Widerrufsrecht: Zum Vorliegen einer Hautürsituation

bei uns veröffentlicht am30.05.2007

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Rechtsanwalt Dirk Streifler - Partner

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Zusammenfassung des Autors
§ 1 HaustürWG ist immer dann anwendbar, wenn objektiv eine Haustürsituation bestanden hat-BGH vom 12.12.05-Az.: II ZR 327/04
In einem wegweisenden Urteil hat der Bundesgerichtshofs Ende 2005 seine Rechtsprechung zur Anwendbarkeit von § 1 des Gesetzes über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften (HaustürWG; jetzt findet sich eine vergleichbare Regelung in § 312 BGB) geändert. Er nimmt damit in Anlehnung an das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Gmeinschaften (Urteil vom 25.10.2005, Az.: Rs. C-229/04) eine richtlinienkonforme Auslegung von § 1 HaustürWG vor.
 
Während nach der bisherigen Rechtsprechung des BGH für die Zurechnung der Haustürsituation stets auch ein subjektives Element auf Seiten des Anbieters erforderlich war, das sich an den Grundsätzen über die Zurechnung einer arglistigen Täuschung gem. § 123 Abs. 2 BGB orientierte, reicht nunmehr das bloße Vorliegen einer Haustürsituation aus. Der BGH sagt ausdrücklich: „Vielmehr ist § 1 HaustürWG immer dann anwendbar, wenn objektiv eine Haustürsituation bestanden hat."
 
Die neue Rechtsprechung hat nicht nur Auswirkung auf das in vielen Fällen fortbestehende Widerrufsrecht - so etwa wenn die Leistungen beiderseits noch nicht vollständig erbracht sind - sondern auch auf den möglichen Gerichtsstand. So wird für § 29 c ZPO, der für Klagen aus Haustürgeschäften den Gerichtstand des Wohnsitzes des Verbrauchers eröffnet, der Anwendungsbereich entsprechend erweitert (vgl. zum Gerichtsstand nach § 29c: Beschluss des BGH vom 07.01.2003, Az.: X ARZ 362/02).
 
Dies bedeutet eine Erleichterung des Klageweges für Verbraucher, unter ihnen eine Vielzahl von Kapitalanlegern und Darlehensnehmern, die sonst am Sitz des entsprechenden Unternehmens klagen müssten. Bei Haustürgeschäften können sie bei dem Gericht an ihrem Wohnsitz Klage erheben.

 
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Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 123 Anfechtbarkeit wegen Täuschung oder Drohung


(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten. (2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 312 Anwendungsbereich


(1) Die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels sind auf Verbraucherverträge anzuwenden, bei denen sich der Verbraucher zu der Zahlung eines Preises verpflichtet. (1a) Die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels sind auch

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(1) Die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels sind auf Verbraucherverträge anzuwenden, bei denen sich der Verbraucher zu der Zahlung eines Preises verpflichtet.

(1a) Die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels sind auch auf Verbraucherverträge anzuwenden, bei denen der Verbraucher dem Unternehmer personenbezogene Daten bereitstellt oder sich hierzu verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Unternehmer die vom Verbraucher bereitgestellten personenbezogenen Daten ausschließlich verarbeitet, um seine Leistungspflicht oder an ihn gestellte rechtliche Anforderungen zu erfüllen, und sie zu keinem anderen Zweck verarbeitet.

