Gericht

Arbeitsgericht Passau

Tenor

1. Es wird festgestellt, dass der Kläger die Zeit, für die er von der Beklagten zur Ausübung des Ehrenamts als Kreisrat des Landkreises F.-G. bezahlt oder unbezahlt freizustellen ist und die in seine Kernarbeitszeit fällt, nicht nachzuarbeiten hat.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

4. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

In dem Rechtsstreit geht es den Parteien um die Klärung verschiedener Rechtsfragen im Zusammenhang mit der ehrenamtlichen Tätigkeit des Klägers als Kreisrat.

Die beklagte Verwaltungsgemeinschaft gehört zum Landkreis F.-G. und besteht aus dem Markt S. sowie den Gemeinden E., I. und Sc.. Der am ... 1973 geborene Kläger ist auf der Grundlage eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 18.03.2011 (Bl. 7/8 d. A.) seit 01.08.2011 als vollbeschäftigter Arbeitnehmer bei der Beklagten beschäftigt. Seine berufliche Qualifikation ist die eines Dipl.-Ing. (FH) Bauingenieurwesen. Er ist als technischer Angestellter im Bauamt tätig.

Der Arbeitsvertrag vom 18.03.2011 sieht unter anderem Folgendes vor:

§2

Das Arbeitsverhältnis bestimmt sich nach der durchgeschriebenen Fassung des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst (TVöD) für den Dienstleistungsbereich -Verwaltung-, und den ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen, in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) jeweils geltenden Fassung einschließlich des TV zur Überleitung in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechtes {§ 1 Abs. 2 TVÜ-VKA).

Außerdem finden die im Bereich des Arbeitgebers jeweils geltenden sonstigen einschlägigen Tarifverträge Anwendung.

§6

1. Es wird folgende Nebenabrede vereinbart:

Der Beschäftigte ist im Rahmen begründeter betrieblicher/dienstlicher Notwendigkeiten zur Ableistung von Überstunden und Mehrarbeit verpflichtet.

2. Die Nebenabrede kann mit einer Frist von zwei Wochen zum Monatsende schriftlich gekündigt werden.

Eine „Dienst- bzw. Arbeitszeitvereinbarung“ für die beklagte Verwaltungsgemeinschaft vom 17.09.2014 (Bl. 10/12 d. A.) enthält unter anderem Bestimmungen über die Regelarbeitszeit, die Gleitzeit und die Kernarbeitszeit sowie über die Arbeitszeitermittlung mit einer Zeiterfassungsuhr.

Bei der Kommunalwahl 2014 wurde der Kläger in den Kreistag des Landkreises ... gewählt. Der Gemeinschaftsvorsitzende der Beklagten und erste Bürgermeister des Marktes S. ist ebenfalls Mitglied des Kreistags. Der Kläger wurde von seiner Fraktion in den Bauausschuss des Kreistags entsandt.

Seit seiner Wahl zum Kreisrat bis Mitte 2015 hat der Kläger folgende Sitzungstermine wahrgenommen:

Kreistagssitzungen am 19.05.2014, 28.07.2014, 29.09.2014, 08.12.2014, 09.03.2015, 04.05.2015, 22.06.2015;

Bauausschusssitzungen am 02.06.2014, 15.07.2014, 12.08.2014, 20.11.2014, 18.03.2015.

Die Beklagte hat dem Kläger bisher in allen Fällen seiner - in der Regel am Nachmittag beginnenden - Teilnahme an Sitzungen des Kreistages und des Bauausschusses gestattet, in der hierfür notwendigen Zeit von der Arbeit fernzubleiben. In diesen Fällen wird vom Kläger bei der Zeiterfassung „ausgestempelt“. Die in die Kernarbeitszeit fallende Abwesenheit des Klägers wird nicht als Arbeitszeit erfasst oder gutgeschrieben.

Einen Antrag des Klägers vom 14.05.2014 auf (generelle) Freistellung unter Fortzahlung der Vergütung zur Ausübung seines Amtes als Kreisrat lehnte die Gemeinschaftsversammlung der Beklagten in ihrer Sitzung vom 28.05.2014 ab. Die Beklagte informierte den Kläger hierüber mit Schreiben vom 24.06.2014 (Bl. 41/42 d. A.).

Einen Antrag des Klägers vom 09.07.2014 auf (generelle) Freistellung ohne Fortzahlung der Vergütung zur Ausübung seines Amtes als Kreisrat lehnte die Gemeinschaftsversammlung der Beklagten in ihrer Sitzung vom 25.02.2015 ab. Die Beklagte informierte den Kläger hierüber mit Schreiben vom 10.03.2015 (Bl. 43/44 d. A.).

Der Kläger vertritt den Standpunkt, er habe einen Anspruch darauf, dass ihn die Beklagte für die Zeit, die er für die Ausübung des Ehrenamtes als Kreisrat benötige und die zugleich in die Regelarbeitszeit falle, unter Fortzahlung der Vergütung oder zumindest ohne Fortzahlung der Vergütung freistelle. Von der Interessenlage her mache es einen Unterschied, ob die Freistellung in der Willkür der Beklagten stehe oder ob der Kläger einen Anspruch habe. Dieser Anspruch bestehe allenfalls bei weitaus überwiegenden Interessen des Arbeitgebers nicht und dies auch nur dann, wenn ein Notfall vorliege. Letztendlich gehe es darum, dass der Kläger freigestellt werde und die durch das Mandat als Kreisrat bedingten Fehlzeiten nicht nachzuarbeiten habe.

Der Kläger weist auf § 17 der Verordnung über den Urlaub der bayerischen Beamten und Richter (UriV), auf ein Rundschreiben A15/2008 des Kommunalen Arbeitgeberverbands Bayern e.V. (KAV Bayern) sowie auf die Antwort des Bayerischen Staatsministeriums des Innern vom 06.04.2009 auf eine schriftliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Linus Förster (SPD) vom 26.02.2009 hin (vgl. Landtags-Drucksache 16/1129 vom 14.05.2009). Bei den beim Freistaat Bayern und den bayerischen Kommunen beschäftigten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern könne aufgrund allgemeiner Zustimmung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen bzw. des Kommunalen Arbeitgeberverbandes Bayern e.V. in gleicher Weise wie bei Beamtinnen und Beamten verfahren werden.

Der Kläger stellt zuletzt folgende Anträge:

I.

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger unter Fortzahlung der Vergütung für die Zeit, die er für die Ausübung des Ehrenamts als Kreisrat benötigt und die zugleich innerhalb um die [gemeint ist wohl: in die] Regelarbeitszeit fällt, freizustellen, es sei denn der Kläger ist konkret für diesen Zeitraum unabkömmlich. Es wird festgestellt, dass der Kläger die Zeiträume, die er für die Ausübung dieses Ehrenamtes als Kreisrat benötigt, nicht nachzuarbeiten hat.

II.

Hilfsweise:

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger ohne Fortzahlung der Vergütung für die Zeit, die er für die Ausübung des Ehrenamts als Kreisrat benötigt und die zugleich innerhalb um die [gemeint ist wohl: in die] Regelarbeitszeit fällt, freizustellen, es sei denn der Kläger ist konkret für diesen Zeitraum unabkömmlich. Es wird festgestellt, dass der Kläger die Zeiträume, die er für die Ausübung dieses Ehrenamtes als Kreisrat benötigt, nicht nachzuarbeiten hat.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte macht geltend, die personelle Besetzung sowie der Arbeitsanfall bzw. Arbeitsumfang im Bauamt lasse eine generelle Arbeitsbefreiung des Klägers zur Ausübung seines Kreistagsmandates, auch ohne Fortzahlung der Vergütung, nicht zu. Die Beklagte sei aber nach wie vor grundsätzlich bereit, dem Kläger die Ausübung seiner Kreisratstätigkeit ohne Fortzahlung der Vergütung zu ermöglichen, soweit die dienstlichen oder betrieblichen Verhältnisse es gestatten. Sie werde entsprechenden Anträgen grundsätzlich positiv gegenüberstehen. Ais Dienstherr müsse sie sich aber die Möglichkeit vorbehalten, in Ausnahmefällen, insbesondere in Notfällen, die Arbeitsbefreiung zu verweigern. Zu Notfällen könnten unter Umständen auch Urlaub und Erkrankung anderer Arbeitnehmer im Bauamt zählen, wenn dies für die Beklagte nicht vorhersehbar gewesen sei.

