Amtsgericht München Endurteil, 28. Feb. 2018 - 155 C 20108/17

bei uns veröffentlicht am28.02.2018

Gericht

Amtsgericht München

Tenor

I. Die Beklagtenseite wird verurteilt:

  • 1.den auf dem Grundstück der Klägerin Ecke R. Straße/M.-straße in München, ... aufgestellten, kompletten Maibaum einschließlich sämtlicher Befestigungen zu beseitigen, sowie

  • 2.den ursprünglichen Zustand der Fläche, auf welcher der Maibaum aufgestellt war entsprechend der unmittelbar umliegenden Fläche wiederherzustellen.

II. Die Beklagtenseite hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

III. Das Urteil ist für die Klagepartei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von Euro 4.500 vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 4.500,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Beendigung eines Vertrags betreffend die leihweise Zurverfügungstellung eines Grundstücks der Klagepartei an die Beklagtenseite.

Die Klägerin ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft in der ... Verwalter ist Herr P. ... Die Wohnungseigentümergemeinschaft besteht aus den in Anlage K2 bezeichneten Eigentümern.

Die Beklagtenseite ist ein im Vereinsregister des Amtsgerichts München eingetragener Verein. Betreffend den Vereinszweck wird auf die Satzung entsprechend der Anlage K3 verwiesen.

Mit Vertrag vom 15.4.1991 überließ die Klagepartei der Beklagtenseite einen Teil ihres hier streitgegenständlichen Grundstücks Flurnummer ... der ... unentgeltlich zur Aufstellung eines Maibaums. Der Vertrag wurde zunächst für die Dauer von 10 Jahren bis zum 30.4.2001 geschlossen, wobei sich der genaue Aufstellungsort des Maibaums aus dem Lageplan entsprechend der Anlage K6 ergibt. In dem Vertrag wurde unter anderem geregelt, dass die Beklagtenseite für sämtliche Schäden und Kosten im Zusammenhang mit dem Maibaum, auch betreffend den Abbau haftet und die Klagepartei entsprechend freistellt, weiter, dass die Beklagte die Kosten für eine von der Klagepartei abzuschließende Maibaum-Haftpflichtversicherung übernimmt. Im Rahmen des Vertrags verpflichtete sich die Beklagtenseite unter anderem, den Maibaum ordnungsgemäß fachgerecht aufzustellen, zu verankern und zu befestigen, sämtliche Sicherheitsvorschriften einzuhalten und die erforderlichen behördlichen Genehmigungen zu erholen sowie sämtliche Vorschriften und Auflagen der Behörden sowie der Versicherungen einzuhalten und zu erfüllen, regelmäßige Kontrollen, und Überwachungen durchzuführen und erforderliche Reparaturen sofort und fachgerecht vorzunehmen. Weiter wurde die Standzeit des Maibaums auf die allgemein übliche bzw. auf die von der Versicherung vorgeschriebene Dauer beschränkt. Der Klagepartei wurde bei Verstoß gegen die Bestimmungen des Vertrags ein jederzeitiges, vertragliches Kündigungsrecht eingeräumt. Mit 1. schriftlichen Änderungsvertrag vom 15.4.2001 bis zum 30.4.2011 und 2. Schriftlichen Änderungsvertrag vom 1.7.2013 bis zum 30.6.2023 wurde der entsprechende Basisvertrag verlängert. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten wird auf die Anlagen K4, K4A und K5 Bezug genommen. Im 2. Änderungsvertrag vom 1.7.2013 ist unter Ziffer 8 aufgenommen, dass die Beklagtenseite der Klagepartei nach jeder TÜV-Untersuchung eine Kopie des Gutachtens übersendet.

Am 10.1.2015 musste durch die Feuerwehr der Maibaum umgelegt werden, weil dieser in seiner Halterung gelockert wird und bedenklich schwankte. Aufgrund der Wetterlage war ein Nachziehen der Schrauben der Befestigung nicht mehr möglich. Mit der angeforderten Polizei mussten Teile der anliegenden Kreuzung gesperrt werden, der MVG wurde wegen der Buslinien 162 und 57 verständigt. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten wird auf das Schreiben der Landeshauptstadt München vom 20.2.2015 (Anlage K8) Bezug genommen.

In der Folge entwickelte sich eine Diskussion zwischen dem TÜV, der Klägerin und der Beklagtenseite betreffend die Standfestigkeit und Befestigung des Baumes im Boden. Hierbei war wesentlich die Beurteilung der Standfestigkeit des Baumes bis zur Windgeschwindigkeiten von 100 km/h und bei darüberliegenden Windgeschwindigkeiten, insbesondere betreffend die Problematik der an dem am 4.3.2015 umgelegten Baum angebrachten Motivtafeln mit Detailbefestigungen und einem darüber angebrachten Fichtenkranz und dem sich hieraus ergebenden Windwiderstand.

Mit Schreiben vom 12.4.2015 (Anlage K10) wurde seitens der ... mitgeteilt, dass eine allgemeine Formel für die Maibaumstatik nicht existiere, vielmehr aufgrund der Vielzahl von zu berücksichtigenden Umständen nach den jeweiligen Verhältnissen vor Ort zu prüfen sei. Allerdings sei in bestimmten Zeitabständen durch verschiedene einschlägig qualifizierte Personen bis hin zum öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen die Standfestigkeit zu überprüfen.

Am 20. April 2015 wurde seitens des TÜV (Anlage K12) im Auftrag der Beklagtenseite ein Gutachten erstellt, unter welchen Bedingungen der Maibaum am streitgegenständlichen Standort wiedererrichtet werden könne, wobei Grundlage der Stellungnahme die Annahme war, dass statt der bisherigen 20 Tafeln nur 10 Tafeln (2 × 5 Tafelbilder) in Höhen von ca. 6 bis ca. 14 m, der Größe der Tafelbilder entsprechend der dort anliegenden Skizze und Fotos, sowie eines oberen Kranzes mit einem Durchmesser von ca. 1,2 m in ca. 16 m Höhe und eines unteren Kranzes mit einem Durchmesser von ca. 2,5 m in ca. 4 m Höhe sowie Anbringung eines Wetterhahns/-Fahne an der Spitze angebracht würden und einer vorgegebenen Ausführung des Fundaments, bei einer Höhe des Maibaums von 28,3 m würden. Vor diesem Hintergrund wurde zusammenfassend ausgeführt:

„Hierbei ergibt sich, dass die rechnerische Standsicherheit des Maibaumes nur bis zu einer Windgeschwindigkeit von ca. 28 m/s (= ca. 100 km/h) eingehalten wird.

Zusammenfassung:

Der derzeitige Erhaltungszustand des Maibaumes ist nicht bekannt; daher kann keine Angabe zur Erhaltungszustand des Holzes des Maibaumes gemacht werden.

Wegen der im Wesentlichen erprobten Konstruktion kann unter Einhaltung nachfolgender Auflagen von einer eingeschränkten standsicheren Aufstellung des Maibaumes ausgegangen werden:

Auflagen:

1. Bei Sturmwarnung ab 10 Beaufort (> ca. 28 m/s bzw. 100 km/h) ist die direkte Umgebung im Umkreis von mindestens 30 m abzusperren. Mit einem Wetterdienst (z.B.: DWD-Deutscher Wetterdienst) ist eine Windwarnung zu vereinbaren bzw. es sind entsprechende Windwarnungen zu beachten.

2. Halbjährlich bzw. nach Stürmen ist der Zustand des Maibaumes und die Befestigungen der Figurentafel, der Kränze und des Wetterhahns visuell *durch einen Sachkundigen zu kontrollieren;

*= z.B.: mittels Fernglas.

3. Einmal jährlich sind die Verschraubungen des Maibaumes in der Maibaumhalterung auf festen Sitz hin zu überprüfen (wegen Schritten des Holzes). Im Zuge der jährlichen Kontrollen des Maibaumes sind die Verschraubungen der Tafelhalterungen zu kontrollieren.

4. Nach Stürmen (> 10 Beaufort = 48 m/s bzw. 100 km/h) ist der Zustand des Maibaumes durch einen Sachverständigen überprüfen zu lassen.

5. Entsprechend den Forderungen der ... ist der Maibaum wie folgt zu kontrollieren bzw. von einem Sachverständigen überprüfen zu lassen:

  • -Nach einem Jahr Standzeit: durch einen Holz-Fachkundigen;

  • -Nach 2 Jahren Standzeit durch einen Sachverständigen oder weitergebildeten Holz-Sachkundigen;

  • -Nach 3 Jahren Standzeit durch einen Sachverständigen. Alternativ ist der Maibaum nach 3 Jahren grundsätzlich abzubauen.

Das Ergebnis der Kontrollen soll schriftlich festgehalten werden.“

Mit weiterem TÜV-Gutachten vom 1.12.2015 wurde auf Anfrage der Beklagten ergänzend festgestellt, dass ohne Wappen (Figurentafeln) und Kränze die Standsicherheit ohne Beanstandung wäre. Insoweit wird auf die Anlage K13 Bezug genommen.

Die Klägerin fasste in der Versammlung vom 21.10.2015 (Anlage K27) den einstimmigen Beschluss, dass der Verwalter dem Maibaumvertrag sofort zu kündigen und die Entfernung des Maibaums umgehend zu erfolgen habe, wenn die Beklagte den geforderten und erforderlichen Auflagen und Maßnahmen nicht beachte, nicht befolge und nicht durchführe.

Mit E-Mail der Landeshauptstadt München, Kreisverwaltungsreferats, Hauptabteilung III.-Straßenverkehr, Abteilung 1 Verkehrsmanagement, Unterabteilung 3 Verkehrsanordnungen, an die Klagepartei vom 10.11.2015 (Anlage K14) wurde mitgeteilt, dass aus Sicht der Stadt ist nicht sein könne, dass bei jedem Sturm über 10 Beaufort großflächig die Straßen gesperrt werden müsste und der öffentliche Personennahverkehr nicht mehr durchgeführt werden können. Hier stelle sich die Frage nach der grundsätzlichen Geeignetheit des Standortes bzw. der Größe des Maibaums.

Bei der ... bestand und besteht eine Haftpflichtversicherung betreffend den Maibaum unter der Haftpflicht-Vers.-Nr. ... wobei die Klägerin selbst Versicherungsnehmerin ist. Im Zusammenhang mit der Übersendung des TÜV Gutachtens entsprechend der Anlage K13 wurde Schreiben der Versicherung vom 18.11.2015 mitgeteilt, dass die Versicherung nach Auswertung des Gutachtens gezwungen seien, zu dem bestehenden Versicherungsvertrag folgende Auflagen/Einschränkungen aufzunehmen:

  • -Versicherungsschutz könne nur für Witterungsverhältnisse mit Winden bis zu 100 km/h gewährt werden.

  • -Versicherungsschutz bestehe nur, regelmäßig nach Stürmen und davon losgelöst mindestens halbjährlich eine Prüfung der Verschraubungen und sonstigen Befestigungen erfolgen. Festgestellte Mängel seien unverzüglich zu beheben. Die Prüfung und Mangelbehebung sei durch ein Protokoll (Datum und Namensnennung der durchführenden Person) im Schadensfall zu belegen.

Insoweit wird auf die Anlage K15 Bezug genommen.

Mit Schreiben der Klagepartei an die Beklagtenseite vom 19.11.2015 (Anlage K16) wurde auf die seitens des TÜV festgestellte Problematik der Standsicherheit bei Windgeschwindigkeiten über 100 km/h und unter Ziffer 7 auf den eingeschränkten Versicherungsschutz bei Windgeschwindigkeiten bis zu 100 km/h entsprechend der Anlage K15 hingewiesen und vor diesem Hintergrund eine fristlose Kündigungserklärung abgegeben, da die Klagepartei nicht bereit sei, eine Haftung bezüglich des Maibaumes zu übernehmen. In diesem Zusammenhang wurde die Beklagtenseite aufgefordert, den Baum sofort bzw. spätestens innerhalb der nächsten Tage zu entfernen. Von Beklagtenseite wurde die Kündigung mit der Behauptung zurückgewiesen, alle Auflagen erfüllt zu haben und, da die Standsicherheit auch über 10 Beaufort Sturmstärke gewährleistet sei (Anlage K17).

Der Maibaum wurde im Zusammenhang mit dem obigen Schriftwechsel am 3.12.2015 ohne Wappen und Kränze von Beklagtenseite wieder aufgestellt.

Mit Schreiben vom 24.4.2017 wies die Klägerin die Beklagtenseite darauf hin, dass die 3-jährige Standzeit des Baumes am 30.4.2017 abgelaufen sei und eine Verlängerung der Standzeit des Baumes davon abhängig gemacht werden, dass ein öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger oder der TÜV die uneingeschränkte Standsicherheit des Maibaumes bestätigen würde. Weiter wurde die Beklagtenseite aufgefordert, das Gutachten bis spätestens 30.4.2017 vorzulegen, widrigenfalls der Maibaum spätestens 30.4.2017 zu entfernen wäre (Anlage K18).

Eine Vorlage eines Gutachtens betreffend die Standsicherheit des Baumes bei Windstärken über 10 Beaufort erfolgte von Beklagtenseite nicht, sodass seitens der Klägerin der Aufstellungsvertrag mit Schreiben vom 5.5.2017, unter Aufforderung, den Maibaum per 15.5.2015 zu entfernen, unter anderem wegen Verstoßes gegen die vertraglichen Regelungen § 8 c und 8 e sowie § 12 erneut gekündigt wurde (Anlage K7).

Die Beklagtenseite widersprach der Kündigung und teilte mit Schreiben vom 12.5.2017 (Anlage K 21) mit, die Prüfung der Standfestigkeit und Gewaltlosigkeit des Baums durch einen zugelassenen Sachverständigen zu veranlassen. Mit Schreiben der Beklagtenseite vom 14.7.2017 (Anlage K22) wurde Beklagtenseits mitgeteilt, dass der Maibaum am 22.6.2017 seitens eines vereidigten Sachverständigen eingehend untersucht worden, dieser standfest und das Sicherheitszertifikat für ein weiteres Jahr erteilt worden sowie eine erneute Bestückung des Maibaums mit 10 Wappentafeln erfolgt sei. Mit Schreiben vom 25.7.2017 und 3.8.2017 (Anlagen K23 und 24) wurde die Beklagtenseite durch die Klagepartei jeweils unter Fristsetzung aufgefordert, das entsprechende Gutachten zu übermitteln. Eine Übermittlung des Gutachtens erfolgte durch die Beklagtenseite vorgerichtlich nicht.

Mit Vertrag vom 19.5.2017 (Anlage K25) wurde eine Haftungsfreistellung/Haftungsausschluss zwischen den Parteien betreffend die Freistellung der Klagepartei durch die Beklagtenseite von jeglicher Haftung im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Maibaum vereinbart.

