Coronasoforthilfen: Rechtswidrigkeit von Rückforderungsbescheiden
Immer mehr Kleinunternehmer, Soloselbstständige und Freiberufler wehren sich erfolgreich vor Gericht gegen die Schlussbescheide der Bezirksregierungen, mit denen die Länder versuchen Coronahilfen zurückzuverlangen. In Nordrhein-Westfalen hat mittlerweile das dritte Verwaltungsgericht zu Gunsten der Klagen von Zuwendungsempfängern geurteilt. Damit steht fest: Die Rückforderungsbescheide sind rechtswidrig. Endgültig sind die Entscheidungen aber bisher noch nicht, denn das Land hat immernoch die Möglichkeit das Oberverwaltungsgericht anzurufen. Derweil versuchen Bundestagsabgeordnete eine Lösung für das große Chaos rund um die Corona-Soforthilfezahlungen und Schlussbescheide zu finden.
Dirk Streifler – Streifler&Kollegen – Rechtsanwälte Berlin
Antrag der Fraktion
Die Abgeordneten der Fraktion der AFD haben am 27.09.2022 einen Antrag mit dem Titel „Corona-Soforthilfe-Rückforderungen stoppen und auf Basis einheitlicher Kriterien Transparenz und Gerechtigkeit herstellen“ eingebracht.
Sie fordern neben bundesweit einheitlichen Vorgaben für die Rückforderungen, eine sofortige Verlängerung der Rückzahlungsfristen von Corona-Soforthilfen bei offenen Verwaltungsverfahren. So sollen Coronahilfen-Empfänger, die durch die Rückzahlungen wirtschaftliche Engpässe erleiden, kurzfristig, finanziellen Spielraum erhalten. Weiterhin sollen insbesondere die Personalkosten bei der Berechnung des Liquiditätsengpasses, als abziehbare Betriebsausgaben berücksichtigt werden dürfen. Schließlich sollen Unternehmen, die aufgrund von missverständlicher oder noch während der Bearbeitungszeit veränderter Auszahlungsbedingungen, fehlerhafte Angaben gemacht haben, nicht zur Rückzahlung verpflichtet sein. Auf diese Weise will die Fraktion „unbillige Härten“ vermeiden.
Missverständliche Formulare und Bescheide
Die unklare und uneinheitliche Förderpraxis zwischen und innerhalb der Bundesländer gibt Anlass zur Besorgnis. Nach Ansicht der AFD-Fraktion ergibt sich aus den uneinheitlichen Vorschriften, Richtlinien und Förderkriterien, die in den einzelnen Bundesländern herrschen, eine „eklatante Ungleichbehandlung“ der Antragssteller, sowohl zwischen den Bundesländern als auch innerhalb verschiedener Bundesländer. Eine Ungleichbehandlung innerhalb verschiedener Bundesländer folgt daraus, dass Vorschriften zur Soforthilfeauszahlungen noch während des Zeitraums der Antrags- und Genehmigungsverfahren von zuständigen Landesbehörden geändert worden sind.
Da die öffentliche Gewalt gem. Art. 3 Abs. 1 GG verpflichtet ist, tatbestandlich vergleichbare Fälle hinsichtlich der Rechtsfolgenseite gleich zu behandeln, müssen Behörden als öffentliche Gewalt, - sofern sich eine Verwaltungspraxis herausgebildet hat - tatsächlich gleiche Fälle rechtlich auch gleich bewerten. Dass diese Gleichbehandlung in Hinblick auf die unterschiedlichen Auszahlungskriterien in den einzelnen Bundesländern derzeit nicht möglich ist, liegt auch der Hand. Die Fraktion nennt als Beispiel die Vorschrift, die es erlaubt, bei der Berechnung des Liquiditätspasses, die gesamten Personalkosten als Betriebsausgaben anzurechnen. Diese Möglichkeit besteht nicht in allen Bundesländern gleichermaßen, kritisieren die Abgeordneten.
Zudem sind Antragsformulare und Rückforderungsbescheide missverständlich formuliert. Es ergeben sich Unklarheiten aus Förderbedingungen- und kriterien, die zu fehlerhaften Angaben führen. Diese Unklarheiten erkennen auch endlich die Richter verschiedener Verwaltungsgerichte. So haben bisher das Verwaltungsgericht Düsseldorf, das Verwaltungsgericht Köln sowie das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen zu Gunsten der Empfänger von Rückforderungsbescheiden entschieden.
Mehrere Verwaltungsgerichte einig: Schlussbescheide rechtswidrig
Das VG Düsseldorf erklärte am 16.08.2022, als erstes deutsches Gericht, entsprechende Rückforderungsbescheide in Nordrhein-Westfalen für rechtswidrig (Düsseldorf Urteil, 16. Aug. 2022 - 20 K 7488/20). Nach Ansicht des Gerichts waren die Anträge für Corona-Soforthilfen unklar formuliert. Während es zunächst hieß, Pandemiebedingte Umsatzausfälle seien der Grund für die Auszahlung und das Behaltendürfen der Soforthilfen, stellte die Bezirksregierung in den Schlussbescheiden auf einen Liquiditätsengpass ab. Zu Unrecht, entschieden die Düsseldorfer Richter, die den Klägern in drei Pilotverfahren Recht gaben.
Nur einen Monat später folgte die Entscheidung des VG Köln (Verwaltungsgericht Köln Urteil, 16. Sept. 2022 - 16 K 125/22). Dieses entschied am 16.09.2022 mit sechs Urteilen, ebenfalls zu Gunsten der Klagen von Soloselbstständigen und Kleinunternehmern und hob die angegriffenen Schlussbescheide auf.
Das Land habe pauschale Zuwendungen gewährt, die es nach Prüfung der tatsächlich beim Zuwendungsempfänger, ohne die Förderung, vorhandenen Mittel, in Teilen wieder zurückverlangte, so das Gericht. Das Land behauptete, die Auszahlungen stünden zum Zeitpunkt der Bewilligung, unter dem Vorbehalt einer späteren endgültigen Entscheidung. Dem wiedersprachen die Kölner Richter: Ein solcher Vorbehalt sei zwar grundsätzlich möglich, müsse jedoch in den Bewilligungsbescheiden klar genannt werden.
Die Richter des VG Gelsenkirchen argumentierten ähnlich (Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Urteil vom 23.09.2022 - 19 K 317/22). Sie gaben nur kurze Zeit später den Klagen eines selbstständigen Veranstaltungstechnikers und einer Rechtsanwaltssozietät statt. Auch sie konnten der Argumentation des beklagten Landes nicht folgen. Insbesondere war auch die Ende Mai erlassene Förderrichtlinie, die einen „Liquiditätsengpass“ als Kriterium für die Soforthilfeauszahlung fordert, nicht erheblich. Diese ist nämlich erst in der zweiten Jahreshälfte und damit erst nach der Bewilligung der Coronahilfen veröffentlicht worden.
Schriftlich Widerspruch einlegen!
Die Verfahren vor den Verwaltungsgerichten stehen stellvertretend für hunderte anhängige Verfahren. Allein in Nordrhein-Westfalen sind rund 2000 Klageverfahren anhängig. Nach aktuellen Stand dürften diese erfolgreich sein, weil Zuwendungsempfänger bei Antragsstellung von anderen Voraussetzungen ausgehen konnten, als im Anschluss zum Zeitpunkt des Rückmeldeverfahrens angewendet worden sind. Die Kanzlei Streifler&Kollegen möchte alle Bürger, die einen Schlussbescheid erhalten haben und an dessen Rechtmäßigkeit zweifeln, dazu ermutigen vorsorglich, fristgerecht und schriftlich Widerspruch einzulegen. Die Frist für einen Widerspruch ist relativ kurz und beträgt nur einen Monat nach Bekanntgabe des Rückforderungsbescheides. Ein Widerspruch dürfte sich aber in vielen Fällen lohnen. Denn obwohl die Urteile des Landes NRW nicht auf andere Bundesländer übertragbar sind, dienen sie als Orietierung und als Appell an andere Gerichte.
Sie sind verunsichert und/oder haben Fragen? Zögern Sie nicht! Kontaktieren Sie Streifler&Kollegen und lassen Sie sich fachkundig beraten.
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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
VERWALTUNGSGERICHT DÜSSELDORF
Urteil vom 16.08.2022
Az.: 20 K 7488/20
Tenor
Der Bescheid der Bezirksregierung Düsseldorf vom 6. Dezember 2020 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages.
Die Berufung gegen das Urteil wird zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger ist Steuerberater und erwirtschaftet den deutlich überwiegenden Teil seiner Umsätze durch Vorträge in der Aus- und Fortbildung von Steuerberatern.
Mitte März 2020 gerieten insbesondere kleine Unternehmen und Selbstständige durch verschiedene infektionsschutzrechtliche Maßnahmen zur Eindämmung der Coronapandemie ("harter Lockdown") in wirtschaftliche Notlagen. Als Reaktion hierauf schuf der Bund das Programm "Soforthilfe für Kleinstunternehmen und Soloselbstständige", um betroffenen Unternehmen und Selbstständigen kurzfristig Finanzhilfen bereitzustellen.
Das damalige Bundesministerium für Wirtschaft und Energie veröffentlichte hierzu unter anderem Eckpunkte vom 23. März 2020,
vgl. https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanzpolitik/2020/03/2020-03-23-pm-Soforthilfefonddownload.pdf?__blob=publicationFile&v=3,
und Kurzfakten vom 30. März 2020,
vgl. https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Downloads/J-L/kurzfaktencoronasoforthilfen.pdf?__blob=publicationFile&v=12.
Das beklagte Land beschloss, das Programm des Bundes in vollem Umfang an die vorgesehenen Zielgruppen weiterzuleiten und erweiterte das Bundesprogramm um die Empfängergruppen mit bis zu 50 Beschäftigten. Beide Maßnahmen wurden in der "NRW-Soforthilfe 2020" gebündelt. Die federführende Verantwortung lag bei dem damaligen Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen. Auf dessen Internetpräsenz waren sog. FAQ in verschiedenen Fassungen unter dem Link https://wirtschaft.nrw.de/nrwsoforthilfe-2020 abrufbar. Bezüglich des genauen Inhalts wird auf die vom Beklagten übersandten Anlagen B5 bis B19 sowie die vom Kläger übersandten Anlagen vom 16. Juli 2021, 19. September 2021 und 18. Februar 2022 verwiesen.
Bereits mit Email vom 26. März 2020 hatte sich der Kläger bei dem Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen nach dem Volltext der gesetzlichen Regelung zur Soforthilfe erkundigt. Mit Email des Ministeriums vom 27. März 2020 war er auf den Link https://wirtschaft.nrw.de/nrwsoforthilfe-2020 verwiesen worden, wo alle Informationen rund um das Soforthilfeprogramm zu finden seien.
Der Kläger stellte seinen Antrag am 1. April 2020 und verwendete hierfür das online vom Beklagten bereitgestellte Formular "Antrag auf Gewährung einer Soforthilfe für von der Corona-Krise 03/2020 besonders geschädigte Unternehmen und Angehörige Freier Berufe einschließlich Soloselbstständige aus dem Soforthilfeprogramm des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen sowie dem Bundesprogramm "Soforthilfe für Kleinstunternehmer und Soloselbstständige" ("NRW-Soforthilfe 2020")".
Im Antragsformular hieß es unter Ziffer 5.:
"Die Soforthilfe wird als Billigkeitsleistung auf der Grundlage der Regelung zur vorübergehenden Gewährung geringfügiger Beihilfen im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 ("Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020") zur Überwindung der existenzbedrohenden Wirtschaftslage bzw. des Liquiditätsengpasses gewährt."
Unter Ziffer 6.1 versicherte der Kläger: "Falls nicht anders angegeben, sind die Kriterien auf den Zeitpunkt der Antragstellung zu beziehen. Ich versichere, dass meine wirtschaftliche Tätigkeit durch die Corona-Krise wesentlich beeinträchtigt ist, da entweder
- mehr als die Hälfte der Aufträge aus der Zeit vor dem 1. März durch die Corona-Krise weggefallen ist oder
- die Umsätze gegenüber dem Vorjahresmonat mehr als halbiert sind (Gründungen: Vormonat) oder
- die Umsatzerzielungsmöglichkeiten durch eine behördliche Auflage im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie massiv eingeschränkt wurden oder
- die vorhandenen, Mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen Zahlungsverpflichtungen des Unternehmens zu erfüllen (z.B. Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten)."
Unter Ziffer 6.2 versicherte der Kläger:
"Ich versichere, dass die in Nr. 1.1. benannten Antragsvoraussetzungen sämtlich vorliegen und ein Liquiditätsengpass nicht bereits vor dem 1. März bestanden hat."
Unter Ziffer 6.11 versicherte der Kläger:
"Mir ist bekannt, dass ich den Zuschuss als Billigkeitsleistung erhalte und im Falle einer Überkompensation (Entschädigungs-, Versicherungsleistungen, andere Fördermaßnahmen) die erhaltene Soforthilfe zurückzahlen muss."
Mit Bescheid vom 1. April 2020 bewilligte die Bezirksregierung Düsseldorf dem Kläger auf seinen Antrag eine Soforthilfe in Höhe von 9.000,00 Euro. Der Betrag wurde kurze Zeit später in voller Höhe ausgezahlt. In dem Bescheid, der nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen war, heißt es auszugsweise:
Am 31. Mai 2020 wurden die "Richtlinien des Landes zur Gewährung von Soforthilfen für gewerbliche Kleinunternehmen, Selbstständige und Angehörige freier Berufe, die infolge der Sars-CoV-2-Pandemie in ihrer Existenz gefährdet sind" als Runderlass des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie (Az. VB 5 - 2020) - im Folgenden: Richtlinie - erlassen und traten laut Ziffer 9. mit Wirkung vom 27. März 2020 in Kraft.
Unter dem 3. Juli 2020, 5. Oktober 2020, 2. Dezember 2020 sowie 14. Juni 2021 versandte der Beklagte an sämtliche Antragsteller Emails, in denen er auf die Notwendigkeit zur Durchführung eines Rückmeldeverfahrens, den hierfür bereitgestellten Vordruck sowie die hierbei nach seiner Auffassung geltenden Regelungen und Fristen hinwies.
Bereits am 6. Dezember 2020 füllte der Kläger das vom Beklagten online bereitgestellte "Rückmelde-Formular ermittelter Liquiditätsengpass NRW-Soforthilfe 2020" aus. Der Kläger wählte hierin als Förderzeitraum die Zeit vom 1. April 2020 bis 30. Juni 2020. Nach Eingabe seiner vom Formular abgefragten Einnahmen und Ausgaben in diesem Berechnungszeitraum ergab sich, dass der Kläger im Monat April einen Einnahmenüberschuss in Höhe von 00 Euro, im Monat Mai von 00 Euro und im Monat Juni 00 Euro (Zeile 24) hatte. Ausgewiesen wurde ein Liquiditätsengpass von 0 Euro im Förderzeitraum (Zeile 25); zu seinen Gunsten wurde lediglich ein fiktiver Unternehmerlohn in Höhe von 2.000,00 Euro angesetzt. Hieraus ergab sich ein Rückzahlungsbetrag in Höhe von 7.000,00 Euro.
Unter dem 6. Dezember 2020 erließ die Bezirksregierung Düsseldorf gegenüber dem Kläger einen Schlussbescheid mit folgendem Tenor:
Zur Begründung führte die Bezirksregierung aus, der Kläger habe am 6. Dezember 2020 einen tatsächlichen Liquiditätsengpass in Höhe von 2.000,00 Euro gemeldet. Die Feststellung des Liquiditätsengpasses und die Festsetzung der Soforthilfe beruhten auf § 53 Landeshaushaltsordnung NRW (LHO) i.V.m. der Regelung zur vorübergehenden Gewährung geringfügiger Beihilfen im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Ausbruch von Sars-CoV-2 ("Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020"), der Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Nordrhein-Westfalen über die "Corona-Soforthilfen insbesondere für kleine Unternehmen und Solo-Selbstständige" vom 1. April 2020 einschließlich der dazu erlassenen Vollzugshinweise sowie den "Richtlinien des Landes zur Gewährung von Soforthilfen für gewerbliche Kleinunternehmen, Selbstständige und Angehörige freier Berufe, die infolge der Sars-CoV-2-Pandemie in ihrer Existenz gefährdet sind" ("NRW-Soforthilfe 2020") vom 31. Mai 2020. Nach Ziffern 3.1, 3.2, 5.2 und 5.3 der Richtlinie sei die NRW-Soforthilfe 2020 antragsberechtigten Leistungsempfängern, die die Antragsvoraussetzungen erfüllt hätten, zunächst in voller Höhe gewährt worden. Die endgültige Festsetzung habe nach Meldung der Berechnung der Höhe des Liquiditätsengpasses zu erfolgen. Ergebe sich dabei, dass der vorläufig vollständig gezahlte Soforthilfebetrag nicht oder nur teilweise vom Liquiditätsengpass abgedeckt sei, werde die Soforthilfe nur in Höhe des Liquiditätsengpasses gewährt; anderenfalls sei die vorläufige Zahlung endgültig. Die Rückforderung des überzahlten Differenzbetrages beruhe auf § 49a Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsverfahrensgesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) i.V.m. Ziffer 5.3 der Richtlinie und der Bestimmung II.3. des Bewilligungsbescheides. § 49a Abs. 1 VwVfG NRW sei entsprechend anzuwenden, weil der Bewilligungsbescheid die Soforthilfe wegen des noch unbekannten Liquiditätsengpasses zunächst vorläufig gewährt habe und durch den Schlussbescheid hinsichtlich der Höhe der Zuwendung ersetzt worden sei.
Der Kläger hat am 14. Dezember 2020 Klage erhoben.
Zur Begründung führt er aus, der Zuschuss sei auf der Basis von FAQ, die im Internet veröffentlicht gewesen seien und einen Finanzierungsengpass erforderten, gewährt worden. Der Finanzierungsengpass sei dort so definiert worden, dass es vier Arten von Finanzierungsengpässen gegeben habe. Hiervon habe er drei erfüllt:
- Wegfall von mehr als der Hälfte des Auftragsbestandes: Er sei Steuerberater, erwirtschafte aber den überwiegenden Teil seiner Umsätze durch Aus- und Fortbildung von Steuerberatern. Präsenzvorträge seien im fraglichen Zeitraum nicht möglich gewesen und hätten nur in geringem Umfang ersatzweise online durchgeführt werden können. Zwar habe er die weggefallenen Aufträge durch neue ersetzt, der ursprüngliche Auftragsbestand sei aber coronabedingt entfallen.
- Halbierung der Umsätze des Antragsmonats im Vergleich zum Vorjahresmonat: Im April 2019 habe er Umsätze von 00 Euro erzielt, im April 2020 hingegen 00 Euro.
- Massive Einschränkung der Umsatzerzielungsmöglichkeit durch behördliche Auflagen: Seine Haupteinnahmequelle seien Seminare, Präsenzseminare seien aber untersagt worden und hätten erst nach gewisser Vorbereitungszeit zum Teil durch Online-Seminare ersetzt werden können.
Der Bewilligungsbescheid habe sodann die Nebenbestimmung II.3. enthalten, wonach der Betrag zurückzuzahlen sei, sollte am Ende des dreimonatigen Bezugszeitraumes feststehen, dass die Billigkeitsleistung höher sei als sein Umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter Kosten (z.B. Mietminderungen) und er die Mittel nicht (vollständig) zur Sicherung seiner wirtschaftlichen Existenz bzw. zum Ausgleich seines Liquiditätsengpasses benötigt habe. Hiernach sei insbesondere ein Vergleich der Soforthilfe mit dem Umsatzausfall vorgesehen gewesen. Beide Voraussetzungen (Umsatzausfall und Benötigung der Mittel) erfülle er:
- Umsatzausfall: Aus einem Vergleich der Umsätze in den Monaten April bis Juni in den Jahren 2019 und 2020 ergebe sich, dass sein Umsatzausfall insgesamt 00 Euro, also mehr als 9.000,00 Euro betragen habe. Hiervon abzuziehende ersparte Aufwendungen habe er im Ergebnis nicht gehabt.
