Vergabekammer Südbayern Beschluss, 04. Sept. 2017 - Z3-3-3194-1-31-06/17

04.09.2017

Gericht

Vergabekammer Südbayern

Tenor

1. Der Antragsgegnerin wird untersagt, den Zuschlag auf das Angebot der Beigeladenen zu erteilen. Bei Fortbestehen der Beschaffungsabsicht wird die Antragsgegnerin verpflichtet, die Angebotswertung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen.

2. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen die Kosten des Verfahrens einschließlich der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin notwendigen Auslagen als Gesamtschuldner.

3. Für das Verfahren wird eine Gebühr von 7280 Euro festgesetzt. Auslagen sind nicht angefallen.

4. Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten der Antragstellerin war notwendig.

Gründe

I.

Die Antragsgegnerin beabsichtigt den Auftrag von Fahrdienstleistungen von derzeit 74 Schülern von deren Wohnorten zur Förderschule und retour, im Wege eines offenen Verfahrens als Dienstleistungsauftrag für eine Laufzeit von 48 Monaten zuzüglich Verlängerungsoption um weitere 24 Monate zu vergeben und hat dies mit europäischer Bekanntmachung im Supplement zum Amtsblatt der europäischen Gemeinschaften vom 06.04.2017 veröffentlicht. Im Einzelfall sind die Beförderungsteilnehmer auch im Kurzzeit-Wohnheim der Antragsgegnerin untergebracht und dann von dort aus bzw. dorthin zu befördern.

Die Vergabe erfolgt als Gesamtauftrag. Nebenangebote wurden nicht zugelassen (II.2.10 der Bekanntmachung). Der Bezirk O… hat das Vergabeverfahren für die Antragsgegnerin durchgeführt.

In der Bekanntmachung (Ziffer II.2.5) wurden als Zuschlagskriterien die Qualität des Konzeptes für die Schülerbeförderung, gewichtet mit 40%, Umweltaspekte, gewichtet mit 10% und der Angebotspreis, gewichtet mit 50%, genannt.

Nach Ziffer IV der Ausschreibungsunterlagen erhält das Angebot des Bieters mit der höchsten Punktzahl den Zuschlag.

Weiter wird unter Nr. 1 aufgeführt:

„Gewertet wird mit bis zu 50 Punkten der Angebotspreis des Bieters für alle Touren einschließlich Mehrwertsteuer, soweit sie anfällt, für alle Vertragsjahre, wobei die H… gemeinnützige GmbH die Preise gemäß Preisgleitklausel Kapitel E.; Ziffer 7. hochrechnet. Das Angebot mit dem niedrigsten Angebotspreis erhält bezüglich des Wertungskriteriums „Angebotspreis“ die Maximalpunktzahl von 50 Punkten. Die weiteren Angebote erhalten diejenigen Punktezahl, die sich aus folgender Berechnungsformel ergeben:

Punktezahl für das zu wertende Angebot = (Preis des bestplatzierten Angebotes ./. Preis des zu wertenden Angebotes) x 50.“

Unter Nr. 2 legte die Antragsgegnerin hinsichtlich der „Qualität des von dem Bieter mit dem Angebot einzureichenden Konzeptes für die Beförderung“ fest:

"Mit bis zu 40 Punkten findet Eingang in die Angebotsauswertung die Qualität des von dem Bieter mit dem Angebot einzureichenden Konzeptes für die Beförderung. Zur Bewertung werden gleichgewichtig folgende Unterkriterien herangezogen:

a) Ausfallsicherheitskonzept des Bieters (max. 20 Punkte):

– der Bieter soll darlegen, wie er den Auftrag personell organisiert und durchzuführen beabsichtigt und wie auf Ausfälle des Personals z. B. aufgrund von Krankheit reagiert wird und welche Maßnahmen zur Optimierung der Ausfallsicherheit getroffen werden,

– der Bieter soll ferner darlegen, wie auf Ausfälle von Fahrzeugen reagiert wird und welche Maßnahmen zur Optimierung der Ausfallsicherheit (z. B. Vorhaltung von Reservefahrzeugen) getroffen werden.

b) Reaktion auf unvorhergesehene Ereignisse (max. 20 Punkte)

Der Bieter soll darlegen, wie auf unvorhergesehene Ereignisse reagiert wird, nämlich

– auf akut auftretende gesundheitliche Problemsituationen bei einem Fahrgast,

– Streitigkeiten der Fahrgäste untereinander sowie

– bei Unfällen.

Für jedes Unterkriterium werden bis zu 20 Punkte vergeben, und zwar,

– für Konzeptionen, die über dem Durchschnitt liegen: 20 Punkte

– für durchschnittliche Konzeptionen: 10 Punkte

– für unter dem Durchschnitt liegende Konzeptionen: 0 Punkte.

Durchschnittliche Konzeptionen in Bezug auf das Wertungskriterium „Ausfallsicherheit“ liegen vor, wenn der Bieter mindestens 2 Ersatzfahrer und 2 Ersatz-Begleitpersonen sowie mindestens 1 Reservefahrzeuge vorhält und darlegt, dass und wie die Ersatzkapazitäten spätestens eine halbe Stunde vor Unterrichtsbeginn einsatzbereit zur Verfügung stehen. Durchschnittliche Konzeptionen in Bezug auf das Wertungskriterium „Reaktion auf unvorhergesehene Ereignisse“ liegen vor, wenn der Bieter für jede der vorgenannten unvorhergesehenen Ereignisse einen schlüssigen Ablaufplan darlegt, in dem die von dem Fahrer/Beifahrer zu ergreifenden Maßnahmen vor Ort konkret beschrieben sind.“

Nr. 3. Umweltaspekte (max. 10 Punkte) sollen wie folgt bewertet werden:

o „die von dem Bieter im Zuschlagsfall einzusetzenden Fahrzeuge entsprechen der Feinstaubgruppe 4 der Feinstaubverordnung (Fünfunddreißigste Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes): 10 Punkte

o die Fahrzeuge entsprechen der Feinstaubgruppen 1 - 3 der Feinstaubverordnung: 0 Punkte.

Der Bieter hat im Rahmen seines Angebotes anzugeben, in welche Feinstaubgruppe die von ihm eingesetzten Fahrzeuge einzuordnen sind. Sind die Fahrzeuge in mehrere Feinstaubgruppen einzuordnen, hat der Bieter in Prozentsätzen anzugeben, wie viele Fahrzeuge in welche Gruppe einzuordnen sind. In diesem Fall werden die Punkte prozentual vergeben. Unterlässt der Bieter Angaben hierzu, erhält der Bieter in Bezug auf dieses Wertungskriterium 0 Punkte."

Unter Ziffer III.1.1 bis III.1.3 der Bekanntmachung wurden verschiedene Vorgaben hinsichtlich der geforderten Eignung der Bieter gemacht.

Als Schlusstermin für den Eingang der Angebote wurde der 18.05.2017, 12:00 Uhr, festgelegt. Aufgrund von Bieteranfragen und Antworten wurde der Schlusstermin für die Einreichung der Angebote der 26.05.2017, 08:00 Uhr, verschoben.

Gemäß der Niederschrift haben bis zum Schlusstermin zwei Bieter Angebote abgegeben, die Antragstellerin und die Beigeladene.

Mit Informationsschreiben nach § 134 GWB vom 12.06.2017 wurde der Antragstellerin mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Zuschlag nach Ablauf der Wartepflicht an die M… gemeinnützige GmbH zu erteilten. Auf das Angebot der Antragstellerin könne der Zuschlag nicht erteilt werden, weil es nicht das wirtschaftlichste gewesen sei. Die Antragstellerin habe im Wertungskriterium „Konzept Ausfälle Fahrer/Fahrzeuge“ 18 Punkte erzielt, im „Konzept Unvorhersehbare Ereignisse“ 15 Punkte und in punkto „Umweltverträglichkeit“ 6 Punkte. Der Antragstellerin wurden die für ihr Angebot jeweils erzielten Punkte bei den einzelnen Zuschlagskriterien mitgeteilt, ebenso die des wirtschaftlichsten Bieters.

Daraufhin rügte die Antragstellerin per E-Mail am 21.06.2017 die Entscheidung des Antragsgegners unter Fristsetzung, da ihr bei korrekter Wertung mehr Punkte zustehen würden und sie damit erstplatziert sei.

Mit E-Mail vom 22.06.2017 erhob die Antragstellerin weitere Rügen, wonach das Angebot der Beigeladenen mängelbehaftet sei und deshalb ausgeschlossen werden müsste bzw. bei etwaiger Korrektur dann hinter dem Angeboten der Antragstellerin habe platziert werden müssen.

Die Vergabestelle half den Rügen mit E-Mails vom 22.06.2017 nicht ab. Nach Prüfung der Unterlagen bestünden keinerlei Anhaltspunkte für das Vorliegen der Rügepunkte vorlägen.

Die Antragstellerin stellte nach Ablehnung der Rügen mit Schreiben vom 22.06.2017 einen Nachprüfungsantrag und beantragte Folgendes:

1. Die Antragsgegnerin gemäß § 163 Abs. 2 S. 3 GWB unverzüglich in Textform über den Nachprüfungsantrag zu informieren, um zum Schutze der Rechte der Antragstellerin das Zuschlagsverbot gemäß § 169 GWB auszulösen.

2. Die Antragsgegnerin wird vorbehaltlich einer dauerhaften Aufgabe des Beschaffungswillens angewiesen, das im Supplement zum EU-Amtsblatt unter dem Aktenzeichen 2017/S … am 06.04.2017 bekannt gemachte Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags im ÖPNV für Fahrdienstleistungen für die Förderschule und HPT der Einrichtung H… in rechtsfehlerfreien Stand zurückzuversetzen und unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen.

3. Es wird festgestellt, dass die Antragsgegnerin die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt hat.

4. Die Hinzuziehung des Bevollmächtigten der Antragstellerin im Verfahren vor der Vergabekammer wird für notwendig erklärt.

5. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung durch die Antragstellerin.

Für den Fall, dass die Antragsgegnerin das Verfahren ohne Ausspruch der Vergabekammer freiwillig und umgehend in rechtsfehlerfreien Stand zurückversetzet, sowie für den Fall, dass die Antragsgegnerin dauerhaft vom Beschaffungsvorhaben Abstand nimmt, wurde hilfsweise beantragt,

6. Es wird festgestellt, dass die Antragsgegnerin verpflichtet waren, das im Supplement zum EU-Amtsblatt unter dem Aktenzeichen 2017/S … am 6.4.2017 bekannt gemachte Verfahren zur Vergabe eines öffentlichen Dienstleistungsauftrags im ÖPNV für H… in rechtsfehlerfreien Stand zurückzuversetzen und unter Beachtung der Rechtsauffassung der Vergabekammer zu wiederholen.

7. Es wird festgestellt, dass die Antragsgegnerin die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt hat.

8. Die Hinzuziehung des Verfahrensbevollmächtigten der Antragstellerin durch diese wird für notwendig erklärt.

9. Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung der Antragstellerin.

Zudem wurde Akteneinsicht in die der Vergabe zugrunde liegenden Unterlagen, insbesondere die Unterlagen, mittels deren die Antragsgegnerin das Angebot der Beigeladenen geprüft habe, sowie in die Dokumentation des Verfahrens beantragt.

Die Antragsgegnerin sei eine gemeinnützige juristische Person des Privatrechts, die Aufgaben nichtgewerblicher Art erfülle und überwiegend durch Gebietskörperschaften und deren Sondervermögen sowie Verbände solcher finanziert werde.