Im Zusammenhang mit der Klageerhebung wurde auf Seite 14 der Klageschrift eine erneute Kündigung des streitgegenständlichen Gefälligkeitsvertrages erklärt.

Mit Schriftsatz der Beklagtenseite zur Klageerwiderung vom 21.11.2017 (Blatt 19–21) wurde das Ergebnisprotokoll einer Begutachtung durch die Firma ... datierend vom 22.6.2017 vorgelegt, wobei sich hieraus unter anderem ergibt, dass die gegenständliche Begutachtung des Maibaums am 22.6.2017 stattgefunden hat. Festgestellt wurde sowohl das Vorhandensein von Pilzfruchtkörpern, von Lackschäden sowie Schwindungsrissen als auch deutliche Anrostungen des Stahlträgers der Fundamentierung. Weiter wurde im Gutachten festgehalten, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung keine Tafeln und kein Kranz am Baum befestigt waren. Im Ergebnis wurde dennoch festgestellt, dass der Baum bis zu einer nächsten Kontrolle spätestens im Juni 2018 belassen werden könne. Hinsichtlich der näheren Einzelheiten wird auf das streitgegenständliche Protokoll Bezug genommen.

Von Beklagtenseite wurden 25. Juli 2017 an dem Maibaum 10 Tafeln und 2 Kränze ohne Rücksprache mit oder Genehmigung der Klagepartei angebracht. Mit E-Mail der Beklagtenseite vom 31.7.2017 (Anlage 26 zum Schriftsatz vom 10.1.2018) wurde mitgeteilt, das derzeit der Maibaum nur in sehr vereinfachter Ausführung und mit reduzierten Wappenschildern aufgestellt sei, dies bei der Neuaufstellung sich jedoch wieder ändern werde.

Die Klagepartei bestreitet die Verringerung der Größe der Schilder. Zu keinem Zeitpunkt sei dem Verwalter der Klagepartei der Vorschlag unterbreitet worden, die Wappen in schwenkbarer Ausführung anzubringen, jedenfalls wegen Fehlens eines Gutachtens insoweit keine Zustimmung erteilt worden.

Entsprechend der als Anlage K26 bis K26.2 vorgelegten Versicherungspolice seien Ansprüche ausgeschlossen, wenn der Schaden dadurch verursacht worden sei, dass es bewusst unterlassen worden sei, die vom Hersteller gegebenen oder nach dem Stand der Technik einzuhaltenden Richtlinien oder Gebrauchsanweisungen für Anwendung, regelmäßige Kontrollen, Inspektionen oder Wartungen zu befolgen oder notwendige Reparaturen bewusst nicht auszuführen. Von Beklagtenseite sei zu keinem Zeitpunkt eine Kopie der Versicherungspolice bei der Klagepartei angefordert worden.

Bei der von der Beklagten ab dem 1.5.2016 abgeschlossenen eigenen Versicherung handele es sich um eine Mehrfachversicherung. Dort sei gem. § 16.1 und 16.2 der AHB geregelt, dass im Falle einer Obliegenheitsverletzung des Versicherungsnehmers vor Eintritt des Versicherungsfalls von Seiten des Versicherers der Vertrag binnen Monatsfrist ab Kenntnis gekündigt werden könne, darüber hinaus ein Wegfall des Versicherungsschutzes im Falle einer vorsätzlichen Obliegenheitsverletzung.

Die Klagepartei ist der Ansicht, dass der hier streitgegenständliche Vertrag betreffend den Gebrauch des Grundstücksteils zum Aufstellen eines Maibaums einen formlos zulässigen Leihvertrag gem. §§ 598 ff. BGB begründe. Dieser Vertrag in Form einer Leihe gehöre somit aufgrund seiner Unentgeltlichkeit zu den Gefälligkeitsverträgen. Die Klägerin sei berechtigt gewesen, den Leihvertrag nach § 605 Abs. 2 BGB bzw. nach § 314 BGB zu kündigen. § 605 BGB stelle anerkanntermaßen keine abschließende Regelung dar, sodass daneben weiterhin die allgemeinen Vorschriften des § 314 BGB Anwendung finden würden, wobei nach der Rechtsprechung des BGH gem. Urteil vom 27.1.2016, Az. XII ZR 33/15 und 7.11.1985, Az. III ZR 142/84 an das Vorliegen eines wichtigen Grundes bei Gefälligkeitsverhältnissen keine hohen Anforderungen zu stellen seien, vielmehr ein vernünftiger Grund für die Beendigung ausreichend sei.

Die Auflagen des TÜV seien von der Beklagtenseite anerkannt worden, dennoch sei, trotz Vorliegen eines angeblichen Gutachtens und mehrfachen Aufforderungen der Klagepartei dieses vorzulegen, ein solches nach Ablauf der Standzeit von 3 Jahren nicht vorgelegt worden, obwohl die Beklagtenseite hierzu auch vertraglich verpflichtet sei. Die von Seiten des TÜV geforderten Kontrollen seien nicht nachgewiesen. Insbesondere sei nicht erkennbar, dass hinsichtlich der Auflage Ziff. 2 der Anlage K12 von halbjährlichen Kontrollen bzw. Kontrollen nach Stimmen durch einen Sachkundigen, derartige qualifizierte Kontrollen erfolgt wären.

Dies bedeute für die Klägerin, dass diese nicht wisse, ob die Auflagen des TÜVs erfüllt worden seien oder nicht, oder ob sie wegen Nichterfüllung der Auflagen des TÜV einem erheblichen Risiko wegen Verletzung der Verkehrssicherungspflicht und des Verlustes der Haftpflichtversicherung ausgesetzt sei. Selbst wenn ein derartiges Gutachten, wie von Beklagtenseite behauptet, existiere, setze der Vorstand der Beklagten die Klägerin grob fahrlässig bzw. sogar vorsätzlich einem nicht kalkulierbaren Haftungs- und Schadensrisiko aus.

Das im Rahmen der Klageerwiderung vorgelegte Gutachten vom 22.6.2017 stelle fest, dass zum Zeitpunkt der Untersuchung keine Tafeln und kein Kranz am Baum befestigt gewesen seien, vielmehr die Träger der Halterung angerostet seien und sei daher betreffend den Maibaum im aktuellen Zustand wertlos. Eine Prüfung bzw. ein Sachverständigengutachten, wonach der Baum mit den 10 Tafeln und den Kränzen uneingeschränkt standsicher sei, also jeder Windstärke unbeschadet standhalte, liege nicht vor.

Der Anspruch der Klägerin auf Vorlage eines derartigen Gutachtens ergebe sich nicht nur aus dem Vertrag, sondern auch aus § 810 BGB aufgrund eines rechtlichen Interesses der Klagepartei.

Auch aufgrund des vorgelegten Gutachtens vom 22.6.2017 stehe fest, dass nach der gegenwärtigen Situation der Maibaum nicht versichert sei, da notwendige Reparaturen betreffend die Verrostungen bewusst nicht ausgeführt worden seien bzw. durch das Vorliegen von Verrostungen belegt sei, dass Kontrollen nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden seien und darüber hinaus seitens des TÜV und der ... geforderte Gutachten betreffend einen Maibaum mit Tafeln nach Ablauf von 3 Jahren Standzeit nicht vorgelegt worden sei.

Die Klägerin hafte als Grundeigentümerin grundsätzlich über allen Geschädigten zivilrechtlich, möglicherweise auch strafrechtlich und sei im Außenverhältnis verkehrssicherungspflichtig. Ein Maibaum insbesondere mit einer Höhe von 30 m bedeute eine erhebliche Gefahrenquelle für Dritte, etwa mögliche Gefahren im Zusammenhang mit dem Einsturz, Bruchgefahr und der Gefahr des Herabfallens von Teilen. Zudem stelle der Standort des Maibaums entsprechend dem Lageplan Anlage K6 in unmittelbarer Nähe eines Gehwegs und einer stark frequentierten Straße eine zusätzliche Gefahrerhöhung dar. Die zwischen der Klägerin und der Beklagtenseite vereinbarte Haftungsfreistellung entsprechend der Anlage K25 sei lediglich im Innenverhältnis wirksam und stelle darüber hinaus bloß eine Zusammenfassung der bereits getroffenen vertraglichen Haftungsregelungen dar. Unabhängig davon hafte insoweit lediglich das Vereinsvermögen, welches vermutlich mit Null zu bewerten sei, im Übrigen lediglich der Vorstand im Falle von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit. Im Falle des Umsturzes des Maibaums unter Verletzung von Verkehrssicherungspflichten sehe sich die Klagepartei Hinblick auf den Standort des Maibaums dem Vorliegen öffentlicher Verkehrsflächen im potentiellen Umsturzbereich, Schadenersatz und Schmerzensgeldforderungen von 3. Seite ausgesetzt, in die Hunderttausende gehen könnten.

Die Klagepartei verlange der Beklagten mit der Vorlage des angeblich erstellten Sachverständigengutachtens bzw. eines Gutachtens über die Standsicherheit im jetzigen Zustand nicht etwas ab, was sie nur mit Schwierigkeiten erfüllen könne. Vielmehr werde nur gefordert, die Vorkehrungen zu treffen (rechtzeitige Untersuchung durch einen Sachverständigen, gegebenenfalls rechtzeitiger Austausch des Maibaums, falls kein Gutachten vorliege), die dem Sicherheitsbedürfnis der Allgemeinheit entsprächen und die der Beklagten auch wirtschaftlich zumutbar und möglich seien. Zudem sei aufgrund des Klimawandels der damit verbundenen Häufung von Unwettern und Stürmen, die weit über 100 Beaufort Stärke erreichen könnten, die Gefährdungslage stark erhöht.

Der ursprüngliche Klageantrag entsprechend der Klageschrift vom 11.10.2017 (Blatt 1 16) wurde betreffend den Klageantrag zu I. 2. im Termin vom 11.1.2018 (Blatt 39–42) teilweise abgeändert.

Die Klagepartei beantragt zuletzt:

Die Beklagte wird verurteilt:

  • 1.den auf dem Grundstück der Klägerin Ecke R. Straße/M.-straße in München, ... aufgestellten, kompletten Maibaum einschließlich sämtlicher Befestigungen zu beseitigen,

  • 2.Die Beklagte wird verurteilt, den ursprünglichen Zustand der Fläche, auf welcher der Maibaum aufgestellt war entsprechend der unmittelbar umliegenden Fläche wiederherzustellen.

Die Beklagtenseite beantragt:

Klageabweisung.

Im Rahmen der Klageerwiderung wurde von Beklagtenseite unter anderem ausgeführt, dass die Beklagte, die kulturelle Maßnahmen finanzieren müsse, mit hohen Anwaltskosten überfordert wäre und alleine die vom Verwalter der Klagepartei geforderten Gutachten schon über 1.000 € gekostet hätten.

Die Beklagtenseite behauptet, dass seit der Übernahme 1991, der Maibaum mit 20 Wappenschildern, dem Lukaskreuz auf der Spitze und dem Wappen-Erläuterungschild sowie 2 Kränzen bestückt gewesen sei. Alle in den Verträgen vereinbarten Richtlinien seien von der Beklagtenseite eingehalten worden. Das betreffe sowohl die gesetzlichen Prüfungen des Baumes als auch die Standdauer und die Pflege des Maibaums. Der Maibaum sei die ein Gefahrenbaum gewesen und auch nicht nach der mutwilligen Lockerung der Halterung Schrauben durch unbekannte sei laut Feuerwehr München eine Gefahr von ihm ausgegangen. Er habe alle Stürme ohne Schaden überstanden. Der Maibaum sei immer über die Versicherung des Verwalters der Klagepartei versichert gewesen. Diese sei von der Beklagtenseite bezahlt worden. Der Maibaum sei zudem von der Beklagtenseite bei der ... für das Jahr 2016–2017 und 2017–2018 zusätzlich versichert worden. Das Schreiben der ...vom 18.11.2015 liege nicht vor, die Versicherungspolice sei der Beklagten ebenfalls nicht vorgelegt worden.

In der Sturmnacht vom 8./9.1.2015 seien wie auch bei einem Vorfall im Jahr 2007 die Halterungsschrauben des Baumes durch unbekannte Personen gelockert worden, sodass im Januar 2015 der Baum durch die Feuerwehr habe umgelegt werden müssen, da aufgrund von Sturmböen eine sofortige Neubefestigung nicht möglich gewesen sei.

Die Klagepartei sei damit einverstanden gewesen, auch im Hinblick auf das TÜV-Gutachten vom 01.12.2015, den Baum ohne Wappen und Kränze aufzustellen, was durch die Feuerwehr erfolgt sei.

Seitens der Beklagten würden die Sicherheitsbedenken des Verwalters der Klagepartei sehr ernst genommen. Als zusätzliche Sicherungsmaßnahmen seien die Halterungen der Schrauben mit abschließbaren Schraubenabdeckungen und Spezial-Klemmklötzen versehen, um mutwillige Lockerungen zu verhindern. Die Halterungsschrauben seien nicht nur am 30.4.2014, sondern nach jedem starken Wind überprüft worden, wobei sich die Beklagtenseite an den Wetter-Berichten im Fernsehen informiert habe. Die Prüfungen seien durchgehend Mechanikermeister ... durchgeführt worden

Die Anzahl der Wappen am Maibaum sei auf 10 reduziert worden, dadurch auch der Winddruck um 50 %. Weiter seien die Wappen und ca. 32 % verkleinert worden, wodurch sich der Winddruck auf den Baum nochmals erheblich verringert habe. Eine Bestätigung sei durch den TÜV erfolgt.

Dem Verwalter der Klagepartei sei vorgeschlagen worden, die Wappen in schwenkbarer Ausführung zu machen, was einen wesentlich geringeren Luftwiderstand zur Folge gehabt hätte, sodass der Maibaum noch höheren Sturmstärken standhalten würde. Mit dem Verwalter der Klagepartei sei wegen der Ausführung des Maibaums keine Einigung zu erzielen gewesen. Dieser habe die Zustimmung zur Anbringung am Maibaum von einem weiteren diesbezüglichen TÜV Gutachten abhängig gemacht.

Durch die Vereinbarung betreffend den Haftungsausschluss vom 19.5.2017 (Anlage K25) liege die volle Haftung für den Maibaum und dessen Standsicherheit bei der Beklagtenseite. Da die Beklagtenseite eine eigene Versicherung für den Maibaum abgeschlossen habe, sei die Klagepartei auch entsprechend vom Schutzbereich erfasst.

Nach dem Ergebnis der Begutachtung vom Juni 2017 sei der Träger entrostet und neu gestrichen worden.

