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| Die zulässige Klage ist nur in Bezug auf die Kündigungsschutzklage des Klägers begründet. Der Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers ist ebenso unbegründet wie der Auflösungsantrag der Beklagten. |
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| 1. Die Kündigungsschutzklage des Klägers ist begründet. Das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis wurde durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 29.01.2014 nicht beendet. |
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| a. Die Kündigung gilt nicht bereits nach §§ 4 Satz 1, 7 KSchG als rechtswirksam, da der Kläger mit seiner bei Gericht am 12.02.2014 eingegangenen Klage die Drei-Wochen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG gewahrt hat, die mit Zugang der Kündigung am 29.01.2014 anlief. Dabei richtet sich der Kläger mit seiner Kündigungsschutzklage gegen die richtige Beklagte. Auch wenn zu einem Zeitpunkt nach Klageerhebung ein Übergang des Arbeitsverhältnisses auf die X-GmbH stattgefunden hat, lässt dies die Passivlegitimation der Beklagten als bisherige Betriebsinhaberin für die Kündigungsschutzklage unberührt (s. nur ErfK/Preis, 14. Aufl. 2014, § 613a BGB Rn. 174 m. w. N. auch zur Rspr.). |
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| b. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien findet gemäß §§ 1 Abs. 1, 23 Abs. 1 KSchG das Kündigungsschutzgesetz Anwendung, da im maßgeblichen Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung am 29.01.2014 das bereits 1995 begründete Arbeitsverhältnis der Parteien länger als sechs Monate bestand und die Beklagte unstreitig in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer in Vollzeit (ausschließlich der zu ihrer Berufsbildung Angestellten) beschäftigte. |
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| c. Die verhaltensbedingte Kündigung vom 29.01.2014 ist unwirksam, da sie nicht gemäß § 1 KSchG sozial gerechtfertigt ist. |
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| aa. Eine Kündigung aus Gründen im Verhalten des Arbeitnehmers i. S. v. § 1 Abs. 2 KSchG ist sozial gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer mit dem ihm vorgeworfenen Verhalten eine Vertragspflicht – in der Regel (aber nicht zwingend) schuldhaft – erheblich verletzt, das Arbeitsverhältnis konkret beeinträchtigt wird, eine zumutbare Möglichkeit einer anderen Beschäftigung nicht besteht und die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung der Interessen beider Vertragsteile billigenswert und angemessen erscheint (s. nur BAG 13.12.2007 – 2 AZR 818/06, NZA 2008, 589, 592 mit zahlr. w. N.). Für eine verhaltensbedingte Kündigung gilt dabei das Prognoseprinzip. Der Zweck der Kündigung ist nicht eine Sanktion für eine begangene Vertragspflichtverletzung, sondern die Vermeidung des Risikos weiterer erheblicher Pflichtverletzungen. Die vergangene Pflichtverletzung muss sich deshalb noch in der Zukunft belastend auswirken (BAG 31.05.2007 – 2 AZR 200/06, NZA 2007, 922; 12.01.2006 – 2 AZR 179/05, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54). Eine negative Prognose liegt vor, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde auch zukünftig den Arbeitsvertrag nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen. Deshalb setzt eine Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung regelmäßig eine Abmahnung voraus. Diese dient der Objektivierung der negativen Prognose. Liegt eine ordnungsgemäße Abmahnung vor und verletzt der Arbeitnehmer erneut seine vertraglichen Pflichten, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch zukünftig zu weiteren Vertragsstörungen kommen. |
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| bb. Soweit nach der vorstehenden Maßgabe für die soziale Rechtfertigung der verhaltensbedingten ordentlichen Kündigung der Beklagten also zunächst eine Vertragspflichtverletzung durch den Kläger erforderlich ist, sind speziell zu dem vorliegend von der Beklagten geltend gemachten Kündigungsgrund der groben Beleidigung bzw. der ehrverletzenden Äußerungen durch den Kläger folgende Grundsätze zu berücksichtigen: |