Die Antragstellerin wende sich gegen die beabsichtigte Bezuschlagung der Beigeladenen. Die Zuständigkeit der Vergabekammer sei gegeben und der Auftrag überschreite den maßgeblichen Schwellenwert von 209.000,00 €.

Der Nachprüfungsantrag sei auch zulässig, da die Antragstellerin antragsbefugt sei und ihrer Rügeverpflichtung mit ihren Rügen vom 21.06.2017 und 22.06.2017 fristgerecht nachgekommen sei.

Weiter wurde ausgeführt, dass der Nachprüfungsantrag auch begründet sei, da die Antragsgegnerin die Bestimmungen über das Vergabeverfahren nicht eingehalten habe und die Antragstellerin dadurch in ihren Rechten verletzt sei.

Aus folgenden Gründen sei die Beigeladene vom Verfahren auszuschließen:

1. Das Angebot der erstplatzierten Bieterin sei unvollständig sowie fachlich und rechnerisch falsch.

2. Das Angebot der erstplatzierten Bieterin sei nicht form- und fristgerecht eingegangen.

3. Die erstplatzierte Bieterin habe Änderungen an ihren Eintragungen vorgenommen, welche nicht zweifelsfrei seien.

4. Die erstplatzierte Bieterin habe Änderungen oder Ergänzungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen.

5. Die erstplatzierte Bieterin habe nicht nur unwesentliche Preisangaben unterlassen.

Selbst wenn die Beigeladene nicht vom Verfahren auszuschließen sei, würde die Antragstellerin bei korrekter Wertung des Angebots den ersten Platz einnehmen, denn ihr Angebot sei fehlerhaft bepunktet worden, da die der Antragstellerin erteilten Punkte bei der Wertung so nicht vorgesehen seien.

Die Antragstellerin hätte beim Kriterium „Konzept Ausfälle Fahrer/Fahrzeuge“ die volle Punktzahl erhalten müssen, denn die Antragsgegnerin habe mit ihrer Bepunktung zu erkennen gegeben, dass die Antragstellerin ein überdurchschnittliches Konzept angeboten habe. Bei überdurchschnittlichen Konzepten seien aber laut Wertungsmatrix 20 Punkte zwingend vorgegeben.

Beim Kriterium „Konzept Unvorhersehbare Ereignisse“ hätte die Antragstellerin ebenfalls 20 Punkte erhalten müssen, da die Antragsgegnerin mit ihrer Bepunktung zu erkennen gegeben habe, dass die Antragstellerin ein überdurchschnittliches Konzept angeboten habe, das laut Wertungsmatrix zwingend mit 20 Punkten zu bewerten gewesen sei.

Für das Wertungskriterium „Umweltverträglichkeit“ habe die Antragstellerin 10 Punkte erhalten müssen, denn die Antragstellerin habe ausschließlich EURO VI-Fahrzeuge angeboten, die mit 10 Punkten zu bewerten seien. Zusammen mit den für den Preis vergebenen Punkten, habe die Antragstellerin daher insgesamt eine höhere Punktzahl erzielt und liege vor der Beigeladenen.

Angesichts der vorgenannten Wertungsfehler, gehe die Antragstellerin davon aus, dass auch das Preiskriterium nicht korrekt gewertet worden sei.

Die Vergabekammer informierte die Antragsgegnerin mit Schreiben 22.06.2017 über den Nachprüfungsantrag und forderte deren Vergabeunterlagen an, die am 26.06.2017 eingegangen sind.

Der ehrenamtliche Beisitzer hat die Entscheidung über Beiladungen, den Umfang der Akteneinsicht sowie ggf. über die Verfahrenseinstellung nach Antragsrücknahme mit Schreiben vom 03.07.2017 auf den Vorsitzenden und den hauptamtlichen Beisitzer übertragen.

Mit Schreiben vom 04.07.2017 beantragte die Antragsgegnerin auf den Nachprüfungsantrag:

1. Der Nachprüfungsantrag der Antragstellerin wird abgelehnt.

2. Der Antragsgegnerin wird gestattet, der Fa. M… gGmbH - Beizuladende – binnen 2 Wochen nach Zustellung der Entscheidung der Vergabekammer den Zuschlag zu erteilen.

3. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer.

4. Die Antragstellerin trägt die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung aufgewandten Kosten der Antragsgegnerin.

Der Nachprüfungsantrag sei teilweise unzulässig. Die vorgetragenen Rügepunkte (unter Nr. 3.1 des Nachprüfungsantrages) in Bezug zum zwingenden Ausschluss der Beigeladenen seien „reine Rügen ins Blaue hinein“, die ohne irgendwelche Anhaltspunkte dazu benannt worden seien. Deshalb seien die Rügen aus Sicht der Antragsgegnerin als unsubstantiiert einzustufen.

Ebenso sei die gerügte fehlerhafte Wertung des Angebots der Antragstellerin, wie unter Nr. 3.2 des Nachprüfungsantrags vorgetragen, nicht ordnungsgemäß gerügt worden. Zwar sei die Rüge vom 21.06.2017 und die weiteren Rügen vom 22.06.2017 innerhalb der gesetzlichen Frist gemäß § 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 GWB eingegangen. Aber die Antragstellerin habe in der Rüge vom 21.06.2017 lediglich unspezifiziert gerügt, dass die Wertung der Antragstellerin fehlerhaft sei und im vorliegenden Fall mehr Punkte zustehen würden. Eine Begründung bei welchem Zuschlagskriterium die Wertung der Antragstellerin nicht stimme und weshalb die Wertung fehlerhaft erfolgt sei, sei nicht ausgeführt worden. Es könne erwartet werden, dass der Anbieter in der Rüge näher darauf eingehe, da die Vergabestelle in ihrer Mitteilung nach § 134 GWB ja die Punkte der vier Zuschlagskriterien detailliert aufgeführt habe.

Inhaltlich müsse die Rüge so konkret sein, damit der Auftraggeber in die Lage versetzt werde, den beanstandeten Fehler zu erkennen. Zudem habe die Antragstellerin eine unangemessen kurze Frist angesetzt. Die Rüge vom 21.06.2017 sei um 20.32 Uhr und die Rüge vom 22.06.2017 sei um 08.45 Uhr eingegangen. Damit dränge sich der Verdacht auf, dass die Kombination aus unspezifizierter Rüge und unnötig aufgebautem Zeitdruck, den Auftraggeber dazu verleiten sollte, der Rüge nicht abzuhelfen und damit den Weg in ein Nachprüfungsverfahren zu ermöglichen. Erst im Nachprüfungsverfahren seien spezifizierte Begründungen zur fehlerhaften Wertung der Antragstellerin erfolgt, was zu spät gewesen sei.

Der Nachprüfungsantrag sei auch im Übrigen nur zum Teil begründet.

Die Antragsgegnerin führte aus, dass der Nachprüfungsantrag unbegründet sei hinsichtlich des Vorbringens, wonach die Beigeladene auszuschließen (Nr. 3.1 des Nachprüfungsantrages) sei. Dies habe die Antragstellerin wie folgt begründet:

1. „Die Angebote der erstplatzierten Bieterin seien unvollständig sowie fachlich und rechnerisch falsch.

2. Die Angebote der erstplatzierten Bieterin seine nicht form- und fristgerecht eingegangen.

3. Die erstplatzierte Bieterin habe Änderungen an ihren Eintragungen vorgenommen, welche nicht zweifelsfrei seien.

4. Die erstplatzierte Bieterin habe Änderungen oder Ergänzungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen.

5. Die erstplatzierte Bieterin habe nicht nur unwesentliche Preisangaben unterlassen.“

Die Unterlagen seien auf die Rügen der Antragstellerin nochmals geprüft worden. Es lägen, wie bereits mit Absageschreiben vom 22.06.2017 der Antragstellerin mitgeteilt worden sei, keinerlei Anhaltspunkte vor, dass das Angebot der Antragstellerin auszuschließen sei.

In Bezug auf die von der Antragstellerin vorgebrachte fehlerhafte Wertung ihres Angebots teilte die Antragsgegnerin mit, dass erstmals im Nachprüfungsantrag vom 22.06.2017 konkret mitgeteilt worden sei, dass bei der Wertung der Konzepte Zwischenstufen gebildet worden seien, die in den Ausschreibungsunterlagen nicht vorgesehen seien. Dieser Fehler in der Auswertung hätte ausgeräumt werden können, wenn die Antragstellerin dies spezifizierter gerügt hätte und nicht bereits vor Ablauf ihrer gesetzten Frist zur Abhilfe der Rüge einen Nachprüfungsantrag gestellt hätte. Die Antragsgegnerin habe die Wertung aller Angebote unter Berücksichtigung der in den Ausschreibungsunterlagen mitgeteilten Wertung wiederholt. Die Wertungsreihenfolge der Angebote habe sich durch die Neuwertung aber nicht verändert, da alle Angebote zuvor gleich fehlerhaft bewertet worden seien. Da die Bieter bei der Neubewertung bei den Qualitätskriterien eine identische Bewertung erhalten haben, sei vorliegend allein der Preis das entscheidende Kriterium für die Reihung.

Weiter wurde im Einzelnen zu der Wertung Stellung genommen.

Sowohl beim Leistungskriterium „Konzept Ausfälle Fahrer / Fahrzeuge“, also auch beim Leistungskriterium „Konzept unvorhersehbare Ereignisse“ hätten beide Bieter jeweils die Höchstpunktzahl von 20 Punkten erhalten.

Beim Leistungskriterium „Umweltverträglichkeit“ habe die Beigeladene in der ursprünglichen Wertung mehr Punkte als die Antragstellerin erhalten. Als Kriterium Umweltschutz sehe die Antragsgegnerin insbesondere das Alter und die Laufzeit der eingesetzten Fahrzeuge als entscheidend. Die Beigeladene habe die Fahrzeuge gut beschrieben, ein Höchstalter und eine Höchstkilometerzahl zugesichert. Sie habe deshalb bei der Neubewertung die Höchstpunktzahl erhalten.

Die Antragstellerin habe die Fahrzeuge beschrieben indem sie auf eine Anlage verwiesen habe, die aber nicht bei dem Angebot enthalten gewesen sei. In der neuen Bewertung habe die Antragstellerin die Höchstpunktzahl erhalten.

Die Antragstellerin moniere im Nachprüfungsantrag zudem, dass die Preiswertung nicht richtig durchgeführt worden sei. Die Antragsgegnerin habe dagegen die Preiswertung unter Zugrundelegung der Zuschlagskriterien gewertet. Diesbezüglich sei ein Bruttovergleich angestellt worden, weil die Mehrwertsteuer in Fällen der Fahrdienstleistungen (0%, 7% bzw. 19%) und bei Beteiligung von gemeinnützigen GmbHs, die grundsätzlich von der Mehrwertsteuer befreit seien, eine nicht unwesentliche Rolle spiele.

Nach § 169 Abs. 2 GWB sei der Antragsgegnerin die vorzeitige Erteilung des Zuschlags zu gestatten, da vorliegend unter Berücksichtigung aller Interessen ein besonderes Interesse an der beschleunigten Erteilung des Zuschlags bestehe.