- Benötigung der Mittel: Er habe in dem Betrachtungszeitraum Betriebsausgaben von deutlich über 9.000,00 Euro getragen und den gesamten Zuschuss für Betriebsausgaben verwendet.
Die in den Bewilligungsbescheid aufgenommene Nebenbestimmung II.3. entspreche - anders als vom Beklagten vorgetragen - auch in etwa der in den Kurzfakten zum Bundesprogramm genannten Berechnungsmethode, zumal diese wenig konkreten Kurzfakten durch die FAQ des Beklagten erläutert worden seien.
Zu betonen sei hierbei, dass die Regelung zur Sicherung seiner wirtschaftlichen Existenz bzw. zum Ausgleich seines Liquiditätsengpasses auch nicht eindeutig formuliert sei, worauf es aber letztendlich nicht ankomme. Ferner habe der Bewilligungsbescheid unter Ziffer 2. geregelt, dass die Soforthilfe insbesondere zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen diene. Eine Begrenzung, dass damit ausschließlich Liquiditätsengpässe überbrückt werden dürften, habe der Bescheid nicht enthalten. Ferner werde unter Ziffer 2. ausgeführt, dass die Soforthilfe ausschließlich zur Milderung der finanziellen Notlagen des Selbstständigen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie erfolgen dürfe. Der hier verwendete Begriff der "finanziellen Notlage" entspreche dem Begriff des "Finanzierungsengpasses" aus den FAQ.
Mit dem Schlussbescheid ändere der Beklagte das "und" in Nebenbestimmung II.3. des Bewilligungsbescheides nun in ein "oder". Eine Rückzahlungspflicht für den in Ziffer 5.3 der Richtlinie geregelten Fall hätten weder die FAQ noch der Bewilligungsbescheid vorgesehen und die Richtlinie habe am Tag des Erlasses des Bewilligungsbescheides noch nicht existiert. Die rückwirkende Verkündung der Richtlinie am 31. Mai 2020 mit Wirkung ab dem 27. März 2020 ändere daran nichts. Er habe auf den Inhalt des Bewilligungsbescheides vertrauen dürfen und bei Erhalt des Bewilligungsbescheides nicht mit einer Rückzahlungspflicht wegen des erst zwei Monate später geschaffenen Phänomens des "Liquiditätsengpasses", der in der Differenz zwischen Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben bestehe (also einem Verlust entspreche), rechnen müssen.
Zur Frage des Vertrauensschutzes sei zusätzlich auszuführen, dass er nach seiner Email vom 26. März 2020 von dem Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen für alle Informationen zum Soforthilfeprogramm auf den Link https://wirtschaft.nrw.de/nrwsoforthilfe-2020 verwiesen worden sei. Eine Rückzahlungspflicht sei dort nur vorgesehen gewesen im Falle einer Überkompensation und entsprechend der Formulierung im Bewilligungsbescheid. Die dortige Definition der Überkompensation habe keinen Hinweis darauf enthalten, dass die Differenz aus Einnahmen und Ausgaben für die Höhe des Zuschusses oder für die Höhe einer Rückzahlungspflicht relevant sein könne. Zudem sei zum Zeitpunkt seiner Antragstellung in den FAQ noch die Information abrufbar gewesen: "Wofür darf der Zuschuss genutzt werden? Der Zuschuss kann genutzt werden, um finanzielle Engpässe, wie z. B. Bankkredite, Leasingraten, Mieten usw., zu bedienen. Der nach Prüfung des Antrags elektronisch übermittelte Bewilligungsbescheid, kann auch bei der Bank vorgezeigt werden. Er gilt als Nachweis, dass das Land den Zuschuss auszahlen wird. Soloselbständige im Haupterwerb beziehen ihren Lebensunterhalt aus ihrer selbstständigen Tätigkeit und müssen daher auch ihr eigenes Gehalt erwirtschaften, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Sofern der Finanzierungsengpass beim Soloselbstständigen im Haupterwerb dazu führt, dass er sein regelmäßiges Gehalt nicht mehr erwirtschaften kann, dient die Soforthilfe auch dazu, das eigene Gehalt und somit den Lebensunterhalt zu finanzieren." Die nun in der Richtlinie vorgesehene Begrenzung des fiktiven Gehalts auf 2.000,00 Euro für einen Zeitraum von drei Monaten sei bei seiner Antragstellung nicht absehbar gewesen und bei einem in Vollzeit tätigen Akademiker unangemessen.
Der Bewilligungsbescheid sei auch kein vorläufiger Verwaltungsakt, da dieser als solcher nicht bezeichnet worden sei. Selbst wenn man von einem vorläufigen Verwaltungsakt ausgehe, wäre diese Vorläufigkeit auf den im Bewilligungsbescheid genannten Fall begrenzt. Der Vorbehalt dürfe sich nur auf die Aspekte beziehen, wegen derer die Regelung unter Vorbehalt gestellt worden sei.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Bezirksregierung Düsseldorf vom 6. Dezember 2020 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor, der vom Kläger im Rahmen der Rückmeldung angegebene tatsächliche Liquiditätsengpass betrage 2.000,00 Euro. Demensprechend sei ein Liquiditätsengpass in dieser Höhe festgestellt, die Soforthilfe in dieser Höhe festgesetzt und der überschießende Betrag in Höhe von 7.000,00 Euro zurückgefordert worden.
Für die im vorliegenden Verfahren in Rede stehenden Rechtsfragen sei von entscheidender Bedeutung, dass die NRW-Soforthilfe 2020 nicht nur eines von mehreren staatlichen Hilfsangeboten zur Abmilderung der beträchtlichen negativen ökonomischen Folgen der Corona-Pandemie, sondern vielmehr die allererste, unbürokratische und unverzügliche Liquiditätshilfe - eben eine Soforthilfe - gewesen sei. Über die Internetpräsenz des ehemaligen Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie NRW habe sich jeder Betroffene im Vorfeld der Antragstellung umfassend über den Zweck der NRW-Soforthilfe 2020 und die Antragsberechtigung informieren können. Hierdurch habe jedem Antragsteller unmissverständlich klar werden müssen, dass die NRW-Soforthilfe 2020 der Sicherstellung der Finanzierung von Verbindlichkeiten für fortlaufende erwerbsmäßige Sach- und Finanzausgaben gedient habe und jeder Hilfeempfänger nach Ende des Bewilligungszeitraums verpflichtet gewesen sei, seinen tatsächlichen Liquiditätsengpass zu berechnen und zu viel erhaltene Mittel zurückzuzahlen.
Bei der ursprünglichen Bewilligung habe es sich um die nur vorläufige positive Bescheidung des Antrages zur NRW-Soforthilfe 2020 gehandelt, die erst durch die Festsetzung der tatsächlichen Höhe der Antragsberechtigung aufgrund des später ermittelten Liquiditätsengpasses endgültig verbindlich beschieden worden sei. Begründung und Berechtigung für die vorläufige Bescheidung sei die Ungewissheit über die zu treffende endgültige Entscheidung, namentlich die konkrete Höhe der zu gewährenden Soforthilfe anhand des nachträglich zu ermittelnden, konkreten Liquiditätsengpasses im maßgeblichen Bewilligungszeitraum gewesen. Hiernach sei der Bewilligungsbescheid zwingend auf eine Ergänzung durch einen weiteren Verwaltungsakt angelegt gewesen, durch den die Zuwendung erst abschließend habe geregelt werden sollen. Dieser sei in Form des Schlussbescheids ergangen. Die Vorläufigkeit und Notwendigkeit eines Schlussbescheides hätten sich ohne weiteres aus den Ziffern 5.2 und 5.3 der Richtlinie sowie der Nebenbestimmung II.3. des Bewilligungsbescheides ergeben. Eindeutig ablesbar seien sie aber auch aus den Kurzfakten zum Bundesprogramm. Hintergrund sei, dass Nordrhein-Westfalen sich bei der Umsetzung des Bundesprogramms im Gegensatz zu allen anderen Bundesländern dafür entschieden habe, zunächst den Förderhöchstbetrag als Pauschale auszuzahlen, um Verzögerungen bei der Auszahlung zu vermeiden. Dies habe ein Rückmeldeverfahren unabdingbar gemacht, in welchem der individuelle Liquiditätsengpass ermittelt und die tatsächliche Förderhöhe habe festgestellt werden müssen. Dabei komme es an dieser Stelle überhaupt noch nicht darauf an, ob sich die Höhe der tatsächlich zustehenden Soforthilfe aus einem tatsächlich vorhandenen Liquiditätsengpass oder aus einem tatsächlich vorhandenen Umsatzausfall berechne. Denn jedenfalls habe jedem Empfänger durch die Nebenbestimmung II.3. des Bewilligungsbescheides offensichtlich klar sein müssen, dass aus den tatsächlichen Entwicklungen eine jedenfalls teilweise Rückzahlungspflicht entstehen könne, man die erhaltene Soforthilfe also nicht unbedingt, jedenfalls nicht unbedingt in voller Höhe werde behalten können. Mit dem Bewilligungsbescheid sei lediglich über die grundsätzliche Antragsberechtigung entschieden worden, jedoch noch nicht abschließend über die Höhe der Soforthilfe. Da der Bewilligungsbescheid eine vorläufige Regelung treffe und sich somit eine endgültige Regelung vorbehalten habe, habe die Bewilligungsbehörde diesen durch die endgültige Regelung im Schlussbescheid ersetzen können, ohne insoweit an die Einschränkungen der §§ 48, 49 VwVfG NRW gebunden zu sein.
Rechtsgrundlage für den Schlussbescheid sei dementsprechend § 53 LHO i.V.m. dem Bundesprogramm "Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Soloselbstständige" (Corona Soforthilfeprogramm des Bundes), der dazu ergangenen Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und dem beklagten Land über die Corona Soforthilfen und die erst nach Erlass der Bewilligungsbescheide am 31. Mai 2020 mit Wirkung vom 27. März 2020 in Kraft getretene Richtlinie. Die Höhe der tatsächlich zustehenden Soforthilfe und damit korrespondierend die Höhe einer Rückzahlungspflicht bestimme sich in Konkretisierung der Nebenbestimmung II.3. des Bewilligungsbescheides nach den Vorgaben der Richtlinie. Dem stehe insbesondere nicht der Erlass der Richtlinie am 31. Mai 2020 mit Wirkung zum 27. März 2020 entgegen. Denn die Richtlinie sei als ministerieller Runderlass eine bloße interne Verwaltungsvorschrift, die allein dazu gedient habe, eine dem Gleichheitsgrundsatz entsprechende Ermessensausübung zu gewährleisten. Als eben solche Verwaltungsvorschrift habe die Richtlinie für ihre Wirksamkeit grundsätzlich nicht einmal veröffentlicht werden müssen. Zudem habe sie der Ermessenslenkung bei Erlass der Schlussbescheide gedient, welche durchweg erst nach dem 31. Mai 2020 erlassen worden seien.
Der Schlussbescheid sei formell rechtmäßig, insbesondere liege keine Verletzung der Anhörungspflicht gem. § 28 Abs. 1 VwVfG NRW vor, da gem. § 28 Abs. 2 Nr. 4 Varianten 2 und 3 VwVfG NRW von einer Anhörung habe abgesehen werden dürfen. Die abschließend festzusetzende Soforthilfe habe sich rechnerisch aus den von den Antragstellern im Rahmen des Rückmeldeverfahrens zu tätigenden Angaben ergeben. Solche Fälle seien zu Hunderten aufgetreten und die Entscheidungsfindung bei den Schlussbescheiden sei partiell automatisiert, d.h. softwaregesteuert, erfolgt. Die Antragsteller hätten entsprechend Ziffer 5.3 der Richtlinie die Rückmeldung digital vorlegen müssen. Sofern der vom Antragsteller hierbei angegebene Liquiditätsengpass niedriger als die erfolgte Auszahlung gewesen sei, sei durch das System automatisch ein entsprechender Schlussbescheid generiert worden. Ungeachtet dessen wäre selbst eine Verletzung der Anhörungspflicht im vorliegenden Fall nach § 46 VwVfG NRW unbeachtlich, da dies die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst habe. Ihm habe in den Fällen, in denen der Liquiditätsengpass letztlich niedriger gewesen sei als die vorläufig gewährte Billigkeitsleistung, aufgrund des Gleichbehandlungsgebotes keine Entscheidungsfreiheit zugestanden.
Der Schlussbescheid sei auch materiell rechtmäßig. Die Voraussetzungen für die Gewährung der Soforthilfe hätten nur in der im Schlussbescheid angegebenen Höhe vorgelegen. Nach Ziffer 5.3 der Richtlinie werde die NRW-Soforthilfe maximal in Höhe des Liquiditätsengpasses gewährt. Der Liquiditätsengpass ergebe sich aus der Differenz zwischen den tatsächlichen fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb und den tatsächlich laufenden, erwerbsmäßigen Sach- und Finanzausgaben im dreimonatigen Erfassungszeitraum. Der Erfassungszeitraum beginne grundsätzlich mit dem Tag der Antragstellung und entspreche dem Bewilligungszeitraum. Die Ermittlung und Prüfung des bei einem Antragsteller entstandenen Liquiditätsengpasses erfolge am Ende des Erfassungs- bzw. Bewilligungszeitraums. Die NRW-Soforthilfe 2020 diene nach Ziffer 1.1 der Richtlinie der Sicherung der wirtschaftlichen Existenz von Unternehmen und damit ausschließlich zur Deckung der laufenden betrieblichen Sach- und Finanzaufwendungen des Unternehmens. Hierauf weise auch Ziffer 2. des Bewilligungsbescheides noch einmal hin. Dies ergebe auch eine Gesamtschau der beschlossenen Maßnahmen zur Unterstützung von Unternehmen - Kurzarbeitergeld und Erleichterung der Prüfungsvoraussetzung für die Gewährung von ALG II. In Abgrenzung zur NRW-Soforthilfe 2020 solle etwa das Gehalt von Mitarbeitern durch das Kurzarbeitergeld gewährt und für den persönlichen Lebensunterhalt ALG II beantragt werden. Private finanzielle Schwierigkeiten würden demnach allein aufgefangen durch Sozialleistungen nach dem SGB. Dieser Sinn und Zweck der NRW-Soforthilfe 2020 ergebe sich bereits aus der Formulierung im Antragsformular unter Ziffer 6.1, vierter Spiegelstrich: "Ich versichere, dass meine wirtschaftliche Tätigkeit durch die Corona-Krise wesentlich beeinträchtigt ist, da entweder (...) - die vorhandenen Mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen Zahlungsverpflichtungen des Unternehmens zu erfüllen (z. B. Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten)." Dieser Sinn und Zweck der Soforthilfe ergebe sich auch eindeutig aus den FAQ sowie den Eckpunkten und Kurzfakten zum Bundesprogramm. Sinn und Zweck der NRW-Soforthilfe 2020 sei also entgegen der Ansicht des Klägers weder, sämtliche Umsatz- und Einnahmeverluste der Unternehmen auszugleichen, noch die Überschuldung oder Zahlungsunfähigkeit der Unternehmen zu verhindern und erst recht nicht, private Existenzen zu sichern.
Ermessen habe der Bezirksregierung Düsseldorf beim Erlass des Schlussbescheides aufgrund der Bindungswirkung der Richtlinie nicht zugestanden.
Der Rechtmäßigkeit des Schlussbescheides stehe schließlich kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers entgegen. Es liege vielmehr gerade im Wesen der Vorläufigkeit, dass ein Vertrauen auf die Endgültigkeit der Regelung nicht entstehen könne. Gegen einen bestehenden Vertrauensschutz des Klägers spreche zudem, dass ihm in Ansehung der Ziffer 5.3 der Richtlinie der Soforthilfe NRW sowie der Nebenbestimmung II.3. des Bewilligungsbescheides habe bewusst sein müssen, dass er die NRW-Soforthilfe nur insofern werde behalten dürfen, als dass seine tatsächlichen fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb die tatsächlich laufenden, erwerbsmäßigen Sach- und Finanzausgaben im Bewilligungszeitraum überstiegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
Gründe
Die Klage hat Erfolg.
A. Die bei sachgerechter Auslegung des Klagebegehrens als Anfechtungsklage gem. § 42 Abs. 1 Halbs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) zulässige Klage ist begründet.
Der Schlussbescheid der Bezirksregierung Düsseldorf vom 6. Dezember 2020 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
I. Der Schlussbescheid vom 6. Dezember 2020 ist rechtswidrig.
1. Die in Ziffer 3. des angegriffenen Bescheides ausgesprochene Rückforderung eines Betrages von 7.000,00 Euro kann nicht auf § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW gestützt werden. Danach sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt für die Vergangenheit zurückgenommen oder widerrufen worden oder infolge des Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
a. Eine Rücknahme des Bewilligungsbescheides vom 1. April 2020 gemäß § 48 Abs. 1 VwVfG NRW ist ersichtlich nicht gegeben. Die Bezirksregierung Düsseldorf hat den Bewilligungsbescheid jedoch auch nicht durch den Erlass des angefochtenen Schlussbescheides mit Wirkung für die Vergangenheit teilweise widerrufen. Die - hier allein in Betracht kommenden - Voraussetzungen des § 49 Abs. 3 Nr. 1 oder Nr. 2 VwVfG NRW sind nicht erfüllt.
aa. Die Bezirksregierung Düsseldorf hat den Erlass des Schlussbescheides nicht damit begründet, der Kläger habe die erhaltene Leistung (teilweise) nicht für den in dem Bewilligungsbescheid bestimmten Zweck verwendet (§ 49 Abs. 3 Nr. 1 VwVfG NRW). Der Schlussbescheid verhält sich vielmehr zu der Frage, in welcher Höhe bei dem Kläger ein Liquiditätsengpass auf der Grundlage seiner Angaben festzustellen sei. Über die Interpretation des Begriffs des Liquiditätsengpasses streiten die Beteiligten. Der Vorwurf einer nicht zweckgerechten Verwendung der erhaltenen Zuwendung ist den Regelungen des Schlussbescheides allerdings nicht zu entnehmen.
bb. Mit dem Bewilligungsbescheid ist auch keine Auflage im Sinne von § 49 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG NRW verbunden, die der Begünstigte nicht oder nicht innerhalb einer ihm gesetzten Frist erfüllt hat. Eine Auflage ist eine Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (§ 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW). Zwar zielt die Nebenbestimmung II.3. auf eine Handlungsverpflichtung des Zuwendungsempfängers ab. Mit ihr wird dem Adressaten des Bescheides - hier dem Kläger - eine Prüfungspflicht auferlegt: Sollte er am Ende des dreimonatigen Bewilligungszeitraums feststellen, "dass diese Finanzhilfe höher ist als Ihr Umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter Kosten (z.B. Mietminderung) und Sie die Mittel nicht (vollständig) zur Sicherung Ihrer wirtschaftlichen Existenz bzw. Ausgleich Ihres Liquiditätsengpasses benötigen, sind die zu viel gezahlten Mittel [...] zurückzuzahlen". Der Schlussbescheid enthält aber nicht den Vorwurf, der Kläger sei dieser aus dem Bewilligungsbescheid resultierenden Pflicht nicht oder nicht fristgerecht nachgekommen. Vielmehr geht die Behörde davon aus, dass der Kläger Angaben zur Höhe des Liquiditätsengpasses gemacht hat, auf Grund derer sie sich zur Teilrückforderung des gewährten Betrages berechtigt sieht. Da die Voraussetzungen für einen Widerruf mithin insoweit nicht vorliegen, kann dahinstehen, ob es sich bei der in Ziffer II.3. getroffenen Regelung um eine Auflage i.S.d. § 36 Abs. 2 Nr. 4 VwVfG NRW in Abgrenzung zu einer Bedingung oder einer Inhaltsbestimmung handelt.
b. Schließlich folgt eine Erstattungspflicht des Klägers auch nicht daraus, dass der Bewilligungsbescheid vom 1. April 2020 infolge des Eintritts einer auflösenden Bedingung unwirksam geworden ist (§ 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW). Eine solche Bedingung i.S.d. § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG NRW, nach der der Wegfall einer Vergünstigung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt, enthält der Bewilligungsbescheid nicht.
