Arbeitsrecht: Keine automatische fristlose Kündigung wegen privater Internetnutzung
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Eine solche Fallkonstellation, die üblicherweise in den Zuständigkeitsbereich der Arbeitsgerichte gehört, kann zu einer verwaltungsgerichtlichen Streitigkeit werden, wenn es um die von einem öffentlichen Arbeitgeber beabsichtigte außerordentliche Kündigung eines Personalratsmitglieds geht. Eine solche Kündigung bedarf der Zustimmung des Personalrats. Stimmt dieser nicht zu, kann der öffentliche Arbeitgeber die Ersetzung der Zustimmung beim Verwaltungsgericht beantragen. Dieses hat dann im Rahmen eines „vorweggenommenen Kündigungsschutzprozesses“ die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung zu prüfen. So lag es auch hier: Der öffentliche Arbeitgeber beabsichtigte, gegenüber einem zur Hälfte für eine Personalratstätigkeit freigestellten Schulhausmeister eine fristlose Kündigung wegen umfangreicher verbotener privater Internetnutzung des in der Hausmeisterloge aufgestellten Computers auszusprechen. Der Personalrat verweigerte die Zustimmung.
Das OVG lehnte die Ersetzung der Zustimmung ab. Zwar sei eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung u.a. bei einer exzessiven bzw. ausschweifenden privaten Nutzung des Internets während der Arbeitszeit möglich. Eine solche ausschweifende Nutzung sei aber vorliegend nicht nachgewiesen. In einem Überprüfungszeitraum von sieben Wochen sei es an insgesamt zwölf Tagen mit durchschnittlich einer Stunde täglich zu Auffälligkeiten gekommen. Teilweise sei dabei der private oder dienstliche Charakter der aufgerufenen Seiten fragwürdig. Teilweise habe die vorgeworfene Nutzung außerhalb der nach dem Dienstplan zu leistenden Arbeitszeit gelegen. Der Arbeitnehmer sei im Übrigen bereits viele Jahre als Schulhausmeister bei demselben Arbeitgeber beschäftigt, ohne dass sein dienstliches Verhalten formell beanstandet worden wäre. Eine Abmahnung hätte nach Auffassung der Richter daher als Reaktion des Arbeitgebers ausgereicht. Nach dem „scharfen Schwert“ der außerordentlichen Kündigung hätte er nicht sogleich greifen dürfen (OVG Niedersachsen, 18 LP 15/10).
Das OVG Lüneburg hat mit dem Beschluss vom 14.09.2011 (Az: 18 LP 15/10) entschieden:
Gründe:
Der Antragsteller begehrt die Ersetzung der Zustimmung des Beteiligten zu 2. zu der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 1., die wegen privater Nutzung des Internets an einem Arbeitsplatzcomputer ausgesprochen werden soll.
Der 1966 geborene Beteiligte zu 1. ist seit 1997 als Schulhausmeister der L.-M. (ehemals N.) - beschäftigt. Seit August 2008 ist er als Mitglied des Personalrats zu 50 v. H. von seiner dienstlichen Tätigkeit freigestellt. Er ist stellvertretender Personalratsvorsitzender der Stammdienststelle. Aufgrund der Freistellung wurde in der Schule zusätzlich Herr O. P. als Hausmeister eingesetzt, der daneben auch Aufgaben im Hauptverwaltungsgebäude der Region H. versah. In der Schule befindet sich neben dem Haupteingang die Hausmeisterloge, in der auch ein Personalcomputer mit Internetzugang („Hausmeister-PC“) aufgestellt ist. Aufgrund von Hinweisen des Schulleiters, es bestehe der Verdacht einer unzulässigen privaten Nutzung des Internets während des Dienstes über den Hausmeister-PC, wurden über einen Zeitraum von sieben Wochen (4. Januar 2010 bis 19. Februar 2010) entsprechende Ermittlungen durch den Q. durchgeführt. Die Ermittlungen ergaben, dass der Beteiligte zu 1. in diesem Zeitraum an zwölf Tagen das Internet privat genutzt haben soll; dabei soll er an fünf Tagen Internetseiten mit pornografischem Inhalt aufgerufen haben. Am 10. März 2010 -nachdem er von den gegen den Beteiligten zu 1. gerichteten Ermittlungen Kenntnis zu 1. gerichteten Ermittlungen Kenntnis erlangt hatte - offenbarte Herr P. gegenüber dem Schulleiter, dass er selbst in erheblichem Umfang im letzten sowie im laufenden Jahr während seines Dienstes das Internet privat genutzt und dabei auch Seiten mit pornografischem Inhalt aufgerufen habe. Das Arbeitsverhältnis mit Herrn P. wurde daraufhin zur Vermeidung einer außerordentlichen Kündigung zum 31. März 2010 einvernehmlich beendet.
Mit Schreiben vom 29. April 2010 (Beiakte A) beantragte der Personalleiter der Region H. bei dem Beteiligten zu 2. die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 1.; dieser habe während seiner Dienstzeit am Hausmeister-PC in erheblichem Umfang das Internet privat genutzt, wobei in nicht unerheblichem Umfang Seiten mit eindeutig pornografischem Inhalt aufgerufen worden seien. Eine Genehmigung i. S. d. Dienstvereinbarung über die private Nutzung des Internetzugangs der Region H. liege nicht vor. Das Abrufen von Internetseiten mit sexistischem oder pornografischem Inhalt sei nach § 4 Abs. 2 der vorgenannten Dienstvereinbarung ausdrücklich verboten. Ein wichtiger Grund zu einer außerordentlichen Kündigung könne vorliegen, wenn der Arbeitnehmer das Internet während der Arbeitszeit in erheblichem zeitlichem Umfang nutze und insoweit seine Arbeitspflichten verletze sowie auch bei dem Hervorrufen einer Gefahr der Rufschädigung des Arbeitgebers durch Aufruf von Internetseiten pornografischen Inhalts. Der Antragsteller verwies zudem darauf, dass der Beteiligte zu 1. bereits am 7. Februar 2008 vom dienstlichen Computer auf private Seiten wie „S...de“ sowie insbesondere (19-mal) auf Seiten pornografischen Inhalts besonders harter Art zugegriffen habe.
Unter dem 4. Mai 2010 verweigerte der Beteiligte zu 2. die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung.
Am 7. Mai 2010 hat der Antragsteller das personalvertretungsrechtliche Beschlussverfahren mit dem Ziel der gerichtlichen Ersetzung der Zustimmung eingeleitet. Der Beteiligte zu 2. sei über sämtliche kündigungsrelevanten Gesichtspunkte vollständig informiert worden. Der Beteiligte zu 1. habe keine Genehmigung besessen, von dem Hausmeister-PC aus private Internetseiten aufzurufen. Es stehe zu seiner - des Antragstellers - Überzeugung fest, dass der Beteiligte zu 1. die Internetseiten an diesem Computer aufgerufen habe. Ausschließlich die Schulhausmeister P. und R. - der Beteiligte zu 1. - hätten Zugang zu dem Computer mit einem eigenen Passwort gehabt. Der PC habe sich in einer abgeschlossenen Loge befunden. Nur wenige Personen hätten mit einem eigenen Schlüssel Zugang zu dieser Loge. Die Internetaufrufe seien im Wesentlichen in Zeiträumen erfolgt, in denen der Beteiligte zu 1. im Dienst gewesen sei. Dass die Nutzungen an den zwölf in Rede stehenden Tagen im Januar und Februar 2010 durch den Beteiligten zu 1. und nicht durch Herrn P. erfolgt seien, ergebe sich aus einer Auswertung der jeweiligen Dienstzeiten. Etliche der aufgerufenen Seiten (s...de, f...de) seien eindeutig dem Beteiligten zu 1. zuzuordnen, der sich etwa auf der Internetseite sc...de als Anhänger von S. (S.) zu erkennen gegeben und die Internetseite f...de am 28. April 2010 ausdrücklich empfohlen habe. Auch am 7. Februar 2008 habe der Beteiligte zu 1. das Internet massiv privat genutzt und auch etliche Pornoseiten sowie auch wiederum s...de aufgerufen. Es sei deshalb beabsichtigt, eine verhaltensbedingte Kündigung auszusprechen, nicht etwa eine Verdachtskündigung.
Der Antragsteller hat beantragt,
die von dem Beteiligten zu 2. verweigerte Zustimmung zu der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 1. zu ersetzen.
Die Beteiligten zu 1. und 2. haben beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Der Beteiligte zu 1. hat u. a. vorgetragen: Es fehle bereits an einer Rechtsgrundlage für die gegen ihn eingeleiteten Ermittlungen. Hintergrund des gesamten Verfahrens sei wohl ein Streit, den er seit geraumer Zeit mit seinem Schulleiter ausfechte. Der ihm gegenüber erhobene Vorwurf sei nicht hinreichend substantiiert. Er bestreite, jemals Pornoseiten vom Hausmeister-PC aufgerufen zu haben. Am 8. Januar 2010 habe er keine privaten Internetseiten und auch keine Seiten pornografischen Inhalts aufgerufen. Am 11. Januar 2010 habe er erst ab 10:30 Uhr seine Arbeit angetreten. Erste Zugriffe würden aber bereits ab 08:17 Uhr dokumentiert. Dies könne nur ein anderer Nutzer gewesen sein. Er sei im Übrigen ganztägig im Personalratsbüro gewesen. Um etwa 19:00 Uhr sei er von seiner Privatwohnung aus zur T. gefahren. Gegen 19:30 Uhr habe er dann nach Verlassen der Reinigungskräfte einen Schließ- und Kontrollgang durch die Schule vorgenommen. Um 20:15 Uhr habe er die Rückfahrt zur Privatwohnung angetreten. Er frage sich, wie er bei einem derart straffen Programm mit jeweils wechselnden Arbeitsorten Zugriff auf einen PC hätte nehmen sollen. Auch am 12. Januar 2010 habe er Spätdienst gehabt und seinen Dienst erst ab 10:30 Uhr angetreten. Die ersten Zugriffe seien jedoch bereits um 10:06 Uhr erfolgt. Soweit um 16:02 Uhr bis 16:03 Uhr wiederum in der Aufzählung des Antragstellers Elemente auftauchten, bei denen es sich um solche mit pornografischem Inhalt handeln solle, habe er sich in einer Pause in seiner Privatwohnung befunden. Etwa gegen 16:20 Uhr habe er sich dann auf den Weg zu seiner Interessenvertretung gemacht, um dort ab 17:00 Uhr am Aktionsrat zur Tarifrunde 2010 teilzunehmen. Am 13. Januar 2010 habe er sich ganztätig im Personalratsbüro aufgehalten. In der Zeit von 19:00 Uhr bis etwa 22:15 Uhr sei er mit Kontroll- und Schließdiensten an der N. und T. betraut gewesen. Am 15. Januar 2010 sei er zwar ganztägig im Rahmen seines Spätdienstes in der L. eingesetzt gewesen. Er habe aber hier dem Dienstbetrieb aufgrund einer ganztätigen Urlaubsplanung für das Jahr 2010 unter Beteiligung anderer Kollegen nicht zur Verfügung gestanden. Herr P. sei an diesem Tag sehr wohl, anders als der Antragsteller vortrage, zum Dienst eingeplant gewesen und habe auch tatsächlich gearbeitet. Auch am 22. Januar 2010 habe er keinen Zugriff auf private Internetseiten vorgenommen. Am 25. Januar 2010 sei er während des gesamten Tages mit Personalratsarbeit im Personalratsbüro befasst gewesen. Zudem habe er an einer Teilpersonalversammlung teilgenommen. Deshalb sei es auszuschließen, dass er in der Zeit von 08:28 Uhr bis 14:17 Uhr Zugriff auf den Computer in der L. gehabt habe. Er habe auch nicht in dem Zeitraum ab 19:58 Uhr im Internet gesurft, weil er für den Kontroll- und Schließdienst eingeplant und insoweit an wechselnden Arbeitsorten eingesetzt gewesen sei. Am 26. Januar 2010 sei er für den Spätdienst mit Arbeitsbeginn um 10:30 Uhr eingesetzt gewesen und könne daher für die Zugriffe, die bereits ab 09:34 Uhr erfolgt seien, nicht verantwortlich gemacht werden. Am 5. Februar 2010 sei er zunächst für den Frühdienst ab 05:30 Uhr eingeplant gewesen, er habe an diesem Tag aber an einem Vertrauensleute-Seminar von U. teilgenommen und hierfür seinen Arbeitsort um 12:30 Uhr verlassen; die Zugriffe sollen in der Zeit von 07:09 Uhr bis 14:34 Uhr stattgefunden haben. Am 16. Februar 2010 habe er das Internet nicht zu privaten Zwecken genutzt. Am 19. Februar 2010 sei er in der Zeit von 05:30 Uhr bis 15:00 Uhr für den Frühdienst eingeplant gewesen. Die Aufzeichnung der Internetzugriffe weise aber den Zeitraum 07:21 Uhr bis 18:50 Uhr aus. Nach Dienstschluss habe er sich in seine Privatwohnung begeben. Bei dieser Sachlage hätte er keinen Zugriff auf das Internet nehmen können.
Der Beteiligte zu 2. hat u. a. vorgetragen: Es sei bereits die Frist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten worden. Der Umstand, dass Herr P. bereits am 25. Februar 2010 einen Arbeitsstundenachweis für die hier streitige Zeit vorgelegt habe, lasse darauf schließen, dass es mit diesem spätestens zu diesem Zeitpunkt ein Personalgespräch gegeben habe, weil bereits zu diesem Zeitpunkt Verdachtsmomente einer unerlaubten Internetnutzung vorhanden gewesen seien. Absolut unklar sei, welche Nutzungen durch Herrn P. erfolgt seien. Die entsprechenden auf Herrn P. bezogenen dokumentierten Zugriffe seien nicht vorgelegt worden. Der Beteiligte zu 1. sei häufig nicht im Hausmeisterzimmer gewesen, sondern habe sich um das gekümmert, was seine Arbeitsaufgabe im Bereich der zu der Zeit vorgenommenen Umbauarbeiten in der Schule gewesen sei. Der Hausmeister-PC sei den ganzen Tag gelaufen und für jeden, der ihn genutzt habe, zugänglich gewesen. Eigenen Zugang zur Hausmeisterloge hätten insgesamt 12 Personen gehabt. Weiterhin ergebe sich aus der vom Antragsteller vorgelegten Auflistung nicht, dass es sich jeweils um einen willentlichen Zugriffsakt auf die betreffenden Seiten gehandelt habe. Es sei vielmehr möglich, dass dort auch die Öffnung verschiedener Popups festgehalten sei. Im Übrigen sei die Dienstvereinbarung über die Internetnutzung so auszulegen, dass diese nicht für sämtliche Mitarbeiter der Region gelte, sondern nur für diejenigen, die an der elektronischen Zeiterfassung teilnähmen.
Das Verwaltungsgericht hat mit dem angegriffenen Beschluss die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung ersetzt. Der Beteiligte zu 2. sei ordnungsgemäß beteiligt, unterrichtet und um Zustimmung gebeten worden. Auch die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei beachtet worden. Der Antragsteller, der eine verhaltensbedingte Kündigung habe aussprechen wollen, sei gehalten gewesen, umfangreiche Ermittlungen anzustellen, um sich Gewissheit darüber zu verschaffen, dass die Zugriffe dem Beteiligten zu 1. zuzurechnen sind und nicht etwa Herr P. oder einer dritten Person. Während dieser Ermittlungen habe die Frist noch nicht zu laufen begonnen, sondern erst nach deren Abschluss und nach erfolgter Anhörung des Beteiligten zu 1. am 27. April 2010. Erst zu diesem Zeitpunkt habe der Antragsteller vollständige und sichere Kenntnis der relevanten Tatsachen gehabt. Die Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB lägen vor. Der Beteiligte zu 1. habe an zwölf in dem Zeitraum vom 8. Januar bis 19. Februar 2010 liegenden Tagen von dem Hausmeister-PC im Wesentlichen während seiner Arbeitszeit zu privaten Zwecken den dort vorhandenen Internetanschluss exzessiv genutzt, obwohl ihm eine private Internetnutzung während seiner Arbeitszeit nicht gestattet sei. Er habe dabei auch pornografische Seiten aufgerufen. Das Verwaltungsgericht ist unter detaillierter Prüfung des Nutzungsverhaltens an den einzelnen in Rede stehenden zwölf Tagen in dem siebenwöchigen Zeitraum vom 4. Januar bis 19. Februar 2010 und am 7. Februar 2008 zu dem Ergebnis gelangt, dass dem Antragsteller die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zumutbar sei. Die Aufrufe vom Hausmeister-PC seien ganz überwiegend in Zeiträumen erfolgt, in denen der Beteiligte zu 1. nach dem Dienstplan zum Hausmeisterdienst eingeteilt gewesen sei. Soweit der Beteiligte zu 1. für einzelne Tage bestritten habe, entgegen dem Dienstplan zeitweise nicht in der Schule gewesen zu ein, sei sein Vorbringen unglaubhaft. Die Internetnutzung sei auch dem Beteiligten zu 1. zuzuordnen und nicht dem Schulhausmeister P. Zugriffe durch Popups in einem relevanten Ausmaß seien ausgeschlossen; es deute auch nichts auf Zugriffe von dritter Seite hin.
Dagegen haben die Beteiligten zu 1. und 2. jeweils Beschwerde eingelegt.