Zunächst sei das Interesse der Allgemeinheit am raschen Abschluss des Verfahrens zu berücksichtigen. Darüber hinaus gebe es seitens der Antragsgegnerin und der Beigeladenen ein besonderes Interesse am vorzeitigen Zuschlag. Gegenstand der vorliegenden Vergabe sei die Schülerbeförderung für die Förderschule und Heilpädagogische Tagesstätte. Um den Auftrag erfüllen zu können, sei dem Auftragnehmer eine angemessenere Vorlaufzeit von mindestens zwei Monaten vor Vertragsbeginn einzuräumen, damit dieser die erforderlichen Fahrzeuge beschaffen und das erforderliche Personal einstellen könne. Bei einer Verzögerung hätte der Auftragnehmer nicht mehr die erforderliche Vorlaufzeit und könne entsprechend mit Vertragsbeginn nicht leisten. Der aktuelle Vertrag laufe aus, sodass die individuelle Beförderung der behinderten Schüler nicht mehr sichergestellt sei. Es bestehe theoretisch die Möglichkeit mit dem Unternehmen, das derzeit die Leistung erbringe, über eine Vertragsverlängerung zu verhandeln, aber es sei nicht absehbar, ob dieses der Verlängerung zustimme und den Bedarf decken könne. Andernfalls habe die Antragsgegnerin die Leistung interimsweise anderweitig zu vergeben, was zu erheblichen Zusatzkosten führe.

Ausschlaggebendes Interesse seitens der Antragsgegnerin sei die Aufrechterhaltung der Beförderung.

Die Antragsgegnerin führte noch aus, dass die Bieter insbesondere wegen der unvorhersehbaren Entwicklung der Kraftstoffpreise bei einem Vergabeverfahren, das zeitlich weit vor Vertragsbeginn liege, nur schwer kalkulieren könnten. Auch sei bei der Interessensabwägung der teilweise unzulässige Nachprüfungsantrag zu berücksichtigen. Deshalb sei der vorzeitige Zuschlag zu erstatten.

Daraufhin nahm die Antragstellerin mit Schreiben vom 06.07.2017 Stellung und beantragte,

1. Den Antrag auf vorzeitige Zuschlagsgestattung gemäß § 169 Abs. 2 GWB abzulehnen.

Mangels neuem Informationsschreiben gemäß § 134 GWB sehe die Antragstellerin den Rechtsstreit nicht als erledigt an, da sie weder eine Rücknahme im Rahmen einer Einigung mit der Antragsgegnerin erklären, noch unbedingte Fortsetzungsfeststellungsanträge zur Klärung stellen könne.

Vorsorglich, für den Fall, dass kurzfristig ein Schreiben gemäß § 134 GWB eingehe und dass keine Einigung gefunden werde, teilte die Antragstellerin mit, dass hinsichtlich der formalen Mängel keine Rüge ins Blaue hinein stattgefunden habe, da mangels Akteneinsicht von ihr kein weiterer Vortrag erwartet werden könne.

Auch sei die Rüge hinsichtlich der fehlerhaften Wertung hinreichend substantiiert vorgetragen worden. Die Antragsgegnerin „überstrapaziere“ die Anforderungen an eine Rüge.

Auch verkenne die Antragsgegnerin, dass die Antragstellerin gemäß § 160 Abs. 3 GWB zur Rüge verpflichtet sei, aber diese könne auch unmittelbar vor einem Nachprüfungsantrag erfolgen. Die Antragstellerin habe zudem erläutert, warum eine derart knappe Frist gesetzt werden musste.

Die Anordnung der Versendung des Nachprüfungsantrages habe der Verfahrensbevollmächtigte der Antragstellerin erst nach Fristablauf um 12:00 Uhr verfügt. Die Irritation der Antragsgegnerin hinsichtlich des Zeitstempels auf dem Telefax ergebe sich aus einem EDV-Fehler des Computerfaxes.

Die Antragsgegnerin impliziere auf S. 8 des Schriftsatzes vom 04.07.2017, dass das Angebot der Antragstellerin unvollständig sei. Vermutlich liege nur ein eilbedingter Fehler vor. Die Antragstellerin habe vor Einreichung jedes Angebots identische Kopien angefertigt. Die Prüfung der Kopien habe ergeben, dass die Antragstellerin alle erforderlichen Ausführungen zum Fahrzeugkonzept, die für eine Maximalpunktzahl erforderlich seien, gemacht habe.

Der Nachprüfungsantrag sei auch begründet. Indem die Antragsgegnerin eine Neubewertung durchgeführt habe, habe er dem Begehren der Antragstellerin entsprochen und insoweit deren Rüge nach veranlasstem Nachprüfungsantrag abgeholfen. Die Antragsgegnerin habe insoweit die fehlerhafte Auswertung eingeräumt. Das Verfahren sei von der Antragsgegnerin in einen früheren Stand zurückversetzt worden, allerdings mangels einer neuen Mitteilung nach § 134 GWB noch nicht abgeschlossen.

Die Antragstellerin bezweifle, ob nun eine rechtmäßige Neubewertung durchgeführt worden sei. Denn die Antragsgegnerin stelle allein auf die dazumal rechtswidrig vergebenen Punkte ab und runde diese auf. Ein bloßes Aufrunden sei keine Neubewertung. Die Kriterien seien auch inhaltlich zu prüfen. Die bloße mathematische Betrachtung genüge der eigenen Wertungsmatrix nicht. Vielmehr stelle die Antragsgegnerin eine neue Wertungsmatrix auf, welche nunmehr ein Aufrunden einer unrechtmäßigen Zwischenwertung beinhalte. Die neue nicht bekannt gemachte Wertungsmatrix sei rechtswidrig, was gerügt werde.

Der Antrag auf vorzeitige Zuschlagsgestattung sei abzulehnen, da die Antragsgegnerin bereits keine über ein allgemeines Zuschlagsinteresse hinausgehenden Gründe geltend mache. Insbesondere liege kein substantiierter Vortrag vor, warum die Rüstzeiten nicht ausreichend sein sollen. Insbesondere die Beigeladene verfüge über einen großen Fahrzeugpark und Mitarbeiterstab. Auch könne die Antragstellerin im Rahmen einer Interimsvergabe ohne weiteres und rechtzeitig einspringen und sei auch daran interessiert. Der Vortrag der Antragsgegnerin, es könne eine Interimsvergabe im Rahmen einer Verlängerung des Vertrages mit dem Mitbewerber erfolgen, sei eine unzulässige De-facto-Vergabe. Für den Fall, dass die Antragstellerin an einem Verfahren zur Interimsvergabe nicht beteiligt werde, kündigte die Antragstellerin einen weiteren Nachprüfungsantrag an.

Mit Beschluss vom 12.07.2017 wurde die M… gemeinnützige GmbH, deren Interessen im streitgegenständlichen Vergabeverfahren von der Entscheidung der Vergabekammer in erheblicher Weise berührt sein könnten, beigeladen.

Ebenfalls mit Schreiben vom 12.07.2017 wurde zur mündlichen Verhandlung in den Räumen der Regierung von Oberbayern am 26.07.2017, 10:00 Uhr geladen. Das Verfahren wurde zur gemeinsamen mündlichen Verhandlung mit der Sache Z3-3-3194-1-32-06/17 verbunden.

In einem weiteren Schreiben vom 12.07.2017 wurde über den Umfang der Akteneinsicht entschieden und der Antragstellerin entsprechend Akteneinsicht gewährt.

Mit Schreiben vom 12.07.2017 übersandte die Antragsgegnerin in Abschrift nach Neubewertung der Angebote ein neues Informationsschreiben nach § 134 GWB, das auch an die Antragstellerin gesandt wurde.

Mit Schriftsatz vom 14.07.2017 teilte die Antragsgegnerin insbesondere mit, dass sie eine Neubewertung der beiden Angebote vorgenommen habe und an den unterlegenen Bieter eine neue Mitteilung nach § 134 GWB übersandt habe. Die Wertungsreihenfolge habe sich dabei nicht geändert.

Mit Schreiben vom 18.07.2017 äußerte die Antragstellerin, dass die Bewertung, deren Begründung und die Dokumentation der Konzepte nicht den Anforderungen an eine transparente und nachvollziehbare Bewertung von Konzepten genügten. Da nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH (Beschluss vom 4.4.2017 – X ZB 3/17) eine sogenannte Schulnotenbewertung von Konzepten nicht mehr zu beanstanden sei, müsse nach dem BGH das Risiko einer intransparenten Vergabe durch eingehende Dokumentation des Wertungsprozesses begegnet werden. Dies gelte für die Bewertung und Dokumentation vom 06.06.2017 und vom 12.07.2017.

Die stichwortartige pauschale Begründung lasse die Bewertung des Konzeptes „Ausfall“ nicht hinreichend nachvollziehen. Es liege keine Dokumentation „aller maßgeblichen Erwägungen und Schritte“, die es ermögliche, nachzuvollziehen, „welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht in die Benotung eingegangen sind“ vor, wie vom BGH gefordert. Im Übrigen sei auch nicht deutlich, warum das Konzept unter Zugrundelegung der festgestellten Parameter überdurchschnittlich sei, laut den aufgestellten Anforderungen.

Das gleiche gelte für die Bewertung des Konzeptes „Unvorhergesehene Vorfälle“. Eine Auseinandersetzung mit der eigens aufgestellten Definition, wann ein Konzept durchschnittlich sei finde hier nicht statt und sei nicht dokumentiert. Auch bei diesem Konzept seien bei den Ausführungen der Antragsgegnerin zur Wertung, lediglich Merkmale des Konzeptes schlagwortartig festgestellt worden, ohne eine Bewertung und Begründung der Punktevergabe entsprechend den Anforderungen des BGH vorzunehmen.

Die Bewertung des Konzepts „Umweltverträglichkeit sei noch am nachvollziehbarsten, dennoch fehle eine ausführliche Dokumentation aller maßgeblichen Erwägungen und Schritt einer nachvollziehbaren Dokumentation einer Konzeptbewertung. Auch wenn die Antragstellerin, die Konzepte der Beigeladenen aufgrund der Schwärzungen bei der Akteneinsicht nicht kenne, gehe sie davon aus, dass die Bewertung bei der Beigeladenen in gleicher Weise erfolgt sei. Auch sei die Bewertung der Konzepte im Vergleich untereinander nicht nachvollziehbar. Die Antragstellerin gehe davon aus, dass die Konzepte der Beigeladenen schlechter bewertet werden müssen. In diesem Fall würde die Antragstellerin den Wertungsnachteil im Kriterium Preis über mehr Punkte im Bereich der Qualität beseitigen, so dass sie mehr Gesamtpunkte erhalten müsste als die Beigeladene.

Aufgrund der jetzt am 12.07.2017 mitgeteilten Wertungspunkte lasse sich erstmals der Preisunterschied zwischen den Angeboten der Antragstellerin und der Beigeladenen berechnen, weil die Bewertung in den Konzepten bei beiden Angeboten gleich erfolgt sei. Das Angebot der Beigeladenen sei wesentlich günstiger als das der Antragstellerin. Da die Aufgreifschwelle nach der ständigen Rechtsprechung bei 10% Preisdifferenz liege, liege ein Unterkostenangebot der Beigeladenen vor. Dieser Preisunterschied könne nicht aus der Umsatzsteuerbefreiung der Beigeladenen resultieren, weil als Ausgleich für die Befreiung auch der Nachteil, dass die Beigeladene keine Vorsteuer ziehen könne, mit einkalkuliert werden müsse. Der Preisunterschied könne allein aus zu niedrig angesetzten Stundenanzahlen für Fahrer und Beifahrer resultieren. Diese niedrigen Stundenzahlen stellten jedoch einen Verstoß bzw. eine Umgehung der Bestimmungen zum Mindestlohn dar. Nach dem Beschluss des VK Bund vom 14.07.2015 – VK 2-57/15 habe der Bieter einen Rechtsanspruch auf Aufklärung des Angebots, insbesondere aufgrund der Mindestlohnrelevanz habe eine Aufklärung durch die Antragsgegnerin stattfinden müssen. Dies sei vergaberechtswidrig unterblieben.

