Anlagerecht: Zum Schadensersatzanspruch wegen der Ausgabe wertloser Aktien
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§ 513 II ZPO und § 545 II ZPO finden Anwendung, wenn die Frage der örtlichen Zuständigkeit des Erstgerichts nicht von denselben Voraussetzungen abhängt, die für die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte maßgebend sind.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht ihres Bruders von den Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb von Aktien der ES AG, einer nicht börsennotierten Schweizer Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz.
Geschäftsgegenstand der ES AG, die 22 Millionen Namensakten zu einem Nennwert von 0,01 Schweizer Franken herausgegeben hatte, war das Factoring. Aus dem operativen Geschäft erzielte sie ausweislich ihrer Bilanzen verhältnismäßig geringe Erlöse, denen Ausgaben unter anderem für Dienstleistungen und Beratungen gegenüberstanden. Der Großteil der Umsätze erfolgte durch den Verkauf ihrer eigenen Aktien sowie der Aktien ihrer Hauptaktionärin, der I. SA mit Sitz auf den Bahamas, die 62 % der Aktien der ES AG hielt. Die Aktien wurden von bei der ES AG angestellten Telefonverkäufern unter anderem in Deutschland über eine unselbständige Niederlassung in Düsseldorf an Privatanleger veräußert. Ein Wertpapierprospekt stand auf der Webseite der ES AG zum Download bereit. In gedruckter Form wurde der Prospekt potentiellen Anlegern nur auf Anforderung übersandt.
Der Beklagte zu 1 war vom 8. November 2004 bis zum 18. Februar 2010 Mitglied des Verwaltungsrates und Geschäftsführer der ES AG. Der Beklagte zu 2 war vom 8. November 2004 bis zum 27. November 2008, nach dem Vortrag der Klägerin bis zum 5. Januar 2009, Präsident des Verwaltungsrates der ES AG, der gemäß Ziffer 4.1 des Organisationsreglements die Oberaufsicht über die mit der Geschäftsführung betrauten Personen, namentlich im Hinblick auf die Befolgung der Gesetze, Statuten, Reglemente und Weisungen hatte und der gemäß dem Anhang des Organisationsreglements für die Marketing- und Verkaufspolitik im Sinne einer Gesamtverantwortung zuständig war.
Der Zedent erwarb zwischen dem 28. November 2006 und dem 5. August 2009 insgesamt 20.000 Namensaktien für zusammen 61.000 €. Die Aktienkäufe erfolgten jeweils nach Telefonaten zwischen dem Zedenten und einem Mitarbeiter der Zweigniederlassung der ES AG in Düsseldorf. Die Zahlungen leistete der Zedent von seinem in Deutschland geführten Konto auf ein ebenfalls in Deutschland geführtes Konto der ES AG. Am 18. Juni 2010 wurde über das Vermögen der ES AG das Insolvenzverfahren eröffnet. Die von dem Ze-denten gezeichneten Aktien sind wertlos.
Die Klägerin macht geltend, der Beklagte zu 1 habe die Telefonverkäufer angewiesen, Kaufinteressenten durch unrichtige Angaben über die Umsätze und Gewinne sowie einen geplanten Börsengang der ES AG zu täuschen. Über die Risiken der Anlage sei der Zedent nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Ihm seien bei der telefonischen Beratung falsche Angaben über die Umsätze und Gewinne aus dem operativen Geschäft gemacht worden, die durch Pressemitteilungen und Newsletter der ES AG gestützt worden seien. Die Telefonverkäufer hätten zu den Erträgen der ES AG nicht klar genug dargestellt, dass aus dem operativen Geschäft praktisch keine Einnahmen erfolgten und dass die in der Bilanz ausgewiesenen Gewinne überwiegend aus dem Verkauf der eigenen Aktien resultierten. Der Beklagte zu 2 hätte für eine ordnungsgemäße Aufklärung interessierter Anleger Sorge tragen und den Beklagten zu 1 entsprechend überwachen müssen.
Das Landgericht hat den Beklagten zu 1 antragsgemäß u.a. zum Ersatz des Anlagebetrages verurteilt und die Klage gegen den Beklagten zu 2 abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Auf die Berufung des Beklagten zu 1 hat das Oberlandesgericht auch die gegen ihn gerichtete Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folge aus Art. 5 Nr. 3 LugÜ, weil der Erfolgsort in Deutschland liege. Die örtliche Zuständigkeit könne in der Berufungsinstanz gemäß § 513 Abs. 2 ZPO nicht geprüft werden. Deutsches Recht sei gemäß Art. 40 Abs. 1 EGBGB anwendbar.
Der Klägerin stehe kein Anspruch aus § 826 BGB aus abgetretenem Recht zu. Eine Haftung des Beklagten zu 1 ergebe sich nicht daraus, dass er ein von vornherein chancenloses Geschäftsmodell zum ausschließlich eigenen Vorteil hätte vertreiben wollen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme könne nicht davon ausgegangen werden, dass die ES AG von vornherein ausschließlich dazu bestimmt gewesen sei, ihre eigenen Aktien oder die Aktien des verbundenen Großaktionärs an Anleger zu vermitteln, ohne das satzungsgemäß vorgesehene Geschäft des Factorings zu betreiben. Ausweislich der Umsatzzahlen seien tatsächlich Einnahmen aus Factoring erzielt worden. Die geringe Höhe lasse sich damit erklären, dass die ES AG noch am Beginn ihrer Geschäftstätigkeit gestanden habe und das Eintreiben von abgetretenen Forderungen eine gewisse Zeit beanspruche.
Eine Haftung ergebe sich auch nicht aus einem Unterlassen der gebotenen Aufklärung über die Anlagegeschäfte. Bei dem Erwerb der Aktien der ES AG habe es sich nicht um ein hochspekulatives Geschäft gehandelt. Auf die mit dem Geschäft verbundenen Risiken sei in dem von der ES AG auf ihrer Webseite veröffentlichten Wertpapierprospekt umfassend hingewiesen worden. Selbst wenn dies nicht ausreichend sei, läge allenfalls ein Verstoß gegen vertragliche Pflichten vor, nicht hingegen ein Verstoß gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, zumal die von der ES AG gewählte Art der Publikation den Vorgaben von § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 WpPG entsprochen habe.
Es sei auch nicht bewiesen, dass der Beklagte zu 1 auf die Telefonverkäufer direkt oder indirekt über den Leiter der örtlichen Niederlassung oder über die für das Marketing zuständigen Mitarbeiter eingewirkt habe, um die Anleger zu täuschen. Im Übrigen sei die Kausalität eines unterstellt sittenwidrigen Handelns oder Unterlassens des Beklagten zu 1 für den von der Klägerin geltend gemachten Schaden nicht festzustellen.