Der Beteiligte zu 1. führt zur Begründung seiner Beschwerde u. a. aus: Es sei unklar und werde bestritten, dass die IP-Adresse 192.168.2.56 dem Hausmeister-PC zugeordnet gewesen sei. Es könne sich auch um die IP-Adresse des Proxy-Servers gehandelt haben und nicht des Endgerätes. Außerdem sei es möglich, dass ein Dritter durch „Fernzugriff“ über diese IP-Adresse Zugriff auf das Internet genommen hat. Die Hausmeisterloge sei meist mittels eines Keils geöffnet, so dass auch insoweit eine Nutzung durch Dritte möglich gewesen sei. Die tabellarisch protokollierten Internetzugriffe könnten durch Popups, Overlays oder Banner hervorgerufen worden sein. Aus dem Protokoll ergebe sich nicht die Nutzungsdauer. Ein ausdrückliches Verbot der privaten Internetnutzung habe es nicht gegeben; es folge auch nicht aus der Dienstvereinbarung über die private Nutzung des Internetzugangs. Das Rundschreiben vom 1. Juli 2008 thematisiere ausschließlich eine zusätzliche private Nutzung außerhalb der Arbeitszeit. Der Arbeitgeber sei bei einer gestatteten Nutzung des Internets zu privaten Zwecken Diensteanbieter i. S. d. Telekommunikationsgesetzes. Es gelte das Fernmeldegeheimnis und eine entsprechende Datenerhebung habe datenschutzrechtlich nicht durchgeführt werden dürfen; etwaige Internetnutzungen hätten nicht „geloggt“ werden dürfen. Es bestehe in einer solchen Situation ein Verwertungsverbot für die im Rahmen von Kontrollen erlangten Informationen über Zugriffe. Jedenfalls läge aber ein wichtiger Grund i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB nicht vor. Es sei für viele Internetzugriffe gar nicht klar, ob sie privater oder dienstlicher Natur gewesen seien. Für den 8. Januar 2010 sei weder eine private noch eine exzessive Nutzung belegt. Am 11. Januar 2010 sei er während der protokollierten Zugriffe zwischen 19:57 und 20:07 Uhr zu Hause gewesen; dies könne seine Ehefrau bezeugen. Dass in der Reisekostenabrechnung die Unterbrechung des abendlichen Schließdienstes nicht angegeben sei, sondern nur eine Summe angesetzt worden sei, sei - auch bei dem Kollegen V. - üblich gewesen. Hinsichtlich des 12. Januar 2010 könne er sich gut daran erinnern, zwischen 15:30 Uhr bis 16:30 Uhr Pause gemacht zu haben; die Zugriffe in dieser Zeit könnten gar nicht von ihm getätigt worden sein. Am 13. Januar 2010 sei er gar nicht in der L. gewesen. Am 15. Januar 2010 könne auch Herr P., der wegen der ca. 2,5 bis 3 Stunden dauernden Urlaubsplanung und auch noch danach entgegen seines Dienstplans in der Schule gewesen sei, für die Nutzung verantwortlich sein. Während der Urlaubsplanung, bei der auch über andere Dinge der schulhausmeisterlichen Tätigkeit gesprochen worden sei, könnten alle Teilnehmer bestätigen, dass nicht auf das Internet zugegriffen worden sei. Am 25. Januar 2010 sei er zur Zeit der ihm vorgeworfenen Nutzung in der Zeit von 19:58 Uhr bis 20:10 Uhr zu Hause gewesen. Am 26. Januar 2010 habe im Zeitraum von 10:00 bis 11:00 Uhr die Übergabe der Dienstwohnung des Beteiligten zu 1. stattgefunden, so dass Zugriffe nicht erfolgt sein könnten. Am 29. Januar 2010 habe er entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts Frühdienst gehabt und die Schule daher um 15:30 Uhr verlassen; von 10:00 Uhr bis 11:00 Uhr habe wiederum ein Termin in der Dienstwohnung stattgefunden; danach sei die Decke im Wohnzimmer freigelegt worden. Am 5. Februar 2010 habe er ab 16:00 Uhr an einem Vertrauensleuteseminar von W. teilgenommen, um 13:00 Uhr habe er noch einen anderen Termin gehabt, was durch Mitarbeiter der Firma X. bestätigt werden könne. Am 19. Februar 2010 sei der Beteiligte zu 1. abends gar nicht mehr in der Schule gewesen, weil er Frühdienst gehabt habe. Es sei nicht nachvollziehbar, wieso ihm unterstellt werde, er wäre abends nochmals heimlich in die Schule gekommen, während dies für Herrn P. offenbar nicht angenommen worden sei. Die an den einzelnen Tagen angewählten Internetseiten könnten nichts darüber aussagen, wer die Zugriffe getätigt habe. Das Verwaltungsgericht habe auch eine erforderliche Interessenabwägung und Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht vorgenommen. Der Beteiligte zu 1. sei seit August 1997 beim Antragsteller beschäftigt und spätestens am 1. August 2012 unkündbar; er sei verheiratet und Vater einer 15-jährigen Tochter.
Der Beteiligte zu 2. trägt zur Begründung seiner Beschwerde u. a. vor: Er sei im Zusammenhang mit dem Zustimmungsersuchen nicht hinreichend informiert worden, es seien bestimmte Unterlagen (Dienstplan des Beteiligten zu 1., Arbeitsstundennachweis von Herrn P., dienstliche Erklärungen der übrigen Inhaber eines Schlüssels zur Hausmeisterloge) nicht vorgelegt worden. Zudem sei die Ausschlussfrist des § 626 Abs. 2 BGB nicht eingehalten worden. Die Überprüfung des Hausmeister-PCs habe bereits am 25. Februar 2010 stattgefunden, ebenso sei an diesem Tag der Arbeitsstundennachweis von Herrn P. erstellt worden. Die Antragstellung am 7. Mai 2010 sei daher zu spät. Der Antragsteller als Kündigungsberechtigter müsse sich dabei die Kenntnisse des Personalleiters Y. zurechnen lassen, dieser habe die für eine Zurechnung erforderliche herausgehobene Position. Es hätte vorgetragen werden müssen, wem welche Erkenntnisse zu welchem Zeitpunkt vorgelegen hätten. Die Stellung des Beteiligten zu 1. als stellvertretender Personalratsvorsitzender der Hauptdienststelle spreche dafür, dass der Antragsteller persönlich fortlaufend informiert worden sei. In technischer Hinsicht gebe es Querverbindungen zwischen den Schüllerrechnern und den Verwaltungsrechnern, weil die Kommunikation mit dem Internet über denselben Proxy-Server erfolge; der Beteiligte zu 2. habe aber mangels Beteiligung bei der Einrichtung keine Kenntnisse von der genauen Konfiguration. Den daraus resultierenden massiven Erklärungsbedarf habe der Antragsteller nicht befriedigt. In den Protokollen seien nicht die aktiven Zugriffe dokumentiert, sondern die vom Proxy-Server gelieferten IP-Adressen, die zahlreiche Popups zum Gegenstand hätten.
Die Beteiligten zu 1. und 2. beantragen jeweils,
den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts zu ändern und den Antrag auf Ersetzung der von dem Beteiligten zu 2. verweigerten Zustimmung zu der beabsichtigten außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 1. abzulehnen.
Der Antragsteller beantragt,
die Beschwerden zurückzuweisen.
Er macht im Rahmen seiner Beschwerdeerwiderung u. a. geltend: Der Beteiligte zu 1. habe entgegen einem ausdrücklichen Verbot in erheblichem Umfang während der Arbeitszeit das Internet privat über den Hausmeister-PC genutzt, der auch immer dieselbe IP-Adresse gehabt habe. Die Personen, die außer dem Beteiligten zu 1. und Herrn P. einen Schlüssel haben, hätten die Hausmeisterloge in dem Überprüfungszeitraum nicht einmal betreten. Die auf dem Server der L. gespeicherten und zur Verfügung stehenden Protokolldateien seien noch umfangreicher als diejenigen, die in der ersten Instanz vorgelegt worden seien (exemplarisch für den 12. Januar 2010: Anlage 1 zum Schriftsatz vom 11. Mai 2011, Bl. 266-331 d. A.). Die Befassung mit pornografischen Darstellungen berge die erhöhte Gefahr einer Rückverfolgung, woraus der Eindruck entstehen könnte, eine öffentliche Einrichtung beschäftige sich nicht mit Dienstaufgaben, sondern mit Pornografie. Zu den einzelnen Tagen wird vom Antragsteller ausgeführt: Am 8. Januar 2010 sei in mindestens 62 Zeitminuten auf das Internet zugegriffen worden; keine der Internetadressen habe dienstlichen Charakter. Am 11. Januar 2010 weise das Nutzungsprofil deutlich auf den Beteiligten zu 1. hin. Dass er bei den abendlichen Zugriffen zu Hause gewesen sein will, sei eine Schutzbehauptung. Hinsichtlich der Schließdienste gebe es zudem keine konkreten zeitlichen Vorgaben, sondern die Aufgaben seien eigenverantwortlich zu erfüllen. Der behauptete Schließdienst auch an der T. werde durch die vorgelegte Reisekostenabrechnung widerlegt; auch ein Aufenthalt zu Hause sei insofern nicht angegeben.
Die am 12. Januar 2010 aufgerufenen pornografischen Seiten seien mit denen vom 11. Januar 2010 identisch, die Nutzung belaufe sich für den ganzen Tag auf 75 Zeitminuten. Dass der Beteiligte zu 1. nachmittags Pause gemacht haben will, lasse die widerrechtliche Internetnutzung nicht entfallen. Die Nutzungen am 13. Januar 2010 zwischen 20:37 Uhr und 20:56 Uhr seien schon aufgrund des Nutzungsprofils wiederum dem Beteiligten zu 1. zuzurechnen. Am 15. Januar 2010 seien Zugriffe zwischen 11:33 Uhr und 16:16 Uhr zu mindestens 67 unterschiedlichen Zeitminuten erfolgt. Diese seien dem Beteiligten zu 1. zuzuordnen. Es habe sich dabei u. a. auch wieder um dieselben Seiten sexuellen Inhalts gehandelt, wie schon an den vorigen Tagen, nämlich um „Abbildungen von Frauen in Nylon“. Auch die behauptete Dauer der Urlaubsplanung an diesem Tag von 2,5 - 3 Stunden sei kaum nachvollziehbar. Am 22. Januar 2010 spreche wiederum das Nutzungsprofil für den Beteiligten zu 1., der hier zu 89 Zeitminuten auf das Internet zugegriffen habe. Der abendliche Zugriff am 25. Januar 2010 zwischen 19:58 Uhr und 20:10 Uhr könne nur durch den Beteiligten zu 1. vorgenommen worden sein, da Herr P. Frühdienst gehabt habe und nicht mehr in die Schule zurückgekehrt sei. Der Vortrag des Beteiligten zu 1., zu Hause gewesen zu sein, sei eine Schutzbehauptung. Am 26. Januar 2010 habe die nahezu ausschließlich private Nutzung in 69 Zeitminuten stattgefunden, am 29. Januar 2010 in 112 Zeitminuten. Am 5. Februar 2010 seien es 117 Zeitminuten gewesen; der behauptete Termin um 13:00 Uhr sei eine Schutzbehauptung. Am 16. Februar 2010 habe es sich um 80 Zeitminuten gehandelt. Am 19. Februar 2010 habe es sich um 115 Zeitminuten gehandelt, die abendliche Nutzung habe wieder „der Befriedigung desselben Fetischs“ gedient wie bereits die Nutzungen an den Tagen zuvor. Die Frage, warum er bei vorhandenem häuslichen Internetanschluss die Schule aufgesucht haben soll, lasse sich so beantworten, dass ein von seiner Ehefrau unbemerktes Aufsuchen dieser Seiten habe stattfinden sollen. Der Beteiligte zu 1. habe seine Arbeitspflicht in einem solchen Umfang verletzt, dass es für ihn deutlich zu erkennen gewesen sei, dass es im Falle der Kenntniserlangung durch den Arbeitgeber nicht nur zu einer Abmahnung, sondern zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses kommen würde. Eine Abmahnung sei auch wegen des fortwährenden Leugnens nicht erforderlich gewesen. Auch die Zweiwochenfrist des § 626 Abs. 2 BGB sei eingehalten worden. Der Antragsteller sei erst nach Eingang der Stellungnahme des Beteiligten zu 1. informiert worden. Herr Y. habe erstmalig am 20. April 2010 von der Auswertung der Serverdaten Kenntnis erlangt. Schließlich sei der Beteiligte zu 2. auch ordnungsgemäß informiert worden. Er könne sich im Beschlussverfahren auch nicht auf eine nicht hinreichende Information berufen, weil er die Zustimmung zur außerordentlichen Kündigung mit Schreiben vom 4. Mai 2010 ohne Angabe von Gründen verweigert habe, was einen klaren Verstoß gegen den Grundsatz der vertrauensvollen Zusammenarbeit darstelle.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Verfahrensakte 18 LP 15/10 nebst Beiakte A Bezug genommen.
Die Beschwerde hat Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Zustimmung des Beteiligten zu 2. zur außerordentlichen Kündigung des Beteiligten zu 1. zu Unrecht ersetzt.
Während bei einem „regulären“ Arbeitnehmer eine ordentliche Kündigung mitbestimmungspflichtig (§ 75 Abs. 2 Nr. 9 NPersVG) und eine außerordentliche Kündigung benehmenspflichtig (§ 75 Abs. 1 Nr. 3 NPersVG) jeweils mit der Folge der Unwirksamkeit bei etwaig nicht erfolgter Beteiligung des Personalrats ist (§ 108 Abs. 2 BPersVG i. V. m. Art. 125a Abs. 1 Satz 1 GG bzw. § 76 Abs. 2 Satz 2 NPersVG), ist bei einem Personalratsmitglied eine ordentliche Kündigung von vornherein ausgeschlossen (§ 15 Abs. 2 Satz 1 KSchG und deklaratorische Verweisung in § 41 Abs. 2 Satz 2 NPersVG) und für eine außerordentliche Kündigung die (vorherige) Zustimmung des Personalrats erforderlich (§ 41 Abs. 4 Satz 1 NPersVG). Stimmt der Personalrat nicht zu, kann das Verwaltungsgericht die Zustimmung auf Antrag des Dienststellenleiters ersetzen, wenn die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist (§ 41 Abs. 4 Satz 2 NPersVG). Nur bei Vorliegen der Zustimmung des Personalrats oder deren gerichtlicher Ersetzung ist die außerordentliche Kündigung eines Personalratsmitglieds zulässig (§§ 15 Abs. 2 Satz 1 KSchG) bzw. wirksam (§ 41 Abs. 4 Satz 4 NPersVG). Der gerichtliche Prüfungsmaßstab im Zustimmungsersetzungsverfahren beschränkt sich nicht etwa auf die Frage, ob der Personalrat bei der Verweigerung einen Ermessens- oder Beurteilungsspielraum überschritten hat, sondern es ist in einem gleichsam vorweggenommenen Kündigungsschutzverfahren unter Heranziehung der in der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Grundsätze die Rechtsentscheidung zu treffen, ob im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung eine außerordentliche Kündigung nach § 626 BGB berechtigt wäre.
Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Das Gesetz kennt keine „absoluten“ Kündigungsgründe, vielmehr ist jeder Sachverhalt einer Einzelbeurteilung zu unterziehen. Die erforderliche Überprüfung, ob ein gegebener Lebenssachverhalt die Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB erfüllt, ist zweistufig vorzunehmen. Auf der ersten Stufe ist zunächst zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt ohne die besonderen Umstände des Einzelfalls als wichtiger Kündigungsgrund „an sich“, d. h. typischerweise geeignet ist. Liegt ein solcher Sachverhalt vor, bedarf es auf der zweiten Stufe der weiteren Prüfung, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses dem Kündigenden unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht.
Bereits auf der ersten Stufe der Prüfung kann vorliegend ein wichtiger Grund „an sich“ für eine außerordentliche Kündigung nicht angenommen werden. Ein wichtiger Grund kann nicht in einer einfachen - auch wiederholten - verbotswidrigen Internetnutzung zu privaten Zwecken als solcher erblickt werden. Nur bei einer durch bestimmte weitere Kriterien qualifizierten privaten Internetnutzung wird die Schwelle zu einer einen wichtigen Grund darstellenden Pflichtverletzung überschritten, bei der der Arbeitgeber nicht mehr auf die Möglichkeit einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung zu verweisen ist. Eine solche Qualifizierung kommt hier insbesondere unter dem Gesichtspunkt einer exzessiven Nutzung des Internets während der Arbeitszeit in Betracht, die sich aber in wesentlichen Teilen nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen lässt. Im Einzelnen:
Zur Frage, wann bei einer vom Arbeitgeber nicht erlaubten Nutzung eines Arbeitsplatzcomputers zum privaten Surfen im Internet eine „kündigungsrelevante Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten“ vorliegt, sind in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts sowohl im Zusammenhang mit ordentlichen als auch mit außerordentlichen Kündigungen verschiedene Kriterien skizziert worden.
- Das Herunterladen einer erheblichen Menge von Daten aus dem Internet auf betriebliche Datensysteme („unbefugter Download“), insbesondere wenn damit einerseits die Gefahr möglicher Vireninfizierungen oder anderer Störungen des - betrieblichen - Systems verbunden sein können oder andererseits von solchen Daten, bei deren Rückverfolgung es zu möglichen Rufschädigungen des Arbeitgebers kommen kann, beispielsweise, weil strafbare oder pornografische Darstellungen heruntergeladen werden;
- die private Nutzung des vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Internetanschlusses als solche, weil durch sie dem Arbeitgeber möglicherweise - zusätzliche - Kosten entstehen können und der Arbeitnehmer jedenfalls die Betriebsmittel -unberechtigterweise - in Anspruch genommen hat
- die private Nutzung des vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Internets oder anderer Arbeitsmittel während der Arbeitszeit, weil der Arbeitnehmer während des Surfens im Internet oder einer intensiven Betrachtung von Videofilmen oder -spielen zu privaten Zwecken seine arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringt und dadurch seiner Arbeitspflicht nicht nachkommt und sie verletzt.
Ob ein Verstoß gegen ein Verbot der privaten Internetnutzung schon für sich genommen ohne Hinzutreten der unter a) genannten Kriterien als ausreichend für die Annahme eines wichtigen Grundes i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB anzusehen ist, ist in der bislang vorliegenden höchstrichterlichen Rechtsprechung zum Arbeitsrecht noch nicht eindeutig entschieden worden. Im Urteil des Bundesarbeitsgerichts vom 7. Juli 2005 sind die unter a) genannten Kriterien als „kündigungsrelevante Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten“ neben den von der Vorinstanz genannten Umständen des Verstoßes gegen ein ausdrückliches Verbot der privaten Internetnutzung oder des Vorliegens einer einschlägigen Abmahnung genannt worden, ohne dass deutlich wird, ob dies ohne Weiteres auch einen wichtigen Grund zur außerordentlichen Kündigung darstellen soll. Ein Verstoß gegen ein ausdrückliches und fortlaufend wiederholtes Verbot zur privaten Nutzung des Internets ist vielmehr nur in Verbindung mit dem Umstand, dass dies während der Arbeitszeit geschehen ist, als wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung betrachtet worden. Zu einer fast täglich zwischen ca. einer Viertelstunde und knapp drei Stunden erfolgten privaten Nutzung über einen Zeitraum von mehr als zwei Monaten hat das Bundesarbeitsgericht regelmäßig eine fristlose Kündigung ohne vorherige Abmahnung als gerechtfertigt angesehen, gleichzeitig aber weitere Feststellungen zu den vorstehend unter a) genannten Kriterien für die Annahme eines wichtigen Grundes „an sich“ eingefordert.