Unter den Begriff des Ereignisses fallen von der Außenwelt wahrnehmbare Handlungen, Erklärungen oder Geschehnisse, nicht hingegen nur zur Gedankenwelt eines Beteiligten gehörende Vorstellungen. Als Ereignis kommt lediglich ein rein tatsächlicher Vorgang in Betracht, der sinnlich wahrnehmbar und dem Beweis zugänglich ist, ohne dass es für seine Bejahung noch einer rechtlichen Wertung bedürfte. Darauf, ob die rechtliche Wertung einfach oder schwierig ist, kommt es nicht an. Da das künftige ungewisse Ereignis kraft Gesetzes ohne weiteren Zwischenschritt einen Rechtsverlust oder einen Rechtsgewinn herbeiführt, muss sein Eintritt auch aus Gründen der Rechtssicherheit für alle Beteiligten - für den Adressaten des Bescheids, für die Behörde und ggf. für Dritte - gleichermaßen ohne Weiteres erfassbar sein,
vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Januar 2019 - 10 C 5.17, juris; BVerwG, Urteil vom 16. Juni 2015 ‒ 10 C 15.14 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2020 - 4 A 436/17 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 14. Juni 2018 ‒ 4 A 1781/15 ‒, juris.
Bei der Nebenbestimmung II.3. handelt es sich nicht um eine Bedingung in diesem Sinne. In ihr wird kein zur automatischen Unwirksamkeit des Bewilligungsbescheides führendes Ereignis benannt. Die vom Zuwendungsempfänger am Ende des Bewilligungszeitraumes zu treffende Beurteilung, ob die Finanzhilfe höher ist als der Umsatzausfall, lässt sich nur durch eine Berechnung anhand betriebswirtschaftlicher Auswertungen durchführen; sie mag aus Sicht der Bewilligungsbehörde korrekt oder aber fehlerhaft durchgeführt worden sein. Jedenfalls bedarf es einer Bewertung, die einen Automatismus zwischen dem Eintritt eines künftigen Ereignisses und der Unwirksamkeit des Zuwendungsbescheides im Sinne des § 36 Abs. 2 Nr. 2 VwVfG NRW ausschließt.
2. Als Ermächtigungsgrundlage für das Erstattungsverlangen der Bezirksregierung Düsseldorf kommt § 49a Abs. 1 VwVfG NRW in entsprechender Anwendung in Betracht. Die Vorschrift ist analog anzuwenden, wenn ein Verwaltungsakt, der eine Billigkeitsleistung zunächst nur vorläufig bewilligt hat, rückwirkend durch einen anderen Verwaltungsakt ersetzt wird, der die Leistung endgültig in geringerer Höhe festsetzt. Der Empfänger muss eine hiernach zu viel erhaltene Leistung erstatten,
vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 - 3 C 7/09 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 14. Dezember 2020 - 4 A 1992/16 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2020 - 4 A 436/17 -, juris; VGH Kassel, Urteil vom 13. Mai 2014 - 9 A 2289/12 -, BeckRS 2014, 53405; Ramsauer, in: Kopp/Ramsauer, VwVfG, 22. Aufl. 2021, § 49 Rn. 4.
Die Voraussetzungen des § 49a Abs. 1 VwVfG NRW analog liegen indes nicht vor.
Selbst unterstellt, die Bezirksregierung Düsseldorf hätte die zu erstattende Forderung endgültig in Form eines Schlussbescheides festsetzen können, da sie mit Bescheid vom 1. April 2020 die Zuwendung lediglich vorläufig bewilligt hätte, hätte sie bei Erlass des Schlussbescheides dennoch rechtsfehlerhaft angenommen, dass die Soforthilfe nur noch 2.000,00 Euro beträgt. Denn die Festsetzungen in Ziffern 1. und 2. des Schlussbescheides sind rechtswidrig. Daraus folgt auch die Rechtswidrigkeit der Erstattungsforderung in Ziffer 3.
a. Zu Gunsten der Bezirksregierung Düsseldorf kann unterstellt werden, dass das Subventionsverhältnis in der Weise geregelt war, dass zunächst vorläufig durch Bescheid vom 1. April 2020 eine Soforthilfe in Höhe von 9.000,00 Euro bewilligt und ausgezahlt wurde, deren endgültige genaue Höhe von der ungewissen Entwicklung des Unternehmens des Antragstellers während des dreimonatigen Bewilligungszeitraums abhing. Der Bewilligungsbescheid wäre in diesem Fall darauf angelegt gewesen, die Höhe der Zuwendung nicht definitiv zu regeln, sondern diese zunächst vorläufig zu gewähren und abschließend erst später festzusetzen. Dies wäre durch Erlass des sog. Schlussbescheides geschehen. Damit hätte sich die Bezirksregierung Düsseldorf der Handlungsform des sog. vorläufigen Verwaltungsaktes bedient, die für den Sachbereich des Subventionsrechts durch die höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung anerkannt ist,
vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 - 3 C 7/09 -, juris m.w.N; BVerwG, Urteil vom 14. April 1983 - 3 C 8/82 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2020 - 4 A 436/17 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 28. September 1990 - 15 A 708/88 -, juris.
Eine Billigkeitsleistung kann unter dem Vorbehalt einer späteren definitiven Entscheidung bewilligt werden, wenn und soweit eine bestehende Ungewissheit hierfür einen sachlichen Grund gibt. Der Vorbehalt einer späteren endgültigen Entscheidung bewirkt, dass die Behörde die einstweilige Regelung im Ausgangsbescheid durch die endgültige Regelung im Schlussbescheid ersetzen kann, ohne insoweit an die Einschränkungen der §§ 48, 49 VwVfG NRW gebunden zu sein,
vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 - 3 C 7/09 -, juris m.w.N; BVerwG, Urteil vom 14. April 1983 - 3 C 8/82 -, juris.
Die vorläufige Regelung verliert mit dem Erlass der endgültigen Festsetzung ihre Wirksamkeit (vgl. § 43 Abs. 2 VwVfG NRW),
vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 - 3 C 7/09 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 28. September 1990 - 15 A 708/88 -, juris.
Das Bestehen einer Ungewissheit rechtfertigt die Existenz des vorläufigen Verwaltungsaktes sowie den damit einhergehenden Widerspruch zwischen der dem Verwaltungsakt immanenten Bestandskraft und dem mit der Vorläufigkeit verbundenen flexiblen Element. In einer solchen Konstellation stellt der vorläufige Verwaltungsakt einen angemessenen Ausgleich zwischen den rechtsstaatlichen Anforderungen an das Verwaltungsverfahren und dem Gebot der Effektivität des Verwaltungshandelns dar, indem trotz verbleibender Unsicherheiten bereits zu einem frühen Zeitpunkt zugunsten des Bürgers entschieden werden kann,
vgl. Schwarz, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2021, § 35 Rn. 27 ff. m.w.N.
Die Vorläufigkeit muss sich dabei nicht auf den gesamten Bescheid beziehen, sondern kann und muss gegebenenfalls auf einzelne Aspekte beschränkt werden. Auch wenn die Behörde einen unter Vorbehalt gestellten Verwaltungsakt später durch einen abschließenden Bescheid ersetzt, so kommt doch eine inhaltlich abweichende Regelung im Schlussbescheid - außer in den Fällen der §§ 48, 49 VwVfG NRW - nur in Betracht, wenn sie aus den Gründen ergeht, wegen derer die frühere Regelung unter Vorbehalt gestellt wurde. Welche Elemente eines Zuwendungsbescheides vorläufig sind und welche Inhalte bereits eine gesicherte Rechtsposition vermitteln, ist durch - am Empfängerhorizont orientierte - Auslegung zu ermitteln. Jenen - nicht mit Vorbehalt versehenen - Teil des Zuwendungsbescheides kann die Behörde nur unter Beachtung der §§ 48, 49 VwVfG NRW aufheben,
vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 2009 - 3 C 7/09 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 14. Dezember 2020 - 4 A 1992/16 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2020 - 4 A 436/17 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 23. Juni 2017 - 4 A 2078/15 -, juris; Schwarz, in: Fehling/Kastner/Störmer, Verwaltungsrecht, 5. Aufl. 2021, § 35 Rn. 35 m.w.N.
Neben einer die Vorläufigkeit der Regelung rechtfertigenden Unsicherheit ist Voraussetzung für einen Vorbehalt, dass die Vorläufigkeit und ihr Umfang im Verwaltungsakt selbst zum Ausdruck kommen,
vgl. Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 35 Rn. 248; OVG NRW, Urteil vom 17. Juni 2020 - 4 A 436/17 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 28. September 1990 - 15 A 708/88 -, juris.
Das Vorliegen dieser Voraussetzungen kann hinsichtlich der Festsetzung der genauen Höhe der Soforthilfe zu Gunsten der Bezirksregierung Düsseldorf unterstellt werden. Diesbezüglich kann angenommen werden, es habe bei Erlass des Bewilligungsbescheides eine Ungewissheit, die den Erlass einer lediglich vorläufigen Regelung rechtfertigte, bestanden. Demgegenüber wurden zu anderen Fragen ersichtlich bereits abschließende Regelungen getroffen.
Der Bewilligungsbescheid vom 1. April 2020 kann bei verständiger Würdigung so ausgelegt werden, dass er dem Kläger hinsichtlich der Zuwendung dem Grunde nach eine gesicherte Rechtsposition vermitteln wollte. Dies folgt aus den Formulierungen in Ziffern 2. und 3. des Bescheides ebenso wie aus den Umständen des Antragsverfahrens. Grundsätzlich berechtigt, eine Zuwendung zu erhalten, waren jene Antragsteller, deren wirtschaftliche Tätigkeit durch die Corona-Pandemie bereits wesentlich beeinträchtigt war. Unter Ziffer 6.1 des Antragsformulars mussten die Antragsteller versichern, dass ihre "wirtschaftliche Tätigkeit durch die Corona-Krise wesentlich beeinträchtigt" war, da entweder
- "mehr als die Hälfte der Aufträge aus der Zeit vor dem 1. März durch die Corona-Krise weggefallen ist oder
- die Umsätze gegenüber dem Vorjahresmonat mehr als halbiert sind (Gründungen: Vormonat) oder
- die Umsatzerzielungsmöglichkeiten durch eine behördliche Auflage im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie massiv eingeschränkt wurden oder
- die vorhandenen Mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen Zahlungsverpflichtungen des Unternehmens zu erfüllen (z.B. Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten)."
Die grundsätzliche Antragsberechtigung setzte damit - für jeden Antragsteller erkennbar -diesen zum Zeitpunkt der Bewilligung bereits sicher feststellbaren Umstand voraus. Hieran knüpfen die Regelungen in Ziffern 2. und 3. des Bewilligungsbescheides an, mit denen die Bezirksregierung Düsseldorf darauf abgestellt hat, dass die Soforthilfe der Milderung bzw. Kompensation der "unmittelbar durch die Corona-Pandemie ausgelösten wirtschaftlichen Engpässe" (Ziffer 3.), "der finanziellen Notlagen" bzw. "der Überbrückung von Liquiditätsengpässen, die seit dem 1. März 2020 im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie entstanden sind" (Ziffer 2.), dient. Da diese Voraussetzungen im Falle des Klägers im Grundsatz erfüllt waren, erhielt er durch den Bescheid vom 1. April 2020 die Soforthilfe dem Grunde nach vorbehaltlos.
Weitere Gesichtspunkte unterlagen ebenfalls keinem Vorbehalt, wie etwa die Anzahl der im Unternehmen Beschäftigten (Nebenbestimmung II.1.) oder gewisse in den Nebenbestimmungen II.4. bis 8. geregelte Modalitäten.
Demgegenüber kann der Bescheid hinsichtlich der Höhe der Soforthilfe und damit des Behaltendürfens des Gesamtbetrages so verstanden werden, dass er unter dem Vorbehalt einer späteren endgültigen Entscheidung stand. Dieser Vorbehalt betrifft die Regelung unter Ziffer 1., mit der die Bewilligung eines Betrages von 9.000,00 Euro ausgesprochen wurde. Dass sich weder in Ziffer 1. noch an anderer Stelle des Bescheides die Worte "Vorbehalt", "vorläufig" oder dergleichen finden, steht der Annahme einer vorläufigen Regelung nicht zwingend entgegen. Denn die Formulierung der in Ziffer 1. getroffenen Regelung, die Umstände des Antragsverfahrens sowie der Zusammenhang mit dem Inhalt der Nebenbestimmung II.3. ermöglichen auch ohne explizite Wortwahl eine Deutung, wonach der Zuwendungsbetrag unter dem Vorbehalt einer späteren Entscheidung gewährt wurde. Die Nebenbestimmung II.3. enthielt folgende Regelung: "Sollten Sie am Ende des dreimonatigen Bewilligungszeitraums feststellen, dass diese Finanzhilfe höher ist als Ihr Umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter Kosten (z.B. Mietminderung) und Sie die Mittel nicht (vollständig) zur Sicherung Ihrer wirtschaftlichen Existenz bzw. Ausgleich Ihres Liquiditätsengpasses benötigen, sind die zu viel gezahlten Mittel [...] zurückzuzahlen." Damit wurde die endgültige Höhe der unter Ziffer 1. bewilligten Soforthilfe von einer zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses unbekannten Größe, die erst am Ende des dreimonatigen Bewilligungszeitraums feststand, abhängig gemacht. Die Vorläufigkeit der Regelung bezüglich der Höhe der Soforthilfe kam auch in Ziffer 1. ansatzweise zum Ausdruck. Dort hieß es, dass eine Soforthilfe in Höhe von 9.000,00 Euro als "einmalige Pauschale" gewährt werde. Im Gesamtkontext konnte diese Formulierung zumindest auch so verstanden werden, dass zunächst ein Betrag in toto gezahlt wurde, dessen endgültige, genaue Höhe zu einem späteren Zeitpunkt bestimmt werden musste. Denn in Ziffer 1. wurde klargestellt, dass die Bewilligung aufgrund des Programms zur Gewährung von Soforthilfen aus dem Bundesprogramm "Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Selbstständige" und dem ergänzenden Landesprogramm "NRW-Soforthilfe 2020" erfolge. In den vom damaligen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie hierzu online veröffentlichten Kurzfakten vom 30. März 2020 ging aus der Antwort zu der Frage, "Wie wird hinterher geprüft, ob nicht eine "Überkompensation" vorlag?", hervor, dass es bei der Antragstellung auf einen "voraussichtlichen Liquiditätsengpass" ankam, welcher später mit den tatsächlichen Zahlen des Unternehmens abzugleichen sei. Zudem enthielt auch die Nebenbestimmung in Ziffer II.3. des Bewilligungsbescheides den Hinweis auf das am Ende des Bewilligungszeitraums durchzuführende Rückmeldeverfahren, welches eine Rückzahlungspflicht zur Folge haben könne.
Dass die Bezirksregierung Düsseldorf selbst von einer vorläufigen Bewilligung der Finanzhilfe ausging, hat schließlich in der Begründung des Rückforderungsverlangens in Ziffer II.3. der Gründe des Schlussbescheides ihren Ausdruck gefunden. Dort hat sich die Behörde auf eine entsprechende Anwendung von § 49a Abs. 1 VwVfG NRW unter Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur vorläufigen Bewilligung einer Leistung berufen sowie darauf hingewiesen, dass die Leistung wegen des zunächst noch unbekannten Liquiditätsengpasses zunächst nur vorläufig bewilligt worden sei und der Schlussbescheid den vorläufigen Bescheid "hinsichtlich der Höhe des Soforthilfe-Betrages" ersetze.
Kann somit einerseits bezüglich der Höhe der Zuwendung unterstellt werden, diese sei unter Vorbehalt gestellt worden, so hat die Bezirksregierung Düsseldorf aber andererseits mit der Ausgestaltung der Nebenbestimmung II.3. des Bewilligungsbescheides zu erkennen gegeben, welche Parameter sie einer späteren Berechnung des Förderbetrages zugrunde legen wollte. Diese Vorgaben "Finanzhilfe höher [...] als Ihr Umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter Kosten", "Mittel nicht vollständig zur Sicherung Ihrer wirtschaftlichen Existenz bzw. Ausgleich Ihres Liquiditätsengpasses benötigen" schränken, ebenso wie die in Ziffer 2. bezeichnete Zweckbindung, ihrerseits die Vorläufigkeit des Bescheides wieder ein, indem die endgültige Regelung sich an diesen zu orientieren hat. Unabhängig davon, wie diese zu verstehen sind, hat die Behörde mit ihnen bereits Berechnungsgrößen für die endgültige Höhe der Soforthilfe bzw. für das Bestehen einer Rückzahlungsverpflichtung aufgestellt. An diesen selbst geschaffenen Vorgaben muss sie - und damit das beklagte Land - sich festhalten lassen; etwaige Fehler gehen zu ihren Lasten, weil die Behörde es zu jenem Zeitpunkt in der Hand gehabt hat, eine andere Regelung zu treffen, wie dies offenbar in anderen Bundesländern geschehen ist. Nach welchen Parametern man die endgültige Berechnung des Förderbetrages später durchführen wollte, hing auch nicht von einem zum Zeitpunkt des Erlasses des Bewilligungsbescheides noch unbekannten und daher eine vorläufige Regelung rechtfertigendem Umstand ab, sondern war allein Gegenstand einer politischen Entscheidung, die zu diesem Zeitpunkt schon getroffen werden konnte und mit der Formulierung des Bewilligungsbescheides auch bereits getroffen wurde.
b. Die Entscheidung der Bezirksregierung Düsseldorf, im Schlussbescheid einen Liquiditätsengpass in Höhe von 2.000,00 Euro festzustellen (Ziffer 1.), die Soforthilfe in dieser Höhe festzusetzen (Ziffer 2.) und ihre Bewertung, dass "die Voraussetzungen für die [...] Höhe [...] der Billigkeitsleitung nicht mehr vorliegen oder eine Überkompensation eingetreten" und diese Überkompensation von 7.000,00 Euro zurückzuzahlen ist (so ausdrücklich die Gründe des angegriffenen Schlussbescheides, S. 3 Ziffer II.3.), erweist sich selbst bei der vorgenannten Annahme der teilweisen Vorläufigkeit des Bewilligungsbescheides als rechtsfehlerhaft. Denn sie beruht auf einem Verständnis von den Begriffen des Liquiditätsengpasses bzw. der Überkompensation, die im insoweit maßgeblichen und endgültige Vorgaben treffenden Bewilligungsbescheid keine Grundlage finden. Aus diesem Grunde konnte der Schlussbescheid den Bewilligungsbescheid insoweit nicht rechtmäßigerweise ersetzen.
aa. Die bereits endgültigen Vorgaben im Bewilligungsbescheid zu den Parametern der späteren Berechnung des Förderbetrages sind für die Rechtmäßigkeit des Schlussbescheides maßgeblich.