Da die Antragsgegnerin ohne nachvollziehbare Gründe die Konzepte gleich bewertet habe, führe dies im Ergebnis dazu, dass die Antragsgegnerin die Angebote nur anhand des Kriteriums „Preis“ bewerte. Die Antragsgegnerin habe daher bewusst, das Wertungskriterium Qualität ausgeblendet.

Da die Antragsgegnerin ohne nachvollziehbare Gründe die Konzepte gleich bewertet habe, führe dies im Ergebnis dazu, dass der Antragsgegner die Angebote nur anhand des Kriteriums „Preis“ bewerte. Die Antragsgegnerin habe daher bewusst das Wertungskriterium Qualität ausgeblendet.

Die Antragsgegnerin nahm noch zu dem Schriftsatz der Antragstellerin vom 18.07.2017 mit Schreiben vom 24.07.2017 Stellung und teilte hinsichtlich Unterpreisangeboten mit, dass § 60 VgV nicht bieterschützend sei bzw. nur dann ausnahmsweise, wenn der günstigste Bieter das Ziel verfolge, bestimmte Wettbewerber in Form eines Verdrängungswettbewerbs vom Markt zu verdrängen. Da hier alle beteiligten Bieter einen relativ großen Marktanteil hielten, sei vorliegend nicht von einem Verdrängungswettbewerb auszugehen. Es gäbe keinerlei Hinweise, dass vorliegend das Angebot der Beigeladenen ungewöhnlich niedrig sei. Der monetäre Unterschied betrage zwischen der Beigeladenen und der Antragstellerin auf die gesamte Vertragsdauer gesehen ca. 7%. Da die Aufgreifschwelle bei einer Differenz von ca. 10 – 15% liege, handle es sich schon formal um kein ungewöhnlich niedriges Angebot das zu überprüfen sei. Zudem sei davon auszugehen, dass die Beigeladene, die zugleich der aktuelle Vertragspartner für diese Leistung sei, und Rahmenbedingungen sowie die Vertragserfüllung bereits umfassend kenne, sich bei der Kalkulation der Leistung sicher sei. Da bei der Beigeladenen der Besetztkilometerpreis deutlich höher als der aktuelle Besetztkilometerpreis sei, stelle sich die Frage eines ungewöhnlich niedrigen Angebotspreises nicht.

Am 12.07.2017 sei nochmals eine Bewertung der Angebote durchgeführt worden und das Ergebnis im Protokoll vom gleichen Tage in Kurzform festgehalten worden. Es wurde zu den einzelnen Leistungskriterien nochmals einzeln Ausführungen gemacht.

Mit Schreiben vom 19.07.2017 nahm die Beigeladene durch ihren nun Verfahrensbevollmächtigten Stellung und beantragte,

  • 1.Den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen, soweit die Antragstellerin mit ihren Beanstandungen zu Ziffer 3.1 des Nachprüfungsantrages einen zwingenden Ausschluss des Angebotes der Beigeladenen begehrt,

  • 2.die Hinzuziehung der Bevollmächtigten der Beigeladenen für das Verfahren vor der Vergabekammer für notwendig zu erklären,

  • 3.der Antragstellerin die der Beigeladenen entstandenen notwendigen Aufwendungen zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung bzw. Rechtsverteidigung aufzuerlegen.

Die Beigeladene führte aus, dass der Nachprüfungsantrag in Bezug auf den von der Antragstellerin vorgetragenen Ausschluss des Angebotes der Beigeladenen unzulässig und unbegründet sei.

Die Antragsgegnerin sei schon kein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 GWB, so dass die Anrufung der Vergabekammer bereits unstatthaft sei. Die Antragsgegnerin sei kein öffentlicher Auftraggeber in Sinne des § 99 Nr. 2 GWB, da diese nicht zu dem besonderen Zweck gegründet worden sei, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben wahrzunehmen. Die Antragsgegnerin sei im Jahre 2008 im Zuge einer Ausgliederung des bis dahin von dem H… Verein zur Förderung und Betreuung mehrfachbehinderter Kinder und Erwachsener e.V. betriebenen Förderzentrums nebst Förderstätte, Tagesstätte, Wohnheim und Begegnungsstätte gegründet worden. Alleiniger Gesellschafter sei der vorgenannte Verein. Dieser wie auch die Antragsgegnerin sei zu dem Zweck der Förderung mildtätiger Zwecke und der Betreuung mehrfachbehinderter Kinder und Erwachsener auch in Zusammenarbeit mit anderen steuerbegünstigten Organisationen gleicher Zielsetzung und zum Zwecke der Förderung der freien Wohlfahrtspflege und der Berufsbildung begründet worden. Sowohl die Antragsgegnerin als auch ihr Gesellschafter seien Mitglieder im Paritätischen Wohlfahrtsverband. Auch wenn diese im Interesse liegende Aufgaben im Sinne des § 33 Abs. 2 BayEUG wahrnehmen, sei diese damit nicht zu dem besonderen Zweck der Erfüllung staatlicher Allgemeininteressen gegründet worden. Gründungszwecke wären – wie sich aus § 2 der Vereinssatzung ergäbe – die Erfüllung mildtätiger, caritativer Zwecke. Der Antragsgegnerin sei es nicht darum gegangen, sich unmittelbar in die Staatsverwaltung einzubinden, sondern vielmehr um mildtätig, caritativ tätig zu sein.

Jedenfalls fehle der Antragsgegnerin aber auch die für eine Subsumtion unter die Vorschrift des § 99 Nr. 2 notwendige besondere Staatsnähe. Über die Antragsgegnerin übten weder staatliche Stellen oder von diesen bestimmte Mitglieder der Geschäftsführung oder Organe die Leitung aus, noch werde die Antragsgegnerin durch die öffentliche Hand überwiegend finanziert.

Maßgeblich für die Betrachtung der überwiegenden Finanzierung sei nicht der konkret zu vergebende Auftrag, sondern vielmehr sei auf die Finanzierung der juristischen Peron und seiner Aktivitäten als Ganzes abzustellen. Dabei seien nur solche Finanzmittel ohne spezifische Gegenleistung zu berücksichtigen. Zweckgebundene Zahlungen, die die Antragsgegnerin von staatlichen Stellen erhalte, lägen deutlich unterhalb von 50% der Kosten der Antragsgegnerin, so dass eine überwiegende öffentliche Finanzierung nicht gegeben sei. Der Nachprüfungsantrag sei schon aus diesem Grund unzulässig.

Soweit die Antragstellerin mit Email vom 22.06.2017 pauschal gerügt habe, dass die Beigeladene von Verfahren auszuschließen sei, erfülle ein derart pauschaler Vorwurf, der völlig ins Blaue hinein erhoben worden sei, nicht das Mindestmaß für die Substantiierung von Rügen. Eine Auflistung von Vergaberechtsfehlern ohne jeglichen Tatsachenvortrag genüge dazu nicht. Dies gelte auch für die im Nachprüfungsantrag zu Ziffer 3.1 vorgebrachten Rügen. Insoweit sei der Nachprüfungsantrag ebenso unzulässig.

Zudem sei der Nachprüfungsantrag unzulässig, weil die Antragstellerin in ihrem Nachprüfungsantrag nicht vortrage, dass und wodurch ihr durch die Verletzung der gerügten Vergaberechtsverstöße ein Schaden zu entstehen drohe. Es sei nicht ersichtlich, dass der Antragstellerin ein Schaden entstehe, denn trotz der Berichtigung der Fehler in der Angebotsauswertung erreiche das Angebot der Antragstellerin keine besseren Zuschlagschancen.

Unabhängig davon seien die Rügen unbegründet. Die Beigeladene habe weder ein unvollständiges noch ein fachlich und rechnerisch falsches Angebot abgegeben. Das Angebot sei form- und fristgerecht eingegangen und die Beigeladene habe keine Änderungen und Ergänzungen an den Vergabeunterlagen vorgenommen, so dass auch der Vorwurf der Antragstellerin, Änderungen und Ergänzungen der Beigeladenen an den Antragsunterlagen seien nicht zweifelsfrei erfolgt, unzutreffend seien. Die Beigeladene habe zudem auch keine Preisangaben unterlassen.

Nach der zwischenzeitlich erfolgten Korrektur der Angebotsauswertung durch die Antragsgegnerin greife der Antrag auf Zurückversetzung des Verfahrens in einen rechtmäßigen Stand nicht mehr.

Mit Schreiben vom 24.07.2017 teilte die Beigeladene noch zu dem Schreiben der Antragstellerin vom 18.07.2017 mit, dass die erhobene Beanstandung, bei dem Angebot der Beigeladenen handle es sich um ein Unterkostenangebot, unerheblich sei, da sich die Antragstellerin nur auf eine vermeintliche Unauskömmlichkeit des Angebots eines Wettbewerbers berufen könne, wenn eine Verdrängungsabsicht des Mitbewerbers vom Markt vorliege, was nicht zutreffe. Sie habe auch diesbezüglich nichts vorgetragen.

Das Angebot der Beigeladenen sei im Übrigen auskömmlich kalkuliert und die Behauptungen der Antragstellerin, die Beigeladene habe mit zu geringen Stunden kalkuliert, sei völlig aus der Luft gegriffen. Die gemäß den Vorgaben der Vergabeunterlage zu kalkulierenden 150.500 Besetztkilometer p. a. einschließlich der Leerfahrten könnten innerhalb der von der Beigeladenen in ihrem Angebot gemäß dem Preisblatt kalkulierten Fahrzeiten problemlos gefahren werden.

Die mündliche Verhandlung fand am 26.07.2017 in den Räumen der Regierung von Oberbayern statt.

Das Nachprüfungsverfahren wurde mit dem Nachprüfungsverfahren Z3-3-3194-1-32-06/2017 (… ./. …) zur gemeinsamen mündlichen Verhandlung verbunden. Die Antragsgegnerin erklärte zu Protokoll, dass sie den Antrag auf vorzeitige Zuschlagserstattung nach § 169 Abs. 2 GWB vom 04.07.2017 zurücknehme.

Die Sach- und Rechtslage wurde erörtert. Die Verfahrensbeteiligten hatten Gelegenheit zum Vortrag.

Der Vorsitzende wies darauf hin, dass die Zuständigkeit der Vergabekammer nach § 99 Nr. 2 GWB ungeklärt sei. Nach vorläufiger Rechtsauffassung der Vergabekammer bestehe keine überwiegende Finanzierung der Antragsgegnerin von Stellen nach Nummer 1 oder 3, da die Erlöse überwiegend von staatlichen Stellen für spezifische Gegenleistungen gewährt werden und aus diesem Grund damit § 99 Nr. 2a GWB nicht gegeben sei.

Die Antragsgegnerin könnte aber Auftraggeberin nach § 99 Nr. 2b GWB sein, da ihre Leitung unter der qualifizierten Aufsicht durch öffentliche Auftraggeber liegen. Rechtsgrundlage für die Aufsicht über die Schule sei der 5. Teil des BayEUG.

Die Antragsgegnerin bestätigte, dass sie in Bezug auf das Wohnheim der Heimaufsicht nach dem PfleWoqG unterliege und die Aufsicht über die Heilpädagogische Tagesstätte in § 45 ff. SGB VIIII geregelt sei. Bei der Förderstätte gebe es keine Aufsicht. Der Bezirk O… könne dort nur auf Erfüllung der Vertragsrechte aus der Leistungsvereinbarung pochen.

Der Vorsitzende wies darauf hin, dass insoweit die Einzelheiten völlig ungeklärt seien, Grundlagen fänden sich in den Entscheidungen des EuGH vom 01.02.2001, Rs. C-237-99 „OPAC“ und vom 27.02.2003 Rs. C-373-00 Adolf Truley. Die jüngere nationale Rechtsprechung (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.07.2015, Verg 11/15 und OLG Celle, Beschluss vom 13.10.2016, 13 Verg 6/16) habe sich mit den Thema nicht auseinander gesetzt.

Aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Thematik für eine große Anzahl freier Sozialträger und der zahlreichen ungeklärten Fragen ziehe die Kammer daher eine Vorlage der Sache an den EuGH in Betracht.

Die Antragstellerin hielt ihre Anträge vom 22.06.2017 und die Antragsgegnerin hielt seine Anträge vom 04.07.2017, außer Nr. 2, aufrecht. Die Beigeladene stellte keine Anträge. In der mündlichen Verhandlung wurde die Frist zur Entscheidung der Vergabekammer gem. § 167 Abs. 1 S. 2 GWB bis zum 31.08.2017 verlängert.

Im Übrigen wird auf das Protokoll verwiesen.

Nach Aufforderung der Vergabekammer in der mündlichen Verhandlung übersandte die Antragsgegnerin mit E-Mail vom 31.07.2017 den „Rahmenvertrag für teilstationäre und stationäre Einrichtungen nach §§ 75 SGB XII“, die „Individuelle Leistungsvereinbarung für Leistungstyp teilstationäre Angebote zur Tagesbetreuung körperlich, geistig und seelisch behinderter Erwachsener in Förderstätten, Förder- und Betreuungsgruppen“ und die „Individuelle Leistungsvereinbarung für Leistungstypen teilstationäre Angebote geistig behinderte Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene in Heilpädagogischen Tagesstätten“.

Mit Schreiben vom 07.08.2017 stellte die Antragsgegnerin erneut einen Antrag auf vorzeitige Gestattung des Zuschlags gemäß § 169 Abs. 2 GWB. Die Antragsgegnerin führte dazu aus, dass der Antrag begründet sei, da das Interesse des Auftraggebers an der Vorabgestattung des Zuschlags, sowie das Interesse der Allgemeinheit, gegenüber dem Interesse der Antragsgegnerin überwiegen würden.

Die Antragstellerin habe bei der Vergabeentscheidung insbesondere die Bewertung der Qualitätskriterien gerügt, die zu einer Verletzung in ihren Rechten führe. Der Antragstellerin sei jedoch schon in der mündlichen Verhandlung von der Vergabekammer deutlich mitgeteilt worden, dass sie vermutlich nach einer Neubewertung der Angeboten durch die Antragsgegnerin unter Berücksichtigung der Ausführungen der Kammer nicht den Zuschlag erhalten werde, da die Neubewertung nichts an dem Gesamtergebnis ändere. Die Vergabestelle werde die Neubewertung der Angebote durchführen und die Informationsschreiben nach § 134 GWB unmittelbar danach versenden.

Der Auftraggeber müsse im Rahmen seiner Beschaffungspflicht für die Schülerbeförderung und die Eingliederungshilfeleistungen die Beförderung sicherstellen. Dies könne bei einer Förderschule und Heilpädagogischen Tagesstätte mit 74 vereinbarten Plätzen nicht täglich neu und spontan erfolgen. Vielmehr seien hier die besonderen Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen mit Behinderung besonders zu berücksichtigen. Gerade dieser Personenkreis mit schwerer geistiger Behinderung und häufig weiteren Behinderungen bedürfe einer verlässlichen, langfristig gesicherten und kontinuierlichen Beförderung zu den Förder- und Betreuungseinrichtungen. Veränderungen führten oftmals zu einer tiefen Verunsicherung und Krisen. Grundlage für eine Förderung und pädagogische Betreuung sei ein sicheres verlässliches Umfeld, auf dem Förderung gelingen könne. Daher bedürfe es einer umgehenden und längerfristigen Entscheidung über die künftige Durchführung der Beförderung durch nicht wechselnde Auftragnehmer. Aktuell befördere die Beigeladene im Rahmen der Interimsvergabe die Kinder und Jugendlichen bis zum 30.09.2017. Diese würden auch bei einer Vorabgestattung den Zuschlag erhalten. Damit wäre bis zur Entscheidung des EuGH und der Vergabekammer die kontinuierliche Beförderung sichergestellt.

Dies entspreche auch dem Interesse der Allgemeinheit. Entsprechend dem Sozialstaatsprinzip solle die besondere Förderung und Betreuung der Menschen mit Behinderung u.a. durch Sicherstellung der Beförderung gewährleistet sein. Dem stehe der Aspekt, dass die Vergabeleistung wirtschaftlich erfolgen müsse, nicht entgegen, denn der Zuschlag müsse auch nach der Neubewertung der Qualitätskriterien an den günstigsten Anbieter erfolgen, was nicht die Antragstellerin sei.

Mit der Verzögerung der Vergabe und dem Abwarten auf den Beschluss des EuGH könne die gesetzlich vorgegebene Beförderungspflicht nicht rechtssicher durchgeführt werden. Die Interimsvergabe sei im Hinblick auf die Frist zur Entscheidung der Vergabekammer nur bis zum 30.09.2017 erfolgt, da die Antragsgegnerin mit einem Abschluss des Verfahrens habe rechnen können. Eine Verlängerung der Interimsvergabe über weitere Monate sei unter Einhaltung der Vergabevorschriften nicht zulässig, da der Auftrag nur national ausgeschrieben worden sei und bei einer mehrmonatigen Verlängerung der EU-Schwellenwert überschritten würde. Eine Verlängerung sei deshalb nur bis maximal Ende November 2017 möglich. Eine weitere Ausschreibung danach bis zu einer Entscheidung des EuGH (vermutlich 2 – 2,5 Jahre) sei „wegen der erforderlichen Vorbereitung und Fristen nicht rechtssicher gestaltbar“, da erst nach der Entscheidung des EuGH Klarheit hinsichtlich der Frage bestehe, ob die Antragsgegnerin öffentlicher Auftraggeber nach § 99 GWB sei und damit europaweit ausschreiben müssen. Auch sei wegen der einzuhaltenden Fristen im Rahmen einer europaweiten Ausschreibung und den Vor-bereitungszeiten ab Zuschlag von ca. 2 – 3 Monate für die Einstellung von Fahrern und die Beschaffung von Fahrzeugen eine Ausschreibung mit Vertragsbeginn zum 01.12.2017 nicht mehr möglich. Damit sei die Beförderung bis zur erneuten Entscheidung der Vergabekammer ohne Vorabgestattung des Zuschlags nicht sichergestellt.

Zudem erfülle der Auftraggeber mit einer Verlängerung bzw. einer weiteren nationalen Interims-vergabe die Bedingungen der für die Refinanzierung der Schülerbeförderungsleistungen zuständigen Regierung von O… mit der Folge eines hohen Verlustrisikos durch Kürzungen der Vergütungen. Dieses Verlustrisiko bedrohe die Antragsgegnerin in ihrer Existenz, ganz zu schweigen von den damit verbundenen Unruhen in der Elternschaft.

Das OLG Düsseldorf habe in seinen Beschluss vom 11.09.2000 – Verg 7/00 gerade in Fällen der Vorlage beim Europäischen Gerichtshof einem Antrag auf Vorabgestattung des Zuschlags im Vergabeverfahren stattgegeben.

Im Hinblick auf die Eindeutigkeit der fehlenden materiellen Erfolgsaussichten auf Erhalt des Zuschlages der Antragstellerin nach Neubewertung der Angebote sowie den dargelegten Grün-den für die Notwendigkeit der Vorabgestattung des Zuschlages bei einer Aussetzung des Verfahrens bis zu einer Grundsatzentscheidung des EuGH seien die Voraussetzungen des § 169 Abs. 2 GWB umfänglich erfüllt.

Daraufhin nahm die Antragstellerin mit Schreiben vom 10.08.2017 Stellung und beantragte,

1. den Antrag auf vorzeitige Zuschlagsgestattung gemäß § 169 Abs. 2 GWB abzulehnen.

Zur Begründung wurde auch auf den Schriftsatz der Antragstellerin vom 06.07.2017 Bezug genommen. Weiter trug sie im Wesentlichen vor, dass die Antragsgegnerin keine Gesichtspunkte vorgetragen habe, welche eine vorzeitige Zuschlagsbestattung tragen könnten. Die Vergabekammer habe noch nicht entschieden, ob die Antragsgegnerin überhaupt zu einer Neubewertung verpflichtet sei. Zudem stehe nicht fest, welches Ergebnis dann die Wertung hätte. Hinzu komme, dass eventuell zunächst eine Aufklärung hinsichtlich der Konzepte durch die Vergabestelle zu erfolgen habe.

Das nachvollziehbare Interesse des Auftraggebers lasse sich auch mit einer oder mehreren Interimsvergaben abdecken.

Auch sei der Entscheidungszeitraum des EuGH nicht vorauszusagen. Weiter äußerte die Antragstellerin, dass es auf Schwellenwerte im Rahmen einer Interimsvergabe nicht ankomme. Es sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass eine Interimsvergabe im Rahmen eines vereinfachten Verhandlungsverfahrens für bis zu sechs Monate erfolgen dürfe. Dieser Zeitraum könne von der Antragsgegnerin genutzt werden, um für einen etwaigen erforderlichen Zeitraum ein formales Vergabeverfahren zur Abdeckung des Interimszeitraums durchzuführen.

Die seitens der Antragsgegnerin genannte Entscheidung des OLG Düsseldorf vom 11.09.2000 sei veraltet. Nach der herrschenden Rechtsmeinung müsse bei derartiger Konstellation die Vergabe mit Interimsvergabe überbrückt werden. Da die Antragsgegnerin nicht zu befürchten brauche, in ihren Interessen geschädigt zu werden, da sie auf das mildere Mittel der Interimsvergabe zurückgreifen könne, die Antragstellerin hingegen bei vorzeitiger Zuschlagsgestattung in ihrem Interesse auf Primärrechtsschutz unwiderruflich verletzt würde, sei der Antrag abzulehnen. Ein gesteigertes Interesse der Allgemeinheit sei auch nicht erkennbar.

Daraufhin nahm die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 17.08.2017 Stellung und teilte mit, dass es vorliegend nicht um ÖPNV-Leistungen handle. Grundlage für die Beschaffungspflicht des überörtlichen Sozialhilfeträgers für Eingliederungshilfeleistungen, die durch Vereinbarung durch die Antragsgegnerin erfüllt werde, sei § 17 SGBI, §§ 75 ff. SGB XII, Art. 82 AGSG. Zu den danach geschuldeten Leistungen gehören im Einzelfall auch Beförderungsleistungen, damit die Inanspruchnahme der behinderungsbedingten Eingliederungshilfeleistungen überhaupt erfolgen könne. Eine erneute Interimsvergabe müsse europaweit ausgeschrieben werden. In diesem Falle bestehe das Risiko eines erneuten Nachprüfungsverfahrens gegeben, mit der Folge, dass kein Zuschlag erfolgen könne und die Leistung weiterhin nicht erbracht werden könne. Die Kinder und Jugendlichen mit schwersten Behinderungen könnten damit nicht in ihre Förder- und Betreuungseinrichtungen gelangen. Das Risiko einer erneuten Rüge, verdeutliche auch der Schriftsatz der Antragstellerin.

Die Neubewertung, auf Grundlage des ausführlichen Protokolls der mündlichen Verhandlung, erfolge, um eine Grundlage für eine Vorabgestattung des Vergabezuschlags zu erhalten. Im Übrigen wurde auf die Begründung der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 07.08.2017 verwiesen.

Mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 28.08.2017 äußerte sich auch noch die Beigeladene zum Antrag nach § 169 Abs. 2 GWB.