Darauf aufbauend leitet der Senat folgenden Maßstab für die Beantwortung der Frage ab, ob bei einer verbotswidrigen Internetnutzung zugleich ein wichtiger Grund „an sich“ für eine außerordentliche Kündigung abgeleitet werden kann:
Ein „einfacher“ - auch wiederholter - Verstoß ausschließlich gegen ein Verbot des Arbeitgebers zur privaten Nutzung des Internets, der nicht durch die unter a) genannten oder dem vergleichbare Kriterien qualifiziert wird, stellt typischerweise noch keinen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB dar. Eine Nutzung des Internets am Arbeitsplatzrechner zu privaten Zwecken - etwa der kurze tägliche Blick in den Wetterbericht oder den Internetauftritt einer Tageszeitung während der Mittagspause im Büro - kann zwar bei einem Verstoß gegen das Verbot der privaten Nutzung eine kündigungsrelevante Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten darstellen, welcher der Arbeitgeber zur Durchsetzung seines Verbots ggf. mit einer Abmahnung und im Wiederholungsfalle mit einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung begegnen können mag, allerdings stellt dieses im Grundsatz noch als sozialadäquat zu beurteilende Verhalten ersichtlich noch keine gravierende Pflichtverletzung dar, durch die sogleich ein wichtiger Grund für eine außerordentliche Kündigung verwirklicht werden könnte. Es müssen dafür vielmehr kumulativ weitere „qualifizierende“ Merkmale von nicht nur unerheblichem Gewicht hinzutreten. Welche Merkmale einen „qualifizierten“ Verstoß gegen ein Verbot des Arbeitgebers zur privaten Nutzung des Internets begründen können, lässt sich typisierend nicht abschließend umschreiben. Sie können sich aber nach Einschätzung des Senats neben einer nicht nur unerheblichen Verwirklichung der unter a) genannten Kriterien typischerweise aus der Art und Weise der Internetnutzung, dem Umfang derselben („exzessive“ bzw. „ausschweifende“ Nutzung), der beruflichen Qualifikation und Stellung des Arbeitnehmers z. B. in Vertrauensbereichen und schließlich aus bestimmten Arbeitsplatzsituationen ergeben. Hinsichtlich der Art und Weise der Internetnutzung ist ein wichtiger Grund umso eher anzunehmen, soweit sich diese von allgemein als sozialadäquat betrachteten Verhaltensweisen entfernt. So überschreitet nach Auffassung des Senats bereits eine umfangreiche Nutzung von Internetseiten mit pornografischen Inhalten die Schwelle zu einem wichtigen Grund „an sich“, ohne dass sie zugleich als „exzessive“ Nutzung zu bewerten sein müsste. Hinsichtlich der Arbeitsplatzsituationen dürfte es etwa -bezogen auf den vorliegenden Fall an einer Schule - typisierend einen Unterschied machen, ob sich eine unmittelbar mit Erziehungsaufgaben betraute Lehrkraft oder ein Hausmeister mit bestimmten verfänglichen Internetinhalten an einem Arbeitsplatzcomputer befasst und ob in diese Aktivitäten Schüler involviert werden könnten oder ob dies von vornherein ausgeschlossen ist.
Diese Differenzierung - nicht schon bei „einfachen“ Verstößen, sondern erst aus „qualifizierten“ Verstößen gegen das Verbot der privaten Nutzung die Annahme des Vorliegens eines wichtigen Grundes zu folgern - hält der Senat wegen der gebotenen Abgrenzung der Anwendungsbereiche der außerordentlichen Kündigung einerseits und der ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung andererseits schon bei der typisierenden Prüfung auf der „ersten Stufe“ und nicht erst bei der mehr einzelfallbezogenen Interessenabwägung auf der „zweiten Stufe“ für geboten.
Jedenfalls sind stets auch bei Überschreitung der Schwelle zu einem wichtigen Grund „an sich“ durch ein einziges qualifizierendes Merkmal gleichwohl weitere Feststellungen zur nicht nur unerheblichen Verwirklichung der unter a) genannten oder vergleichbaren qualifizierenden Merkmalen geboten, weil spätestens bei der Abwägung auf der „zweiten Stufe“ ohnehin relevant ist, ob die durch einen (fortgesetzten) Verstoß gegen ein Verbot begründete Pflichtverletzung durch weitere („tateinheitlich“ begangene) Pflichtverletzungen mehrfach qualifiziert wird. Die Darlegungs- und Beweislast hinsichtlich einer Pflichtverletzung durch einen „einfachen“ Verstoß gegen das Verbot der Privatnutzung des Internets wie auch hinsichtlich der „qualifizierenden“ Merkmale trägt jeweils der die Kündigung aussprechende - bzw. im Zustimmungsersetzungsverfahren dies beabsichtigende –Arbeitgeber.
Gemessen an diesen Maßstäben lässt sich hinsichtlich des Beteiligten zu 1. eine fortgesetzte verbotswidrige private Nutzung des Internets am Arbeitsplatzcomputer - also ein „einfacher“ Verstoß zweifellos feststellen. Eine gleichzeitige („tateinheitliche“) Verwirklichung der unter a) genannten qualifizierenden Merkmale von einigem Gewicht ist hingegen fraglich. Dies gilt sowohl hinsichtlich der dem Beteiligten zu 1. vorgeworfenen „exzessiven“ privaten Nutzung des Internets während der Arbeitszeit als auch hinsichtlich der Frage einer etwaigen Qualifizierung der Pflichtverletzung durch eine umfangreiche Nutzung von Internetseiten mit pornografischen Inhalten.
Eine private Internetnutzung am Hausmeister-PC seitens des Beteiligten zu 1. war diesem vom Arbeitgeber verboten. Grundsätzlich ist den Mitarbeitern der Region H. die private Internetnutzung untersagt. Darauf wurde seit 2005 in mehreren Rundschreiben der Verwaltung deutlich hingewiesen (vgl. Bl. 437 und 438 d. A.). Auch der Beteiligte zu 2. hat durch eine schriftliche Information auf dieses Verbot und auf drohende Konsequenzen hingewiesen (vgl. Bl. 439 d. A.). Zusätzlich lässt sich - ohne dass es in Anbetracht der vorgenannten Regelungen darauf ankäme - auch aus der Dienstvereinbarung vom 20. Dezember 2007 über die private Nutzung des Internets ein solches Verbot ableiten. Die Dienstvereinbarung enthält zwar keinen ausdrücklichen Verbotstatbestand. Das Verwaltungsgericht hat aber zutreffend darauf abgestellt, dass die Dienstvereinbarung ein Verbot der privaten Internetnutzung (notwendig) voraussetzt, wenn die private Internetnutzung an bestimmte Voraussetzungen geknüpft wird. Dem Beteiligten zu 1. war ein privater Zugang zum Internet nach der Dienstvereinbarung auch nicht gestattet worden. Ihm konnte eine entsprechende Genehmigung auf der Grundlage der Dienstvereinbarung nicht erteilt werden, weil er nicht an der elektronischen Zeiterfassung teilnimmt (vgl. § 2 der Dienstvereinbarung). Die Auffassung, die Dienstvereinbarung gelte nicht für sämtliche Mitarbeiter der Region H., sondern nur für die Mitarbeiter, die an der elektronischen Zeiterfassung teilnehmen, ist nicht überzeugend. In der Dienstvereinbarung selbst kommt das Gegenteil zu Ausdruck: Wenn in § 2 der Dienstvereinbarung die Teilnahme an der elektronischen Zeiterfassung als Voraussetzung für die Zulassung einer privaten Internetnutzung genannt ist, ist dies gerade ein Beleg dafür, dass sämtliche Mitarbeiter der Region - also auch die Mitarbeiter, die der Zeiterfassung nicht unterliegen -von der Vereinbarung erfasst sind und das Internet nicht privat nutzen und auch nicht auf ihren Antrag zugelassen werden dürfen. Zudem ist das grundsätzliche Verbot auch im Zusammenhang mit dem Abschluss der Dienstvereinbarung nochmals ausdrücklich kommuniziert worden, so etwa mit dem Verwaltungsrundschreiben vom 1. Juli 2008 (Bl. 334 d. A.). Zwar macht der Beteiligte zu 1. geltend, entsprechende Rundschreiben seien bei ihm nicht angekommen. Es ist indessen fernliegend anzunehmen, dass das Verbot gerade dem Beteiligten zu 1. als stellvertretendem Vorsitzenden des Beteiligten zu 2., der in der Vergangenheit selbst darüber informiert hatte, nicht bekannt gewesen sein könnte bzw. dass sich der Beteiligte zu 1. darauf zurückziehen könnte, dass das grundsätzliche Verbot für ihn nicht gelte.
Der Beteiligte zu 1. hat auch gegen das Verbot der privaten Internetnutzung verstoßen. An seinem bisherigen Vorbringen, den Internetanschluss am Hausmeister-PC überhaupt nicht privat genutzt zu haben, hat er zuletzt nicht mehr festgehalten. Im Anhörungstermin hat er dem Grunde nach eingeräumt, dass Internet zu privaten Zwecken genutzt zu haben. Dabei könne es auch vorgekommen sein, dass er sich auf eine Seite mit sexuellen Inhalten begeben habe. Sowohl die allgemeine Nutzung des Internets als auch die Nutzung von Seiten mit sexuellen Inhalten sei aber keinesfalls stundenlang bzw. exzessiv erfolgt. Dies sieht der Antragsteller unter Rückgriff auf die vom Schulserver erstellten Protokolldateien aus dem siebenwöchigen Überprüfungszeitraum anders. Diese Dateien dürften auch verwertbar sein. Es spricht Überwiegendes dafür, dass entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 1. und 2. kein Verwertungsverbot hinsichtlich der vom Antragsteller vorgelegten Protokolle der Internetnutzung besteht. Unter dem Gesichtspunkt des Datenschutzrechts (vgl. §§ 9 und 10 NDSG sowie insbesondere die sich aus § 32 Abs. 1 Satz 1 BDSG für Datenverarbeitung im Zusammenhang mit Beschäftigungsverhältnissen ergebenden Wertungen) ist eine Erforderlichkeit der mit der durchgeführten Internetnutzungskontrolle verbundenen Datenerhebung und -nutzung nach Auffassung des Senats ohne Weiteres gegeben. Andere Möglichkeiten zur Überprüfung, ob das Verbot der privaten Internetnutzung beachtet wird, hatte der Arbeitgeber nicht. Die Verwertung der Protokolle unterliegt damit datenschutzrechtlich keinen Bedenken. Soweit den Beschäftigten die Internetnutzung zu privaten Zwecken untersagt ist, scheidet nach Einschätzung des Senats auch eine Eigenschaft des Arbeitgebers als Diensteanbieter i. S. d. Telekommunikations- oder Telemedienrechts und die Anwendbarkeit der sich daraus ergebender Spezialregelungen aus. Auch aus personalvertretungsrechtlichem Blickwinkel spricht Überwiegendes gegen ein Verbot der Verwertung der Protokolle. Selbst wenn - wie der Beteiligte zu 1. in der mündlichen Anhörung geltend gemacht hat - die Überwachung der Internetnutzung bzw. die Auswertung der Protokolldateien (entgegen § 67 Abs. 1 Nr. 2 NPersVG) ohne Personalratsbeteiligung erfolgt wäre, würde daraus unter Zugrundelegung der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung kein Verwertungsverbot folgen. In der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung wird vertreten, dass aus der Verletzung des Mitbestimmungstatbestandes des § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG oder der Verletzung der Regelungen einer Dienstvereinbarung kein eigenständiges „betriebsverfassungsrechtliches Beweisverwertungsverbot“ folgt, weil in einem solchen Fall kollektivrechtliche Sanktionen vorgesehen sind (§ 23 Abs. 3 BetrVG, der in § 63 NPersVG seine personalvertretungsrechtliche Entsprechung findet) und der Schutzzweck dieser Bestimmungen sich nicht zugleich auf die individual-prozessrechtliche Situation des Arbeitnehmers erstreckt. Dieser Erwägung dürfte auch für die prozessuale Konstellation des personalvertretungsrechtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens zu folgen sein, weil ungeachtet der spezifischen prozessualen Einkleidung materieller Prüfungsgegenstand gerade der individualrechtliche Aspekt des Vorliegens der Voraussetzungen des § 626 Abs. 1 BGB ist. Demgegenüber dürfte der kollektivrechtliche Aspekt des Zustimmungsersetzungsverfahrens, nämlich dass Anlass des Verfahrens gerade die Verweigerung der Zustimmung durch den Personalrat ist und die Schutzvorschrift des § 41 Abs. 4 NPersVG auch die Arbeitsfähigkeit des Personalrats im Blick hat, zurücktreten.
Die Frage nach einem personalvertretungsrechtlichen Verwertungsverbot kann aber letztlich genauso offenbleiben, wie die Frage etwaiger Verwertungsverbote aufgrund anderer Rechtsvorschriften. Selbst unter uneingeschränkter Zugrundelegung der vom Antragsteller in das Verfahren eingeführten Protokolle ist der Verstoß gegen das Verbot der privaten Internetnutzung nach der Überzeugung des Senats nicht als so schwerwiegend anzusehen, dass dadurch bereits die Schwelle für einen wichtigen Grund i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB überschritten worden wäre:
Für fernliegend hält es der Senat allerdings, durch Verweisung auf Zugriffszenarien durch andere Personen als den Beteiligten zu 1. oder Herrn P. am Hausmeister-PC selbst oder an anderen Computern unter Eingriffen in das Netzwerk den sich aus den Protokollen ergebenden Umfang der privaten Internetnutzung bestreiten zu wollen. Es überzeugt schon im Ansatz nicht, hinsichtlich der vom Beteiligten zu 1. erklärtermaßen favorisierten Internetseiten (etwa S., f...) auf andere Nutzer oder nebulös bleibende „Fernzugriffe“ von einem anderen Computer zu verweisen. Die Nutzung gerade dieser Seiten kann vielmehr zweifellos mit dem Beteiligten zu 1. in Verbindung gebracht werden. Der Vortrag des Beteiligten zu 1. zu den Details der einzelnen Tage, an dem ihm vom Antragsteller eine Privatnutzung vorgeworfen wird, ist zudem teilweise widersprüchlich: So hat er etwa zunächst vorgetragen, am 12. Januar 2010 um 16:20 Uhr zum Aktionsrat zur Tarifrunde 2010 aufgebrochen zu sein, in Beschwerdeverfahren wird schriftlich vorgetragen, er könne sich gut erinnern, von 15:30 Uhr bis 16:30 Uhr Pause gemacht zu haben. Dies passt nicht zusammen. Am 15. Januar 2010 will er zunächst ganztägig mit Urlaubsplanung verbracht und deshalb dem Dienstbetrieb nicht zur Verfügung gestanden haben, während im Beschwerdeverfahren nur noch von 2,5 - 3 Stunden ab 11:00 Uhr die Rede ist. Auffällig ist für den Nachmittag dieses Tages auch, dass die Nutzung von Internetseiten mit pornografischem Inhalt zeitlich zwischen die Nutzung der Seiten „f...de“ und „sc...de“ fällt, die sich der Beteiligte zu 1. nach Überzeugung des Senats zurechnen lassen muss. Für den 5. Februar 2010 ist zunächst vorgetragen worden, er habe ab 12:30 Uhr an einem Vertrauensleuteseminar teilgenommen, während später eingeräumt wird, dass dieses Seminar erst um 16:00 Uhr begonnen habe; der Beteiligte zu 1. will aber um 13:00 Uhr noch einen anderen Termin gehabt haben. Auch dieser wechselnde Vortrag leuchtet nicht ein. Zudem wird in kaum nachvollziehbarer Weise für einige Tage eine tagsüber protokollierte Internetnutzung mit Vehemenz bestritten, die dem Beteiligten zu 1. gar nicht zugeordnet wurde, sondern Herrn P. (11. Januar und 25. Januar 2010). Das wenig nachvollziehbare, wechselnde und teils widersprüchliche Vorbringen des Beteiligten zu 1. wird schließlich auch noch dadurch „abgerundet“, dass er bis zum Anhörungstermin des Senats eine private Internetnutzung gänzlich bestritten und erst in diesem Termin dem Grunde nach eingeräumt hat.