(2) Von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels ist nur § 312a Absatz 1, 3, 4 und 6 auf folgende Verträge anzuwenden:

1.
notariell beurkundete Verträge
a)
über Finanzdienstleistungen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden,
b)
die keine Verträge über Finanzdienstleistungen sind; für Verträge, für die das Gesetz die notarielle Beurkundung des Vertrags oder einer Vertragserklärung nicht vorschreibt, gilt dies nur, wenn der Notar darüber belehrt, dass die Informationspflichten nach § 312d Absatz 1 und das Widerrufsrecht nach § 312g Absatz 1 entfallen,
2.
Verträge über die Begründung, den Erwerb oder die Übertragung von Eigentum oder anderen Rechten an Grundstücken,
3.
Verbraucherbauverträge nach § 650i Absatz 1,
4.
(weggefallen)
5.
(weggefallen)
6.
Verträge über Teilzeit-Wohnrechte, langfristige Urlaubsprodukte, Vermittlungen und Tauschsysteme nach den §§ 481 bis 481b,
7.
Behandlungsverträge nach § 630a,
8.
Verträge über die Lieferung von Lebensmitteln, Getränken oder sonstigen Haushaltsgegenständen des täglichen Bedarfs, die am Wohnsitz, am Aufenthaltsort oder am Arbeitsplatz eines Verbrauchers von einem Unternehmer im Rahmen häufiger und regelmäßiger Fahrten geliefert werden,
9.
Verträge, die unter Verwendung von Warenautomaten und automatisierten Geschäftsräumen geschlossen werden,
10.
Verträge, die mit Betreibern von Telekommunikationsmitteln mit Hilfe öffentlicher Münz- und Kartentelefone zu deren Nutzung geschlossen werden,
11.
Verträge zur Nutzung einer einzelnen von einem Verbraucher hergestellten Telefon-, Internet- oder Telefaxverbindung,
12.
außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, bei denen die Leistung bei Abschluss der Verhandlungen sofort erbracht und bezahlt wird und das vom Verbraucher zu zahlende Entgelt 40 Euro nicht überschreitet, und
13.
Verträge über den Verkauf beweglicher Sachen auf Grund von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen oder anderen gerichtlichen Maßnahmen.

(3) Auf Verträge über soziale Dienstleistungen, wie Kinderbetreuung oder Unterstützung von dauerhaft oder vorübergehend hilfsbedürftigen Familien oder Personen, einschließlich Langzeitpflege, sind von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur folgende anzuwenden:

1.
die Definitionen der außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträge und der Fernabsatzverträge nach den §§ 312b und 312c,
2.
§ 312a Absatz 1 über die Pflicht zur Offenlegung bei Telefonanrufen,
3.
§ 312a Absatz 3 über die Wirksamkeit der Vereinbarung, die auf eine über das vereinbarte Entgelt für die Hauptleistung hinausgehende Zahlung gerichtet ist,
4.
§ 312a Absatz 4 über die Wirksamkeit der Vereinbarung eines Entgelts für die Nutzung von Zahlungsmitteln,
5.
§ 312a Absatz 6,
6.
§ 312d Absatz 1 in Verbindung mit Artikel 246a § 1 Absatz 2 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche über die Pflicht zur Information über das Widerrufsrecht und
7.
§ 312g über das Widerrufsrecht.

(4) Auf Verträge über die Vermietung von Wohnraum sind von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur die in Absatz 3 Nummer 1 bis 7 genannten Bestimmungen anzuwenden. Die in Absatz 3 Nummer 1, 6 und 7 genannten Bestimmungen sind jedoch nicht auf die Begründung eines Mietverhältnisses über Wohnraum anzuwenden, wenn der Mieter die Wohnung zuvor besichtigt hat.

(5) Bei Vertragsverhältnissen über Bankdienstleistungen sowie Dienstleistungen im Zusammenhang mit einer Kreditgewährung, Versicherung, Altersversorgung von Einzelpersonen, Geldanlage oder Zahlung (Finanzdienstleistungen), die eine erstmalige Vereinbarung mit daran anschließenden aufeinanderfolgenden Vorgängen oder eine daran anschließende Reihe getrennter, in einem zeitlichen Zusammenhang stehender Vorgänge gleicher Art umfassen, sind die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur auf die erste Vereinbarung anzuwenden. § 312a Absatz 1, 3, 4 und 6 ist daneben auf jeden Vorgang anzuwenden. Wenn die in Satz 1 genannten Vorgänge ohne eine solche Vereinbarung aufeinanderfolgen, gelten die Vorschriften über Informationspflichten des Unternehmers nur für den ersten Vorgang. Findet jedoch länger als ein Jahr kein Vorgang der gleichen Art mehr statt, so gilt der nächste Vorgang als der erste Vorgang einer neuen Reihe im Sinne von Satz 3.