Die Zuwendung wurde dem Kläger nicht auf Grund eines Gesetzes oder anderer Rechtsnormen gewährt, aus denen sich eine unmittelbare Bindung für den Beklagten und unmittelbare Rechtsansprüche für den Kläger ergäben. Vielmehr wurde der Bewilligungsbescheid nach Maßgabe des Programms zur Gewährung von Soforthilfen aus dem Bundesprogramm "Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Selbstständige" und dem ergänzenden Landesprogramm "NRW-Soforthilfe 2020" erlassen (vgl. insoweit auch den Kopf sowohl des Bewilligungs- als auch des Schlussbescheides). Bei diesen - wie auch bei der später erlassenen Richtlinie vom 31. Mai 2020 - handelt es sich um Verwaltungsvorschriften, die grundsätzlich nur dazu bestimmt sind, für die Verteilung von Billigkeitsleistungen Maßstäbe zu setzen und das Ermessen der für die Verteilung der jeweiligen Leistungen bestimmten Stellen zu lenken. Nach gefestigter verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung begründen Verwaltungsvorschriften nicht wie Gesetzes- und Rechtsvorschriften bereits durch ihr Vorhandensein subjektive Rechte. Sie unterliegen daher auch keiner eigenständigen richterlichen Auslegung wie Rechtsnormen,
vgl. BVerwG, Urteil vom 8. April 1997 - 3 C 6/95 -, juris; BVerwG, Urteil vom 2. Februar 1995 - 2 C 19/94 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 12. August 2016 - 15 A 1822/15 -, juris; OVG Lüneburg, Urteil vom 23. Januar 2014 - 8 LA 144/13 -, juris.
Allerdings vermögen Verwaltungsvorschriften über die ihnen zunächst nur innewohnende interne Bindung hinaus in Verbindung mit dem grundgesetzlichen Gleichheitsgebot (Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz - GG) sowie dem im Rechtsstaatsprinzip verankerten Gebot des Vertrauensschutzes (Art. 20 Abs. 1 GG) eine anspruchsbegründende Außenwirkung im Verhältnis zum Bürger zu eröffnen. Jeder Anspruchsteller hat dann einen Anspruch darauf, entsprechend den aufgestellten Richtlinien behandelt zu werden. Entscheidend ist, wie die zuständigen Behörden die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt ihrer Entscheidung in ständiger Praxis gehandhabt haben und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz (Artikel 3 Abs. 1 GG) gebunden sind,
vgl. BVerwG, Urteil vom 8. April 1997 - 3 C 6/95 -, juris; BVerwG, Urteil vom 23. April 2003 - 3 C 25/02 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 12. August 2016 - 15 A 1822/15 -, juris.
Der tatsächlichen Verwaltungspraxis im Entscheidungszeitpunkt kommt damit entscheidende Bedeutung zu. Wenn sich die Behörde an ihre Verwaltungsvorschriften hält, ist sie daher durch das Gleichbehandlungsgebot verpflichtet, dies auch weiterhin zu tun, sofern nicht sachliche Gründe im Einzelfall eine Abweichung rechtfertigen oder gar gebieten. Weicht sie hingegen generell von den Verwaltungsvorschriften ab, so verlieren diese insoweit ihre ermessensbindende Wirkung; ob das Verwaltungshandeln mit dem Gleichbehandlungsgebot vereinbar ist, beurteilt sich dann nur nach der tatsächlichen Verwaltungspraxis im Entscheidungszeitpunkt,
vgl. BVerwG, Urteil vom 25. April 2012 - 8 C 18/11 -, juris; vgl. zur Übertragbarkeit dieser Rechtsprechung aus dem Zuwendungsrecht auf Billigkeitsleistungen: VG Würzburg, Urteil vom 3. August 2020 - W 8 K 20.743 -, juris; VG München, Beschluss vom 25. Juni 2020 - M 31 K 20.2261 -, juris.
Nach ihrer Entscheidung, mithin nach Erlass des Zuwendungsbescheides, kann die Bewilligungsbehörde die darin verwandten Begrifflichkeiten nicht mehr frei auslegen. Der Bescheid hat insoweit Fakten geschaffen, über die sie sich nicht mehr nach Ermessen hinwegsetzen kann. Der Zuwendungsempfänger muss sich auf die im Antragsverfahren gleichmäßig ausgeübte Verwaltungspraxis und den Inhalt des Bewilligungsbescheides einstellen können,
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 8. März 2018 - 4 A 182/16 -, juris; OVG NRW, Beschluss vom 11. Juni 2016 - 4 A 1983/13 -, juris; vorgehend erkennende Kammer, Urteil vom 17. Juli 2013 - 20 K 7520/12 - juris.
Die im Bewilligungsbescheid vom 1. April 2020 zum Ausdruck gekommene Verwaltungspraxis ist demnach maßgeblich für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des ihn (teilweise) ersetzenden Schlussbescheides vom 6. Dezember 2020. Das bedeutet zugleich, dass nach seinem Erlass in Kraft getretene Regelwerke oder spätere Informationen, die von jenen bis zum Erlasszeitpunkt abweichen, nicht zu berücksichtigen sind. Dem steht nicht entgegen, dass der Bescheid die oben beschriebenen vorläufigen Elemente enthält. Die Vorläufigkeit bezieht sich, wie dargelegt, auf die Höhe der Zuwendung, die im jeweiligen Einzelfall erst zu einem späteren Zeitpunkt endgültig berechnet werden sollte. Welche Maßgaben für diese Berechnung gelten sollten, war jedoch Bestandteil der Verwaltungspraxis im Antragsverfahren und bei Erlass der Bewilligungsbescheide und fand Eingang in die in sämtlichen Bescheiden verwendeten Formulierungen in Ziffern 2. und 3. sowie II.3. Deren Verständnis - ausgerichtet am objektiven Empfängerhorizont - ist mithin ausschlaggebend für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Schlussbescheides. Nur hinsichtlich der aufgrund dieser Berechnungsmodalitäten zu ermittelnden Höhe - nicht bezüglich der Parameter selbst - stand der Ausgangsbescheid unter dem Vorbehalt der Ersetzung durch den Schlussbescheid. Den nicht unter Vorbehalt gestellten Teil des Bewilligungsbescheides kann die Behörde nur unter den Voraussetzungen der §§ 48 ff. VwVfG NRW aufheben, weil er mit seiner Bekanntgabe Bindungswirkung entfaltet hat.
Das vom Beklagten herangezogene Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 8. April 1997,
- 3 C 6/95 -, juris,
rechtfertigt keine abweichende Sichtweise. Der dort entschiedene Fall unterscheidet sich von dem hier streitgegenständlichen insbesondere dadurch, dass der Zuwendungsbescheid erst nach Inkrafttreten der geänderten Richtlinie erlassen wurde. Die Frage, ob der dortige Kläger, der jahrelang Zuschüsse nach Maßgabe der vorherigen Richtlinie erhalten hatte, sich auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes berufen konnte, stellt sich hier nicht. Denn der Bewilligungsbescheid vom 1. April 2020 wurde auf der Grundlage einer bestimmten Verwaltungspraxis erlassen, die die Bezirksregierung Düsseldorf gegenüber allen Leistungsempfängern gleichermaßen ausgeübt hatte. Von dieser Verwaltungspraxis hätte eine Richtlinie nur bis zum maßgeblichen Zeitpunkt des vertrauensbildenden Bewilligungsbescheides abweichen können und damit ihrerseits eine (neue oder veränderte) Verwaltungshandhabung begründen können.
bb. Legt man die danach maßgeblichen endgültigen Vorgaben im Bewilligungsbescheid zu den Parametern der späteren Berechnung des Förderbetrages nach dem objektiven Empfängerhorizont aus, sind die Festsetzungen zum Liquiditätsengpass und zur Höhe der Soforthilfe in den Ziffern 1. und 2. des Schlussbescheides sowie die Begründung hierzu gemessen an diesen Vorgaben materiell rechtswidrig. Die Bezirksregierung Düsseldorf hat rechtsfehlerhaft angenommen, dass ein Liquiditätsengpass von 2.000,00 Euro vorliegt und die Soforthilfe nur noch 2.000,00 Euro beträgt.
(1) Im Hinblick auf die materielle Rechtswidrigkeit dieser Regelungen kann die formelle Rechtmäßigkeit des Bescheides, insbesondere die Erforderlichkeit einer Anhörung gem. § 28 Abs. 1 VwVfG NRW, dahinstehen.
(2) Zum maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Bewilligungsbescheides richtete die Bezirksregierung Düsseldorf - wie dargelegt - ihre Verwaltungspraxis an dem Programm zur Gewährung von Soforthilfen aus dem Bundesprogramm "Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Selbstständige" und dem ergänzenden Landesprogramm "NRW-Soforthilfe 2020" aus. Die Richtlinien des Landes NRW "zur Gewährung von Soforthilfen für gewerbliche Kleinunternehmen, Selbstständige und Angehörige Freier Berufe, die infolge der Sars-CoV-2-Pandemie in ihrer Existenz gefährdet sind (NRW-Soforthilfe 2020)" vom 31. Mai 2020 waren noch nicht in der Welt. Gleiches gilt für die vom Beklagten unter dem 3. Juli 2020, 5. Oktober 2020, 2. Dezember 2020 sowie 14. Juni 2021 versandten Emails an sämtliche Antragsteller. Im Verwaltungsverfahren vor Erlass des Zuwendungsbescheides stellte das beklagte Land (und ebenso der Bund) den Antragstellern - auch dem Kläger - eine Vielzahl von online abrufbaren Hinweisen, insbesondere die sog. FAQ, bereit. Diese spiegeln die Verwaltungspraxis des Beklagten bzw. der Bezirksregierung Düsseldorf als Bewilligungsbehörde des Landes wider. Diese Verwaltungspraxis lässt sich wie folgt zusammenfassen: Versicherte ein Anspruchsteller, dass seine wirtschaftliche Tätigkeit durch die Corona-Krise wesentlich beeinträchtigt war, erhielt er eine (vorläufige) Pauschale in einer Höhe, die von der Anzahl der bei ihm Beschäftigten abhing; hatte er - wie der Kläger - 00 Beschäftigte, erhielt er 9.000,00 Euro. Wie das Land die "wesentliche Beeinträchtigung der wirtschaftlichen Tätigkeit" definierte, ließ sich an den oben wiedergegebenen Voraussetzungen im Antragsformular (dortige Ziffer 6.1) ablesen. Antragsteller, die - wie der Kläger - erklärten, diese Voraussetzungen zu erfüllen, erhielten (bei Vorliegen der weiteren Erfordernisse) einen Zuwendungsbescheid. In diesem wurde ebenfalls auf das Bestehen einer finanziellen Notlage, die Überbrückung von Liquiditätsengpässen bzw. die Kompensation der wirtschaftlichen Engpässe abgestellt, ohne diese genau zu umschreiben. Namentlich in Ziffer 2. wurde die Zweckbindung der Soforthilfe so beschrieben, dass sie "zur Milderung der finanziellen Notlage" "als Einmalzahlung für einen Bewilligungszeitraum von drei Monaten ab Antragstellung" erfolge und "insbesondere zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen" diene. Der Nebenbestimmung II.3. konnten die Anspruchsteller einen Anhaltspunkt dafür entnehmen, nach welchen Maßgaben die mit dieser Zweckbindung erhaltene Soforthilfe zurückzuzahlen sei. Diese stellte zwei kumulative ("und") Voraussetzungen für eine Rückzahlungspflicht am Ende des dreimonatigen Bewilligungszeitraums auf:
- Die Finanzhilfe war höher als der Umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter Kosten.
- Die Mittel wurden nicht (vollständig) zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz bzw. Ausgleich des Liquiditätsengpasses benötigt.
Im Einzelnen:
Die Bezirksregierung Düsseldorf hat ihre Vergabepraxis auch auf das Bundesprogramm "Corona-Soforthilfen für Kleinstunternehmen und Selbständige" gestützt. Potentiellen Anspruchsberechtigten standen hierzu sog. Kurzfakten zur Verfügung, in denen es u.a. heißt (Stand 30. März 2020): S. 1 Ziffer 2: "Die Soforthilfe dient der Sicherung der wirtschaftlichen Existenz der Unternehmen und zur Überbrückung von akuten Liquiditätsengpässen." Ziffer 7: "Eine Kumulierung mit anderen Hilfen [...] ist grundsätzlich möglich. Eine Überkompensation ist aber zurückzuzahlen." S. 2: "Wie wird hinterher geprüft, ob nicht eine Überkompensation vorliegt? [...] Der Antragsteller legt bei der Angabe, in welcher Höhe er die Billigkeitsleitung beantragt, seinen voraussichtlichen Liquiditätsengpass zugrunde. Dieser wird auf der Basis seines voraussichtlichen Umsatzes sowie des betrieblichen Sach- und Finanzaufwands für die drei auf die Antragstellung folgenden Monate ermittelt. Sofern die Soforthilfe wie beantragt bewilligt wird und später festgestellt wird, dass der Sach- und Finanzaufwand des Unternehmens oder die tatsächliche Umsatzeinbuße doch geringer war, ist das Unternehmen zu einer Rückzahlung des überzahlten Betrags verpflichtet. Auch durch die Kombination von mehreren Hilfsprogrammen kann es zu einer Überkompensation kommen."
An mehreren Stellen werden die Formulierungen "wirtschaftliche Existenz" sowie "Liquiditätsengpass" gebraucht (auch auf S. 1 Ziffer 3 und S. 2), ohne dass diese definiert würden. Bei der Beantwortung der Frage, wie geprüft werde, ob eine "Überkompensation" vorliege, wird explizit eine Umsatzeinbuße zur Voraussetzung für eine Rückerstattungsspflicht gemacht.
Das beklagte Land hat dieses Bundesprogramm erweitert und das Landesprogramm "NRW-Soforthilfe 2020" ins Leben gerufen. Hierzu stellte es Antragstellern auf der Internetpräsenz des damaligen Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie NRW Hinweise und FAQ zur Verfügung.
In den FAQ 1 vom 25. März 2020 hieß es für die Anspruchsvoraussetzungen zu der Frage, "Was wird gefördert?": "Die Unternehmen sollen bei der Sicherung ihrer wirtschaftlichen Existenz und Überbrückung von akuten Finanzierungsengpässen, u.a. für laufende Betriebskosten wie Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten u.ä. sowie den Erhalt von Arbeitsplätzen durch einen Zuschuss unterstützt werden. [...] Voraussetzung: erhebliche Finanzierungsengpässe und wirtschaftliche Schwierigkeiten in Folge von Corona. Dies wird angenommen wenn,
- sich für den Monat, in dem der Antrag gestellt wird, Umsatz- bzw. Honorarrückgang von mindestens 50 Prozent verglichen mit dem durchschnittlichen monatlichen Umsatz (bezogen auf den aktuellen und die zwei vorangegangenen Monate) im Vorjahr ergibt [...] oder
- der Betrieb auf behördliche Anordnung wegen der Corona-Krise geschlossen wurde oder
- die vorhandenen Mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen Verbindlichkeiten des Unternehmens (bspw. Mieten, Kredite für Betriebskosten, Leasingraten) zu zahlen (=Finanzierungsengpass)."
In den FAQ 2 vom 26. März 2020 wurden die Voraussetzungen um eine vierte Möglichkeit zum Auftragseinbruch ergänzt und wie folgt umformuliert:
- "mehr als die Hälfte der Aufträge aus der Zeit vor dem 1. März durch die Corona-Krise weggefallen sind [...] oder
- sich für den Monat, in dem der Antrag gestellt wird, Umsatz- bzw. Honorarrückgang von mindestens 50 Prozent verglichen mit dem durchschnittlichen monatlichen Umsatz (bezogen auf den aktuellen und die zwei vorangegangenen Monate) im Vorjahr ergibt. [...] oder
- der Umsatz durch eine behördliche Auflage im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie massiv eingeschränkt wurde oder
- die vorhandenen Mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen Verbindlichkeiten des Unternehmens (bspw. Mieten, Kredite für Betriebskosten, Leasingraten) zu zahlen (= Finanzierungsengpass)."
In den FAQ 3 (Datum nach Anlage B2 unbekannt; Datum der Speicherung: 25. März 2020) wurden die Voraussetzungen dann im Wesentlichen unverändert final umformuliert:
- "mehr als die Hälfte der Aufträge aus der Zeit vor dem 1. März durch die Corona-Krise weggefallen ist [...] oder
- die Umsätze gegenüber dem Vorjahresmonat mehr als halbiert sind (für einen noch im März oder April gestellten Antrag werden die Umsätze im März 2020 gegenüber dem Monat März 2019 zugrunde gelegt). Kann der Vorjahresmonat nicht herangezogen werden (z.B. bei Gründungen), gilt der Vormonat. oder
- die Möglichkeiten den Umsatz zu erzielen durch eine behördliche Auflage im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie massiv eingeschränkt wurde oder
- die vorhandenen Mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen Verbindlichkeiten des Unternehmens (bspw. Mieten, Kredite für Betriebskosten, Leasingraten) zu zahlen (=Finanzierungsengpass)."
Diese Spiegelstrich-Voraussetzungen mündeten fast wortgleich in das Antragsformular, das die Antragsteller - so auch der Kläger - online einreichen mussten. Von einem Liquiditätsengpass ist an keiner Stelle die Rede, geschweige denn, dass er definiert würde. Vielmehr wird durchgängig der Begriff "Finanzierungsengpass" verwendet. Dieser war - gemessen an den zum Antragszeitpunkt feststehenden Zahlen eines Antragstellers - Bedingung für das Entstehen eines Anspruchs. Zwar entspricht der vierte Spiegelstrich der Anspruchsvoraussetzungen "die vorhandenen Mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen Verbindlichkeiten des Unternehmens (bspw. Mieten, Kredite für Betriebskosten, Leasingraten) zu zahlen" im Wesentlichen der späteren Definition des Liquiditätsengpasses in Ziffer 5.3 Abs. 2 der Richtlinie. In den FAQ war dieser Spiegelstrich jedoch lediglich als eine von vier alternativen Möglichkeiten ("oder") vorgesehen, um die Anspruchsberechtigung zu begründen.
Zu den Fragen "Wird geprüft, ob dem Antragsteller die Hilfe auch wirklich zugestanden hat und wenn nein, muss die Hilfe ggfls. zurückgezahlt werden?" und "Wird immer der Maximalbetrag ausgezahlt?" und "Wie ist eine Überkompensation definiert?" wurden folgende Antworten gegeben:
- "Wird geprüft, ob dem Antragsteller die Hilfe auch wirklich zugestanden hat und wenn nein, muss die Hilfe ggfls. zurückgezahlt werden?
Der Antragsteller versichert im Formular, dass er alle Angaben nach bestem Wissen und Gewissen und wahrheitsgetreu gemacht hat. Falsche Angaben, die zu einer unberechtigten Inanspruchnahme der Leistung führen, sind Subventionsbetrug. Die Leistung muss dann nicht nur zurückgeführt werden, es kann dann zu einer strafrechtlichen Verfolgung kommen. [...] Der Zuschuss wird als sogenannte Billigkeitsleistung ausgezahlt. Auch im Falle einer Überkompensation (z.B. durch Versicherungsleistung oder andere Fördermaßnahmen) muss die erhaltene Soforthilfe zurückgezahlt werden. Stellt sich am Ende der Bezugszeit von drei Monaten heraus, dass der Antragsteller mehr erhalten hat, als sein Schaden war, ist er gehalten, das überschüssige Geld zurückzuzahlen. Hierauf wird noch einmal separat im Bescheid hingewiesen."
- "Wird immer der Maximalbetrag ausgezahlt?
Ja. Die Zuschüsse sind nach Mitarbeiterzahl gestaffelt. Innerhalb der entsprechenden Staffelung erhalten Sie den vollen Betrag. Bis zu 5 Mitarbeiter 9.000 Euro, bei bis zu 10 Mitarbeitern 15.000 Euro und bei bis zu 50 Mitarbeitern 25.000 Euro. Bei Überkompensation sind die Beträge zurückzuzahlen (s.o.). Entsprechende Hinweise und die Kontonummer für die Rückzahlung zuviel erhaltener Soforthilfen enthält der Bewilligungsbescheid."
- "Wie ist eine Überkompensation definiert?"
In der Fassung 2 (vom 26. März 2020): "Eine Überkompensation entsteht dann, wenn der Antragsteller mehr Zuwendungen erhält, als erforderlich wären, um den Finanzierungsengpass zu beseitigen."
Ab der Fassung 3 (Datum nach Anlage B2 unbekannt; Datum der Speicherung: 25. März 2020): "Eine Überkompensation entsteht dann, wenn der Antragsteller mehr Zuwendungen erhält, als sein tatsächlich eingetretener Schaden - also insbesondere der durch die Corona-Krise eingetretene Umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter Kosten (z.B. Mietminderung) ist. Eine Überkompensation ist nach der dreimonatigen Förderphase zurückzuerstatten."