Die Beklagte meint, ein Anspruch des Klägers auf Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Entgelts bestehe nicht. Die vom Kläger hilfsweise begehrte Freistellung ohne Fortzahlung des Entgelts werde ihm von der Beklagten ohnehin gewährt, so dass es insoweit an einem Rechtsschutzbedürfnis fehle. Für die Feststellungsanträge mangele es an einem besonderen Feststellungsinteresse des Klägers nach § 256 ZPO.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und der Rechtsausführungen der Parteien wird gemäß § 313 Abs. 2 Satz 2 ZPO Bezug genommen auf die Schriftsätze der Klagepartei vom 26.03.2015, vom 30.06.2015, vom 12.08,2015, vom 31.08.2015 und vom 17.02.2016, auf die Schriftsätze der beklagten Partei vom 27.05.2015, vom 22.09.2015 und vom 08.02.2016, auf sämtliche eingereichten Unterlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle vom 23.04.2015 (Bl. 24/25 d. A.), vom 06.08.2015 (Bl. 94/95 d. A.) und vom 18.02. 2016 (Bl. 148/151 d. A.).

Mit Beschluss vom 18.02.2016 (Bl. 149/150 d. A.) hat die Kammer den Parteien zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreits einen Vergleichsvorschlag unterbreitet. Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 19.02.2016 erklärt, mit dem Beschluss bestünde Einverständnis; hilfsweise würden die Anträge exakt nach dem Vergleichsvorschlag des Gerichts gestellt. Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 08.03.2016 erklärt, mit dem gerichtlichen Vergleichsvorschlag bestehe kein Einverständnis.

Gründe

Die Klage hat mit den zuletzt (in der mündlichen Verhandlung am 18.02.2016) gestellten Anträgen nur zum Teil Erfolg.

I.

Die Leistungsanträge des Klägers (Hauptantrag I. Satz 1 und Hilfsantrag II. Satz 1) werden als unzulässig abgewiesen.

1. Der Leistungsantrag auf Verurteilung der Beklagten, den Kläger unter Fortzahlung der Vergütung für die Zeit freizustellen, die er für die Ausübung des Ehrenamts als Kreisrat benötigt und die zugleich in die Regelarbeitszeit fällt, es sei denn, der Kläger ist konkret für diesen Zeitraum unabkömmlich (Hauptantrag I. Satz 1), ist nicht hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Die mangelnde Bestimmtheit ergibt sich aus dem Zusatz „es sei denn, der Kläger ist konkret für diesen Zeitraum unabkömmlich“. Im Falle eines stattgebenden Urteils würde keine Rechtsklarheit geschaffen, sondern ein neuer Streit der Parteien über die Frage der Unabkömmlichkeit wäre geradezu vorprogrammiert, zumal die Beklagte meint, zu den Notfällen, in denen sie die Arbeitsbefreiung des Klägers verweigern könne, zählten unter Umständen auch Urlaub und Erkrankung anderer Arbeitnehmer im Bauamt, wenn dies für die Beklagte nicht vorhersehbar gewesen sei.

Im Übrigen ist auch das Rechtsschutzbedürfnis für diesen Antrag zweifelhaft, denn soweit es dem Kläger um die Bezahlung von Freistellungszeiten geht, kann er gegebenenfalls eine bezifferte Zahlungsklage oder eine Klage auf entsprechende Gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto erheben.

2. Der hilfsweise gestellte Leistungsantrag auf Verurteilung der Beklagten, den Kläger ohne Fortzahlung der Vergütung für die Zeit freizustellen, die er für die Ausübung des Ehrenamts als Kreisrat benötigt und die zugleich in die Regelarbeitszeit fällt, es sei denn, der Kläger ist konkret für diesen Zeitraum unabkömmlich (Hilfsantrag II. Satz 1), ist aus dem nämlichen Grund wie der Hauptantrag nicht hinreichend bestimmt im Sinne des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO.

Bezüglich dieses Hilfsantrags ist zudem das Rechtsschutzbedürfnis zweifelhaft, denn die Beklagte hat dem Kläger bisher in allen Fällen seiner - in der Regel am Nachmittag beginnenden - Teilnahme an Sitzungen des Kreistages und des Bauausschusses gestattet und ihm zumindest unbezahlte Arbeitsbefreiung gewährt.

II.

Die Anträge, mit denen der Kläger bezüglich der bezahlten bzw. der unbezahlten Freistellung (vgl. Hauptantrag I. Satz 2 bzw. Hilfsantrag II. Satz 2) die Feststellung begehrt, dass er die Zeiträume, die er für die Ausübung dieses Ehrenamtes als Kreisrat benötigt, nicht nachzuarbeiten hat, haben im Wesentlichen Erfolg.

1. Die Feststellungsanträge sind zulässig.

Nach dem Vorbringen des Klägers geht es ihm letztendlich darum, dass er für die Ausübung des Ehrenamts als Kreisrat - bezahlt oder unbezahlt - freigestellt wird und die durch das Mandat als Kreisrat bedingten Fehlzeiten nicht nachzuarbeiten hat. Der Kläger hat ein rechtliches Interesse im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO daran, dass durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde, ob er im Falle der Freistellung die betreffende Zeit nachzuarbeiten hat oder nicht. Die Problematik des Nacharbeitens wird auch in künftigen Fällen, solange der Kläger sein Kreistagsmandat ausübt, auftreten. Der Umstand, dass die Beklagte den gerichtlichen Vergleichsvorschlag vom 18.02.2016 (Bl. 149/150 d. A.) nicht angenommen hat, deutet darauf hin, dass auch sie an einer rechtlichen Klärung interessiert ist. Bei der umstrittenen Verpflichtung zur Nacharbeit handelt es sich auch um ein der Feststellung zugängliches Rechtsverhältnis im Sinne des § 256 Abs. 1 ZPO.

Im Hinblick auf die Abweisung beider Leistungsanträge (Hauptantrag I. Satz 1 und Hilfsantrag II. Satz 1) wird über die Feststellungsanträge sowohl bezüglich der bezahlten Freistellung (Hauptantrag I. Satz 2) als auch bezüglich der unbezahlten Freistellung (Hilfsantrag II. Satz 2) entschieden.

2. Die Feststellungsanträge sind begründet, soweit es um die Kernarbeitszeit des Klägers geht.

Der Kläger ist nicht verpflichtet, die Zeit, für die er von der Beklagten zur Ausübung des Ehrenamts als Kreisrat des Landkreises F.-G. bezahlt oder unbezahlt freizustellen ist und die in seine Kernarbeitszeit fällt, nachzuarbeiten.

a) Zunächst ist festzuhalten, dass sich die Problematik der Freistellung und des Nacharbeitens nur hinsichtlich der Kernarbeitszeit des Klägers stellt.

Soweit die Ausübung des Ehrenamts als Kreisrat und als Mitglied des Bauausschusses des Kreistags weder in die Kernarbeitszeit noch in die Gleitzeit des Klägers, sondern in dessen Freizeit fällt, ist eine Freistellung ohnehin nicht nötig.

Soweit die Ausübung des Ehrenamts als Kreisrat und als Mitglied des Bauausschusses des Kreistags aufgrund der „Dienst- bzw. Arbeitszeitvereinbarung“ vom 17.09.2014 (Bl. 10/12 d. A.) in die Gleitzeit des Klägers gelegt werden kann, hat der Kläger für die Ausübung des Ehrenamts Gleitzeit in Anspruch zu nehmen. Das Bundesarbeitsgericht hat für die Ausübung allgemeiner staatsbürgerlicher Pflichten die Auffassung vertreten, § 29 Abs. 2 Satz 1 TVöD verlange von den im öffentlichen Dienst beschäftigten Arbeitnehmern, ihre allgemeinen staatsbürgerlichen Pflichten soweit wie möglich außerhalb der Arbeitszeit zu erfüllen. Demzufolge sei ein ehrenamtlicher Richter, soweit er selbst auf die Gestaltung seiner Arbeitszeit Einfluss nehmen könne, z. B. bei Gleitzeitregelungen, auch dazu verpflichtet, von dieser Möglichkeit Gebrauch zu machen und für sein Ehrenamt Gleitzeit in Anspruch zu nehmen (vgl. BAG, Urt. v. 22.01.2009 - 6 AZR 78/08 = BAGE 129, 170ff. = NZA 2009, 735 = betreffend die Ausübung des Amtes einer ehrenamtlichen Richterin bei einem Landesarbeitsgericht; vgl. auch BAG, Urt. v. 16.12.1993-6 AZR 236/93 = BAGE 75, 231 ff. = NZA 1994, 854 = ). Diese Erwägungen können auf die Ausübung eines kommunalen Wahlmandats übertragen werden, auch wenn es sich dabei nicht um eine allgemeine staatsbürgerliche Pflicht handelt (vgl. dazu BAG, Urt. v. 20.06.1995 - 3 AZR 857/94 = NZA 1996, 383 = betreffend das kommunale Wahlmandat eines Ratsherrn; Landesarbeitsgericht Bremen, Urt. v. 17.11.2009- 1 Sa 131/08-Juris).

b) Soweit die Ausübung des Ehrenamts als Kreisrat und als Mitglied des Bauausschusses des Kreistags in die Kernarbeitszeit des Klägers fällt, wird die Beklagte in der Regel ihr Ermessen dahingehend auszuüben haben, dass sie dem Kläger zumindest unbezahlte Arbeitsbefreiung gewährt.