(6) Von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels ist auf Verträge über Versicherungen sowie auf Verträge über deren Vermittlung nur § 312a Absatz 3, 4 und 6 anzuwenden.

(7) Auf Pauschalreiseverträge nach den §§ 651a und 651c sind von den Vorschriften dieses Untertitels nur § 312a Absatz 3 bis 6, die §§ 312i, 312j Absatz 2 bis 5 und § 312m anzuwenden; diese Vorschriften finden auch Anwendung, wenn der Reisende kein Verbraucher ist. Ist der Reisende ein Verbraucher, ist auf Pauschalreiseverträge nach § 651a, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen worden sind, auch § 312g Absatz 1 anzuwenden, es sei denn, die mündlichen Verhandlungen, auf denen der Vertragsschluss beruht, sind auf vorhergehende Bestellung des Verbrauchers geführt worden.

(8) Auf Verträge über die Beförderung von Personen ist von den Vorschriften der Kapitel 1 und 2 dieses Untertitels nur § 312a Absatz 1 und 3 bis 6 anzuwenden.

(1) Wer zur Abgabe einer Willenserklärung durch arglistige Täuschung oder widerrechtlich durch Drohung bestimmt worden ist, kann die Erklärung anfechten.

(2) Hat ein Dritter die Täuschung verübt, so ist eine Erklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben war, nur dann anfechtbar, wenn dieser die Täuschung kannte oder kennen musste. Soweit ein anderer als derjenige, welchem gegenüber die Erklärung abzugeben war, aus der Erklärung unmittelbar ein Recht erworben hat, ist die Erklärung ihm gegenüber anfechtbar, wenn er die Täuschung kannte oder kennen musste.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ARZ 362/02
vom
7. Januar 2003
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
Eine Klage, mit der ein Verbraucher Schadensersatzansprüche wegen schuldhafter
Verletzung vertraglicher Pflichten aus einem Haustürgeschäft, wegen
Verschuldens bei Vertragsschluß oder wegen einer mit dem Haustürgeschäft
begangenen unerlaubten Handlung geltend macht, ist eine Klage aus einem
Haustürgeschäft, für die das Wohnsitzgericht des Verbrauchers zuständig ist.
Das gilt auch insoweit, als Ansprüche aus Verschulden bei Vertragsschluß
oder unerlaubter Handlung nicht nur gegenüber der anderen Vertragspartei,
sondern auch gegenüber ihrem Vertreter verfolgt werden.
BGH, Beschl. v. 7. Januar 2003 - X ARZ 362/02 - OLG Celle
Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 7. Januar 2003 durch
den Vorsitzenden Richter Dr. Melullis, die Richter Prof. Dr. Jestaedt und
Scharen, die Richterin Mühlens und den Richter Dr. Meier-Beck

beschlossen:
Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts wird auf Kosten des Antragstellers zurückgewiesen.
Der Gegenstandswert wird auf 2.928,49 esetzt.

Gründe:


I. Der Antragsteller beabsichtigt, die Antragsgegner als Gesamtschuldner auf Schadensersatz wegen fehlerhafter Anlageberatung in Anspruch zu nehmen. Nach seinem Vorbringen handelt es sich bei der Antragsgegnerin zu 1 um ein in ganz Deutschland tätiges Wirtschaftsberatungs- und Finanzbetreuungsunternehmen mit Sitz in H. . Sie vermittele unter anderem Kapitalanlagen und bediene sich dazu selbständiger Handelsvertreter. Ein solcher selbständiger Handelsvertreter, der seinen Geschäftssitz in L. habe, sei auch der Antragsgegner zu 2. Im Oktober 1995 habe dieser telefonisch Kontakt zu ihm, dem Antragsteller, aufgenommen und ihm eine Beteiligung an der D. KG (nachfolgend als D. - Fonds bezeichnet) angeboten. Nach einem Beratungsgespräch, das in seiner
Wohnung in L. stattgefunden habe, habe er sich mit 25.000,- DM zuzüglich 1.250,- DM Agio an dem Fonds beteiligt. Dies sei in der Weise geschehen, daß er die A. gesellschaft mbH (im folgenden A. GmbH) beauftragt und bevollmächtigt habe, dem D. -Fond beizutreten. In der Folgezeit hätten die erworbenen Anteile einen Großteil ihres Werts verloren.
Der Antragsteller begründet seinen Schadensersatzanspruch mit Schlechterfüllung des Beratungsvertrages durch die Antragsgegner und behauptet , bei ordnungsgemäßer Aufklärung über die bekannten Risiken hätte er die Fondsanteile nicht erworben. Daneben stützt der Antragsteller den Klageanspruch auf § 826 BGB und behauptet dazu, beide Antragsgegner hätten den Fonds im eigenen Gewinn- und Provisionsinteresse planmäßig und unter sittenwidriger Inkaufnahme einer Schädigung der Anleger vertrieben.
Der Antragsteller hat Klage beim Landgericht Hannover eingereicht und gleichzeitig vorab beantragt, die Sache dem Oberlandesgericht Celle mit dem Antrag vorzulegen, das Landgericht Hannover als für die Klage gegen beide Antragsgegner zuständiges Gericht zu bestimmen. Das Oberlandesgericht Celle möchte die beantragte Gerichtsstandbestimmung treffen, sieht sich an einer entsprechenden Entscheidung aber durch den Beschluß des Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 10. Juni 2002 (NJW 2002, 2888) gehindert.
II. Die Vorlage ist zulässig (§ 36 Abs. 3 ZPO).
Das vorlegende Oberlandesgericht ist der Auffassung, für den Rechtsstreit sei ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet. Namentlich sei der Gerichtstand des Erfüllungsortes für die nach dem Klage-
vorbringen verletzten Beratungspflichten jedenfalls für die selbst dort nicht tätig gewordene Antragsgegnerin zu 1 nicht am Beratungsort, sondern an deren Geschäftssitz belegen.
Demgegenüber hat das Bayerische Oberste Landesgericht die Gerichtsstandsbestimmung für eine gleichfalls gegen die Antragsgegnerin zu 1 und einen in München ansässigen Handelsvertreter zu richtende Klage mit der Begründung abgelehnt, nach dem Klagevorbringen sei schadensursächlich die mangelhafte Aufklärung und Beratung durch den Handelsvertreter bei den Gesprächen in seinen Büroräumen in München, die unmittelbar zum Vertragsabschluß geführt hätten; "die Aufklärungs- und Beratungspflichten der (dortigen) Antragsgegner wären also in München zu erfüllen gewesen" (NJW 2002, 2888). Dem ist nicht eindeutig zu entnehmen, wo und nach welchen Kriterien das Bayerische Oberste Landesgericht den Erfüllungsort für Beratungspflichten eines Anlagevermittlers lokalisieren will. Jedenfalls ist aber nach Auffassung des Bayerischen Obersten Landesgerichts offenbar nicht der Geschäftssitz des Anlagevermittlers maßgebend. Das rechtfertigt die Annahme, daß das vorlegende Oberlandesgericht Celle bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung des Bayerischen Obersten Landesgerichts abweichen will.