Dem Sachverständigen ... sei betreffend das Sachverständigengutachten vom 22.6.2017 bekannt gewesen, dass Tafeln wegen der Weigerung des Verwalters der Klagepartei nicht hätten angebracht werden können, jedoch nach dem Gutachten angebracht werden würden. Dem Sachverständigen sei mitgeteilt worden, dass die anzubringenden Wappen mit den Abmaßen ausgeführt werden würden, die sich aus der Anlage zum Protokoll zum Hauptverhandlungstermin vom 11.1.2018 (Blatt 39–42) ergeben würden. Ein Maibaum ohne Tafeln sei so sinnlos, wie ein Auto ohne Räder.

Die Beklagtenseite ist der Ansicht, dass aufgrund der Vereinbarung betreffend den Haftungsausschluss die Angelegenheit Maibaum erledigt sei und es in der Verantwortung der Beklagtenseite liege, die gesetzlichen Auflagen, die Voraussetzung für einen Versicherungsschutz seien, zu erfüllen. Da der Baum von Beklagtenseite versichert worden sei, könne die Versicherung des Verwalters der Klagepartei entfallen. Das Gutachten des Sachverständigen (Anlagen zum Schriftsatz der Beklagtenseite vom 21.11.2017 (Blatt 19–21)) sei der Klagepartei trotz Aufforderung vorgerichtlich nicht übermittelt worden, da die Beklagtenseite der Ansicht sei, aufgrund der Haftungsvereinbarung hierzu nicht mehr verpflichtet zu sein.

Mit dem Einverständnis der Parteien wurde mit Beschluss vom 11.1.2018 die Entscheidung im schriftlichen Verfahren gem. § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet, wobei als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht der 20.2.2018 festgesetzt wurde.

Zur Ergänzung des Tatbestands wird auf den weiteren Akteninhalt, insbesondere die Schriftsätze der Parteien samt Anlagen und das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 11.1.2018 (Blatt 39–42) Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.

I. Die Klage ist zulässig.

1. Insbesondere ist das Amtsgericht München für die Entscheidung sachlich gem. §§ 23 Nr. 1, 71 GVG und örtlich gem. §§ 12, 17 ZPO zuständig.

2. Betreffend die teilweise Abänderung des Klageantrags zu I.2 im Termin vom 11.1.2018 (Blatt 39–42) war diese vor dem Hintergrund des § 263 2. Alternative ZPO zulässig, insbesondere war diese auch sachdienlich, da die Änderung nur unwesentlich ist und zudem sämtliche in diesem Zusammenhang zu klärenden Sachverhaltsfragen in dem hiesigen Rechtsstreit geklärt werden können. Von Beklagtenseite wurde der Klageänderung insoweit nicht widersprochen.

II. Die Klage ist auch begründet.

Aufgrund der wirksamen Kündigung des Leihvertrags über das streitgegenständliche Grundstück ist der Rechtsgrund für die weitere Nutzung des Grundstücks durch die Beklagtenseite weggefallen, die Beklagtenseite daher verpflichtet, den streitgegenständlichen Maibaum zu entfernen. Weiter ergibt sich auch ein Anspruch der Klagepartei auf Wiederherstellung der streitgegenständlichen Grundstücksfläche analog der umgebenden Fläche entsprechend dem im Termin vom 11.01.2018 abgeänderten Klageantrag zu I.2.

1. Die Klägerin kann von der Beklagtenseite die Beseitigung des Maibaums nach dem streitgegenständlichen Leihvertrag betreffend das hier streitgegenständliche Grundstück (Anlagen K4 bis K5) i.V.m. §§ 604, 605 BGB i.V.m. § 314 BGB bzw. nach §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB schon aufgrund der klägerseits erfolgten Kündigung vom 05.05.2017 (Anlage K7) bzw. jedenfalls auch aufgrund der im Rahmen der Klage erklärten Kündigung verlangen.

a. Zwischen den Parteien wurde entsprechend der Anlagen K4 bis K5 ein Leihvertrag betreffend das hier streitgegenständliche Grundstück geschlossen. Ein solcher Leihvertrag ist grundsätzlich auch bei Grundstücken formlos möglich, vgl. Palandt, § 598, Rn. 3, BGH NJW 2016, 2652, sodass auch ggf. bloß mündliche Vereinbarungen zwischen den Parteien Wirkung entfalten.

Nach dem übereinstimmenden Vorbringen der Parteien sind diese übereingekommen, dass die Anforderungen des TÜV entsprechend dem Gutachten vom 20.4.2015 (Anlage K12) und 01.12.2015 (Anlage K13), somit auch einschließlich der dort ausgeführten Forderungen der ... unter Ziffer 5, als Konkretisierung der vertraglichen Pflichten der Beklagtenseite der weiteren Vertragsdurchführung zugrundezulegen. Dies ergibt sich insbesondere auch aus dem Schreiben der Beklagtenseite an die Klagepartei vom 11.9.2015 (Anlage K17), in welchem die Beklagtenseite angibt, die dort genannten Auflagen erfüllt zu haben.

Weiter steht für das Gericht fest, dass zwischen den Parteien übereinstimmend nach November 2015 eine Einigung alleine dahingehend bestand, dass der streitgegenständliche Maibaum ohne Schilder und Kränze aufgestellt werden könne, da nur insoweit entsprechend den Ausführungen des TÜV im Gutachten vom 1.12.2015 (Anlage K13) eine rechnerisch ausreichende Standsicherheit des Maibaumes selbst bei Stürmen über 100 km/h gewährleistet wäre. Die Beklagtenseite hat hierzu im Rahmen der Klageerwiderung vom 21.11.2017 (Blatt 19–21) vorgetragen, dass der Verwalter der Klagepartei Ende des Jahres 2015 im Zusammenhang auch mit dem Gutachten vom 1.12.2015 damit einverstanden gewesen sei, dass von Beklagtenseite der Maibaum ohne Wappen und Kränze wieder aufgestellt werde.

Soweit die Beklagtenseite in der Folge vorgetragen hat, dass von Beklagtenseite zur weiteren Ausgestaltung des Maibaums dem Verwalter der Klagepartei vorgeschlagen wurde, diesen in Metall auszuführen bzw. mit kleineren oder schwenkbaren Wappen zu versehen, ist schon von Beklagtenseite kein schlüssiger Vortrag dahingehend erfolgen, dass eine Einigung stattgefunden hätte. Vielmehr wurde von Beklagtenseite mehrfach ausgeführt, dass lediglich versucht wurde insofern eine Einigung zu erzielen, der Geschäftsführer der Klagepartei jedoch jeweils die Vorschläge der Beklagtenseite zurückgewiesen habe, da kein TÜV Gutachten betreffend die Standsicherheit betreffend die jeweilige Ausführung von Beklagtenseite vorgelegt wurde.

b. Der Leihvertrag wurde durch die Kündigung vom 05.05.2017 (Anlage K7) bzw. jedenfalls auch aufgrund der im Rahmen der Klage erklärten Kündigung beendet, § 12 des Leihvertrags (Anlage K4), §§ 605, 314 BGB. Neben dem vertraglich vereinbarten Kündigungsrecht entsprechend § 12 des Leihvertrags (Anlage K4) steht der Klagepartei ein gesetzliches Kündigungsrecht aus § 605 BGB sowie auch ein außerordentliches gesetzliches Kündigungsrecht aus anderen wichtigen Gründen zu, vgl. Palandt, BGB, § 605, Rn. 1 mit Verweis auf BGH 82, 354 ff.

aa. Entsprechend § 12 des Leihvertrags (Anlage K4) besteht für die Klagepartei ein Kündigungsrecht bei Verstoß gegen die Bestimmungen des Vertrags.

Betreffend den Prüfungsmaßstab bzw. die Anforderungen an einen Kündigungsgrund (wichtiger Grund bei Dauerschuldverhältnissen, § 314 BGB) bei gesetzlichen Kündigungsrechten im Fall von Gefälligkeitsverhältnissen, wie vorliegend, zu berücksichtigen, dass um einen wichtigen Grund keine hohen Anforderungen zu stellen sind. Es genügt vielmehr, dass ein vernünftiger Grund für die Beendigung spricht, BGH, NJW 1986, 978.

bb. Vorliegend sind sowohl die Voraussetzungen des vertraglichen Kündigungsrechts als auch der oben genannten gesetzlichen Kündigungsrechte verwirklicht. Die von Klägerseite ausgesprochene Kündigung aus wichtigem Grund ist jeweils wirksam, da aufgrund des Verhaltens der Beklagtenseite betreffend die wesentliche Frage der Verkehrssicherheit und die Durchführung sowie den Nachweis notwendiger Kontrollen des Maibaums erhebliche Mitwirkungspflichten verletzt wurden und damit der Wegfall des Versicherungsschutzes und ein wesentliches Haftungsrisiko für die Klagepartei begründet wurde.

Dies betrifft insbesondere den Umstand, dass das nach den TÜV-Auflagen entsprechend der Anlage K12 nach 3 Jahren Standzeit notwendige TÜV Gutachten nicht fristgemäß bei der Klagepartei vorgelegt wurde, vgl. auch Ziff. 8 des 2. Änderungsvertrags (Anlage K5). Darüber hinaus wurde von Beklagtenseite ohne Rücksprache mit der Klagepartei der zunächst über Jahre hinweg ohne Kränze und Tafeln aufgestellte und damit jedenfalls für die Dauer von 3 Jahren ab dem Aufstellungszeitpunkt standsichere Maibaum, von der Beklagtenseite eigenmächtig Tafeln versehen, sodass die weitere Standfestigkeit insbesondere im Falle des Vorliegens von Stürmen entsprechend der TÜV Gutachten Anlagen K12 und K13 wieder in Frage gestellt war, ohne jedoch die Standsicherheit des Maibaums durch ein entsprechendes Sachverständigengutachten, welches sich analog den TÜV-Gutachten Anlagen K12 und K13 zur Standsicherheit auch bei erhöhter Windbelastung äußert, nachzuweisen. Dem von Beklagtenseite vorgelegten Gutachten vom 22.6.2017 ist eindeutig zu entnehmen, dass dort alleine der Maibaum ohne Wappen und Kränze begutachtet wurde. Betreffend die geplante Anbringung von Kränzen oder Wappen oder betreffend die mögliche Gefährdung bei erhöhter Windbelastung sind dort keinerlei Ausführungen enthalten, obwohl solche in jedem Falle für ein ordnungsgemäßes Gutachten betreffend die Standsicherheit auch mit Wappen und Grenzen zu erwarten gewesen wären, wenn der Sachverständige tatsächlich auch diesbezüglich konkrete Feststellungen getroffen hätte.

Weiter wurden von Beklagtenseite die Auflagen nach Ziff. 2 das TÜV Gutachtens entsprechend Anlage K12 zur Überzeugung des Gerichts (§ 286 ZPO) nicht eingehalten. Dort ist festgehalten, dass halbjährlich bzw. nach Stürmen der Zustand des Maibaums und die Befestigungen der Figurentafeln, der Kränze und des Wetterhahns visuell durch einen Sachkundigen zu kontrollieren sind. Soweit von Beklagtenseite ausgeführt wurde, dass Kontrollen von Seiten des Herrn ... regelmäßig beim Gassigehen mit dem Hund durchgeführt worden seien, fehlt hingegen schon sämtlicher substantiierter Vortrag der Beklagtenseite zu einer entsprechenden Sachkunde des Herrn ... bzw. diesbezüglicher Kontrollen durch einen Sachkundigen wie im TÜV Gutachten gefordert.

Damit wurde durch das Verhalten der Beklagtenseite die Gefahr eines unabsehbaren Haftungsrisikos für die Klägerseite begründet, obwohl beide Parteien ausweislich der vorliegenden Vertragsunterlagen sowie dem jeweiligen Vorbringen der Parteien davon ausgegangen sind, dass die Klagepartei unter keinem Umstand bereit war im Zusammenhang mit dem Aufstellen des Maibaums eine Haftung zu tragen. Dies ergibt sich unproblematisch bereits aus der Haftungsfreistellung gem. Ziffer 7 des ursprünglichen Vertragsanlage K4 sowie betreffend

cc. Angesichts des Verhaltens der Beklagtenseite in der Vergangenheit, insbesondere im Hinblick darauf, dass der Maibaum einseitig wieder mit Wappen und Kränze bestückt wurden und etwa für die Zukunft entsprechend der E-Mail vom 31.7.2017 (Anlage K26 zum Schriftsatz der Klagepartei vom 10.1.2018) angekündigt wurde, bei der Neuaufstellung einseitig von der Reduzierung der Wappenschilder Abstand zu nehmen und auch betreffend das Schreiben der Beklagtenseite an die Klagepartei vom 30.7.2017 (Anlage K35), wonach die Beklagtenseite sich weigert, ein neues TÜV Gutachten betreffend die erneute Bestückung des Maibaums zu erholen, ist auch vor diesem Hintergrund die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses der Klagepartei nicht mehr zumutbar.

dd. Grundsätzlich bedeutet das Aufstellen eines Maibaums eine erhebliche Gefahrenquelle für Dritte, wobei die allgemeinen Gefahrenlagen eines Maibaums wie etwa Einsturz-Bruchgefahr sowie die Gefahr des Herabfallen von Teilen eine erhebliche Gefahrenerhöhung erfahren, wenn der Standort des Maibaums unmittelbarer Nähe eines Gehwegs und einer stark frequentierten Straße liegt, vgl. für eine ähnliche Konstellation, Urteil des Landgerichts Traunstein vom 15.12.1988, Az. 1 O 4500/88.

Da die sich entsprechende Gefahrenquelle, der Maibaum, auf einem Grundstück der Klägerin befindet, wäre die Klägerin bei Duldung des Maibaums, ohne den Nachweis der Einhaltung sämtlicher Verkehrssicherungsvorschriften, deliktischen Schadenersatzansprüchen etwaiger geschädigter 3. Personen im Schadensfall ausgesetzt, §§ 823 ff., insbesondere § 836 BGB.

Zwar kann grundsätzlich ein Haftungsrisiko der an der Aufstellung und Betrieb eines Maibaums beteiligten Personen durch eine Haftpflichtversicherung abgemildert, wenn nicht beseitigt werden. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Versicherungsbedingungen nicht eingehalten werden, insbesondere erforderliche Kontrollen oder Nachweise nicht in der notwendigen Form oder Frist erfolgen und durch entsprechende Obliegenheitsverletzungen die Versicherung von der Leistung frei wird oder der Versicherungsanspruch gekürzt werden kann.