Der Beklagte zu 2 hafte nicht für eigenes Handeln. Auch könne nicht festgestellt werden, dass er in sittenwidriger Weise vorsätzlich durch Unterlassen eine Pflicht verletzt habe, die aufgrund des Organisationsreglements aus seiner Oberaufsicht über die mit der Geschäftsführung betrauten Personen, namentlich im Hinblick auf die Befolgung der Gesetze, Statuten, Reglemente und Weisungen oder aus seiner Gesamtverantwortung für die Marketing- und Verkaufspolitik folge. Wenn dies nicht einmal für den Beklagten zu 1 als geschäftsführendem Mitglied des Verwaltungsrats bewiesen sei, gelte das für den Beklagten zu 2 erst recht.
Die Revision hat Erfolg.
Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bejaht, die auch im Revisionsrechtszug von Amts wegen zu prüfen ist. Diese Zuständigkeit besteht nach Art. 5 Nr. 3 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen, geschlossen in Lugano am 30. Oktober 2007, ABl. EU L 339 S. 3, nachfolgend LuGÜ II). Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist die Wendung "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist" in Art. 5 Nr. 3 EuGVVO a.F. so zu verstehen, dass sie sowohl den Ort des ursächlichen Geschehens als auch den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs meint.
Für die internationale Zuständigkeit kann offenbleiben, ob der Handlungsort in Deutschland liegt, da nach dem schlüssigen Vortrag der Klägerin jedenfalls der Erfolgsort in Deutschland liegt. Denn danach ist der Vermögensschaden des Zedenten, den sie mit der Klage ersetzt verlangt, an dem Guthaben auf dessen Girokonto bei einem Kreditinstitut in Deutschland eingetreten, von dem er infolge der von den Beklagten zu verantwortenden Täuschung das angelegte Kapital auf ein Konto der ES AG bei einem Kreditinstitut in Deutschland überwiesen hat.
Ohne Erfolg macht die Revisionserwiderung geltend, das Berufungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass ihm die Prüfung der örtlichen Zuständigkeit gemäß § 513 Abs. 2 ZPO verwehrt sei.
Nach § 513 Abs. 2 ZPO kann die Berufung nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Ob dies vorliegend der Fall ist, ist einer revisionsrechtlichen Überprüfung entzogen, denn gemäß § 545 Abs. 2 ZPO kann die Revision nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat. Demgemäß findet in der Revisionsinstanz eine Prüfung der örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts grundsätzlich auch dann nicht statt, wenn die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte vom Revisionsgericht zu prüfen ist. Zu der insoweit entsprechenden Regelung in § 549 Abs. 2 ZPO a.F. hat der Bundesgerichtshof allerdings entschieden, dass diese Vorschrift bezüglich der örtlichen Zuständigkeit nicht anzuwenden ist, soweit daneben die internationale Zuständigkeit im Streit ist und beide Zuständigkeiten von denselben Voraussetzungen abhängen. Ein solcher Fall ist hier aber nicht gegeben, denn der Erfolgsort lag nach dem Vortrag der Klägerin, wie dargelegt, in Deutschland. Während sich die Frage, ob das Landgericht örtlich zuständig war, danach richtet, ob der Erfolgsort in seinem Bezirk liegt, kommt es für die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nur darauf an, ob sich das geschädigte Guthaben des Zedenten an irgendeinem Ort in Deutschland befand. Die Frage der örtlichen Zuständigkeit hängt vorliegend mithin nicht von denselben Voraussetzungen ab, die für die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte maßgebend sind.
Diese Auslegung von § 545 Abs. 2 ZPO verstößt weder gegen deutsches Verfassungsrecht noch gegen Unionsrecht. Zwar führen § 513 Abs. 2 und § 545 Abs. 2 der deutschen Zivilprozessordnung dazu, dass die nach Unionsrecht zu bestimmende örtliche Zuständigkeit - anders als die internationale Zuständigkeit - in der Berufungsinstanz und in der Revisionsinstanz grundsätzlich nicht mehr überprüft werden kann. Die Normen verstoßen jedoch nicht gegen den unionsrechtlichen Grundsatz der Effektivität. Das Unionsrecht läuft durch § 513 Abs. 2, § 545 Abs. 2 ZPO nicht leer, weil die erstinstanzlich international zuständigen deutschen Gerichte berufen sind, ihre örtliche Zuständigkeit entsprechend den unionsrechtlichen Bestimmungen zu prüfen und das Unionsrecht wie das deutsche Verfassungsrecht keinen Instanzenzug vorschreibt.
Ob die örtliche Zuständigkeit entgegen § 513 Abs. 2, § 545 Abs. 2 ZPO dann in den Rechtsmittelinstanzen überprüfbar ist, wenn das erstinstanzli-che Gericht oder das Berufungsgericht sie willkürlich angenommen und damit den Beklagten seinem gesetzlichen Richter entzogen haben , kann dahinstehen.
Zwar begegnet die Auffassung des Landgerichts Bedenken, es sei, obwohl die Beklagten die örtliche Zuständigkeit in der Klageerwiderung gerügt haben, infolge rügeloser Verhandlung örtlich zuständig geworden, zumal es unzutreffend auf § 39 ZPO statt auf Art. 24 LugÜ II abgestellt hat. Da die Beklagten ausweislich des erstinstanzlichen Protokolls zur Sache verhandelt haben, ohne dort die Zuständigkeitsrüge zu wiederholen, ist die Beurteilung des Landgerichts indessen noch nicht willkürlich. Objektiv willkürlich ist ein Richterspruch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dann, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung jedoch nicht willkürlich. Willkür liegt vielmehr erst dann vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt, der Inhalt einer Norm in krasser Weise missverstanden oder sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird, so dass die Entscheidung auf schweren Rechtsanwendungsfehlern beruht.
Hier ist das Landgericht, das die schriftsätzliche Zuständigkeitsrüge ausweislich seines Urteilstatbestandes gesehen hat, offenbar davon ausgegangen, die Beklagten hätten die Rüge stillschweigend fallengelassen, nachdem das Gericht, wie sich aus seinem Beschluss vom 15. Dezember 2011 über den Tatbestandsberichtigungsantrag des Beklagten zu 1 ergibt, in der mündlichen Verhandlung ausführlich dargelegt hatte, warum es seine örtliche Zuständigkeit für gegeben erachte und die Beklagten dazu keine weiteren Erklärungen abgegeben hatten. Zwar muss die bereits schriftsätzlich vorgetragene Zuständigkeitsrüge sowohl im Anwendungsbereich des § 39 ZPO als auch des Art. 24 LugÜ II in der mündlichen Verhandlung nicht wiederholt werden, sofern auf sie stillschweigend Bezug genommen wird. Möglich ist aber ein nachträglicher - auch stillschweigender - Rügeverzicht oder eine Rücknahme der Zuständigkeitsrüge. Ob die Beklagten hier nachträglich auf die Zuständigkeitsrüge verzichtet oder sie zurückgenommen haben, bedarf keiner Entscheidung. Denn selbst wenn dies nicht der Fall wäre, läge hier ein bloßer Rechtsanwendungsfehler vor, der nicht den Schluss darauf zuließe, die Bejahung der örtlichen Zuständigkeit beruhe auf sachfremden Erwägungen und sei willkürlich.