III. Der Antrag auf Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO ist unbegründet. Für die begehrte Gerichtsstandsbestimmung ist kein Raum, da für den beabsichtigten Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand bei dem für den Wohnsitz des Antragstellers zuständigen Landgericht Oldenburg begründet ist.
Die in dem Vorlagebeschluß erörterte Frage, ob an dem für den Wohnsitz des Antragstellers, an dem nach seinem Vorbringen zugleich das Beratungsgespräch geführt worden ist, zuständigen Landgericht für beide Antragsgegner der besondere Gerichtsstand des Erfüllungsorts nach § 29 Abs. 1 ZPO begründet ist, bedarf hierbei keiner Entscheidung. Denn es besteht sowohl hinsichtlich des auf Schlechterfüllung der Beratungsverpflichtung gestützten Anspruchs als auch wegen des daneben geltend gemachten deliktischen Anspruchs der ausschließliche Gerichtsstand für Haustürgeschäfte nach § 29c Abs. 1 ZPO. Zuständig ist danach das Gericht, in dessen Bezirk der Antragsteller seinen Wohnsitz hat.
1. Auf den im November 1995 zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin zu 1 abgeschlossenen Vertrag findet nach Art. 229 § 5 EGBGB, § 9 Abs. 3 HWiG das Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäften und ähnlichen Geschäften vom 16. Januar 1986 (BGBl. I 122) Anwendung. § 7 Abs. 1 HWiG eröffnete für Klagen aus Geschäften im Sinne des § 1 HWiG einen ausschließlichen Gerichtsstand an dem Ort, in dessen Bezirk der Kunde zur Zeit der Klageerhebung seinen Wohnsitz hat. An die Stelle dieser Vorschrift ist mit Wirkung vom 1. Januar 2002 § 29c ZPO getreten, wobei die Zuständigkeit für Klagen des Kunden (Verbrauchers) keine ausschließliche mehr ist. § 29c Abs. 1 ZPO nimmt nunmehr Bezug auf Haustürgeschäfte im Sinne des § 312 BGB, ist jedoch, soweit das vor dem 1. Januar 2002 geltende materielle Recht anwendbar ist, auch auf bis zu diesem Zeitpunkt abgeschlossene Haustürgeschäfte anwendbar. Dabei ist der sachliche Anwendungsbereich des § 29c ZPO im Hinblick auf den Sinn und Zweck des Gesetzes weit auszulegen (Staudinger/Werner, BGB, Neubearb. 2001, § 7 HWiG Rdn. 7). Dieser besteht darin, den Verbraucher im Prozeßfall davor zu bewahren, seine
Rechte bei einem möglicherweise weit entfernten Gericht geltend machen zu müssen, obwohl es der andere Vertragspartner gewesen ist, der am Wohnsitz des Verbrauchers die Initiative zu dem Vertragsschluß ergriffen hat (vgl. BRDrucks. 384/75, S. 26). § 29c ZPO erfaßt deshalb mit der vom Gesetzgeber gewählten Formulierung "Klagen aus Haustürgeschäften" ohne Rücksicht auf die Anspruchsgrundlage alle Klagen, mit denen Ansprüche geltend gemacht werden, die sich auf ein Haustürgeschäft im Sinne der §§ 1 Abs. 1 HWiG, 312 BGB gründen. Die Anwendung des § 29c Abs. 1 ZPO erstreckt sich demgemäß auch auf alle Folgeansprüche aus Haustürgeschäften (MünchKomm/Ulmer, BGB, 3. Aufl., § 7 HWiG Rdn. 4; Musielak/Smid, ZPO, 3. Aufl., § 29c Rdn. 6; Palandt/Putzo, BGB, 61. Aufl., § 7 HWiG Rdn. 1; Stein/Jonas/Schumann, ZPO, 21. Aufl., § 29 Rdn. 6); dies gilt namentlich für Ansprüche, die sich aus der Schlechterfüllung solcher Geschäfte oder aus Verschulden bei Vertragsschluß ergeben (MünchKomm/Patzina, ZPO, 2. Aufl., Aktualisierungsband ZPOReform , § 29c Rdn. 16).