(2) Gleichwohl wird dem Beteiligten zu 1. entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nach der vom Antragsteller ins Verfahren eingebrachten Tatsachenlage noch keine „exzessive“ bzw. „ausschweifende“ private Nutzung des Internets vorgeworfen werden können. Es geht zunächst nicht etwa um eine (fast) tägliche verbotswidrige Nutzung des Internets. Die Vorwürfe als solche betreffen lediglich insgesamt zwölf Tage in einem Zeitraum von sieben Wochen bei Einsätzen auch an Sonnabenden alle zwei Wochen, also an zwölf von ca. 38 Tagen. Anders gewendet: An fast 70% der Arbeitstage gab es zu dem allein verfahrensgegenständlichen siebenwöchigen Prüfungszeitraum vom 4. Januar 2010 bis zum 19. Februar 2010 keine Auffälligkeiten, die dem Beteiligten zu 1. vorgeworfen werden. Die zeitliche Intensität der privaten Internetnutzung an den in Rede stehenden zwölf Tagen vermag der Senat den vorgelegten Protokollen nicht mit abschließender Sicherheit zu entnehmen. Protokolliert sind ausdrücklich nicht die Verweildauern auf bestimmten Internetseiten, sondern die „Zeitminuten, in denen ein Zugriff erfolgte“. Diese „Zeitminuten“ (4. Spalte der ursprünglich vorgelegten Kurzprotokolle, Beiakte A) lassen sich für eine Nutzungsdauer keineswegs addieren, sondern stellen nach Aussage des im Anhörungstermin vernommenen Zeugen Z. lediglich die Anzahl unterschiedlicher Zeitpunkte dar, in denen diese Seiten aufgerufen wurden. Nach den Protokollen lässt sich indessen aus der jeweils in der vierten Zeile angegebenen Minutenzahl auf einen Zugriffszeitraum schließen. Der Antragsteller geht dabei unter Außerachtlassung der Tage, an denen eine Nutzung sowohl durch den Beteiligten zu 1. als auch durch Herrn P. erfolgt ist, von einer Mindestdauer von 786 Minuten aus, die sich auf neun der vorgeworfenen zwölf Tage verteilen. Dies stellt für die einzelnen Tage zunächst einen nicht unerheblichen Zeitraum dar. Einige der dem Beteiligten zu 1. vorgeworfenen zwölf Tage verbotswidriger privater Internetnutzung „verblassen“ allerdings in Anbetracht der Unklarheit, ob wesentliche Teile der Nutzung des Internets überhaupt einen privaten oder einen irgendwie gearteten dienstlichen Anlass hatten (z. B. 22. Januar, 26. Januar 2010). So hält es der Senat etwa für verfehlt, allen Ernstes auch auf den Aufruf der „sc...de“ als verbotene private Nutzung abstellen zu wollen. Zwar dürfte klar sein, dass der Beteiligte zu 1. diese Internetseite häufiger besucht hat, allerdings lässt sich nicht feststellen, dass bei der Nutzung dieser Seite dienstliche Bezüge fehlen. Es war dem Antragsteller insgesamt nicht möglich, den Einwand zu entkräften, dass ein nicht unerheblicher Teil der besuchten Seiten auch dienstlichen Charakter gehabt haben kann. Auch ist es nicht gelungen, den Vortrag des Beteiligten zu 1. zu entkräften, dass Teile der Nutzung nicht während der Arbeitszeit, sondern in Pausen erfolgt sein sollen, deren zeitliche Lage dieser offenbar nach Arbeitsanfall selbst bestimmen kann. Es ist vielmehr so, dass die dem Beteiligten zu 1. angelastete Nutzung des Internets zum Teil sogar eindeutig außerhalb der (festen) Arbeitszeit liegt, so etwa die komplette Nutzung am 13. Januar 2010 zwischen 20:37 Uhr und 20:56 Uhr, wenn man davon ausgeht, dass - wie der Antragsteller selbst vorgetragen hat - hinsichtlich der Schließdienste keine zeitlichen Vorgaben gemacht werden. Auch an anderen Tagen beziehen sich die Zugriffe jedenfalls zum Teil auf Zeiten außerhalb der dienstplanmäßigen Arbeitszeit, z. B. am 29. Januar 2010. Selbst wenn man von einer belegbaren Durchschnittsnutzung von 60 Minuten/Tag an zwölf Tagen ausgehen würde, bliebe es dabei, dass fast 70% der Tage des Untersuchungszeitraums letztlich unauffällig waren. Auch der schlichte Umfang der vom Antragsteller vorgelegten Protokolle - besonders des im Beschwerdeverfahren exemplarisch für einen Tag vorgelegten Protokolls (Bl. 266 ff. d. A.) - vermag nicht zu beeindrucken. Es drängt sich bei Durchsicht der Protokolle vielmehr auf, dass zahlreiche Zugriffe nichts anderes als Popups beim Aufruf einer einzigen Internetseite darstellten. Eine bestimmte Nutzungs- oder gar Verweildauer konnte der Antragsteller auch aus den umfangreichen Protokolldateien des Servers nicht ableiten, vielmehr ermöglichten auch diese Dateien nur einen Rückschluss auf einzelne Zugriffszeitpunkte. Es ist im Hinblick auf die zeitliche Dimension auch in Rechnung zu stellen, dass die Arbeitszeiten des Beteiligten durch eine dienstplanmäßige Wochenarbeitszeit von 39 Stunden zuzüglich von vornherein vereinbarten 28 Überstunden pro Monat gekennzeichnet ist, wobei bei den abendlich wahrzunehmenden Schließdiensten keine arbeitgeberseitigen Vorgaben bestanden, sondern die konkreten Zeiten durch den Beteiligten zu 1. und seinen Kollegen V. bestimmt wurden. Die Wahl der Pausenzeiten unterlag offenbar auch tagsüber an den einzelnen Tagen weitgehend der eigenverantwortlichen Gestaltung des Beteiligten zu 1., was auch naheliegend ist, wenn die Hausmeistertätigkeit generell mit Beanspruchungsspitzen einerseits und „Leerlauf“ andererseits einhergeht.
(3) „Nur“ an fünf Tagen von den zwölf ihm vorgeworfenen Tagen (von 38 Tagen des gesamten siebenwöchigen Prüfungszeitraums) geht es um den Vorwurf der Nutzung von Seiten mit sexuellen bzw. pornografischen Inhalten. Selbst wenn die Vorwürfe in Bezug auf diese Tage vollständig zutreffen würden, kann insoweit in zeitlicher Hinsicht noch nicht von einer umfangreichen oder gar exzessiven bzw. ausschweifenden Nutzung während der Arbeitszeit gesprochen werden. Betrachtet man hinsichtlich der Nutzung pornografischer Internetinhalte die unter a) genannten qualifizierenden Merkmale, scheiden die Gesichtspunkte des unbefugten Downloads erheblicher Datenmengen auf betriebliche Dateisysteme sowie die (mögliche) Verursachung zusätzlicher Kosten von vornherein aus; dass es dazu gekommen ist, ist weder behauptet worden noch sonst ersichtlich. Ein Dateidownload etwa von pornografischen Filmen, die dann auf dem Computer abgespeichert wurden, ist ersichtlich ebenfalls nicht erfolgt. Die dem Beteiligten zu 1. vorgeworfene Nutzung von „Pornoseiten“ nimmt vielmehr einen schon hinsichtlich der protokollierten Zeitfenster geringen Umfang ein:
- Montag, 11.01.: 19:57 bis 20:07
- Dienstag, 12.01.: 16:00 bis 16:03
- Freitag, 15.01.: 15:07 bis 15:10
- Montag, 25.01. 19:58 bis 20:10
- Freitag, 19.02.: 18:47 bis 18:50
Hinsichtlich des verbleibenden Vorwurfs der privaten Nutzung während der Arbeitszeit als möglicher Qualifizierungsgrund für die Annahme einer gravierenden Pflichtverletzung i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB ist zu relativieren: Die dem Beteiligten zu 1. vorgeworfene Nutzung von pornografischen Inhalten fiel im Wesentlichen (jedenfalls an drei der fünf Tage) in „Leerphasen“ zwischen Schließdiensten oder in Zeiten, zu denen er noch gar nicht oder nicht mehr dienstplanmäßig eingesetzt war. An zwei der fünf ihm vorgeworfenen Tage (die Montage 11. und 25. Januar) ist sie in einem zehnminütigen Zeitraum um 20:00 Uhr herum geschehen. Dies war keine (feste) Arbeitszeit, weil der Spätdienst bereits um 17:30 Uhr beendet war und der abendliche Schließdienst erst um 20:30 Uhr begann (so der Beteiligte zu 1. aufgrund der von ihm und seinem Kollegen V. vorgenommenen Einteilung) oder aber von vornherein gar keine verbindlichen zeitlichen Vorgaben für die Aufgabenwahrnehmung bestanden (so der Antragsteller). Für diese Zeiten kann dem Beteiligten zu 1. mithin keine Privatnutzung des Internets während der Arbeitszeit vorgeworfen werden. Am 19. Februar erfolgte der Zugriff - der Beteiligte zu 1. hatte Frühdienst -ebenfalls außerhalb der Arbeitszeit. Am 12. Januar will der Beteiligte zu 1. nachmittags seine Pause gemacht haben. Der „nutzungsintensivste“ Tag mit Zugriffen auch auf sexuelle Inhalte, der überhaupt einen feststellbaren Bezug zur Arbeitszeit aufweist, ist mithin der 15. Januar, der Tag, an dem vormittags die Urlaubsplanung vorgenommen wurde. Die etwaige Nutzung pornografischer Inhalte durch den Beteiligten zu 1. hat mithin nur einen untergeordneten, wenn nicht gar marginalen Bezug zu dessen Arbeitszeit. Insgesamt geht es an den fünf Tagen (des siebenwöchigen Gesamtzeitraums) um einen aus den Protokollen belegbaren Gesamtzeitraum von 44 Minuten; davon lagen wiederum 25 Minuten (11.01. und 25.01. und 19.02.) jedenfalls außerhalb der regulären Arbeitszeiten und der schließdienstbedingten Überstundenzeiten, so dass maximal 19 Minuten als „arbeitszeitrelevant“ verbleiben. Dass durch eine Nutzung des Internets in verfänglicher Weise zugleich Schüler gefährdet oder in irgendeiner Weise involviert worden wären, ist im Verfahren nicht geltend gemacht worden und ist auch sonst nicht ersichtlich. Der Antragsteller macht vielmehr nur geltend, die Internetzugriffe könnten von außen zurückverfolgt werden und den Eindruck erwecken, der öffentliche Dienst beschäftige sich statt mit Dienstaufgaben mit Pornografie. Eine Rückverfolgbarkeit von außen hält der Senat allerdings bei nicht erfolgtem Dateidownload und anschließender Abspeicherung auf betrieblichen Dateisystemen angesichts der üblicherweise getroffenen Sicherheitsvorkehrungen für genauso unwahrscheinlich, wie auch den Verweis des Beteiligten zu 1. auf Zugriffe „von außen“ als Erklärung für den Umfang der protokollierten Internetnutzung.
Selbst wenn man demgegenüber aufgrund der feststellbaren verbotenen privaten Internetnutzung das Überschreiten der Schwelle zu einem wichtigen Grundes „an sich“ i. S. d. § 626 Abs. 1 BGB annehmen wollte, kann nicht davon ausgegangen werden, dass dem Antragsteller die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses mit dem Beteiligten zu 1. unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zumutbar ist. Die beabsichtigte Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB hält der Senat im Ergebnis nicht für gerechtfertigt, weil es zum einen einer vorherigen Abmahnung bedurft hätte und zum anderen die vom Antragsteller in das Verfahren eingebrachten Pflichtverletzungen des Beteiligten zu 1. nur eine ordentliche (verhaltensbedingte) Kündigung tragen könnten.
Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar ist oder nicht, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Als mildere Reaktionen sind insbesondere Abmahnung und ordentliche Kündigung anzusehen. Sie sind dann alternative Gestaltungsmittel, wenn schon sie geeignet sind, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen - zu erreichen.
Nur dann, wenn weder eine - auch bei Personalratsmitgliedern mögliche - Abmahnung noch eine - bei Personalratsmitgliedern nicht mögliche und daher fiktive - ordentliche verhaltensbedingte Kündigung dem Arbeitgeber als mildere Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind, darf eine außerordentliche Kündigung nach § 626 Abs. 1 BGB erfolgen bzw. die Zustimmung des Personalrats im Verfahren nach § 41 Abs. 4 Satz 2 NPersVG ersetzt werden:
Die Notwendigkeit der Prüfung, ob eine fristgerechte Kündigung als Reaktion ausgereicht hätte, folgt schon aus dem Wortlaut des § 626 Abs. 1 BGB (BAG, Urt. v. 10.06.2010 - 2 AZR 541/09 - („Emmely“), juris Rdnr. 35). In Bezug auf ein Personalratsmitglied handelt es sich dabei während des bestehenden Sonderkündigungsschutzes notwendig um eine „fiktive Alternativenprüfung“, da eine ordentliche Kündigung während der Amtszeit gerade nicht möglich ist. Dies hat allerdings nicht zur Folge, dass die Anforderungen an die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund nach § 626 Abs. 1 BGB abgesenkt werden dürften. Es würde vielmehr eine Umgehung des aus § 41 NPersVG resultierenden Schutzes darstellen, wenn eine außerordentliche Kündigung vorgenommen werden soll, die aus den herangezogenen Gründen üblicherweise nur eine ordentliche Kündigung zur Folge hätte. Der besondere Kündigungsschutz für Personalratsmitglieder gewährt mithin keine Erweiterung des Rechts zur außerordentlichen Kündigung (vgl. Bieler/Müller-Fritzsche: Niedersächsisches Personalvertretungsgesetz, 15. Aufl., § 41 Rdnr. 32). Der in der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts entwickelte Gedanke, dass es bei der Prüfung der Frage, ob ein wichtiger Grund zur fristlosen Kündigung eines ordentlich unkündbaren Arbeitnehmers vorliegt, allein um die Abwägung geht, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der bei einem solchen Arbeitnehmer „fiktiven“ Kündigungsfrist dem Arbeitgeber noch zugemutet werden kann (BAG, Urt. v. 27.04.2006 - 2 AZR 386/05 -, juris Rdnr. 34), lässt sich nach Auffassung des Senats ebenfalls ohne Weiteres auf den Prüfungsmaßstab im Zustimmungsersetzungsverfahren nach § 41 Abs. 4 Satz 2 NPersVG übertragen.
Hinsichtlich einer Abmahnung als in Betracht zu ziehende mildere Reaktionsmöglichkeit gilt Folgendes:
(1) Allgemein ist jedenfalls bei Störungen im Leistungsbereich, etwa bei mangelhaften Arbeitsleistungen, auch vor einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung eine vorherige Abmahnung regelmäßig erforderlich. Bei Störungen im Vertrauensbereich bedarf es einer Abmahnung, wenn der Arbeitnehmer mit vertretbaren Gründen annehmen konnte, sein Verhalten sei nicht vertragswidrig oder werde vom Arbeitgeber zumindest nicht als ein erhebliches, den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdendes Fehlverhalten angesehen bzw. nicht als wichtiger Kündigungsgrund gewertet. In der neueren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Anbetracht der gesetzlichen Regelung des § 314 Abs. 2 BGB besonders hervorgehoben worden. Das Bundesarbeitsgericht führt zur Abmahnung und deren Gebotenheit durch das Verhältnismäßigkeitsprinzip aus.
„Das Erfordernis [...] zu prüfen, ob nicht schon eine Abmahnung ausreichend gewesen wäre, folgt aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (die Kündigung als „ultima ratio“) und trägt zugleich dem Prognoseprinzip bei der verhaltensbedingten Kündigung Rechnung [...]. Das Erfordernis gilt auch bei Störungen im Vertrauensbereich. Es ist nicht stets und von vorneherein ausgeschlossen, verlorenes Vertrauen durch künftige Vertragstreue zurückzugewinnen [...]. Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann [...]. Die ordentliche wie die außerordentliche Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung setzen deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus. Sie dient der Objektivierung der negativen Prognose [...]. Ist der Arbeitnehmer ordnungsgemäß abgemahnt worden und verletzt er dennoch seine arbeitsvertraglichen Pflichten erneut, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch zukünftig zu weiteren Vertragsstörungen kommen [...]. Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist eine Kündigung nicht gerechtfertigt, wenn es mildere Mittel gibt, eine Vertragsstörung zukünftig zu beseitigen. Dieser Aspekt hat durch die Regelung des § 314 Abs. 2 BGB i. V. m. § 323 Abs. 2 BGB eine gesetzgeberische Bestätigung erfahren. Einer Abmahnung bedarf es in Ansehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes deshalb nur dann nicht, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft selbst nach Abmahnung nicht zu erwarten steht oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist.“
(2) Im Speziellen ist in der - zeitlich der vorgenannten Entscheidung vorausgegangenen -Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts das Abmahnungserfordernis bei der Nutzung des Internets am Arbeitsplatzcomputer dergestalt konkretisiert worden, dass jedenfalls bei „ausschweifender“ bzw. „exzessiver“ Nutzung des Internets während der Arbeitszeit keine Abmahnung erforderlich ist, weil in diesen Fällen zugleich eine so schwere Pflichtverletzung vorliegt, dass für den Arbeitnehmer regelmäßig die Rechtswidrigkeit seines Handels ohne Weiteres genauso erkennbar ist, wie der Umstand, dass eine Hinnahme des Verhaltens durch den Arbeitgeber offensichtlich ausgeschlossen ist. Ob bei Nichtvorliegen einer ausschweifenden bzw. exzessiven Nutzung allein die Anordnung von Beschränkungen bzw. ein Internetnutzungsverbot zu privaten Zwecken seitens des Arbeitgebers eine Abmahnung ebenfalls entbehrlich ist, hat das Bundesarbeitsgericht bislang - soweit ersichtlich - noch nicht ausdrücklich entschieden.
(3) Der Senat hält daran anknüpfend bei einer beabsichtigten außerordentlichen Kündigung zum einen für erforderlich, dass eine schwere - bzw. i. S. d. oben unter 1. genannten Kriterien „qualifizierte“ - Pflichtverletzung vorliegt bzw. festgestellt werden kann, bei der weiterhin für den Arbeitnehmer die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens genauso offensichtlich erkennbar ist wie der Umstand, dass der Arbeitgeber dieses Verhalten keinesfalls hinnehmen wird. Ansonsten muss der Arbeitgeber als milderes Mittel eine ordentliche Kündigung oder eine Abmahnung wählen. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hat gerade im Bereich des öffentlichen Dienstes, in dem in einer Dienststelle zugleich Beamte als auch Angestellte arbeiten, besonderes Gewicht. Das folgt daraus, dass Pflichtverletzungen, die bei einem Beamten nach den differenzierten Möglichkeiten des Disziplinarrechts nicht zu einer Entfernung aus dem Dienst, sondern ggf. nur zu einer Kürzung der Bezüge führen, im Arbeitsrecht nicht sogleich dem Kündigungsbereich zugeordnet werden dürfen, weil es „abgestufte“ Sanktionsmöglichkeiten nicht gibt.
Gemessen an diesen Kriterien erscheint eine außerordentliche Kündigung vorliegend auch dann als unverhältnismäßig, wenn man eine verbotswidrige Internetnutzung sowohl hinsichtlich pornografischer als auch sonstiger Internetseiten annimmt, die die Schwelle zu einem „wichtigen Grund“ überschreitet. Der Antragsteller hätte den Beteiligten zu 1. vielmehr zunächst abmahnen müssen:
Eine „exzessive“ bzw. „ausschweifende“ Nutzung des Internets zu privaten Zwecken während der Arbeitszeit, die eine Abmahnung entbehrlich machen könnte, lässt sich - wie sich aus den Ausführungen unter 1. ergibt - gerade nicht zu Lasten des Beteiligten zu 1. feststellen. Jedenfalls musste der Beteiligte zu 1. aber noch nicht davon ausgehen, dass der Antragsteller seine in die Arbeitszeit fallende Internetnutzung ohne Vorwarnung sogleich als ein erhebliches, den Bestand des Arbeitsverhältnisses gefährdendes Fehlverhalten ansehen würde. Insoweit ist auch in Rechnung zu stellen, dass die Dienstvereinbarung über die private Internetnutzung Raum für subjektive Missverständnisse lässt. Ein Arbeitnehmer wird sich vorstellen können, dass bei Ermöglichung privater Internetnutzung unter bestimmten Voraussetzungen eine Nutzung ohne Erfüllung dieser Voraussetzungen jedenfalls schon nicht als „so schlimm“ angesehen wird, dass damit sogleich der Bestand des Arbeitsverhältnisses in Gefahr geraten würde. Dies gilt allerdings nur, soweit es nicht um pornografische Internetseiten geht, weil deren Besuch auch bei nach der Dienstvereinbarung ermöglichter privater Nutzung ausgeschlossen ist. Davon abgesehen kann sich der Senat ohne Weiteres - wie ebenfalls bereits ausgeführt - vorstellen, dass die Hausmeistertätigkeit gerade auch in der vorliegenden Ausprägung mit festen Kernarbeitszeiten nach Dienstplan bei (wohl) weitgehend freier Pausenplanung nebst abendlichen Schließdiensten zumindest an einzelnen Tagen auch durch einigen „Leerlauf“ geprägt ist, der dann mit der Nutzung des Internets ausgefüllt worden ist und dies in ein etwas milderes Licht rückt. Hinzu kommt, dass der private Zugriff auf das Internet vom Hausmeister-PC in der Zeit vor Geltung der Dienstvereinbarung nicht ernsthaft kontrolliert wurde, so dass sich ein bestimmtes Verhalten erst „einschleifen“ konnte. Zugunsten des Beteiligten zu 1. spricht weiterhin dessen lange Zugehörigkeit zur Region H. als Schulhausmeister bei ansonsten offenbar nicht zu beanstandendem dienstlichen Verhalten. Auch bestand nach dem Vortrag des Antragstellers offenbar nicht die Gefahr, dass Schüler bei der Betrachtung verfänglicher Inhalte hätten involviert werden können. Unter dem Aspekt einer Wiederholungsgefahr ist zu berücksichtigen, dass der Beteiligte zu 1. die private Internetnutzung letztlich - wenn auch spät - eingeräumt und damit Einsicht gezeigt hat. Der Senat geht davon aus, dass sich der Beteiligte zu 1. das gerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren, in dem er um seinen Arbeitsplatz und damit seine berufliche Existenz bangen musste, zur Warnung gereichen lässt und es in Zukunft nicht mehr zu Unregelmäßigkeiten kommt. Im Wiederholungsfalle würde der Antragsteller zu Recht auf eine außerordentliche Kündigung zurückgreifen können.
Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Das Verfahren ist frei von Gebühren und Auslagen des Gerichts (§ 83 Abs. 2 NPersVG i. V. m. § 2 Abs. 2 GKG, § 2a Abs. 1 ArbGG). Eine Erstattung der Aufwendungen der Beteiligten ist nicht vorgesehen.
Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen dafür nicht vorliegen (§ 83 Abs. 2 NPersVG i. V. m. §§ 92 Abs. 1 Sätze 1 und 2, 72 Abs. 2 ArbGG).
Rechtsmittelbelehrung
Die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde kann innerhalb einer Notfrist von einem Monat nach Zustellung dieses Beschlusses durch Beschwerde angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bundesverwaltungsgericht,
schriftlich oder in elektronischer Form nach Maßgabe der Verordnung der Bundesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004 (BGBl. I S. 3091) einzulegen und innerhalb einer Notfrist von zwei Monaten nach Zustellung dieses Beschlusses schriftlich oder in elektronischer Form zu begründen.
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(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
(1) Die außerordentliche Kündigung von Mitgliedern der Personalvertretungen, der Jugendvertretungen oder der Jugend- und Auszubildendenvertretungen, der Wahlvorstände sowie von Wahlbewerbern, die in einem Arbeitsverhältnis stehen, bedarf der Zustimmung der zuständigen Personalvertretung. Verweigert die zuständige Personalvertretung ihre Zustimmung oder äußert sie sich nicht innerhalb von drei Arbeitstagen nach Eingang des Antrags, so kann das Verwaltungsgericht sie auf Antrag des Dienststellenleiters ersetzen, wenn die außerordentliche Kündigung unter Berücksichtigung aller Umstände gerechtfertigt ist. In dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht ist der betroffene Arbeitnehmer Beteiligter.
(2) Eine durch den Arbeitgeber ausgesprochene Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Beschäftigten ist unwirksam, wenn die Personalvertretung nicht beteiligt worden ist.
(1) Recht, das als Bundesrecht erlassen worden ist, aber wegen der Änderung des Artikels 74 Abs. 1, der Einfügung des Artikels 84 Abs. 1 Satz 7, des Artikels 85 Abs. 1 Satz 2 oder des Artikels 105 Abs. 2a Satz 2 oder wegen der Aufhebung der Artikel 74a, 75 oder 98 Abs. 3 Satz 2 nicht mehr als Bundesrecht erlassen werden könnte, gilt als Bundesrecht fort. Es kann durch Landesrecht ersetzt werden.
(2) Recht, das auf Grund des Artikels 72 Abs. 2 in der bis zum 15. November 1994 geltenden Fassung erlassen worden ist, aber wegen Änderung des Artikels 72 Abs. 2 nicht mehr als Bundesrecht erlassen werden könnte, gilt als Bundesrecht fort. Durch Bundesgesetz kann bestimmt werden, dass es durch Landesrecht ersetzt werden kann.
(3) Recht, das als Landesrecht erlassen worden ist, aber wegen Änderung des Artikels 73 nicht mehr als Landesrecht erlassen werden könnte, gilt als Landesrecht fort. Es kann durch Bundesrecht ersetzt werden.
(1) Die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung, einer Bordvertretung oder eines Seebetriebsrats ist unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach § 103 des Betriebsverfassungsgesetzes erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Nach Beendigung der Amtszeit ist die Kündigung eines Mitglieds eines Betriebsrats, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung oder eines Seebetriebsrats innerhalb eines Jahres, die Kündigung eines Mitglieds einer Bordvertretung innerhalb von sechs Monaten, jeweils vom Zeitpunkt der Beendigung der Amtszeit an gerechnet, unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht, wenn die Beendigung der Mitgliedschaft auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht.
(2) Die Kündigung eines Mitglieds einer Personalvertretung, einer Jugend- und Auszubildendenvertretung oder einer Jugendvertretung ist unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach dem Personalvertretungsrecht erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Nach Beendigung der Amtszeit der in Satz 1 genannten Personen ist ihre Kündigung innerhalb eines Jahres, vom Zeitpunkt der Beendigung der Amtszeit an gerechnet, unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht, wenn die Beendigung der Mitgliedschaft auf einer gerichtlichen Entscheidung beruht.
(3) Die Kündigung eines Mitglieds eines Wahlvorstands ist vom Zeitpunkt seiner Bestellung an, die Kündigung eines Wahlbewerbers vom Zeitpunkt der Aufstellung des Wahlvorschlags an, jeweils bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen, und daß die nach § 103 des Betriebsverfassungsgesetzes oder nach dem Personalvertretungsrecht erforderliche Zustimmung vorliegt oder durch eine gerichtliche Entscheidung ersetzt ist. Innerhalb von sechs Monaten nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses ist die Kündigung unzulässig, es sei denn, daß Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; dies gilt nicht für Mitglieder des Wahlvorstands, wenn dieser durch gerichtliche Entscheidung durch einen anderen Wahlvorstand ersetzt worden ist.
(3a) Die Kündigung eines Arbeitnehmers, der zu einer Betriebs-, Wahl- oder Bordversammlung nach § 17 Abs. 3, § 17a Nr. 3 Satz 2, § 115 Abs. 2 Nr. 8 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes einlädt oder die Bestellung eines Wahlvorstands nach § 16 Abs. 2 Satz 1, § 17 Abs. 4, § 17a Nr. 4, § 63 Abs. 3, § 115 Abs. 2 Nr. 8 Satz 2 oder § 116 Abs. 2 Nr. 7 Satz 5 des Betriebsverfassungsgesetzes beantragt, ist vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an bis zur Bekanntgabe des Wahlergebnisses unzulässig, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen; der Kündigungsschutz gilt für die ersten sechs in der Einladung oder die ersten drei in der Antragstellung aufgeführten Arbeitnehmer. Wird ein Betriebsrat, eine Jugend- und Auszubildendenvertretung, eine Bordvertretung oder ein Seebetriebsrat nicht gewählt, besteht der Kündigungsschutz nach Satz 1 vom Zeitpunkt der Einladung oder Antragstellung an drei Monate.
(3b) Die Kündigung eines Arbeitnehmers, der Vorbereitungshandlungen zur Errichtung eines Betriebsrats oder einer Bordvertretung unternimmt und eine öffentlich beglaubigte Erklärung mit dem Inhalt abgegeben hat, dass er die Absicht hat, einen Betriebsrat oder eine Bordvertretung zu errichten, ist unzulässig, soweit sie aus Gründen erfolgt, die in der Person oder in dem Verhalten des Arbeitnehmers liegen, es sei denn, dass Tatsachen vorliegen, die den Arbeitgeber zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigen. Der Kündigungsschutz gilt von der Abgabe der Erklärung nach Satz 1 bis zum Zeitpunkt der Einladung zu einer Betriebs-, Wahl- oder Bordversammlung nach § 17 Absatz 3, § 17a Nummer 3 Satz 2, § 115 Absatz 2 Nummer 8 Satz 1 des Betriebsverfassungsgesetzes, längstens jedoch für drei Monate.
(4) Wird der Betrieb stillgelegt, so ist die Kündigung der in den Absätzen 1 bis 3a genannten Personen frühestens zum Zeitpunkt der Stillegung zulässig, es sei denn, daß ihre Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt durch zwingende betriebliche Erfordernisse bedingt ist.
(5) Wird eine der in den Absätzen 1 bis 3a genannten Personen in einer Betriebsabteilung beschäftigt, die stillgelegt wird, so ist sie in eine andere Betriebsabteilung zu übernehmen. Ist dies aus betrieblichen Gründen nicht möglich, so findet auf ihre Kündigung die Vorschrift des Absatzes 4 über die Kündigung bei Stillegung des Betriebs sinngemäß Anwendung.
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
(1) Die Pflicht zur Information der betroffenen Person gemäß Artikel 13 Absatz 3 der Verordnung (EU)
- 1.
eine Weiterverarbeitung analog gespeicherter Daten betrifft, bei der sich der Verantwortliche durch die Weiterverarbeitung unmittelbar an die betroffene Person wendet, der Zweck mit dem ursprünglichen Erhebungszweck gemäß der Verordnung (EU) 2016/679 vereinbar ist, die Kommunikation mit der betroffenen Person nicht in digitaler Form erfolgt und das Interesse der betroffenen Person an der Informationserteilung nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere mit Blick auf den Zusammenhang, in dem die Daten erhoben wurden, als gering anzusehen ist,- 2.
im Fall einer öffentlichen Stelle die ordnungsgemäße Erfüllung der in der Zuständigkeit des Verantwortlichen liegenden Aufgaben im Sinne des Artikels 23 Absatz 1 Buchstabe a bis e der Verordnung (EU) 2016/679 gefährden würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen, - 3.
die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden oder sonst dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen, - 4.
die Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung rechtlicher Ansprüche beeinträchtigen würde und die Interessen des Verantwortlichen an der Nichterteilung der Information die Interessen der betroffenen Person überwiegen oder - 5.
eine vertrauliche Übermittlung von Daten an öffentliche Stellen gefährden würde.
(2) Unterbleibt eine Information der betroffenen Person nach Maßgabe des Absatzes 1, ergreift der Verantwortliche geeignete Maßnahmen zum Schutz der berechtigten Interessen der betroffenen Person, einschließlich der Bereitstellung der in Artikel 13 Absatz 1 und 2 der Verordnung (EU) 2016/679 genannten Informationen für die Öffentlichkeit in präziser, transparenter, verständlicher und leicht zugänglicher Form in einer klaren und einfachen Sprache. Der Verantwortliche hält schriftlich fest, aus welchen Gründen er von einer Information abgesehen hat. Die Sätze 1 und 2 finden in den Fällen des Absatzes 1 Nummer 4 und 5 keine Anwendung.
(3) Unterbleibt die Benachrichtigung in den Fällen des Absatzes 1 wegen eines vorübergehenden Hinderungsgrundes, kommt der Verantwortliche der Informationspflicht unter Berücksichtigung der spezifischen Umstände der Verarbeitung innerhalb einer angemessenen Frist nach Fortfall des Hinderungsgrundes, spätestens jedoch innerhalb von zwei Wochen, nach.
(1) Der Betriebsrat hat, soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, in folgenden Angelegenheiten mitzubestimmen:
- 1.
Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb; - 2.
Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage; - 3.
vorübergehende Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit; - 4.
Zeit, Ort und Art der Auszahlung der Arbeitsentgelte; - 5.
Aufstellung allgemeiner Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer, wenn zwischen dem Arbeitgeber und den beteiligten Arbeitnehmern kein Einverständnis erzielt wird; - 6.
Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu bestimmt sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen; - 7.
Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften; - 8.
Form, Ausgestaltung und Verwaltung von Sozialeinrichtungen, deren Wirkungsbereich auf den Betrieb, das Unternehmen oder den Konzern beschränkt ist; - 9.
Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, sowie die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen; - 10.
Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung; - 11.
Festsetzung der Akkord- und Prämiensätze und vergleichbarer leistungsbezogener Entgelte, einschließlich der Geldfaktoren; - 12.
Grundsätze über das betriebliche Vorschlagswesen; - 13.
Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit; Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt; - 14.
Ausgestaltung von mobiler Arbeit, die mittels Informations- und Kommunikationstechnik erbracht wird.
(2) Kommt eine Einigung über eine Angelegenheit nach Absatz 1 nicht zustande, so entscheidet die Einigungsstelle. Der Spruch der Einigungsstelle ersetzt die Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat.
(1) Mindestens ein Viertel der wahlberechtigten Arbeitnehmer, der Arbeitgeber oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können beim Arbeitsgericht den Ausschluss eines Mitglieds aus dem Betriebsrat oder die Auflösung des Betriebsrats wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beantragen. Der Ausschluss eines Mitglieds kann auch vom Betriebsrat beantragt werden.
(2) Wird der Betriebsrat aufgelöst, so setzt das Arbeitsgericht unverzüglich einen Wahlvorstand für die Neuwahl ein. § 16 Abs. 2 gilt entsprechend.
(3) Der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft können bei groben Verstößen des Arbeitgebers gegen seine Verpflichtungen aus diesem Gesetz beim Arbeitsgericht beantragen, dem Arbeitgeber aufzugeben, eine Handlung zu unterlassen, die Vornahme einer Handlung zu dulden oder eine Handlung vorzunehmen. Handelt der Arbeitgeber der ihm durch rechtskräftige gerichtliche Entscheidung auferlegten Verpflichtung zuwider, eine Handlung zu unterlassen oder die Vornahme einer Handlung zu dulden, so ist er auf Antrag vom Arbeitsgericht wegen einer jeden Zuwiderhandlung nach vorheriger Androhung zu einem Ordnungsgeld zu verurteilen. Führt der Arbeitgeber die ihm durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung auferlegte Handlung nicht durch, so ist auf Antrag vom Arbeitsgericht zu erkennen, dass er zur Vornahme der Handlung durch Zwangsgeld anzuhalten sei. Antragsberechtigt sind der Betriebsrat oder eine im Betrieb vertretene Gewerkschaft. Das Höchstmaß des Ordnungsgeldes und Zwangsgeldes beträgt 10.000 Euro.
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
Tenor
-
1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Berlin-Brandenburg vom 24. Februar 2009 - 7 Sa 2017/08 - aufgehoben.
-
2. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 21. August 2008 - 2 Ca 3632/08 - abgeändert:
-
Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien weder durch die fristlose Kündigung, noch durch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 22. Februar 2008 aufgelöst worden ist.
-
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung.
- 2
-
Die 1958 geborene Klägerin war seit April 1977 bei der Beklagten und deren Rechtsvorgängerinnen als Verkäuferin mit Kassentätigkeit beschäftigt.
- 3
-
Die Beklagte ist ein überregional vertretenes Einzelhandelsunternehmen. In einigen ihrer Filialen, so auch in der Beschäftigungsfiliale der Klägerin, besteht die Möglichkeit, Leergut an einem Automaten gegen Ausstellung eines Leergutbons zurückzugeben. Wird ein solcher Bon an der Kasse eingelöst, ist er von der Kassiererin/dem Kassierer abzuzeichnen. Mitarbeiter der Filiale sind angewiesen, mitgebrachtes Leergut beim Betreten des Markts dem Filialleiter vorzuzeigen und einen am Automaten erstellten Leergutbon durch den Leiter gesondert abzeichnen zu lassen, bevor sie den Bon an der Kasse einlösen. Dort wird er wie ein Kundenbon ein weiteres Mal abgezeichnet. Diese Regelungen, die Manipulationen beim Umgang mit Leergut ausschließen sollen, sind der Klägerin bekannt.
- 4
-
Im Herbst 2007 beteiligte sich die Klägerin mit weiteren sieben von insgesamt 36 Beschäftigten ihrer Filiale an einem gewerkschaftlich getragenen Streik. Während die Streikbereitschaft anderer Arbeitnehmer mit der Zeit nachließ, nahm die Klägerin bis zuletzt an den Maßnahmen teil. Im Januar 2008 lud der Filialleiter Beschäftigte, die sich nicht am Arbeitskampf beteiligt hatten, zu einer Feier außer Hause ein. Aus diesem Grund wurde er später von der Beklagten abgemahnt und in eine andere Filiale versetzt.
- 5
-
Am 12. Januar 2008 fand eine Mitarbeiterin im Kassenbereich einer separaten Backtheke zwei nicht abgezeichnete Leergutbons im Wert von 0,48 Euro und 0,82 Euro. Sie trugen das Datum des Tages und waren im Abstand von ca. einer Dreiviertelstunde am Automaten erstellt worden. Die Mitarbeiterin legte die Bons dem Filialleiter vor. Dieser reichte sie an die Klägerin mit der Maßgabe weiter, sie im Kassenbüro aufzubewahren für den Fall, dass sich noch ein Kunde melden und Anspruch darauf erheben würde; andernfalls sollten sie als „Fehlbons“ verbucht werden. Die Klägerin legte die Bons auf eine - für alle Mitarbeiter zugängliche und einsehbare - Ablage im Kassenbüro.
- 6
-
Am 22. Januar 2008 kaufte die Klägerin in der Filiale außerhalb ihrer Arbeitszeit privat ein. An der Kasse überreichte sie ihrer Kollegin zwei nicht abgezeichnete Leergutbons. Laut Kassenjournal wurden diese mit Werten von 0,48 Euro und 0,82 Euro registriert. Beim Kassieren war auch die Kassenleiterin und Vorgesetzte der Klägerin anwesend.
- 7
-
Zur Klärung der Herkunft der eingereichten Bons führte die Beklagte mit der Klägerin ab dem 25. Januar 2008 insgesamt vier Gespräche, an denen - außer am ersten Gespräch - jeweils zwei Mitglieder des Betriebsrats teilnahmen. Sie hielt ihr vor, die eingelösten Bons seien nicht abgezeichnet gewesen und stimmten hinsichtlich Wert und Ausgabedatum mit den im Kassenbüro aufbewahrten Bons überein. Es bestehe der dringende Verdacht, dass sie - die Klägerin - die dort abgelegten „Kundenbons“ an sich genommen und zu ihrem Vorteil verwendet habe. Die Klägerin bestritt dies und erklärte, selbst wenn die Bons übereinstimmten, bestehe die Möglichkeit, dass ihr entsprechende Bons durch eine ihrer Töchter oder durch Dritte zugesteckt worden seien. Beispielsweise habe sie am 21. oder 22. Januar 2008 einer Arbeitskollegin ihre Geldbörse ausgehändigt mit der Bitte, diese in ihren Spind zu legen. Die Beklagte legte der Klägerin nahe, zur Untermauerung ihrer Behauptung eine eidesstattliche Erklärung einer Tochter beizubringen. Außerdem befragte sie die benannte Kollegin, die die Angaben der Klägerin bestritt. Beim letzten, am 15. Februar 2008 geführten Gespräch überreichte die Klägerin eine schriftliche Erklärung, mit der eine ihrer Töchter bestätigte, bei der Beklagten hin und wieder für ihre Mutter einzukaufen, dabei auch Leergut einzulösen und „Umgang“ mit der Geldbörse ihrer Mutter „pflegen zu dürfen“.