Die angefochtene Entscheidung hält jedoch in der Sache revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
Zu Recht - und von den Parteien auch nicht angegriffen - hat das Berufungsgericht seiner Beurteilung deutsches Deliktsrecht zugrunde gelegt. Dies folgt, soweit die Klägerin ihre Klage auf Aktienerwerbe vor dem 11. Januar 2009 stützt, aus Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB und für Aktienerwerbe ab dem 11. Januar 2009 auf Art. 4 Abs. 1 der Verordnung Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht.
Die Angriffe der Revision bleiben im Ergebnis auch insoweit ohne Erfolg, als sie sich gegen die Verneinung einer Haftung wegen unzureichender Aufklärung über die mit der Anlage verbundenen Risiken richten. Dabei kann offen bleiben, ob der Auffassung des Berufungsgerichts zu folgen ist, das Unterlassen einer rechtlich gebotenen schriftlichen Aufklärung sei dann nicht sittenwidrig, wenn auf die Anlagerisiken in einem zum Abruf im Internet bereit gestellten Prospekt hingewiesen werde. Auf diese Frage, zu deren Klärung das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, kommt es vorliegend nicht an, denn nach den getroffenen Feststellungen beruht der eingetretene Schaden nicht auf einer unzureichenden Aufklärung des Anlegers. Anders als die Revision meint, hat das Berufungsgericht insoweit keine Beweislastentscheidung zum Nachteil der Klägerin getroffen. Es hat sich vielmehr davon überzeugt, dass der Zedent sich zum mehrfachen Erwerb von Aktien entschlossen hat, obwohl ihm nach seinen eigenen Angaben klar war, dass es sich bei der ES AG um ein "Start-up Unternehmen" handelte, von dem noch keine aussagekräftigen Zahlen vorlagen. Die Anlagen seien für ihn erkennbar spekulativ gewesen. Nach den Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Zedent die Anlagen auch bei einer weitergehenden Aufklärung getätigt hätte. Damit hat das Berufungsgericht ersichtlich den für einen Schadensersatzanspruch erforderlichen Ursachenzusammenhang verneint.
Mit Erfolg wendet sich die Revision aber dagegen, dass das Berufungsgericht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gemäß § 826 BGB unter dem Gesichtspunkt des Vertriebs eines von vornherein chancenlosen Geschäftsmodells verneint hat.
Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haftet ein Vermittler wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB, wenn sein Geschäftsmodell darauf angelegt ist, für den Anleger chancenlose Geschäfte zum ausschließlich eigenen Vorteil zu vermitteln. Wie das Berufungsgericht nicht verkennt, ist eine Haftung unter diesem Gesichtspunkt nicht auf Vermittler und nicht auf solche Fallgestaltungen beschränkt, bei denen es allein darum geht, durch möglichst viele Geschäfte hohe Gewinne aufgrund überhöhter Gebühren und Aufschläge zu realisieren. So kann sich ein Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB auch gegen Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft richten und insbesondere dann in Betracht kommen, wenn ein Anleger völlig wertlose Aktien dieser Gesellschaft erwirbt. Dies kann dann der Fall sein, wenn sich das Geschäftsmodell der Gesellschaft als von vornherein chancenlos erweist und die Aktien praktisch allein zu dem Zweck ausgegeben werden, sich auf Kosten des Anlegers zu bereichern.
Das Berufungsgericht hält einen solchen Fall vorliegend für nicht gegeben und führt aus, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und dem gesamten Inhalt der Verhandlungen könne nicht davon ausgegangen werden, dass die ES AG von vornherein ausschließlich dazu bestimmt gewesen sei, ihre eigenen Aktien oder die Aktien ihrer Großaktionärin an Anleger zu vermitteln, ohne das satzungsgemäß vorgesehene Geschäft des Factorings zu betreiben. Zur Begründung führt das Berufungsgericht an, ausweislich der Umsatzzahlen seien tatsächlich - wenn auch nur geringe - Einnahmen aus Factoring erzielt worden. Die geringe Höhe der Einnahmen lasse sich aber noch damit erklären, dass die ES AG am Beginn ihrer Geschäftstätigkeit gestanden habe und das Eintreiben von abgetretenen Forderungen eine gewisse Zeit beanspruche. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe eine Akquisition von Forderungen zum Zwecke des Factorings tatsächlich stattgefunden. Angesichts dessen könne die Behauptung des Beklagten zu 1, er habe an das von ihm initiierte Geschäftsmodell geglaubt und ein ertragsstarkes Factoringunternehmen aufbauen wollen, nicht als widerlegt angesehen werden. Die erstmals im Berufungsverfahren aufgrund von Erkenntnissen des Ermittlungsverfahrens vorgetragenen hohen Barabhebungen reichten dazu nicht aus.
Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision mit Erfolg. Zwar ist die Würdigung der Beweise grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden. Dieses kann lediglich nachprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt. Solche Fehler sind im Streitfall gegeben.
Das Berufungsgericht hat bei der Prüfung der Frage, ob das Geschäftsmodell der ES AG von vornherein chancenlos war, wesentlichen Sachvortrag der Parteien unbeachtet gelassen. Zutreffend weist die Revision auf eine Reihe von Umständen hin, die in ihrer Gesamtheit zu einer anderen Beurteilung des Geschäftsmodells führen könnten, vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang aber außer Acht gelassen worden sind.
So ist zu berücksichtigen, dass die ES AG 22 Millionen Namensaktien zu einem Nennwert von je 0,01 CHF ausgegeben hat und diese den Anlegern unstreitig zu Preisen von 1,60 € bis zu 5,20 € verkauft worden sind. Damit übe r-stieg der Verkaufspreis der Aktien deren Nennwert um mehr als das 159- bis 519-fache. Umstände, die ein Aufgeld in dieser Höhe bei einem jungen Unternehmen als gerechtfertigt erscheinen lassen könnten, waren und sind nicht ansatzweise erkennbar. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass diese - von der ES AG selbst festgelegten - hohen Ausgabepreise mit aus dem Factoring zu erwartenden Erträgen korrespondierten. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen erzielte die Gesellschaft aus dem Factoring nämlich nur geringe Einnahmen. Nach dem nicht bestrittenen Vortrag der Klägerin betrug der Umsatz aus dem operativen Geschäft im Geschäftsjahr 2007/2008 1,6 % und im Geschäftsjahr 2008/2009 3,1 % des gesamten Umsatzes der ES AG. Der Ertragsanteil aus dem Verkauf eigener Aktien betrug dagegen 98,4 % bzw. 96,9 %. Auch wenn der Geschäftszweck der ES AG nicht ausschließlich in dem Verkauf eigener Aktien bestand, so können diese Umsatzzahlen doch darauf hindeuten, dass in Wahrheit darin der Schwerpunkt ihrer Geschäftstätigkeit lag und das Factoring von ihr nicht ernsthaft und eher nur am Rande betrieben wurde. Nicht auszuschließen ist, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung dieser Umstände zu einer anderen Bewertung des Beweisergebnisses und des Vortrags der Beklagten gekommen wäre. Die Revision verweist daneben auf zahlreiche weitere Fakten, die für die Beurteilung der Werthaltigkeit der ausgegebenen Aktien von Bedeutung sein können, so auf mehrfach erfolgte bilanzielle Wertberichtigungen, auf den Verwendungszweck der entnommenen Gewinne, auf erhebliche Barabhebungen, auf hohe Aufwendungen u.a. für Beraterverträge und Niederlassungen der Gesellschaft, auf entstandene Emissionskosten sowie auf hohe Zahlungen an die Hauptaktionärin der ES AG. Diese Auffälligkeiten können bei der Bewertung des Geschäftsmodells der Gesellschaft nicht unberücksichtigt bleiben. Sie sind in eine Gesamtbetrachtung ein-zubeziehen, die - gegebenenfalls unter Inanspruchnahme sachverständiger Hilfe - nachzuholen sein wird.