Nach dem Vortrag des Antragstellers ist zwischen ihm und der Antragsgegnerin zu 1, die dabei durch den Antragsgegner zu 2 vertreten wurde, ein Anlagevermittlungsvertrag zustande gekommen, der die Verpflichtung der Antragsgegnerin zu 1 einschloß, über Risiken der angebotenen Anlage aufzuklären (vgl. BGHZ 74, 103, 106 m.w.N.). Bei diesem Vertrag handelt es sich um ein Haustürgeschäft im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 HWiG.
Gegenstand der Vermittlungstätigkeit der Antragsgegnerin zu 1 war der Erwerb von Anteilen an dem D. -Fonds und damit eine entgeltliche Leistung im Sinne von § 1 Abs. 1 HWiG. Dabei ist unerheblich, daß der Antragsteller nicht behauptet, für ihre Vermittlungstätigkeit eine Provision an die Antragsgegnerin
zu 1 gezahlt zu haben. Entgeltlichkeit im Sinne des § 1 Abs. 1 HWiG ist nur zu verneinen, wenn der Verbraucher eine Leistung erhält, ohne selbst dafür ein Entgelt zahlen zu müssen (vgl. BGH, Urt. v. 9.3.1993 – XI ZR 179/92, NJW 1993, 1594, 1595). Sie liegt bereits dann vor, wenn der Vertrag schuldrechtliche Verpflichtungen gegenüber dem Vertragspartner nach sich zieht, wobei es genügen kann, daß der Verbraucher das Entgelt an einen Dritten zu entrichten hat (Erman/Saenger, BGB, 10. Aufl., § 1 HWiG Rdn. 10; MünchKomm/Ulmer aaO, § 1 HWiG Rdn 8 f.). Eine solche Verpflichtung ist der Antragsteller eingegangen.
Denn wie sich aus dem vorgelegten Beteiligungsangebot ergibt, behauptet der Antragsteller, am 3. November 1995 anläßlich des Besuchs des Antragsgegners zu 2 ein Angebot auf Abschluß eines Treuhandvertrages gegenüber der A. GmbH abgegeben zu haben, das die Antragsgegnerin zu 1 übermittelt und das die A. GmbH mit Schreiben vom 6. November 1995 angenommen habe. Mit dem Abschluß dieses Vertrages hat sich der Antragsteller gegenüber der A. GmbH zur Einzahlung der Beteiligungssumme zuzüglich 5% Abwicklungsgebühr verpflichtet. Es kann ohne weiteres angenommen werden, daß der Antragsteller damit mittelbar auch die Vermittlungstätigkeit der Antragsgegnerin zu 1 entgolten hat; das genügt für eine entgeltliche Leistung.
Der Antragsteller ist nach seinem Vorbringen zum Abschluß des Vertrages auch durch mündliche Verhandlungen im Bereich seiner Privatwohnung bestimmt worden. Der Annahme eines Haustürgeschäfts steht nicht entgegen, daß zwischen dem Antragsteller und dem Antragsgegner zu 2 vor dessen Besuch beim Antragsteller ein Telefongespräch stattgefunden und sich der Antragsteller mit dem Besuch des Antragsgegners zu 2 einverstanden erklärt hat.
Denn eine die Anwendbarkeit des Gesetzes ausschließende „vorhergehende Bestellung des Kunden“ im Sinne des § 1 Abs. 2 Nr. 1 HWiG liegt nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs jedenfalls dann nicht vor, wenn sich der Kunde im Verlauf eines nicht von ihm veranlaßten Telefonanrufs des Anbieters mit einem Hausbesuch einverstanden erklärt (BGHZ 109, 127, 132 ff.).