In Abgrenzung zu den anspruchsbegründenden Voraussetzungen, die einen Finanzierungsengpass erforderten, wurde für die Rückzahlungspflicht am Ende des Bewilligungszeitraums auf eine "Überkompensation" - gemessen an den dann erst feststehenden Zahlen aus dem Bewilligungszeitraum - abgestellt. Als Beispiele für eine solche nannten die FAQ "z.B. durch Versicherungsleistung oder andere Fördermaßnahmen". Nach der ab Fassung 3 der FAQ (Datum nach Anlage B2 unbekannt; Datum der Speicherung: 25. März 2020; FAQ 4 datiert vom 28. März 2020) unverändert geltenden Definition in den FAQ tritt eine Überkompensation ein, wenn der Antragsteller mehr Zuwendungen erhalten hat, als sein tatsächlich eingetretener Schaden, also insbesondere der durch die Corona-Krise eingetretene Umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter Kosten (z.B. Mietminderung), ist. Auch hier wird maßgeblich auf einen Umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter Kosten abgestellt. Der Begriff des "Liquiditätsengpasses" fällt in diesem Zusammenhang in den FAQ nicht.
Schließlich enthält der Bewilligungsbescheid - wie erwähnt - in Ziffer 2. (Zweckbindung) die Formulierungen "zur Milderung der finanziellen Notlage" und "insbesondere zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen". Aus der Nebenbestimmung II.3. ergaben sich zwei kumulative Voraussetzungen für eine Rückzahlungspflicht am Ende des dreimonatigen Bewilligungszeitraums, nämlich dass die "Finanzhilfe höher ist als Ihr Umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter Kosten (z.B. Mietminderung) und Sie die Mittel nicht (vollständig) zur Sicherung Ihrer wirtschaftlichen Existenz bzw. Ausgleich Ihres Liquiditätsengpasses benötigen". Der Ausdruck "Überkompensation" findet sich im Bescheid nicht; welche Bedeutung dem Begriff "Liquiditätsengpass" zukommen soll, wird nicht umschrieben. Die Nebenbestimmung II.3. gab den maßgeblichen Anhaltspunkt dafür, wie die Zuwendungsempfänger später ihre Rückmeldung durchführen sollten; aus ihr ergab sich auch der Umfang der Vorläufigkeit des Verwaltungsaktes; hier wurden die Berechnungsmodalitäten für die spätere Feststellung einer - an dieser Stelle nicht so genannten - Überkompensation festgelegt. Wenn sie auch mehr als missverständlich formuliert ist, so konnten die Bescheidadressaten - auch der Kläger - ihr immerhin entnehmen, dass eine Rückzahlungspflicht bereits dann ausgeschlossen sein sollte, wenn der Umsatzausfall die Finanzhilfe überstieg. Insoweit korrelierte die Bestimmung mit den FAQ. Wie die zweite Voraussetzung zu verstehen ist, die die Bezeichnungen "wirtschaftliche Existenz" und "Liquiditätsengpass" aufnimmt, wird weder aus sich heraus noch im Kontext mit dem übrigen Inhalt des Bescheides deutlich. Vielmehr lag für einen durchschnittlichen Antragsteller nach der Lektüre der FAQ und der ersten Voraussetzung der Nebenbestimmung II.3. nahe, dass eine Verpflichtung zur Rückzahlung der zunächst erhaltenen Soforthilfe dann in Betracht kam, wenn er am Ende des dreimonatigen Bewilligungszeitraums feststellte, dass seine tatsächliche Umsatzeinbuße doch geringer war als zunächst angenommen. Mit anderen Worten, dass Maßstab für eine Erstattungspflicht eine "Überkompensation" war, die im Wesentlichen von Umsatzeinbußen und ersparten Aufwendungen abhing.
Festzuhalten ist mithin, dass die Verwaltungspraxis des beklagten Landes bzw. der Bezirksregierung Düsseldorf bis zum Erlass der jeweiligen Bewilligungsbescheide durch eine Vielzahl von Informationen gekennzeichnet war, die aus sich heraus entweder nicht ohne Weiteres verständlich waren oder jedenfalls keinen eindeutigen - schon gar nicht begrifflich erläuterten - Hinweis auf die Voraussetzungen für eine spätere Rückzahlungspflicht gaben. Nachvollziehbar für die Anspruchsteller war immerhin, dass sich die anspruchsbegründenden Voraussetzungen von jenen des späteren Rückmeldeverfahrens unterschieden. Unter welchen Bedingungen es zu einer Rückerstattung kommen würde, blieb aber weitgehend unklar. Das gilt namentlich für den den Schlusspunkt des Zuwendungsverfahrens setzenden Bewilligungsbescheid. Hier (in der Nebenbestimmung II.3.) wie auch in den den Antragstellern zuvor zur Verfügung gestellten Informationen wird eher der Eindruck erweckt, es komme darauf an, wie sich der Umfang der Umsatzeinbußen im dreimonatigen Bewilligungszeitraum gestalten werde. Werde die Soforthilfe höher sein als der Umsatzausfall (abzüglich eingesparter Kosten), so dürften die zu viel erhaltenen Mittel nicht behalten werden. Dies wird zum Teil auch als "Überkompensation" bezeichnet. Soweit der Begriff "Liquiditätsengpass" überhaupt gebraucht wird - im Antragsformular findet er sich nicht -, wird nicht deutlich, was unter ihm zu verstehen ist. Dass ihm ein Verständnis im Sinne der Anforderungen der späteren Richtlinie beizulegen wäre, ist weder den FAQ noch dem Bewilligungsbescheid aus der Sicht eines durchschnittlichen Adressaten zu entnehmen. Soweit in der Nebenbestimmung II.3. auf einen Liquiditätsengpass abgestellt wird, handelt es sich lediglich um eine zweite Voraussetzung für eine Rückerstattungspflicht. Mit anderen Worten: Die Rückzahlungspflicht wird hiernach nicht ausgelöst, wenn bereits die erste Bedingung nicht erfüllt ist, wenn also die Finanzhilfe nicht höher ist als der Umsatzausfall. Liegt die erste Voraussetzung vor, ist die zweite zu prüfen. Jedoch bleibt auch hier völlig unklar, was unter Liquiditätsengpass zu verstehen und wie dieser zu berechnen ist. Solche Unklarheiten gehen zu Lasten der Behörde,
vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1983 - 7 C 70/80 -, juris; VG Hamburg, Urteil vom 14. März 2020 - 17 K 4793/21 -, juris; Stelkens, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwvfG, 9. Auflage 2018, § 35 Rn. 80 m.w.N.; von Alemann/Scheffczyk, in: Bader/Ronellenfitsch, VwVfG, Stand: 1. Januar 2022, § 35 Rn. 46 m.w.N.
Im Kontext mit den Gegebenheiten des Verwaltungsverfahrens durfte der Kläger davon ausgehen, die Soforthilfe nur dann (teilweise) erstatten zu müssen, wenn er am Ende des dreimonatigen Bewilligungszeitraumes feststellte, dass die Zuwendung höher war als der Umsatzausfall (abzüglich eingesparter Kosten), wenn also eine Überkompensation in diesem Sinne vorlag. Da seine Umsatzeinbuße unstreitig die Höhe der Soforthilfe von 9.000,00 Euro überstieg, durfte er annehmen, die Mittel behalten zu dürfen. Wäre dies nicht der Fall gewesen, wäre nach dem oben Gesagten allerdings im Dunkeln geblieben, wann die Voraussetzungen der zweiten Alternative der Nebenbestimmung II.3. vorgelegen hätten. Denn - wie bereits ausgeführt - wurde im Bewilligungsverfahren der Begriff des "Liquiditätsengpasses" nicht definiert. Lediglich der ähnliche Begriff des "Finanzierungsengpasses" wurde im Bewilligungsverfahren definiert, allerdings nur im Rahmen der vier alternativ erfüllbaren Anspruchsvoraussetzungen und gemessen an den bei Antragstellung feststehenden wirtschaftlichen Zahlen der Antragsteller. Eine Übertragung dieser Definition auf eine Rückzahlungspflicht am Ende des Bewilligungszeitraumes gemessen an den dann feststehenden wirtschaftlichen Zahlen der Antragsteller aus diesem Bewilligungszeitraum macht keinen Sinn bzw. ist zumindest nicht aus sich heraus verständlich. Eine solche missverständliche Fassung der Nebenbestimmung II.3. geht - wie ebenfalls bereits ausgeführt - nicht zu Lasten des Klägers.
Dass die Bezirksregierung Düsseldorf dem Schlussbescheid vom 6. Dezember 2020 nicht die beschriebenen - wenngleich missverständlichen - Parameter für die Berechnung einer etwaigen Rückzahlungspflicht zugrunde gelegt hat, führt dazu, dass der Schlussbescheid (insoweit) den Bewilligungsbescheid nicht ersetzen kann. Werden die Regelungen des Schlussbescheides mit jenen des Bewilligungsbescheides abgeglichen, ist ersichtlich, dass diesen ein anderes Verständnis der Rückzahlungsbedingungen immanent ist, als es sich aus dem auf der Basis der Förderpraxis ergangenen Bewilligungsbescheid ergibt. Im Schlussbescheid ist nur noch von einem "Liquiditätsengpass" die Rede (insbesondere in der Überschrift, im Eingangssatz, in Ziffer 1. sowie mehrfach in der Begründung); die Formulierungen "finanzielle Notlage", "wirtschaftliche Engpässe" o.ä. wurden nicht aufgenommen. In den Gründen unter II.3. findet sich der Ausdruck der "Überkompensation", die 7.000,00 Euro betrage. Das Verständnis des Begriffs des Liquiditätsengpasses im Schlussbescheid beruht auf der Definition der zu diesem Zeitpunkt bereits erlassenen Richtlinie des Landes. Erstmals wird dort präzise umschrieben, dass der Liquiditätsengpass sich aus der Differenz zwischen den tatsächlichen fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb und den tatsächlichen laufenden, erwerbsmäßigen Sach- und Finanzausgaben (ohne Personalaufwand) unter Berücksichtigung eingesparter Kosten im Erfassungszeitraum ergibt (Ziffer 5.3. Abs. 2). Dieses Verständnis ließ sich den Umständen des Antragsverfahrens nicht entnehmen, auch nicht dem Bewilligungsbescheid selbst. Nach den vorstehenden Ausführungen ist nicht maßgeblich, wie die den Antragstellern zum Zeitpunkt des Erlasses der Bewilligungsbescheide noch nicht bekannten Bestimmungen der Richtlinie lauteten. Diese Vorschriften wären im vorliegenden rechtlichen Zusammenhang allenfalls dann relevant, wenn ihr Wortlaut mit dem Verwaltungshandeln und den Begrifflichkeiten des Erstbescheides übereinstimmte. Da er indes von der Verwaltungspraxis abweicht, kommt es auf die Praxis, nicht auf die Ausgestaltung der Verwaltungsvorschrift an. Dies gilt auch deshalb, weil die Bewilligungsbehörde gegenüber den Zuwendungsempfängern im Ausgangsbescheid nicht zum Ausdruck gebracht hat, dass die Modalitäten der Rückzahlung von einer noch zu erlassenen Richtlinie abhängen sollten.
Beruhten die im angegriffenen Schlussbescheid getroffenen Festsetzungen zum Liquiditätsengpass, zur Höhe der Soforthilfe und zur Höhe der Rückzahlungspflicht somit auf einer Berechnungsmethode, die nicht mit der - zum maßgeblichen Erlasszeitpunkt des Bewilligungsbescheides bestehenden - Verwaltungspraxis korrelierte, führt dies - unabhängig von der tatsächlichen Umsatzentwicklung des Klägers im Bewilligungszeitraum - zur Rechtswidrigkeit des Schlussbescheides.
II. Aus der Rechtswidrigkeit der für den Kläger nachteiligen Bestimmungen des Schlussbescheides folgt die Rechtsverletzung des Klägers, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
B. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 und 2 Zivilprozessordnung.
C. Die Berufung ist von Amts wegen gem. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen. Da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, liegen die Voraussetzungen des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO vor.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) schriftlich Berufung eingelegt werden. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV -) wird hingewiesen.
Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster oder Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich einzureichen.
Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe).
Im Berufungsverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die das Verfahren eingeleitet wird. Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Auf die zusätzlichen Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und § 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG -). Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen als Bevollmächtigte zugelassen.
Die Berufungsschrift und die Berufungsbegründungsschrift sollen möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
Beschluss:
Der Streitwert wird auf 7.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe:
Die Festsetzung des Streitwertes ist nach § 52 Abs. 3 GKG erfolgt.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen den Streitwertbeschluss kann schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle bei dem Verwaltungsgericht Düsseldorf (Bastionstraße 39, 40213 Düsseldorf oder Postfach 20 08 60, 40105 Düsseldorf) Beschwerde eingelegt werden, über die das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster entscheidet, falls ihr nicht abgeholfen wird. § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.
Auf die ab dem 1. Januar 2022 unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV -) wird hingewiesen.
Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von sechs Monaten eingelegt wird, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.
Die Beschwerde ist nicht gegeben, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- Euro nicht übersteigt.
Die Beschwerdeschrift soll möglichst dreifach eingereicht werden. Im Fall der Einreichung als elektronisches Dokument bedarf es keiner Abschriften.
War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist angerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden.
Verwaltungsgericht Gelsenkirchen
Urteil, 23. Sept. 2022
Az.: 19 K 317/22
Tenor
Der Schlussbescheid des Beklagten vom 18. Dezember 2021 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Die Berufung wird zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin betreibt eine Rechtsanwaltskanzlei in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Mit Beginn der SARS-CoV-2-Pandemie und der anlässlich dessen auch in Nordrhein-Westfalen erlassenen infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen zur Eindämmung des Ansteckungsgeschehens (sogenannter "Harter Lockdown") wurden die Möglichkeiten zur wirtschaftlichen Betätigung und Umsatzerzielung erheblicher Teile der Bevölkerung, namentlich im Dienstleistungssektor, in massiver Weise eingeschränkt. Hiervon war auch die Klägerin betroffen.
Zur Milderung der hiermit einhergehenden wirtschaftlichen Notlage der betroffenen Wirtschaftsteilnehmer legte der Bund das Hilfsprogramm "Corona-Soforthilfe für Kleinstunternehmen und Soloselbstständige" auf. Hierzu veröffentlichte das damalige Bundesministerium für Wirtschaft und Energie zusammen mit dem Bundesministerium für Finanzen unter dem 23. März 2020 ein Eckpunktepapier und nachfolgend ein Kurzfaktenpapier vom 30. März 2020.
Auf Grundlage einer entsprechenden Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und dem beklagten Land übernahm Letzteres die eigenverantwortliche Organisation, Bewilligung und Auszahlung der Soforthilfen. Dabei entschied sich das beklagte Land dazu, die Bundesmaßnahme für gewerbliche Kleinunternehmen vollständig an die Zielgruppe (Unternehmen mit bis zu 10 Beschäftigen) weiterzureichen und zugleich auf gewerbliche Kleinunternehmen bis einschließlich 50 Beschäftigte im Rahmen eines eigenen Soforthilfeprogramms auszuweiten. Beide Maßnahmen wurden in der "NRW-Soforthilfe 2020" gebündelt. Die federführende Verantwortung für die Organisation und Ausgestaltung des Programms lag beim damaligen Ministerium für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen (nachfolgend: Landeswirtschaftsministerium). Eine Beantragung der NRW-Soforthilfen konnte im Zeitraum zwischen dem 27. März 2020 und dem 31. Mai 2020 erfolgen. Hierzu war auf der Internet-Seite des Landeswirtschaftsministeriums,
https://www.wirtschaft.nrw/nrwsoforthilfe-2020,
ein Antragsformular
"Antrag auf Gewährung einer Soforthilfe für von der Corona-Krise 03/2020 besonders geschädigte Unternehmen und Angehörige Freier Berufe einschließlich Soloselbstständige aus dem Soforthilfeprogramm des Ministeriums für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen sowie dem Bundesprogramm "Soforthilfe für Kleinstunternehmen und Soloselbstständige"
abrufbar. Im Rahmen dieses Internetauftritts waren sogenannte "FAQ" (Frequently Asked Questions) in mindestens 13 nachfolgend veröffentlichen Versionen bereitgestellt, deren Inhalt während des laufenden Bewilligungsverfahrens kontinuierlich verändert bzw. ergänzt wurde.
Auszugsweise befanden sich in den "FAQ" u.a. folgende Aussagen (Anmerkung der Kammer: Soweit nicht gesondert darauf hingewiesen, befanden sich die Aussagen (annährend) inhaltsgleich jeweils auch in nachfolgenden FAQ-Versionen; Hervorhebungen erfolgten jeweils im Original)
Version vom 25.03.2020
"Wird geprüft, ob dem Antragsteller die Hilfe auch wirklich zugestanden hat und wenn nein, muss die Hilfe dann ggfls. zurückgezahlt werden?
Der Antragsteller versichert in dem Formular, dass er alle Angaben nach bestem Wissen und Gewissen und wahrheitsgetreu gemacht hat. Falsche Angaben, die zu einer unberechtigten Inanspruchnahme der Leistungen führen, sind Subventionsbetrug. Die Leistung muss dann nicht nur zurückgeführt werden, es kann dann zu einer strafrechtlichen Verfolgung kommen. Der Antragsteller ist gehalten, den Zuschuss in seiner Steuererklärung für 2020 aufzunehmen. Da dem Antrag die Steuernummer bzw. die Steuer-ID beizufügen ist, hat das Finanzamt die Möglichkeit, die Plausibilität der Inanspruchnahme im Nachhinein zu überprüfen.
Der Zuschuss wird als sogenannte Billigkeitsleistung ausgezahlt. Auch im Falle einer Überkompensation (z.B. durch Versicherungsleistungen oder andere Fördermaßnahnahmen) muss die erhaltene Soforthilfe zurückgezahlt werden.
[...]
Muss nachgewiesen werden, wofür der Zuschuss eingesetzt wird?
Nein, ein solcher Nachweis muss nicht erbracht werden."
Version vom 26.03.2020
"Was wird gefördert?
Die Unternehmen sollen bei Sicherung ihrer wirtschaftlichen Existenz und Überbrückung von akuten Finanzierungsengpässen, u.a. für laufende Betriebskosten wie Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten u.a. sowie dem Erhalt von Arbeitsplätzen durch einen Zuschuss unterstützt werden (Zur Reduzierung von Personalkosten gibt es das Kurzarbeitergeld.)
Voraussetzung erhebliche Finanzierungsengpässe und wirtschaftliche Schwierigkeiten in Folge von Corona. Dies wird angenommen, wenn
- mehr als die Hälfte der Aufträge aus der Zeit vor dem 1. März durch die Corona-Krise weggefallen sind
oder
- sich für den Monat, in dem der Antrag gestellt wird, ein Umsatz- bzw. Honorarrückgang von mindestens 50 Prozent verglichen mit dem durchschnittlichen monatlichen Umsatz (bezogen auf den aktuellen und die zwei vorangegangenen Monate) im Vorjahr ergibt. Rechenbeispiel: Durchschnittlicher Umsatz Januar bis März 2019 10.000 Euro, aktueller Umsatz März 2020 5.000 Euro. Kann der Referenzmonat nicht herangezogen werden (z.B. bei Gründungen) gilt der Vergleich mit dem Vormonat)
oder
- der Umsatz durch eine behördliche Auflage im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie massiv eingeschränkt wurde
oder
- die vorhandenen Mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen Verbindlichkeiten des Unternehmens (bspw. Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten) zu zahlen (=Finanzierungsengpass)
Der Antragsteller muss versichern, dass der Finanzierungsengpass nicht bereits vor dem 1. März bestanden hat. Der Antragsteller muss zusätzlich erklären, dass sich das Unternehmen zum Stichtag 31. Dezember 2019 nicht um ein "Unternehmen in Schwierigkeiten" handelte."
