Urheberrecht: Kündigung eines urheberrechtlichen Lizenzvertrages

bei uns veröffentlicht am14.05.2018

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Film-, Medien- und Urheberrecht

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Zusammenfassung des Autors

Das Recht zur Kündigung eines urheberrechtlichen Lizenzvertrags wegen Störung der Geschäftsgrundlage infolge der Änderung einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung setzt voraus, dass diese auf den konkret in Rede stehenden Sachverhalt anwendbar ist – BSP Rechtsanwälte – Anwalt für Urheberrecht Berlin 

Die Rechtsprechung zur Frage der öffentlichen Wiedergabe von Hörfunksendungen in Wartezimmern von Arztpraxen ist nicht auf die Frage der öffentlichen Wiedergabe von Hörfunksendungen in Patientenzimmern eines Krankenhauses anwendbar.

Der Betreiber eines Krankenhauses, der Patientenzimmer mit Radiogeräten ausstattet, mit denen Patienten ausgestrahlte Radiosendungen über eine krankenhauseigene Kabelanlage empfangen können, gibt die Radiosendungen im Sinne von § 15 Abs. 3 UrhG öffentlich wieder und verletzt daher die Rechte von Urhebern, ausübenden Künstlern und Sendeunternehmen zur öffentlichen Wiedergabe ihrer Werke oder Leistungen.

Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 11.01.2018 (I ZR 85/17) folgendes entschieden:

Tenor:

Die Revision gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landesgerichts Bochum vom 7. April 2017 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.


Tatbestand

Die Klägerin ist die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte. Aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit der Verwertungsgesellschaft Wort, der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten, der Zentralstelle für die Wiedergabe von Fernsehsendungen und der Gesellschaft zur Verwertung von Urheber- und Leistungsschutzrechten von Medienunternehmen ist die Klägerin auch zur Wahrnehmung der Rechte der Urheber und Leistungsschutzberechtigten befugt, die von diesen Verwertungsgesellschaften vertreten werden.

Die Beklagte betreibt ein Krankenhaus mit 49 Patientenzimmern, die teilweise als Mehrbettzimmer ausgestattet und im Durchschnitt zu 80% belegt sind. Die Beklagte bietet ihren Patienten die Möglichkeit, in den Patientenzimmern Radio zu hören, indem sie Rundfunksendungen durch technische Mittel an die Patientenzimmer weiterleitet. Die Patienten können zwischen mehreren vorgegebenen Radiokanälen wählen. Die Inanspruchnahme dieses Dienstes ist für die Patienten kostenlos.

Die Parteien schlossen am 9. August 2010 einen urheberrechtlichen Lizenzvertrag, durch den die Klägerin der Beklagten das Recht zur Weiterleitung von Rundfunksendungen in ihre 49 Patientenzimmer gegen Zahlung einer Vergütung einräumte. Vereinbart war eine jährliche Laufzeit, die sich jeweils um ein Jahr verlängern sollte, wenn nicht einen Monat vor Ende des Vertragszeitraums eine schriftliche Kündigung erfolgt. Der für die Einräumung der Nutzungsrechte vereinbarte Jahresbetrag war aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen am Monatsersten des Vertragszeitraums im Voraus fällig.

Mit Schreiben vom 20. Juni 2015 teilte die Klägerin der Beklagten mit, die Vergütung betrage ab dem 1. August 2015 jährlich 876,64 €. Die Klägerin nahm Bezug auf den Tarif "VG Media Weitersendung und/oder öffentliche Wiedergabe von privaten Fernseh- und/oder Hörfunkprogrammen an bereitgestellte Empfangsgeräte in Patientenzimmern und ähnlichen Einrichtungen". Mit Schreiben vom 16. Juli 2015, das der Klägerin am 23. Juli 2015 zuging, erklärte die Beklagte die fristlose Kündigung sämtlicher mit der Klägerin geschlossenen Verträge. Diese begründete sie mit der Störung der Geschäftsgrundlage aufgrund einer Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und berief sich darauf, dass die Wiedergabe von Hörfunksendungen in Zahnarztpraxen nach den Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 15. März 2012 und des Bundesgerichtshofs vom 18. Juni 2015 keine urheberrechtlich relevante öffentliche Wiedergabe darstelle. Die Beklagte entrichtete für den Zeitraum vom 1. August 2015 bis zum 31. Juli 2016 keine Lizenzgebühren.

Die Klägerin hat die Beklagte auf Zahlung des Jahresbeitrags für diesen Zeitraum in Höhe von 876,64 € nebst Zinsen sowie Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 124 € in Anspruch genommen.

Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision, deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe

Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung einer Jahreslizenzvergütung aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Lizenzvertrag zu. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Das Vertragsverhältnis der Parteien sei nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 16. Juli 2015 beendet worden. Der Beklagten stehe kein Recht zur außerordentlichen Kündigung gemäß § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB zu. Eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die eine Störung der Geschäftsgrundlage im Sinne dieser Bestimmung darstellen könne, liege nicht vor. Die von der Beklagten vorgenommene Zurverfügungstellung von Radioprogrammen in ihren Patientenzimmern erfülle auch nach den Grundsätzen der Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 15. März 2012 und des Bundesgerichtshofs vom 18. Juni 2015 die Voraussetzungen einer öffentlichen Wiedergabe gemäß § 15 Abs. 2 und 3, § 20 UrhG.

Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.

Der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Zahlung des Jahresbeitrags für den Zeitraum vom 1. August 2015 bis zum 31. Juli 2016 in Höhe von 876,64 € ergibt sich aus dem zwischen den Parteien geschlossenen urheberrechtlichen Lizenzvertrag. Dieser ist von der Beklagten nicht mit Wirkung zum 31. Juli 2015 wirksam außerordentlich gekündigt worden. Der Beklagten stand kein Recht zur außerordentlichen Kündigung zu.

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Parteien einen urheberrechtlichen Lizenzvertrag geschlossen haben, nach dessen Bestimmungen in Verbindung mit den von der Klägerin mit Schreiben vom 20. Juni 2015 mitgeteilten Vergütungssätzen nach dem Tarif "VG Media Weitersendung und/oder öffentliche Wiedergabe von privaten Fernseh- und/oder Hörfunkprogrammen an bereitgestellte Empfangsgeräte in Patientenzimmern und ähnlichen Einrichtungen" für die durch technische Mittel vorgenommene Weiterleitung von Rundfunksendungen auf die von der Beklagten in ihrem Krankenhaus betriebenen 49 Patientenzimmer für den Zeitraum vom 1. August 2015 bis zum 31. Juli 2016 ein Lizenzbetrag in Höhe der Klagesumme zu entrichten ist. Dagegen erhebt die Revision keine Rügen.

Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Beklagte den Lizenzvertrag nicht wirksam durch Schreiben vom 16. Juli 2015 außerordentlich gekündigt hat.

Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass sich ein Recht zur außerordentlichen Kündigung im Streitfall allein aus der Vorschrift des § 313 BGB unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage wegen Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung ergeben kann. Auch dies wird von der Revision nicht beanstandet.

Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts, im Streitfall liege eine Störung der Geschäftsgrundlage im Sinne von § 313 BGB nicht vor.

Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann gemäß § 313 Abs. 1 BGB Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Einer Veränderung der Umstände steht es nach § 313 Abs. 2 BGB gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen. Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil nach § 313 Abs. 3 Satz 1 BGB vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse nach § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB das Recht zur Kündigung.

Nach diesen Grundsätzen kann die Änderung einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung nach § 313 Abs. 1 und 2 BGB eine Anpassung eines Vertrags rechtfertigen, wenn der Geschäftswille der Parteien - wie regelmäßig - auf der gemeinschaftlichen Erwartung vom Fortbestand einer bestimmten Rechtslage aufgebaut war. Die Frage, ob und inwieweit gegebenenfalls eine Anpassung des Vertrags gemäß § 313 Abs. 3 Satz 1 BGB möglich und zumutbar ist oder der benachteiligte Vertragspartner eines Dauerschuldverhältnisses nach § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB das Recht zur Kündigung hat, ist unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien zu entscheiden. Es genügt nicht, dass ein weiteres Festhalten am Vereinbarten nur für eine Partei unzumutbar erscheint; vielmehr muss das Abgehen vom Vereinbarten der anderen Partei auch zumutbar sein. Unter diesen Umständen kommt auch die fristlose Kündigung von urheberrechtlichen Lizenzverträgen in Betracht, sofern sich im Hinblick auf eine konkrete urheberrechtlich relevante Verwertungshandlung eine gefestigte Rechtsprechung gebildet hat und sich diese - beispielsweise veranlasst durch eine Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union - ändert.

Im Streitfall kann bereits nicht davon ausgegangen werden, dass der Geschäftswille der Parteien auf der gemeinschaftlichen Erwartung vom Fortbestand der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Wiedergabe von Hörfunksendungen in Zahnarztpraxen aufgebaut war. Ein gemäß § 313 BGB schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung setzt voraus, dass diese Rechtsprechung nach der gemeinschaftlichen Vorstellung der Parteien auf den konkret in Rede stehenden Sachverhalt anwendbar ist. Daran fehlt es im Streitfall.