Um die Einhaltung der sich aus der Gefahrenlage ergebenden Verkehrssicherungspflichten im Hinblick auf die Haftungsfrage gewährleisten zu können, ist eine Untersuchung durch einen Sachverständigen oder Sachkundigen nach Ablauf bestimmter Standzeiten oder nach dem Eintritt potenziell gefahrenerhöhender Ereignisse, wie etwa nach Stürmen, notwendig. Dies ergibt sich schon aus der Stellungnahme des TÜV entsprechend der Anlagen K12 und K13, Entsprechende Untersuchungen, die insbesondere auch im Hinblick auf die im potentiellen Sturzbereich liegenden öffentlichen Verkehrswege dem Sicherheitsbedürfnis der Allgemeinheit entsprechen sind auch wirtschaftlich zumutbar und möglich. Hierbei ist im Hinblick auf die Anforderungen auch zu berücksichtigen, dass im Falle eines Umsturzes des Maibaums Lebensgefahr für Personen im Umsturzbereich oder auch die Gefahr erheblicher Sachschäden im Hinblick auf gegebenenfalls im Sturzbereich befindliche Fahrzeuge bestehen kann, vgl. insbesondere auch das Urteil des Landgerichts Traunstein a.a.O. Entsprechend des hohen Wertes der potenziell gefährdeten Rechtsgüter, wäre auch mit potentiellen Schadensersatzansprüchen im Falle einer Verletzung der Verkehrssicherungspflichten und eines hieraus resultierenden Schadens in einem nicht unerheblichen Umfang zu rechnen. Soweit von Klägerseite vorgebracht wurde, dass ein Haftungsrisiko besteht, welches in die Hunderttausende Euro gehen könne, ist dies angesichts sämtlicher Umstände und insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich im Umsturzbereich entsprechend dem Lageplan Anlage K6, nicht nur öffentlicher Verkehrs- und Straßenflächen, sondern auch eine Bushaltestelle befindet, nicht fernliegend.

In diesem Zusammenhang ist auch zu berücksichtigen, dass gemäß BGH NJW 1985, 1076 im Hinblick auf eine Haftung nach § 836 BGB, zwar grundsätzlich eine Freistellung bei Gefahrenquellen erfolgen kann, wenn die unmittelbaren Nutzer, wie hier etwa die Beklagtenseite, auf diese Gefahr hingewiesen worden sind. Die Konstellation im dortigen Fall ist jedoch nicht auf die hiesige Konstellation übertragbar, da der Sturzbereich des hier streitgegenständlichen Maibaumes auch öffentliche Verkehrsflächen umfasst und eine Zugangskontrolle schon insoweit nicht möglich ist.

Soweit von Seiten des TÜV im Rahmen der Gutachten nach Anlagen K12 und 13 die Auflage erteilt wurde, nach einer Standzeit von 3 Jahren den Maibaum durch einen Sachverständigen überprüfen zu lassen oder diesen abzubauen, entspricht dieser Zeitraum wohl den allgemeinen Gepflogenheiten, da mit längerer Standzeit auch von einer weiteren Gefahrenerhöhung auszugehen ist, vgl. Urteil des Landgerichts Traunstein a.a.O.

Soweit die Beklagtenseite zu regelmäßigen Kontrollen durch Herrn ... vorgetragen hat, erscheint in diesem Zusammenhang auffällig, dass auch bei dem letzten TÜV-Gutachten, bei welchem der Baum noch ohne weitere Befestigungen begutachtet wurde, erhebliche Verrostungen an der Maibaum-Verankerung und somit einem weiteren sicherheitsrelevanten Bereich festgestellt und gerügt wurden. Schon dieser Umstand belegt, dass von Beklagtenseite selbst vorgebrachten Untersuchungen, selbst für den Fall der Wahrunterstellung, nicht mit der erforderlichen Sorgfalt und/oder Sachkunde durchgeführt worden sein können. Nach der eigenen Einlassung der Beklagtenseite im Rahmen der Klageerwiderung vom 21.11.2017 wären selbst bei Wahrunterstellung die Stahlträger erst nach dem Gutachten vom 22.6.2017 entrostet und neu gestrichen worden, obwohl sich die verrosteten Stellen nach den vorgelegten Lichtbildern aus dem Gutachten schon für einen Laien augenfällig dargestellt haben und daher aus Sicht des Gerichts in jedem Fall Anlass bestanden hätte, im Falle tatsächlich erfolgter, hinreichend sorgfältiger Kontrollen, derartige Verrostungen unmittelbar zu beseitigen. Schon die allgemeine Lebenserfahrung spricht dafür, dass Verrostungen, wie auf den Lichtbildern aus dem vorgerichtlichen Gutachten ersichtlich, nicht schlagartig entstanden sein können. Damit wird auch die Belastbarkeit der von Beklagtenseite vorgetragenen Kontrollen, selbst bei Wahrunterstellung betreffend deren Durchführung, zweifelhaft. Zeitnahe Maßnahmen betreffend die verrosteten Stellen am Stahlträger wurden offenbar von Beklagtenseite unterlassen, obwohl solche für die Beklagtenseite offenbar unproblematisch möglich gewesen wären, wie auch die im Rahmen der Klageerwiderung von Beklagtenseite selbst vorgetragene Beseitigung zeigt. Unter Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit im Hinblick auf den Standort des Maibaums und den hohen Wert der potenziell gefährdeten Rechtsgüter, wären derartige Arbeiten betreffend die Verrostungen am Stahlträger in jedem Falle angezeigt gewesen. Daher ist aus Sicht des Gerichts schon dieser Umstand für sich genommen geeignet, erhebliche Zweifel an der Zuverlässigkeit der Beklagtenseite zu begründen.

Soweit die Beklagtenseite vorgetragen hat, von den Anforderungen der ... betreffend den Versicherungsschutz durch die Klagepartei nicht informiert worden zu sein, ist dieser Umstand aus Sicht des Gerichts insofern widerlegt, als in dem TÜV-Gutachten vom 20.4.2015 (Anlage K12) explizit auf die Forderungen der ... betreffend zeitlich gestaffelte Kontrollen Bezug genommen wurde. Dieses Gutachten wurde von der Beklagtenseite in Auftrag gegeben und lag dieser unstreitig vor. Entsprechendes ergibt sich auch aus dem Anschreiben der Beklagtenseite durch den TÜV entsprechend der Anlage K12.

Vor diesem Hintergrund wären die jeweils beteiligten Versicherungen schon aufgrund der oben dargestellten Obliegenheitsverletzungen der Beklagtenseite im Versicherungsfall von der Leistung befreit gewesen. Die Klägerseite damit einem erheblichen Haftungsrisiko betreffend Schadensersatzansprüche von 3. Seite im Zusammenhang mit dem Maibaum ausgesetzt. Da substantiierter Vortrag der Beklagtenseite zu entsprechenden halbjährlichen Prüfungen bzw. Prüfungen nach Stürmen durch einen Sachkundigen entsprechend Ziffer 2 der Auflagen des TÜV im Gutachten Anlage K12 nicht vorgetragen wurden, ist davon auszugehen, dass der Versicherungsschutz schon alleine aufgrund dieses Umstands auch bei Windgeschwindigkeiten unter 100 km/h gefährdet oder nicht mehr vorhanden war, selbst in der Zeit, als Wappen und Kränze noch nicht erneut von Beklagtenseite einseitig angebracht worden waren.

ee. Weiter ist zu berücksichtigen, dass die Beklagtenseite im Rahmen der Klageerwiderung vom 21.11.2017 (Blatt 19–21) mitgeteilt hat, dass der Verwalter der Klagepartei Ende des Jahres 2015 im Zusammenhang auch mit dem Gutachten vom 1.12.2015 damit einverstanden gewesen sei, dass von Beklagtenseite der Maibaum ohne Wappen und Kränze wieder aufgestellt werde.

Obwohl keinerlei Vortrag dahingehend erfolgt oder sonst ersichtlich ist, dass von Klägerseite ein Einverständnis mit einer Wiederbestückung des Baumes mit Wappen oder Kränzen im Nachgang erklärt worden wäre, wurde von Beklagtenseite eigenmächtig der Baum mit Wappen bestückt, wenn auch der Winddruck in diesem Zusammenhang aufgrund einer Verkleinerung der Wappen reduziert worden sein mag.

Aus Sicht des Gerichts stellt dieser Umstand für sich genommen schon einen Grund für eine außerordentliche Kündigung dar, da hier die Beklagtenseite eigenmächtig eine potentielle Gefährdungslage für die Klagepartei geschaffen hat, da nach den vorliegenden TÜV Gutachten lediglich bei einem Maibaum ohne Kränze oder Wappen die Standfestigkeit auch bei Windgeschwindigkeiten über 100 km/h gewährleistet ist. Schon nach dem Vorbringen der Beklagtenseite hatte sich die Klagepartei im Jahr 2015 nur vor diesem Hintergrund mit einer Wiedererrichtung des Maibaums auf dem klägerischen Grundstück einverstanden erklärt und diesen Umstand zur Bedingung für die Wiedererrichtung gemacht. Eine sachverständige Begutachtung mit dem Ergebnis, dass der Baum in der von Beklagtenseite einseitig im Juli 2017 veranlassten Ausstattung mit Schildern und Kränzen auch bei Windstärken von über 100 Beaufort standsicher ist, liegt, trotz Ablauf der Standzeit von 3 Jahren entsprechend dem TÜV Gutachten Anlage K12, noch immer nicht vor.

Schon nach dem unstreitig von beiden Parteien mitgeteilten Sachverhalt, hat die Beklagtenseite seit dem Jahr 2015 jedenfalls in 2 wesentlichen Punkten gegen die Vereinbarungen aus dem Vertrag mit der Klagepartei gehalten, nämlich zum einen, dass der Maibaum nur ohne Kränze und Schilder wieder aufgestellt werden kann, da nur insofern die Standfestigkeit durch TÜV Gutachten belegt ist, zum anderen hat die Beklagtenseite innerhalb der von Seiten des TÜV und der Versicherung mitgeteilten Prüfungsfristen (Standzeit von 3 Jahren) und trotz nochmaliger Aufforderungen durch die Klagepartei, bis zum 25.4.2017 kein Sachverständigengutachten erholt und dies auch der Klagepartei vorgelegt. Damit hat die Beklagtenseite den Versicherungsschutz eigenmächtig gefährdet und für die Klagepartei ein Haftungsrisiko begründet.

Soweit die Beklagtenseite zum Beleg der Standsicherheit des Maibaums auch mit angebrachten Wappen und Kränzen ein vorgerichtliches Gutachten des Sachverständigen ... vom 4.4.2013 (Anlage B4 zum Schriftsatz der Beklagtenseite vom 18.1.2018) vorgelegt hat, fällt zum einen auf, dass das entsprechende Gutachten zum einen einen anderen Maibaum betrifft, da in dem Gutachten ausgeführt wurde, dass der Maibaum bis spätestens März 2014 zu beseitigen sei. Weiter ist dem Gutachten, entgegen den vorgelegten TÜV Gutachten Anlage K12 und K13, die beide Parteien zur Grundlage für die Fortführung des Vertragsverhältnisses gemacht haben, keinerlei Bezugnahme auf Windgeschwindigkeiten zu entnehmen.

ff. Insoweit weist die Klagepartei zutreffend darauf hin, dass der zwischen den Parteien vereinbarte Haftungsausschluss vom 19.5.2017 nicht geeignet ist, eine sichere Rechtsposition für die Klagepartei zu schaffen. Dies ergibt sich schon aus dem Umstand, dass mit der Aufstellung des Maibaums in dem hier gegenständlichen Bereich (vgl. den Lageplan Anlage K6) erhebliche Gefahren für die Allgemeinheit verbunden sind, die etwa im Falle des Umfallens des Maibaums oder dem Herabstürzen von Teilen grundsätzlich geeignet sind, Schadensersatzforderungen von 3. Seite, die auch in Bereiche von mehreren 100.000 € gehen können gegen die Klägerin als Grundstückseigentümerin zu begründen. Es ist schon nach dem eigenen Vorbringen der Beklagtenseite etwa im Rahmen der Klageerwiderung nicht davon auszugehen, dass das Vereinsvermögen der Beklagten ausreichend dürfte, sämtliche potentiellen Schadensersatzforderungen, geschweige denn auch nur geringfügige Schadensersatzforderungen im Bereich von etwa Euro 5.000 abzudecken. Jedenfalls insoweit substantiierter Vortrag der Beklagtenseite. Die fehlende finanzielle Leistungsfähigkeit der Beklagtenseite ergibt sich etwa auch aus dem von Klägerseite vorgelegten Zeitungsartikel als Anlage zum klägerischen Schriftsatz vom 10.1.2018 (Anlage 28), bei der ein Vorstand der Beklagten, Herr ... sich dahingehend zitieren lassen hat, dass der Verein bei weitem nicht einmal das Geld habe, ein 3. Fundament an einem anderen Standort zu errichten. Auch der Vorsitzende der Beklagten, Herr ... hat im Termin vom 11.1.2018 (Blatt 39–42) angegeben, dass sich die Beklagtenseite finanziell keinen juristischen Streit leisten könne.

Soweit die Beklagtenseite mit Schriftsatz vom 18.1.2018 (Blatt 47–49) ausgeführt hat, im Hinblick auf die eigene abgeschlossene Versicherung die Haftungsfreistellung unterzeichnet zu haben, verfängt dieser Ansatz schon deshalb nicht, da entsprechend der als Anlage beigefügten Versicherungskopie die Klagepartei schon nicht als mitversicherte (juristische) Person in den Vertragsunterlagen erfasst ist und damit ein Direktanspruch der Klagepartei gegenüber der Versicherung nicht gegeben ist. Auch ist alleine durch den Abschluss der Versicherung nicht vollständig sichergestellt, dass die Klägerin sämtliche im Zusammenhang mit dem Maibaum entstehenden Schäden ohne jedes Risiko tatsächlich an die Versicherung der Beklagten weiterreichen könnte. Zunächst verweist der vorgelegte Versicherungsvertrag auf die § 26 AHB, wonach im Falle von vorsätzlichen Obliegenheitsverletzungen des Versicherungsnehmers eine Leistungsfreiheit der Versicherung besteht, bei grob fahrlässiger Verletzung eine Obliegenheit der Versicherer berechtigt ist, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Zudem ist hinsichtlich der vorvertraglichen Anzeigepflichten des Versicherungsnehmers nach §§ 23, 23. 1 AHB unklar, ob die Beklagtenseite im Rahmen des Abschlusses des Versicherungsvertrags sämtliche erforderlichen Angaben zutreffend gemacht hat. Auch besteht bei der Durchsetzung von Ansprüchen gegenüber der Haftpflichtversicherung grundsätzlich ein nicht unerhebliches Kosten- und Prozessrisiko, je nach konkreter Ausgestaltung des Sachverhalts.