(Anmerkung: in etwas anderer Form bereits in der Version vom 25.03. enthalten; ab der Version vom 28.03. hinsichtlich der zweiten und dritten Variante wiederum mit geänderten Wortlaut, insbesondere geänderter Vergleichsgröße hinsichtlich des Umsatzrückgangs)
"Wie ist eine Überkompensation definiert?
Eine Überkompensation entsteht dann, wenn der Antragsteller mehr Zuwendungen erhält, als erforderlich wäre, um den Finanzierungsengpass zu beseitigen.
[...]
Wird immer der Maximalbetrag ausgezahlt?
Ja. Die Zuschüsse sind nach Mitarbeiterzahl gestaffelt. Innerhalb der entsprechenden Staffelung erhalten Sie den vollen Betrag. Bis zu 5 Mitarbeiter 9.000 Euro, bei bis zu 10 Mitarbeitern 15.000 Euro und bei bis zu 50 Mitarbeitern 25.000 Euro. Bei Überkompensation können Beträge zurückgefordert werden."
Version vom 27.03.2020
"Wie ist eine Überkompensation definiert?
Eine Überkompensation entsteht dann, wenn der Antragsteller mehr Zuwendungen erhält, als sein tatsächlich eingetretener Schaden - also insbesondere der durch die Corona-Krise eingetretene Umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter Kosten (z.B. Mietminderung) ist. Überkompensation ist nach der dreimonatigen Förderphase zurückzuerstatten."
Version vom 29.03.2020
"Wofür darf der Zuschuss genutzt werden?
Der Zuschuss kann genutzt werden, um finanzielle Engpässe, wie z.B. Bankkredite, Leasingraten, Mieten usw. zu bedienen. [...].
Soloselbständige im Haupterwerb beziehen ihren Lebensunterhalt aus ihrer selbstständigen Tätigkeit und müssen daher auch ihr eigenes Gehalt erwirtschaften, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Sofern der Finanzierungsengpass beim Soloselbstständigen im Haupterwerb dazu führt, dass er sein regelmäßiges Gehalt nicht mehr erwirtschaften kann, dient die Soforthilfe auch dazu, das eigene Gehalt und damit den Lebensunterhalt zu finanzieren.
(Anmerkung: letzter Absatz war nur in den Versionen vom 29.03. und vom 31.03. enthalten.)
Die Bewilligung und Auszahlung der Hilfeleistungen erfolgte anschließend durch die örtlich zuständigen Bezirksregierungen.
Am 00.00.0000 beantragte die Klägerin unter Verwendung des genannten Antragsformulars die Bewilligung einer Soforthilfe in Höhe von 9.000,- €. In dem Antragsformular heißt es unter
"5. Art und Umfang der Förderung:
Die Soforthilfe wird als Billigkeitsleistung auf der Grundlage der Regelung zur vorübergehenden Gewährung geringfügiger Beihilfen im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 ("Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020") zur Überwindung der existenzbedrohlichen Wirtschaftslage bzw. des Liquiditätsengpasses gewährt."
In dem Formular gab die Klägerin zudem u.a. folgende vorgegebene Erklärungen ab:
"6.1
Ich versichere, dass meine wirtschaftliche Tätigkeit durch die COVID-19-Pandemie wesentlich beeinträchtigt ist, da entweder
- mehr als die Hälfte der Aufträge aus der Zeit vor dem 1. März 2020 durch die COVID-19-Pandemie weggefallen sind oder
- die Umsätze gegenüber dem Vorjahresmonat mehr als halbiert sind (Gründungen: Vormonat) oder
- die Umsatzerzielungsmöglichkeiten durch eine behördliche Auflage im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie massiv eingeschränkt wurden oder
- die vorhandenen Mittel nicht ausreichen, um die kurzfristigen Zahlungsverpflichtungen des Unternehmens zu erfüllen (z.B. Mieten, Kredite für Betriebsräume, Leasingraten)
[...]
6.2
Ich versichere, dass die in Nr. 1.1. benannten Antragsvoraussetzungen sämtlich vorliegen und ein Liquiditätsengpass nicht bereits vor dem 1. März bestanden hat.
[...]
6.11
Mir ist bekannt, dass ich den Zuschuss als Billigkeitsleistung erhalte und im Falle einer Überkompensation (Entschädigungs-, Versicherungsleistungen, andere Fördermaßnahmen) die erhaltene Soforthilfe zurückzahlen muss".
Nachfolgend bewilligte die Bezirksregierung Arnsberg der Klägerin mit Bescheid vom selben Tag die Gewährung einer Soforthilfe in beantragter Höhe. Der Betrag wurde dem Kläger am 1. April 2020 ausgezahlt. In dem Bescheid hieß es auszugsweise:
"1. Bewilligung
Auf Ihren o. g. Antrag bewillige ich gemäß § 53 LHO i. V. m. dem Programm zur
Gewährung von Soforthilfen aus dem Bundesprogramm "Corona-Soforthilfen für
Kleinstunternehmen und Selbständige" und dem ergänzenden Landesprogramm "NRW-Soforthilfe 2020" eine Soforthilfe i. H. v.
9000,00 €
(in Worten: neuntausend Euro)
als einmalige Pauschale.
[...]. Bei der Soforthilfe handelt es sich um eine Kleinbeihilfe gemäß der Regelung zur vorübergehenden Gewährung geringfügiger Beihilfen im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Ausbruch von COVID-19 ("Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020").
2. Aufrechnungsverbot
Für die bewilligte Soforthilfe gilt ein direktes Verrechnungs- beziehungsweise
Aufrechnungsverbot mit bereits bestehende Kreditlinien beim jeweiligen Kreditinstitut. Bei Überweisung der Soforthilfe darf es nicht zu einer zwangsläufigen Bedienung bereits bestehender Kontokorrentforderungen oder sonstiger Zins- und Tilgungsforderungen kommen. Die bewilligte Soforthilfe muss vollumfänglich zur Kompensation der unmittelbar durch die Corona-Pandemie ausgelösten wirtschaftlichen Engpässe genutzt werden. Ihnen als Empfänger/-in obliegt die Entscheidung, welche Forderungen mit höchster Relevanz für die Existenzsicherung ausgestattet sind (bspw. Mietforderungen, Lieferantenforderungen) und daher vorrangig durch den Zuschuss bedient werden sollen. [...]
II. Nebenbestimmungen
Die Soforthilfe wird unter folgenden Nebenbestimmungen gewährt:
1. [...]
2. Grundlage und Bestandteil des Bescheides ist Ihr Antrag vom 00.00.00.
3. Sollten Sie am Ende des dreimonatigen Bewilligungszeitraums feststellen,
dass diese Finanzhilfe höher ist als Ihr Umsatzausfall abzüglich eventuell
eingesparter Kosten (z.B. Mietminderung) und Sie die Mittel nicht (vollständig)
zur Sicherung Ihrer wirtschaftlichen Existenz bzw. Ausgleich Ihres
Liquiditätsengpasses benötigen, sind die zu viel gezahlten Mittel auf
das Konto der Landeskasse [...] unter Angabe des
Aktenzeichens zurückzuzahlen.
[...].
4. Die Finanzhilfe ist zurückzuerstatten, wenn der Bescheid aufgrund falscher oder unvollständiger Angaben erteilt wurde oder Entschädigungsleistungen, Versicherungsleistungen und/oder andere Fördermaßnahmen einzeln und/oder zusammen zu einer Überkompensation führen. Darlehen sind von einer Anrechnung ausgenommen.
In diesem Fall ist die gewährte Soforthilfe vom Eintritt der Überkompensation
an mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinsatz nach § 247 BGB jährlich
nach Maßgabe des § 49a Abs. 3 VwVfG NRW zu verzinsen.
5. Ich behalte mir im Einzelfall eine Prüfung der Verwendung der Soforthilfe vor.
In diesem Fall ist die Bewilligungsbehörde berechigt, Bücher, Belege und sonstige Geschäftsunterlagen anzufordern sowie die Verwendung der Soforthilfe durch örtlich Erhebungen zu prüfen oder durch Beauftragte prüfen zu lassen. Sie haben die erforderlichen Unterlagen bereitzuhalten und die notwendigen Auskünfte zu erteilen. Die Bewilligungsbehörde, Ihr zuständiges Finanzamt, der Landesrechnungshof NRW sowie die nachgeordneten Behörden (vgl. § 91 LHO), der Bundesrechnungshof, das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und die Europäische Kommission sind ebenfalls berechtigt, Prüfungen vorzunehmen."
Am 31. Mai 2020, dem letzten Tag des Bewilligungszeitraums, veröffentlichte das Landeswirtschaftsministerium die "Richtlinie des Landes zur Gewährung von Soforthilfen für gewerbliche Kleinunternehmen, Selbstständige und Angehörige Freier Berufe, die infolge der Sars-CoV-2-Pandemie in ihrer Existenz gefährdet sind" (nachfolgend: Soforthilferichtlinie) im Rahmen eines Runderlasses. Dieser gelte nach Ziffer 9. mit Wirkung vom 27. März 2020.
Unter dem 3. Juli, dem 5. Oktober und dem 2. Dezember 2020 sowie dem 14. Juni 2021 versandte der Beklagte an sämtliche Antragsteller E-Mails, in denen er auf die Notwendigkeit zur Durchführung eines Rückmeldeverfahrens, den hierfür bereit gestellten Vordruck sowie auf aus seiner Sicht geltende Regelungen und Fristen hinwies.
In einem den Vordrucken vorangestellten Informationsschreiben ist u.a. folgendes festgehalten:
"3. Erfassung eines Liquiditätsengpasses
Ein Liquiditätsengpass liegt vor, wenn im dreimonatigen Förderzeitraum die tatsächlich fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb nicht ausgereicht haben, um die tatsächlich laufenden erwerbsmäßigen Sach- und Finanzausgaben zu bezahlen. Private und betriebliche Finanzreserven müssen nicht berücksichtigt werden."
Den entsprechenden Vordruck füllte die Klägerin am 00.00.0000 aus und übersandte diesen. Hierbei machte sie für den gewählten Förderzeitraum vom 1. März 2020 bis zum 31. Mai 2020 insbesondere folgende Angaben:
1. Monat
2. Monat
3. Monat
bereinigte Einnahmen
5.149
6.653
4.784
Ausgaben
6.029
4.521
5.751
Liquiditätsengpass pro Monat
- 880
2.132
- 967
Summer des betrieblichen Liquiditätsengpasses für den gesamten Förderzeitraum
Fiktiver Unternehmerlohn(Pauschale i.H.v. 2.000,-; nur angesetzt, wenn Voraussetzungen unter "Fiktiver Unternehmerlohn" erfüllt sind)
2.000
Gesamtergebnis Liquiditätsengpass
2.000
Ausgehend von dem so ermittelten Liquiditätsengpass ergab sich ein Rückzahlungsbetrag der Klägerin von 7.000 Euro als Differenz zwischen der ausgezahlten Soforthilfe und dem Liquiditätsengpass (9.000 Euro - 2.000 Euro).
Unter dem 18. Dezember 2021 erließ der Beklagte den dem Kläger am selben Tag per E-Mail übermittelten und mit "Schlussbescheid" überschriebenen streitbefangenen Bescheid. In Ziffer 1. des Bescheides stellte er einen Liquiditätsengpass in Höhe von 2.000 Euro fest und setzte entsprechend in Ziffer 2. die Höhe der Soforthilfe auf diesen Betrag fest. Zugleich forderte er den Kläger in Ziffer 3. dazu auf, den überbezahlten Betrag bis zum 31. Oktober 2022 an die Landeshauptkasse zurückzuzahlen. Zur Begründung führte der Beklagte insbesondere folgendes aus:
Die Feststellung des Liquiditätsengpasses und die Festsetzung der Soforthilfe beruhe auf § 53 LHO NRW i. V. m. der Regelung zur vorübergehenden Gewährung geringfügiger Beihilfen im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland im Zusammenhang mit dem Ausbruch von Sars-CoV-2 ("Bundesregelung Kleinbeihilfen 2020"), der Verwaltungsvereinbarung zwischen dem Bund und dem Land Nordrhein-Westfalen über die "Corona-Soforthilfen insbesondere für kleine Unternehmen und Solo-Selbstständige" vom 01.04.2020 einschließlich der dazu erlassenen Vollzugshinweise sowie den Soforthilfe-Richtlinien. Nach Ziffern 3.1, 3.2, 5.2 und 5.3 der Soforthilfe-Richtlinien werde die NRW-Soforthilfe 2020 antragsberechtigten Leistungsempfängern, die die Antragsvoraussetzungen erfüllten, zunächst in voller Höhe gewährt. Die endgültige Festsetzung erfolge nach Meldung der Berechnung der Höhe des Liquiditätsengpasses. Ergebe sich dabei, dass der vorläufig vollständig gezahlte Soforthilfebetrag nicht oder nur teilweise vom Liquiditätsengpass abgedeckt sei, werde die Soforthilfe nur in Höhe des Liquiditätsengpasses gewährt; anderenfalls sei die vorläufige Zahlung endgültig. Auf dieser Grundlage sei ein Liquiditätsengpass in Höhe von 2.000 Euro festzustellen und eine Soforthilfe in gleicher Höhe festzusetzen gewesen. Auf den Antrag der Klägerin sei ihr als antragsberechtigten Leistungsempfänger die Soforthilfe zunächst vorläufig gemäß Nr. 3 der Nebenbestimmungen des Bewilligungsbescheides über den Billigkeitszuschuss in Höhe von 9.000 Euro ausgezahlt worden. Dieser Betrag werde von dem von ihr gemeldeten Betrag des Liquiditätsengpasses in Höhe von 2.000 Euro nicht vollständig abgedeckt. Es verbleibe ein Differenzbetrag von 7.000 Euro.
Die Rückforderung des überbezahlten Differenzbetrages beruhe im Übrigen auf § 49a Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW in entsprechender Anwendung.
Die Klägerin hat am 00.00.0000 Klage erhoben.
Sie wendet ein, der Schlussbescheid sei formell und materiell rechtswidrig. Sie sei schon nicht angehört worden. Des Weiteren fehle eine rechtliche Grundlage für den Schlussbescheid. Aus dem Bewilligungsbescheid sei nicht ersichtlich, dass es sich um einen vorläufigen Bescheid handele, welcher unter dem Vorbehalt der endgültigen Festsetzung durch einen Schlussbescheid ergangen sei. Deswegen habe sie berechtigterweise darauf vertrauen dürfen, dass es sich nicht um eine vorläufige Auszahlung gehandelt habe. Insbesondere ergebe sich eine etwaige vorläufige Auszahlung auch nicht aus Nr. 3 der Nebenbestimmungen des Bewilligungsbescheides Ihr Umsatzausfall habe allein für das Jahr 2020 in der Summe rund 50.000,00 € netto betragen, da mindestens 18 Schulungs- und Seminarveranstaltungen, die bereits im Jahr 2019 geplant gewesen seien, coronabedingt hätten abgesagt werden müssen. Soweit Umsätze ab März 2020 erzielt worden seien, resultierten diese allesamt aus einer Tätigkeit im Jahre 2019 und lägen allesamt unter dem Umsatz des Jahres 2019. Somit sei die gewährte Finanzhilfe nicht höher als der Umsatzausfall abzüglich eventueller eingesparter Kosten (z. B. Mietminderung). Die Mittel seien auch zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz bzw. Ausgleich des Liquiditätsengpasses benötigt worden. Eine Feststellung des Liquiditätsengpasses lediglich in Höhe von 2.000,00 € sei daher aus diesem Grunde nicht nachvollziehbar.
Die Klägerin beantragt,
den Schlussbescheid des Beklagten vom 18. Dezember 2021 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er macht geltend, dass der Bewilligungsbescheid nur einen vorläufigen Verwaltungsakt dargestellt habe. Daher habe erst der Schlussbescheid die Höhe der Soforthilfe endgültig bestimmt. Die Voraussetzungen für den Erlass eines vorläufigen Verwaltungsaktes lägen vor. Es habe eine Ungewissheit hinsichtlich der Höhe der zu gewährenden Soforthilfe bestanden. Diese habe sich nämlich entsprechend den Vorgaben des Bundes nach der Höhe des zum Beginn des Förderungszeitraums noch ungewissen Liquiditätsengpasses bemessen sollen.Die Vorläufigkeit der Bewilligung sei auch hinreichend bestimmt zum Ausdruck gekommen. Sie ergebe sich schon zwingend aus den Regelungen des Bewilligungsbescheides selbst. Bereits durch den in Ziffer 1. enthaltenen Begriff der "Pauschale" habe sich die Vorläufigkeit aufdrängen müssen. Die Verwendung des Begriffes "Pauschale" trage dem Umstand Rechnung, dass die Höhe der einem Antragsteller zustehenden Soforthilfe im Zeitpunkt der Bewilligung ungewiss gewesen sei. Die Vorläufigkeit der Bewilligung habe sich den Empfängern auch deshalb aufdrängen müssen, weil Beträge von 9.000, 15.000 und 25.000 Euro den wirtschaftlichen Verhältnissen und den pandemiebedingten Risiken in dieser Höhe schlichtweg nicht gerecht werden könnten. Jedem Verständigen müsse klar sein, dass das Land die zur Verfügung stehenden Gelder nicht unter Außerachtlassung des tatsächlich eingetretenen Bedarfs gewähren dürfe. Das Rückmeldeverfahren habe erwartungsgemäß ergeben, dass unzählige Antragsberechtigte trotz Vorliegens der formulierten Antragsvoraussetzungen ihre wirtschaftliche Tätigkeit ohne bzw. ohne gravierende Einschränkungen hätten fortführen können. Auch mit Blick auf die in Ziffern 2. und 3. enthaltenen Bestimmungen zum Zuwendungszweck und zum Bewilligungszeitraum habe sich die Vorläufigkeit der Bewilligung aufgedrängt. Wäre der Bewilligungsbescheid kein vorläufiger Verwaltungsakt, wären derartige Bestimmungen obsolet. Auch der in Ziffer II. 3 enthaltene Passus, dass zu viel gezahlte Mittel zurückzuerstatten seien, belege die Vorläufigkeit der Bewilligung.
Abgesehen davon ergebe sich auch aus dem "Eckpunkte"-Papier vom 23. März 2022 und den "Kurzfakten" zum Bundesprogramm vom 30. März 2022 eindeutig, dass die Bewilligung vorläufiger Natur und zu viel gezahlte Beträge zurückzuerstatten seien. Ergänzend sei auf die mit Wirkung zum 27. März 2020 erlassene Soforthilferichtlinie vom 31. Mai 2020 abzustellen. Dieser sei eindeutig zu entnehmen, dass die Bewilligung der Soforthilfe nur vorläufig erfolgt sei. Ihr rückwirkender Erlass verstoße nicht gegen das Rückwirkungsverbot. Die Lesart des Beklagten werde zudem dadurch gestützt, dass über 99% der Soforthilfeempfänger diese Sichtweise geteilt und gegen die Schlussbescheide keine Klage erhoben hätten.