Die Beklagte beruft sich auf eine Änderung der Rechtsprechung zur Lautsprecherübertragung von Hörfunksendungen in Wartezimmern von Arztpraxen. Im Hinblick auf diesen konkreten Sachverhalt hat es in der Tat eine Änderung der gefestigten Rechtsprechung gegeben. Im Streitfall geht es jedoch nicht um die Lautsprecherübertragung von Hörfunksendungen in Wartezimmern von Arztpraxen, sondern um die durch den Betreiber eines Krankenhauses mit technischen Mitteln vorgenommene Weiterleitung von Rundfunksendungen zur im Belieben der Patienten stehenden Abrufbarkeit in 49 Patientenzimmern des Krankenhauses. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass die Parteien bei Abschluss des streitgegenständlichen Lizenzvertrags die von der Beklagten praktizierte Weiterleitung von Rundfunksendungen als rechtlich identisch mit einer Lautsprecherübertragung von Hörfunksendungen in Wartezimmern von Arztpraxen angesehen haben und außerdem vom Fortbestand der dafür bestehenden gefestigten Rechtsprechung ausgegangen sind. Die Revision rügt nicht, dass das Berufungsgericht insoweit Vorbringen der Beklagten übergangen hat.

Der Annahme eines Kündigungsrechts gemäß § 313 BGB wegen Änderung einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung steht ferner entgegen, dass sich die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Recht der öffentlichen Wiedergabe in Bezug auf die hier in Rede stehende Weiterleitung von Rundfunksendungen in Patientenzimmern eines Krankenhauses zwischen dem Abschluss des Lizenzvertrags und dem Ausspruch der Kündigung durch die Beklagte nicht geändert hat.

Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die im Streitfall maßgebliche Verwertungshandlung auch nach den zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung maßgeblichen Rechtsprechungsgrundsätzen als öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 3, §§ 20, 20b Abs. 1 Satz 1 UrhG anzusehen ist.

Das ausschließliche Recht des Urhebers zur öffentlichen Wiedergabe seines Werks umfasst das Senderecht, also das Recht, das Werk durch Funk, wie Ton- und Fernsehrundfunk, Satellitenrundfunk, Kabelfunk oder ähnliche technische Mittel, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das Senderecht schließt das Recht zur Kabelweitersendung gemäß § 20b Abs. 1 Satz 1 UrhG ein, also das Recht, ein gesendetes Werk im Rahmen eines zeitgleich, unverändert und vollständig weiterübertragenen Programms durch Kabelsysteme oder Mikrowellensysteme weiterzusenden. Bei dem Recht zur Kabelweitersendung handelt es sich um einen besonderen Fall des Senderechts und damit um einen besonderen Fall der öffentlichen Wiedergabe. Eine Kabelweitersendung setzt daher eine öffentliche Wiedergabe voraus. Die Wiedergabe ist nach § 15 Abs. 3 Satz 1 UrhG öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört nach § 15 Abs. 3 Satz 2 UrhG jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.

Die hier in Rede stehenden Rechte und Ansprüche der Urheber und Leistungsschutzberechtigten wegen einer öffentlichen Wiedergabe ihrer Werke und Leistungen durch Kabelweitersendung beruhen auf Richtlinien der Europäischen Union. Der Begriff der öffentlichen Wiedergabe ist deshalb in Übereinstimmung mit der für Urheber geltenden Bestimmung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft sowie mit der für Leistungsschutzberechtigte geltenden Bestimmungen des Art. 8 Abs. 1 und 2 Satz 2 der Richtlinie 2006/115/EG zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auszulegen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG diese Rechte in seinem Anwendungsbereich vollständig harmonisiert und die Mitgliedstaaten das durch diese Vorschrift begründete Schutzniveau daher weder unterschreiten noch überschreiten dürfen.

Überträgt - wie im Streitfall - der Betreiber eines Krankenhauses zuvor von ihm empfangene Hörfunksignale zeitgleich, unverändert und vollständig durch technische Mittel wie Kabel im Sinne von § 20b Abs. 1 UrhG an die angeschlossenen Empfangsgeräte in 49 Patientenzimmer weiter, sind die Voraussetzungen erfüllt, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union an eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG und Art. 8 der Richtlinie 2006/115/EG zu stellen sind. Eine solche Weiterübertragung stellt daher eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 3 UrhG dar.

Die hier in Rede stehende Verwertungshandlung fällt in den Anwendungsbereich des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG.

Das Recht zur öffentlichen Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG umfasst nur die Wiedergabe an eine Öffentlichkeit, die nicht an dem Ort anwesend ist, an dem die Wiedergabe ihren Ursprung nimmt. Nicht erfasst sind daher direkte Aufführungen und Darbietungen von Werken vor einer Öffentlichkeit, die sich in unmittelbarem körperlichen Kontakt mit der Person befindet, die dieses Werk aufführt oder darbietet.

Bei der hier in Rede stehenden Weiterleitung von Rundfunksendungen findet kein unmittelbarer körperlicher Kontakt zwischen den ein Werk aufführenden oder darbietenden Personen und einer durch die Wiedergabe erreichten Öffentlichkeit statt. Es liegt daher eine Wiedergabe an eine Öffentlichkeit vor, die an dem Ort, an dem die Wiedergabe ihren Ursprung genommen hat, nicht anwesend gewesen ist. Eine solche Wiedergabe fällt in den Anwendungsbereich des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG.

Der Begriff der "öffentlichen Wiedergabe" hat zwei Tatbestandsmerkmale, nämlich eine Handlung der Wiedergabe und die Öffentlichkeit dieser Wiedergabe. Ferner erfordert dieser Begriff eine individuelle Beurteilung. Im Rahmen einer derartigen Beurteilung sind eine Reihe weiterer Kriterien zu berücksichtigen, die unselbständig und miteinander verflochten sind. Da diese Kriterien im jeweiligen Einzelfall in sehr unterschiedlichem Maß vorliegen können, sind sie einzeln und in ihrem Zusammenwirken mit den anderen Kriterien anzuwenden.

Die Weiterleitung von Rundfunksendungen in Patientenzimmer stellt eine Handlung der Wiedergabe dar.

Der Begriff der Wiedergabe ist mit Blick auf das Hauptziel der Richtlinie 2001/29/EG, ein hohes Schutzniveau für die Urheber sicherzustellen, weit zu verstehen, und zwar dahin, dass er jede Übertragung geschützter Werke unabhängig vom eingesetzten technischen Mittel oder Verfahren umfasst. Eine "Wiedergabe" setzt voraus, dass der Nutzer in voller Kenntnis der Folgen seines Verhaltens - also absichtlich und gezielt - tätig wird, um Dritten einen Zugang zum geschützten Werk zu verschaffen, den diese ohne sein Tätigwerden nicht hätten. Dabei reicht es aus, wenn Dritte einen Zugang zum geschützten Werk haben, ohne dass es darauf ankommt, ob sie diesen nutzen.

Danach ist die hier in Rede stehende Weiterleitung von Rundfunksendungen in Patientenzimmer mittels technischer Mittel als "Handlung der Wiedergabe" im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG einzustufen. Die Beklagte wird bei der Weiterleitung durch technische Mittel in voller Kenntnis der Folgen ihres Verhaltens - also absichtlich und gezielt - tätig, um ihren Patienten über die in den Patientenzimmern vorhandenen Radiogeräte die Möglichkeit des Zugriffs auf Rundfunksendungen zu verschaffen, die sie ohne ihr Tätigwerden in dieser Form nicht gehabt hätten.

Entgegen der Ansicht der Revision steht der Annahme einer Handlung der Wiedergabe nicht entgegen, dass die Patienten der Beklagten frei darüber entscheiden können, ob sie die Radioprogramme in Anspruch nehmen oder nicht. Es kommt nicht darauf an, ob die Patienten die ihnen durch die Handlung der Beklagten eröffnete Möglichkeit des Zugangs zum geschützten Werk tatsächlich nutzen.

Im Streitfall liegt auch eine Öffentlichkeit der Wiedergabe vor.

Der Begriff der Öffentlichkeit ist nur bei einer unbestimmten Zahl potentieller Adressaten und recht vielen Personen erfüllt.

Um eine "unbestimmte Zahl potentieller Adressaten" handelt es sich, wenn die Wiedergabe für Personen allgemein erfolgt, also nicht auf besondere Personen beschränkt ist, die einer privaten Gruppe angehören. Hinsichtlich des Kriteriums "recht viele Personen" ist die kumulative Wirkung zu beachten, die sich aus der Zugänglichmachung der Werke bei den potentiellen Adressaten ergibt. Dabei kommt es darauf an, wie viele Personen gleichzeitig und nacheinander Zugang zu demselben Werk haben.

Das Berufungsgericht hat angenommen, bei den Patienten auf den insgesamt 49 Patientenzimmern handele es sich um eine unbestimmte Vielzahl von Personen. Diese hätten typischerweise untereinander keine Beziehungen, die über zufällige Bekanntschaften hinausgingen. Patienten stellten mithin keine private Gruppe dar. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, Patienten der Beklagten im Krankenhaus stellten angesichts der Privatheit der einzelnen Krankenzimmer eine besondere, private Gruppe dar. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Umstand, dass das Programm in privaten Zimmern empfangen wird, dem Begriff der Öffentlichkeit nicht entgegensteht.