Nachdem die Vergabekammer klargestellt hatte, dass sie in der Sache entscheiden werde, nahm die Antragsgegnerin ihren erneuten Antrag nach § 169 Abs. 2 GWB vom 07.08.2017 zurück.

Auf die ausgetauschten Schriftsätze, die Verfahrensakte der Vergabekammer sowie auf die Vergabeakte, soweit sie der Vergabekammer vorgelegt wurde, wird ergänzend Bezug genommen.

II.

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig und begründet.

Die Vergabekammer Südbayern ist für die Überprüfung des streitgegenständlichen Vergabeverfahrens zuständig.

1. Zuständigkeit der Vergabekammer

1.1 Die sachliche und örtliche Zuständigkeit der Vergabekammer Südbayern ergibt sich aus §§ 155, 156 Abs. 1, 158 Abs. 2 GWB i.V.m. §§ 1 und 2 BayNpV.

Gegenstand der Vergabe ist ein Dienstleistungsauftrag i. S. d. § 103 Abs. 4 GWB. Der geschätzte Gesamtauftragswert überschreitet den gemäß § 106 GWB maßgeblichen Schwellenwert in Höhe von 209.000 Euro für den Gesamtauftrag bei weitem. Eine Ausnahmebestimmung der §§ 107 - 109 GWB liegt nicht vor.

1.2 Die Antragsgegnerin ist auch Auftraggeber gemäß §§ 98, 99 Nr. 2 GWB.

Gem. § 99 Nr. 2 GWB sind öffentliche Auftraggeber andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern

a) sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,

b) ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder

c) mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind.

1.2.1 Die Antragsgegnerin erfüllt im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art.

Die Antragsgegnerin ist Träger einer Tagesstätte, eines Förderzentrums mit Förderschule, einer Förderstätte, eines Wohnheims und einer Praxis und Begegnungsstätte zur Förderung und Betreuung mehrfachbehinderter Kinder und Erwachsener. Sie ist zu dem Zweck gegründet worden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, nämlich die Förderung und Betreuung mehrfachbehinderter Kinder und Erwachsener. Mit pädagogischer Pflege und therapeutischen Hilfen soll den grundlegenden Bedürfnissen eines Menschen mit Behinderung entsprochen und die Basis für weitere Entwicklungen beim Lernen, Arbeiten und Erholen zur Stärkung der Eigenständigkeit bereitet werden.

Der Begriff des Allgemeininteresses ist zwar weder gemeinschaftsrechtlich noch nationalrechtlich definiert oder umschrieben worden. Er ist aber dahingehend zu verstehen, dass im Allgemeininteresse liegende Aufgaben solche sind, welche hoheitliche Befugnisse, die Wahrnehmung der Belange des Staates und damit letztlich Aufgaben betreffen, welche der Staat selbst erfüllen oder bei denen er einen entscheidenden Einfluss behalten möchte (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.07.2015, Az. Verg 11/15; Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 10.09.2002, Az. Verg 23/02; Dreher in: Immenga/Mestmäcker, Wettbewerbsrecht Band 2, § 98 Rn. 66 ff.; Werner in: Byok/Jaeger/Werner Vergaberecht, 3. Aufl., § 98 Rn. 41 ff.; Eschenbruch in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, § 99 Rn.107 ff.; vgl. auch EuGH, Urteil vom 22.05.2003, Rs. C-18/01). Die von der Antragsgegnerin erbrachten Leistungen der Förderung und Betreuung von Menschen mit Behinderungen sind grds. vom Staat zu erbringende Transferleistungen nach dem SGB IX und XII (insbesondere §§ 55 ff. SGB IX und 53 ff. SGB XII), in dem soziale Leistungen für behinderte Menschen geregelt sind.

Die zu erfüllenden Aufgaben sind nichtgewerblicher Art. Auch der Begriff der Nichtgewerblichkeit, der neben dem Allgemeininteresse einer gesonderten Prüfung zu unterziehen ist (EuGH, a.a.O.), ist weder gemeinschaftsrechtlich noch nationalrechtlich definiert.

Um festzustellen, ob die Aufgaben nichtgewerblicher Art sind, sind die Umstände, die zur Gründung der Gesellschaft geführt haben, und die Voraussetzungen, unter denen sie ihre Tätigkeit ausübt, zu würdigen, wobei insbesondere das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht, das Fehlen der Übernahme der mit der Tätigkeit verbundenen Risiken und die etwaige Finanzierung der Tätigkeit aus öffentlichen Mitteln zu berücksichtigen sind (EuGH, a.a.O.; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.07.2015, Az. Verg 11/15 und Beschluss vom 13.08.2007, Az. VII-Verg 16/07). Erforderlich ist eine Gesamtbetrachtung, anhand derer festzustellen ist, ob sich die juristische Person von anderen als rein wirtschaftlichen Überlegungen leiten lässt, wobei eine Gewinnerzielungsabsicht die Nichtgewerblichkeit nicht per se ausschließt (OLG Düsseldorf, a.a.O.; Eschenbruch in: Kulartz/Kus/Portz/Prieß, GWB-Vergaberecht, § 99 Rn.124 ff.).

Ausgehend von diesen Maßstäben, übt die Antragsgegnerin Aufgaben nichtgewerblicher Art aus. Nach der Gewinn- und Verlustrechnung der Antragsgegnerin für das Jahr 2016 hat sie bei Gesamterlösen von knapp13 Millionen EUR einen Jahresüberschuss von 76.823,11 EUR. Es ist daher, wenn überhaupt, nur eine nicht bedeutsame Gewinnerzielungsabsicht zu erkennen. Nach der Satzung des Trägervereins H…, Verein zur Förderung und Betreuung mehrfachbehinderter Kinder und Erwachsener e.V., der alleiniger Gesellschafter der Antragsgegnerin ist, dient diese unmittelbar steuerbegünstigten gemeinnützigen und mildtätigen Zwecken und ist deshalb nach §§ 51 ff. AO von Ertragssteuerlasten und nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschaftssteuer befreit. Abgesehen von privaten Spenden und von den Zuwendungen nach dem Schulfinanzierungsgesetz, die die Antragsgegnerin für den Schulaufwand, die Fahrt- und Personalkosten der Förderschule vom Freistaat Bayern erhält, bestehen sämtliche Einnahmen aus Transferleistungen aufgrund von Vereinbarungen nach den §§ 75 ff. SGB XII mit dem Sozialhilfeträger und aus Erstattungen der Krankenkassen für durchgeführte Therapien. Hierdurch sind unternehmerische Risiken der Antragsgegnerin so gut wie ausgeschlossen. Bei einer solchen Sachlage ist Nichtgewerblichkeit anzunehmen (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15.07.2015, Az. Verg 11/15).

1.2.2 Die Antragsgegnerin ist allerdings nicht überwiegend von Stellen nach § 99 Nr. 1 oder 3 GWB einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert. Dabei ist „überwiegend“ in einem rein quantitativen Sinne zu verstehen und meint, dass die öffentliche Finanzierung 50% an der Gesamtfinanzierung übersteigt (EuGH, Urteil vom 03.10.2000, Rs. C-380/98; Dörr in Burgi/Dreher, Beck’scher Vergaberechtskommentar § 99 Rn. 54).

Maßgeblich für die Betrachtung der überwiegenden Finanzierung im Sinne des § 99 Nr. 2 GWB ist nicht der konkret zu vergebende Auftrag. Vielmehr ist auf die Finanzierung des Antraggegners als juristische Person und seiner Aktivitäten als Ganzes abzustellen, nicht nur auf das jeweilige Aufgabengebiet. Dabei sind alle Mittel von Stellen, die unter § 99 Nr. 1 – 3 GWB fallen, zu berücksichtigen, über die der Antragsgegner verfügt.

Dabei ist aber zu beachten, dass nach der ständigen Rechtsprechung des EuGH (Urteil vom 12.09.2013, Rs. C-526/11, Urteil vom 13.12.2007, Rs. C-337/06, Urteil vom 03.10.2000, Rs. C-380/98) unter dem Begriff der Finanzierung in § 98 Nr. 2 GWB ein Transfer von Finanzmitteln zu verstehen ist, der ohne spezifische Gegenleistung mit dem Ziel vorgenommen werde, die Tätigkeit der betreffenden Einrichtung zu unterstützen. Zahlungen, die im Rahmen eines Leistungsaustausches gewährt werden, stellen keine öffentliche Finanzierung dar (EuGH, Urteil vom 03.10.2000 – Rs. C-380/98).

Weit über 50% ihrer Einkünfte erhält die Antragsgegnerin vom Bezirk O… als Träger der Sozialhilfe auf der Basis von Leistungsvereinbarungen gem. § 75 ff. SGB XII. Im Einzelnen handelt es sich dabei um Maßnahmenpauschalen nach § 76 Abs. 2 SGB XII für das Kurzzeitwohnen auf der Rechtsgrundlage der §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 1 SGB IX, für die Förderstätte nach §§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. 55 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 SGB IX und für das Wohnheim nach §§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 6 SGB IX, um Grundpauschalen für das Kurzzeitwohnen nach §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 1 SGB IX, für die Förderstätte nach §§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. 55 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 SGB IX und für das Wohnheim nach §§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 6 SGB IX sowie um den sog. Investitionsbetrag auf der Rechtsgrundlage von §§ 53 Abs. 1, 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 1 SGB IX, für die Förderstätte nach §§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. 55 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 SGB IX und für das Wohnheim auf der Rechtsgrundlage von §§ 53, 54 Abs. 1 S. 1 SGB XII i.V.m. § 55 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 6 SGB IX Bei diesen von der Antragsgegnerin erbrachten Leistungen handelt es sich um spezifische Gegenleistungen für die von ihr erbrachten Vertragsleistungen (siehe - insoweit übereinstimmend - OLG Celle, Beschluss vom 13.10.2016, Az. 13 Verg 6/16; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 15. Juli 2015, Az. VII-Verg 11/15). Gleiches gilt für Leistungen der Krankenkassen an die Antragsgegnerin als Leistungserbringer (Badenhausen-Fähnle in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht § 99 Rn. 64, OLG Naumburg, Beschluss vom 17.03.2005, Az. 1 Verg 3/05).

1.2.3 Allerdings ist nach Auffassung der Vergabekammer Südbayern eine Einordnung der Antragsgegnerin als öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 Nr. 2 GWB deshalb geboten, weil ihre Leitung der Aufsicht des Freistaats Bayern in einer Form unterliegt, die die erforderliche besondere Staatsgebundenheit erfüllt.

Dafür ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass die Leitung einer Aufsicht der öffentliche Hand untersteht, die es dieser ermöglicht, die Entscheidungen des Antragsgegners auch in Bezug auf öffentliche Aufträge zu beeinflussen (vgl. EuGH, Urteil vom 01.02.2001, Az.: C-237/99 Tz. 48-49; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 19.06.2013, Az. Verg 55/12). Auf die traditionellen Kategorien des deutschen Verwaltungsorganisationsrechts mit der Unterscheidung zwischen Fachaufsicht und Rechtsaufsicht, kommt es dabei nicht maßgeblich an. Sie hat für die Frage, ob eine Stelle, die unter § 99 Nr. 1 oder 3 GWB fällt, entsprechende Aufsichtsbefugnisse hat, allenfalls Indizcharakter (VK Südbayern, Beschluss vom 27.03.2014, Az. Z3-3-3194-1-01- 01/14).

Nach der Rechtsprechung des EuGH ist der Begriff des öffentlichen Auftraggebers wie auch das Tatbestandsmerkmal der staatlichen Aufsicht über die Leitung eines potentiellen öffentlichen Auftraggebers funktional und damit unabhängig von den formellen Modalitäten seiner Anwendung zu verstehen (vgl. u.a. EuGH, Urteil vom 01.02.2001. Rs C-237/99 „OPAC“, sowie Urteil vom 12.09.2013, Rs C-526/11 „Ärztekammer Westfalen-Lippe).