Alleine der Umstand, dass nach dem Vortrag der Beklagtenseite bislang noch keiner der während der Vertragslaufzeit aufgestellten Maibäume umgestürzt sei, mindert die auch durch das TÜV Gutachten Anlage K12 festgestellte, grundsätzliche Gefahrenlage bei Ausstattung des Maibaums mit Kränzen und Wappen bzw. nach einer Standzeit von 3 Jahren nicht. Vielmehr richten sich die Verkehrssicherungspflichten nach der objektiven Gefahrenlage, die hier durch den TÜV Sachverständigen festgestellt wurde, vgl. in diesem Sinne auch BGHZ 23, 190.

gg. Vor diesem Hintergrund war auch eine Beweisaufnahme, etwa betreffend die Frage, ob Kontrollen im Übrigen durch Herrn ... ordnungsgemäß durchgeführt worden wären, nicht veranlasst. Hier hat die Beklagtenseite durch den Vorsitzenden Herrn ... im Termin vom 11.1.2018 informatorisch angegeben, dass die einzelnen Kontrollen oftmals durch Herrn ... beim Gassi gehen mit dem Hund durchgeführt worden seien. Diese seien jedoch nicht gesondert dokumentiert worden. Soweit mit Schriftsatz vom 18.1.2018 hierzu noch weitere pauschale Ausführungen gemacht wurden und als Anlage zum Schriftsatz vom 9.2.2018 (Blatt 53–54) eine Aufstellung von Sonderprüfungen nach Stürmen beigegeben wurde, setzt sich die Beklagtenseite insoweit zum einen in Widerspruch zu ihrem eigenen Vorbringen im Rahmen der mündlichen Verhandlung, zum anderen ist auch dort nicht ausgeführt, dass die seitens des TÜV geforderten Kontrollen nach Stürmen bzw. die halbjährigen Kontrollen durch einen Sachkundigen durchgeführt worden wären.

Gleiches gilt, soweit die Beklagtenseite oder auch die Klagepartei Zeugin zum Beweis betreffend die Frage, ob von Beklagtenseite schwenkbare Wappenschilder oder sonstige Ausführungen an dem Maibaum an den Verwalter der Klagepartei, Herrn ... herangetragen worden sind, da insbesondere schon die Beklagtenseite selbst vorgetragen hat, dass jeweils eine Einigung nicht stattgefunden hat, vielmehr der Verwalter der Klagepartei jeweils die vorherige Vorlage eines Gutachtens zur Bedingung für die mögliche Anpassung gemacht hat, vgl. insbesondere auch den Schriftsatz vom 18.1.2018 (Blatt 49 am Ende). Die Beklagtenseite verkennt, dass ihr aufgrund der vorliegenden Vertragsgestaltung und insbesondere der kostenfreien Zurverfügungstellung des Grundstücks durch die Klagepartei kein Anspruch zusteht, den Maibaum nach eigenem Gutdünken und ohne entsprechende Genehmigung durch die Klagepartei zu gestalten. Aufgrund des oben dargestellten, erheblichen Haftungsrisikos gerade der Klagepartei als Eigentümerin des Grundstücks im Falle von Schäden im Zusammenhang mit Verkehrssicherungspflichtverletzungen, steht es der Klagepartei vielmehr frei, die Zustimmung zu Veränderungen an den dem Maibaum zu versagen, insbesondere, wenn dies, im vorliegenden Fall zu einer (sei es auch noch so geringen) Erhöhung eines potentiellen Haftungsrisikos führt.

Es ist auch nicht entscheidungserheblich, ob ein Herr Rechtsanwalt ... im Zusammenhang mit der Haftungsfreistellungserklärung vom 19.5.2017 (Anlage K25) zeitweise mit dem Sachverhalt befasst gewesen ist, da berücksichtigungsfähige Umstände vor dem Hintergrund der obigen Darstellungen weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind.

Eine Beteiligung der ... ist für das hier nach den Anlagen K4 bis K5 sowie gegebenenfalls mündlichen weiteren Abreden zwischen den Parteien zu beurteilende Rechtsverhältnis nicht zu ersehen und damit ebenfalls nicht entscheidungserheblich.

2. Als Rechtsfolge der Kündigung ergibt sich gem. § 604 BGB die Rückgabeverpflichtung betreffend das streitgegenständliche Grundstück. Hierbei ist die Sache so zurückzugeben, wie es dem vertragsgemäßen Gebrauch entspricht, falls erforderlich ausgebessert oder repariert, vgl. Palandt, BGB, § 604, Rn. 2.

Betreffend die Beseitigung des Maibaums und der vorhandenen Befestigungen sowie Fundamenten alleine ergibt sich infolge der Kündigung auch ein Anspruch gem. §§ 823 Abs. 1, 1004 BGB, da aufgrund der Kündigung ein Behaltendürfen der Beklagtenseite entfallen ist.

Darüber hinaus ergibt sich jedoch auch betreffend den Klageantrag zu I.2 ein Anspruch auf Wiederherstellung der Fläche analog der unmittelbaren Umgebung, vgl. Palandt, BGB, § 604, Rn. 2.

III. Die Entscheidung über die Kosten fußt auf §§ 92, 269 Abs. 3 Satz 3 ZPO, diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.

Soweit die Klagepartei im Rahmen des Hauptverhandlungstermins vom 11.1.2018 den Klageantrag zu I.2 abgeändert und letztlich teilweise dahingehend zurückgenommen hat, dass eine bestimmte Form der Ausführung der Wiederherstellung des Grundstücks nun nicht mehr verlangt wird, war eine Kostenbeteiligung der Klagepartei nicht veranlasst, da die zu erwartende Abweichung betreffend die Umsetzung zwischen dem ursprünglichen Klageantrag I.2 und dem neuen Klageantrag I.2 auch kostenmäßig nur geringfügig sein wird.

Die Festsetzung des Streitwertes erfolgte gem. § 3 ZPO. Soweit von Klägerseite im Rahmen der Klageschrift ein Streitwert von Euro 4.500 betreffend die Kosten des Abbaus des Maibaums, des Abtransports, gegebenenfalls gesonderte Sondermüllkosten wegen des Anstrichs des Maibaums, Entfernung der Kiesfläche, Wiederverfüllen mit Humus und Ansähen von Rasenfläche sowie Beseitigung von Schäden durch den Abtransport, Straßenabsperrkosten und dergleichen, wurde diesem von Beklagtenseite nicht widersprochen. Seitens des Gerichts besteht unter Würdigung der Gesamtumstände kein Anlass für eine abweichende Einschätzung betreffend die zu erwartenden Kosten.

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Amtsgericht München Endurteil, 28. Feb. 2018 - 155 C 20108/17 zitiert 19 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 286 Freie Beweiswürdigung


(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 269 Klagerücknahme


(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden. (2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, a

Zivilprozessordnung - ZPO | § 128 Grundsatz der Mündlichkeit; schriftliches Verfahren


(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich. (2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche V

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 314 Kündigung von Dauerschuldverhältnissen aus wichtigem Grund


(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung

Zivilprozessordnung - ZPO | § 17 Allgemeiner Gerichtsstand juristischer Personen


(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren

Zivilprozessordnung - ZPO | § 12 Allgemeiner Gerichtsstand; Begriff


Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

Gerichtsverfassungsgesetz - GVG | § 23


Die Zuständigkeit der Amtsgerichte umfaßt in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit sie nicht ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes den Landgerichten zugewiesen sind:1.Streitigkeiten über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Gelde

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 604 Rückgabepflicht


(1) Der Entleiher ist verpflichtet, die geliehene Sache nach dem Ablauf der für die Leihe bestimmten Zeit zurückzugeben. (2) Ist eine Zeit nicht bestimmt, so ist die Sache zurückzugeben, nachdem der Entleiher den sich aus dem Zweck der Leihe erge

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 836 Haftung des Grundstücksbesitzers


(1) Wird durch den Einsturz eines Gebäudes oder eines anderen mit einem Grundstück verbundenen Werkes oder durch die Ablösung von Teilen des Gebäudes oder des Werkes ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 810 Einsicht in Urkunden


Wer ein rechtliches Interesse daran hat, eine in fremdem Besitz befindliche Urkunde einzusehen, kann von dem Besitzer die Gestattung der Einsicht verlangen, wenn die Urkunde in seinem Interesse errichtet oder in der Urkunde ein zwischen ihm und einem

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 605 Kündigungsrecht


Der Verleiher kann die Leihe kündigen:1.wenn er infolge eines nicht vorhergesehenen Umstandes der verliehenen Sache bedarf,2.wenn der Entleiher einen vertragswidrigen Gebrauch von der Sache macht, insbesondere unbefugt den Gebrauch einem Dritten über

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Bundesgerichtshof Urteil, 27. Jan. 2016 - XII ZR 33/15

bei uns veröffentlicht am 27.01.2016

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL XII ZR 33/15 Verkündet am: 27. Januar 2016 Küpferle, Justizamtsinspektorin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja

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Der Verleiher kann die Leihe kündigen:

1.
wenn er infolge eines nicht vorhergesehenen Umstandes der verliehenen Sache bedarf,
2.
wenn der Entleiher einen vertragswidrigen Gebrauch von der Sache macht, insbesondere unbefugt den Gebrauch einem Dritten überlässt, oder die Sache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet,
3.
wenn der Entleiher stirbt.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

Der Verleiher kann die Leihe kündigen:

1.
wenn er infolge eines nicht vorhergesehenen Umstandes der verliehenen Sache bedarf,
2.
wenn der Entleiher einen vertragswidrigen Gebrauch von der Sache macht, insbesondere unbefugt den Gebrauch einem Dritten überlässt, oder die Sache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet,
3.
wenn der Entleiher stirbt.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 33/15 Verkündet am:
27. Januar 2016
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
BGB §§ 138 Aa, 314, 598, 605 Nr. 1, 2039 Satz 1, 2113 Abs. 2, 2135, 2138 Abs. 2

a) Verstirbt der Kläger während des Rechtsstreits und wird er vom Beklagten und
einem Dritten als Miterben beerbt, so wird der Prozess auf Klägerseite allein
vom Dritten fortgeführt und behält der Beklagte seine prozessuale Stellung bei
(im Anschluss an BGH Beschluss vom 27. Februar 2014 - III ZB 99/13 - NJW
2014, 1886).

b) Die unentgeltliche Gebrauchsüberlassung von Wohn- oder Geschäftsräumen
ist regelmäßig auch bei langer Vertragslaufzeit Leihe und selbst dann nicht
formbedürftig, wenn das Recht des Verleihers zur Eigenbedarfskündigung vertraglich
ausgeschlossen ist (Fortführung von BGHZ 82, 354 = NJW 1982, 820;
BGH Urteile vom 20. Juni 1984 - IVa ZR 34/83 - NJW 1985, 1553 und vom
10. Oktober 1984 - VIII ZR 152/83 - NJW 1985, 313 sowie Beschluss vom
11. Juli 2007 - IV ZR 218/06 - FamRZ 2007, 1649).

c) Die langfristige Verleihung von Wohn- und Geschäftsräumen durch den Vorerben
ist schon deshalb nicht wegen Umgehung des gemäß § 2113 BGB bestehenden
Verfügungsverbots sittenwidrig, weil der Nacherbe in dieser Stellung
hierdurch nicht gebunden ist. Bereits aus diesem Grund führt der Abschluss
eines langfristigen Leihvertrags über Räume durch den Vorerben auch nicht
dazu, dass die Erbschaft im Sinne des § 2138 Abs. 2 BGB vermindert wird.
BGH, Urteil vom 27. Januar 2016 - XII ZR 33/15 - OLG Hamm
LG Essen
ECLI:DE:BGH:2016:270116UXIIZR33.15.0

Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 27. Januar 2016 durch den Vorsitzenden Richter Dose und die Richter Dr. Klinkhammer, Schilling, Dr. Botur und Guhling
für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 5. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 5. März 2015 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger begehrt von den beiden Beklagten, seinem Bruder und dessen Ehefrau, die Herausgabe von Wohn- und Geschäftsräumen.
2
Der Vater des Klägers und des Beklagten zu 1 verstarb im Juni 2008. Er wurde von seiner Ehefrau, deren Mutter (im Folgenden: Erblasserin), als befreiter Vorerbin beerbt. Als Nacherben zu gleichen Teilen nach dem Tod der Erblasserin waren die beiden Söhne eingesetzt. In den Nachlass fiel auch die streitgegenständliche Immobilie, in der sich mehrere Wohnungen sowie Geschäftsräume befinden.
3
Bereits im Jahre 2007 hatte die Erblasserin dem Kläger Barvermögen von rund 250.000 € sowie ein Hausanwesen geschenkt. Anfang 2011 unterzeichnete sie (damals 74jährig) zwei jeweils mit "Gebrauchsüberlassungsvereinbarung" überschriebene Schriftstücke, in denen sie sich - jeweils befristet bis zum 31. Dezember 2041 - verpflichtete, unentgeltlich dem Beklagten zu 1 drei Wohnungen und die Geschäftsräume sowie der Beklagten zu 2 drei weitere Wohnungen und ein Zimmer in der Immobile zur Verfügung zu stellen. Nach den insoweit gleich lautenden Schriftstücken sollten die Beklagten berechtigt sein, Änderungen an den ihnen jeweils überlassenen Objekten vorzunehmen, frei über sie zu verfügen und Dritten Rechte hieran einzuräumen, während die Erblasserin verpflichtet war, die Objekte angemessen zu versichern und in gebrauchsfähigem Zustand zu erhalten. Eine Pflicht der Beklagten, Betriebskosten zu zahlen, sollte nicht bestehen, eine Eigenbedarfskündigung der Erblasserin war ausgeschlossen. Die beiden Beklagten übernahmen die Räumlichkeiten, nutzten einen Teil der Wohnräume selbst und vereinnahmten im Übrigen Miete.
4
Anfang 2012 wurde für die Erblasserin eine Betreuerin für den Aufgabenkreis Rechts-, Vermögens- und Wohnungsangelegenheiten bestellt. Mit Anwaltsschreiben vom 13. März 2012 ließ die Erblasserin gegenüber den Beklagten die Anfechtung der Gebrauchsüberlassungsvereinbarungen wegen Irrtums und Täuschung erklären, widerrief ihre Erklärungen, berief sich auf Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit und erklärte vorsorglich die fristgemäße Kündigung unter Berufung auf ein berechtigtes Interesse im Sinne des § 573 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 3 BGB. Mit ihrer Mitte 2012 erhobenen Klage hat die Erblasserin von den beiden Beklagten Räumung und Herausgabe der überlassenen Räume verlangt. Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 27. Februar 2014 in vollem Umfang stattgegeben.
5
Nachdem die Erblasserin in der Nacht vom 21. auf den 22. März 2014 verstorben war und von Kläger und Beklagtem zu 1 zu gleichen Teilen beerbt wurde, haben die Beklagten ihre Berufung gegen den Kläger gerichtet, der mit der Berufungserwiderung seinerseits die Kündigung der Gebrauchsüberlassungsvereinbarungen erklärt hat. Der Kläger hat Zurückweisung der Berufung beantragt, hilfsweise mit der Maßgabe, dass die Herausgabe an die aus ihm und dem Beklagten zu 1 bestehende Erbengemeinschaft zu erfolgen habe. Das Oberlandesgericht hat die Entscheidung der Vorinstanz abgeändert und die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers.