Das Merkmal "recht viele Personen" ist vorliegend ebenfalls erfüllt. Das Berufungsgericht hat ausgeführt, bereits die Tatsache, dass 49 Zimmer vorhanden seien, von denen im Durchschnitt 80% belegt seien, spreche dafür, dass sich "mehr als allzu wenige Personen" im Empfangsbereich der weitergeleiteten Rundfunksendungen aufhielten. Es hätten kumulativ viele Personen Zugang zu den Radiosendungen, da es typischerweise eine hohe Fluktuation von Patienten mit unterschiedlich langer Aufenthaltsdauer gebe. Weiterhin seien in diesem Zusammenhang Besucher zu berücksichtigen, die sich mit den Patienten zumindest zeitweise auf den Zimmern aufhielten. Die Anzahl der Personen gehe damit weit über die Anzahl der Personen hinaus, sie sich typischerweise in einer Zahnarztpraxis aufhielten. Auch sei die durchschnittliche Dauer des Aufenthalts der Patienten erheblich länger als in Zahnarztpraxen, die üblicherweise nur zur ambulanten Behandlung aufgesucht würden. Diese im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegende Beurteilung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Soweit die Revision geltend macht, die Zahl der Personen, die in der Klinik der Beklagten die in Rede stehenden Radiosendungen hören könnten, sei relativ klein, da davon auszugehen sei, dass in den 49 Zimmern nicht gleichzeitig von "vielen Personen" dieselben Werke und Leistungen abgehört würden, legt sie keinen Rechtsfehler des Berufungsgerichts dar, sondern versucht in revisionsrechtlich unzulässiger Weise, ihre eigene Beurteilung an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung zu setzen. Im Übrigen kommt es entgegen der Ansicht der Revision nicht allein auf die gleichzeitige Zugangsmöglichkeit an, sondern ebenso darauf, wie viele Personen nacheinander Zugang zu demselben Werk haben.

Für eine Einstufung als "öffentliche Wiedergabe" ist es weiterhin erforderlich, dass ein geschütztes Werk unter Verwendung eines technischen Verfahrens, das sich von dem bisher verwendeten unterscheidet, oder - ansonsten - für ein neues Publikum wiedergegeben wird, also für ein Publikum, an das der Inhaber des Urheberrechts nicht dachte, als er die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubte. Erfolgt die nachfolgende Wiedergabe nach einem spezifischen technischen Verfahren, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet, braucht nicht geprüft zu werden, ob das Werk für ein neues Publikum wiedergegeben wird; in einem solchen Fall bedarf die Wiedergabe ohne Weiteres der Erlaubnis des Urhebers.

Im Streitfall erfolgte die Weiterverbreitung der Sendesignale nach dem unbestritten gebliebenen Vortrag der Klägerin über das krankenhausinterne Kabelnetz. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, mit welchem technischen Verfahren die Beklagte selbst die Sendesignale empfängt. Die Weiterverbreitung von terrestrisch oder über Satellit ausgestrahlten Sendesignalen über Kabel erfolgt nach einem spezifischen technischen Verfahren, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet. Ob die Beklagte die Sendesignale terrestrisch, also per erdgebundenen Funksendern oder über Satellitenfunk empfangen hat, oder aber die Signale ihrerseits über ein Kabelnetz zur Beklagten gelangt sind, kann im Streitfall offenbleiben. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Beklagte die an die Patientenzimmer weitergeleiteten Radiosendungen jedenfalls für ein neues Publikum wiedergegeben hat. Die Patienten sind - ebenso wie die Gäste eines Hotels und einer Gaststätte, sowie die Patienten einer Kureinrichtung und eines Rehabilitationszentrums - nicht als das Publikum anzusehen, an das der Inhaber des Urheberrechts dachte, als er die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubte. Die Patienten eines Krankenhauses können ohne gezieltes Eingreifen des Krankenhausbetreibers grundsätzlich nicht in den Genuss der ausgestrahlten Werke kommen. Der private Charakter von Patientenzimmern steht der Annahme der Wiedergabe eines Werks mittels der dort aufgestellten Radioapparate an ein neues Publikum nicht entgegen.

Für die Frage einer öffentlichen Wiedergabe ist es nicht von entscheidender Bedeutung, ob die Weiterleitung der Rundfunksendungen auf die Patientenzimmer von der Beklagten zu Erwerbszwecken vorgenommen worden ist. Der gewerbliche Charakter der Verbreitung eines geschützten Werks ist für die Einstufung einer Verbreitung als "öffentliche Wiedergabe" zwar - unter anderem zur Bestimmung der Höhe einer möglichen Vergütung für diese Verbreitung - nicht unerheblich; er ist hierfür aber mit Sicherheit nicht ausschlaggebend.

Das Berufungsgericht ist im Übrigen zutreffend davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche Nutzungshandlung auch Erwerbszwecken diente. Es hat angenommen, ein Erwerbszweck sei zu bejahen, wenn sich die Nutzungshandlung auch nur mittelbar positiv auf die Wahrnehmung des Anbieters durch das Publikum auswirke. Es sei nicht erforderlich, dass für die Nutzungshandlung ein konkretes Entgelt verlangt werde. Im Streitfall sei ein Erwerbszweck gegeben. Die Verfügbarkeit von Radioprogrammen biete den Patienten der Beklagten eine Möglichkeit der Zerstreuung und steigere damit deren Lebensqualität während des Aufenthalts im Krankenhaus der Beklagten. Hierdurch werde zudem der Standard der Klinik erhöht, auch wenn dies nicht unmittelbar zu höheren Einnahmen der Beklagten führe. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand.

Der Gerichtshof der Europäischen Union hat angenommen, dass die Verbreitung von Fernsehsendungen über Fernsehgeräte, die Patienten eines Rehabilitationszentrums während ihrer Behandlung oder den vorangehenden Wartezeiten Unterhaltung bieten soll, eine zusätzliche Dienstleistung darstellt, die zwar keine medizinische Bedeutung besitzt, sich aber auf die Standards und die Attraktivität der Einrichtung günstig auswirke und dieser somit einen Wettbewerbsvorteil verschaffe. Nichts anderes gilt nach den vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen für die im Streitfall in Rede stehende Weiterleitung von Rundfunksendungen in Patientenzimmer eines Krankenhauses. Soweit die Revision geltend macht, die Patienten der Beklagten wählten deren Klinik ausschließlich nach der Qualität der medizinischen Behandlung und/oder der räumlichen Nähe zu ihrem Wohnort, so dass das Berufungsgericht unzutreffend davon ausgegangen sei, dass sich die Wiedergabe zumindest mittelbar positiv auf die Wahrnehmung der Beklagten durch ihre Patienten auswirke, legt sie keinen Rechtsfehler dar, sondern versucht lediglich, die mit der Lebenserfahrung im Einklang stehende tatrichterliche Würdigung durch ihre eigene zu ersetzen.

Das vom Berufungsgericht in Bezug genommene amtsgerichtliche Urteil ist davon ausgegangen, dass die Klägerin die geltend gemachten Zinsen und die vorgerichtlichen Mahnkosten als Verzugsschaden gemäß § 286 Abs. 1, § 287 Abs. 1, § 288 Abs. 1 BGB beanspruchen kann. Diese zutreffende Beurteilung hat die Revision nicht beanstandet.

Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union ist nicht veranlasst. Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG oder Art. 8 der Richtlinie 2006/115/EG, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt oder zweifelsfrei zu beantworten ist. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist es grundsätzlich Sache der nationalen Gerichte, anhand der von ihm aufgestellten Kriterien aufgrund einer umfassenden Beurteilung der gegebenen Situation zu beurteilen, ob in einem konkreten Fall eine öffentliche Wiedergabe vorliegt.

Danach ist die Revision gegen das Berufungsurteil auf Kosten der Beklagten zurückzuweisen.

Gesetze

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#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

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(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kan

Urheberrechtsgesetz - UrhG | § 15 Allgemeines


(1) Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten; das Recht umfaßt insbesondere 1. das Vervielfältigungsrecht (§ 16),2. das Verbreitungsrecht (§ 17),3. das Ausstellungsrecht (§ 18). (2) Der Urheber hat fe

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 287 Verantwortlichkeit während des Verzugs


Der Schuldner hat während des Verzugs jede Fahrlässigkeit zu vertreten. Er haftet wegen der Leistung auch für Zufall, es sei denn, dass der Schaden auch bei rechtzeitiger Leistung eingetreten sein würde.

Urheberrechtsgesetz - UrhG | § 20 Senderecht


Das Senderecht ist das Recht, das Werk durch Funk, wie Ton- und Fernsehrundfunk, Satellitenrundfunk, Kabelfunk oder ähnliche technische Mittel, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Urheberrechtsgesetz - UrhG | § 20b Weitersendung


(1) Das Recht, ein gesendetes Werk im Rahmen eines zeitgleich, unverändert und vollständig weiterübertragenen Programms weiterzusenden (Weitersendung), kann nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden. Dies gilt nicht für 1. Rechte

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Bundesgerichtshof Urteil, 11. Jan. 2018 - I ZR 85/17

bei uns veröffentlicht am 11.01.2018

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL I ZR 85/17 Verkündet am: 11. Januar 2018 Führinger Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BG

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Referenzen

(1) Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten; das Recht umfaßt insbesondere

1.
das Vervielfältigungsrecht (§ 16),
2.
das Verbreitungsrecht (§ 17),
3.
das Ausstellungsrecht (§ 18).

(2) Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe). Das Recht der öffentlichen Wiedergabe umfasst insbesondere

1.
das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19),
2.
das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a),
3.
das Senderecht (§ 20),
4.
das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§ 21),
5.
das Recht der Wiedergabe von Funksendungen und von öffentlicher Zugänglichmachung (§ 22).