§ 29 TVöD enthält unter anderem folgende Bestimmung über die Arbeitsbefreiung von Beschäftigten:

(1) Als Fälle nach § 616 BGB, in denen Beschäftigte unter Fortzahlung des Entgelts nach § 21 im nachstehend genannten Ausmaß von der Arbeit freigestellt werden, gelten nur die folgenden Anlässe:

[...]

(2) Bei Erfüllung allgemeiner staatsbürgerlicher Pflichten nach deutschem Recht, soweit die Arbeitsbefreiung gesetzlich vorgeschrieben ist und soweit die Pflichten nicht außerhalb der Arbeitszeit, gegebenenfalls nach ihrer Verlegung, wahrgenommen werden können, besteht der Anspruch auf Fortzahlung des Entgelts nach § 21 nur insoweit, als Beschäftigte nicht Ansprüche auf Ersatz des Entgelts geltend machen können. Das fortgezahlte Entgelt in Höhe des Ersatzanspruchs als Vorschuss auf die Leistungen der Kostenträger. Die Beschäftigten haben den Ersatzanspruch geltend zu machen und die erhaltenen Beträge an den Arbeitgeber abzuführen.

(3) Der Arbeitgeber kann in sonstigen dringenden Fällen Arbeitsbefreiung unter Fortzahlung des Entgelts nach § 21 bis zu drei Arbeitstagen gewähren. In begründeten Fällen kann bei Verzicht auf das Entgelt kurzfristige Arbeitsbefreiung gewährt werden, wenn die dienstlichen oder betrieblichen Verhältnisse es gestatten.

Protokollerklärung zu Absatz 3 Satz 2:

Zu den „begründeten Fällen“ können auch solche Anlässe gehören, für die nach Absatz 1 kein Anspruch auf Arbeitsbefreiung besteht (z. B. Umzug aus persönlichen Gründen).

(4) ...

(5) ...

Eine Arbeitsbefreiung nach § 616 BGB (Vorübergehende Verhinderung) ist hier nicht einschlägig, weil die im Geltungsbereich des TVöD insoweit in Betracht kommenden Fälle in § 29 Abs. 1 TVöD abschließend aufgezählt sind und der Fall der Ausübung eines Ehrenamts oder der Fall der Wahrnehmung eines kommunalen Wahlmandats dort nicht genannt sind.

Eine Arbeitsbefreiung nach § 29 Abs. 2 TVöD scheidet hier aus, weil es sich - wie bereits erwähnt - bei der Ausübung eines kommunalen Wahlmandats nicht um die Erfüllung einer allgemeinen staatsbürgerlichen Pflicht handelt (vgl. BAG, Urt. v. 20.06.1995 - 3 AZR 857/94 = NZA 1996, 383 = ; Landesarbeitsgericht Bremen, Urt. v. 17.11.2009- 1 Sa 131/08-juris).

Eine Arbeitsbefreiung nach § 29 Abs. 3 Satz 1 TVöD scheidet ebenfalls aus, weil die Ausübung des kommunalen Wahlmandats keinen sonstigen dringenden Fall darstellt, insbesondere kein unverschuldeter in der Person des Beschäftigten liegender Grund für das Fernbleiben von der Arbeit gegeben ist.

In Betracht kommt somit allenfalls die in § 29 Abs. 3 Satz 2 TVöD vorgesehene kurzfristige Arbeitsbefreiung, welche in begründeten Fällen bei Verzicht auf das Entgelt gewährt werden kann, wenn die dienstlichen oder betrieblichen Verhältnisse es gestatten. Mit Rücksicht auf Art. 121 Satz 2 der Verfassung des Freistaates Bayern, wonach Staat und Gemeinden den ehrenamtlichen Einsatz für das Gemeinwohl fördern, wird die Beklagte dem Kläger das ihr eingeräumte Ermessen regelmäßig dahingehend auszuüben haben, dass sie den Kläger - wie bisher geschehen - für die Ausübung des Ehrenamts als Kreisrat und als Mitglied des Bauausschusses des Kreistags freistellt, sofern nicht im Einzelfall ausnahmsweise zwingende dienstliche oder betriebliche Gründe entgegenstehen. Der Umstand, dass die beklagte Verwaltungsgemeinschaft und ihre Mitgliedsgemeinden zum Landkreis F.-G. gehören, spricht zusätzlich dafür, dass die Beklagte dem Kläger Arbeitsbefreiung zur Ausübung seines Ehrenamts als Kreisrat und Mitglied des Bauausschusses des Kreistags gewährt. Soweit sich die Beklagte auf die personelle Besetzung sowie den Arbeitsanfall bzw. Arbeitsumfang im Bauamt beruft, ist darauf hinzuweisen, dass sich die Kreisratstätigkeit des Klägers nur an wenigen Tagen im Jahr für einige Stunden mit seiner Arbeitszeit überschneidet und dass etwa bei krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit des Klägers gegebenenfalls erheblich längere Abwesenheitszeiten überbrückt werden müssten. Unberührt bleibt ohnehin die Verpflichtung des Klägers zur Ableistung von Überstunden und Mehrarbeit nach Maßgabe der Nebenabrede in § 6 des Arbeitsvertrages.

Die Freistellung (in der Kernarbeitszeit des Klägers) für die Ausübung des kommunalen Wahlmandats des Klägers kann die Beklagte von einem Verzicht auf das Entgelt abhängig machen. Dies hat aber keine finanzielle Einbuße des Klägers zur Folge. Nach Art. 14a Abs. 1 Satz 1 der Landkreisordnung für den Freistaat Bayern (LKrO) haben ehrenamtlich tätige Personen Anspruch auf angemessene Entschädigung. Das Nähere wird durch Satzung bestimmt (Art. 14a Abs. 1 Satz 2 LKrO). Ehrenamtlich tätige Personen erhalten ferner nach Art. 14a Abs. 2 LKrO für die nach Maßgabe näherer Bestimmung in der Satzung zur Wahrnehmung des Ehrenamts notwendige Teilnahme an Sitzungen und Besprechungen oder anderen Veranstaltungen bestimmte Ersatzleistungen. So wird Arbeitnehmern nach Art. 14a Abs. 2 Nr. 1 LKrO der ihnen entstandene nachgewiesene Verdienstausfall ersetzt. Die vom Landkreis F.-G. aufgrund der Art. 14a und 17 LKrO erlassene Satzung zur Regelung von Fragen des Kreisverfassungsrechts vom 20.05.2014 (Amtsblatt des Landkreises F.-G. Nr. 10/2014, S. 19) sieht in § 5 Abs. 4 Folgendes vor: „Lohn- und Gehaltsempfänger erhalten außerdem Ersatz für die durch die Teilnahme an der Kreistags- oder Ausschusssitzung entgangenen Einkünfte aus nicht selbstständiger Tätigkeit in voller Höhe.“

c) Unabhängig davon, ob die Beklagte dem Kläger zur Ausübung des Ehrenamts als Kreisrat des Landkreises F.-G. bezahlte oder unbezahlte Freistellung gewährt, ist der Kläger nicht verpflichtet, die Zeit der Freistellung nachzuarbeiten, die in seine Kernarbeitszeit fällt.

Dies ergibt sich aus dem Fixschuldcharakter der Arbeitsleistung (vgl. dazu Schaub/Linck, Arbeitsrechts-Handbuch, 16. Aufl. 2015, Rn. 5 - mit weiteren Nachweisen). Der Arbeitnehmer schuldet dem Arbeitgeber die durch den Arbeitsvertrag in Verbindung mit § 611 Abs. 1 BGB versprochenen Dienste nicht „irgendwie, irgendwo, irgendwann“, sondern in zeitlicher Hinsicht innerhalb eines bestimmten Zeitfensters, das durch das Weisungsrecht des Arbeitgebers festgelegt wird, soweit es nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebs- oder Dienstvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt ist (vgl. § 106 Satz 1 der Gewerbeordnung). Hier greift die „Dienst- bzw. Arbeitszeitvereinbarung“ vom 17.09.2014 (BL 10/12 d. A.) ein, wonach der Kläger die geschuldete Arbeitsleistung innerhalb einer feststehenden Kernarbeitszeit und im Übrigen innerhalb einer von ihm zu beeinflussenden Gleitzeit zu erbringen hat.

Bei innerhalb der Kernarbeitszeit nicht erbrachter Arbeitsleistung tritt grundsätzlich Unmöglichkeit nach § 275 Abs. 1 BGB ein. Der Kläger kann die innerhalb dieses Zeitfensters zu erbringende Arbeitsleistung in diesem Zeitfenster nicht mehr nachholen.