- 8
-
Mit Schreiben vom 18. Februar 2008 hörte die Beklagte den Betriebsrat zu einer beabsichtigten außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung, gestützt auf den Verdacht der Einlösung der Bons, an. Der Betriebsrat äußerte Bedenken gegen die fristlose Kündigung, einer ordentlichen Kündigung widersprach er und verwies auf die Möglichkeit einer gegen die Klägerin gerichteten Intrige.
- 9
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Mit Schreiben vom 22. Februar 2008 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis außerordentlich fristlos, hilfsweise fristgemäß zum 30. September 2008.
- 10
-
Die Klägerin hat Kündigungsschutzklage erhoben. Sie hat behauptet, sie habe jedenfalls nicht bewusst Leergutbons eingelöst, die ihr nicht gehörten. Sollte es sich bei den registrierten Bons tatsächlich um die im Kassenbüro abgelegten Bons gehandelt haben, müsse auch die Möglichkeit eines Austauschs der Bons während des Kassiervorgangs in Betracht gezogen werden. Denkbares Motiv hierfür sei ihre Streikteilnahme, die ohnehin der wahre Grund für die Kündigung sei. Anders sei nicht zu erklären, weshalb ihre Kollegin und die Vorgesetzte sie - unstreitig - nicht bereits beim Kassieren oder unmittelbar anschließend auf die fehlende Abzeichnung der überreichten Leergutbons angesprochen hätten. Angesichts der streikbedingt aufgetretenen Spannungen unter den Filialmitarbeitern sei es lebensfremd anzunehmen, sie habe ausgerechnet bei einer Kollegin, mit der sie im Streit gestanden habe, und in Anwesenheit ihrer Vorgesetzten die im Kassenbüro verwahrten, nicht abgezeichneten Bons eingelöst. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, eine Verdachtskündigung sei wegen der in Art. 6 Abs. 2 EMRK verankerten Unschuldsvermutung ohnehin unzulässig. Das gelte in besonderem Maße, wenn sich der Verdacht auf die Entwendung einer nur geringwertigen Sache beziehe. Selbst bei nachgewiesener Tat sei in einem solchen Fall ein wichtiger Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB nicht gegeben. Zumindest sei in ihrem Fall die Kündigung in Anbetracht der Einmaligkeit des Vorfalls und ihrer langen Betriebszugehörigkeit unangemessen, zumal der Beklagten kein Schaden entstanden sei.
-
Die Klägerin hat beantragt
-
1.
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die fristlose, noch durch die ordentliche Kündigung der Beklagten vom 22. Februar 2008 aufgelöst worden ist;
2.
die Beklagte zu verurteilen, sie entsprechend den arbeitsvertraglichen Bedingungen als Verkäuferin mit Kassentätigkeit zu beschäftigen.
- 12
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Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat geltend gemacht, es bestehe der dringende Verdacht, dass die Klägerin die im Kassenbüro hinterlegten Leergutbons für sich verwendet habe. Dafür sprächen die in der Anhörung angeführten Tatsachen sowie der Umstand, dass diese Bons bei einer unmittelbar nach dem Einkauf der Klägerin durchgeführten Suche nicht mehr auffindbar gewesen seien. Es sei auch das mehrfach geänderte Verteidigungsvorbringen der Klägerin zu berücksichtigen, das sich in keinem Punkt als haltbar erwiesen habe. Damit sei das Vertrauen in die redliche Ausführung der Arbeitsaufgaben durch die Klägerin unwiederbringlich zerstört. Das Arbeitsverhältnis sei auch nicht unbelastet verlaufen. Sie habe die Klägerin im Jahr 2005 wegen ungebührlichen Verhaltens gegenüber einem Arbeitskollegen abgemahnt. Außerdem habe die Klägerin, wie ihr erst nachträglich bekannt geworden sei, am 22. November 2007 bei einem privaten Einkauf einen Sondercoupon aus einem Bonussystem eingelöst, obwohl die Einkaufssumme den dafür erforderlichen Betrag nicht erreicht habe. Derselbe Coupon sei dreimal „über die Kasse gezogen“ worden. Dadurch seien der Klägerin zu Unrecht Punkte im Wert von 3,00 Euro gutgeschrieben worden. Deren Behauptung, ihre Vorgesetzte habe sie zu einer derartigen Manipulation - vergeblich - verleiten wollen, sei nicht plausibel; die Vorgesetzte habe an dem betreffenden Tag - wie zuletzt unstreitig - nicht gearbeitet.
-
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit ihrer durch das Bundesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.
Entscheidungsgründe
- 14
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Die Revision ist begründet. Die Vorinstanzen haben die Klage zu Unrecht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist weder durch die außerordentliche noch durch die ordentliche Kündigung vom 22. Februar 2008 aufgelöst worden. Das Urteil des Landesarbeitsgerichts war deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Einer Zurückverweisung bedurfte es nicht. Die Sache war nach dem festgestellten Sachverhältnis zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO).
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A. Die außerordentliche Kündigung ist unwirksam. Es fehlt an einem wichtigen Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB.
- 16
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I. Gemäß § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Das Gesetz kennt folglich keine „absoluten“ Kündigungsgründe. Vielmehr ist jeder Einzelfall gesondert zu beurteilen. Dafür ist zunächst zu prüfen, ob der Sachverhalt ohne seine besonderen Umstände „an sich“, dh. typischerweise als wichtiger Grund geeignet ist. Alsdann bedarf es der weiteren Prüfung, ob dem Kündigenden die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Falls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile - jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist - zumutbar ist oder nicht (st. Rspr., Senat 26. März 2009 - 2 AZR 953/07 - Rn. 21 mwN, AP BGB § 626 Nr. 220; 27. April 2006 - 2 AZR 386/05 - Rn. 19, BAGE 118, 104).
- 17
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II. Die Prüfung der Voraussetzungen des wichtigen Grundes ist in erster Linie Sache der Tatsacheninstanzen. Dennoch geht es um Rechtsanwendung, nicht um Tatsachenfeststellung. Die Würdigung des Berufungsgerichts wird in der Revisionsinstanz darauf hin überprüft, ob es den anzuwendenden Rechtsbegriff in seiner allgemeinen Bedeutung verkannt hat, ob es bei der Unterordnung des Sachverhalts unter die Rechtsnormen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze verletzt und ob es alle vernünftigerweise in Betracht zu ziehenden Umstände widerspruchsfrei berücksichtigt hat (st. Rspr., Senat 27. November 2008 - 2 AZR 193/07 - Rn. 22, AP BGB § 626 Nr. 219; 6. September 2007 - 2 AZR 722/06 - Rn. 40, BAGE 124, 59).
- 18
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III. Auch unter Beachtung eines in diesem Sinne eingeschränkten Maßstabs hält die Würdigung des Landesarbeitsgerichts einer revisionsrechtlichen Prüfung nicht stand. Zwar liegt nach dem festgestellten Sachverhalt „an sich“ ein wichtiger Grund zur Kündigung vor. Das Landesarbeitsgericht hat jedoch bei der vorzunehmenden Einzelfallprüfung und Interessenabwägung nicht alle wesentlichen Gesichtspunkte einbezogen und zutreffend abgewogen.
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1. Entgegen der Auffassung der Revision ist die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts nicht deshalb zu beanstanden, weil dieses seiner rechtlichen Würdigung die fragliche Pflichtverletzung im Sinne einer erwiesenen Tat und nicht nur - wie die Beklagte selbst - einen entsprechenden Verdacht zugrunde gelegt hat.
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a) Das Landesarbeitsgericht ist vom Fund zweier Leergutbons am 12. Januar 2008 und deren Aushändigung an die Klägerin durch den Marktleiter ausgegangen. Nach Beweisaufnahme hat es zudem für wahr erachtet, dass die Klägerin die beiden zunächst im Kassenbüro abgelegten Bons im Wert von 0,48 Euro und 0,82 Euro zu einem unbestimmten Zeitpunkt an sich nahm und am 22. Januar 2008 bei einem Einkauf zu ihren Gunsten einlöste; dadurch ermäßigte sich die Kaufsumme für sie um 1,30 Euro. Darin hat es ein vorsätzliches, pflichtwidriges Verhalten der Klägerin erblickt.
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b) An die vom Landesarbeitsgericht getroffenen tatsächlichen Feststellungen ist der Senat gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden. Die Klägerin hat - auch wenn sie vorsätzliches Fehlverhalten weiterhin in Abrede stellt - von Angriffen gegen die Beweiswürdigung des Landesarbeitsgerichts ausdrücklich abgesehen.
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c) Einer Würdigung des Geschehens unter der Annahme, die Klägerin habe sich nachweislich pflichtwidrig verhalten, steht nicht entgegen, dass die Beklagte sich zur Rechtfertigung der Kündigung nur auf einen entsprechenden Verdacht berufen und den Betriebsrat auch nur zu einer Verdachtskündigung angehört hat.
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aa) Das Landesarbeitsgericht hat auf diese Weise nicht etwa Vortrag berücksichtigt, den die Beklagte nicht gehalten hätte. Der Verdacht eines pflichtwidrigen Verhaltens stellt zwar gegenüber dem Tatvorwurf einen eigenständigen Kündigungsgrund dar (st. Rspr., Senat 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 55 mwN, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 47 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 8). Beide Gründe stehen jedoch nicht beziehungslos nebeneinander. Wird die Kündigung mit dem Verdacht pflichtwidrigen Verhaltens begründet, steht indessen zur Überzeugung des Gerichts die Pflichtwidrigkeit tatsächlich fest, lässt dies die materiell-rechtliche Wirksamkeit der Kündigung unberührt. Maßgebend ist allein der objektive Sachverhalt, wie er sich dem Gericht nach Parteivorbringen und ggf. Beweisaufnahme darstellt. Ergibt sich daraus nach tatrichterlicher Würdigung das Vorliegen einer Pflichtwidrigkeit, ist das Gericht nicht gehindert, dies seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Es ist nicht erforderlich, dass der Arbeitgeber sich während des Prozesses darauf berufen hat, er stütze die Kündigung auch auf die erwiesene Tat (Senat 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - aaO mwN).
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bb) Der Umstand, dass der Betriebsrat ausschließlich zu einer beabsichtigten Verdachtskündigung gehört wurde, steht dem nicht entgegen. Die gerichtliche Berücksichtigung des Geschehens als erwiesene Tat setzt voraus, dass dem Betriebsrat - ggf. im Rahmen zulässigen „Nachschiebens“ - diejenigen Umstände mitgeteilt worden sind, welche nicht nur den Tatverdacht, sondern zur Überzeugung des Gerichts auch den Tatvorwurf begründen (Senat 23. Juni 2009 - 2 AZR 474/07 - Rn. 59 mwN, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 47 = EzA BGB 2002 § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 8). Bei dieser Sachlage ist dem Normzweck des § 102 Abs. 1 BetrVG auch durch eine Anhörung nur zur Verdachtskündigung genüge getan. Dem Betriebsrat wird dadurch nichts vorenthalten. Die Mitteilung des Arbeitgebers, einem Arbeitnehmer solle schon und allein wegen des Verdachts einer pflichtwidrigen Handlung gekündigt werden, gibt ihm sogar weit stärkeren Anlass für ein umfassendes Tätigwerden als eine Anhörung wegen einer als erwiesen behaupteten Tat (Senat 3. April 1986 - 2 AZR 324/85 - zu II 1 c cc der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 18 = EzA BetrVG 1972 § 102 Nr. 63; KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 217). Diese Voraussetzungen sind im Streitfall erfüllt. Das Landesarbeitsgericht hat seiner Entscheidung ausschließlich solche - aus seiner Sicht bewiesene - Tatsachen zugrunde gelegt, die Gegenstand der Betriebsratsanhörung waren.
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2. Der vom Landesarbeitsgericht festgestellte Sachverhalt ist „an sich“ als wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB geeignet. Zum Nachteil des Arbeitgebers begangene Eigentums- oder Vermögensdelikte, aber auch nicht strafbare, ähnlich schwerwiegende Handlungen unmittelbar gegen das Vermögen des Arbeitgebers kommen typischerweise - unabhängig vom Wert des Tatobjekts und der Höhe eines eingetretenen Schadens - als Grund für eine außerordentliche Kündigung in Betracht.
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a) Begeht der Arbeitnehmer bei oder im Zusammenhang mit seiner Arbeit rechtswidrige und vorsätzliche - ggf. strafbare - Handlungen unmittelbar gegen das Vermögen seines Arbeitgebers, verletzt er zugleich in schwerwiegender Weise seine schuldrechtliche Pflicht zur Rücksichtnahme (§ 241 Abs. 2 BGB) und missbraucht das in ihn gesetzte Vertrauen. Ein solches Verhalten kann auch dann einen wichtigen Grund iSd. § 626 Abs. 1 BGB darstellen, wenn die rechtswidrige Handlung Sachen von nur geringem Wert betrifft oder zu einem nur geringfügigen, möglicherweise zu gar keinem Schaden geführt hat(Senat 13. Dezember 2007 - 2 AZR 537/06 - Rn. 16, 17, AP BGB § 626 Nr. 210 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 20; 12. August 1999 - 2 AZR 923/98 - zu II 2 b aa der Gründe, BAGE 92, 184; 17. Mai 1984 - 2 AZR 3/83 - zu II 1 der Gründe, AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 14 = EzA BGB § 626 nF Nr. 90).
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b) An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Die entgegenstehende Ansicht, die Pflichtverletzungen im Vermögensbereich bei Geringfügigkeit bereits aus dem Anwendungsbereich des § 626 Abs. 1 BGB herausnehmen will(so LAG Köln 30. September 1999 - 5 Sa 872/99 - zu 2 der Gründe, NZA-RR 2001, 83; LAG Hamburg 8. Juli 1998 - 4 Sa 38/97 - zu II 3 a aa der Gründe, NZA-RR 1999, 469; ArbG Reutlingen 4. Juni 1996 - 1 Ca 73/96 - RzK I 6 d Nr. 12; Däubler Das Arbeitsrecht 2 12. Aufl. Rn. 1128; eingeschränkt Gerhards BB 1996, 794, 796), überzeugt nicht. Ein Arbeitnehmer, der die Integrität von Eigentum und Vermögen seines Arbeitgebers vorsätzlich und rechtswidrig verletzt, zeigt ein Verhalten, das geeignet ist, die Zumutbarkeit seiner Weiterbeschäftigung in Frage zu stellen. Die durch ein solches Verhalten ausgelöste „Erschütterung“ der für die Vertragsbeziehung notwendigen Vertrauensgrundlage tritt unabhängig davon ein, welche konkreten wirtschaftlichen Schäden mit ihm verbunden sind. Aus diesem Grund ist die Festlegung einer nach dem Wert bestimmten Relevanzschwelle mit dem offen gestalteten Tatbestand des § 626 Abs. 1 BGB nicht zu vereinbaren. Sie würfe im Übrigen mannigfache Folgeprobleme auf - etwa das einer exakten Wertberechnung, das der Folgen mehrfacher, für sich betrachtet „irrelevanter“ Verstöße sowie das der Behandlung nur marginaler Grenzüberschreitungen - und vermöchte schon deshalb einem angemessenen Interessenausgleich schwerlich zu dienen.
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c) Mit seiner Auffassung setzt sich der Senat nicht in Widerspruch zu der in § 248a StGB getroffenen Wertung. Nach dieser Bestimmung werden Diebstahl und Unterschlagung geringwertiger Sachen nur auf Antrag oder bei besonderem öffentlichem Interesse verfolgt. Der Vorschrift liegt eine Einschätzung des Gesetzgebers darüber zugrunde, ab welcher Grenze staatliche Sanktionen für Rechtsverstöße in diesem Bereich zwingend geboten sind. Ein solcher Ansatz ist dem Schuldrecht fremd. Hier geht es um störungsfreien Leistungsaustausch. Die Berechtigung einer verhaltensbedingten Kündigung ist nicht daran zu messen, ob diese - vergleichbar einer staatlichen Maßnahme - als Sanktion für den fraglichen Vertragsverstoß angemessen ist. Statt des Sanktions- gilt das Prognoseprinzip. Eine verhaltensbedingte Kündigung ist gerechtfertigt, wenn eine störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht, künftigen Pflichtverstößen demnach nur durch die Beendigung der Vertragsbeziehung begegnet werden kann (st. Rspr., Senat 26. November 2009 - 2 AZR 751/08 - Rn. 10, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 61 = EzA BGB 2002 § 611 Abmahnung Nr. 5; 23. Juni 2009 - 2 AZR 103/08 - Rn. 32, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 59 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 17).
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d) Ebenso wenig besteht ein Wertungswiderspruch zwischen der Auffassung des Senats und der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts. Dieses erkennt zwar bei der disziplinarrechtlichen Beurteilung vergleichbarer Dienstvergehen eines Beamten die Geringwertigkeit der betroffenen Vermögensobjekte als Milderungsgrund an (BVerwG 13. Februar 2008 - 2 WD 9/07 - DÖV 2008, 1056; 24. November 1992 - 1 D 66/91 - zu 3 der Gründe, BVerwGE 93, 314; bei kassenverwaltender Tätigkeit: BVerwG 11. November 2003 - 1 D 5/03 - zu 4 b der Gründe). Dies geschieht jedoch vor dem Hintergrund einer abgestuften Reihe von disziplinarischen Reaktionsmöglichkeiten des Dienstherrn. Diese reichen von der Anordnung einer Geldbuße (§ 7 BDG) über die Kürzung von Dienstbezügen (§ 8 BDG) und die Zurückstufung (§ 9 BDG) bis zur Entfernung aus dem Dienst (§ 13 Abs. 2 BDG). Eine solche Reaktionsbreite kennt das Arbeitsrecht nicht. Der Arbeitgeber könnte auf die „Entfernung aus dem Dienst“ nicht zugunsten einer Kürzung der Vergütung verzichten. Wertungen, wie sie für das in der Regel auf Lebenszeit angelegte, durch besondere Treue- und Fürsorgepflichten geprägte Dienstverhältnis der Beamten und Soldaten getroffen werden, lassen sich deshalb auf eine privatrechtliche Leistungsbeziehung regelmäßig nicht übertragen (Keiser JR 2010, 55, 57 ff.; Reuter NZA 2009, 594, 595).