(3) Die Wiedergabe ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 85/17 Verkündet am:
11. Januar 2018
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Krankenhausradio
Abs. 1 Satz 1, § 78 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1, § 87 Abs. 1 Nr. 1 Fall 1

a) Das Recht zur Kündigung eines urheberrechtlichen Lizenzvertrags wegen
Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 BGB infolge der Änderung
einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung setzt voraus, dass
diese Rechtsprechung nach der gemeinschaftlichen Vorstellung der Parteien
auf den konkret in Rede stehenden Sachverhalt anwendbar ist.

b) Die Rechtsprechung zur Frage der öffentlichen Wiedergabe von Hörfunksendungen
in Wartezimmern von Arztpraxen ist nicht auf die Frage der öffentlichen
Wiedergabe von Hörfunksendungen in Patientenzimmern eines
Krankenhauses anwendbar (Fortführung von BGH, Urteil vom 18. Juni
2015 - I ZR 14/14, GRUR 2016, 278 = WRP 2016, 218 - Hintergrundmusik
in Zahnarztpraxen).

c) Der Betreiber eines Krankenhauses, der Patientenzimmer mit Radiogerä-
ten ausstattet, mit denen Patienten ausgestrahlte Radiosendungen über
eine krankenhauseigene Kabelanlage empfangen können, gibt die Radio-
sendungen im Sinne von § 15 Abs. 3 UrhG öffentlich wieder und verletzt
daher die Rechte von Urhebern, ausübenden Künstlern und Sendeunternehmen
zur öffentlichen Wiedergabe ihrer Werke oder Leistungen.
BGH, Urteil vom 11. Januar 2018 - I ZR 85/17 - LG Bochum
AG Bochum
ECLI:DE:BGH:2018:110118UIZR85.17.0

Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. Januar 2018 durch die Richter Prof. Dr. Koch, Dr. Löffler, die Richterin Dr. Schwonke, den Richter Feddersen und die Richterin Dr. Schmaltz

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landesgerichts Bochum vom 7. April 2017 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


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Die Klägerin ist die Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte (GEMA). Aufgrund vertraglicher Vereinbarungen mit der Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort), der Gesellschaft zur Verwertung von Leistungsschutzrechten (GVL), der Zentralstelle für die Wiedergabe von Fernsehsendungen (ZWF) und der Gesellschaft zur Verwertung von Urheber- und Leistungsschutzrechten von Medienunternehmen (VG Media) ist die Klägerin auch zur Wahrnehmung der Rechte der Urheber und Leistungsschutzberechtigten befugt, die von diesen Verwertungsgesellschaften vertreten werden.
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Die Beklagte betreibt ein Krankenhaus mit 49 Patientenzimmern, die teilweise als Mehrbettzimmer ausgestattet und im Durchschnitt zu 80% belegt sind. Die Beklagte bietet ihren Patienten die Möglichkeit, in den Patientenzimmern Radio zu hören, indem sie Rundfunksendungen durch technische Mittel an die Patientenzimmer weiterleitet. Die Patienten können zwischen mehreren vorgegebenen Radiokanälen wählen. Die Inanspruchnahme dieses Dienstes ist für die Patienten kostenlos.
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Die Parteien schlossen am 9. August 2010 einen urheberrechtlichen Lizenzvertrag , durch den die Klägerin der Beklagten das Recht zur Weiterleitung von Rundfunksendungen in ihre 49 Patientenzimmer gegen Zahlung einer Vergütung einräumte. Vereinbart war eine jährliche Laufzeit, die sich jeweils um ein Jahr verlängern sollte, wenn nicht einen Monat vor Ende des Vertragszeitraums eine schriftliche Kündigung erfolgt. Der für die Einräumung der Nutzungsrechte vereinbarte Jahresbetrag war aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen am Monatsersten des Vertragszeitraums im Voraus fällig.
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Mit Schreiben vom 20. Juni 2015 teilte die Klägerin der Beklagten mit, die Vergütung betrage ab dem 1. August 2015 jährlich 876,64 €. Die Klägerin nahm Bezug auf den Tarif "VG Media Weitersendung und/oder öffentliche Wiedergabe von privaten Fernseh- und/oder Hörfunkprogrammen an bereitgestellte Empfangsgeräte in Patientenzimmern und ähnlichen Einrichtungen". Mit Schreiben vom 16. Juli 2015, das der Klägerin am 23. Juli 2015 zuging, erklärte die Beklagte die fristlose Kündigung sämtlicher mit der Klägerin geschlossenen Verträge. Diese begründete sie mit der Störung der Geschäftsgrundlage aufgrund einer Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und berief sich darauf, dass die Wiedergabe von Hörfunksendungen in Zahnarztpraxen nach den Urteilen des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 15. März 2012 (C-135/10, GRUR 2012, 593 = WRP 2012, 689 - SCF/Del Corso) und des Bun- desgerichtshofs vom 18. Juni 2015 (I ZR 14/14, GRUR 2016, 278 = WRP 2016, 218 - Hintergrundmusik in Zahnarztpraxen) keine urheberrechtlich relevante öffentliche Wiedergabe darstelle. Die Beklagte entrichtete für den Zeitraum vom 1. August 2015 bis zum 31. Juli 2016 keine Lizenzgebühren.
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Die Klägerin hat die Beklagte auf Zahlung des Jahresbeitrags für diesen Zeitraum in Höhe von 876,64 € nebst Zinsen sowie Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 124 € in Anspruch genommen.
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Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Mit ihrer vom Berufungsgericht zugelassenen Revision , deren Zurückweisung die Klägerin beantragt, erstrebt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage.

Entscheidungsgründe:


A. Das Berufungsgericht hat angenommen, der Klägerin stehe der geltend
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gemachte Anspruch auf Zahlung einer Jahreslizenzvergütung aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Lizenzvertrag zu. Zur Begründung hat es ausgeführt:
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Das Vertragsverhältnis der Parteien sei nicht durch die fristlose Kündigung der Beklagten vom 16. Juli 2015 beendet worden. Der Beklagten stehe kein Recht zur außerordentlichen Kündigung gemäß § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB zu. Eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung, die eine Störung der Geschäftsgrundlage im Sinne dieser Bestimmung darstellen könne, liege nicht vor. Die von der Beklagten vorgenommene Zurverfügungstellung von Radioprogrammen in ihren Patientenzimmern erfülle auch nach den Grundsätzen der Urteile des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 15. März 2012 (GRUR 2012, 593 - SCF/Del Corso) und des Bundesgerichtshofs vom 18. Juni 2015 (GRUR 2016, 278 - Hintergrundmusik in Zahnarztpraxen) die Voraussetzungen einer öffentlichen Wiedergabe gemäß § 15 Abs. 2 und 3, § 20 UrhG.
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B. Die hiergegen gerichtete Revision der Beklagten hat keinen Erfolg.
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I. Der mit der Klage geltend gemachte Anspruch auf Zahlung des Jahresbeitrags für den Zeitraum vom 1. August 2015 bis zum 31. Juli 2016 in Höhe von 876,64 € ergibt sich aus dem zwischen den Parteien geschlossenen urhe- berrechtlichen Lizenzvertrag. Dieser ist von der Beklagten nicht mit Wirkung zum 31. Juli 2015 wirksam außerordentlich gekündigt worden. Der Beklagten stand kein Recht zur außerordentlichen Kündigung zu.
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1. Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass die Parteien einen urheberrechtlichen Lizenzvertrag geschlossen haben, nach dessen Bestimmungen in Verbindung mit den von der Klägerin mit Schreiben vom 20. Juni 2015 mitgeteilten Vergütungssätzen nach dem Tarif "VG Media Weitersendung und/oder öffentliche Wiedergabe von privaten Fernseh- und/oder Hörfunkprogrammen an bereitgestellte Empfangsgeräte in Patientenzimmern und ähnlichen Einrichtungen" für die durch technische Mittel vorgenommene Weiterleitung von Rundfunksendungen auf die von der Beklagten in ihrem Krankenhaus betriebenen 49 Patientenzimmer für den Zeitraum vom 1. August 2015 bis zum 31. Juli 2016 ein Lizenzbetrag in Höhe der Klagesumme zu entrichten ist. Dagegen erhebt die Revision keine Rügen.
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2. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass die Beklagte den Lizenzvertrag nicht wirksam durch Schreiben vom 16. Juli 2015 außerordentlich gekündigt hat.