Die für einen Schadensersatzanspruch wegen des Vertriebs völlig wertloser Aktien erforderliche Ursächlichkeit für den eingetretenen Schaden kann auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht verneint werden, zumal der Zedent zu dieser Frage nicht gehört worden ist.
Das Berufungsurteil kann daher gegenüber beiden Beklagten keinen Bestand haben, sondern ist aufzuheben. Da das Berufungsgericht keine eigenen Feststellungen zu den subjektiven Voraussetzungen eines Sittenverstoßes und zum Schädigungsvorsatz der Beklagten und bezüglich des Beklagten zu 2 - aus seiner Sicht folgerichtig - auch keine Feststellungen zum konkreten Inhalt seiner Pflichten getroffen hat, ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird bei der erneuten Befassung zu beachten haben, dass die Klägerin ihr ursprüngliches Feststellungsbegehren nicht weiterverfolgt, die Zug-um-ZugEinschränkung fallengelassen und den Zahlungsantrag zuletzt unbeschränkt gestellt hat.
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BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Klägerin begehrt aus abgetretenem Recht ihres Bruders von den Beklagten Schadensersatz im Zusammenhang mit dem Erwerb von Aktien der ES AG, einer nicht börsennotierten Schweizer Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz.
- 2
- Geschäftsgegenstand der ES AG, die 22 Millionen Namensakten zu einem Nennwert von 0,01 Schweizer Franken herausgegeben hatte, war das Factoring. Aus dem operativen Geschäft erzielte sie ausweislich ihrer Bilanzen verhältnismäßig geringe Erlöse, denen Ausgaben unter anderem für Dienstleistungen und Beratungen gegenüberstanden. Der Großteil der Umsätze erfolgte durch den Verkauf ihrer eigenen Aktien sowie der Aktien ihrer Hauptaktionärin, der I. SA mit Sitz auf den Bahamas, die 62 % der Aktien der ES AG hielt. Die Aktien wurden von bei der ES AG angestellten Telefonverkäufern unter anderem in Deutschland über eine unselbständige Niederlassung in Düsseldorf an Privatanleger veräußert. Ein Wertpapierprospekt stand auf der Webseite der ES AG zum Download bereit. In gedruckter Form wurde der Prospekt potentiellen Anlegern nur auf Anforderung übersandt.
- 3
- Der Beklagte zu 1 war vom 8. November 2004 bis zum 18. Februar 2010 Mitglied des Verwaltungsrates und Geschäftsführer der ES AG. Der Beklagte zu 2 war vom 8. November 2004 bis zum 27. November 2008, nach dem Vortrag der Klägerin bis zum 5. Januar 2009, Präsident des Verwaltungsrates der ES AG, der gemäß Ziffer 4.1 des Organisationsreglements die Oberaufsicht über die mit der Geschäftsführung betrauten Personen, namentlich im Hinblick auf die Befolgung der Gesetze, Statuten, Reglemente und Weisungen hatte und der gemäß dem Anhang des Organisationsreglements für die Marketing- und Verkaufspolitik im Sinne einer Gesamtverantwortung zuständig war.
- 4
- Der Zedent erwarb zwischen dem 28. November 2006 und dem 5. Au- gust 2009 insgesamt 20.000 Namensaktien für zusammen 61.000 €. Die Akti- enkäufe erfolgten jeweils nach Telefonaten zwischen dem Zedenten und einem Mitarbeiter der Zweigniederlassung der ES AG in Düsseldorf. Die Zahlungen leistete der Zedent von seinem in Deutschland geführten Konto auf ein ebenfalls in Deutschland geführtes Konto der ES AG. Am 18. Juni 2010 wurde über das Vermögen der ES AG das Insolvenzverfahren eröffnet. Die von dem Zedenten gezeichneten Aktien sind wertlos.
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- Die Klägerin macht geltend, der Beklagte zu 1 habe die Telefonverkäufer angewiesen, Kaufinteressenten durch unrichtige Angaben über die Umsätze und Gewinne sowie einen geplanten Börsengang der ES AG zu täuschen. Über die Risiken der Anlage sei der Zedent nicht ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Ihm seien bei der telefonischen Beratung falsche Angaben über die Umsätze und Gewinne aus dem operativen Geschäft gemacht worden, die durch Pressemitteilungen und Newsletter der ES AG gestützt worden seien. Die Telefonverkäufer hätten zu den Erträgen der ES AG nicht klar genug dargestellt, dass aus dem operativen Geschäft praktisch keine Einnahmen erfolgten und dass die in der Bilanz ausgewiesenen Gewinne überwiegend aus dem Verkauf der eigenen Aktien resultierten. Der Beklagte zu 2 hätte für eine ordnungsgemäße Aufklärung interessierter Anleger Sorge tragen und den Beklagten zu 1 entsprechend überwachen müssen.
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- Das Landgericht hat den Beklagten zu 1 antragsgemäß u.a. zum Ersatz des Anlagebetrages verurteilt und die Klage gegen den Beklagten zu 2 abgewiesen. Die Berufung der Klägerin hatte keinen Erfolg. Auf die Berufung des Beklagten zu 1 hat das Oberlandesgericht auch die gegen ihn gerichtete Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Zahlungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe:
I.
- 7
- Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:
- 8
- Die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte folge aus Art. 5 Nr. 3 LugÜ, weil der Erfolgsort in Deutschland liege. Die örtliche Zuständigkeit könne in der Berufungsinstanz gemäß § 513 Abs. 2 ZPO nicht geprüft werden. Deutsches Recht sei gemäß Art. 40 Abs. 1 EGBGB anwendbar.