Die Feststellung des Liquiditätsengpasses und die damit einhergehende Festsetzung der NRW-Soforthilfe seien im Übrigen entsprechend seiner Verwaltungspraxis erfolgt. Diese habe er an den Vorgaben von Ziffer 5.3 Abs. 2 der nach aus den vorstehenden Gründen anwendbaren Soforthilferichtlinie ausgerichtet. Der hiernach maßgebliche Liquiditätsengpass der Klägerin ergebe sich nur in der festgesetzten Höhe. Irrelevant sei hingegen, ob im maßgeblichen Zeitraum ein Umsatzausfall vorgelegen habe. Ein solcher betreffe nur die Antragsvoraussetzungen, nicht aber die "Anspruchsvoraussetzungen / Höhe der Leistungen". Es komme insoweit nicht auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bewilligungsbescheides an, sondern allein auf die durch die Soforthilferichtlinie gesteuerte Verwaltungspraxis bis zum Erlass des Schlussbescheides. Da die Bewilligung der Höhe nach nur vorläufig erfolgt sei, bestehe auch kein Vertrauensschutz hinsichtlich der endgültigen Höhe der Soforthilfe und der Berechnungsgrundlage. Aufgrund der Formulierungen in dem Antragsformular, dass die Soforthilfe zur Überwindung der "existenzbedrohlichen Wirtschaftslage bzw. des Liquiditätsengpasses" gewährt werde, habe jedem objektiven Empfänger klar sein müssen, dass die Soforthilfe nicht dem Zweck dienen könne, den wirtschaftlichen "Status Quo" aufrechtzuerhalten. Von Umsatzausfällen sei auch im Antragsformular nur dort die Rede, wo es um die Antragsvoraussetzungen ginge. Auch die bereits erwähnten Verlautbarungen des Bundes brächten dies klar zum Ausdruck.
Gründe
Die Klage ist zulässig (dazu unter I.) und hat auch in der Sache Erfolg (dazu unter II.).
I.
Die Klage ist als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Var. 1 VwGO) statthaft. Denn die Klägerin begehrt mit der Aufhebung des streitbefangenen Schlussbescheids die Aufhebung eines Verwaltungsaktes. Dabei weist Ziffer 1. des Schlussbescheides mit der Feststellung der Höhe des Liquiditätsengpasses gegenüber der in Ziffer 2. erfolgten Festsetzung der Höhe der Soforthilfe keinen eigenständigen Regelungsgehalt auf. Nach der erkennbaren Regelungsabsicht des Beklagten dient die Feststellung des Liquiditätsengpasses allein der Berechnung der betragsmäßig gleichlautenden Festsetzung der Höhe der Soforthilfe. Erst in der Festsetzung der Höhe der Soforthilfe kommt das eigentliche Regelungsvorhaben des Beklagten zum Ausdruck, deren Höhe endgültig zu bestimmen.
Die Klägerin ist im Hinblick auf den angegriffenen Schlussbescheid auch klagebefugt (§ 42 Abs. 2 VwGO). Sie kann geltend machen, durch diesen in ihren Rechten verletzt zu sein. Für die Annahme der Klagebefugnis genügt bereits die schlüssige Rechtsbehauptung, durch einen Verwaltungsakt in eigenen Rechten verletzt zu sein. Ob dies hingegen tatsächlich der Fall ist, ist eine Frage der Begründetheit. Hiernach ergibt sich die Klagebefugnis bereits aus der Behauptung der Klägerin, dass es sich bei dem ursprünglichen Bewilligungsbescheid nicht bloß um einen vorläufigen Bescheid handelt. Damit stellt sie nämlich die Rechtsbehauptung auf, dass der angegriffene Schlussbescheid, der die Soforthilfe geringer als der Bewilligungsbescheid vom 30. März 2020 festsetzt, eine ihr mit diesem Bescheid bereits endgültig zugewiesene Rechtsposition ohne Rechtsgrundlage verkürzt.
II.
Die Klage ist auch begründet. Der angegriffene Schlussbescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Feststellung des Liquiditätsengpasses und der Festsetzung der Höhe der Soforthilfe (dazu unter 1.) als auch der Rückforderung der vermeintlich durch die Klägerin zu viel erhaltenen Soforthilfe (dazu unter 2.).
1.
Der Beklagte stützt die Festsetzung der Höhe der Soforthilfe zu Unrecht auf die Annahme, dass er der Klägerin die Soforthilfe in Höhe von 9.000,- € zunächst nur vorläufig und vorbehaltlich einer Schlussabrechnung bewilligt habe. Vielmehr handelt es sich bei dem streitgegenständlichen Bescheid um die nachträgliche Teilaufhebung einer mit dem Bewilligungsbescheid vom 30. März 2020 ohne einen solchen Vorbehalt gewährten Zuwendung, die nicht im vorliegend verfolgten Wege eines "Schlussbescheids" erfolgen durfte.
Die Möglichkeit, zunächst einen sogenannten vorläufigen Verwaltungsakt (besser: einen Verwaltungsakt, der eine vorläufige Regelung trifft) zu erlassen, der zu einem späteren Zeitpunkt durch einen abschließenden Verwaltungsakt ersetzt wird, ist allgemein anerkannt. Der Regelungsgehalt eines vorläufigen Bescheides im Zusammenhang mit der Bewilligung staatlicher Förderungsleistungen beschränkt sich darauf, dem Leistungsempfänger den Förderungsbetrag bis zur abschließenden Regelung des Sachverhaltes zuzuweisen. Dieser Vorbehalt schränkt die Bindungswirkung des Verwaltungsaktes in der Form ein, dass er sich auf andere Weise i. S. d. § 43 Abs. 2 VwVfG (NRW) erledigt, wenn er durch einen endgültigen Verwaltungsakt ersetzt wird. Der Vorbehalt ist damit unselbständiger Bestandteil der Hauptregelung des Ausgangsbescheides und betrifft dessen innere Wirksamkeit. Da dem Leistungsempfänger allein eine vorläufige Rechtsposition zugewiesen ist, muss sich die Schlussentscheidung nicht an den Voraussetzungen der §§ 48 f. VwVfG (NRW) messen lassen. Einer Aufhebung des (vorläufigen) Bewilligungsbescheides bedarf es folglich nicht.
Vgl. etwa BVerwG, Urteile vom 14. April 1983 - 3 C 8.82 -, BVerwGE 67, 99, zitiert nach juris Rn. 23 ff und Urteil vom 19. November 2009 - 3 C 7.09 -, BVerwGE 135, 238 - 247, Rn. 15 ff,; OVG NRW, Urteil vom 28. September 1990 - 15 A 708/88 -, NVwZ 1991, 588; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, 9. Aufl. 2018, VwVfG § 35 Rn. 245f. .
Die Vorläufigkeit eines Verwaltungsaktes ebenso wie deren Umfang muss sich aus diesem selbst ergeben. Der Vorbehalt muss dabei, schon um dem in § 37 Abs. 1 VwVfG NRW zum Ausdruck kommendem Bestimmtheitsgebot zu genügen, eindeutig gefasst sein. Dies kann ausdrücklich oder in sonstiger unmissverständlicher Weise erfolgen. Wird ein Verwaltungsakt nicht hinreichend deutlich unter Vorbehalt gestellt, ist von einer endgültigen Regelung auszugehen, auch weil bei Auslegung eines Verwaltungsaktes Unklarheiten zu Lasten der Behörde gehen.
Vgl. Stelkens, a. a. O, § 35 Rn. 247, u. a. unter Hinweis auf namentlich OVG NRW, Urteil vom 28. September 1990, a. a. O.
Insbesondere die in § 165 Abs. 1 Satz 3 AO, § 41a Abs. 2 Satz 1 SGB II und § 328 Abs. 1 Satz 2 SGB III getroffenen Regelungen bieten Anhalt für die Konkretisierung der Bestimmtheitsanforderungen. Die genannten Vorschriften betreffen spezialgesetzlich Konstellationen, in denen ein vorläufiger Verwaltungsakt ergehen darf, und verlangen, dass Umfang bzw. Grund und Umfang der Vorläufigkeit in dem entsprechenden Bescheid anzugeben sind. Diese Vorgaben lassen sich als Ausdruck von allgemein für den Erlass eines vorläufigen Verwaltungsaktes geltenden Anforderungen auffassen.
Eine vom ursprünglichen Bescheid abweichende Regelung in einem diesen ersetzenden Schlussbescheid kommt im Übrigen nur in Betracht, wenn und soweit sie aus den Gründen ergeht, wegen derer die frühere Regelung unter Vorbehalt gestellt wurde.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 19. November 2009, a. a. O, Rn. 17 sowie OVG NRW, Urteil vom 28. September 1990, a. a. O., (S. 589).
Eine Behörde darf vorbehaltlich spezialgesetzlicher Ermächtigungen eine Regelung in einem Verwaltungsakt nicht nach Belieben nur vorläufig treffen, sondern nur, wenn ihr eine bestehende Ungewissheit hierzu sachlichen Grund gibt. Das ist bei einer tatsächlichen Ungewissheit nur dann der Fall, wenn sie Umstände betrifft, die erst künftig eintreten.
BVerwG, Urteil vom 19. November 2009, a. a. O. Rn. 21.
Das Vorliegen einer solchen Ungewissheit ist aber nur Voraussetzung dafür, einen vorläufigen Verwaltungsakt erlassen zu dürfen. Es besagt hingegen nicht, dass eine Regelung auch tatsächlich unter dem Vorbehalt einer abschließenden Regelung getroffen wurde. Einer solchen Unsicherheit kann ggf. auch mit anderen Instrumenten wie z.B. einem Widerrufsvorbehalt (vgl. § 36 Abs. 2 Nr. 3 VwVfG NRW) begegnet werden. Ob eine Leistungsbewilligung ggf. unter dem Vorbehalt einer abschließenden Regelung oder einem Widerrufsvorbehalt steht, unterliegt der Würdigung des jeweiligen Einzelfalles. Für den Vorbehalt einer abschließenden Regelung kann dabei sprechen, dass der Förderbescheid die endgültige Höhe in jedem Fall variabel hält. In diesem Fall muss der Leistungsempfänger nämlich in jedem Fall mit einer späteren Festsetzung des Förderungsbetrages rechnen. Bei einer vorbehaltlosen Förderung darf er hingegen davon ausgehen, dass der Widerrufsfall nur bei atypischem Geschehensablauf eintritt und die Ausübung eines Widerrufes auch dann nicht zwingend ist.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Januar 2019 - 10 C 5.17 -, juris Rn. 26.
Maßgebend für die Auslegung eines Verwaltungsakts einschließlich entsprechender Nebenbestimmungen ist dabei analog der §§ 133, 157 BGB nicht der innere Wille der Behörde, sondern der im Verwaltungsakt zum Ausdruck kommende erklärte Wille, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Unklarheiten gehen zu Lasten der Verwaltung. Maßgeblicher Auslegungszeitpunkt ist der Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes.
BVerwG, Urteil vom 15. März 2017 - 10 C 1.16 -, juris Rn. 14; Stelkens in: Stelkens/Bonk/Sachs, 9. Aufl. 2018, VwVfG § 35 Rn. 71.
Neben dem Inhalt des Bewilligungsbescheides sowie des Antragsformulars können auch weitere Erkenntnisse den auslegungsrelevanten Empfängerhorizont des Leistungsempfängers beeinflussen und damit für die Auslegung des Bescheides relevant werden. Dabei kann allerdings nur auf solche Quellen - namentlich behördliche Verlautbarungen - abgestellt werden, die zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des in Rede stehenden Bewilligungsbescheides bereits veröffentlicht waren und daher dem Leistungsempfänger bekannt oder zumindest für ihn erkennbar waren. Nicht nach außen kundgetane Vorbehalte sind unerheblich.
Zu den für den Empfängerhorizont besonders relevanten Informationsquellen zählen vorliegend die auf der Antragsplattform des Beklagten bereitgestellten "FAQ". Denn mittels dieser Informationen hat der Beklagte als Zuwendungsgeber über das federführende Landeswirtschaftsministerium den Zuwendungsempfängern gegenüber unmittelbar Voraussetzungen und Verfahren des Soforthilfeprogramms kommuniziert. Etwaigen Verlautbarungen von Ministerien des Bundes kommt kein gleiches Gewicht zu, weil und soweit sie nicht zwischen Zuwendungsgeber und Zuwendungsempfänger kommuniziert wurden. Ein verständiger Empfänger in der Situation des Antragstellers darf auf die in den FAQs des Zuwendungsgebers bestimmten Maßgaben in aller Regel vertrauen. Er muss nicht ergänzend schwerer greifbare Bundesquellen sichten und auf etwaige Widersprüche zu den Verlautbarungen des Zuwendungsgebers überprüfen.
Völlig unerheblich für die Bestimmung des Bescheidinhaltes ist der vom Beklagten angeführte Umstand, dass sich gemessen an der Gesamtzahl der Soforthilfeleistungsempfänger nur ein verhältnismäßig geringer Teil gerichtlich gegen die Schlussbescheide zur Wehr gesetzt hat. Der objektive Empfängerhorizont wird hierdurch in keiner Weise tangiert. Es liegt im Übrigen auf der Hand, dass viele Empfänger, zumal in einer wirtschaftlichen Notlage, das mit einer Klage einhergehende Prozesskostenrisiko gescheut haben. Dies gilt umso mehr, als sie insbesondere aufgrund der vom Beklagten in den gegen die E-Mails zum eingeforderten Rückmeldeverfahren gerichteten Klageverfahren verfolgten Praxis der Beauftragung der Prozessbevollmächtigten damit rechnen mussten, dass er sich - wie zum Teil auch geschehen - erneut verfahrenskostenintensiver anwaltlicher Hilfe bedienen würde. Entsprechendes gilt für den Einwand des Beklagten, dass im Rückmeldeverfahren über 60.000 Soforthilfeempfänger freiwillig erklärt hätten, mangels eines Liquiditätsengpasses auf die Zuwendung zu verzichten, zumal auf der Hand liegt, dass zahlreiche Zuwendungsempfänger diese Erklärung abgegeben haben, weil sie auf ein rechtmäßiges Verhalten des an Recht und Gesetz gebundenen Beklagten vertraut haben.
Ähnlich VG Köln, Urteil vom 16. September 2022 - 16 K 125/22 -, juris Rn. 103.
Nach den dargelegten Maßstäben vermag die Kammer die Vorläufigkeit der ursprünglichen Bewilligung nicht festzustellen (dazu unter a). Selbst wenn man aber davon ausginge, dass der Beklagte die Bewilligung in bestimmten Umfang unter den Vorbehalt einer vorläufigen Regelung gestellt hat, wäre der Vorbehaltsfall nicht eingetreten (dazu unter b.).
a)
Der Beklagte sieht im Einklang mit der von ihm angeführten Ziffer 5.3 der Soforthilferichtlinie eine zum Erlass eines vorläufigen Verwaltungsaktes berechtigende Ungewissheit in der Höhe des aus seiner Sicht für die abschließende Festsetzung der Höhe der Soforthilfe maßgeblichen Liquiditätsengpasses. In Anlehnung an diese Bestimmung behauptet er, die Soforthilfebewilligung vom 30. März 2020 habe unter dem Vorbehalt gestanden, dass die Höhe der Soforthilfe in jedem Fall nach Durchführung eines obligatorischen Rückmeldeverfahrens auf Grundlage der Berechnung des Liquiditätsengpasses abschließend festzusetzen gewesen sei. Für einen solchen Vorbehalt geben indes weder der Bewilligungsbescheid noch die zu dessen Auslegung aus objektiver Empfängersicht heranzuziehenden Informationsquellen etwas her.
Dass die vom Beklagten angeführte Soforthilferichtlinie vom 31. Mai 2020 unter Ziffer 5.3 ein obligatorisches Rückmeldeverfahren einschließlich entsprechender Rückzahlungsverpflichtungen der Leistungsempfänger vorsieht und damit die Vorläufigkeit der Bewilligung offensichtlich voraussetzt, ist für die Bestimmung des Regelungsgehalts des Bewilligungsbescheids vom 30. März 2020 nicht maßgeblich. Die Soforthilferichtlinie gehört nicht zum insoweit auslegungsrelevanten Empfängerhorizont, weil sie erst mehr als zwei Monate nach Erlass des Bewilligungsbescheids veröffentlicht wurde. Die Ausführungen des Beklagten zur rückwirkenden Anwendbarkeit der Soforthilferichtlinie gehen an diesem Ansatz vorbei. Es handelt sich bei ihr im Übrigen nicht um eine unmittelbar im Außenverhältnis zum Zuwendungsempfänger relevante Rechtsnorm, sondern um eine zunächst nur nach innen wirkende Handlungsanweisung des federführenden Landeswirtschaftsministeriums gegenüber den ihm nachgeordneten Bezirksregierungen.
Allein aus dem Umstand, dass angesichts der Unklarheiten, in welcher Höhe sich ein Liquiditätsengpass bei den jeweiligen Antragsstellern ergeben würde, eine vorläufige Bewilligung der Soforthilfen hätte erfolgen können, folgt aus den vorstehenden Erwägungen nicht, dass der Beklagte die Soforthilfebewilligung auch unter einen entsprechenden Vorbehalt gestellt hat. Die Vorläufigkeit ergibt sich weder unmittelbar aus dem Bescheid selbst noch aus den weiteren den auslegungsrelevanten Empfängerhorizont bestimmenden Umständen. Entgegen der Darstellung des Beklagten bewirken diese keineswegs, dass sich die Vorläufigkeit der Bewilligung "jedem Verständigen" "hätte aufdrängen müssen" bzw. "hätte klar sein müssen". Im Gegenteil fehlt es hierfür an tragfähigen Anhaltspunkten.
Im Sprachgebrauch des Bewilligungsbescheids vom 30. März 2020 findet der vom Beklagten behauptete Vorbehalt der Vorläufigkeit nicht einmal andeutungsweise Ausdruck. Namentlich die Überschrift des Bescheides, der Bewilligungstenor unter Ziffer 1. und die übrigen (Neben-)Bestimmungen enthalten keine entsprechenden Formulierungen. Für einen vorläufigen Verwaltungsakt typische Wendungen wie "Vorläufige Bewilligung", "Ich bewillige Ihnen folgende Leistungen vorläufig", "Dieser Bescheid ist (teilweise) vorläufig" etc. finden sich an keiner Stelle.
Vgl. insoweit auch VG Düsseldorf, Urteil vom 16. August 2022 - 20 K 7488/20 -, juris Rn. 104.
Das Fehlen jeglichen grammatikalischen Hinweises auf die Vorläufigkeit der Bewilligung steht der gebotenen Eindeutigkeit und Bestimmtheit eines solchen Vorbehalts entgegen. Es liegt sogar nahe, dass es sie bereits für sich gesehen ausschließt. Letztlich bedarf dies aber keiner abschließenden Entscheidung. Denn auch dem übrigen Inhalt des Bescheides und den zu dessen Auslegung heranzuziehenden Informationsquellen lässt sich nichts für die Vorläufigkeit der Bewilligung entnehmen.
Dass der Klägerin die Auszahlung einer einmaligen "Pauschale" in Höhe von 9.000,- € bewilligt wurde, lässt keinen Schluss darauf zu, dass die Bewilligung zunächst nur vorläufig erfolgt ist. Der allgemeine Zweck von Pauschalisierungen, exakte Berechnungen zu vermeiden, legt eher das Gegenteil nahe. Unter einer Pauschale wird im allgemeinen Sprachgebrauch ein Geldbetrag verstanden, durch den eine Leistung, die sich aus verschiedenen einzelnen Posten zusammensetzt, ohne Spezifizierung abgegolten wird,
vgl. nur: https://www.duden.de/rechtschreibung/Pauschale.
Ein Vorbehalt der späteren Spezifizierung ist dem Begriff der Pauschale nicht zu eigen. Vielmehr hat die Pauschalisierung in vielen Fällen endgültigen Charakter.
Der vom Beklagten angeführte mehrmonatige Bewilligungszeitraum ist ebenfalls kein Indiz für eine bloß vorläufige Regelung. Die Festlegung von solchen Zeiträumen gehört zum Standard von Subventionsverfahren. Sie dient zunächst nur der Definition der Zuwendung und ihres Zwecks durch Zuordnung zu dem bestimmten Zeitraum. Nach der Erfahrung der Kammer finden sich derartige Bestimmungen in einer Vielzahl eindeutig nicht vorläufiger Subventionsbewilligungen. Sie sind oftmals mit einer Pflicht zur Vorlage von Verwendungsnachweisen verknüpft, deren Nichterfüllung einen späteren Widerruf einer - endgültigen - Bewilligung ermöglicht.