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| Grobe Beleidigungen des Arbeitgebers und/oder seiner Vertreter und Repräsentanten oder von Arbeitskollegen, die nach Form und Inhalt eine erhebliche Ehrverletzung für den/die Betroffenen bedeuten, können einen gewichtigen Verstoß gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers (§ 241 Abs. 2 BGB) darstellen und sogar eine außerordentliche fristlose Kündigung an sich rechtfertigen (BAG 10.12.2009 – 2 AZR 534/08, NZA 2010, 698, 699). Sie können daher – je nach den Umständen des Einzelfalls – auch eine ordentliche verhaltensbedingte Kündigung begründen (HaKo/Fiebig/Zimmermann, KSchR, 4. Aufl. 2012, § 1 Rn. 421). Entsprechendes gilt für bewusst wahrheitswidrig aufgestellte Tatsachenbehauptungen, etwa wenn sie den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllen. Der Arbeitnehmer kann sich dafür nicht auf sein Recht zur freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 GG) berufen. Dieses Grundrecht schützt weder Formalbeleidigungen und Schmähungen, noch bewusst unwahre Tatsachenbehauptungen. Es ist nicht schrankenlos gewährleistet. Die Meinungsfreiheit wird insbesondere durch das Recht der persönlichen Ehre gemäß Art. 5 Abs. 2 GG beschränkt und muss mit diesem in ein ausgeglichenes Verhältnis gebracht werden. Zwar können Arbeitnehmer unternehmensöffentlich Kritik am Arbeitgeber und den betrieblichen Verhältnissen üben und sich ggf. auch überspitzt oder polemisch äußern. Im groben Maß unsachliche Angriffe, die zur Untergrabung der Position eines Vorgesetzten führen können, muss der Arbeitgeber aber nicht hinnehmen. Schon die erstmalige Ehrverletzung kann kündigungsrelevant sein und wiegt umso schwerer, je überlegter sie erfolgte (BAG 10.12.2009 – 2 AZR 534/08, NZA 2010, 698, 699 m. w. N.). |
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| Bei der rechtlichen Würdigung sind allerdings die Umstände zu berücksichtigen, unter denen diffamierende oder ehrverletzende Äußerungen über Vorgesetzte und/oder Kollegen gefallen sind. Geschah dies in vertraulichen Gesprächen unter Arbeitskollegen, vermögen sie eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses nicht ohne Weiteres zu rechtfertigen (BAG 10.10.2002 – 2 AZR 418/01, DB 2003, 1797). Der Arbeitnehmer darf anlässlich solcher Gespräche regelmäßig darauf vertrauen, seine Äußerungen würden nicht nach außen getragen. Er muss nicht damit rechnen, durch sie werde der Betriebsfrieden gestört und das Vertrauensverhältnis zum Arbeitgeber belastet. Vertrauliche Äußerungen unterfallen dem Schutzbereich des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG). Die vertrauliche Kommunikation in der Privatsphäre ist Ausdruck der Persönlichkeit und grundrechtlich gewährleistet. Äußerungen, die gegenüber Außenstehenden oder der Öffentlichkeit wegen ihres ehrverletzenden Gehalts nicht schutzwürdig wären, genießen in Vertraulichkeitsbeziehungen als Ausdruck der Persönlichkeit und Bedingung ihrer Entfaltung verfassungsrechtlichen Schutz, der dem Schutz der Ehre des durch die Äußerung Betroffenen vorgeht (vgl. BVerfG 27.07.2009 – 2 BvR 2186/07, juris; 23.11.2006 – 1 BvR 285/06, NJW 2007, 1194). Hebt der Gesprächspartner später gegen den Willen des sich negativ äußernden Arbeitnehmers die Vertraulichkeit auf, geht dies arbeitsrechtlich nicht zu dessen Lasten. Den Schutz der Privatsphäre und Meinungsfreiheit kann wiederum derjenige Arbeitnehmer nicht für sich in Anspruch nehmen, der selbst die Vertraulichkeit der Situation aufhebt. Dann ist die Gelegenheit für Dritte, seine Äußerungen wahrzunehmen, ihm zuzuordnen. Dies gilt insbesondere, wenn eine ehrverletzende Erklärung an eine – vermeintliche – Vertrauensperson gerichtet wird, um mittelbar den Dritten zu treffen (vgl. BAG 10.10.2002 – 2 AZR 418/01, DB 2003, 1797; 17.02.2000 – 2 AZR 927/98, juris). |