Das funktionale Verständnis ergibt sich insoweit bereits aus Sinn und Zweck der europäischen Vergaberichtlinien. Dieser besteht darin, die Gefahr einer Bevorzugung einheimischer Bieter oder Bewerber bei der Auftragsvergabe durch öffentliche Auftraggeber zu vermeiden und zugleich die Möglichkeit auszuschließen, dass eine vom Staat, von Gebietskörperschaften oder anderen Einrichtungen des öffentlichen Rechts finanzierte oder kontrollierte Stelle sich von anderen als von wirtschaftlichen Überlegungen leiten lässt (vgl. u.a. EuGH, Urteil vom 15.01.1998 - Rs C-44/96, Mannesmann Anlagenbau Austria; Urteil vom 03.10.2000, Rs C-380/98 „University of Cambridge“; Urteil vom 01.02.2001, Rs C-237/99, „OPAC“ sowie Urteil vom 13.12.2007, Rs C-337/06 „öffentlich rechtliche Rundfunkanstalten). Folglich reicht die Möglichkeit einer Einflussnahme durch die konkrete Gestaltung der staatlichen Aufsicht grundsätzlich aus, um die für die öffentliche Auftraggeberschaft erforderliche enge Bindung zum Staat herzustellen (so auch Dörr in Burgi/Dreher, Beck’scher Vergaberechtskommentar § 99 Rn. 59).

Es ist daher für den jeweiligen Einzelfall zu prüfen, ob die der staatlichen Stelle eingeräumte Aufsicht eine Verbindung mit der staatlichen Stelle schafft, die es dieser ermöglicht, die Entscheidungen einer Einrichtung in Bezug öffentliche Aufträge zu beeinflussen (vgl. EuGH Urteil vom 01.02.2001, Rs. C-237/99 „OPAC“).

Wie bereits das BayObLG in seinem Beschluss vom 10.09.2002, Az.: Verg 23/02, betont hat, ist auch bei der Frage der Aufsicht auf den Rechtsträger selbst und nicht auf die einzelne von der juristischen Person durchgeführte Vergabe abzustellen. Grund ist wiederum die Überlegung, dass eine Gleichstellung von juristischen Personen mit staatlichen Stellen nur dann stattfinden kann, wenn die juristische Person ähnlich wie eine staatliche Stelle handelt (in diesem Sinne auch EuGH Urteil vom 01.02.2001, Rs. C-237/99, Urteil vom 27.02.2003, Rs. C-373/00, „Adolf Truley, Urteil vom 12.09.2013, Rs. C-526/11, „Ärztekammer Westfalen Lippe“).

Der EuGH hebt in allen Entscheidungen hervor, dass die Möglichkeit der Einflussnahme auf eine bevorstehende Beschaffungsentscheidung gegeben sein muss. Die allenfalls nachträgliche Kontrolle von bereits umgesetzten Entscheidungen genügt dagegen nicht um die erforderliche Verbindung zu staatlichen Stellen annehmen zu können (EuGH, Urteil vom 27.02.2003, Rs. C-373/00 Adolf Truley, Urteil vom 12.09.2013, Rs. C-526/11 „Ärztekammer Westfalen Lippe“). Etwas anderes kann mit dem EuGH allenfalls dann gelten, wenn die staatliche Kontrolle laufend in Bezug auf das gesamte Geschäftsgebaren der Einrichtung erfolgt und so eine aktive staatliche Aufsicht auf die Leitung der Einrichtung ermöglicht.

Da auf den Auftraggeber als solchen abzustellen ist (s.o.), ist nach Auffassung der Vergabekammer Südbayern eine Zusammenschau der verschiedenen Aufsichtsbefugnisse vorzunehmen, denen die Antragstellerin bei ihren verschiedenen Tätigkeiten unterliegt.

Die Antragsgegnerin unterliegt beim Betrieb ihrer privaten Förderschule der Schulaufsicht nach dem 5. Teil des BayEUG. In Bezug auf das Wohnheim unterliegt sie der Aufsicht nach Art. 11 bis 15 des Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes (PfleWoqG). Die Aufsicht über die Heilpädagogische Tagesstätte ist in § 45 ff. SGB VIIII geregelt.

Nach Art. 7 Abs. 1 des Grundgesetzes untersteht das gesamte Schulwesen der Aufsicht des Staates. Bei der Schulaufsicht handelt es sich um Aufsichtsbefugnisse eigener Art, die nicht in das traditionelle Begriffspaar „Rechts- und Fachaufsicht“ passt (Lindner/Stahl, Das Schulrecht in Bayern, Vorbemerkung vor Art. 111 BayEUG Rn. 2).

Bei einer privaten Förderschule – wie sie die Antragsgegnerin betreibt - wird diese Aufsicht durch die verfassungsrechtliche in Art. 7 Abs. 4 Satz 1 GG garantierte Privatschulfreiheit eingeschränkt. Dennoch bestehen ggü. einer privaten Förderschule signifikante Aufsichtsbefugnisse. Nach Art. 111 Abs. 1 BayEUG gehören zur staatlichen Schulaufsicht die Planung und Ordnung des Unterrichtswesens, die Sicherung der Qualität von Erziehung und Unterricht, insbesondere durch den Abschluss von Zielvereinbarungen mit den Schulen, die Förderung und Beratung der Schulen, auch unter Einbeziehung der staatlichen Schulberatungsstellen, die Aufsicht über die inneren und äußeren Schulverhältnisse sowie über die Schulleitung und das pädagogische Personal und die Förderung der Zusammenarbeit der Schulen mit den Jugendämtern und den Trägern der freien Jugendhilfe sowie anderen Trägern und Einrichtungen der außerschulischen Erziehung und Bildung bei der Erfüllung ihrer gemeinsamen Aufgaben.

Die Aufsicht nach Art. 111 Abs. 1 Nr. 4 BayEUG über die inneren und äußeren Schulverhältnisse umfasst z.B. die Unterrichtsgestaltung, Lehrpläne und Lehrmethoden, aber auch die räumlichen Verhältnisse und Einrichtungen. Bei der Aufsicht über den Schulleiter und das pädagogische Personal nach Art. 111 Abs. 1 Nr. 4 BayEUG überwacht und überprüft die zuständige Aufsichtsbehörde und hat ggf. die fehlende Eignung zu beanstanden (Lindner/Stahl, Das Schulrecht in Bayern, Art. 111 BayEUG Rn. 5).

Nach Art. 113 Abs. 1 Satz 1 BayEUG haben die Schulaufsichtsbehörden in Erfüllung ihrer Aufgaben insbesondere das Recht, die Unterrichtseinrichtungen, Schülerheime und Einrichtungen der Mittagsbetreuung zu besichtigen, Einblick in deren Betrieb zu nehmen sowie Berichte und Nachweise zu fordern.

Nach Art. 113 Abs. 2 BayEUG können schulaufsichtliche Anordnungen sowohl an den Träger als auch an die Leiterin oder den Leiter einer Unterrichtseinrichtung oder eines Schülerheims gerichtet werden.

Speziell bei Privatschulen kann die die Schulaufsichtsbehörde nach Art. 95 BayEUG Schulleiterinnen und Schulleitern, Lehrkräften und Beschäftigten oder sonstigen schulischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern von Privatschulen, die mit erzieherischen oder pflegerischen Aufgaben betraut sind, die Ausübung ihrer Tätigkeit untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, die die Annahme rechtfertigen, dass sie die für die Tätigkeit erforderliche Eignung nicht besitzen, oder wenn die Schule ohne die erforderliche Genehmigung betrieben wird.

In Art. 11 PfleWoqG bestehen unter der Bezeichnung Qualitätssicherung umfangreiche Unterrichtungs- und Kontroll- und Betretungsrechte. Im Falle von festgestellten Abweichungen von den Anforderungen dieses Gesetzes (Mängeln), soll die zuständige Behörde gem. Art. 12 Abs. 2 PfleWoqG zunächst den Träger über die Möglichkeiten zur Abstellung der Mängel beraten. Werden festgestellte Mängel nach einer Beratung gemäß Art. 12 Abs. 2 PfleWoqG nicht abgestellt, kann die zuständige Behörde gem. Art. 13 Abs. 1 Satz 1 PfleWoqG gegenüber den Trägern Anordnungen erlassen, die zur Beseitigung einer eingetretenen oder Abwendung einer drohenden Beeinträchtigung oder Gefährdung des Wohls der Bewohnerinnen und Bewohner, zur Sicherung der Einhaltung der dem Träger gegenüber den Bewohnerinnen und Bewohnern obliegenden Pflichten oder zur Vermeidung einer Unangemessenheit zwischen dem Entgelt und der Leistung der stationären Einrichtung erforderlich sind. Gem. Art. 14 Abs. 1 PfleWoqG kann die zuständige Behörde dem Träger die weitere Beschäftigung der Leitung, eines oder einer Beschäftigten oder einer sonstigen Mitarbeiterin oder eines sonstigen Mitarbeiters ganz oder für bestimmte Funktionen oder Tätigkeiten untersagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Personen die für ihre Tätigkeit erforderliche Eignung nicht besitzen. Gem. Art. 14 Abs. 2 PfleWoqG kann die zuständige Behörde auf Kosten des Trägers eine kommissarische Leitung für eine begrenzte Zeit einsetzen und im Extremfall gem. Art. 15 PfleWoqG dem Träger den Betrieb einer stationären Einrichtung zu untersagen.

Gerade letztere Befugnisse sind vom EuGH als Indizien für eine qualifizierte Staatsnähe i.S.d. § 98 Nr. 2 GWB herangezogen worden (vgl. EuGH, Urt. v. 01.02.2001. Rs C-237/99 „OPAC“).

Ähnlich weitgehende Aufsichtsbefugnisse bestehen gem. 45 ff. SGB VIII in Bezug auf die Heilpädagogische Tagesstätte. Gem. § 46 Abs. 1 SGB VIII soll nach den Erfordernissen des Einzelfalls an Ort und Stelle überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis weiter bestehen. Gem. § 46 Abs. 2 SGB VIII sind die von der zuständigen Behörde mit der Überprüfung der Einrichtung beauftragten Personen sind berechtigt, die für die Einrichtung benutzten Grundstücke und Räume, soweit diese nicht einem Hausrecht der Bewohner unterliegen, während der Tageszeit zu betreten, dort Prüfungen und Besichtigungen vorzunehmen, sich mit den Kindern und Jugendlichen in Verbindung zu setzen und die Beschäftigten zu befragen. Zur Abwehr von Gefahren für das Wohl der Kinder und der Jugendlichen können die Grundstücke und Räume auch außerhalb der in § 46 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII genannten Zeit und auch, wenn sie zugleich einem Hausrecht der Bewohner unterliegen, betreten werden. Der Träger der Einrichtung hat die Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 zu dulden. Gem. § 48 SGB VIII kann die zuständige Behörde dem Träger einer erlaubnispflichtigen Einrichtung die weitere Beschäftigung des Leiters, eines Beschäftigten oder sonstigen Mitarbeiters ganz oder für bestimmte Funktionen oder Tätigkeiten untersagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er die für seine Tätigkeit erforderliche Eignung nicht besitzt. Sind in einer Einrichtung Mängel festgestellt worden, so soll die zuständige Behörde gem. Nach § 45 Abs. 6 Satz 1 SGB VIII zunächst den Träger der Einrichtung über die Möglichkeiten zur Beseitigung der Mängel beraten. Werden festgestellte Mängel nicht behoben, so können dem Träger der Einrichtung nach § 45 Abs. 6 Satz 3 SGB VIII Auflagen erteilt werden, die zur Beseitigung einer eingetretenen oder Abwendung einer drohenden Beeinträchtigung oder Gefährdung des Wohls der Kinder oder Jugendlichen erforderlich sind. Nach § 45 Abs. 7 SGB VIII ist Erlaubnis zum Betrieb der Einrichtung gem. § 45 Abs. 1 SGB VIII zurückzunehmen oder zu widerrufen, wenn das Wohl der Kinder oder der Jugendlichen in der Einrichtung gefährdet und der Träger der Einrichtung nicht bereit oder nicht in der Lage ist, die Gefährdung abzuwenden.