In diesem Zusammenhang ist unerheblich, daß die Beteiligung des Antragstellers an dem Fonds nicht bereits durch den Abschluß des Anlageberatungs - und Vermittlungsvertrag zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin zu 1, sondern erst dadurch zustande gekommen ist, daß der Antragsteller die A. GmbH damit beauftragte und dazu bevollmächtigte, dem Fonds beizutreten, und diese sodann die entsprechenden Erklärungen abgegeben hat. Es entspricht zwar der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, daß es sich bei dem durch den Finanzberater vermittelten Anlagevertrag jedenfalls dann nicht um ein Haustürgeschäft handelt, wenn der Finanzberater von dem Verbraucher in einer Situation des § 1 HWiG lediglich dazu bevollmächtigt wird, in seinem Namen einen Beteiligungsvertrag abzuschließen (BGHZ 144, 223, 226 ff.; 147, 262, 266 f.; Sen.Beschl. vom 19.2.2002 – X AZR 334/01, NJW 2002, 1425). Jedoch steht dies der Einordnung des An- lageberatungs- und -vermittlungsvertrages als Haustürgeschäft nicht entgegen.
2. Soweit der Antragsteller den Antragsgegner zu 2 aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen in Anspruch nehmen will, steht der Qualifikation der Klage als Klage aus einem Haustürgeschäft auch nicht entgegen, daß der Anlagevermittlungsvertrag nach dem Vorbringen des Antragstellers nicht mit dem Antragsgegner zu 2, sondern nur mit der Antragsgegnerin zu 1 zustandegekommen ist. Auch wenn gegen den Vertreter des Vertragspartners Ansprüche
aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen klageweise geltend gemacht wer- den, handelt es sich um eine Klage aus einem Haustürgeschäft, wenn die Vertragsverhandlungen in einer Haustürsituation stattgefunden haben.
3. Der Gerichtsstand des § 29c Abs. 1 ZPO besteht schließlich auch für die geltend gemachten Ansprüche aus § 826 BGB.
Der Sinn und Zweck des Gesetzes, dem Kunden eine wohnortnahe Inanspruchnahme seines Vertragspartners zu ermöglichen, trägt nicht nur bei vertraglichen Schadensersatzansprüchen wegen positiver Forderungsverletzung oder Verschuldens bei Vertragsverhandlungen, sondern auch bei deliktischen Ansprüchen, die ihre Ursache in dem Haustürgeschäft haben. Denn aus der Sicht des durch § 29c Abs. 1 ZPO geschützten Verbrauchers besteht kein Unterschied, ob er durch eine Schlechterfüllung des Vertrages oder durch eine im Zusammenhang mit dem Vertragsabschluß schuldhaft begangene unerlaubte Handlung zu Schaden gekommen ist. Die gebotene weite Auslegung des § 29c Abs. 1 ZPO führt deshalb dazu, diese Vorschrift auch auf solche Ansprüche anzuwenden (so auch: MünchKomm/Ulmer aaO, § 7 HWiG Rdn. 5; MünchKomm/Patzina aaO, § 29c Rdn. 15; Musielak/Smid aaO, § 29c Rdn. 6; Soergel/Wolf, BGB, 12. Aufl., § 7 HWiG Rdn. 2; a.A. Erman/Saenger aaO, § 7 HWiG Rdn. 4, und Zöller/Vollkommer, ZPO, 23. Aufl., § 29c Rdn. 5, die sich jedoch für eine Zuständigkeit kraft Sachzusammenhangs aussprechen).
Die Voraussetzungen für eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO sind hiernach nicht gegeben.
Bei dieser Sachlage kann dahinstehen, ob der Antragsteller Ansprüche aus § 826 BGB gegen beide Antragsgegner derart dargelegt hat (vgl. Sen.Beschl. v. 19.2.2002 – X ARZ 334/01, NJW 2002, 1425), daß entsprechend der Rechtsprechung des Senats zu § 32 ZPO (Sen.Beschl. v. 10.12.2002 – X ARZ 208/02 – zur Veröffentlichung in BGHZ vorgesehen) sämtliche Klageansprüche auch im Gerichtsstand der unerlaubten Handlung geltend gemacht werden können.
Melullis Jestaedt Scharen
Mühlens Meier-Beck