a) Das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, dass sich ein Recht zur
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außerordentlichen Kündigung im Streitfall allein aus der Vorschrift des § 313 BGB unter dem Gesichtspunkt der Störung der Geschäftsgrundlage wegen Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung ergeben kann. Auch dies wird von der Revision nicht beanstandet.
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b) Ohne Erfolg wendet sich die Revision gegen die Annahme des Berufungsgerichts , im Streitfall liege eine Störung der Geschäftsgrundlage im Sinne von § 313 BGB nicht vor.
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aa) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann gemäß § 313 Abs. 1 BGB Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann. Einer Veränderung der Umstände steht es nach § 313 Abs. 2 BGB gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen. Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil nach § 313 Abs. 3 Satz 1 BGB vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse nach § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB das Recht zur Kündigung.
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Nach diesen Grundsätzen kann die Änderung einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung nach § 313 Abs. 1 und 2 BGB eine Anpassung eines Vertrags rechtfertigen, wenn der Geschäftswille der Parteien - wie regelmäßig - auf der gemeinschaftlichen Erwartung vom Fortbestand einer bestimm- ten Rechtslage aufgebaut war. Die Frage, ob und inwieweit gegebenenfalls eine Anpassung des Vertrags gemäß § 313 Abs. 3 Satz 1 BGB möglich und zumutbar ist oder der benachteiligte Vertragspartner eines Dauerschuldverhältnisses nach § 313 Abs. 3 Satz 2 BGB das Recht zur Kündigung hat, ist unter Berücksichtigung der Interessen beider Parteien zu entscheiden. Es genügt nicht, dass ein weiteres Festhalten am Vereinbarten nur für eine Partei unzumutbar erscheint ; vielmehr muss das Abgehen vom Vereinbarten der anderen Partei auch zumutbar sein (vgl. BGH, Urteil vom 25. November 2009 - XII ZR 8/08, NJW 2010, 440 Rn. 28; BGH, GRUR 2016, 278 Rn. 12 - Hintergrundmusik in Zahnarztpraxen). Unter diesen Umständen kommt auch die fristlose Kündigung von urheberrechtlichen Lizenzverträgen in Betracht, sofern sich im Hinblick auf eine konkrete urheberrechtlich relevante Verwertungshandlung eine gefestigte Rechtsprechung gebildet hat und sich diese - beispielsweise veranlasst durch eine Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union - ändert (vgl. BGH, GRUR 2016, 278 Rn. 13 ff. - Hintergrundmusik in Zahnarztpraxen).
bb) Im Streitfall kann bereits nicht davon ausgegangen werden, dass der
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Geschäftswille der Parteien auf der gemeinschaftlichen Erwartung vom Fortbestand der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Wiedergabe von Hörfunksendungen in Zahnarztpraxen aufgebaut war. Ein gemäß § 313 BGB schutzwürdiges Vertrauen in den Fortbestand einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung setzt voraus, dass diese Rechtsprechung nach der gemeinschaftlichen Vorstellung der Parteien auf den konkret in Rede stehenden Sachverhalt anwendbar ist. Daran fehlt es im Streitfall.
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Die Beklagte beruft sich auf eine Änderung der Rechtsprechung zur Lautsprecherübertragung von Hörfunksendungen in Wartezimmern von Arztpraxen. Im Hinblick auf diesen konkreten Sachverhalt hat es in der Tat eine Änderung der gefestigten Rechtsprechung gegeben (vgl. BGH, GRUR 2016, 278 Rn. 14, 17, 20 - Hintergrundmusik in Zahnarztpraxen). Im Streitfall geht es jedoch nicht um die Lautsprecherübertragung von Hörfunksendungen in Wartezimmern von Arztpraxen, sondern um die durch den Betreiber eines Krankenhauses mit technischen Mitteln vorgenommene Weiterleitung von Rundfunksendungen zur im Belieben der Patienten stehenden Abrufbarkeit in 49 Patientenzimmern des Krankenhauses. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, dass die Parteien bei Abschluss des streitgegenständlichen Lizenzvertrags die von der Beklagten praktizierte Weiterleitung von Rundfunksendungen als rechtlich identisch mit einer Lautsprecherübertragung von Hörfunksendungen in Wartezimmern von Arztpraxen angesehen haben und außerdem vom Fortbestand der dafür bestehenden gefestigten Rechtsprechung ausgegangen sind. Die Revision rügt nicht, dass das Berufungsgericht insoweit Vorbringen der Beklagten übergangen hat.
Der Annahme eines Kündigungsrechts gemäß § 313 BGB wegen Ände19 rung einer gefestigten höchstrichterlichen Rechtsprechung steht ferner entgegen , dass sich die höchstrichterliche Rechtsprechung zum Recht der öffentlichen Wiedergabe in Bezug auf die hier in Rede stehende Weiterleitung von Rundfunksendungen in Patientenzimmern eines Krankenhauses zwischen dem Abschluss des Lizenzvertrags und dem Ausspruch der Kündigung durch die Beklagte nicht geändert hat.
cc) Das Berufungsgericht ist mit Recht davon ausgegangen, dass die im
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Streitfall maßgebliche Verwertungshandlung auch nach den zum Zeitpunkt der Kündigungserklärung maßgeblichen Rechtsprechungsgrundsätzen als öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 2 Satz 1 und 2 Nr. 3, §§ 20, 20b Abs. 1 Satz 1 UrhG anzusehen ist.
(1) Das ausschließliche Recht des Urhebers zur öffentlichen Wiedergabe
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seines Werks (§ 15 Abs. 2 Satz 1 UrhG) umfasst das Senderecht (§ 15 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 UrhG), also das Recht, das Werk durch Funk, wie Ton- und Fernsehrundfunk , Satellitenrundfunk, Kabelfunk oder ähnliche technische Mittel, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen (§ 20 UrhG). Das Senderecht schließt das Recht zur Kabelweitersendung gemäß § 20b Abs. 1 Satz 1 UrhG ein, also das Recht, ein gesendetes Werk im Rahmen eines zeitgleich, unverändert und vollständig weiterübertragenen Programms durch Kabelsysteme oder Mikrowellensysteme weiterzusenden (vgl. BGH, Urteil vom 17. Dezember 2015 - I ZR 21/14, GRUR 2016, 697 Rn. 14 = WRP 2016, 1009 - Königshof). Bei dem Recht zur Kabelweitersendung handelt es sich um einen besonderen Fall des Senderechts und damit um einen besonderen Fall der öffentlichen Wiedergabe. Eine Kabelweitersendung setzt daher eine öffentliche Wiedergabe voraus. Die Wiedergabe ist nach § 15 Abs. 3 Satz 1 UrhG öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört nach § 15 Abs. 3 Satz 2 UrhG jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.
(2) Die hier in Rede stehenden Rechte und Ansprüche der Urheber und
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Leistungsschutzberechtigten wegen einer öffentlichen Wiedergabe ihrer Werke und Leistungen durch Kabelweitersendung beruhen auf Richtlinien der Europäischen Union. Der Begriff der öffentlichen Wiedergabe ist deshalb in Übereinstimmung mit der für Urheber geltenden Bestimmung des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft sowie mit der für Leistungsschutzberechtigte geltenden Bestimmungen des Art. 8 Abs. 1 und 2 Satz 2 der Richtlinie 2006/115/EG zum Vermietrecht und Verleihrecht sowie zu bestimmten dem Urheberrecht verwandten Schutzrechten im Bereich des geistigen Eigentums (kodifizierte Fassung) und der dazu ergangenen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union auszulegen (vgl. BGH, Urteil vom 17. September 2015 - I ZR 228/14, BGHZ 206, 365 Rn. 30 ff. - Ramses, mwN). Dabei ist zu berücksichtigen, dass Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG diese Rechte in seinem Anwendungsbereich vollständig harmonisiert und die Mitgliedstaaten das durch diese Vorschrift begründete Schutzniveau daher weder unterschreiten noch überschreiten dürfen (vgl. EuGH, Urteil vom 13. Februar 2014 - C-466/12, GRUR 2014, 360 Rn. 33 bis 41 = WRP 2014, 414 - Svensson/Retriever Sverige; BGH, Urteil vom 9. Juli 2015 - I ZR 46/12, GRUR 2016, 171 Rn. 17 = WRP 2016, 224 - Die Realität II; Beschluss vom 23. Februar 2017 - I ZR 267/15, GRUR 2017, 514 Rn. 17 = WRP 2017, 569 - Cordoba).
Überträgt - wie im Streitfall - der Betreiber eines Krankenhauses zuvor von
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ihm empfangene Hörfunksignale zeitgleich, unverändert und vollständig durch technische Mittel wie Kabel im Sinne von § 20b Abs. 1 UrhG an die angeschlossenen Empfangsgeräte in 49 Patientenzimmer weiter, sind die Voraussetzungen erfüllt, die nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union an eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG und Art. 8 der Richtlinie 2006/115/EG zu stellen sind. Eine solche Weiterübertragung stellt daher eine öffentliche Wiedergabe im Sinne von § 15 Abs. 3 UrhG dar.