Selbst wenn der Arbeitnehmer verschuldet die Arbeitsleistung nicht erbringt oder sie sogar verweigert, ist er im Hinblick darauf, dass es sich um eine sog. Fixschuld handelt, nicht zur Nachleistung verpflichtet, sondern die Arbeitsleistung wird unmöglich (vgl. § 275 Abs, 1 BGB) und es entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung, also auf die Vergütung (vgl. § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB). Auch im Fall unverschuldeter Nichtleistung, etwa bei Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit, braucht der Arbeitnehmer die Arbeitsleistung nicht nachzuholen, wobei er innerhalb der gesetzlichen oder tariflichen Vorschriften über die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für einen gewissen Zeitraum den Anspruch auf die Gegenleistung in Gestalt der Vergütung nicht verliert (vgl. § 3 des Entgeltfortzahlungsgesetzes, § 22 TVöD). Für den Fall des Annahmeverzugs des Arbeitgebers (vgl. §§ 293ff. BGB) ist in § 615 Satz 1 BGB ausdrücklich geregelt, dass der Arbeitnehmer die vereinbarte Vergütung verlangen kann, „ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein“.

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 28.07.2011 - 2 C 45/09 -(= BVerwGE 140, 178ff. = NVwZ-RR 2012, 35 = BayVBl 2012, 220), betreffend die Freistellung eines ehrenamtlichen Richters nach § 45 Abs. 1 a Satz 2 des Deutschen Richtergesetzes (DRiG) von seiner Dienstleistungspflicht als Beamter, unter anderem ausgeführt: „Die Freistellungsregelung trifft keine Aussage zu der Frage, ob der ehrenamtliche Richter die versäumte Arbeitszeit nachzuholen hat. Vielmehr ergibt sich dies für Beamte aus dem Grundsatz, dass ausgefallener Dienst vom Beamten nicht nachzuholen ist, sondern nur besoldungs- und disziplinarrechtliche Folgen, etwa nach § 9 BBesG bei verschuldetem Fernbleiben den Verlust der Dienstbezüge, nach sich ziehen kann. Der vom Beamten geschuldete Dienst besteht in der Pflicht, die dienstlichen Aufgaben während eines bestimmten Zeitraums zu erfüllen. Für ein Nacharbeiten versäumter Arbeitszeit fehlt die rechtliche Grundlage [...].“

Für die Freistellung eines Tarifbeschäftigten zur Ausübung eines kommunalen Ehrenamts gilt wegen des Fixschuldcharakters der Arbeitsleistung nichts anderes.

d) Nach alledem ist die Klage insoweit erfolgreich, als festgestellt wird, dass der Kläger die Zeit, für die er von der Beklagten zur Ausübung des Ehrenamts als Kreisrat des Landkreises F.-G. bezahlt oder unbezahlt freizustellen ist und die in seine Kernarbeitszeit fällt, nicht nachzuarbeiten hat.

Hinsichtlich der über die Kernarbeitszeit hinaus gehenden Arbeitszeit haben die Feststellungsanträge keinen Erfolg. Soweit die Ausübung des Ehrenamts als Kreisrat und als Mitglied des Bauausschusses des Kreistags aufgrund der „Dienst- bzw. Arbeitszeitvereinbarung“ vom 17.09.2014 (Bl. 10/12 d. A.) in die Gleitzeit des Klägers gelegt werden kann, hat der Kläger - wie bereits erwähnt - für die Ausübung des Ehrenamts Gleitzeit in Anspruch zu nehmen.

III.

Der Kläger hat mit Schriftsatz vom 19.02.2016 erklärt, hilfsweise würden die Anträge exakt nach dem Vergleichsvorschlag des Gerichts [vom 18.02.2016: Bl. 149/150 d. A.] gestellt. Über diese „Anträge“, die nicht Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, ist jedoch nicht zu entscheiden.

Die mündliche Verhandlung war am 18.02.2016 geschlossen, was aus dem im Zusammenhang mit dem Vergleichsvorschlag der Kammer verkündeten Beschluss ersichtlich ist, wonach, falls eine gütliche Einigung nicht zustande kommt, Termin zur Verkündung einer Entscheidung bestimmt wird. Ein Grund für die Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 156 ZPO ist nicht ersichtlich.

IV.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1 Satz 1, 495 ZPO in Verbindung mit § 46 Abs. 2 Satz 1 ArbGG.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben, da jede Partei in etwa gleichem Umfang teils obsiegt, teils unterliegt.

Die Regelung des § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG bleibt unberührt.

V.

Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf § 61 Abs. 1 ArbGG in Verbindung mit §§ 1 Abs. 2 Nr. 4, 48 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 GKG. Es erscheint angemessen, die Streitigkeit über verschiedene Rechtsfragen im Zusammenhang mit der ehrenamtlichen Tätigkeit als Kreisrat mit 5.000,00 € zu bewerten (in Anlehnung an § 23 Abs. 3 Satz 2 RVG).

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Arbeitsgericht Passau Endurteil, 24. März 2016 - 1 Ca 323/15 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

Arbeitsgericht Passau Endurteil, 24. März 2016 - 1 Ca 323/15 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 28. Juli 2011 - 2 C 45/09

bei uns veröffentlicht am 28.07.2011

Tatbestand 1 Der Kläger steht als Oberregierungsrat im Dienst der Beklagten; er ist beim Bundesamt ... tätig. Dort nimmt er an einer durch Dienstvereinbarung eingeführte

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(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

(1) Das Urteil enthält:

1.
die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten;
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Richter, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben;
3.
den Tag, an dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist;
4.
die Urteilsformel;
5.
den Tatbestand;
6.
die Entscheidungsgründe.

(2) Im Tatbestand sollen die erhobenen Ansprüche und die dazu vorgebrachten Angriffs- und Verteidigungsmittel unter Hervorhebung der gestellten Anträge nur ihrem wesentlichen Inhalt nach knapp dargestellt werden. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden.

(3) Die Entscheidungsgründe enthalten eine kurze Zusammenfassung der Erwägungen, auf denen die Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht beruht.

(1) Die Erhebung der Klage erfolgt durch Zustellung eines Schriftsatzes (Klageschrift).

(2) Die Klageschrift muss enthalten:

1.
die Bezeichnung der Parteien und des Gerichts;
2.
die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.

(3) Die Klageschrift soll ferner enthalten:

1.
die Angabe, ob der Klageerhebung der Versuch einer Mediation oder eines anderen Verfahrens der außergerichtlichen Konfliktbeilegung vorausgegangen ist, sowie eine Äußerung dazu, ob einem solchen Verfahren Gründe entgegenstehen;
2.
die Angabe des Wertes des Streitgegenstandes, wenn hiervon die Zuständigkeit des Gerichts abhängt und der Streitgegenstand nicht in einer bestimmten Geldsumme besteht;
3.
eine Äußerung dazu, ob einer Entscheidung der Sache durch den Einzelrichter Gründe entgegenstehen.

(4) Außerdem sind die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze auch auf die Klageschrift anzuwenden.

(5) Die Klageschrift sowie sonstige Anträge und Erklärungen einer Partei, die zugestellt werden sollen, sind bei dem Gericht schriftlich unter Beifügung der für ihre Zustellung oder Mitteilung erforderlichen Zahl von Abschriften einzureichen. Einer Beifügung von Abschriften bedarf es nicht, soweit die Klageschrift elektronisch eingereicht wird.

(1) Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses, auf Anerkennung einer Urkunde oder auf Feststellung ihrer Unechtheit kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis oder die Echtheit oder Unechtheit der Urkunde durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde.

(2) Bis zum Schluss derjenigen mündlichen Verhandlung, auf die das Urteil ergeht, kann der Kläger durch Erweiterung des Klageantrags, der Beklagte durch Erhebung einer Widerklage beantragen, dass ein im Laufe des Prozesses streitig gewordenes Rechtsverhältnis, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil abhängt, durch richterliche Entscheidung festgestellt werde.

Der zur Dienstleistung Verpflichtete wird des Anspruchs auf die Vergütung nicht dadurch verlustig, dass er für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit durch einen in seiner Person liegenden Grund ohne sein Verschulden an der Dienstleistung verhindert wird. Er muss sich jedoch den Betrag anrechnen lassen, welcher ihm für die Zeit der Verhinderung aus einer auf Grund gesetzlicher Verpflichtung bestehenden Kranken- oder Unfallversicherung zukommt.

(1) Durch den Dienstvertrag wird derjenige, welcher Dienste zusagt, zur Leistung der versprochenen Dienste, der andere Teil zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet.

(2) Gegenstand des Dienstvertrags können Dienste jeder Art sein.

Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind. Dies gilt auch hinsichtlich der Ordnung und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Bei der Ausübung des Ermessens hat der Arbeitgeber auch auf Behinderungen des Arbeitnehmers Rücksicht zu nehmen.

*

(1) Der Anspruch auf Leistung ist ausgeschlossen, soweit diese für den Schuldner oder für jedermann unmöglich ist.

(2) Der Schuldner kann die Leistung verweigern, soweit diese einen Aufwand erfordert, der unter Beachtung des Inhalts des Schuldverhältnisses und der Gebote von Treu und Glauben in einem groben Missverhältnis zu dem Leistungsinteresse des Gläubigers steht. Bei der Bestimmung der dem Schuldner zuzumutenden Anstrengungen ist auch zu berücksichtigen, ob der Schuldner das Leistungshindernis zu vertreten hat.

(3) Der Schuldner kann die Leistung ferner verweigern, wenn er die Leistung persönlich zu erbringen hat und sie ihm unter Abwägung des seiner Leistung entgegenstehenden Hindernisses mit dem Leistungsinteresse des Gläubigers nicht zugemutet werden kann.

(4) Die Rechte des Gläubigers bestimmen sich nach den §§ 280, 283 bis 285, 311a und 326.

*

(1) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, entfällt der Anspruch auf die Gegenleistung; bei einer Teilleistung findet § 441 Abs. 3 entsprechende Anwendung. Satz 1 gilt nicht, wenn der Schuldner im Falle der nicht vertragsgemäßen Leistung die Nacherfüllung nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu erbringen braucht.

(2) Ist der Gläubiger für den Umstand, auf Grund dessen der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten braucht, allein oder weit überwiegend verantwortlich oder tritt dieser vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit ein, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist, so behält der Schuldner den Anspruch auf die Gegenleistung. Er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er infolge der Befreiung von der Leistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.

(3) Verlangt der Gläubiger nach § 285 Herausgabe des für den geschuldeten Gegenstand erlangten Ersatzes oder Abtretung des Ersatzanspruchs, so bleibt er zur Gegenleistung verpflichtet. Diese mindert sich jedoch nach Maßgabe des § 441 Abs. 3 insoweit, als der Wert des Ersatzes oder des Ersatzanspruchs hinter dem Wert der geschuldeten Leistung zurückbleibt.

(4) Soweit die nach dieser Vorschrift nicht geschuldete Gegenleistung bewirkt ist, kann das Geleistete nach den §§ 346 bis 348 zurückgefordert werden.

(5) Braucht der Schuldner nach § 275 Abs. 1 bis 3 nicht zu leisten, kann der Gläubiger zurücktreten; auf den Rücktritt findet § 323 mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Fristsetzung entbehrlich ist.

(1) Wird ein Arbeitnehmer durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert, ohne daß ihn ein Verschulden trifft, so hat er Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen. Wird der Arbeitnehmer infolge derselben Krankheit erneut arbeitsunfähig, so verliert er wegen der erneuten Arbeitsunfähigkeit den Anspruch nach Satz 1 für einen weiteren Zeitraum von höchstens sechs Wochen nicht, wenn

1.
er vor der erneuten Arbeitsunfähigkeit mindestens sechs Monate nicht infolge derselben Krankheit arbeitsunfähig war oder
2.
seit Beginn der ersten Arbeitsunfähigkeit infolge derselben Krankheit eine Frist von zwölf Monaten abgelaufen ist.

(2) Als unverschuldete Arbeitsunfähigkeit im Sinne des Absatzes 1 gilt auch eine Arbeitsverhinderung, die infolge einer nicht rechtswidrigen Sterilisation oder eines nicht rechtswidrigen Abbruchs der Schwangerschaft eintritt. Dasselbe gilt für einen Abbruch der Schwangerschaft, wenn die Schwangerschaft innerhalb von zwölf Wochen nach der Empfängnis durch einen Arzt abgebrochen wird, die schwangere Frau den Abbruch verlangt und dem Arzt durch eine Bescheinigung nachgewiesen hat, daß sie sich mindestens drei Tage vor dem Eingriff von einer anerkannten Beratungsstelle hat beraten lassen.

(3) Der Anspruch nach Absatz 1 entsteht nach vierwöchiger ununterbrochener Dauer des Arbeitsverhältnisses.

Kommt der Dienstberechtigte mit der Annahme der Dienste in Verzug, so kann der Verpflichtete für die infolge des Verzugs nicht geleisteten Dienste die vereinbarte Vergütung verlangen, ohne zur Nachleistung verpflichtet zu sein. Er muss sich jedoch den Wert desjenigen anrechnen lassen, was er infolge des Unterbleibens der Dienstleistung erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Dienste erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt. Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend in den Fällen, in denen der Arbeitgeber das Risiko des Arbeitsausfalls trägt.

Tatbestand

1

Der Kläger steht als Oberregierungsrat im Dienst der Beklagten; er ist beim Bundesamt ... tätig. Dort nimmt er an einer durch Dienstvereinbarung eingeführten Regelung zur gleitenden Arbeitszeit teil. Danach ist die Kernarbeitszeit auf die Zeit zwischen 9.00 Uhr und 15.00 Uhr, freitags zwischen 8.30 Uhr und 14.00 Uhr, die Gleitzeit jeweils auf die Zeit von 6.30 Uhr bis zum Beginn der Kernarbeitszeit sowie vom Ende der Kernarbeitszeit bis 20.00 Uhr (Rahmenarbeitszeit) festgelegt. Die Regelarbeitszeit beträgt 41 Stunden wöchentlich. Der Kläger ist zum Schöffen beim Landgericht ... berufen worden. Zeiten, in denen er während der Kernarbeitszeit als Schöffe in Anspruch genommen wird, werden seinem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben.

2

Seinen Antrag auf Gutschrift der in die Gleitzeit fallenden Zeiten für die Jahre 2005 bis 2007 (27 Stunden und 21 Minuten) lehnte die Beklagte ab. Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage hat in der Berufungsinstanz Erfolg gehabt. Das Berufungsgericht hat außerdem festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, dem Arbeitszeitkonto des Klägers künftig die Zeiten seiner Tätigkeit als Schöffe auch außerhalb der Kernarbeitszeit, jedoch höchstens im Umfang der regelmäßigen täglichen Arbeitszeit gutzuschreiben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Kläger könne nach § 45 Abs. 1a Satz 2 DRiG die Freistellung vom Dienst verlangen, soweit dies für die Wahrnehmung der Schöffentätigkeit erforderlich sei. Mit dem Freistellungsanspruch gehe der Anspruch auf Anrechnung dieser Zeiten als Arbeitszeit einher. Dies gelte auch für Gleitzeitphasen, weil es auch hier zu einer zeitlichen Kollision mit der Dienstleistungspflicht kommen könne. Die Zeitgutschrift sei allerdings auf die tägliche Regelarbeitszeit begrenzt, da eine weitergehende Anrechnung auch im Hinblick auf das Benachteiligungsverbot des § 45a Abs. 1a Satz 1 DRiG nicht geboten sei.

3

Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Revision. Sie beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom 19. Juni 2009 aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 4. November 2008 zurückzuweisen.

4

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

5

Er verteidigt das Berufungsurteil.

6

Der Vertreter des Bundesinteresses unterstützt die Revision der Beklagten.

Entscheidungsgründe

7

Die Revision der Beklagten ist teilweise begründet. Sowohl die vom Berufungsgericht ausgesprochene Verpflichtung der Beklagten, dem Arbeitszeitkonto des Klägers 27 Stunden und 21 Minuten gutzuschreiben, als auch dessen Feststellung, soweit sie die Anrechnung von mehr als drei in die Gleitzeit fallenden Stunden der Schöffentätigkeit pro Kalenderwoche umfasst, verletzen revisibles Recht, nämlich § 45 Abs. 1a Satz 1 und 2 DRiG137 Abs. 1 VwGO).

8

1. Ein Anspruch auf Freistellung vom Dienst für die in die Gleitzeit fallende Schöffentätigkeit folgt nicht aus § 45 Abs. 1a Satz 2 des Deutschen Richtergesetzes - DRiG - i.d.F. des Art. 2 Nr. 2 des Gesetzes vom 21. Dezember 2004 (BGBl I S. 3599). Danach kann daraus auch kein Anspruch auf Anrechnung dieser Zeiten auf die Arbeitszeit (Gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto) hergeleitet werden.