- 9
- Der Klägerin stehe kein Anspruch aus § 826 BGB aus abgetretenem Recht zu. Eine Haftung des Beklagten zu 1 ergebe sich nicht daraus, dass er ein von vornherein chancenloses Geschäftsmodell zum ausschließlich eigenen Vorteil hätte vertreiben wollen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme könne nicht davon ausgegangen werden, dass die ES AG von vornherein ausschließlich dazu bestimmt gewesen sei, ihre eigenen Aktien oder die Aktien des verbundenen Großaktionärs an Anleger zu vermitteln, ohne das satzungsgemäß vorgesehene Geschäft des Factorings zu betreiben. Ausweislich der Umsatzzahlen seien tatsächlich Einnahmen aus Factoring erzielt worden. Die geringe Höhe lasse sich damit erklären, dass die ES AG noch am Beginn ihrer Geschäftstätigkeit gestanden habe und das Eintreiben von abgetretenen Forderungen eine gewisse Zeit beanspruche.
- 10
- Eine Haftung ergebe sich auch nicht aus einem Unterlassen der gebotenen Aufklärung über die Anlagegeschäfte. Bei dem Erwerb der Aktien der ES AG habe es sich nicht um ein hochspekulatives Geschäft gehandelt. Auf die mit dem Geschäft verbundenen Risiken sei in dem von der ES AG auf ihrer Webseite veröffentlichten Wertpapierprospekt umfassend hingewiesen worden. Selbst wenn dies nicht ausreichend sei, läge allenfalls ein Verstoß gegen vertragliche Pflichten vor, nicht hingegen ein Verstoß gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden, zumal die von der ES AG gewählte Art der Publikation den Vorgaben von § 14 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 5 WpPG entsprochen habe.
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- Es sei auch nicht bewiesen, dass der Beklagte zu 1 auf die Telefonverkäufer direkt oder indirekt über den Leiter der örtlichen Niederlassung oder über die für das Marketing zuständigen Mitarbeiter eingewirkt habe, um die Anleger zu täuschen. Im Übrigen sei die Kausalität eines unterstellt sittenwidrigen Han- delns oder Unterlassens des Beklagten zu 1 für den von der Klägerin geltend gemachten Schaden nicht festzustellen.
- 12
- Der Beklagte zu 2 hafte nicht für eigenes Handeln. Auch könne nicht festgestellt werden, dass er in sittenwidriger Weise vorsätzlich durch Unterlassen eine Pflicht verletzt habe, die aufgrund des Organisationsreglements aus seiner Oberaufsicht über die mit der Geschäftsführung betrauten Personen, namentlich im Hinblick auf die Befolgung der Gesetze, Statuten, Reglemente und Weisungen oder aus seiner Gesamtverantwortung für die Marketing- und Verkaufspolitik folge. Wenn dies nicht einmal für den Beklagten zu 1 als geschäftsführendem Mitglied des Verwaltungsrats bewiesen sei, gelte das für den Beklagten zu 2 erst recht.
II.
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- Die Revision hat Erfolg.
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- 1. Zutreffend hat das Berufungsgericht allerdings die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte bejaht, die auch im Revisionsrechtszug von Amts wegen zu prüfen ist (vgl. Senatsurteile vom 2. März 2010 - VI ZR 23/09, BGHZ 184, 313 Rn. 7; vom 5. Oktober 2010 - VI ZR 159/09, BGHZ 187, 156 Rn. 8; vom 31. Mai 2011 - VI ZR 154/10, BGHZ 190, 28 Rn. 16, jeweils mwN und vom 24. Juni 2014 - VI ZR 315/13, WM 2014, 1614 Rn. 12). Diese Zuständigkeit besteht nach Art. 5 Nr. 3 des Übereinkommens über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil - und Handelssachen, geschlossen in Lugano am 30. Oktober 2007, ABl. EU L 339 S. 3, nachfolgend LuGÜ II). Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (nachfolgend: Gerichtshof) ist die Wendung "Ort, an dem das schädigende Ereignis eingetreten ist" in Art. 5 Nr. 3 EuGVVO a.F. so zu verstehen, dass sie sowohl den Ort des ursächlichen Geschehens (Handlungsort ) als auch den Ort der Verwirklichung des Schadenserfolgs (Erfolgsort) meint (EuGH, NJW 2013, 2099 Rn. 25 mwN; NZG 2013, 1073 Rn. 51; NJW 2013, 3627 Rn. 26; NJW 2014, 1793 Rn. 27; GRUR 2014, 806 Rn. 46; zu Art. 5 Nr. 3 LugÜ I und II bereits Senatsurteil vom 24. Juni 2014 - VI ZR 315/13, WM 2014, 1614 Rn. 29 mwN).
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- Für die internationale Zuständigkeit kann offenbleiben, ob der Handlungsort in Deutschland liegt, da nach dem schlüssigen Vortrag der Klägerin jedenfalls der Erfolgsort in Deutschland liegt. Denn danach ist der Vermögensschaden des Zedenten, den sie mit der Klage ersetzt verlangt, an dem Guthaben auf dessen Girokonto bei einem Kreditinstitut in Deutschland eingetreten, von dem er infolge der von den Beklagten zu verantwortenden Täuschung das angelegte Kapital auf ein Konto der ES AG bei einem Kreditinstitut in Deutschland überwiesen hat (vgl. BGH, Urteil vom 12. Oktober 2010 - XI ZR 394/08, WM 2010, 2214 Rn. 30).
- 16
- 2. Ohne Erfolg macht die Revisionserwiderung geltend, das Berufungsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass ihm die Prüfung der örtlichen Zuständigkeit gemäß § 513 Abs. 2 ZPO verwehrt sei.
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- a) Nach § 513 Abs. 2 ZPO kann die Berufung nicht darauf gestützt werden , dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat. Ob dies vorliegend der Fall ist, ist einer revisionsrechtlichen Überprüfung entzogen, denn gemäß § 545 Abs. 2 ZPO kann die Revision nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen oder verneint hat. Demgemäß findet in der Revisionsinstanz eine Prüfung der örtlichen Zuständigkeit des Landgerichts grundsätzlich auch dann nicht statt, wenn die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte vom Revisionsgericht zu prüfen ist (BGH, Beschluss vom 20. September 2010 - XI ZR 57/08, juris; im Ergebnis ebenso BGH, Urteil vom 9. Juli 2009 - Xa ZR 19/08, BGHZ 182, 24 Rn. 7 ff.; zu § 549 Abs. 2 ZPO a.F. vom Senat noch offen gelassen im Urteil vom 16. Dezember 1997 - VI ZR 408/96, VersR 1998, 378, 379; OLG Köln, Urteil vom 19. Februar 2014 - 6 U 163/13, juris Rn. 7; aA Wagner in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., Art. 24 EuGVVO Rn. 33). Zu der insoweit entsprechenden Regelung in § 549 Abs. 2 ZPO a.F. hat der Bundesgerichtshof allerdings entschieden, dass diese Vorschrift bezüglich der örtlichen Zuständigkeit nicht anzuwenden ist, soweit daneben die internationale Zuständigkeit im Streit ist und beide Zuständigkeiten von denselben Voraussetzungen abhängen (BGH, Urteil vom 21. November 1996 - IX ZR 264/95, BGHZ 134, 127, 130). Ein solcher Fall ist hier aber nicht gegeben, denn der Erfolgsort lag nach dem Vortrag der Klägerin, wie dargelegt, in Deutschland. Während sich die Frage, ob das Landgericht örtlich zuständig war, danach richtet, ob der Erfolgsort in seinem Bezirk liegt, kommt es für die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte nur darauf an, ob sich das geschädigte Guthaben des Zedenten an irgendeinem Ort in Deutschland befand. Die Frage der örtlichen Zuständigkeit hängt vorliegend mithin nicht von denselben Voraussetzungen ab, die für die internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte maßgebend sind.