Entscheidungsgründe:

6
Die Revision hat keinen Erfolg.

I.

7
Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet:
8
Das Verfahren sei nicht durch den Tod der Erblasserin unterbrochen, weil der Kläger als derjenige Miterbe, der bislang nicht am Verfahren beteiligt gewesen sei, in die Parteistellung seiner Mutter eingetreten sei.
9
Dem Kläger stehe ein Herausgabeanspruch nicht zu. Denn die Beklagten seien zum Besitz berechtigt, weil die Gebrauchsüberlassungsverträge wirksam geschlossen und nicht erfolgreich angefochten worden seien und weder die Kündigung der Erblasserin noch die des Klägers die Vertragsverhältnisse beendet hätten. Die Vereinbarungen seien als Leihe anzusehen, weil es sich um unentgeltliche Gebrauchsüberlassung handele und es an einer das Vermögen des Überlassenden in seiner Substanz mindernden Zuwendung fehle.
10
Die Verträge seien nicht sittenwidrig. Tatsachen, die für eine Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 2 BGB sprächen, seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Die Erblasserin habe für sich in Anspruch genommen, nicht pflegebedürftig zu sein. Vor diesem Hintergrund bewege sich die behauptete Drohung des Beklagten zu 1, sie in B. bzw. E. allein zurückzulassen, im Rahmen normaler zwischenmenschlicher Beziehungen. Eine Sittenwidrigkeit ergebe sich auch nicht aus § 138 Abs. 1 BGB. Sie sei zwar für die Zeit ab Eintritt des Nacherbfalls nicht fernliegend, weil die Verträge offenkundig der Umgehung der Regelung des § 2113 Abs. 2 BGB dienten, die allerdings nur Verfügungen im technischen Sinne umfasse. Denn der wirtschaftliche Wert des den Nacherben zustehenden Nachlassgegenstands werde nahezu vollständig ausgehöhlt, nachdem bei Vertragsschluss nahe gelegen habe, dass die Erblasserin das "biblische" Alter von 105 Jahren nicht erreichen werde und damit im Wesentlichen die Nacherben, insbesondere der Kläger, mit den Vertragspflichten belastet und an der Fruchtziehung gehindert sein würden. Gegen eine Sittenwidrigkeit spreche aber das Interesse der Erblasserin, mit Blick auf die dem Kläger bereits überlassenen Vermögenswerte eine Gleichbehandlung ihrer Kinder herzustellen, wobei es durch die Überlassungsverträge allerdings zu einem erheblichen Missverhältnis zu Ungunsten des Klägers komme. Dies reiche gleichwohl nicht für die Annahme einer Sittenwidrigkeit aus, denn die Befugnis der Erblasserin als befreiter Vorerbin umfasse den Abschluss der Gebrauchsüberlassungsverträge, was auch die gesetzgeberische Wertung in § 2287 BGB zeige. Für die Zeit vor Eintritt des Nacherbfalls liege es nicht anders. Selbst wenn ein Zuwendender durch eine unentgeltliche Zuwendung mittellos werde, führe dies nicht allein, sondern erst bei Hinzutreten hier nicht substanziiert vorgetragener Umstände zur sittlichen Missbilligung und Nichtigkeit der Zuwendung. Hinzu komme, dass die Erblasserin zu ihrer angeblichen Mittellosigkeit nicht hinreichend substanziiert vorgetragen habe. Das gelte ebenso für Anfechtungsgründe.
11
Die von der Erblasserin ausgesprochene Kündigung habe die Verträge nicht beendet. Die Eigenbedarfskündigung nach § 605 Nr. 1 BGB sei wirksam ausgeschlossen, so dass nur eine Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 314 BGB in Betracht komme. Ein solcher wichtiger Grund sei aber selbst dann nicht gegeben, wenn man unterstelle, dass die Erblasserin nicht mehr über hinreichende Einkünfte zur Instandhaltung der Immobilie und Finanzierung ihres Lebensunterhalts verfüge. Zwar seien bei der Kündigung eines Gefälligkeitsverhältnisses keine hohen Anforderungen an das Vorliegen eines wichtigen Grundes zu stellen. Vielmehr genüge, dass ein vernünftiger Grund für die Beendigung spreche. Auch einen solchen habe die Erblasserin aber nicht mit Substanz vorgetragen.
12
Die Kündigung durch den Kläger habe ebenfalls nicht zur Vertragsbeendigung geführt. Das Kündigungsrecht gegenüber der Beklagten zu 2 habe der Kläger nur gemeinsam mit dem Beklagten zu 1 ausüben können. Die Erbengemeinschaft nach dem Vater bestehe unaufgelöst fort. Zwar könne eine Kündigung grundsätzlich durch Mehrheitsbeschluss herbeigeführt werden. An der nach Erbteilen zu bemessenden Mehrheit fehle es aber bei den vorliegenden hälftigen Erbanteilen. Ein Interessenwiderstreit, der zu einer Stimmenthaltungspflicht des Beklagten zu 1 führen könne, liege im Verhältnis zur Beklagten zu 2 nicht vor. Den beiden Nacherben stehe auch gemeinschaftlich kein Sonderkündigungsrecht aus §§ 2135, 1056 BGB zu, weil ein solches jedenfalls nach § 242 BGB ausgeschlossen sei. Denn die Nacherben seien mit identischen Erbanteilen sowohl Gesamtrechtsnachfolger ihrer Mutter als auch des Vaters geworden und daher als Grundstückseigentümer tatsächlich in der Lage, die sie treffende Vertragspflicht zur Gebrauchsüberlassung zu erfüllen. Schließlich habe auch der Kläger keinen wichtigen Grund im Sinne des § 314 BGB vorgetragen.

II.

