverfassungsrechtliche Rechtsposition geltend machen. Weder das BetrVG noch das ArbGG sehen ein inhaltliches Normenkontrollrecht der auf den unterschiedlichen Ebenen im Unternehmen und Konzern errichteten Arbeitnehmervertretungen vor. Die gerichtliche Überprüfung einer nicht selbst abgeschlossenen Betriebsvereinbarung kann von einem antragstellenden Betriebsrat nur in Hinblick auf eine Verletzung gerade seiner Regelungsbefugnis erfolgen. Fehlt dem abschließenden Betriebsrat insoweit die Zuständigkeit, erweist sich die Betriebsvereinbarung als Eingriff in die betriebsverfassungsrechtliche Rechtsposition des Antragstellers. Eine von einem unzuständigen Betriebsrat getroffene Vereinbarung ist unwirksam. Nur für den Ausspruch der darauf gestützten Rechtsfolge ist der für den Abschluss der Betriebsvereinbarung tatsächlich zuständige Betriebsrat antragsbefugt.

19

3. Danach fehlt dem Betriebsrat W die Antragsbefugnis. Er kann die Wirksamkeit von § 5 GBV 2009 nicht zur gerichtlichen Überprüfung stellen. Ein solcher Antrag wäre nur zulässig, wenn der Betriebsrat W geltend machen könnte, dass nicht der Gesamtbetriebsrat, sondern er für den Abschluss einer Altersgrenzenregelung zuständig sei. Nur dann wäre er von der unternehmensbezogenen Altersgrenzenregelung in einer eigenen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition betroffen. Dies ist nicht der Fall. Der Senat hat aufgrund der mit der rechtskräftigen Abweisung des Antrags zu a) verbundenen Bindungswirkung von der fehlenden Zuständigkeit des Betriebsrats Weiterstadt für den Abschluss einer betrieblichen Altersgrenzenregelung auszugehen.

20

a) Rechtskräftige Beschlüsse entfalten gemäß § 322 Abs. 1 ZPO Bindungswirkung für ein nachfolgendes Verfahren, soweit über den mit dem Antrag erhobenen Anspruch entschieden worden ist. Die Bindungswirkung beschränkt sich auf den unmittelbaren Gegenstand des Beschlusses, dh. auf die Rechtsfolge, die aufgrund eines bestimmten Sachverhalts bei Schluss der mündlichen Verhandlung den Entscheidungssatz bildet. Einzelne Urteilselemente, tatsächliche Feststellungen und rechtliche Folgerungen, auf denen die getroffene Entscheidung aufbaut, werden dagegen von der Rechtskraft nicht erfasst (BGH 26. Juni 2003 - I ZR 269/00 - zu II 1 a der Gründe, NJW 2003, 3058). Das Gericht ist an die im Vorprozess getroffene Entscheidung gebunden, wenn deren Inhalt zum Tatbestand der im neuen Verfahren geltend gemachten Rechtsfolge gehört (Rosenberg/Schwab/Gottwald Zivilprozessrecht 17. Aufl. § 154 Rn. 8). Die im ersten Verfahren rechtskräftig entschiedene Rechtsfolge ist im zweiten Verfahren zugrunde zu legen, wenn diese dort eine Vorfrage darstellt. Bei einer den Antrag abweisenden Entscheidung ist der aus der Begründung zu ermittelnde, die Rechtsfolge bestimmende, ausschlaggebende Abweisungsgrund Teil des in Rechtskraft erwachsenden Entscheidungssatzes und nicht allein ein Element der Entscheidungsbegründung (BAG 20. November 2012 - 1 AZR 611/11 - Rn. 89).

21

b) Das Landesarbeitsgericht hat im Rahmen seiner Begründung zu den im Betrieb W bestehenden Regelungen entschieden, dass § 4 BV 2009 nach dem Betriebsübergang zum 1. Juli 2010 aufgrund der bei der PGM geltenden GBV 2009 unwirksam geworden ist. In seiner Begründung hat es die Regelungsbefugnis des Betriebsrats W für den Abschluss einer auf den Gemeinschaftsbetrieb beschränkten Altersgrenzenregelung für den Zeitraum nach Wirksamwerden des Betriebsübergangs verneint. Es hat die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats PGM nach § 50 Abs. 1 BetrVG bejaht und den Feststellungsantrag aus diesem Grund abgewiesen.

22

c) Danach ist der Betriebsrat W für den Antrag zu c) nicht antragsbefugt. Er wird durch die Geltung von § 5 GBV 2009 nicht in einer eigenen betriebsverfassungsrechtlichen Rechtsposition betroffen. Dem Betriebsrat W fehlte zum Zeitpunkt der Anhörung vor dem Beschwerdegericht die Regelungsbefugnis für den Abschluss einer Betriebsvereinbarung über eine Altersgrenze. Dies folgt aus der Bindungswirkung der abweisenden Entscheidung des Landesarbeitsgerichts. Die Zuständigkeit des Gesamtbetriebsrats nach § 50 Abs. 1 BetrVG war für das Beschwerdegericht der tragende Abweisungsgrund und nicht allein ein Element seiner Entscheidungsbegründung. Dies steht einer erneuten Prüfung der Regelungsbefugnis des Betriebsrats W im vorliegenden Verfahren entgegen.