(3) Die hier in Rede stehende Verwertungshandlung fällt in den Anwen24 dungsbereich des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG.
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Das Recht zur öffentlichen Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG umfasst nur die Wiedergabe an eine Öffentlichkeit, die nicht an dem Ort anwesend ist, an dem die Wiedergabe ihren Ursprung nimmt (vgl. Erwägungsgrund 23 Satz 2 der Richtlinie 2001/29/EG). Nicht erfasst sind daher direkte Aufführungen und Darbietungen von Werken vor einer Öffentlichkeit , die sich in unmittelbarem körperlichen Kontakt mit der Person befindet, die dieses Werk aufführt oder darbietet (EuGH, Urteil vom 4. Oktober 2011 - C-403/08 und C-429/08, Slg. 2011, I-9083 = GRUR 2012, 156 Rn. 200 bis 202 = WRP 2012, 434 - Football Association Premier League und Murphy; Urteil vom 24. November 2011 - C-283/10, Slg. 2011, I-12031 = GRUR Int. 2012, 150 Rn. 35 und 36 - UCMR-ADA/Zirkus Globus; BGH, GRUR 2017, 514 Rn. 19 - Cordoba).
Bei der hier in Rede stehenden Weiterleitung von Rundfunksendungen
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findet kein unmittelbarer körperlicher Kontakt zwischen den ein Werk aufführenden oder darbietenden Personen und einer durch die Wiedergabe erreichten Öffentlichkeit statt. Es liegt daher eine Wiedergabe an eine Öffentlichkeit vor, die an dem Ort, an dem die Wiedergabe ihren Ursprung genommen hat, nicht anwesend gewesen ist. Eine solche Wiedergabe fällt in den Anwendungsbereich des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG.
(4) Der Begriff der "öffentlichen Wiedergabe" hat zwei Tatbestandsmerk27 male, nämlich eine Handlung der Wiedergabe und die Öffentlichkeit dieser Wiedergabe. Ferner erfordert dieser Begriff eine individuelle Beurteilung. Im Rahmen einer derartigen Beurteilung sind eine Reihe weiterer Kriterien zu berücksichtigen , die unselbständig und miteinander verflochten sind. Da diese Kriterien im jeweiligen Einzelfall in sehr unterschiedlichem Maß vorliegen können , sind sie einzeln und in ihrem Zusammenwirken mit den anderen Kriterien anzuwenden (vgl. EuGH, Urteil vom 7. März 2013 - C-607/11, GRUR 2013, 500 Rn. 21 und 31 - ITV Broadcasting/TVC; EuGH, GRUR 2014, 360 Rn. 16 - Svensson/Retriever Sverige; EuGH, Urteil vom 19. November 2015 - C-325/14, GRUR 2016, 60 Rn. 14 und 15 - SBS/SABAM; Urteil vom 31. Mai
2016 - C-117/15, GRUR 2016, 684 Rn. 35 bis 37 - Reha Training/GEMA; Urteil vom 8. September 2016 - C-160/15, GRUR 2016, 1152 Rn. 32 bis 34 - GS Media BV/Sanoma u.a.; BGH, GRUR 2017, 514 Rn. 21- Cordoba).
(5) Die Weiterleitung von Rundfunksendungen in Patientenzimmer stellt
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eine Handlung der Wiedergabe dar.
Der Begriff der Wiedergabe ist mit Blick auf das Hauptziel der Richtlinie
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2001/29/EG, ein hohes Schutzniveau für die Urheber sicherzustellen (vgl. Erwägungsgründe 4 und 9 der Richtlinie 2001/29/EG), weit zu verstehen (vgl. Erwägungsgrund 23 der Richtlinie 2001/29/EG), und zwar dahin, dass er jede Übertragung geschützter Werke unabhängig vom eingesetzten technischen Mittel oder Verfahren umfasst (vgl. EuGH, GRUR 2012, 156 Rn. 186 und 193 - Football Association Premier League und Murphy; GRUR 2013, 500 Rn. 20 - ITV Broadcasting/TVC; GRUR 2014, 360 Rn. 17 - Svensson/Retriever Sverige ; EuGH, Urteil vom 27. Februar 2014 - C-351/12, GRUR 2014, 473 Rn. 23 und 25 = WRP 2014, 418 - OSA/Léčebné lázně; EuGH, GRUR 2016, 684 Rn. 38 - Reha Training/GEMA). Eine "Wiedergabe" setzt voraus, dass der Nutzer in voller Kenntnis der Folgen seines Verhaltens - also absichtlich und gezielt - tätig wird, um Dritten einen Zugang zum geschützten Werk zu verschaffen, den diese ohne sein Tätigwerden nicht hätten. Dabei reicht es aus, wenn Dritte einen Zugang zum geschützten Werk haben, ohne dass es darauf ankommt, ob sie diesen nutzen (vgl. EuGH, Urteil vom 7. Dezember 2006 - C-306/05, Slg. 2006, I-11519 = GRUR 2007, 225 Rn. 42 und 43 - SGAE/Rafael; EuGH, GRUR 2012, 156 Rn. 195 - Football Association Premier League und Murphy; GRUR 2014, 360 Rn. 19 - Svensson/Retriever Sverige; GRUR 2014, 473 Rn. 26 - OSA/Léčebné lázně; EuGH, Urteil vom 27. März 2014 - C-314/12, GRUR 2014, 468 Rn. 39 = WRP 2014, 540 - UPC Telekabel/Constantin Film und Wega; BGH, GRUR 2017, 514 Rn. 23 - Cordoba).
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Danach ist die hier in Rede stehende Weiterleitung von Rundfunksendungen in Patientenzimmer mittels technischer Mittel als "Handlung der Wiedergabe" im Sinne von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG einzustufen. Die Beklagte wird bei der Weiterleitung durch technische Mittel in voller Kenntnis der Folgen ihres Verhaltens - also absichtlich und gezielt - tätig, um ihren Patienten über die in den Patientenzimmern vorhandenen Radiogeräte die Möglichkeit des Zugriffs auf Rundfunksendungen zu verschaffen, die sie ohne ihr Tätigwerden in dieser Form nicht gehabt hätten.
Entgegen der Ansicht der Revision steht der Annahme einer Handlung der
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Wiedergabe nicht entgegen, dass die Patienten der Beklagten frei darüber entscheiden können, ob sie die Radioprogramme in Anspruch nehmen oder nicht. Es kommt nicht darauf an, ob die Patienten die ihnen durch die Handlung der Beklagten eröffnete Möglichkeit des Zugangs zum geschützten Werk tatsächlich nutzen (vgl. Rn. 29).
(6) Im Streitfall liegt auch eine Öffentlichkeit der Wiedergabe vor.
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Der Begriff der Öffentlichkeit ist nur bei einer unbestimmten Zahl potentiel33 ler Adressaten und recht vielen Personen erfüllt.
Um eine "unbestimmte Zahl potentieller Adressaten" handelt es sich, wenn
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die Wiedergabe für Personen allgemein erfolgt, also nicht auf besondere Personen beschränkt ist, die einer privaten Gruppe angehören (vgl. zu Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG EuGH, GRUR 2007, 225 Rn. 37 - SGAE/Rafael, mwN; vgl. zu Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie 92/100/EWG [jetzt Richtlinie 2006/115/EG] EuGH, GRUR 2012, 593 Rn. 85 - SCF/Del Corso; GRUR 2012, 597 Rn. 34 - PPL/Irland; BGHZ 206, 365 Rn. 46 - Ramses). Hinsichtlich des Kriteriums "recht viele Personen" ist die kumulative Wirkung zu beachten, die sich aus der Zugänglichmachung der Werke bei den potentiellen Adressaten ergibt. Dabei kommt es darauf an, wie viele Personen gleichzeitig und nacheinander Zugang zu demselben Werk haben (vgl. EuGH, GRUR 2007, 225 Rn. 38 - SGAE/Rafael; GRUR 2013, 500 Rn. 32 und 33 - ITV Broadcasting/ TVC; GRUR 2014, 360 Rn. 21 - Svensson/Retriever Sverige; GRUR 2014, 473 Rn. 27 und 28 - OSA/Léčebné lázně; GRUR 2016, 684 Rn. 40 bis 44 - Reha Training/GEMA; GRUR 2016, 1152 Rn. 36 - GS Media BV/Sanoma u.a.; BGH, GRUR 2017, 514 Rn. 26 - Cordoba).
Das Berufungsgericht hat angenommen, bei den Patienten auf den insge35 samt 49 Patientenzimmern handele es sich um eine unbestimmte Vielzahl von Personen. Diese hätten typischerweise untereinander keine Beziehungen, die über zufällige Bekanntschaften hinausgingen. Patienten stellten mithin keine private Gruppe dar. Diese Beurteilung lässt keinen Rechtsfehler erkennen. Ohne Erfolg macht die Revision geltend, Patienten der Beklagten im Krankenhaus stellten angesichts der Privatheit der einzelnen Krankenzimmer eine besondere, private Gruppe dar. Das Berufungsgericht hat mit Recht angenommen, dass der Umstand, dass das Programm in privaten Zimmern empfangen wird, dem Begriff der Öffentlichkeit nicht entgegensteht (vgl. EuGH, GRUR 2007, 225 Rn. 50 f. - SGAE/Rafael).
Das Merkmal "recht viele Personen" ist vorliegend ebenfalls erfüllt. Das
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Berufungsgericht hat ausgeführt, bereits die Tatsache, dass 49 Zimmer vorhanden seien, von denen im Durchschnitt 80% belegt seien, spreche dafür,dass sich "mehr als allzu wenige Personen" im Empfangsbereich der weitergeleiteten Rundfunksendungen aufhielten. Es hätten kumulativ viele Personen Zugang zu den Radiosendungen, da es typischerweise eine hohe Fluktuation von Patienten mit unterschiedlich langer Aufenthaltsdauer gebe. Weiterhin seien in diesem Zusammenhang Besucher zu berücksichtigen, die sich mit den Patienten zu- mindest zeitweise auf den Zimmern aufhielten. Die Anzahl der Personen gehe damit weit über die Anzahl der Personen hinaus, sie sich typischerweise in einer Zahnarztpraxis aufhielten. Auch sei die durchschnittliche Dauer des Aufenthalts der Patienten erheblich länger als in Zahnarztpraxen, die üblicherweise nur zur ambulanten Behandlung aufgesucht würden. Diese im Wesentlichen auf tatrichterlichem Gebiet liegende Beurteilung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Soweit die Revision geltend macht, die Zahl der Personen, die in der Klinik der Beklagten die in Rede stehenden Radiosendungen hören könnten , sei relativ klein, da davon auszugehen sei, dass in den 49 Zimmern nicht gleichzeitig von "vielen Personen" dieselben Werke und Leistungen abgehört würden, legt sie keinen Rechtsfehler des Berufungsgerichts dar, sondern versucht in revisionsrechtlich unzulässiger Weise, ihre eigene Beurteilung an die Stelle der tatrichterlichen Würdigung zu setzen. Im Übrigen kommt es entgegen der Ansicht der Revision nicht allein auf die gleichzeitige Zugangsmöglichkeit an, sondern ebenso darauf, wie viele Personen nacheinander Zugang zu demselben Werk haben (vgl. Rn. 34).