13
Diese Ausführungen halten der rechtlichen Nachprüfung stand.
14
1. Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Rechtsstreit auf der Klägerseite nach dem Tod der ursprünglichen Klägerin al- lein vom Kläger fortgeführt wird und der Beklagte - obwohl ebenfalls Miterbe zur Hälfte nach der Mutter - seine prozessuale Stellung beibehalten hat (vgl. BGH Beschluss vom 27. Februar 2014 - III ZB 99/13 - NJW 2014, 1886 Rn. 9; Stein/Jonas/Roth ZPO 22. Aufl. § 239 Rn. 13; Stöber MDR 2007, 757, 759). Aus § 2039 Satz 1 BGB folgt die Berechtigung des einzelnen Miterben, eine zum Nachlass gehörende Forderung als gesetzlicher Prozessstandschafter für die Erbengemeinschaft (BGHZ 167, 150 = NJW 2006, 1969 Rn. 7) auch gegen einen Miterben geltend zu machen (BGH Urteile vom 1. Oktober 1975 - IV ZR 161/73 - WM 1975, 1179, 1181 und vom 19. Juni 1952 - III ZR 217/50 - LM Nr. 3 zu § 249 [Fa] BGB; MünchKommBGB/Gergen 6. Aufl. § 2039 Rn. 32; Staudinger/Löhnig BGB [2016] § 2039 Rn. 20, 25; Stöber MDR 2007, 757, 759).
15
2. Die Erblasserin und die beiden Beklagten haben wirksame befristete Leihverträge über die in dem Hausanwesen befindlichen Räume geschlossen, die den Beklagten gegenüber dem Herausgabeverlangen des Klägers aus § 985 BGB ein Recht zum Besitz im Sinne des § 986 BGB vermitteln.
16
a) Das Berufungsgericht hat - was die Parteien in der Revisionsinstanz auch nicht in Zweifel ziehen - die zwischen der Erblasserin und den Beklagten geschlossenen Gebrauchsüberlassungsverträge zu Recht als Leihverträge im Sinne des § 598 BGB - und nicht als gemäß § 518 BGB formbedürftige Schenkung - angesehen.
17
aa) Wie der Bundesgerichtshof wiederholt in Fällen der Vereinbarung eines unentgeltlichen schuldrechtlichen Wohnrechts entschieden hat, liegt in der bloßen vorübergehenden Gebrauchsüberlassung einer Sache in der Regel keine das Vermögen mindernde Zuwendung, wie sie für eine Schenkung gemäß § 516 Abs. 1 BGB erforderlich wäre. Denn die Sache verbleibt im Eigentum und mithin im Vermögen des Leistenden. Auch der unmittelbare Besitz wird dann nicht endgültig, sondern nur vorübergehend aus der Hand gegeben. Allein das Merkmal der Unentgeltlichkeit macht die Zuwendung noch nicht zu einer Schenkung. Wer sich vertraglich verpflichtet, einem anderen den Gebrauch der Sache unentgeltlich zu gestatten, begründet vielmehr einen formlos zulässigen Leihvertrag gemäß § 598 BGB. Da eine Leihe gerade die Gestattung des unentgeltlichen Gebrauchs zum Gegenstand hat, kann auch in der damit verbundenen Zuwendung des Wertes einer sonst möglich gewesenen Eigennutzung der Sache keine Schenkung gesehen werden (BGHZ 82, 354 = NJW 1982, 820; BGH Urteile vom 20. Juni 1984 - IVa ZR 34/83 - NJW 1985, 1553 und vom 10. Oktober 1984 - VIII ZR 152/83 - NJW 1985, 313 sowie Beschluss vom 11. Juli 2007 - IV ZR 218/06 - FamRZ 2007, 1649, 1650).
18
Dass die Gebrauchsüberlassung auch über den Tod des Überlassenden hinaus andauern sollte, etwa weil eine Überlassung auf Lebenszeit des Wohnberechtigten vereinbart und ein Vorversterben des Überlassenden zu erwarten ist, macht insoweit keinen Unterschied. Auf das jeweilige Alter der Vertragsschließenden und die Wahrscheinlichkeit, dass der eine den anderen überlebt, kann für die rechtliche Behandlung derartiger Abreden nicht abgehoben werden (BGH Urteil vom 20. Juni 1984 - IVa ZR 34/83 - NJW 1985, 1553).
19
bb) Für die streitgegenständlichen Gebrauchsüberlassungsverträge gilt nichts anderes. Allerdings wird durch sie den Beklagten nicht lediglich eine Nutzung der Räume zu eigenen Wohnzwecken ermöglicht, sondern darüber hinaus auch eine Gebrauchsüberlassung an Dritte. Dies ändert jedoch nichts daran, dass das Eigentum bei der Erblasserin verblieb und es sich um eine - wenn auch lang andauernde - Gebrauchsüberlassung nur auf Zeit handelte.
20
Ob dann, wenn die Gebrauchsüberlassung der wirtschaftlichen Weggabe der Sache nahe kommt, von einer Schenkung im Sinne des § 516 BGB auszu- gehen ist (offen gelassen von BGH Urteil vom 20. Juni 1984 - IVa ZR 34/83 - NJW 1985, 1553), bedarf keiner Entscheidung. Denn ein solcher Fall ist hier nicht gegeben. Dass der Wert der streitgegenständlichen Immobilie nach Ablauf der Vertragslaufzeiten von 31 Jahren erschöpft wäre, ist nicht ersichtlich. Es wird auch weder von der Revision geltend gemacht noch ist es vom Berufungsgericht festgestellt. Soweit im Berufungsurteil ausgeführt ist, der wirtschaftliche Wert des auch dem Kläger zustehenden Nachlassgegenstands werde in Ansehung der Vertragslaufzeit nahezu vollständig ausgehöhlt, bezieht sich dies auf die (zeitliche) Nutzungsmöglichkeit durch die Nacherben, nicht aber auf den Wert der überlassenen Sache insgesamt.
21
Schließlich führt das Berufungsgericht zutreffend aus, dass die von den Vertragsparteien vereinbarten Abweichungen von der in §§ 598 ff. BGB gesetzlich vorgesehenen Ausgestaltung der Leihe nicht die Annahme rechtfertigen , es liege kein Leihvertrag vor. Dies gilt sowohl für die Erlaubnis zur Gebrauchsüberlassung an Dritte, deren Erteilung das Gesetz in § 603 Satz 2 BGB vorsieht, als auch dafür, dass sich die Erblasserin abweichend von § 601 Abs. 1 BGB zur Übernahme der gewöhnlichen Erhaltungskosten verpflichtet hat. Diese Gesetzesbestimmung ist ebenso abdingbar (jurisPK-BGB/Colling [Stand: 1. Oktober 2014] § 601 Rn. 12; Palandt/Weidenkaff BGB 75. Aufl. § 601 Rn. 3; Soergel/Heintzmann BGB 13. Aufl. § 601 Rn. 5) wie das in § 605 Nr. 1 BGB vorgesehene Recht des Entleihers zur Eigenbedarfskündigung (allgM, vgl. etwa BeckOK BGB/Wagner [Stand: 1. Februar 2015] § 605 Rn. 1; jurisPK-BGB/ Colling [Stand: 1. Oktober 2014] § 605 Rn. 11; MünchKommBGB/Häublein 6. Aufl. § 605 Rn. 6; Staudinger/Reuter BGB [2013] § 605 Rn. 1). Die von den Vertragsparteien gegenüber dem gesetzlichen Modell vorgenommenen Modifikationen ändern nichts daran, dass eine unentgeltliche Gebrauchsüberlassung und mithin eine Leihe vorliegt.
22
b) Die Gebrauchsüberlassungsverträge waren auch nicht entsprechend § 518 BGB formbedürftig.
23
aa) Verträge über die Gestattung des unentgeltlichen Gebrauchs einer Sache sind ungeachtet eines etwa hierdurch dem Eigentümer entstehenden wirtschaftlichen Nachteils generell als Leihe zu qualifizieren (§ 598 BGB). In diese Richtung weist auch das Schenkungsrecht selbst. Denn nach § 517 BGB liegt keine Schenkung vor, wenn jemand zum Vorteil eines anderen lediglich einen Vermögenserwerb unterlässt. Auf den Leihvertrag sind deshalb schenkungsrechtliche Vorschriften grundsätzlich auch dann nicht anzuwenden, wenn dem Eigentümer infolge der Gebrauchsüberlassung Vermögensvorteile entgehen , die er bei eigenem Gebrauch hätte erzielen können (BGHZ 82, 354 = NJW 1982, 820, 821).
24
Weil die Regelung über den Leihvertrag nicht auf nur kurzfristige Gestattungsverträge beschränkt ist (vgl. § 604 BGB), kann die Dauer des Vertragsverhältnisses für die Frage der entsprechenden Anwendung von Bestimmungen aus dem Schenkungsrecht wie etwa dem Formerfordernis des § 518 BGB keine entscheidende Bedeutung erlangen. Soweit das Gesetz nicht für bestimmte Verträge Formerfordernisse vorschreibt, wie die schriftliche Form bei für längere Zeit als ein Jahr geschlossenen Mietverträgen (§ 550 BGB mit der Folge vorzeitiger Kündbarkeit), ist ein Rechtsgeschäft nach dem Grundsatz der Vertragsfreiheit mit dem formlos vereinbarten Inhalt wirksam. Für den Abschluss eines Leihvertrags ist keine bestimmte Form vorgesehen. Dieser Vertrag ist mithin auch dann formlos zulässig, wenn er nach den besonderen Umständen des Einzelfalls ein Risiko in sich birgt oder einen Nachteil mit sich bringen kann, wie dies mit der langfristigen Überlassung von Räumen zum unentgeltlichen Besitz und Gebrauch einhergeht. Es spielt keine Rolle, ob sich diese Gefahr nur aus der Länge der verabredeten Bindungsdauer oder erst aus der mit der Ge- brauchsgewährung verknüpften Aufgabe eines Vermögensvorteils der sonst möglichen Eigennutzung ergibt (BGHZ 82, 354 = NJW 1982, 820, 821).
25
bb) Eine Ausnahme von der Formfreiheit besteht im vorliegenden Fall auch nicht wegen des in den Gebrauchsüberlassungsverträgen enthaltenen - unterstellt wirksamen - Ausschlusses einer Eigenbedarfskündigung nach § 605 Nr. 1 BGB.
26
Zwar ist die Kündigungsbefugnis nach § 605 Nr. 1 BGB eine Rechtfertigung dafür, dass das Gesetz die Belange des Verleihers auch ohne Formzwang als ausreichend gewahrt ansieht (BGHZ 82, 354 = NJW 1982, 820, 821). Deshalb wird teilweise vertreten, dass im Falle des Ausschlusses der Eigenbedarfskündigung die analoge Anwendung des § 518 BGB in Betracht zu ziehen sei (MünchKommBGB/Häublein 6. Aufl. § 598 Rn. 14; Nehlsen-von Stryck AcP 187, 552, 590; Grundmann AcP 198, 457, 479 f.).
27
Dem ist jedoch nicht zu folgen. Auch bei Ausschluss der Eigenbedarfskündigung stellt die Leihe ein Minus zur Schenkung dar, weil das Eigentum beim Verleiher verbleibt und der Entleiher die geliehene Sache nur als Fremdbesitzer nutzt (Staudinger/Reuter BGB [2013] § 598 Rn. 9). Darüber hinaus steht dem Verleiher bei Dauerschuldverhältnissen wie der Leihe auf Zeit jedenfalls die Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 314 BGB offen, um sich bei Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Vertragsverhältnisses von diesem zu lösen (vgl. auch BGHZ 82, 354 = NJW 1982, 820, 821). Zwar ist dieses Sonderkündigungsrecht durch die vertraglichen Regelungen dahin modifiziert, dass der Eigenbedarf des Verleihers eine Unzumutbarkeit im Sinne des § 314 Abs. 1 BGB - eigentlich - nicht begründen kann. Es ist jedoch in den Blick zu nehmen, dass die Leihe aufgrund ihrer Unentgeltlichkeit zu den Gefälligkeitsverträgen gehört (Staudinger/Reuter BGB [2013] Vorbem zu §§ 598 ff. Rn. 8). Dem Ent- leiher kann es daher, zumal bei Hinzutreten eines verwandtschaftlichen Näheverhältnisses zwischen den Vertragsparteien, im Einzelfall gemäß § 242 BGB verwehrt sein, sich auf den vertraglich vereinbarten Kündigungsausschluss zu berufen (vgl. zur sog. Ausübungskontrolle grundlegend Senatsurteil BGHZ 158, 81 = FamRZ 2004, 601, 606). Im Ergebnis führt daher auch der Ausschluss der Eigenbedarfskündigung des § 605 Nr. 1 BGB nicht zu einer mit der Schenkung vergleichbaren Interessenlage, so dass die entsprechende Anwendung der schenkungsrechtlichen Formvorschriften ausscheidet (so etwa Staudinger/ Reuter BGB [2013] § 598 Rn. 9; vgl. auch Gitter Gebrauchsüberlassungsverträge S. 151 f.; Palandt/Weidenkaff BGB 75. Aufl. Einf v § 598 Rn. 4; Soergel/ Heintzmann BGB 13. Aufl. Vor § 598 Rn. 6).
28
c) Zutreffend hat das Berufungsgericht eine Sittenwidrigkeit der Gebrauchsüberlassungsverträge verneint.
29
aa) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, die Leihverträge führten zu einer sittenwidrigen Umgehung der erbrechtlichen Regelung des § 2113 Abs. 2 BGB, nach der das Recht des Nacherben vereitelnde oder beeinträchtigende unentgeltliche Verfügungen des Vorerben unwirksam sind. Dabei bedarf es keines vertieften Eingehens auf die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen der mit einem Rechtsgeschäft verfolgte Zweck der Gesetzesumgehung zur Nichtigkeit gemäß § 138 BGB führen kann (vgl. die Darstellungen bei MünchKommBGB/Armbrüster 7. Aufl. § 138 Rn. 53 f. und bei Staudinger/Sack/ Fischinger BGB [2011] § 138 Rn. 672). Denn jedenfalls erfordert die Annahme einer den Verstoß gegen die guten Sitten begründenden Verwerflichkeit, dass mit dem Rechtsgeschäft ein Rechtszustand geschaffen werden soll, den die umgangene gesetzliche Bestimmung zu verhindern sucht. Dies ist hier jedoch nicht der Fall.
30
(1) Die Vorschrift des § 2113 BGB schützt den Nacherben nur gegen bestimmte Verfügungen des Vorerben über Gegenstände der Vorerbschaft, indem sie die Unwirksamkeit der Verfügung anordnet. Sie bezieht sich nach der zutreffenden allgemeinen Meinung allein auf Verfügungen im Rechtssinne, so dass ihr Verpflichtungsgeschäfte nicht unterfallen (BGHZ 52, 269 = NJW 1969, 2043, 2045; BGH Urteil vom 30. Mai 1990 - IV ZR 83/89 - FamRZ 1990, 1344, 1345 f.; BeckOK BGB/Litzenburger [Stand: 1. November 2015] § 2113 Rn. 10, 15; MünchKommBGB/Grunsky 6. Aufl. § 2113 Rn. 8, 24). Vom Gesetzgeber wurden nur die mit Verfügungen verbundenen unmittelbaren Rechtsbeeinträchtigungen als so schwerwiegend eingestuft, dass es einer gesetzlichen Anordnung der Unwirksamkeit bedurfte.
31
(2) Dem sind schuldrechtliche Verpflichtungsgeschäfte nicht vergleichbar , wie auch die vorliegende Fallgestaltung der Raumleihe durch den Vorerben verdeutlicht. Durch einen Leihvertrag über Räume wird dem Nachlass für den Nacherben weder das Grundstück noch sonstiges Vermögen entzogen. Bis zum Eintritt des Nacherbfalls unterbleibt lediglich die Fruchtziehung durch den Vorerben, die aber ohnedies - von den Fällen der ordnungswidrigen oder übermäßigen Fruchtziehung des § 2133 BGB abgesehen - allein diesem zusteht. Mit einem vom Vorerben abgeschlossenen Leihvertrag wird schuldrechtlich auch nicht der Nacherbe verpflichtet, weil er nicht der Rechtsnachfolger des Vorerben ist. Ein Vertragsübergang findet nur bei zur Erbschaft gehörenden Miet- oder Pachtverträgen über Grundstücke und eingetragene Schiffe aufgrund der besonderen gesetzlichen Anordnung in §§ 2135, 1056, 566 BGB statt, nicht aber bei der Leihe. Mithin kann der Nacherbe mit Eintritt des Nacherbfalls vom Entleiher die Herausgabe aus § 985 BGB verlangen. Allein der Vorerbe - oder seine Erben - haften gegebenenfalls wegen Nichterfüllung der Überlassungsverpflichtung gegenüber dem Entleiher.
32
(3) Dieser Herausgabeanspruch scheitert im zu entscheidenden Fall allein daran, dass die Nacherben zusätzlich personenidentisch mit den Erben der Vorerbin und damit deren Rechtsnachfolger sind, weshalb die beiden Entleiher ihnen gegenüber ein Recht zum Besitz gemäß § 986 BGB haben.
33
Als Erbengemeinschaft nach der Erblasserin sind Kläger und Beklagter zu 1 in die Stellung als Verleiher eingerückt, und zwar sowohl gegenüber der Beklagten zu 2 als auch gegenüber dem Beklagten zu 1. Dass Letztgenannter in einem der beiden Vertragsverhältnisse der Entleiher ist, führt dort nicht zur (teilweisen) Konfusion. Denn der Nachlass bildet infolge seiner gesamthänderischen Bindung ein Sondervermögen, so dass die Vereinigungswirkung von Recht und Verbindlichkeit erst eintritt, wenn aus dem Nachlass einzelne Rechte auf Miterben übertragen werden (BGH Urteil vom 8. April 2015 - IV ZR 161/14 - FamRZ 2015, 1025 Rn. 15; MünchKommBGB/Leipold 6. Aufl. § 1922 Rn. 127, 129; Palandt/Weidlich BGB 75. Aufl. § 1922 Rn. 6). Dass eine Bindung der beiden Mitglieder der Nacherbengemeinschaft über den Tod der Vorerbin hinaus an die Leihverträge besteht, berührt mithin nicht den Schutzzweck des § 2113 BGB, sondern ist ausschließlich der Erbfolge nach der Erblasserin und dem Umstand geschuldet, dass der Kläger die Erbschaft nach der Erblasserin nicht ausgeschlagen hat.
34
bb) Sonstige Gründe für eine Sittenwidrigkeit werden weder von der Revision geltend gemacht noch sind sie anderweitig ersichtlich. Insbesondere ist für eine Nichtigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB nicht ausreichend, dass es sich bei den Leihverträgen - noch dazu in der hier gegebenen Ausgestaltung - um nahezu ausschließlich eine Vertragsseite begünstigende Regelungen handelt.
35
d) Die in den Gebrauchsüberlassungsvereinbarungen getroffenen Laufzeitbestimmungen sind wirksam. Das für einen über eine längere Zeit als ein Jahr abgeschlossenen Grundstücks- oder Raummietvertrag geltende Schriftformerfordernis des § 550 BGB ist nicht, auch nicht entsprechend, anwendbar. Hauptzweck dieser Vorschrift ist es, einem Erwerber des Grundstücks die Gelegenheit zu verschaffen, sich zuverlässig über bestehende Mietverhältnisse zu unterrichten, in die er nach § 566 BGB eintreten muss. Eine § 566 BGB vergleichbare Vorschrift fehlt jedoch bei der Leihe (vgl. BGH Urteil vom 20. Juni 1984 - IVa ZR 34/83 - NJW 1985, 1553, 1554).
36
3. Die Kündigungen der Erblasserin und des Klägers haben die Vertragsverhältnisse nicht beendet.
37
a) Die Kündigung der Erblasserin ist weder gemäß § 605 Nr. 1 BGB noch nach § 314 BGB wirksam.
38
aa) Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass weder die Erblasserin (als die ursprüngliche Klägerin) noch der Kläger einen Eigenbedarf der Erblasserin im Sinne des § 605 Nr. 1 BGB dargelegt haben, weil es an subsanziiertem Vortrag zur Mittellosigkeit der Erblasserin fehlt. Hiergegen erhebt die Revision keine erheblichen Einwände; insbesondere geht der Hinweis der Revision auf die Feststellungen im landgerichtlichen Urteil ins Leere, weil das Oberlandesgericht diese nicht übernommen, sondern zur Frage der Bedürftigkeit der Erblasserin abweichende eigene Feststellungen getroffen hat. Daher kann dahinstehen, ob der vertragliche Ausschluss der Eigenbedarfskündigung jeweils durchgreift.
39
bb) Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist auch, dass das Berufungsgericht einen für die Erblasserin streitenden wichtigen Grund im Sinne des § 314 BGB verneint hat.
40
(1) Voraussetzung für eine außerordentliche Kündigung aus wichtigem Grund ist, dass dem Kündigenden die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen nicht zugemutet werden kann. Dies ist im Allgemeinen nur dann anzunehmen, wenn die Gründe, auf die die Kündigung gestützt wird, im Risikobereich des Kündigungsgegners liegen. Wird der Kündigungsgrund hingegen aus Vorgängen hergeleitet, die dem Einfluss des Kündigungsgegners entzogen sind und aus der eigenen Interessensphäre des Kündigenden herrühren, rechtfertigt dies nur in Ausnahmefällen die fristlose Kündigung. Die Abgrenzung der Risikobereiche ergibt sich dabei aus dem Vertrag, dem Vertragszweck und den anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen (BGH Urteil vom 11. November 2010 - III ZR 57/10 - NJW-RR 2011, 916 Rn. 9 mwN). Bei der Kündigung eines Gefälligkeitsverhältnisses sind an das Vorliegen eines wichtigen Grundes keine hohen Anforderungen zu stellen. Es genügt vielmehr, dass ein vernünftiger Grund für die Beendigung spricht (BGH Urteil vom 7. November 1985 - III ZR 142/84 - NJW 1986, 978, 980).
41
Ob nach diesen Kriterien bestimmte Umstände als wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung zu werten sind, hat in erster Linie der Tatrichter zu entscheiden. Die revisionsgerichtliche Kontrolle erstreckt sich allein darauf, ob das Tatsachengericht den Rechtsbegriff des wichtigen Grunds richtig erfasst, ob es aufgrund vollständiger Sachverhaltsermittlung geurteilt und ob es in seine Wertung sämtliche Umstände des konkreten Falles einbezogen hat (BGH Urteile vom 11. November 2010 - III ZR 57/10 - NJW-RR 2011, 916 Rn. 10 mwN und vom 9. März 2010 - VI ZR 52/09 - NJW 2010, 1874 Rn. 17 mwN).
42
(2) Einer Überprüfung anhand dieser Maßstäbe hält die Würdigung des Berufungsgerichts stand. Das Oberlandesgericht ist davon ausgegangen, dass den Gebrauchsüberlassungsverträgen ein Gefälligkeitsverhältnis zugrunde liegt. Es hat sich folgerichtig die Frage vorgelegt, ob vernünftige Gründe für die Vertragsbeendigung sprechen, dies rechtlich beanstandungsfrei jedoch schon deshalb verneint, weil die Erblasserin solche weder substanziiert vorgetragen noch unter Beweis gestellt habe. Die Revision zeigt nicht auf, dass dabei Umstände unberücksichtigt geblieben sind.
43
b) Die vom Kläger ausgesprochene Kündigung hat ebenfalls nicht zur Vertragsbeendigung geführt.
44
aa) Insoweit stellt sich allerdings nicht die vom Berufungsgericht erörterte Frage, ob eine Kündigung im Rahmen der ordnungsgemäßen Verwaltung im Sinne des § 2038 Abs. 1 Satz 2 BGB des den Nacherben angefallenen Nachlasses erfolgen konnte. Denn diese Nacherbengemeinschaft ist nicht in die Verleiherrolle , sondern allein in die Eigentümerstellung eingerückt. Zu einer Kündigung der Vertragsverhältnisse war die an diesen nicht beteiligte Nacherbengemeinschaft nicht berechtigt. Vielmehr kommen für sie ausschließlich aus dem Eigentum folgende Rechte in Betracht.
45
bb) Ein Grund, der die Kündigung der Leihverträge durch die Erbengemeinschaft nach der Mutter als der neuen Verleiherin rechtfertigen könnte, ist weder vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.
46
Der Kläger kann sich auch nicht auf ein Sonderkündigungsrecht gemäß oder analog §§ 2135, 1056 Abs. 2 Satz 1 BGB stützen. Eine direkte Anwendung der Vorschriften scheitert bereits daran, dass der Leihvertrag nicht in § 2135 BGB genannt ist. Für eine entsprechende Anwendung fehlt es an einer planwidrigen Regelungslücke. Die Vorschrift des § 2135 BGB stellt aus Gründen des Mieter- und Pächterschutzes (Staudinger/Avenarius BGB [2013] § 2135 Rn. 1 ff.; vgl. auch Senatsurteil vom 20. Oktober 2010 - XII ZR 25/09 - NJW 2011, 61 Rn. 12) sicher, dass der Nacherbe ausnahmsweise bei bestimm- ten Miet- und Pachtverhältnissen in die Rechte und Pflichten einer vom Vorerben geschlossenen schuldrechtlichen Vereinbarung eintritt, und gewährt dem Nacherben im Gegenzug ein Sonderkündigungsrecht. Für Leihverträge hat der Gesetzgeber ein entsprechendes Regelungsbedürfnis nicht gesehen, so dass es insoweit damit sein Bewenden hat, dass dem Nacherben aus dem vom Vorerben geschlossenen Vertrag keine Verpflichtungen entstehen. Mangels einer vertraglichen Verbindung zwischen Nacherbe und Entleiher bedarf es aber auch keines Sonderkündigungsrechts für den Nacherben.
47
4. Schließlich beruft sich der Kläger mit der Revision ohne Erfolg darauf, die Beklagten seien verpflichtet, die Räume im Wege des Schadensersatzes gemäß §§ 2138 Abs. 2, 1967, 249 Satz 1 BGB (Beklagter zu 1) bzw. §§ 826, 249 Satz 1 BGB (Beklagte zu 2) herauszugeben.
48
Der Tatbestand des § 2138 Abs. 2 BGB ist durch die von der Erblasserin abgeschlossenen Leihverträge nicht erfüllt, so dass der Beklagte zu 1 als Miterbe schon mangels Schadensersatzverpflichtung der Erblasserin nicht auf Naturalrestitution im Wege der Herausgabe haftet. Entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung bedeutete der Abschluss der Leihverträge keine Verminderung der Nacherbschaft, weil diese Verträge für die Nacherben als solche keine Bindung entfalten. Zu einer wirtschaftlichen Beeinträchtigung der Raumnutzung durch beide Nacherben führt erst der Umstand, dass sie auch die Erblasserin beerbt haben. Insoweit wirkt sich insbesondere aus, dass der Kläger die Erbschaft nach der Erblasserin nicht ausgeschlagen hat. Denn bei Ausschlagung wäre der Beklagte zu 1 alleiniger Verleiher und dem Herausgabeanspruch der Erbengemeinschaft aus § 985 BGB stünde kein Recht zum Besitz der Beklagten gegenüber. Das mit dem Beklagten zu 1 bestehende Vertragsverhältnis wäre nämlich durch Konfusion untergegangen und der zwischen Beklagtem zu 1 als Verleiher und der Beklagten zu 2 als Entleiherin bestehende Vertrag würde die mit der Verleiherseite nicht personenidentische Nacherbengemeinschaft nicht verpflichten.
49
Aus den gleichen Gründen hat der Abschluss des Leihvertrags durch die Beklagte zu 2 nicht zu einer Schädigung der Nacherben geführt. Es bedarf daher keiner Erörterung, inwieweit der Beklagten zu 2 in der vorliegenden Fallgestaltung überhaupt eine sittenwidrige vorsätzliche Schädigung im Sinne des § 826 BGB zum Nachteil der Nacherben zur Last fallen könnte.
Dose Klinkhammer Schilling Botur Guhling
Vorinstanzen:
LG Essen, Entscheidung vom 27.02.2014 - 2 O 19/13 -
OLG Hamm, Entscheidung vom 05.03.2015 - I-5 U 52/14 -