- 18
- b) Diese Auslegung von § 545 Abs. 2 ZPO verstößt weder gegen deutsches Verfassungsrecht noch gegen Unionsrecht. Zwar führen § 513 Abs. 2 und § 545 Abs. 2 der deutschen Zivilprozessordnung dazu, dass die nach Unionsrecht zu bestimmende örtliche Zuständigkeit - anders als die internationale Zuständigkeit - in der Berufungsinstanz (im Falle ihrer erstinstanzlichen Bejahung ) und in der Revisionsinstanz grundsätzlich nicht mehr überprüft werden kann. Die Normen verstoßen jedoch nicht gegen den unionsrechtlichen Grundsatz der Effektivität. Das Unionsrecht läuft durch § 513 Abs. 2, § 545 Abs. 2 ZPO nicht leer, weil die erstinstanzlich international zuständigen deutschen Gerichte berufen sind, ihre örtliche Zuständigkeit entsprechend den unionsrechtli- chen Bestimmungen zu prüfen und das Unionsrecht wie das deutsche Verfassungsrecht keinen Instanzenzug vorschreibt.
- 19
- c) Ob die örtliche Zuständigkeit entgegen § 513 Abs. 2, § 545 Abs. 2 ZPO dann in den Rechtsmittelinstanzen überprüfbar ist, wenn das erstinstanzliche Gericht oder das Berufungsgericht sie willkürlich angenommen und damit den Beklagten seinem gesetzlichen Richter entzogen haben (so OLG Oldenburg , NJW-RR 1999, 865; Gerken in Wieczorek/Schütze, ZPO, 4. Aufl., § 513 Rn. 33; Althammer in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., § 513 Rn. 11; MünchKommZPO /Rimmelspacher, 4. Aufl., § 513 Rn. 19; MünchKomm-ZPO/Krüger, aaO, § 545 Rn. 17; BeckOK ZPO/Kessal-Wulf, § 545 Rn. 18 [Stand: 1. Januar 2015]; bezüglich der Zuständigkeitsabgrenzung von Zivil- und Handelskammer auch OLG Karlsruhe, NJW-RR 2013, 437, 439; aA Zöller/Heßler, ZPO, 30. Aufl., § 513 Rn. 10; BeckOK ZPO/Wulf, § 513 Rn. 9 [Stand: 1. Januar 2015]; Lemke in Prütting/Gehrlein, ZPO, 6. Aufl., § 513 Rn. 10; Hk-ZPO/Wöstmann, 6. Aufl., § 513 Rn. 3), kann dahinstehen.
- 20
- aa) Zwar begegnet die Auffassung des Landgerichts Bedenken, es sei, obwohl die Beklagten die örtliche Zuständigkeit in der Klageerwiderung gerügt haben, infolge rügeloser Verhandlung örtlich zuständig geworden, zumal es unzutreffend auf § 39 ZPO statt auf Art. 24 LugÜ II (zur Geltung für die örtliche Zuständigkeit Wagner in Stein/Jonas, ZPO, 22. Aufl., Art. 24 EuGVVO Rn. 1; Zöller/Geimer, ZPO, 30. Aufl., Art. 24 EuGVVO Rn. 1; Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 24 EuGVVO Rn. 32) abgestellt hat. Da die Beklagten ausweislich des erstinstanzlichen Protokolls zur Sache verhandelt haben, ohne dort die Zuständigkeitsrüge zu wiederholen, ist die Beurteilung des Landgerichts indessen noch nicht willkürlich. Objektiv willkürlich ist ein Richterspruch nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts dann, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen be- ruht. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung jedoch nicht willkürlich. Willkür liegt vielmehr erst dann vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt, der Inhalt einer Norm in krasser Weise missverstanden oder sonst in nicht mehr nachvollziehbarer Weise angewendet wird, so dass die Entscheidung auf schweren Rechtsanwendungsfehlern beruht (BVerfG, FamRZ 2010, 25; NJW 2014, 3147 Rn. 13; jeweils mwN).
- 21
- bb) Hier ist das Landgericht, das die schriftsätzliche Zuständigkeitsrüge ausweislich seines Urteilstatbestandes gesehen hat, offenbar davon ausgegangen , die Beklagten hätten die Rüge stillschweigend fallengelassen, nachdem das Gericht, wie sich aus seinem Beschluss vom 15. Dezember 2011 über den Tatbestandsberichtigungsantrag des Beklagten zu 1 ergibt, in der mündlichen Verhandlung ausführlich dargelegt hatte, warum es seine örtliche Zuständigkeit für gegeben erachte und die Beklagten dazu keine weiteren Erklärungen abgegeben hatten. Zwar muss die bereits schriftsätzlich vorgetragene Zuständigkeitsrüge sowohl im Anwendungsbereich des § 39 ZPO als auch des Art. 24 LugÜ II in der mündlichen Verhandlung nicht wiederholt werden, sofern auf sie stillschweigend Bezug genommen wird (vgl. BGH, Urteil vom 2. März 2006 - IX ZR 15/05, NJW 2006, 1806 Rn. 9). Möglich ist aber ein nachträglicher - auch stillschweigender - Rügeverzicht (vgl. zu § 39 ZPO BGH, Urteil vom 2. März 2006 - IX ZR 15/05, aaO; OLG Koblenz, OLGR Koblenz 1998, 429, 430) oder eine Rücknahme der Zuständigkeitsrüge (zu § 39 ZPO Künzl, BB 1991, 757; Zöller/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., § 39 Rn. 5; Wern in Prütting/Gehrlein, ZPO, 6. Aufl., § 12 Rn. 9; zu Art. 24 EuGVVO a.F. Hk-ZPO/Dörner, 5. Aufl., Art. 24 EuGVVO Rn. 8; Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 3. Aufl., Art. 24 EuGVVO Rn. 52). Ob die Beklagten hier nachträglich auf die Zuständigkeitsrüge verzichtet oder sie zurückgenommen haben, bedarf keiner Entscheidung. Denn selbst wenn dies nicht der Fall wäre, läge hier ein bloßer Rechtsanwendungsfehler vor, der nicht den Schluss darauf zuließe, die Beja- hung der örtlichen Zuständigkeit beruhe auf sachfremden Erwägungen und sei willkürlich.
- 22
- 3. Die angefochtene Entscheidung hält jedoch in der Sache revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.