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| cc. Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs hat der Kläger nach Ansicht der Kammer durch die Äußerungen in seiner E-Mail vom 14.11.2013 bereits seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht verletzt. Es ist namentlich kein Verstoß des Klägers gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen des Arbeitgebers (§ 241 Abs. 2 BGB) ersichtlich. Die Beklagte meint, der Kläger habe mit der Aussage in seiner E-Mail vom 14.11.2013, der Wahrheitsgehalt seiner Worte bleibe bestehen, seine früheren Aussagen noch einmal wiederholt und mithin behauptet, |
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- | | die Beklagte mache unsinnige, widersprüchliche und nicht erfüllbare Arbeitsanweisungen, die den Kläger krank machen würden, |
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- | | das derzeitige Controlling im Außendienst sei überzogen und habe destruktive Auswirkungen auf die Mitarbeiter und |
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- | | die Beklagte sei „unmenschlich“ und müsse wieder menschlich werden, damit alle wieder Erfolg haben könnten. |
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| Dieser Interpretation der Beklagten folgt die Kammer nicht. Die Auslegung des Satzes „Der Wahrheitsgehalt meiner Worte bleibt bestehen“ durch die Beklagte missachtet den unmittelbaren Bezug dieser Aussage zu den folgenden Sätzen. Die Aussage des Klägers, der Wahrheitsgehalt seiner Worte bleibe bestehen, kann nicht losgelöst von ihrem Kontext interpretiert werden. |
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| Unmittelbar im Anschluss an die Aussage, der Wahrheitsgehalt seiner Worte bleibe bestehen, führt der Kläger wörtlich aus: |
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| „Ich unterstelle nichts und ich lüge nicht. Wir selbst ist seit Oktober ohne vorherige Benachrichtigung und ohne ersichtlichen Grund, der Intranet Zugang […] gesperrt werden." |
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| Diese beiden Sätze beziehen sich ausschließlich auf eine Meinungsverschiedenheit über die Sperrung des Intranetzugangs des Klägers. Es ist daher davon auszugehen, dass auch der unmittelbar diesen Sätzen vorangestellte Satz, der mit den nachfolgenden Sätzen einen eigenen Absatz, also eine Sinneinheit, bildet, sich ausschließlich auf die Sperrung des Intranetzugangs bezieht. |
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| Die Interpretation der Beklagten ist auch unter Berücksichtigung des Gesamteindrucks der E-Mail des Klägers nicht überzeugend. Diese E-Mail macht insgesamt einen vermittelnden Eindruck. Der Kläger bezieht keineswegs einseitig Position im Sinne einer eigenen subjektiven Wahrnehmung, sondern unternimmt den Versuch, sich zu erklären und entschuldigt sich sogar ausdrücklich. Soweit die Beklagte in der Kammerverhandlung argumentiert hat, schon aus dem Eingangssatz, in welchem der Kläger auf eine angemessene Arbeitssituation rekurriere, ergebe sich die Intention des Klägers, der Beklagten weiterhin Vorwürfe zu machen, folgt dem die Kammer nicht. Hiermit überinterpretiert sie einzelne Aussagen der insgesamt vermittelnden und ersichtlich um eine förderliche Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bemühten Ausführungen des Klägers. |