Wer ein rechtliches Interesse daran hat, eine in fremdem Besitz befindliche Urkunde einzusehen, kann von dem Besitzer die Gestattung der Einsicht verlangen, wenn die Urkunde in seinem Interesse errichtet oder in der Urkunde ein zwischen ihm und einem anderen bestehendes Rechtsverhältnis beurkundet ist oder wenn die Urkunde Verhandlungen über ein Rechtsgeschäft enthält, die zwischen ihm und einem anderen oder zwischen einem von beiden und einem gemeinschaftlichen Vermittler gepflogen worden sind.

(1) Die Parteien verhandeln über den Rechtsstreit vor dem erkennenden Gericht mündlich.

(2) Mit Zustimmung der Parteien, die nur bei einer wesentlichen Änderung der Prozesslage widerruflich ist, kann das Gericht eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung treffen. Es bestimmt alsbald den Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, und den Termin zur Verkündung der Entscheidung. Eine Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ist unzulässig, wenn seit der Zustimmung der Parteien mehr als drei Monate verstrichen sind.

(3) Ist nur noch über die Kosten oder Nebenforderungen zu entscheiden, kann die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung ergehen.

(4) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

Die Zuständigkeit der Amtsgerichte umfaßt in bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten, soweit sie nicht ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes den Landgerichten zugewiesen sind:

1.
Streitigkeiten über Ansprüche, deren Gegenstand an Geld oder Geldeswert die Summe von fünftausend Euro nicht übersteigt;
2.
ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes:
a)
Streitigkeiten über Ansprüche aus einem Mietverhältnis über Wohnraum oder über den Bestand eines solchen Mietverhältnisses; diese Zuständigkeit ist ausschließlich;
b)
Streitigkeiten zwischen Reisenden und Wirten, Fuhrleuten, Schiffern oder Auswanderungsexpedienten in den Einschiffungshäfen, die über Wirtszechen, Fuhrlohn, Überfahrtsgelder, Beförderung der Reisenden und ihrer Habe und über Verlust und Beschädigung der letzteren, sowie Streitigkeiten zwischen Reisenden und Handwerkern, die aus Anlaß der Reise entstanden sind;
c)
Streitigkeiten nach § 43 Absatz 2 des Wohnungseigentumsgesetzes; diese Zuständigkeit ist ausschließlich;
d)
Streitigkeiten wegen Wildschadens;
e)
(weggefallen)
f)
(weggefallen)
g)
Ansprüche aus einem mit der Überlassung eines Grundstücks in Verbindung stehenden Leibgedings-, Leibzuchts-, Altenteils- oder Auszugsvertrag.

Das Gericht, bei dem eine Person ihren allgemeinen Gerichtsstand hat, ist für alle gegen sie zu erhebenden Klagen zuständig, sofern nicht für eine Klage ein ausschließlicher Gerichtsstand begründet ist.

(1) Der allgemeine Gerichtsstand der Gemeinden, der Korporationen sowie derjenigen Gesellschaften, Genossenschaften oder anderen Vereine und derjenigen Stiftungen, Anstalten und Vermögensmassen, die als solche verklagt werden können, wird durch ihren Sitz bestimmt. Als Sitz gilt, wenn sich nichts anderes ergibt, der Ort, wo die Verwaltung geführt wird.

(2) Gewerkschaften haben den allgemeinen Gerichtsstand bei dem Gericht, in dessen Bezirk das Bergwerk liegt, Behörden, wenn sie als solche verklagt werden können, bei dem Gericht ihres Amtssitzes.

(3) Neben dem durch die Vorschriften dieses Paragraphen bestimmten Gerichtsstand ist ein durch Statut oder in anderer Weise besonders geregelter Gerichtsstand zulässig.

(1) Der Entleiher ist verpflichtet, die geliehene Sache nach dem Ablauf der für die Leihe bestimmten Zeit zurückzugeben.

(2) Ist eine Zeit nicht bestimmt, so ist die Sache zurückzugeben, nachdem der Entleiher den sich aus dem Zweck der Leihe ergebenden Gebrauch gemacht hat. Der Verleiher kann die Sache schon vorher zurückfordern, wenn so viel Zeit verstrichen ist, dass der Entleiher den Gebrauch hätte machen können.

(3) Ist die Dauer der Leihe weder bestimmt noch aus dem Zweck zu entnehmen, so kann der Verleiher die Sache jederzeit zurückfordern.

(4) Überlässt der Entleiher den Gebrauch der Sache einem Dritten, so kann der Verleiher sie nach der Beendigung der Leihe auch von dem Dritten zurückfordern.

(5) Die Verjährung des Anspruchs auf Rückgabe der Sache beginnt mit der Beendigung der Leihe.

Der Verleiher kann die Leihe kündigen:

1.
wenn er infolge eines nicht vorhergesehenen Umstandes der verliehenen Sache bedarf,
2.
wenn der Entleiher einen vertragswidrigen Gebrauch von der Sache macht, insbesondere unbefugt den Gebrauch einem Dritten überlässt, oder die Sache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet,
3.
wenn der Entleiher stirbt.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

Der Verleiher kann die Leihe kündigen:

1.
wenn er infolge eines nicht vorhergesehenen Umstandes der verliehenen Sache bedarf,
2.
wenn der Entleiher einen vertragswidrigen Gebrauch von der Sache macht, insbesondere unbefugt den Gebrauch einem Dritten überlässt, oder die Sache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet,
3.
wenn der Entleiher stirbt.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

Der Verleiher kann die Leihe kündigen:

1.
wenn er infolge eines nicht vorhergesehenen Umstandes der verliehenen Sache bedarf,
2.
wenn der Entleiher einen vertragswidrigen Gebrauch von der Sache macht, insbesondere unbefugt den Gebrauch einem Dritten überlässt, oder die Sache durch Vernachlässigung der ihm obliegenden Sorgfalt erheblich gefährdet,
3.
wenn der Entleiher stirbt.

(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.

(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.

(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.

(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.

(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.

(1) Wird durch den Einsturz eines Gebäudes oder eines anderen mit einem Grundstück verbundenen Werkes oder durch die Ablösung von Teilen des Gebäudes oder des Werkes ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Besitzer des Grundstücks, sofern der Einsturz oder die Ablösung die Folge fehlerhafter Errichtung oder mangelhafter Unterhaltung ist, verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Besitzer zum Zwecke der Abwendung der Gefahr die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat.

(2) Ein früherer Besitzer des Grundstücks ist für den Schaden verantwortlich, wenn der Einsturz oder die Ablösung innerhalb eines Jahres nach der Beendigung seines Besitzes eintritt, es sei denn, dass er während seines Besitzes die im Verkehr erforderliche Sorgfalt beobachtet hat oder ein späterer Besitzer durch Beobachtung dieser Sorgfalt die Gefahr hätte abwenden können.

(3) Besitzer im Sinne dieser Vorschriften ist der Eigenbesitzer.

(1) Der Entleiher ist verpflichtet, die geliehene Sache nach dem Ablauf der für die Leihe bestimmten Zeit zurückzugeben.

(2) Ist eine Zeit nicht bestimmt, so ist die Sache zurückzugeben, nachdem der Entleiher den sich aus dem Zweck der Leihe ergebenden Gebrauch gemacht hat. Der Verleiher kann die Sache schon vorher zurückfordern, wenn so viel Zeit verstrichen ist, dass der Entleiher den Gebrauch hätte machen können.

(3) Ist die Dauer der Leihe weder bestimmt noch aus dem Zweck zu entnehmen, so kann der Verleiher die Sache jederzeit zurückfordern.

(4) Überlässt der Entleiher den Gebrauch der Sache einem Dritten, so kann der Verleiher sie nach der Beendigung der Leihe auch von dem Dritten zurückfordern.

(5) Die Verjährung des Anspruchs auf Rückgabe der Sache beginnt mit der Beendigung der Leihe.

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

(1) Die Klage kann ohne Einwilligung des Beklagten nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung des Beklagten zur Hauptsache zurückgenommen werden.

(2) Die Zurücknahme der Klage und, soweit sie zur Wirksamkeit der Zurücknahme erforderlich ist, auch die Einwilligung des Beklagten sind dem Gericht gegenüber zu erklären. Die Zurücknahme der Klage erfolgt, wenn sie nicht bei der mündlichen Verhandlung erklärt wird, durch Einreichung eines Schriftsatzes. Der Schriftsatz ist dem Beklagten zuzustellen, wenn seine Einwilligung zur Wirksamkeit der Zurücknahme der Klage erforderlich ist. Widerspricht der Beklagte der Zurücknahme der Klage nicht innerhalb einer Notfrist von zwei Wochen seit der Zustellung des Schriftsatzes, so gilt seine Einwilligung als erteilt, wenn der Beklagte zuvor auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) Wird die Klage zurückgenommen, so ist der Rechtsstreit als nicht anhängig geworden anzusehen; ein bereits ergangenes, noch nicht rechtskräftiges Urteil wird wirkungslos, ohne dass es seiner ausdrücklichen Aufhebung bedarf. Der Kläger ist verpflichtet, die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, soweit nicht bereits rechtskräftig über sie erkannt ist oder sie dem Beklagten aus einem anderen Grund aufzuerlegen sind. Ist der Anlass zur Einreichung der Klage vor Rechtshängigkeit weggefallen und wird die Klage daraufhin zurückgenommen, so bestimmt sich die Kostentragungspflicht unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen; dies gilt auch, wenn die Klage nicht zugestellt wurde.

(4) Das Gericht entscheidet auf Antrag über die nach Absatz 3 eintretenden Wirkungen durch Beschluss. Ist einem Beklagten Prozesskostenhilfe bewilligt worden, hat das Gericht über die Kosten von Amts wegen zu entscheiden.

(5) Gegen den Beschluss findet die sofortige Beschwerde statt, wenn der Streitwert der Hauptsache den in § 511 genannten Betrag übersteigt. Die Beschwerde ist unzulässig, wenn gegen die Entscheidung über den Festsetzungsantrag (§ 104) ein Rechtsmittel nicht mehr zulässig ist.

(6) Wird die Klage von neuem angestellt, so kann der Beklagte die Einlassung verweigern, bis die Kosten erstattet sind.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.