- 23
- a) Zu Recht - und von den Parteien auch nicht angegriffen - hat das Berufungsgericht seiner Beurteilung deutsches Deliktsrecht zugrunde gelegt. Dies folgt, soweit die Klägerin ihre Klage auf Aktienerwerbe vor dem 11. Januar 2009 stützt, aus Art. 40 Abs. 1 Satz 2 EGBGB und für Aktienerwerbe ab dem 11. Januar 2009 auf Art. 4 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom II-Verordnung).
- 24
- b) Die Angriffe der Revision bleiben im Ergebnis auch insoweit ohne Erfolg , als sie sich gegen die Verneinung einer Haftung wegen unzureichender Aufklärung über die mit der Anlage verbundenen Risiken richten. Dabei kann offen bleiben, ob der Auffassung des Berufungsgerichts zu folgen ist, das Unterlassen einer rechtlich gebotenen schriftlichen Aufklärung sei dann nicht sittenwidrig , wenn auf die Anlagerisiken in einem zum Abruf im Internet bereit gestellten Prospekt hingewiesen werde. Auf diese Frage, zu deren Klärung das Berufungsgericht die Revision zugelassen hat, kommt es vorliegend nicht an, denn nach den getroffenen Feststellungen beruht der eingetretene Schaden nicht auf einer unzureichenden Aufklärung des Anlegers. Anders als die Revision meint, hat das Berufungsgericht insoweit keine Beweislastentscheidung zum Nachteil der Klägerin getroffen. Es hat sich vielmehr davon überzeugt, dass der Zedent sich zum mehrfachen Erwerb von Aktien entschlossen hat, obwohl ihm nach seinen eigenen Angaben klar war, dass es sich bei der ES AG um ein "Start-up Unternehmen" handelte, von dem noch keine aussagekräftigen Zahlen vorlagen. Die Anlagen seien für ihn erkennbar spekulativ gewesen. Nach den Ausführungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass der Zedent die Anlagen auch bei einer weitergehenden Aufklärung getätigt hätte. Damit hat das Berufungsgericht ersichtlich den für einen Schadensersatzanspruch erforderlichen Ursachenzusammenhang verneint.
- 25
- c) Mit Erfolg wendet sich die Revision aber dagegen, dass das Beru- fungsgericht einen Schadensersatzanspruch der Klägerin gemäß § 826 BGB unter dem Gesichtspunkt des Vertriebs eines von vornherein chancenlosen Geschäftsmodells verneint hat.
- 26
- aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs haftet ein Vermittler wegen vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB, wenn sein Geschäftsmodell darauf angelegt ist, für den Anleger chancenlose Geschäfte zum ausschließlich eigenen Vorteil zu vermitteln (BGH, Urteile vom 9. März 2010 - XI ZR 93/09, BGHZ 184, 365 Rn. 26; vom 2. Februar 1999 - XI ZR 381/97, VersR 1999, 976 und vom 22. November 2005 - XI ZR 76/05, VersR 2006, 365). Wie das Berufungsgericht nicht verkennt, ist eine Haftung unter diesem Gesichtspunkt nicht auf Vermittler und nicht auf solche Fallgestaltungen beschränkt, bei denen es allein darum geht, durch möglichst viele Geschäfte hohe Gewinne aufgrund überhöhter Gebühren und Aufschläge zu realisieren. So kann sich ein Schadensersatzanspruch nach § 826 BGB auch gegen Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft richten und insbesondere dann in Betracht kommen, wenn ein Anleger völlig wertlose Aktien dieser Gesellschaft erwirbt (vgl. Senatsurteil vom 11. September 2012 - VI ZR 92/11, VersR 2012, 1525 Rn. 21 ff.). Dies kann dann der Fall sein, wenn sich das Geschäftsmodell der Gesellschaft als von vornherein chancenlos erweist und die Aktien praktisch allein zu dem Zweck ausgegeben werden, sich auf Kosten des Anlegers zu bereichern.
- 27
- bb) Das Berufungsgericht hält einen solchen Fall vorliegend für nicht gegeben und führt aus, nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und dem gesamten Inhalt der Verhandlungen könne nicht davon ausgegangen werden, dass die ES AG von vornherein ausschließlich dazu bestimmt gewesen sei, ihre eigenen Aktien oder die Aktien ihrer Großaktionärin an Anleger zu vermitteln, ohne das satzungsgemäß vorgesehene Geschäft des Factorings zu betreiben. Zur Begründung führt das Berufungsgericht an, ausweislich der Umsatzzahlen seien tatsächlich - wenn auch nur geringe - Einnahmen aus Factoring erzielt worden. Die geringe Höhe der Einnahmen lasse sich aber noch damit erklären, dass die ES AG am Beginn ihrer Geschäftstätigkeit gestanden habe und das Eintreiben von abgetretenen Forderungen eine gewisse Zeit beanspruche. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme habe eine Akquisition von Forderungen zum Zwecke des Factorings tatsächlich stattgefunden. Angesichts dessen könne die Behauptung des Beklagten zu 1, er habe an das von ihm initiierte Geschäftsmodell geglaubt und ein ertragsstarkes Factoringunternehmen aufbauen wollen, nicht als widerlegt angesehen werden. Die erstmals im Berufungsverfahren aufgrund von Erkenntnissen des Ermittlungsverfahrens vorgetragenen hohen Barabhebungen reichten dazu nicht aus.
- 28
- cc) Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision mit Erfolg. Zwar ist die Würdigung der Beweise grundsätzlich dem Tatrichter vorbehalten. An dessen Feststellungen ist das Revisionsgericht gemäß § 559 Abs. 2 ZPO gebunden. Dieses kann lediglich nachprüfen, ob sich der Tatrichter entsprechend dem Gebot des § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Senatsurteile vom 1. Oktober 1996 - VI ZR 10/96, VersR 1997, 362, 364; vom 8. Juli 2008 - VI ZR 274/07, VersR 2008, 1126 Rn. 7; vom 16. April 2013 - VI ZR 44/12, VersR 2013, 1045 Rn. 13 und vom 11. November 2014 - VI ZR 76/13, VersR 2015, 327 Rn. 13; BGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 - XI ZR 210/03, BGHZ 160, 308, 316 f. mwN). Solche Fehler sind im Streitfall gegeben.
- 29
- dd) Das Berufungsgericht hat bei der Prüfung der Frage, ob das Geschäftsmodell der ES AG von vornherein chancenlos war, wesentlichen Sachvortrag der Parteien unbeachtet gelassen. Zutreffend weist die Revision auf eine Reihe von Umständen hin, die in ihrer Gesamtheit zu einer anderen Beurteilung des Geschäftsmodells führen könnten, vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang aber außer Acht gelassen worden sind.