Ebenso wenig rechtfertigt die Zweckbestimmung in Ziffer 2. des Bewilligungsbescheides die Annahme eines Vorbehalts der Vorläufigkeit. Entsprechende Zweckbestimmungen finden sich vor dem Hintergrund, dass die einschlägigen Haushaltsordnungen des Bundes bzw. der Länder (vgl. jeweils §§ 23, 46) Zuwendungen außerhalb der Verwaltung nur für die Erfüllung eines bestimmten Zweckes zulassen, regelmäßig in Subventionsbescheiden. Sie dienen insbesondere dazu, eine zweckentsprechende Verwendung der Mittel sicherzustellen und bei zweckwidriger Verwendung den späteren Widerruf der - endgültigen - Bewilligung nach § 49 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwVfG NRW zu ermöglichen.
Vgl. in der Sache übereinstimmend: Stelkens a. a. O., § 36 Rn. 102 und Tiedemann in: BeckOK-VwVfG, 56. Aufl. Stand: 1.7.2022, § 36 Rn. 75
Auch der "Nebenbestimmung" in Ziffer 3. des Bewilligungsbescheides lässt sich die Vorläufigkeit der Bewilligung nicht entnehmen. Ziffer 3. bestimmt eine Rückzahlungspflicht, wenn die dort genannten Voraussetzungen vorliegen, also wenn kumulativ die bewilligte Finanzhilfe höher ist als der Umsatzausfall abzüglich eingesparter Kosten und die Mittel nicht vollständig zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz bzw. Ausgleich eines Liquiditätsengpasses benötigt werden.
Dass diese "Nebenbestimmung" Ausdruck einer Ungewissheit ist, die sachlichen Grund für einen Vorbehalt der Vorläufigkeit bieten könnte, besagt nach den oben genannten Maßstäben nicht, dass die Bewilligung tatsächlich unter einen solchen Vorbehalt gestellt wurde. Nach diesen Maßstäben stellt die fragliche Ziffer, sofern es sich überhaupt um eine Nebenbestimmung im Rechtssinne mit Regelungsgehalt und nicht um einen bloßen Hinweis etwa auf die Möglichkeit eines Widerrufs handelt, allenfalls einen Widerrufsvorbehalt dar.
Die Klägerin musste aufgrund des Wortlautes der Bestimmung und den übrigen für sie erkennbaren Umständen nicht damit rechnen, dass in jedem Fall ein Rückmeldeverfahren durchgeführt und die Höhe der Förderung anschließend endgültig festgesetzt würde. Vielmehr durfte sie davon ausgehen, dass die in der Bestimmung beschriebene Rückzahlungsverpflichtung nur im dort definierten (Ausnahme-)Fall zum Tragen kommt.
Die an den jeweiligen Adressaten persönlich gerichtete Bestimmung, "Sollten Sie [...] feststellen, dass [...]" beinhaltet dem Wortsinn nach zunächst nur eine von einer Feststellung des Zuwendungsempfängers abhängige Rückzahlungsverpflichtung, wobei die Anknüpfung an die Feststellung durch den Zuwendungsempfänger selbst eher einen appellativen als einen zwingenden Charakter der "Überprüfung" andeutet. Dass eine solche Feststellung im Rahmen eines für jeden Zuwendungsempfänger obligatorischen Abrechnungsverfahrens zur erst dann vorgesehenen Bestimmung der endgültigen Höhe der Zuwendung erfolgen sollte, findet in der Formulierung der Ziffer 3 keine Stütze. Besonders deutlich wird dies im Vergleich mit den in Ziffer 5.3 der - aus den genannten Gründen nicht maßgeblichen - späteren Soforthilferichtlinie getroffenen Bestimmungen. Hiernach ist u.a. bestimmt, dass "jeder Leistungsempfänger [...] verpflichtet sei, [...]. eine Abrechnung [...] anzufertigen und ihr Ergebnis [...] einzureichen" und dass hinsichtlich Soforthilfen, die "nicht oder nur teilweise durch Deckung des [...] Liquiditätsengpasses verwendet wurden", eine Rückzahlung zu veranlassen sei. Diesen Bestimmungen ließe sich der vom Beklagten behauptete Vorbehalt einer vorläufigen Regelung entnehmen. Die Formulierung der Ziffer 3. des Bewilligungsbescheides hat nach dem zuvor Gesagten indes mit den besagten Bestimmungen der Soforthilferichtlinie nichts gemein.
Hinzu kommt, dass die Bestimmung die Rückzahlungsverpflichtung grammatikalisch ("Sollten Sie") und in Würdigung des Zwecks der Soforthilfe an den Eintritt eines atypischen Geschehensablaufs knüpft, der im Verhältnis zum im Bewilligungsverfahren angenommenen Regelfall eine Ausnahme darstellt. Bei der Bewilligung der Soforthilfen wurde nämlich vorausgesetzt, dass die Antragsteller durch die pandemiebedingten Einschränkungen wesentlich in ihrer wirtschaftlichen Tätigkeit beeinträchtigt wurden (vgl. Ziffer 6.1 des Antragsformulars) bzw. in "wirtschaftliche Schwierigkeiten" geraten waren (vgl. Antwort zur Frage "Was wird gefördert?" in den "FAQ"). Es wurde aufgrund entsprechender Versicherungen der Antragsteller in den Anträgen zugrunde gelegt, dass diese Voraussetzungen die Folge von gravierenden (mindestens hälftigen) Umsatzeinbußen oder massiven Einschränkungen der Betätigung im Zusammenhang mit behördlichen Infektionsschutzmaßnahmen waren. Der die Rückzahlungsverpflichtung nach Ziffer 3 des Bewilligungsbescheids auslösende Tatbestand, dass Hilfen über die Umsatzausfälle hinausgingen und nicht zur Existenzsicherung oder Beseitigung von Liquiditätsengpassen benötigt wurden, stellt sich damit als von den regelmäßig der Bewilligung zugrunde gelegten Annahmen abweichender Geschehensablauf dar.
Untermauert wird dieses Verständnis durch die in Ziffer 5. enthaltene Bestimmung, dass "im Einzelfall (Hervorhebung durch die Kammer) eine Überprüfung der Soforthilfen" vorbehalten werde. Die Formulierung besagt nämlich klar und eindeutig, dass eine Überprüfung der Mittelverwendung nur in bestimmten Fällen, nicht aber generell und schon gar nicht in Gestalt eines obligatorisch durchzuführenden Rückmeldeverfahrens erfolgen werde.
Einer vorläufigen Bewilligung unter dem Vorbehalt einer in einem solchen obligatorischen Verfahren nachzuweisenden Verwendung der Mittel, hier zur Deckung eines Liquiditätsengpasses, steht ferner durchgreifend entgegen, dass nach den "FAQ" eine Nachweispflicht für die Verwendung der Mittel gerade ausdrücklich nicht vorgesehen war. Dort heißt es nämlich auf die Frage: "Muss nachgewiesen werden wofür der Zuschuss eingesetzt wird?", "Nein, ein solcher Nachweis muss nicht erfolgen." Der vom Beklagten behauptete Vorbehalt der Vorläufigkeit läuft aber auf eben eine solche Nachweispflicht hinaus.
Die obligatorische Durchführung eines Rückmeldeverfahrens im Nachgang zu der Bewilligung ist in den "FAQ" auch sonst an keiner Stelle erwähnt. Die Antwort auf die Frage: "Wird geprüft, ob dem Antragsteller die Hilfe auch wirklich zugestanden hat und wenn nein, muss die Hilfe dann ggfls. zurückgezahlt werden?" untermauert im Gegenteil, dass keine generelle Prüfung durch die Bezirksregierungen vorgesehen war. Denn stattdessen wird lediglich auf die an die Steuererklärung der Antragsteller anknüpfende Möglichkeit einer Plausibilitätskontrolle durch die Finanzämter verwiesen. Im Übrigen heißt es nur, dass neben Fällen der täuschungsbedingten Erwirkung der Leistung eine Rückzahlung erfolgen müsse, wenn es zu "einer Überkompensation (z.B. durch Versicherungsleistungen oder andere Fördermaßnahmen)" gekommen sei. Einen Hinweis auf einen generellen Überprüfungsvorbehalt beinhaltet auch diese Formulierung nicht.
Der vom Beklagten behauptete Vorbehalt wird aus Sicht eines objektiven Empfängers zum Zeitpunkt der Bewilligung der Soforthilfe an die Klägerin am 30. März 2020 auch dadurch widerlegt, dass die "FAQ" im Zeitraum zwischen dem 29. und 31. März einen Passus enthielten, wonach bei Soloselbständigen, die pandemiebedingt ihr "regelmäßiges Gehalt nicht mehr erwirtschaften [...] (können), "die Soforthilfe auch dazu (diene), das eigene Gehalt und damit den Lebensunterhalt zu finanzieren". Mit diesem Zweck der Soforthilfe war nämlich der Vorbehalt eines auf Liquiditätsengpässe verengten, in jedem Fall obligatorischen Abrechnungsverfahrens im Sinne von Ziffer 5.3 der späteren Soforthilfe-Richtlinie nicht vereinbar.
Schließlich legt auch Ziffer 4. des Bewilligungsbescheides die Annahme nahe, dass Ziffer 3. eher als Hinweis auf die Möglichkeit eines Widerrufes zu verstehen ist. Die "Nebenbestimmung" in Ziffer 4. bezieht sich in den ersten beiden Varianten auf Fälle, in denen die Bewilligung aufgrund falscher oder unvollständiger Angaben erteilt wurde. Bei verständiger Würdigung kann dies als Hinweis auf die in §§ 48 ff. VwVfG NRW vorgesehene Möglichkeit aufgefasst werden, die Bewilligung im Einzelfall aufzuheben. Daneben sieht die Bestimmung im selben Satz als dritte Variante den Fall einer "Überkompensation" vor, der ebenfalls eine Rückerstattung zur Folge habe. Dafür, dass hiermit eine andere Konstellation gemeint sein könnte als in Ziffer 3. hinsichtlich einer Rückzahlungsverpflichtung, ist nichts ersichtlich. Im Gegenteil wird der Begriff der "Überkompensation" in den "FAQ" als ein Mehr an Zuwendung gegenüber dem Umsatzausfall definiert. Es widerspräche der inneren Logik der Bestimmung, im Hinblick auf die Fälle von falschen oder unvollständigen Angaben auf die Möglichkeit einer Rücknahme der Bewilligung zu verweisen, im Falle der Überkompensation hingegen einen im Verwaltungsverfahrensgesetz nicht ausdrücklich vorgesehenen Vorbehalt der Vorläufigkeit zu regeln. Vielmehr drängt es sich auf, die Bestimmung in Ziffer 4. einheitlich und damit auch bzgl. der "Überkompensation" als Hinweis auf die in §§ 48 f. VwVfG NRW vorgesehenen Ermächtigungen zur Aufhebung endgültiger Bewilligungsbescheide zu verstehen. Erhärtet wird dies dadurch, dass die Bestimmung hinsichtlich der Verzinsung auf § 49a Abs. 3 VwVfG NRW verweist.
b)
Selbst wenn man aber davon ausginge, dass der Bewilligungsbescheid - im nachfolgend näher bezeichneten Umfang - unter dem Vorbehalt einer abschließenden Regelung stand, würde dies an der Rechtswidrigkeit des streitigen Schlussbescheides nichts ändern.
Angesichts der bereits erwähnten strengen Anforderungen, die an die Bestimmtheit eines entsprechenden Vorbehaltes zu stellen sind, ließe sich die Unterstellung eines Vorbehalts einer vorläufigen Regelung allein an die Bestimmung in Ziffer 3. des Bewilligungsbescheides knüpfen. Im Übrigen gibt der Bewilligungsbescheid aus den zuvor bereits erwähnten Gründen für die Vorläufigkeit der Bewilligung nichts her. Aus der Anforderung, dass Grund und Umfang der Vorläufigkeit eindeutig bestimmt sein müssen, folgt zugleich, dass die Verwaltungsbehörde nur in dem Umfang zu einer ihre ursprüngliche Bewilligung ersetzenden Regelung befugt ist, in dem sie sich eine abschließende Regelung vorbehalten hat. Betrifft der Vorbehalt dabei die Höhe der Bewilligung, ist die Bewilligungsbehörde generell befugt, die Höhe der Förderung zu einem späteren Zeitpunkt abschließend festzulegen. Hat sie dabei aber im Bewilligungsbescheid bereits die für die abschließende Berechnung der Förderungshöhe maßgeblichen Parameter (zumindest grundlegend) bestimmt, muss die anschließende dem Schlussbescheid zugrunde liegende Berechnung der Förderhöhe diesen Parametern entsprechen. Dies ergibt sich schon daraus, dass die Bindungswirkung eines Bewilligungsbescheides im Falle eines vorläufigen Verwaltungsakts nur im Umfang des konkreten Vorbehaltes eingeschränkt ist. Hält die Bewilligungsbehörde diesen von ihr selbst durch einen entsprechenden Vorbehalt gesteckten Rahmen nicht ein, überschreitet sie die Befugnis zum Erlass einer abschließenden Regelung.
Ähnlich VG Düsseldorf, a. a. O, Rn. 107 ff.
So liegt der Fall - die Vorläufigkeit der Bewilligung unterstellt - hier. Der Beklagte hat die maßgeblichen Parameter für die abschließende Berechnung bereits im Bewilligungsbescheid festgelegt (dazu unter aa.). Die nachfolgende Schlussberechnung erfolgte indes nicht im Einklang mit diesen Parametern (dazu unter bb).
aa)
Die Bestimmung in Ziffer 3. sieht ihrem Wortlaut nach die Rückzahlungsverpflichtung für den Fall vor, dass die Finanzhilfe höher ist als der Umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter Kosten und (Hervorhebung durch die Kammer) die Mittel nicht (vollständig) zur Sicherung der wirtschaftlichen Existenz bzw. Ausgleich eines Liquiditätsengpasses benötigt werden. Nach diesem eindeutigen Wortlaut müssen die genannten tatbestandlichen Voraussetzungen für eine Rückzahlungsverpflichtung kumulativ vorliegen. Voraussetzung ist in jedem Fall, dass die Finanzhilfen höher sind als der Umsatzausfall abzüglich eingesparter Kosten.
Diese Annahme wird auch dadurch untermauert, dass sowohl im Antragsformular (vgl. Ziffer 6.11) als auch im Bewilligungsbescheid in Ziffer 4. sowie an verschiedenen Stellen in den "FAQ" die Rede davon ist, dass eine Rückzahlungsverpflichtung im Falle einer "Überkompensation" bestehe. In den "FAQ" wird eine Überkompensation ab der Version vom 27. März 2020 definiert als ein Mehr an Zuwendungen gegenüber dem "tatsächlich eingetretenen Schaden - also insbesondere dem durch die Corona-Krise eingetretenen Umsatzausfall abzüglich eventuell eingesparter Kosten (z.B. Mietminderung) [...]". Der hier relevante Begriff des Schadens, der nicht überkompensiert werden soll, wird damit eindeutig mit Umsatzausfällen gleichgestellt.
Die vom Beklagten angenommene Lesart, wonach die Rückzahlungsverpflichtung allein davon abhänge, ob die Finanzhilfen zur Deckung eines Liquiditätsengpasses verwendet wurden, findet hingegen in den für den Empfängerhorizont relevanten Umständen keine Stütze. Gegen diese Lesart spricht zudem, dass der Begriff "Liquiditätsengpass" im Rahmen des Bewilligungsverfahrens keinesfalls als alleine maßgebliches Kriterium für die Höhe der Bewilligung zum Ausdruck gekommen ist.
So legt es die Formulierung der Zweckbestimmung in Ziffer 2. des Bewilligungsbescheides, dass die Soforthilfe insbesondere zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen diene, nahe, dass diese auch für andere nicht näher bestimmte Zwecke verwendet werden durfte. Hierzu passt der Hinweis in den "FAQ", dass ein Verwendungsnachweis nicht erbracht werden müsse. Dass die Soforthilfe hingegen ausschließlich zur Deckung eines Liquiditätsengpasses hätte verwendet werden dürfen, ist mit der vorgenannten Zweckbestimmung nicht in Einklang zu bringen und musste von den Leistungsempfängern auch nicht angenommen werden.
Die Rechtsbehauptung des Beklagten wird ferner dadurch widerlegt, dass sowohl im Antragsformular unter Ziffer 6.1 als auch in den "FAQ" zu der Frage: "Was wird gefördert?" ein Liquiditätsengpass, wie er in der Formulierung "[... ] - vorhandene Mittel nicht ausreichen, um kurzfristigen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen" zum Ausdruck kommen könnte, nur als eine von vier mit der Konjunktion "oder" verbundenen Varianten auftaucht, in denen eine Soforthilfe bewilligt wird. Die weiteren Varianten stellten hingegen insbesondere auf gravierende Umsatzausfälle oder massive Einschränkungen der Umsatzerzielungsmöglichkeiten ab. Dass dann aber schlussendlich alleine die Höhe eines Liquiditätsengpasses für die Höhe der Soforthilfe maßgeblich sein soll, muss sich keineswegs aufdrängen, sondern setzt sich in Widerspruch zu den für die Bewilligung maßgeblichen Vorgaben.
Die vom Beklagten des Weiteren zur Untermauerung seiner Position angeführte Soforthilferichtlinie ist aus den zuvor bereits erläuterten Gründen ohne Belang. Soweit sich dem vom Beklagten angeführten Kurzfakten-Papier des Bundeswirtschaftsministeriums vom 30. März 2020 etwas zugunsten seiner Position entnehmen lassen könnte, tritt dies nach den oben dargelegten Maßstäben jedenfalls gegenüber dem eindeutigen Inhalt des Antragsformulars und des Bewilligungsbescheides sowie den "FAQ" des Landeswirtschaftsministeriums zurück.
bb)
Die vom Beklagten vorgenommene Schlussabrechnung entspricht nicht dem so definierten unterstellten Vorbehalt.
Der Beklagte hat zur Berechnung der abschließenden Höhe der Soforthilfe eine Differenz aus den tatsächlichen fortlaufenden Einnahmen aus dem Geschäftsbetrieb und den tatsächlich laufenden, erwerbsmäßigen Sach- und Finanzausgaben während des Bewilligungszeitraumes gebildet. Die Höhe der Soforthilfe beläuft sich hiernach auf den negativen Betrag dieser Differenz und entspricht dem so definierten Liquiditätsengpass.
Damit orientiert sich die Abrechnung nicht einmal ansatzweise am maßgeblichen Parameter des Umsatzausfalls.
Vgl. im Einzelnen VG Düsseldorf, Urteil vom 16. August 2022, a. a. O.
2.
Angesichts der Rechtswidrigkeit der abschließenden Festsetzung der Soforthilfe ist auch das auf analog § 49a Abs. 1 VwVfG NRW gestützte Rückzahlungsverlangen des Beklagten hinfällig.
III.
Die Kostentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, § 709 der Zivilprozessordnung. Die Zulassung der Berufung beruht auf § 124a Abs. 1 Satz 1, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO. Die Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, weil sich in entscheidungserheblicher Weise Tatsachenfragen stellen, die bisher in der obergerichtlichen Rechtsprechung nicht geklärt sind, und weil sich diese Tatsachenfragen gleichermaßen in einer Vielzahl weiterer Verfahren stellen, die an allen Verwaltungsgerichten des Landes Nordrhein-Westfalen anhängig sind.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen in Münster zu.
Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich bei dem Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Bahnhofsvorplatz 3, 45879 Gelsenkirchen, einzulegen und muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Die Begründung ist, wenn sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, schriftlich einzureichen.
Auf die unter anderem für Rechtsanwälte, Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts geltende Pflicht zur Übermittlung von Schriftstücken als elektronisches Dokument nach Maßgabe der §§ 55a, 55d Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - und der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV -) wird hingewiesen.
Im Berufungsverfahren muss sich jeder Beteiligte durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Berufung. Der Kreis der als Prozessbevollmächtigte zugelassenen Personen und Organisationen bestimmt sich nach § 67 Abs. 4 VwGO.