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e) Das Landesarbeitsgericht hat das Verhalten der Klägerin als „Vermögensdelikt“ zulasten der Beklagten gewürdigt, hat aber offen gelassen, welchen straf- und/oder zivilrechtlichen Deliktstatbestand es als erfüllt ansieht. Das ist im Ergebnis unschädlich. Das Verhalten der Klägerin kommt auch dann als wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB in Betracht, wenn es - wie die Revision im Anschluss an Äußerungen in der Literatur (Hüpers Jura 2010, 52 ff.; Schlösser HRRS 2009, 509 ff.) meint - nicht strafbar sein sollte, jedenfalls nicht im Sinne eines Vermögensdelikts zum Nachteil der Beklagten. Für die kündigungsrechtliche Beurteilung ist weder die strafrechtliche noch die sachenrechtliche Bewertung maßgebend. Entscheidend ist der Verstoß gegen vertragliche Haupt- oder Nebenpflichten und der mit ihm verbundene Vertrauensbruch (Senat 19. April 2007 - 2 AZR 78/06 - Rn. 28, AP BGB § 611 Direktionsrecht Nr. 77 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 8; 2. März 2006 - 2 AZR 53/05 - Rn. 29, AP BGB § 626 Krankheit Nr. 14 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 16; 21. April 2005 - 2 AZR 255/04 - zu B II 1 der Gründe, BAGE 114, 264; Preis AuR 2010, 242 f.). Auch eine nicht strafbare, gleichwohl erhebliche Verletzung der sich aus dem Arbeitsverhältnis ergebenden Pflichten kann deshalb ein wichtiger Grund iSv. § 626 Abs. 1 BGB sein. Das gilt insbesondere in Fällen, in denen die Pflichtverletzung mit einem vorsätzlichen Verstoß gegen eine den unmittelbaren Vermögensinteressen des Arbeitgebers dienende Weisung einhergeht (KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 459).
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f) Danach liegt eine erhebliche, die Schwelle zum wichtigen Grund überschreitende Pflichtverletzung vor. Die Klägerin hat sich mit dem Einlösen der Leergutbons gegenüber der Beklagten einen Vermögensvorteil verschafft, der ihr nicht zustand. Ihr Verhalten wiegt umso schwerer, als sie eine konkrete Anordnung des Marktleiters zum Umgang mit den Bons missachtet hat. Es kommt nicht darauf an, ob sie damit schon gegen ihre Hauptleistungspflichten als Kassiererin oder gegen ihre Pflicht zur Rücksichtnahme aus § 241 Abs. 2 BGB verstoßen hat. In jedem Fall gehört die Pflicht zur einschränkungslosen Wahrung der Vermögensinteressen der Beklagten zum Kernbereich ihrer Arbeitsaufgaben. Die Schwere der Pflichtverletzung hängt von einer exakten Zuordnung nicht ab. Die Vorgabe des Marktleiters, die Bons nach einer gewissen Zeit als „Fehlbons“ zu verbuchen, sollte sicherstellen, dass die Beklagte insoweit nicht mehr in Anspruch genommen würde. Ob damit den Interessen der Kunden ausreichend Rechnung getragen wurde, ist im Verhältnis der Parteien ohne Bedeutung. Die Klägerin jedenfalls durfte die Bons nicht zum eigenen Vorteil einlösen.
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3. Die fristlose Kündigung ist bei Beachtung aller Umstände des vorliegenden Falls und nach Abwägung der widerstreitenden Interessen gleichwohl nicht gerechtfertigt. Als Reaktion der Beklagten auf das Fehlverhalten der Klägerin hätte eine Abmahnung ausgereicht. Dies vermag der Senat selbst zu entscheiden.
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a) Dem Berufungsgericht kommt bei der im Rahmen von § 626 Abs. 1 BGB vorzunehmenden Interessenabwägung zwar ein Beurteilungsspielraum zu(Senat 11. Dezember 2003 - 2 AZR 36/03 - zu II 1 f der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 179 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 5). Eine eigene Abwägung durch das Revisionsgericht ist aber möglich, wenn die des Berufungsgerichts fehlerhaft oder unvollständig ist und sämtliche relevanten Tatsachen feststehen (Senat 23. Juni 2009 - 2 AZR 103/08 - Rn. 36, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 59 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 17; 12. Januar 2006 - 2 AZR 179/05 - Rn. 61, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68). Ein solcher Fall liegt hier vor.
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b) Bei der Prüfung, ob dem Arbeitgeber eine Weiterbeschäftigung des Arbeitnehmers trotz Vorliegens einer erheblichen Pflichtverletzung jedenfalls bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zumutbar ist, ist in einer Gesamtwürdigung das Interesse des Arbeitgebers an der sofortigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen das Interesse des Arbeitnehmers an dessen Fortbestand abzuwägen. Es hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumutbar ist oder nicht, lassen sich nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind aber regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung - etwa im Hinblick auf das Maß eines durch sie bewirkten Vertrauensverlusts und ihre wirtschaftlichen Folgen -, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf (Senat 28. Januar 2010 - 2 AZR 1008/08 - Rn. 26 mwN, DB 2010, 1709; 10. November 2005 - 2 AZR 623/04 - Rn. 38 mwN, AP BGB § 626 Nr. 196 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 11). Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind (st. Rspr., Senat 19. April 2007 - 2 AZR 180/06 - Rn. 45, AP BGB § 174 Nr. 20 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 7). Als mildere Reaktionen sind insbesondere Abmahnung und ordentliche Kündigung anzusehen. Sie sind dann alternative Gestaltungsmittel, wenn schon sie geeignet sind, den mit der außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen - zu erreichen (KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 251 mwN).
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c) Die Notwendigkeit der Prüfung, ob eine fristgerechte Kündigung als Reaktion ausgereicht hätte, folgt schon aus dem Wortlaut des § 626 Abs. 1 BGB. Das Erfordernis weitergehend zu prüfen, ob nicht schon eine Abmahnung ausreichend gewesen wäre, folgt aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz (die Kündigung als „ultima ratio“) und trägt zugleich dem Prognoseprinzip bei der verhaltensbedingten Kündigung Rechnung (Senat 19. April 2007 - 2 AZR 180/06 - Rn. 47 f., AP BGB § 174 Nr. 20 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 7; 12. Januar 2006 - 2 AZR 179/05 - Rn. 55 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68). Das Erfordernis gilt auch bei Störungen im Vertrauensbereich. Es ist nicht stets und von vorneherein ausgeschlossen, verlorenes Vertrauen durch künftige Vertragstreue zurückzugewinnen (Senat 4. Juni 1997 - 2 AZR 526/96 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 86, 95).
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aa) Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann (Schlachter NZA 2005, 433, 436). Die ordentliche wie die außerordentliche Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung setzen deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus. Sie dient der Objektivierung der negativen Prognose (Senat 23. Juni 2009 - 2 AZR 283/08 - Rn. 14 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Abmahnung Nr. 5 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 75; Staudinger/Preis <2002> § 626 BGB Rn. 109). Ist der Arbeitnehmer ordnungsgemäß abgemahnt worden und verletzt er dennoch seine arbeitsvertraglichen Pflichten erneut, kann regelmäßig davon ausgegangen werden, es werde auch zukünftig zu weiteren Vertragsstörungen kommen (Senat 13. Dezember 2007 - 2 AZR 818/06 - Rn. 38, AP KSchG 1969 § 4 Nr. 64 = EzA KSchG § 4 nF Nr. 82).
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bb) Nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist eine Kündigung nicht gerechtfertigt, wenn es mildere Mittel gibt, eine Vertragsstörung zukünftig zu beseitigen. Dieser Aspekt hat durch die Regelung des § 314 Abs. 2 BGB iVm. § 323 Abs. 2 BGB eine gesetzgeberische Bestätigung erfahren(Senat 12. Januar 2006 - 2 AZR 179/05 - Rn. 56 mwN, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 54 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 68). Einer Abmahnung bedarf es in Ansehung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes deshalb nur dann nicht, wenn eine Verhaltensänderung in Zukunft selbst nach Abmahnung nicht zu erwarten steht oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass eine Hinnahme durch den Arbeitgeber offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (vgl. Senat 23. Juni 2009 - 2 AZR 103/08 - Rn. 33, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 59 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 17; 19. April 2007 - 2 AZR 180/06 - Rn. 48 mwN, AP BGB § 174 Nr. 20 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 7).
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cc) Diese Grundsätze gelten uneingeschränkt selbst bei Störungen des Vertrauensbereichs durch Straftaten gegen Vermögen oder Eigentum des Arbeitgebers (Senat 23. Juni 2009 - 2 AZR 103/08 - Rn. 33, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 59 = EzTöD 100 TVöD-AT § 34 Abs. 2 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 17; 27. April 2006 - 2 AZR 415/05 - Rn. 19, AP BGB § 626 Nr. 203 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 17). Auch in diesem Bereich gibt es keine „absoluten“ Kündigungsgründe. Stets ist konkret zu prüfen, ob nicht objektiv die Prognose berechtigt ist, der Arbeitnehmer werde sich jedenfalls nach einer Abmahnung künftig wieder vertragstreu verhalten (vgl. auch Erman/Belling BGB 12. Aufl. § 626 Rn. 62; KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 264; Preis AuR 2010, 242, 244; Reichel AuR 2004, 252; Schlachter NZA 2005, 433, 437).
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d) Danach war eine Abmahnung hier nicht entbehrlich.
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aa) Das Landesarbeitsgericht geht zunächst zutreffend davon aus, dass es einer Abmahnung nicht deshalb bedurfte, um bei der Klägerin die mögliche Annahme zu beseitigen, die Beklagte könnte mit der eigennützigen Verwendung der Bons einverstanden sein. Einer mutmaßlichen Einwilligung - die in anderen Fällen, etwa der Verwendung wertloser, als Abfall deklarierter Gegenstände zum Eigenverbrauch oder zur Weitergabe an Hilfsbedürftige oder dem Aufladen eines Mobiltelefons im Stromnetz des Arbeitgebers, naheliegend sein mag - stand im Streitfall die Weisung des Filialleiters entgegen, die keine Zweifel über den von der Beklagten gewünschten Umgang mit den Bons aufkommen ließ. Auf mögliche Unklarheiten in den allgemeinen Anweisungen der Beklagten zur Behandlung von Fundsachen und Fundgeld kommt es deshalb nicht an.
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bb) Mit Recht hat das Landesarbeitsgericht zudem angenommen, das Verhalten der Klägerin stelle eine objektiv schwerwiegende, das Vertrauensverhältnis der Parteien erheblich belastende Pflichtverletzung dar.
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(1) Mit der eigennützigen Verwendung der Leergutbons hat sich die Klägerin bewusst gegen die Anordnung des Filialleiters gestellt. Schon dies ist geeignet, das Vertrauen der Beklagten in die zuverlässige Erfüllung der ihr übertragenen Aufgaben als Kassiererin zu erschüttern. Erschwerend kommt hinzu, dass die Bons gerade ihr zur Verwahrung und ggf. Buchung als „Fehlbons“ übergeben worden waren. Das Fehlverhalten der Klägerin berührt damit den Kernbereich ihrer Arbeitsaufgaben. Sie war als Verkäuferin mit Kassentätigkeit beschäftigt. Als solche hat sie den weisungsgemäßen Umgang mit Leergutbons gleichermaßen sicher zu stellen wie den mit ihr anvertrautem Geld. Die Beklagte muss sich auf die Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit einer mit Kassentätigkeiten betrauten Arbeitnehmerin in besonderem Maße verlassen dürfen. Sie muss davon ausgehen können, dass ihre Weisungen zum Umgang mit Sach- und Vermögenswerten unabhängig von deren Wert und den jeweiligen Eigentumsverhältnissen korrekt eingehalten werden. Als Einzelhandelsunternehmen ist die Beklagte besonders anfällig dafür, in der Summe hohe Einbußen durch eine Vielzahl für sich genommen geringfügiger Schädigungen zu erleiden. Verstößt eine Arbeitnehmerin, deren originäre Aufgabe es ist, Einnahmen zu sichern und zu verbuchen, vorsätzlich und zur persönlichen Bereicherung gegen eine Pflicht, die gerade dem Schutz des Eigentums und Vermögens des Arbeitgebers oder eines Kunden dient, liegt darin regelmäßig ein erheblicher, das Vertrauen in ihre Redlichkeit beeinträchtigender Vertragsverstoß.
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(2) Der Einwand der Klägerin, ein Vertrauen auf Seiten der Beklagten bestehe ohnehin nicht, wie die in den Märkten praktizierte Videoüberwachung zeige, geht fehl. Jeder Arbeitnehmer hat die Pflicht, sich so zu verhalten, dass es um seinetwillen einer Kontrolle nicht bedürfte. Erweist sich ein zunächst unspezifisches, nicht auf konkrete Personen bezogenes, generelles „Misstrauen“ des Arbeitgebers schließlich im Hinblick auf einen bestimmten Mitarbeiter als berechtigt, wird erst und nur dadurch das Vertrauen in dessen Redlichkeit tatsächlich erschüttert.
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cc) Auch wenn deshalb das Verhalten der Klägerin das Vertrauensverhältnis zur Beklagten erheblich belastet hat, so hat das Landesarbeitsgericht doch den für die Klägerin sprechenden Besonderheiten nicht hinreichend Rechnung getragen.
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(1) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Klägerin habe nicht damit rechnen können, die Beklagte werde ihr Verhalten auch nur einmalig hinnehmen, ohne eine Kündigung auszusprechen. Die Klägerin habe ihre Pflichten als Kassiererin „auf das Schwerste“ verletzt. Mit dieser Würdigung ist es den Besonderheiten des Streitfalls nicht ausreichend gerecht geworden. Die Klägerin hat an der Kasse in unmittelbarer Anwesenheit ihrer Vorgesetzten bei einer nicht befreundeten Kollegin unabgezeichnete Leergutbons eingelöst. Dass sie mangels Abzeichnung nach den betrieblichen Regelungen keinen Anspruch auf eine Gutschrift hatte, war für die Kassenmitarbeiterin und die Vorgesetzte offenkundig und nicht zu übersehen. Das wusste auch die Klägerin, die deshalb aus ihrer Sicht unweigerlich würde Aufmerksamkeit erregen und Nachfragen auslösen müssen. Das zeigt, dass sie ihr Verhalten - fälschlich - als notfalls tolerabel oder jedenfalls korrigierbar eingeschätzt haben mag und sich eines gravierenden Unrechts offenbar nicht bewusst war. Für den Grad des Verschuldens und die Möglichkeit einer Wiederherstellung des Vertrauens macht es objektiv einen Unterschied, ob es sich bei einer Pflichtverletzung um ein Verhalten handelt, das insgesamt - wie etwa der vermeintlich unbeobachtete Griff in die Kasse - auf Heimlichkeit angelegt ist oder nicht.
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(2) Das Landesarbeitsgericht hat die Einmaligkeit der Pflichtverletzung und die als beanstandungsfrei unterstellte Betriebszugehörigkeit der Klägerin von gut drei Jahrzehnten zwar erwähnt, ihnen aber kein ausreichendes Gewicht beigemessen.
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(a) Für die Zumutbarkeit der Weiterbeschäftigung kann es von erheblicher Bedeutung sein, ob der Arbeitnehmer bereits geraume Zeit in einer Vertrauensstellung beschäftigt war, ohne vergleichbare Pflichtverletzungen begangen zu haben. Das gilt auch bei Pflichtverstößen im unmittelbaren Vermögensbereich (Senat 13. Dezember 1984 - 2 AZR 454/83 - zu III 3 a der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 81 = EzA BGB § 626 nF Nr. 94). Eine für lange Jahre ungestörte Vertrauensbeziehung zweier Vertragspartner wird nicht notwendig schon durch eine erstmalige Vertrauensenttäuschung vollständig und unwiederbringlich zerstört. Je länger eine Vertragsbeziehung ungestört bestanden hat, desto eher kann die Prognose berechtigt sein, dass der dadurch erarbeitete Vorrat an Vertrauen durch einen erstmaligen Vorfall nicht vollständig aufgezehrt wird. Dabei kommt es nicht auf die subjektive Befindlichkeit und Einschätzung des Arbeitgebers oder bestimmter für ihn handelnder Personen an. Entscheidend ist ein objektiver Maßstab. Maßgeblich ist nicht, ob der Arbeitgeber hinreichendes Vertrauen in den Arbeitnehmer tatsächlich noch hat. Maßgeblich ist, ob er es aus der Sicht eines objektiven Betrachters haben müsste. Im Arbeitsverhältnis geht es nicht um ein umfassendes wechselseitiges Vertrauen in die moralischen Qualitäten der je anderen Vertragspartei. Es geht allein um die von einem objektiven Standpunkt aus zu beantwortende Frage, ob mit einer korrekten Erfüllung der Vertragspflichten zu rechnen ist.
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(b) Die Klägerin hat durch eine beanstandungsfreie Tätigkeit als Verkäuferin und Kassiererin über dreißig Jahre hinweg Loyalität zur Beklagten gezeigt.
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(aa) Der Senat hatte davon auszugehen, dass diese Zeit ohne rechtlich relevante Beanstandungen verlaufen ist. Gegenstand einer der Klägerin erteilten Abmahnung war eine vor Kunden abgegebene, abfällige Äußerung gegenüber einem Arbeitskollegen. Dieses Verhalten steht mit dem Kündigungsvorwurf in keinerlei Zusammenhang; im Übrigen wurde die Abmahnung ein Jahr später aus der Personalakte entfernt. Schon aus tatsächlichen Gründen unbeachtlich ist das Geschehen im Zusammenhang mit der Einlösung eines Sondercoupons im November 2007. Die Klägerin hat im Einzelnen und plausibel dargelegt, weshalb ihr dabei im Ergebnis keine Bonuspunkte zugeschrieben worden seien, die ihr nicht zugestanden hätten. Dem ist die Beklagte nicht hinreichend substantiiert entgegengetreten.
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(bb) Das in dieser Beschäftigungszeit von der Klägerin erworbene Maß an Vertrauen in die Korrektheit ihrer Aufgabenerfüllung und in die Achtung der Vermögensinteressen der Beklagten schlägt hoch zu Buche. Angesichts des Umstands, dass nach zehn Tagen Wartezeit mit einer Nachfrage der in Wahrheit berechtigten Kunden nach dem Verbleib von Leergutbons über Cent-Beträge aller Erfahrung nach nicht mehr zu rechnen war, und der wirtschaftlichen Geringfügigkeit eines der Beklagten entstandenen Nachteils ist es höher zu bewerten als deren Wunsch, nur eine solche Mitarbeiterin weiterzubeschäftigen, die in jeder Hinsicht und ausnahmslos ohne Fehl und Tadel ist. Dieser als solcher berechtigte Wunsch macht der Beklagten die Weiterbeschäftigung der Klägerin trotz ihres Pflichtenverstoßes mit Blick auf die bisherige Zusammenarbeit nicht unzumutbar. Objektiv ist das Vertrauen in die Zuverlässigkeit der Klägerin nicht derart erschüttert, dass dessen vollständige Wiederherstellung und ein künftig erneut störungsfreies Miteinander der Parteien nicht in Frage käme.