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| Abgesehen von dem konkreten Aussagegehalt des Satzes, der Wahrheitsgehalt der Worte des Klägers bleibe bestehen, ist maßgebend zu berücksichtigen, dass die E-Mail vom 14.11.2013 – anders als die abgemahnten E-Mails – nicht an einen größeren Adressatenkreis gesendet wurde, sondern ausschließlich an den Personalleiter der Beklagten H.. Unabhängig davon, ob der Kläger zu Recht oder zu Unrecht davon ausgehen durfte, in der Vergangenheit zu dem Personalleiter H. ein besonderes persönliches Verhältnis aufgebaut zu haben, nimmt der Personalleiter eines Unternehmens eine Position ein, die ihn grundsätzlich zum Ansprechpartner für die im Unternehmen beschäftigten Mitarbeiter für besondere persönliche Anliegen macht. Die in der E-Mail des Klägers vom 14.11.2013 geäußerten Punkte dürften ohne weiteres als besondere persönliche Anliegen qualifiziert werden können, die es für die Mitarbeiter eines Unternehmens rechtfertigen, sich unmittelbar an den Personalleiter zu werden. Dies gilt umso mehr, als der unmittelbare Vorgesetzte des Klägers als möglicher vorrangiger Ansprechpartner an den vom Kläger angesprochenen Vorfällen beteiligt war und daher ohne weiteres nachvollziehbar ist, dass sich der Kläger unmittelbar an den Personalleiter H. wandte. Dieser Schutz der Vertraulichkeit der E-Mail des Klägers an den Personalleiter H. geht nach der Ansicht der Kammer so weit, dass selbst wenn man der Aussage des Klägers den von der Beklagten behaupteten Inhalt beimessen wollte, erhebliche Zweifel bestünden, ob diese in einer persönlichen E-Mail an den Personalleiter als Vertrauensperson getätigten Aussagen eine Kündigung rechtfertigen könnten. Denn der Schutz der Ehre der Beklagten und ihrer Mitarbeiter dürfte aufgrund des besonderen Vertrauensverhältnisses eines Personalleiters zu den Mitarbeitern eines Unternehmens im konkreten Einzelfall hinter dem allgemeinen Persönlichkeitsrechts des Klägers nach Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 GG und seiner Meinungsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 GG zurückstehen müssen. |
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| c. Nach alldem hat der Kläger mit seiner E-Mail vom 14.11.2013 bzw. den darin enthaltenen Aussagen seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht verletzt. Der Kündigungsschutzklage war mithin stattzugeben. |
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| 2. Der Weiterbeschäftigungsantrag des Klägers ist jedoch unbegründet. Der Antrag des Klägers hat bereits deswegen keine Aussicht auf Erfolg, weil der Kläger nach seinem eigenen Vortrag zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung nicht mehr in einem Arbeitsverhältnis zu der Beklagten steht, sondern sein Arbeitsverhältnis nach § 613a Abs. 1 BGB auf eine andere Gesellschaft, die X-GmbH, übergegangen ist. Macht ein Arbeitnehmer, dessen Arbeitsverhältnis gemäß § 613a Abs. 1 BGB auf den Betriebserwerber übergegangen ist, seine tatsächliche Beschäftigung geltend, so ist eine hierauf gerichtete Klage gegen den Betriebserwerber zu richten. Dies gilt auch dann, wenn die ursprüngliche Klage vor dem Betriebsübergang rechtshängig gemacht worden ist (s. nur LAG Düsseldorf 12.03.2001 – 5 Sa 230/00, juris; vgl. auch LAG Berlin-Brandenburg 19.07.2007 – 18 Sa 1721/06, juris und zum Wiedereinstellungsanspruch auch LAG Hamm 04.04.2000 – 4 Sa 1220/99, juris m. w. N.). |
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| Zur Begründung der vom Kläger angenommenen Passivlegitimation der Beklagten für den Weiterbeschäftigungsantrag kann sich der Kläger nicht darauf berufen, dass ein Urteil im vorliegenden Rechtsstreit auf der Beklagtenseite auch für und gegen seine neue Arbeitgeberin wirken würde. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus einer analogen Anwendung der §§ 265, 325 ZPO. Zwar geht das BAG davon aus, dass der Arbeitgeber, der das Arbeitsverhältnis vor einem Betriebsübergang gekündigt hat, für die gerichtliche Klärung der sozialen Rechtfertigung der Kündigung auch nach dem Betriebsübergang passiv legitimiert bleibt, da auf den Betriebsübergang während des Prozesses die §§ 265, 325 ZPO entsprechende Anwendung finden (BAG 24.05.2005 – 8 AZR 246/04, NZA 2005, 1178, 1181 m. w. N.). Doch ist diese Rechtsprechung nach Ansicht der Kammer auf die Geltendmachung des Weiterbeschäftigungsanspruchs nicht übertragbar. |