(7) Für eine Einstufung als "öffentliche Wiedergabe" ist es weiterhin erfor37 derlich, dass ein geschütztes Werk unter Verwendung eines technischen Verfahrens , das sich von dem bisher verwendeten unterscheidet, oder - ansonsten - für ein neues Publikum wiedergegeben wird, also für ein Publikum, an das der Inhaber des Urheberrechts nicht dachte, als er die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubte. Erfolgt die nachfolgende Wiedergabe nach einem spezifischen technischen Verfahren, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet, braucht nicht geprüft zu werden, ob das Werk für ein neues Publikum wiedergegeben wird; in einem solchen Fall bedarf die Wiedergabe ohne Weiteres der Erlaubnis des Urhebers (vgl. EuGH, GRUR 2007, 225 Rn. 40 und 41 - SGAE/Rafael; EuGH, Beschluss vom 18. März 2010
- C-136/09, MR-Int. 2010, 123 Rn. 38 - OSDD/Divani Akropolis; EuGH, GRUR 2012, 156 Rn. 197 - Football Association Premier League und Murphy; GRUR 2013, 500 Rn. 39 und 24 bis 26 - ITV Broadcasting/TVC; GRUR 2014, 360 Rn. 24 - Svensson/Retriever Sverige; GRUR 2014, 1196 Rn. 14 - BestWater International/Mebes und Potsch; GRUR 2016, 684 Rn. 45 - Reha Training/ GEMA; GRUR 2016, 1152 Rn. 37 - GS Media BV/Sanoma u.a.; BGH, GRUR 2016, 697 Rn. 22 - Königshof; GRUR 2017, 514 Rn. 28 - Cordoba).
Im Streitfall erfolgte die Weiterverbreitung der Sendesignale nach dem
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unbestritten gebliebenen Vortrag der Klägerin über das krankenhausinterne Kabelnetz. Das Berufungsgericht hat keine Feststellungen dazu getroffen, mit welchem technischen Verfahren die Beklagte selbst die Sendesignale empfängt. Die Weiterverbreitung von terrestrisch oder über Satellit ausgestrahlten Sendesignalen über Kabel erfolgt nach einem spezifischen technischen Verfahren, das sich von demjenigen der ursprünglichen Wiedergabe unterscheidet (BGHZ 206, 365 Rn. 55 - Ramses, mwN). Ob die Beklagte die Sendesignale terrestrisch, also per erdgebundenen Funksendern oder über Satellitenfunk empfangen hat, oder aber die Signale ihrerseits über ein Kabelnetz zur Beklagten gelangt sind, kann im Streitfall offenbleiben. Das Berufungsgericht hat rechtsfehlerfrei angenommen, dass die Beklagte die an die Patientenzimmer weitergeleiteten Radiosendungen jedenfalls für ein neues Publikum wiedergegeben hat. Die Patienten sind - ebenso wie die Gäste eines Hotels (vgl. EuGH, GRUR 2007, 225 Rn. 41 und 42 - SGAE/Rafael; EuGH, Urteil vom 16. Februar 2017 - C-641/15, GRUR 2017, 385 Rn. 17 = WRP 2017, 415 - Verwertungsgesellschaft Rundfunk/Hetteger Hotel Edelweiss) und einer Gaststätte (vgl. EuGH, GRUR 2012, 156 Rn. 197 und 199 - Football Association Premier League und Murphy), sowie die Patienten einer Kureinrichtung (vgl. EuGH, GRUR 2014, 473 Rn. 31 und 32 - OSA/Léčebné lázně) und eines Re- habilitationszentrums (vgl. EuGH, GRUR 2016, 684 Rn. 60 und 61 - Reha Training /GEMA) - nicht als das Publikum anzusehen, an das der Inhaber des Urheberrechts dachte, als er die ursprüngliche öffentliche Wiedergabe erlaubte. Die Patienten eines Krankenhauses können ohne gezieltes Eingreifen des Krankenhausbetreibers grundsätzlich nicht in den Genuss der ausgestrahlten Werke kommen (vgl. EuGH, GRUR 2016, 684 Rn. 60 und 61 - Reha Training/GEMA). Der private Charakter von Patientenzimmern steht der Annahme der Wiedergabe eines Werks mittels der dort aufgestellten Radioapparate an ein neues Publikum nicht entgegen (vgl. EuGH, GRUR 2017, 385 Rn. 17 - Verwertungsgesellschaft Rundfunk/Hetteger Hotel Edelweiss).
(8) Für die Frage einer öffentlichen Wiedergabe ist es nicht von entschei39 dender Bedeutung, ob die Weiterleitung der Rundfunksendungen auf die Patientenzimmer von der Beklagten zu Erwerbszwecken vorgenommen worden ist. Der gewerbliche Charakter der Verbreitung eines geschützten Werks ist für die Einstufung einer Verbreitung als "öffentliche Wiedergabe" zwar - unter anderem zur Bestimmung der Höhe einer möglichen Vergütung für diese Verbreitung (vgl. EuGH, GRUR 2012, 156 Rn. 204 bis 206 - Football Association Premier League und Murphy) - nicht unerheblich; er ist hierfür aber mit Sicherheit nicht ausschlaggebend (EuGH, GRUR 2016, 684 Rn. 49 - Reha Training/GEMA; vgl. aber auch EuGH, GRUR 2016, 1152 Rn. 55 - GS Media BV/Sanoma u.a.; BGH, GRUR 2017, 514 Rn. 39 - Cordoba).
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Das Berufungsgericht ist im Übrigen zutreffend davon ausgegangen, dass die streitgegenständliche Nutzungshandlung auch Erwerbszwecken diente. Es hat angenommen, ein Erwerbszweck sei zu bejahen, wenn sich die Nutzungshandlung auch nur mittelbar positiv auf die Wahrnehmung des Anbieters durch das Publikum auswirke. Es sei nicht erforderlich, dass für die Nutzungshandlung ein konkretes Entgelt verlangt werde. Im Streitfall sei ein Erwerbszweck gegeben. Die Verfügbarkeit von Radioprogrammen biete den Patienten der Beklagten eine Möglichkeit der Zerstreuung und steigere damit deren Lebensqualität während des Aufenthalts im Krankenhaus der Beklagten. Hierdurch werde zudem der Standard der Klinik erhöht, auch wenn dies nicht unmittelbar zu höheren Einnahmen der Beklagten führe. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung stand.
Der Gerichtshof der Europäischen Union hat angenommen, dass die Ver41 breitung von Fernsehsendungen über Fernsehgeräte, die Patienten eines Rehabilitationszentrums während ihrer Behandlung oder den vorangehenden Wartezeiten Unterhaltung bieten soll, eine zusätzliche Dienstleistung darstellt, die zwar keine medizinische Bedeutung besitzt, sich aber auf die Standards und die Attraktivität der Einrichtung günstig auswirke und dieser somit einen Wettbewerbsvorteil verschaffe (EuGH, GRUR 2016, 684 Rn. 63 - Reha Training/ GEMA). Nichts anderes gilt nach den vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen für die im Streitfall in Rede stehende Weiterleitung von Rundfunksendungen in Patientenzimmer eines Krankenhauses. Soweit die Revision geltend macht, die Patienten der Beklagten wählten deren Klinik ausschließlich nach der Qualität der medizinischen Behandlung und/oder der räumlichen Nähe zu ihrem Wohnort, so dass das Berufungsgericht unzutreffend davon ausgegangen sei, dass sich die Wiedergabe zumindest mittelbar positiv auf die Wahrnehmung der Beklagten durch ihre Patienten auswirke, legt sie keinen
Rechtsfehler dar, sondern versucht lediglich, die mit der Lebenserfahrung im Einklang stehende tatrichterliche Würdigung durch ihre eigene zu ersetzen.
II. Das vom Berufungsgericht in Bezug genommene amtsgerichtliche Urteil
42
ist davon ausgegangen, dass die Klägerin die geltend gemachten Zinsen und die vorgerichtlichen Mahnkosten als Verzugsschaden gemäß § 286 Abs. 1, § 287 Abs. 1, § 288 Abs. 1 BGB beanspruchen kann. Diese zutreffende Beurteilung hat die Revision nicht beanstandet.
III. Eine Vorlage an den Gerichtshof der Europäischen Union ist nicht ver43 anlasst (vgl. EuGH, Urteil vom 6. Oktober 1982 - C-283/81, Slg. 1982, 3415 Rn. 21 = NJW 1983, 1257 - C.I.L.F.I.T.). Im Streitfall stellt sich keine entscheidungserhebliche Frage zur Auslegung von Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG oder Art. 8 der Richtlinie 2006/115/EG, die nicht bereits durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs geklärt oder zweifelsfrei zu beantworten ist. Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union ist es grundsätzlich Sache der nationalen Gerichte, anhand der von ihm aufgestellten Kriterien aufgrund einer umfassenden Beurteilung der gegebenen Situation zu beurteilen, ob in einem konkreten Fall eine öffentliche Wiedergabe vorliegt (vgl. EuGH, GRUR 2012, 593 Rn. 93 - SCF/Del Corso; GRUR 2012, 597 Rn. 39 - PPL/Irland).
44
C. Danach ist die Revision gegen das Berufungsurteil auf Kosten der Beklagten (§ 97 Abs. 1 ZPO) zurückzuweisen.
Koch Löffler Schwonke Feddersen Schmaltz
Vorinstanzen:
AG Bochum, Entscheidung vom 20.09.2016 - 39 C 113/16 -
LG Bochum, Entscheidung vom 07.04.2017 - I-5 S 124/16 -