- 30
- So ist zu berücksichtigen, dass die ES AG 22 Millionen Namensaktien zu einem Nennwert von je 0,01 CHF ausgegeben hat und diese den Anlegern unstreitig zu Preisen von 1,60 € bis zu 5,20 € verkauft worden sind. Damit überstieg der Verkaufspreis der Aktien deren Nennwert um mehr als das 159- bis 519-fache. Umstände, die ein Aufgeld in dieser Höhe bei einem jungen Unternehmen als gerechtfertigt erscheinen lassen könnten, waren und sind nicht ansatzweise erkennbar. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass diese - von der ES AG selbst festgelegten - hohen Ausgabepreise mit aus dem Factoring zu erwartenden Erträgen korrespondierten. Nach den vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen erzielte die Gesellschaft aus dem Factoring nämlich nur geringe Einnahmen. Nach dem nicht bestrittenen Vortrag der Klägerin betrug der Umsatz aus dem operativen Geschäft im Geschäftsjahr 2007/2008 1,6 % und im Geschäftsjahr 2008/2009 3,1 % des gesamten Umsatzes der ES AG. Der Ertragsanteil aus dem Verkauf eigener Aktien betrug dagegen 98,4 % bzw. 96,9 %. Auch wenn der Geschäftszweck der ES AG nicht ausschließlich in dem Verkauf eigener Aktien bestand, so können diese Umsatzzahlen doch darauf hindeuten, dass in Wahrheit darin der Schwerpunkt ihrer Geschäftstätigkeit lag und das Factoring von ihr nicht ernsthaft und eher nur am Rande betrieben wurde. Nicht auszuschließen ist, dass das Berufungsgericht bei Berücksichtigung dieser Umstände zu einer anderen Bewertung des Beweisergebnisses und des Vortrags der Beklagten gekommen wäre. Die Revision verweist daneben auf zahlreiche weitere Fakten, die für die Beurteilung der Werthaltigkeit der ausgegebenen Aktien von Bedeutung sein können, so auf mehrfach erfolgte bilanzielle Wertberichtigungen, auf den Verwendungszweck der entnommenen Gewinne, auf erhebliche Barabhebungen, auf hohe Aufwendungen u.a. für Beraterverträge und Niederlassungen der Gesellschaft, auf entstandene Emissionskosten sowie auf hohe Zahlungen an die Hauptaktionärin der ES AG. Diese Auffälligkeiten können bei der Bewertung des Geschäftsmodells der Gesellschaft nicht unberücksichtigt bleiben. Sie sind in eine Gesamtbetrachtung einzubeziehen , die - gegebenenfalls unter Inanspruchnahme sachverständiger Hilfe - nachzuholen sein wird.
- 31
- ee) Die für einen Schadensersatzanspruch wegen des Vertriebs völlig wertloser Aktien erforderliche Ursächlichkeit für den eingetretenen Schaden kann auf der Grundlage der getroffenen Feststellungen nicht verneint werden, zumal der Zedent zu dieser Frage nicht gehört worden ist.
III.
- 32
- Das Berufungsurteil kann daher gegenüber beiden Beklagten keinen Bestand haben, sondern ist aufzuheben (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Da das Berufungsgericht keine eigenen Feststellungen zu den subjektiven Voraussetzungen eines Sittenverstoßes und zum Schädigungsvorsatz der Beklagten und bezüglich des Beklagten zu 2 - aus seiner Sicht folgerichtig - auch keine Feststellungen zum konkreten Inhalt seiner Pflichten getroffen hat, ist die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Dieses wird bei der erneuten Befassung zu beachten haben, dass die Klägerin ihr ursprüngliches Feststellungsbegehren nicht weiterverfolgt, die Zug-um-Zug- Einschränkung fallengelassen und den Zahlungsantrag zuletzt unbeschränkt gestellt hat. Galke Wellner Pauge Stöhr Oehler
LG Düsseldorf, Entscheidung vom 29.09.2011 - 8 O 773/10 -
OLG Düsseldorf, Entscheidung vom 06.12.2013 - I-7 U 36/12 -
(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Ist ein Prospekt entgegen Artikel 3 Absatz 1 der Verordnung (EU) 2017/1129 nicht veröffentlicht worden, kann der Erwerber von Wertpapieren von dem Emittenten und dem Anbieter als Gesamtschuldnern die Übernahme der Wertpapiere gegen Erstattung des Erwerbspreises, soweit dieser den ersten Erwerbspreis nicht überschreitet, und der mit dem Erwerb verbundenen üblichen Kosten verlangen, sofern das Erwerbsgeschäft vor Veröffentlichung eines Prospekts und innerhalb von sechs Monaten nach dem ersten öffentlichen Angebot im Inland abgeschlossen wurde. Auf den Erwerb von Wertpapieren desselben Emittenten, die von den in Satz 1 genannten Wertpapieren nicht nach Ausstattungsmerkmalen oder in sonstiger Weise unterschieden werden können, ist Satz 1 entsprechend anzuwenden.
(2) Ist der Erwerber nicht mehr Inhaber der Wertpapiere, so kann er die Zahlung des Unterschiedsbetrags zwischen dem Erwerbspreis und dem Veräußerungspreis der Wertpapiere sowie der mit dem Erwerb und der Veräußerung verbundenen üblichen Kosten verlangen. Absatz 1 Satz 1 gilt entsprechend.
(3) Werden Wertpapiere eines Emittenten mit Sitz im Ausland auch im Ausland öffentlich angeboten, besteht ein Anspruch nach Absatz 1 oder Absatz 2 nur, sofern die Wertpapiere auf Grund eines im Inland abgeschlossenen Geschäfts oder einer ganz oder teilweise im Inland erbrachten Wertpapierdienstleistung erworben wurden.
(4) Der Anspruch nach den Absätzen 1 bis 3 besteht nicht, sofern der Erwerber die Pflicht, einen Prospekt zu veröffentlichen, beim Erwerb kannte.
(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
(1) Die Revision wird durch Einreichung der Revisionsschrift bei dem Revisionsgericht eingelegt. Die Revisionsschrift muss enthalten:
- 1.
die Bezeichnung des Urteils, gegen das die Revision gerichtet wird; - 2.
die Erklärung, dass gegen dieses Urteil Revision eingelegt werde.
(2) Die allgemeinen Vorschriften über die vorbereitenden Schriftsätze sind auch auf die Revisionsschrift anzuwenden.
(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
(1) Die Berufung kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546) beruht oder nach § 529 zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen.
(2) Die Berufung kann nicht darauf gestützt werden, dass das Gericht des ersten Rechtszuges seine Zuständigkeit zu Unrecht angenommen hat.
Die Zuständigkeit eines Gerichts des ersten Rechtszuges wird ferner dadurch begründet, dass der Beklagte, ohne die Unzuständigkeit geltend zu machen, zur Hauptsache mündlich verhandelt. Dies gilt nicht, wenn die Belehrung nach § 504 unterblieben ist.
Wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, ist dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet.
(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.
(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.
(1) Das Gericht hat unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten sei. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.
(2) An gesetzliche Beweisregeln ist das Gericht nur in den durch dieses Gesetz bezeichneten Fällen gebunden.