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| Denn vorliegend geht es mit dem Weiterbeschäftigungsantrag – anders als bei einer Kündigungsschutzklage – nicht um die punktuelle Feststellung der Wirksamkeit einer vom Betriebsveräußerer vor Betriebsübergang ausgesprochenen Kündigung, deren Rechtmäßigkeit sich zum Zeitpunkt ihres Zugangs (vor Betriebsübergang) beurteilt, sondern allein um einen zukunftsgerichteten Anspruch gegenüber einem neuen Arbeitgeber (nach Betriebsübergang ohne jeglichen Bezug zum Betriebsveräußerer). Ein Betriebserwerber wird insgesamt neuer Arbeitgeber mit allen Rechten und Pflichten aus dem bisherigen Arbeitsverhältnis. Auf die Zukunft gerichtete Ansprüche eines Arbeitnehmers, die sich aus dem übergegangenen Arbeitsverhältnis ergeben, können nur vom Betriebserwerber erfüllt werden (ebenso LAG Berlin-Brandenburg 19.07.2007 – 18 Sa 1721/06, juris Rn. 45 und LAG Düsseldorf 12.03.2001 – 5 Sa 230/00, juris Rn. 55). Einem Arbeitnehmer ist es auch ohne Weiteres möglich und zumutbar, nach Kenntnis von einem Betriebsübergang zu entscheiden, ob er dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprechen oder das Arbeitsverhältnis beim Erwerber fortsetzen will. Im letzteren Fall ist er dann aber auch gehalten, seine Ansprüche für die Zeit nach dem Betriebsübergang, wie etwa auch die (Weiter-)Beschäftigung, gegenüber dem Betriebserwerber geltend zu machen. Das gilt umso mehr, als letztlich nur der Betriebserwerber in der Lage ist, rechtlich relevante Einwendungen gegen die (ausnahmsweise) Unzumutbarkeit einer Weiterbeschäftigung vorzubringen. Ein Grund für die analoge Anwendung der §§ 265, 325 ZPO liegt für diese Konstellationen mithin nicht vor (so wohl auch ErfK/Preis, 14. Aufl. 2014, § 613a BGB Rn. 180 a. E.). |
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| 3. Schließlich war der Auflösungsantrag der Beklagten zurückzuweisen. Dabei spricht nach Ansicht der Kammer bereits sehr viel dafür, dass die Beklagte in der vorliegenden Konstellation, in der der Betriebsübergang vor einem möglichen Auflösungszeitpunkt erfolgt ist, zur Stellung des Auflösungsantrags nicht aktivlegitimiert ist (vgl. die vorstehenden Ausführungen und BAG 24.05.2005 – 8 AZR 246/04, NZA 2005, 1178, 1181; 20.03.1997 – 8 AZR 769/95, NZA 1997, 937, 939; s. auch APS/Steffan, 4. Aufl. 2012, § 613a BGB Rn. 255). Eine Entscheidung über diese Rechtsfrage ist indes nicht veranlasst, weil selbst bei unterstellter Aktivlegitimation der Beklagten ein Auflösungsantrag unbegründet wäre. Denn Gründe, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Parteien (bzw. zwischen dem Kläger und der Betriebserwerberin) nicht erwarten lassen, sind auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten nicht ersichtlich. |
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| a. Nach § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG hat ein Gericht nach – wie im Streitfall – erfolgreicher Kündigungsschutzklage auf Antrag des Arbeitgebers das Arbeitsverhältnis aufzulösen, wenn Gründe vorliegen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht erwarten lassen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass das Kündigungsschutzgesetz die Auflösung des Arbeitsverhältnisses trotz Sozialwidrigkeit der Kündigung nur ausnahmsweise zulässt. Es ist nach seiner Konzeption ein Bestandsschutz- und kein Abfindungsgesetz. Deshalb sind an die Auflösungsgründe strenge Anforderungen zu stellen (BAG 24.03.2011 – 2 AZR 674/09, NZA-RR 2012, 243, 244 mit zahlr. w. N.). Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt ist derjenige der letzten mündlichen Verhandlung vor dem erkennenden Gericht (BAG 08.10.2009 – 2 AZR 682/08, AP KSchG 1969 § 9 Nr. 65). Von diesem Standpunkt aus ist zu fragen, ob in der Zukunft eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zu erwarten ist (BAG 10.07.2008 – 2 AZR 1111/06, AP KSchG 1969 § 1 Betriebsbedingte Kündigung Nr. 181). |