9

Nach § 45 Abs. 1a Satz 2 DRiG sind ehrenamtliche Richter für die Zeit ihrer Amtstätigkeit von ihrem Arbeitgeber von der Arbeitsleistung freizustellen. Die Vorschrift dient dem Schutz der Funktionsfähigkeit der Rechtsprechung (BTDrucks 14/9006 S. 12; vgl. BVerfG, Beschluss vom 11. April 2000 - 1 BvL 2/00 - AP Nr. 2 zu § 26 ArbGG 1979). Sie setzt voraus, dass der ehrenamtliche Richter in eine zeitliche Kollision zwischen dienstlichen und richterlichen Aufgaben gerät. Für den Fall, dass der ehrenamtliche Richter verpflichtet ist, während der festgelegten Arbeitszeit bei Gericht tätig zu sein, räumt § 45 Abs. 1a Satz 2 DRiG der Schöffentätigkeit den Vorrang ein. Der Arbeitgeber hat dem Beamten die Wahrnehmung des Ehrenamtes zu ermöglichen, indem er ihn von seiner Dienstleistungspflicht im erforderlichen Umfang entbindet.

10

Die Freistellungsregelung trifft keine Aussage zu der Frage, ob der ehrenamtliche Richter die versäumte Arbeitszeit nachzuholen hat. Vielmehr ergibt sich dies für Beamte aus dem Grundsatz, dass ausgefallener Dienst vom Beamten nicht nachzuholen ist, sondern nur besoldungs- und disziplinarrechtliche Folgen, etwa nach § 9 BBesG bei verschuldetem Fernbleiben den Verlust der Dienstbezüge, nach sich ziehen kann. Der vom Beamten geschuldete Dienst besteht in der Pflicht, die dienstlichen Aufgaben während eines bestimmten Zeitraums zu erfüllen. Für ein Nacharbeiten versäumter Arbeitszeit fehlt die rechtliche Grundlage (stRspr, vgl. Urteil vom 1. April 2004 - BVerwG 2 C 14.03 - Buchholz 232 § 72 BBG Nr. 40). Daher ist in den Fällen, in denen eine Freistellung erforderlich wird, nach § 45 Abs. 1a Satz 2 DRiG versäumte Arbeitszeit arbeitszeitrechtlich als im Beamtenverhältnis geleistet zu behandeln und folglich dem Arbeitszeitkonto des Beamten gutzuschreiben.

11

Aufgrund des Regelungsinhalts des § 45 Abs. 1a Satz 2 DRiG als Kollisionsnorm ist für eine Freistellung mit dem Ziel, die Ausübung des Ehrenamtes zeitlich zu ermöglichen, kein Raum, wenn es an einer Pflichtenkollision fehlt, weil einer Pflicht zur Ausübung des Ehrenamtes keine zeitlich konkretisierte Pflicht zur Dienstleistung im Beamtenverhältnis entgegensteht (Urteile vom 11. Dezember 1985 - BVerwG 2 C 8.84 - BVerwGE 72, 289 <290 f.> = Buchholz 237.6 § 108 LBG Niedersachsen Nr. 1 und vom 30. Juni 1988 - BVerwG 2 C 60.86 - BVerwGE 79, 366 <368> = Buchholz 237.0 § 99 BaWüLBG Nr. 3 S. 3; vgl. nunmehr für Arbeitnehmer BAG, Urteil vom 22. Januar 2009 - 6 AZR 78/08 - BAGE 129, 170 <175 f. Rn. 19>).

12

Gilt für den Beamten eine Gleitzeitregelung, ist zu unterscheiden: Eine zeitlich konkretisierte Dienstleistungspflicht besteht nur im Rahmen der Kernarbeitszeit, da der Beamte nur in diesem Zeitraum gehalten ist, seine dienstlichen Verrichtungen zu festgelegten Zeiten zu erfüllen. Demgegenüber steht der Anwesenheitspflicht des ehrenamtlichen Richters im Gericht während der Gleitzeitphase regelmäßig keine zeitlich konkretisierte Pflicht zur Dienstleistung im Beamtenverhältnis gegenüber. Gemäß § 3a Abs. 1 Satz 1 der Arbeitszeitverordnung i.d.F. der Bekanntmachung vom 11. November 2004 (BGBl I S. 2844) - AZV 2004 - bzw. § 2 Nr. 5 der Arbeitszeitverordnung i.d.F. des Art. 1 der Verordnung vom 23. Februar 2006 (BGBl I S. 427) - AZV 2006 - ist der Beamte berechtigt, innerhalb des Gleitzeitrahmens Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit in gewissen Grenzen selbst zu bestimmen, ohne insoweit dem Direktionsrecht des Dienstherrn zu unterliegen. Gebieten dienstliche Belange keine abweichende Gestaltung, ist es grundsätzlich seiner freien Selbstbestimmung überlassen, wie er über den Gleitzeitrahmen verfügt. Er selbst entscheidet, zu welcher Zeit er sich in den Dienst versetzt, etwa um die über die Kernarbeitszeit hinaus geschuldete Arbeitszeit zu erfüllen, und zu welcher Zeit er sich von der Dienstleistung ausnimmt. Zeiten, in denen der Beamte Gleitzeitstunden ableisten könnte, dies aber nicht getan hat, sind keine Arbeitszeit. Daher ist eine Freistellung, die sicherstellen soll, dass der Beamte seinen Pflichten als ehrenamtlicher Richter nachgehen kann, nicht erforderlich (vgl. für Arbeitnehmer: BAG, Urteil vom 22. Januar 2009 a.a.O. S. 176).

13

Für den vorliegenden Fall folgt hieraus, dass der Kläger für die streitgegenständlichen, sämtlich in die Gleitzeit fallenden Zeiten der richterlichen Aufgabenwahrnehmung eine Freistellung nach § 45 Abs. 1a Satz 2 DRiG nicht benötigt, da es insoweit an einer Pflichtenkollision zwischen der Dienstleistungspflicht als Schöffe und seiner Dienstleistungsverpflichtung im Beamtenverhältnis fehlt. Der Kläger verliert durch die Schöffentätigkeit während der Gleitzeit die Möglichkeit, über die Verwendung dieser Zeit frei zu entscheiden. Er hat aber keine Arbeitszeit versäumt.

14

2. Der Kläger kann jedoch beanspruchen, dass die in die Rahmenarbeitszeit fallenden, aber außerhalb der Kernarbeitszeit geleisteten Zeiten des Schöffenamtes seinem Arbeitszeitkonto gutgeschrieben werden, soweit sie einen Umfang von wöchentlich drei Stunden überschreiten.

15

Dies folgt aus § 45 Abs. 1a Satz 1 DRiG. Danach darf niemand in der Übernahme oder Ausübung des Amtes als ehrenamtlicher Richter beschränkt oder wegen der Übernahme oder Ausübung des Amtes benachteiligt werden. Die im Bundesgesetzblatt veröffentlichte Fassung, ausweislich derer Benachteiligungen "wegen der Übernahme der Ausübung" untersagt sind, beruht auf einem Redaktionsversehen. Sowohl der § 45 Abs. 1a Satz 1 DRiG zugrunde liegende Antrag der sächsischen Staatsregierung vom 22. Januar 2002 (BRDrucks 47/02 S. 5) als auch die Gesetzentwürfe des Bundesrates vom 8. Mai 2002 (BTDrucks 14/9006 S. 6) und 5. Februar 2003 (BTDrucks 15/411 S. 6) sahen ein Verbot von Benachteiligungen "wegen der Übernahme oder Ausübung des Amtes" vor (vgl. auch BTDrucks 15/4016 S. 2; der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages fasste den Beschluss, die Wörter "wegen der Übernahme der Ausübung" durch die Wörter "wegen der Übernahme oder der Ausübung" zu ersetzen).

16

Die Vorschrift statuiert ein allgemeines Beschränkungs- und Benachteiligungsverbot, das in § 45 Abs. 1a Satz 2 und 3 DRiG konkretisiert wird. Während das über § 45 Abs. 1a Satz 2 DRiG nicht hinausgehende Beschränkungsverbot des § 45 Abs. 1a Satz 1 Alt. 1 DRiG die Funktionsfähigkeit der Rechtsprechung sichert, soll § 45 Abs. 1a Satz 1 Alt. 2 DRiG den ehrenamtlichen Richter vor jeder Art von Benachteiligung, insbesondere solcher beruflicher Art, schützen (BRDrucks 47/02 S. 18; BTDrucks 14/9006 S. 8 f., 12, 14; BTDrucks 15/411 S. 8 f.). Damit sollen die Motivation zur Übernahme und Beibehaltung des Amtes des ehrenamtlichen Richters und sein Ansehen in der Öffentlichkeit im Hinblick auf die Bedeutung dieses Amtes für die Rechtsprechung gestärkt werden.

17

Die Tätigkeit eines Beamten als ehrenamtlicher Richter ist der außerdienstlichen Sphäre zuzuordnen. Er hat die aus dem Ehrenamt resultierenden Pflichten nicht gegenüber seinem Dienstherrn, sondern gegenüber dem Land zu erfüllen, an dessen Gericht er Dienst leistet. Die Festlegung der Regelarbeitszeit konkretisiert allein die Dienstleistungspflicht aus dem Beamtenverhältnis. Die Arbeitszeit dient ausschließlich der Erfüllung der dienstlichen Aufgaben.