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(3) Das prozessuale Verteidigungsvorbringen der Klägerin steht dieser Würdigung nicht entgegen.
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(a) Die Wirksamkeit einer Kündigung ist grundsätzlich nach den objektiven Verhältnissen im Zeitpunkt ihres Zugangs zu beurteilen. Dieser Zeitpunkt ist im Rahmen von § 626 Abs. 1 BGB sowohl für die Prüfung des Kündigungsgrundes als auch für die Interessenabwägung maßgebend. Umstände, die erst danach entstanden sind, können die bereits erklärte Kündigung nicht rechtfertigen. Sie können allenfalls als Grundlage für eine weitere Kündigung oder einen Auflösungsantrag nach §§ 9, 10 KSchG dienen(Senat 28. Oktober 1971 - 2 AZR 15/71 - zu II 2 d der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 62 = EzA BGB § 626 nF Nr. 9; 15. Dezember 1955 - 2 AZR 228/54 - zu III der Gründe, BAGE 2, 245).
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(b) Nachträglich eingetretene Umstände können nach der Rechtsprechung des Senats für die gerichtliche Beurteilung allerdings insoweit von Bedeutung sein, wie sie die Vorgänge, die zur Kündigung geführt haben, in einem neuen Licht erscheinen lassen (Senat 13. Oktober 1977 - 2 AZR 387/76 - zu III 3 d der Gründe, AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 1 = EzA BetrVG 1972 § 74 Nr. 3; 28. Oktober 1971 - 2 AZR 15/71 - zu II 2 d der Gründe, AP BGB § 626 Nr. 62 = EzA BGB § 626 nF Nr. 9; 15. Dezember 1955 - 2 AZR 228/54 - zu III der Gründe, BAGE 2, 245). Dazu müssen zwischen den neuen Vorgängen und den alten Gründen so enge innere Beziehungen bestehen, dass jene nicht außer Acht gelassen werden können, ohne dass ein einheitlicher Lebensvorgang zerrissen würde (Senat 15. Dezember 1955 - 2 AZR 228/54 - aaO; ErfK/Müller-Glöge 10. Aufl. § 626 Rn. 54; KR/Fischermeier 9. Aufl. § 626 BGB Rn. 177; SPV/Preis 10. Aufl. Rn. 551; vgl. auch Walker NZA 2009, 921, 922). Es darf aber nicht etwa eine ursprünglich unbegründete Kündigung durch die Berücksichtigung späteren Verhaltens rückwirkend zu einer begründeten werden (Senat 15. Dezember 1955 - 2 AZR 228/54 - aaO). Außerdem ist genau zu prüfen, welche konkreten Rückschlüsse auf den Kündigungsgrund späteres Verhalten wirklich erlaubt. Im Hinblick auf prozessuales Vorbringen (vgl. Senatsentscheidungen vom 24. November 2005 - 2 AZR 39/05 - AP BGB § 626 Nr. 197 = EzA BGB 2002 § 626 Nr. 12 und 3. Juli 2003 - 2 AZR 437/02 - AP BGB § 626 Verdacht strafbarer Handlung Nr. 38 = EzA KSchG § 1 Verdachtskündigung Nr. 2)gilt nichts anderes.
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(c) Danach kommt dem Prozessverhalten der Klägerin keine ihre Pflichtverletzung verstärkende Bedeutung zu. Es ist nicht geeignet, den Kündigungssachverhalt als solchen zu erhellen. Der besteht darin, dass die Klägerin unberechtigterweise ihr nicht gehörende Leergutbons zweier Kunden zum eigenen Vorteil eingelöst hat.
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(aa) Dieser Vorgang erscheint insbesondere im Hinblick auf eine Wiederholungsgefahr nicht dadurch in einem anderen, für die Klägerin ungünstigeren Licht, dass diese zunächst die Identität der von ihr eingelösten und der im Kassenbüro aufbewahrten Bons bestritten hat. Das Gleiche gilt im Hinblick darauf, dass die Klägerin auch noch im Prozessverlauf die Möglichkeit bestimmter Geschehensabläufe ins Spiel gebracht hat, die erklären könnten, weshalb sie - wie sie stets behauptet hat - selbst bei Identität der Bons nicht wusste, dass sie ihr nicht gehörende Bons einlöste. Die von der Klägerin aufgezeigten Möglichkeiten einschließlich der einer gegen sie geführten Intrige mögen sich wegen der erforderlich gewordenen Befragungen der betroffenen Arbeitnehmer nachteilig auf den Betriebsfrieden ausgewirkt haben. Dies war aber nicht Kündigungsgrund. Unabhängig davon zielte das Verteidigungsvorbringen der Klägerin erkennbar nicht darauf, Dritte einer konkreten Pflichtverletzung zu bezichtigen. Der Kündigungsgrund wird auch nicht dadurch klarer, dass die Klägerin die Rechtsauffassung vertreten hat, erstmalige Vermögensdelikte zulasten des Arbeitgebers könnten bei geringem wirtschaftlichem Schaden eine außerordentliche Kündigung ohne vorausgegangene Abmahnung nicht rechtfertigen. Damit hat sie lediglich in einer rechtlich umstrittenen Frage einen für sie günstigen Standpunkt eingenommen. Daraus kann nicht abgeleitet werden, sie werde sich künftig bei Gelegenheit in gleicher Weise vertragswidrig verhalten.
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(bb) Das Prozessverhalten der Klägerin mindert ebenso wenig das bei der Interessenabwägung zu berücksichtigende Maß des verbliebenen Vertrauens. Auch für dessen Ermittlung ist auf den Zeitpunkt des Kündigungszugangs abzustellen. Aus dieser Perspektive und im Hinblick auf den bis dahin verwirklichten Kündigungssachverhalt ist zu fragen, ob mit der Wiederherstellung des Vertrauens in eine künftig korrekte Vertragserfüllung gerechnet werden kann. In dieser Hinsicht ist das Verteidigungsvorbringen der Klägerin ohne Aussagekraft. Ihr wechselnder Vortrag und beharrliches Leugnen einer vorsätzlichen Pflichtwidrigkeit lassen keine Rückschlüsse auf ihre künftige Zuverlässigkeit als Kassiererin zu. Das gilt gleichermaßen für mögliche, während des Prozesses aufgestellte Behauptungen der Klägerin über eine ihr angeblich von der Kassenleiterin angetragene Manipulation im Zusammenhang mit der Einlösung von Sondercoupons im November 2007 und mögliche Äußerungen gegenüber Pressevertretern.
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(cc) Anders als die Beklagte meint, wird dadurch nicht Verstößen gegen die prozessuale Wahrheitspflicht „Tür und Tor geöffnet“. Im Fall eines bewusst wahrheitswidrigen Vorbringens besteht die Möglichkeit, eine weitere Kündigung auszusprechen oder einen Auflösungsantrag nach §§ 9, 10 KSchG anzubringen. Dabei kann nicht jeder unzutreffende Parteivortrag als „Lüge“ bezeichnet werden. Die Wahrnehmung eines Geschehens ist generell nicht unbeeinflusst vom äußeren und inneren Standpunkt des Wahrnehmenden. Gleiches gilt für Erinnerung und Wiedergabe, zumal in einem von starker Polarität geprägten Verhältnis, wie es zwischen Prozessparteien häufig besteht. Wenn sich das Gericht nach den Regeln des Prozessrechts in §§ 138, 286 ZPO die - rechtlich bindende, aber um deswillen nicht der Gefahr des Irrtums enthobene - Überzeugung bildet, ein bestimmter Sachverhalt habe sich so und nicht anders zugetragen, ist damit die frühere, möglicherweise abweichende Darstellung einer Partei nicht zugleich als gezielte Irreführung des Gerichts oder der Gegenpartei ausgewiesen. Es bedarf vielmehr besonderer Anhaltspunkte, um einen solchen - schweren - Vorwurf zu begründen.
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B. Die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung zum 30. September 2008 ist unwirksam. Auch dies vermag der Senat selbst zu entscheiden. Die Kündigung ist sozial ungerechtfertigt. Sie ist nicht durch Gründe im Verhalten der Klägerin iSv. § 1 Abs. 2 KSchG bedingt. Sie ist auf denselben Lebenssachverhalt gestützt wie die außerordentliche Kündigung. Der Beklagten war es aus den dargelegten Gründen zuzumuten, auf das mildere Mittel der Abmahnung zurückzugreifen.
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C. Der Antrag auf Beschäftigung, der sich ersichtlich auf die Dauer des Kündigungsrechtsstreits beschränkte, kommt wegen der Beendigung des Verfahrens nicht mehr zum Tragen.
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Kreft
Schmitz-Scholemann
Berger
Torsten Falke
Bartz
(1) Das Dienstverhältnis kann von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zu der vereinbarten Beendigung des Dienstverhältnisses nicht zugemutet werden kann.
(2) Die Kündigung kann nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt. Der Kündigende muss dem anderen Teil auf Verlangen den Kündigungsgrund unverzüglich schriftlich mitteilen.
(1) Dauerschuldverhältnisse kann jeder Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen. Ein wichtiger Grund liegt vor, wenn dem kündigenden Teil unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zur vereinbarten Beendigung oder bis zum Ablauf einer Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
(2) Besteht der wichtige Grund in der Verletzung einer Pflicht aus dem Vertrag, ist die Kündigung erst nach erfolglosem Ablauf einer zur Abhilfe bestimmten Frist oder nach erfolgloser Abmahnung zulässig. Für die Entbehrlichkeit der Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und für die Entbehrlichkeit einer Abmahnung findet § 323 Absatz 2 Nummer 1 und 2 entsprechende Anwendung. Die Bestimmung einer Frist zur Abhilfe und eine Abmahnung sind auch entbehrlich, wenn besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die sofortige Kündigung rechtfertigen.
(3) Der Berechtigte kann nur innerhalb einer angemessenen Frist kündigen, nachdem er vom Kündigungsgrund Kenntnis erlangt hat.
(4) Die Berechtigung, Schadensersatz zu verlangen, wird durch die Kündigung nicht ausgeschlossen.
(1) Erbringt bei einem gegenseitigen Vertrag der Schuldner eine fällige Leistung nicht oder nicht vertragsgemäß, so kann der Gläubiger, wenn er dem Schuldner erfolglos eine angemessene Frist zur Leistung oder Nacherfüllung bestimmt hat, vom Vertrag zurücktreten.
(2) Die Fristsetzung ist entbehrlich, wenn
- 1.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert, - 2.
der Schuldner die Leistung bis zu einem im Vertrag bestimmten Termin oder innerhalb einer im Vertrag bestimmten Frist nicht bewirkt, obwohl die termin- oder fristgerechte Leistung nach einer Mitteilung des Gläubigers an den Schuldner vor Vertragsschluss oder auf Grund anderer den Vertragsabschluss begleitenden Umstände für den Gläubiger wesentlich ist, oder - 3.
im Falle einer nicht vertragsgemäß erbrachten Leistung besondere Umstände vorliegen, die unter Abwägung der beiderseitigen Interessen den sofortigen Rücktritt rechtfertigen.
(3) Kommt nach der Art der Pflichtverletzung eine Fristsetzung nicht in Betracht, so tritt an deren Stelle eine Abmahnung.
(4) Der Gläubiger kann bereits vor dem Eintritt der Fälligkeit der Leistung zurücktreten, wenn offensichtlich ist, dass die Voraussetzungen des Rücktritts eintreten werden.
(5) Hat der Schuldner eine Teilleistung bewirkt, so kann der Gläubiger vom ganzen Vertrag nur zurücktreten, wenn er an der Teilleistung kein Interesse hat. Hat der Schuldner die Leistung nicht vertragsgemäß bewirkt, so kann der Gläubiger vom Vertrag nicht zurücktreten, wenn die Pflichtverletzung unerheblich ist.
(6) Der Rücktritt ist ausgeschlossen, wenn der Gläubiger für den Umstand, der ihn zum Rücktritt berechtigen würde, allein oder weit überwiegend verantwortlich ist oder wenn der vom Schuldner nicht zu vertretende Umstand zu einer Zeit eintritt, zu welcher der Gläubiger im Verzug der Annahme ist.
(1) In Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und den Gerichten der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit sind von der Zahlung der Kosten befreit der Bund und die Länder sowie die nach Haushaltsplänen des Bundes oder eines Landes verwalteten öffentlichen Anstalten und Kassen. In Verfahren der Zwangsvollstreckung wegen öffentlich-rechtlicher Geldforderungen ist maßgebend, wer ohne Berücksichtigung des § 252 der Abgabenordnung oder entsprechender Vorschriften Gläubiger der Forderung ist.
(2) Für Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen nach § 2a Absatz 1, § 103 Absatz 3, § 108 Absatz 3 und § 109 des Arbeitsgerichtsgesetzes sowie nach den §§ 122 und 126 der Insolvenzordnung werden Kosten nicht erhoben.
(3) Sonstige bundesrechtliche Vorschriften, durch die für Verfahren vor den ordentlichen Gerichten und den Gerichten der Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit eine sachliche oder persönliche Befreiung von Kosten gewährt ist, bleiben unberührt. Landesrechtliche Vorschriften, die für diese Verfahren in weiteren Fällen eine sachliche oder persönliche Befreiung von Kosten gewähren, bleiben unberührt.
(4) Vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit und den Gerichten für Arbeitssachen finden bundesrechtliche oder landesrechtliche Vorschriften über persönliche Kostenfreiheit keine Anwendung. Vorschriften über sachliche Kostenfreiheit bleiben unberührt.
(5) Soweit jemandem, der von Kosten befreit ist, Kosten des Verfahrens auferlegt werden, sind Kosten nicht zu erheben; bereits erhobene Kosten sind zurückzuzahlen. Das Gleiche gilt, soweit eine von der Zahlung der Kosten befreite Partei Kosten des Verfahrens übernimmt.
(1) Die Gerichte für Arbeitssachen sind ferner ausschließlich zuständig für
- 1.
Angelegenheiten aus dem Betriebsverfassungsgesetz, soweit nicht für Maßnahmen nach seinen §§ 119 bis 121 die Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist; - 2.
Angelegenheiten aus dem Sprecherausschußgesetz, soweit nicht für Maßnahmen nach seinen §§ 34 bis 36 die Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist; - 3.
Angelegenheiten aus dem Mitbestimmungsgesetz, dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz und dem Drittelbeteiligungsgesetz, soweit über die Wahl von Vertretern der Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat und über ihre Abberufung mit Ausnahme der Abberufung nach § 103 Abs. 3 des Aktiengesetzes zu entscheiden ist; - 3a.
Angelegenheiten aus den §§ 177, 178 und 222 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, - 3b.
Angelegenheiten aus dem Gesetz über Europäische Betriebsräte, soweit nicht für Maßnahmen nach seinen §§ 43 bis 45 die Zuständigkeit eines anderen Gerichts gegeben ist; - 3c.
Angelegenheiten aus § 51 des Berufsbildungsgesetzes; - 3d.
Angelegenheiten aus § 10 des Bundesfreiwilligendienstgesetzes; - 3e.
Angelegenheiten aus dem SE-Beteiligungsgesetz vom 22. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3675, 3686) mit Ausnahme der §§ 45 und 46 und nach den §§ 34 bis 39 nur insoweit, als über die Wahl von Vertretern der Arbeitnehmer in das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan sowie deren Abberufung mit Ausnahme der Abberufung nach § 103 Abs. 3 des Aktiengesetzes zu entscheiden ist; - 3f.
Angelegenheiten aus dem SCE-Beteiligungsgesetz vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1911, 1917) mit Ausnahme der §§ 47 und 48 und nach den §§ 34 bis 39 nur insoweit, als über die Wahl von Vertretern der Arbeitnehmer in das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan sowie deren Abberufung zu entscheiden ist; - 3g.
Angelegenheiten aus dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei einer grenzüberschreitenden Verschmelzung vom 21. Dezember 2006 (BGBl. I S. 3332) in der jeweils geltenden Fassung mit Ausnahme der §§ 34 und 35 und nach den §§ 23 bis 28 nur insoweit, als über die Wahl von Vertretern der Arbeitnehmer in das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan sowie deren Abberufung mit Ausnahme der Abberufung nach § 103 Abs. 3 des Aktiengesetzes zu entscheiden ist; - 3h.
Angelegenheiten aus dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer bei grenzüberschreitendem Formwechsel und grenzüberschreitender Spaltung vom 4. Januar 2023 (BGBl. 2023 I Nr. 10) in der jeweils geltenden Fassung mit Ausnahme der §§ 38 und 39 und nach den §§ 25 bis 30 nur insoweit, als über die Wahl von Vertretern der Arbeitnehmer in das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan sowie deren Abberufung mit Ausnahme der Abberufung nach § 103 Absatz 3 des Aktiengesetzes zu entscheiden ist; - 4.
die Entscheidung über die Tariffähigkeit und die Tarifzuständigkeit einer Vereinigung; - 5.
die Entscheidung über die Wirksamkeit einer Allgemeinverbindlicherklärung nach § 5 des Tarifvertragsgesetzes, einer Rechtsverordnung nach § 7 oder § 7a des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes und einer Rechtsverordnung nach § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes; - 6.
die Entscheidung über den nach § 4a Absatz 2 Satz 2 des Tarifvertragsgesetzes im Betrieb anwendbaren Tarifvertrag.
(2) In Streitigkeiten nach diesen Vorschriften findet das Beschlußverfahren statt.
(1) Gegen den das Verfahren beendenden Beschluß eines Landesarbeitsgerichts findet die Rechtsbeschwerde an das Bundesarbeitsgericht statt, wenn sie in dem Beschluß des Landesarbeitsgerichts oder in dem Beschluß des Bundesarbeitsgerichts nach § 92a Satz 2 zugelassen wird. § 72 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden. In den Fällen des § 85 Abs. 2 findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.
(2) Für das Rechtsbeschwerdeverfahren gelten die für das Revisionsverfahren maßgebenden Vorschriften sowie die Vorschrift des § 85 über die Zwangsvollstreckung entsprechend, soweit sich aus den §§ 93 bis 96 nichts anderes ergibt. Für die Vertretung der Beteiligten gilt § 11 Abs. 1 bis 3 und 5 entsprechend. Der Antrag kann jederzeit mit Zustimmung der anderen Beteiligten zurückgenommen werden; § 81 Abs. 2 Satz 2 und 3 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Einlegung der Rechtsbeschwerde hat aufschiebende Wirkung. § 85 Abs. 1 Satz 2 bleibt unberührt.