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| Auflösungsgründe i. S. v. § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG können solche Umstände sein, die das persönliche Verhältnis zum Arbeitnehmer, die Wertung seiner Persönlichkeit, seiner Leistung oder seiner Eignung für die ihm gestellten Aufgaben und sein Verhältnis zu den übrigen Mitarbeitern betreffen. Die Gründe, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Vertragspartnern nicht erwarten lassen, müssen nicht im Verhalten, insbesondere nicht im schuldhaften Verhalten des Arbeitnehmers liegen. Entscheidend ist, ob die objektive Lage die Besorgnis rechtfertigt, dass die weitere gedeihliche Zusammenarbeit mit dem Arbeitnehmer gefährdet ist (BAG 24.03.2011 – 2 AZR 674/09, NZA-RR 2012, 243, 244 m. w. N.). In diesem Sinne als Auflösungsgrund geeignet sind etwa Beleidigungen, sonstige ehrverletzende Äußerungen oder persönliche Angriffe des Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, Vorgesetzte oder Kollegen (BAG 09.09.2010 – 2 AZR 482/09, AP KSchG 1969 § 9 Nr. 64). |
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| b. Gemessen hieran hat die Beklagte keine Umstände vorgetragen, die an einer den Betriebszwecken dienlichen weiteren Zusammenarbeit in der Zukunft zweifeln lassen. Die Beklagte begründet ihren Auflösungsantrag schriftsätzlich zunächst ausschließlich mit „der groben Beleidigung“ der Beklagten durch den Kläger. Soweit die Beklagte sich hierbei die E-Mail des Klägers vom 14.11.2013 bezieht, sei auf die vorstehenden Ausführungen unter 1.c.cc. verwiesen. Die Kammer kann in den Aussagen des Klägers keine groben Beleidigungen nach dem Verständnis der Beklagten erblicken. Soweit die Beklagte auf die bereits abgemahnten Vorfälle Bezug nehmen sollte, hat sie mit ihren Abmahnungen selbst dokumentiert, dass keine ernsthaften Zweifel an einer den Betriebszwecken dienlichen weiteren Zusammenarbeit in der Zukunft bestehen. Insofern hat sich – zumindest soweit für das Gericht ersichtlich – auch im Verlauf des Rechtsstreits nichts verändert. Insbesondere sind der Kläger und sein Prozessbevollmächtigter auch im Laufe des Rechtsstreits nicht unsachlich geworden und haben keine Beleidigungen, sonstigen ehrverletzenden Äußerungen oder persönliche Angriffe gegen den Arbeitgeber, Vorgesetzte oder Kollegen ausgesprochen. Soweit die Prozessbevollmächtigte der Beklagten noch im Kammertermin versucht hat, den Auflösungsantrag mit dem Bestehen weiterer, der Kammer im Detail unbekannter Gerichtsverfahren zwischen den Parteien (bzw. zwischen dem Kläger und der Betriebserwerberin) zu begründen, ist zumindest auf der Grundlage des insofern rudimentären Vortrags der Beklagten nicht ersichtlich, wie sich hieraus Gründe ergeben sollen, die eine den Betriebszwecken dienliche weitere Zusammenarbeit zwischen den Parteien in Frage stellen könnten. |
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| 1. Die Festsetzung des Rechtsmittelstreitwerts folgt dem Grunde nach aus § 61 Abs. 1 ArbGG und entspricht in der Höhe einem Bruttoquartalsentgelt des Klägers auf Basis eines Bruttomonatsentgelts von EUR 4.089,00 für den Bestandsschutzantrag und einem weiteren Bruttomonatsentgelt für den Weiterbeschäftigungsantrag. Der Auflösungsantrag wirkt sich nicht streitwerterhöhend aus (HaKo/Fiebig/Gallner, KSchR, 4. Aufl. 2012, § 9 Rn. 105). |
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| 2. Die Kostentragungspflicht der Parteien ergibt sich gemäß § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG i. V. m. §§ 495, 91, ZPO aus dem Maß des jeweiligen Unterliegens bzw. Obsiegens unter Berücksichtigung des Auflösungsantrags (zur Berücksichtigung des Auflösungsantrags bei der Kostenverteilung s. nur HaKo/Fiebig/Gallner, KSchR, 4. Aufl. 2012, § 9 Rn. 101 m. w. N. auch zur Rspr.). |
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| 3. Die Berufung war nicht gemäß § 64 Abs. 3 ArbGG gesondert zuzulassen, da sie bereits in Bezug auf den Bestandsschutzantrag nach § 64 Abs. 2 lit. c) ArbGG eingelegt werden kann und im Übrigen kein Zulassungsgrund vorliegt. |
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