23

d) Der Betriebsrat W ist auch nicht in Hinblick auf sein Überwachungsrecht (§ 80 Abs. 1 BetrVG) in seiner betriebsverfassungsrechtlichen Position betroffen.

24

Nach dieser Bestimmung kann der Betriebsrat den Arbeitgeber zur Einhaltung der zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Schutzvorschriften auffordern. Das Überwachungsrecht des Betriebsrats ist darauf beschränkt, eine Nichtbeachtung oder fehlerhafte Durchführung der Vorschriften beim Arbeitgeber zu beanstanden und auf Abhilfe zu drängen (BAG 18. Mai 2010 - 1 ABR 6/09 - Rn. 21, BAGE 134, 249). Aus der Überwachungsaufgabe des Betriebsrats folgt indes kein Recht zur Normenkontrolle der nicht von ihm abgeschlossenen Normen.

        

    Schmidt    

        

    Linck    

        

    Koch    

        

        

        

    Manfred Gentz    

        

    Berg    

                 

(1) Weicht der Unternehmer von einem Interessenausgleich über die geplante Betriebsänderung ohne zwingenden Grund ab, so können Arbeitnehmer, die infolge dieser Abweichung entlassen werden, beim Arbeitsgericht Klage erheben mit dem Antrag, den Arbeitgeber zur Zahlung von Abfindungen zu verurteilen; § 10 des Kündigungsschutzgesetzes gilt entsprechend.

(2) Erleiden Arbeitnehmer infolge einer Abweichung nach Absatz 1 andere wirtschaftliche Nachteile, so hat der Unternehmer diese Nachteile bis zu einem Zeitraum von zwölf Monaten auszugleichen.

(3) Die Absätze 1 und 2 gelten entsprechend, wenn der Unternehmer eine geplante Betriebsänderung nach § 111 durchführt, ohne über sie einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben, und infolge der Maßnahme Arbeitnehmer entlassen werden oder andere wirtschaftliche Nachteile erleiden.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Das rechtskräftige Urteil wirkt für und gegen die Parteien und die Personen, die nach dem Eintritt der Rechtshängigkeit Rechtsnachfolger der Parteien geworden sind oder den Besitz der in Streit befangenen Sache in solcher Weise erlangt haben, dass eine der Parteien oder ihr Rechtsnachfolger mittelbarer Besitzer geworden ist.

(2) Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts zugunsten derjenigen, die Rechte von einem Nichtberechtigten herleiten, gelten entsprechend.

(3) Betrifft das Urteil einen Anspruch aus einer eingetragenen Reallast, Hypothek, Grundschuld oder Rentenschuld, so wirkt es im Falle einer Veräußerung des belasteten Grundstücks in Ansehung des Grundstücks gegen den Rechtsnachfolger auch dann, wenn dieser die Rechtshängigkeit nicht gekannt hat. Gegen den Ersteher eines im Wege der Zwangsversteigerung veräußerten Grundstücks wirkt das Urteil nur dann, wenn die Rechtshängigkeit spätestens im Versteigerungstermin vor der Aufforderung zur Abgabe von Geboten angemeldet worden ist.

(4) Betrifft das Urteil einen Anspruch aus einer eingetragenen Schiffshypothek, so gilt Absatz 3 Satz 1 entsprechend.

(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:

1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb;
2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage;
3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit;
4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte;
5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird;
6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen;
7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften;
8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist;
9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen;
10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung;
11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren;
12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen;
13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt;
14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.

(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.

(1) Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.

(2) Eine Tat kann nur bestraft werden, wenn die Strafbarkeit gesetzlich bestimmt war, bevor die Tat begangen wurde.

(3) Niemand darf wegen derselben Tat auf Grund der allgemeinen Strafgesetze mehrmals bestraft werden.

(1) Der Berufungskläger muss die Berufung begründen.

(2) Die Frist für die Berufungsbegründung beträgt zwei Monate und beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens aber mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung. Die Frist kann auf Antrag von dem Vorsitzenden verlängert werden, wenn der Gegner einwilligt. Ohne Einwilligung kann die Frist um bis zu einem Monat verlängert werden, wenn nach freier Überzeugung des Vorsitzenden der Rechtsstreit durch die Verlängerung nicht verzögert wird oder wenn der Berufungskläger erhebliche Gründe darlegt.

(3) Die Berufungsbegründung ist, sofern sie nicht bereits in der Berufungsschrift enthalten ist, in einem Schriftsatz bei dem Berufungsgericht einzureichen. Die Berufungsbegründung muss enthalten:

1.
die Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird und welche Abänderungen des Urteils beantragt werden (Berufungsanträge);
2.
die Bezeichnung der Umstände, aus denen sich die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergibt;
3.
die Bezeichnung konkreter Anhaltspunkte, die Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der Tatsachenfeststellungen im angefochtenen Urteil begründen und deshalb eine erneute Feststellung gebieten;
4.
die Bezeichnung der neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie der Tatsachen, auf Grund derer die neuen Angriffs- und Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 zuzulassen sind.

(4) Die Berufungsbegründung soll ferner enthalten:

1.
die Angabe des Wertes des nicht in einer bestimmten Geldsumme bestehenden Beschwerdegegenstandes, wenn von ihm die Zulässigkeit der Berufung abhängt;
2.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(5) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Berufungsbegründung anzuwenden.