18

Der Begriff "Benachteiligung" erfasst jeden Nachteil, den der ehrenamtliche Richter gerade aufgrund des Ehrenamtes hinzunehmen hat; auf eine Benachteiligungsabsicht kommt es nicht an (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. Februar 2010 - BVerwG 6 PB 36.09 - Buchholz 251.92 § 8 SAPersVG Nr. 1 S. 1 f. Rn. 4 - 6 m.w.N. und BAG, Urteil vom 7. November 2007 - 7 AZR 820/06 - BAGE 124, 356 <363 Rn. 24>, jeweils zum Personalvertretungsrecht). Danach stellt es eine Benachteiligung dar, wenn der Beamte infolge der Ausübung des richterlichen Ehrenamtes faktisch in seiner Befugnis beschränkt wird, innerhalb der Gleitzeitphase (Rahmenarbeitszeit außerhalb der Kernarbeitszeit) Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit in gewissen Grenzen selbst zu bestimmen. Insoweit steht er schlechter da als andere Beamte, weil er Teile der Gleitzeit für die Erfüllung der Dienstpflichten aus dem richterlichen Ehrenamt einsetzen muss. Diese Zeit steht ihm nicht zur Verfügung, um das Arbeitszeitsoll zu erfüllen.

19

§ 45 Abs. 1a Satz 1 Alt. 2 DRiG untersagt eine Schlechterstellung aufgrund des Ehrenamtes ohne sachlichen Grund (vgl. BVerwG, Beschluss vom 1. Februar 2010 a.a.O. und BAG, Urteil vom 7. November 2007 a.a.O.). Grundsätzlich ist es dem Beamten allerdings zuzumuten, einen Teil des zeitlichen Rahmens, der ihm für die Ableistung von Gleitzeitstunden zur Verfügung steht, für die Ausübung des öffentlichen Ehrenamtes einzusetzen. Ein Rechtssatz, dass die Wahrnehmung eines öffentlichen Ehrenamtes - auch eines solchen, dessen Übernahme nur aus wichtigem Grund abgelehnt werden kann (vgl. § 35 GVG, § 23 VwGO, § 18 SGG, § 20 FGO, § 24 ArbGG) - nicht auf Kosten der Freizeit des Amtsträgers gehen darf, besteht nicht. Vielmehr ist jedes Ehrenamt zwangsläufig mit einem zeitlichen Aufwand verbunden, der zu Lasten der Freizeit des Amtsinhabers geht. Dies rechtfertigt grundsätzlich, ehrenamtliche Richter gegenüber anderen Beamten in Bezug auf die Dispositionsmöglichkeiten schlechter zu stellen.

20

Dies schließt es aus, die auf das Ehrenamt verwandte Zeit in vollem Umfang auf die Arbeitszeit anzurechnen, d.h. die beamtenrechtliche Dienstleistungspflicht um die Zeit der Ausübung des Ehrenamtes zu verringern (vgl. Urteil vom 11. Dezember 1985 - BVerwG 2 C 8.84 - BVerwGE 72, 289 <290> = Buchholz 237.6 § 108 LBG Niedersachsen Nr. 1 S. 1 f.). Die mit dem Ehrenamt verbundene Einbuße in seiner Lebensgestaltung muss der Beamte hinnehmen, solange die Grenze des vernünftigerweise Zumutbaren nicht überschritten wird. Dies ist erst dann der Fall, wenn der Beamte die Möglichkeit, über die Gleitzeit eigenverantwortlich zu disponieren, aufgrund der zeitlichen Belastungen des Ehrenamtes weitgehend verliert. Davon geht der Senat aus, wenn der ehrenamtliche Richter in einer Kalenderwoche mehr als drei Stunden der für Gleitzeitstunden zur Verfügung stehenden Rahmenarbeitszeit für die Ausübung des Ehrenamtes einsetzen muss. Hierbei hat sich der Senat von folgenden Überlegungen leiten lassen:

21

Nach der gesetzgeberischen Wertung des richterlichen Ehrenamtes als staatsbürgerliche Pflicht ist der Bürger grundsätzlich zur Übernahme und Ausübung der damit einhergehenden Aufgaben verpflichtet. Dies hebt das Amt des ehrenamtlichen Richters von anderen öffentlichen und privaten Ehrenämtern ab. Nachteiligen Konsequenzen hieraus begegnet der Gesetzgeber mit einem weitreichenden Schutzgebot, das insbesondere berufliche Nachteile verhindern und "zugleich das Ansehen der ehrenamtlichen Richter in der Öffentlichkeit" stärken soll (BTDrucks 14/9006 S. 8 und BTDrucks 15/411 S. 8; vgl. ferner BRDrucks 47/02 S. 18). Auch wenn der Beamte die mit seinem Amt als ehrenamtlicher Richter verbundene Einschränkung der Dispositionsbefugnis über die Nutzung der Gleitzeit grundsätzlich hinzunehmen hat, muss er sein Gleitzeitstundenkontingent nicht bis zum Erreichen der maximalen täglichen Arbeitszeit i.S.v. § 3 AZV 2004 bzw. § 4 Satz 2 AZV 2006 einsetzen. Es muss ihm möglich bleiben, seine regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit zu leisten, ohne die erforderlichen Gleitzeitstunden später nachzuarbeiten.

22

Deshalb bedarf es einer Anrechnungsregel, die übermäßige, weil vernünftigerweise nicht mehr zumutbare zeitliche Belastungen durch das Ehrenamt ausgleicht. Dem Beamten darf die Dispositionsmöglichkeit über die wöchentliche Gleitzeit nicht weitgehend oder vollständig genommen werden. Danach erscheint eine Belastung von bis zu drei in die Gleitzeit fallende Stunden pro Kalenderwoche durch das Ehrenamt angemessen. Damit wird dem Beamten zugemutet, für die Tätigkeit als ehrenamtlicher Richter an einem Arbeitstag pro Kalenderwoche über die Kernarbeitszeit hinaus Gleitzeit bis zur Grenze einer durchschnittlichen täglichen Regelarbeitszeit in Anspruch zu nehmen. Dies schränkt zwar seine Dispositionsmöglichkeit über den wöchentlichen Gleitzeitanteil ein, beraubt sie aber nicht ihrer Funktion.

23

Nach diesen Grundsätzen ist der Kläger in den Jahren 2005 bis 2007 nicht in unzuträglicher Weise belastet worden. Die Belastungsschwelle von drei Stunden wöchentlich ist innerhalb dieses Zeitraums in keinem Fall überschritten worden. Der Kläger kann jedoch die Feststellung beanspruchen, dass ihm bei Überschreitung der Belastungsschwelle von drei Stunden wöchentlich ein Anspruch auf Zeitgutschrift zusteht. Das Berufungsurteil ist daher aufzuheben, soweit es die Beklagte zu einer Gutschrift der vom Kläger innerhalb der Gleitzeit geleisteten Stunden der Schöffentätigkeit verurteilt hat; insoweit ist das erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen und die Berufung des Klägers zurückzuweisen. Soweit das Berufungsgericht die Feststellung, dass in die Gleitzeit fallende Schöffentätigkeit dem Arbeitszeitkonto des Klägers gutzuschreiben sei, auch unterhalb der Belastungsschwelle von drei Stunden pro Kalenderwoche ausgesprochen hat, ist es ebenfalls aufzuheben; im Übrigen ist die Revision der Beklagten zurückzuweisen.

24

Einen weitergehenden Anrechnungsanspruch vermitteln weder § 1 Abs. 1 Nr. 3 SUrlV noch Art. 59 Abs. 1 der Verfassung für Rheinland-Pfalz. Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass jener - ebenso wie § 45 Abs. 1a Satz 2 DRiG - allein der Auflösung einer im Bereich der Gleitzeit nicht bestehenden Pflichtenkollision dient. Dem aus Art. 59 Abs. 1 der Verfassung für Rheinland-Pfalz folgenden Gebot, dem Beamten die zur Ausübung ihm übertragener öffentlicher Ehrenämter benötigte Freizeit zu gewähren, ist durch § 45 Abs. 1a DRiG und § 1 Abs. 1 Nr. 3 SUrlV Rechnung getragen.

Bleibt der Beamte, Richter oder Soldat ohne Genehmigung schuldhaft dem Dienst fern, so verliert er für die Zeit des Fernbleibens seine Bezüge. Dies gilt auch bei einem Fernbleiben vom Dienst für Teile eines Tages. Der Verlust der Bezüge ist festzustellen.

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Das Urteilsverfahren findet in den in § 2 Abs. 1 bis 4 bezeichneten bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten Anwendung.