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten; das Recht umfaßt insbesondere

1.
das Vervielfältigungsrecht (§ 16),
2.
das Verbreitungsrecht (§ 17),
3.
das Ausstellungsrecht (§ 18).

(2) Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe). Das Recht der öffentlichen Wiedergabe umfasst insbesondere

1.
das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19),
2.
das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a),
3.
das Senderecht (§ 20),
4.
das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§ 21),
5.
das Recht der Wiedergabe von Funksendungen und von öffentlicher Zugänglichmachung (§ 22).

(3) Die Wiedergabe ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.

Das Senderecht ist das Recht, das Werk durch Funk, wie Ton- und Fernsehrundfunk, Satellitenrundfunk, Kabelfunk oder ähnliche technische Mittel, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

(1) Haben sich Umstände, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert und hätten die Parteien den Vertrag nicht oder mit anderem Inhalt geschlossen, wenn sie diese Veränderung vorausgesehen hätten, so kann Anpassung des Vertrags verlangt werden, soweit einem Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere der vertraglichen oder gesetzlichen Risikoverteilung, das Festhalten am unveränderten Vertrag nicht zugemutet werden kann.

(2) Einer Veränderung der Umstände steht es gleich, wenn wesentliche Vorstellungen, die zur Grundlage des Vertrags geworden sind, sich als falsch herausstellen.

(3) Ist eine Anpassung des Vertrags nicht möglich oder einem Teil nicht zumutbar, so kann der benachteiligte Teil vom Vertrag zurücktreten. An die Stelle des Rücktrittsrechts tritt für Dauerschuldverhältnisse das Recht zur Kündigung.

(1) Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten; das Recht umfaßt insbesondere

1.
das Vervielfältigungsrecht (§ 16),
2.
das Verbreitungsrecht (§ 17),
3.
das Ausstellungsrecht (§ 18).

(2) Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe). Das Recht der öffentlichen Wiedergabe umfasst insbesondere

1.
das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19),
2.
das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a),
3.
das Senderecht (§ 20),
4.
das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§ 21),
5.
das Recht der Wiedergabe von Funksendungen und von öffentlicher Zugänglichmachung (§ 22).

(3) Die Wiedergabe ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.

Das Senderecht ist das Recht, das Werk durch Funk, wie Ton- und Fernsehrundfunk, Satellitenrundfunk, Kabelfunk oder ähnliche technische Mittel, der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

(1) Das Recht, ein gesendetes Werk im Rahmen eines zeitgleich, unverändert und vollständig weiterübertragenen Programms weiterzusenden (Weitersendung), kann nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden. Dies gilt nicht für

1.
Rechte an einem Werk, das ausschließlich im Internet gesendet wird,
2.
Rechte, die ein Sendeunternehmen in Bezug auf seine Sendungen geltend macht.

(1a) Bei der Weitersendung über einen Internetzugangsdienst ist Absatz 1 nur anzuwenden, wenn der Betreiber des Weitersendedienstes ausschließlich berechtigten Nutzern in einer gesicherten Umgebung Zugang zum Programm bietet.

(1b) Internetzugangsdienst im Sinne von Absatz 1a ist ein Dienst gemäß Artikel 2 Absatz 2 Nummer 2 der Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet und zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten sowie der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union (ABl. L 310 vom 26.11.2015, S. 1), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2018/1972 (ABl. L 321 vom 17.12.2018, S. 36; L 334 vom 27.12.2019, S. 164) geändert worden ist.

(2) Hat der Urheber das Recht der Weitersendung einem Sendeunternehmen oder einem Tonträger- oder Filmhersteller eingeräumt, so hat der Weitersendedienst gleichwohl dem Urheber eine angemessene Vergütung für die Weitersendung zu zahlen. Auf den Vergütungsanspruch kann nicht verzichtet werden. Er kann im Voraus nur an eine Verwertungsgesellschaft abgetreten und nur durch eine solche geltend gemacht werden. Diese Regelung steht Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und gemeinsamen Vergütungsregeln von Sendeunternehmen nicht entgegen, soweit dadurch dem Urheber eine angemessene Vergütung für jede Weitersendung eingeräumt wird.

(1) Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten; das Recht umfaßt insbesondere

1.
das Vervielfältigungsrecht (§ 16),
2.
das Verbreitungsrecht (§ 17),
3.
das Ausstellungsrecht (§ 18).

(2) Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe). Das Recht der öffentlichen Wiedergabe umfasst insbesondere

1.
das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19),
2.
das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a),
3.
das Senderecht (§ 20),
4.
das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§ 21),
5.
das Recht der Wiedergabe von Funksendungen und von öffentlicher Zugänglichmachung (§ 22).

(3) Die Wiedergabe ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.

(1) Das Recht, ein gesendetes Werk im Rahmen eines zeitgleich, unverändert und vollständig weiterübertragenen Programms weiterzusenden (Weitersendung), kann nur durch eine Verwertungsgesellschaft geltend gemacht werden. Dies gilt nicht für

1.
Rechte an einem Werk, das ausschließlich im Internet gesendet wird,
2.
Rechte, die ein Sendeunternehmen in Bezug auf seine Sendungen geltend macht.

(1a) Bei der Weitersendung über einen Internetzugangsdienst ist Absatz 1 nur anzuwenden, wenn der Betreiber des Weitersendedienstes ausschließlich berechtigten Nutzern in einer gesicherten Umgebung Zugang zum Programm bietet.

(1b) Internetzugangsdienst im Sinne von Absatz 1a ist ein Dienst gemäß Artikel 2 Absatz 2 Nummer 2 der Verordnung (EU) 2015/2120 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Maßnahmen zum Zugang zum offenen Internet und zur Änderung der Richtlinie 2002/22/EG über den Universaldienst und Nutzerrechte bei elektronischen Kommunikationsnetzen und -diensten sowie der Verordnung (EU) Nr. 531/2012 über das Roaming in öffentlichen Mobilfunknetzen in der Union (ABl. L 310 vom 26.11.2015, S. 1), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2018/1972 (ABl. L 321 vom 17.12.2018, S. 36; L 334 vom 27.12.2019, S. 164) geändert worden ist.

(2) Hat der Urheber das Recht der Weitersendung einem Sendeunternehmen oder einem Tonträger- oder Filmhersteller eingeräumt, so hat der Weitersendedienst gleichwohl dem Urheber eine angemessene Vergütung für die Weitersendung zu zahlen. Auf den Vergütungsanspruch kann nicht verzichtet werden. Er kann im Voraus nur an eine Verwertungsgesellschaft abgetreten und nur durch eine solche geltend gemacht werden. Diese Regelung steht Tarifverträgen, Betriebsvereinbarungen und gemeinsamen Vergütungsregeln von Sendeunternehmen nicht entgegen, soweit dadurch dem Urheber eine angemessene Vergütung für jede Weitersendung eingeräumt wird.

(1) Der Urheber hat das ausschließliche Recht, sein Werk in körperlicher Form zu verwerten; das Recht umfaßt insbesondere

1.
das Vervielfältigungsrecht (§ 16),
2.
das Verbreitungsrecht (§ 17),
3.
das Ausstellungsrecht (§ 18).

(2) Der Urheber hat ferner das ausschließliche Recht, sein Werk in unkörperlicher Form öffentlich wiederzugeben (Recht der öffentlichen Wiedergabe). Das Recht der öffentlichen Wiedergabe umfasst insbesondere

1.
das Vortrags-, Aufführungs- und Vorführungsrecht (§ 19),
2.
das Recht der öffentlichen Zugänglichmachung (§ 19a),
3.
das Senderecht (§ 20),
4.
das Recht der Wiedergabe durch Bild- oder Tonträger (§ 21),
5.
das Recht der Wiedergabe von Funksendungen und von öffentlicher Zugänglichmachung (§ 22).

(3) Die Wiedergabe ist öffentlich, wenn sie für eine Mehrzahl von Mitgliedern der Öffentlichkeit bestimmt ist. Zur Öffentlichkeit gehört jeder, der nicht mit demjenigen, der das Werk verwertet, oder mit den anderen Personen, denen das Werk in unkörperlicher Form wahrnehmbar oder zugänglich gemacht wird, durch persönliche Beziehungen verbunden ist.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

Der Schuldner hat während des Verzugs jede Fahrlässigkeit zu vertreten. Er haftet wegen der Leistung auch für Zufall, es sei denn, dass der Schaden auch bei rechtzeitiger Leistung eingetreten sein würde.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.