(2) Für das Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs gelten die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über das Verfahren vor den Amtsgerichten entsprechend, soweit dieses Gesetz nichts anderes bestimmt. Die Vorschriften über den frühen ersten Termin zur mündlichen Verhandlung und das schriftliche Vorverfahren (§§ 275 bis 277 der Zivilprozeßordnung), über das vereinfachte Verfahren (§ 495a der Zivilprozeßordnung), über den Urkunden- und Wechselprozeß (§§ 592 bis 605a der Zivilprozeßordnung), über die Musterfeststellungsklage (§§ 606 bis 613 der Zivilprozessordnung), über die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 128 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung) und über die Verlegung von Terminen in der Zeit vom 1. Juli bis 31. August (§ 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung) finden keine Anwendung. § 127 Abs. 2 der Zivilprozessordnung findet mit der Maßgabe Anwendung, dass die sofortige Beschwerde bei Bestandsschutzstreitigkeiten unabhängig von dem Streitwert zulässig ist.

(1) In Urteilsverfahren des ersten Rechtszugs besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Entschädigung wegen Zeitversäumnis und auf Erstattung der Kosten für die Zuziehung eines Prozeßbevollmächtigten oder Beistands. Vor Abschluß der Vereinbarung über die Vertretung ist auf den Ausschluß der Kostenerstattung nach Satz 1 hinzuweisen. Satz 1 gilt nicht für Kosten, die dem Beklagten dadurch entstanden sind, daß der Kläger ein Gericht der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der allgemeinen Verwaltungsgerichtsbarkeit, der Finanz- oder Sozialgerichtsbarkeit angerufen und dieses den Rechtsstreit an das Arbeitsgericht verwiesen hat.

(2) Werden im Urteilsverfahren des zweiten und dritten Rechtszugs die Kosten nach § 92 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung verhältnismäßig geteilt und ist die eine Partei durch einen Rechtsanwalt, die andere Partei durch einen Verbandsvertreter nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 und 5 vertreten, so ist diese Partei hinsichtlich der außergerichtlichen Kosten so zu stellen, als wenn sie durch einen Rechtsanwalt vertreten worden wäre. Ansprüche auf Erstattung stehen ihr jedoch nur insoweit zu, als ihr Kosten im Einzelfall tatsächlich erwachsen sind.

(1) Den Wert des Streitgegenstands setzt das Arbeitsgericht im Urteil fest.

(2) Spricht das Urteil die Verpflichtung zur Vornahme einer Handlung aus, so ist der Beklagte auf Antrag des Klägers zugleich für den Fall, daß die Handlung nicht binnen einer bestimmten Frist vorgenommen ist, zur Zahlung einer vom Arbeitsgericht nach freiem Ermessen festzusetzenden Entschädigung zu verurteilen. Die Zwangsvollstreckung nach §§ 887 und 888 der Zivilprozeßordnung ist in diesem Fall ausgeschlossen.

(3) Ein über den Grund des Anspruchs vorab entscheidendes Zwischenurteil ist wegen der Rechtsmittel nicht als Endurteil anzusehen.

(1) Für Verfahren vor den ordentlichen Gerichten

1.
nach der Zivilprozessordnung, einschließlich des Mahnverfahrens nach § 113 Absatz 2 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit und der Verfahren nach dem Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, soweit das Vollstreckungs- oder Arrestgericht zuständig ist;
2.
nach der Insolvenzordnung und dem Einführungsgesetz zur Insolvenzordnung;
3.
nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung;
3a.
nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz;
4.
nach dem Gesetz über die Zwangsversteigerung und die Zwangsverwaltung;
5.
nach der Strafprozessordnung;
6.
nach dem Jugendgerichtsgesetz;
7.
nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten;
8.
nach dem Strafvollzugsgesetz, auch in Verbindung mit § 92 des Jugendgerichtsgesetzes;
9.
nach dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen;
9a.
nach dem Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz;
10.
nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz, soweit dort nichts anderes bestimmt ist;
11.
nach dem Wertpapierhandelsgesetz;
12.
nach dem Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetz;
13.
nach dem Auslandsunterhaltsgesetz, soweit das Vollstreckungsgericht zuständig ist;
14.
für Rechtsmittelverfahren vor dem Bundesgerichtshof nach dem Patentgesetz, dem Gebrauchsmustergesetz, dem Markengesetz, dem Designgesetz, dem Halbleiterschutzgesetz und dem Sortenschutzgesetz (Rechtsmittelverfahren des gewerblichen Rechtsschutzes);
15.
nach dem Energiewirtschaftsgesetz;
16.
nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz;
17.
nach dem EU-Verbraucherschutzdurchführungsgesetz;
18.
nach Abschnitt 2 Unterabschnitt 2 des Neunten Teils des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen;
19.
nach dem Kohlendioxid-Speicherungsgesetz;
20.
nach Abschnitt 3 des Internationalen Erbrechtsverfahrensgesetzes vom 29. Juni 2015 (BGBl. I S. 1042);
21.
nach dem Zahlungskontengesetz und
22.
nach dem Wettbewerbsregistergesetz
werden Kosten (Gebühren und Auslagen) nur nach diesem Gesetz erhoben. Satz 1 Nummer 1, 6 und 12 gilt nicht in Verfahren, in denen Kosten nach dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen zu erheben sind.

(2) Dieses Gesetz ist ferner anzuwenden für Verfahren

1.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit nach der Verwaltungsgerichtsordnung;
2.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit nach der Finanzgerichtsordnung;
3.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit nach dem Sozialgerichtsgesetz, soweit nach diesem Gesetz das Gerichtskostengesetz anzuwenden ist;
4.
vor den Gerichten für Arbeitssachen nach dem Arbeitsgerichtsgesetz und
5.
vor den Staatsanwaltschaften nach der Strafprozessordnung, dem Jugendgerichtsgesetz und dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten.

(3) Dieses Gesetz gilt auch für Verfahren nach

1.
der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen,
2.
der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens,
3.
der Verordnung (EU) Nr. 1215/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2012 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen,
4.
der Verordnung (EU) Nr. 655/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Einführung eines Verfahrens für einen Europäischen Beschluss zur vorläufigen Kontenpfändung im Hinblick auf die Erleichterung der grenzüberschreitenden Eintreibung von Forderungen in Zivil- und Handelssachen, wenn nicht das Familiengericht zuständig ist und
5.
der Verordnung (EU) 2015/848 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2015 über Insolvenzverfahren.

(4) Kosten nach diesem Gesetz werden auch erhoben für Verfahren über eine Beschwerde, die mit einem der in den Absätzen 1 bis 3 genannten Verfahren im Zusammenhang steht.

(5) Die Vorschriften dieses Gesetzes über die Erinnerung und die Beschwerde gehen den Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensvorschriften vor.

(1) Soweit sich die Gerichtsgebühren nach dem Wert richten, bestimmt sich der Gegenstandswert im gerichtlichen Verfahren nach den für die Gerichtsgebühren geltenden Wertvorschriften. In Verfahren, in denen Kosten nach dem Gerichtskostengesetz oder dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen erhoben werden, sind die Wertvorschriften des jeweiligen Kostengesetzes entsprechend anzuwenden, wenn für das Verfahren keine Gerichtsgebühr oder eine Festgebühr bestimmt ist. Diese Wertvorschriften gelten auch entsprechend für die Tätigkeit außerhalb eines gerichtlichen Verfahrens, wenn der Gegenstand der Tätigkeit auch Gegenstand eines gerichtlichen Verfahrens sein könnte. § 22 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) In Beschwerdeverfahren, in denen Gerichtsgebühren unabhängig vom Ausgang des Verfahrens nicht erhoben werden oder sich nicht nach dem Wert richten, ist der Wert unter Berücksichtigung des Interesses des Beschwerdeführers nach Absatz 3 Satz 2 zu bestimmen, soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt. Der Gegenstandswert ist durch den Wert des zugrunde liegenden Verfahrens begrenzt. In Verfahren über eine Erinnerung oder eine Rüge wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs richtet sich der Wert nach den für Beschwerdeverfahren geltenden Vorschriften.

(3) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gelten in anderen Angelegenheiten für den Gegenstandswert die Bewertungsvorschriften des Gerichts- und Notarkostengesetzes und die §§ 37, 38, 42 bis 45 sowie 99 bis 102 des Gerichts- und Notarkostengesetzes entsprechend. Soweit sich der Gegenstandswert aus diesen Vorschriften nicht ergibt und auch sonst nicht feststeht, ist er nach billigem Ermessen zu bestimmen; in Ermangelung genügender tatsächlicher Anhaltspunkte für eine Schätzung und bei nichtvermögensrechtlichen Gegenständen ist der Gegenstandswert mit 5 000 Euro, nach Lage des Falles niedriger oder höher, jedoch nicht über 500 000 Euro anzunehmen.