Alle genannten Aufsichtsbefugnisse gehen weit über eine schlicht nachvollziehende Kontrolltätigkeit nach Art der Rechnungsprüfungsbehörden hinaus. Jedenfalls bei Vorliegen von Missständen ermöglichen sie steuernde Eingriffe in die laufende Tätigkeit der jeweiligen Einrichtungen und damit potentiell auch Eingriff in Beschaffungstätigkeiten, wenn hierin ein zu beanstandender Missstand liegt oder für die Behebung eines Missstands (z.B. an Gebäuden oder Ausrüstungsgegenständen) Beschaffungen erforderlich werden.

Aus diesem Grund ist die Vergabekammer Südbayern der Ansicht, dass hinsichtlich der verschiedenen Aufsichtsbefugnisse des Freistaats Bayern über den Antragsgegner die besondere Staatsnähe des § 98 Abs. 2 GWB vorliegend gegeben ist. Aus diesem Grund, ist auch die Zuständigkeit der Vergabekammer Südbayern gegeben.

Auf die vom OLG Düsseldorf im Beschluss vom 15.07.2015, Verg 11/15 und vom OLG Celle im Beschluss vom 13.10.2016, Az. 13 Verg 6/16 (ohne Divergenzvorlage an den BGH) diametral unterschiedlich entschiedene Frage, ob die Antragsgegnerin aufgrund des „effet utile“ des europäischen Vergaberechts als öffentliche Auftraggeberin sui generis anzusehen ist, kommt es damit nicht an.

Da auf die Antragsgegnerin und nicht auf die einzelne von der juristischen Person durchgeführte Aufgabe abzustellen ist (BayObLG, Beschluss vom 10.09.2002, Az. Verg 23/02) kommt es auch nicht darauf an, dass die Durchführung der Schülerbeförderung selbst möglicherweise gar keiner staatlichen Aufsicht unterliegt.

Die Vergabekammer ist sich bewusst, dass durch eine solche Sicht eine große Anzahl von freien Trägern von sozialen Leistungen wie die Antragsgegnerin zu öffentlichen Auftraggebern i.S.d. § 99 Nr. 2 GWB werden. Die Frage hat damit grundsätzliche Bedeutung. Deswegen und aufgrund der divergierenden obergerichtlichen Rechtsprechung hätte sich eine Vorlage an den EuGH gem. Art. 267 AEUV zur Vorabentscheidung angeboten.

Allerdings kommt eine solche Vorlage wegen des besonderen Beschleunigungsgrundsatzes im Nachprüfungsverfahren gem. § 167 Abs. 1 GWB nur ausnahmeweise, insbesondere in Fällen des § 168 Abs. 2 Satz 2 GWB in Betracht. Die Vergabekammer ist gem. Art. 267 Abs. 3 AEUV auch nicht zur Vorlage verpflichtet, da sie nicht letztinstanzlich entscheidet.

Wegen des erneuten Zuschlagsgestattungsantrags vom 07.08.2017 und wegen der Notwendigkeit, die Fahrdienste in jedem Fall aufrecht zu erhalten und dies keinesfalls zu gefährden hat die Vergabekammer Südbayern daher von einer Vorlage abgesehen.

2. Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags

Der Nachprüfungsantrag ist zulässig.

2.1 Antragsbefugnis

Gemäß § 160 Abs. 2 GWB ist ein Unternehmen antragsbefugt, wenn es ein Interesse am Auftrag hat, eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB und zumindest einen drohenden Schaden darlegt. Die Antragstellerin hat ihr Interesse am Auftrag durch die Abgabe eines Angebots nachgewiesen. Es ist nicht erkennbar, dass sie mit diesem Nachprüfungsantrag einen anderen Zweck verfolgt, als den, den strittigen Auftrag zu erhalten. Da ihr der Zuschlag nicht erteilt wird, droht ihr ein finanzieller Schaden.

2.2 Rügeobliegenheit

Die Antragstellerin hat ihrer Rügeobliegenheit gemäß § 160 Abs. 3 S.1 Nr.1 GWB genügt. Ihre E-Mail-Rügeschreiben vom 21.06.2017 und 22.06.2017 gingen vor Einreichung des Nachprüfungsantrags bei der Antragsgegnerin ein. Dass die Antragstellerin bei dem Vergabeverfahren aufgrund des Wertungsergebnisses nicht den Zuschlag erhalten soll, hat Sie erst mit Übersendung des Informationsschreibens nach § 134 Abs. 1 GWB vom 12.06.2017 erfahren. Erst in diesem Schreiben wurden die Wertungspunkte der Antragstellerin und der Beigeladenen mitgeteilt. Ab diesem Zeitpunkt konnte die Wertung, in Kenntnis des Ergebnisses, auch angegriffen.

Auch wenn die Antragsgegnerin aufgrund des kurzen Zeitraums zwischen Rüge und Nachprüfungsantrag keine realistische Chance mehr hatte, den Rügen abzuhelfen, hat dies keine Auswirkungen auf die Zulässigkeit des Nachprüfungsantrags. Eine Wartefrist zwischen der Erhebung der Rüge und der Stellung des Nachprüfungsantrags existiert nicht. Der Bieter muss insbesondere nicht abwarten, ob bzw. wie der Auftraggeber auf seine Rüge reagiert. Er kann vielmehr unmittelbar nach Zugang der Rüge einen Antrag auf Vergabenachprüfung stellen (Hofmann in Müller-Wrede, GWB-Vergaberecht § 160 Rn. 54; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 11.05.2011, Az. VII-Verg 10/11; OLG Frankfurt, Beschluss vom 05.10.2010, Az. 11 Verg 7/10).

Die Rüge war in Bezug auf die Wertung ihres Angebots nach den nichtpreislichen Zuschlagskriterien auch ausreichend konkret.

Sinn der Rüge ist es, dem Auftraggeber die Möglichkeit der Heilung der aufgezeigten Mängel bereits im Vergabeverfahren zu ermöglichen, damit zeitraubende Nachprüfungsverfahren vermieden werden können. Der Rüge muss daher eine konkrete vergaberechtliche Beanstandung zu entnehmen sein (OLG München, Beschluss vom 26.6.2007, Az. Verg 6/07). An den Inhalt einer Rüge dürfen aber ansonsten, um die Gewährung effektiven Rechtschutzes sicherzustellen, nur geringe Anforderungen gestellt werden (OLG München, Beschluss vom 05.11.2009, Verg 15/09). Der Bieter muss seinen Standpunkt nicht in allen Einzelheiten juristisch begründen, es genügt, dass seinem Vorbringen eine konkrete vergaberechtliche Beanstandung zu entnehmen ist (OLG München, Beschluss vom 10.12.2009, Az. Verg 16/09).

Vor diesem Hintergrund war es völlig ausreichend, dass die Antragstellerin in ihrem Rügeschreiben vom 21.06.2017 darauf hingewiesen hat, dass die Wertung fehlerhaft war und ihr eine höhere Punktzahl bei den nichtpreislichen Zuschlagskriterien zugestanden hätte. Darin liegt eine konkrete vergaberechtliche Beanstandung, aufgrund derer die Antragsgegnerin ihre Wertung hätte überprüfen müssen. Dass die Antragstellerin nicht konkret auf die unzulässige Bildung von Zwischennoten anstatt der bekanntgemachten Stufen von 0 Punkten für unter dem Durchschnitt liegende Konzeptionen, 10 Punkten für durchschnittliche Konzeptionen und 20 Punkten für Konzeptionen, die über dem Durchschnitt liegen, hingewiesen hat, ist auch bei einer von einem Rechtsanwalt erhobenen Rüge unschädlich.

Nicht gerügt hat die Antragstellerin dagegen, dass in den Vergabeunterlagen ausgeführt ist, dass die Antragsgegnerin die Preise bei der Wertung gemäß Preisgleitklausel Kapitel E.; Ziffer 7. der Vergabeunterlage hochrechnet, obwohl eine solche Hochrechnung zum Zeitpunkt der Wertung gar nicht möglich war und tatsächlich auch nicht durchgeführt wurde.

Die Antragstellerin hätte dies nach § 160 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 GWB spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber rügen müssen, weil sie aus der Vergabeunterlage entnehmen konnte, dass die Preisanpassung nach der Formel P1= P0 x (0,70 + 0,30 x D1/D0) erst ab dem Schuljahr 2018/19 zum Tragen kommen solle und wegen ihrer Abhängigkeit von dem Preis für Dieselkraftstoffe für Großverbraucher nach dem Index des Statistischen Bundesamtes in Wiesbaden (D) nicht in die im Jahr 2017 erfolgende Wertung eingehen konnte. Referenzwert für Preisanpassungen ist nämlich der Wert für den Monat Juli 2018, Juli 2019 bzw. Juli 2020, der im Jahr 2017 nicht bekannt war.

Eine aus praktischen Gründen so nicht durchführbare Preiswertung ist für einen durchschnittlichen Bieter, der sich an EU-weiten Vergabeverfahren beteiligt, erkennbar, dazu bedarf es keiner vergaberechtlichen Spezialkenntnisse.

Die durchgeführte Preiswertung ohne Anwendung der Preisgleitklausel stellt im vorliegenden Einzelfall auch keinen so gewichtigen Vergabeverstoß dar, dass das Verfahren allein deswegen in den Stand vor Versand der Vergabeunterlagen zurückversetzt werden musste.

3. Begründetheit des Nachprüfungsantrags

Der Nachprüfungsantrag ist – soweit er zulässig ist - begründet, da die Wertung der nichtpreislichen Zuschlagskriterien für die Vergabekammer bei beiden eingereichten Angeboten nicht nachvollziehbar ist.

3.1 Die Einleitung eines Aufklärungsverfahrens nach § 60 VgV wegen eines unangemessen niedrigen Preises der Beigeladenen durch die Antragsgegnerin, war allerdings nicht erforderlich, da die Aufgreifschwelle nicht erreicht war.

Nach § 60 Abs. 1, 2 VgV hat der öffentliche Auftraggeber, wenn Preis oder Kosten eines Angebots im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig erscheinen, vom Bieter Aufklärung zu verlangen. Der BGH hat in seinem Beschluss vom 31.01.2017, Az. X ZB 10/16 festgestellt, dass jeder Bieter nach § 97 Abs. 6 GWB einen Rechtsanspruch auf Einhaltung der preisprüfungsrelevanten Bestimmungen hat.

Der BGH (a.a.O.) hat weiter darauf hingewiesen, dass in der Rechtsprechung der Vergabesenate Aufgreifschwellen anerkannt sind, bei deren Erreichen eine Verpflichtung des Auftraggebers angenommen wird, in eine nähere Prüfung der Preisbildung des fraglichen Angebots einzutreten. Unterschiedliche Einschätzungen bestehen diesbezüglich nur darüber, ob diese Aufgreifschwelle immer erst bei einem Preisabstand von 20% zum nächsthöheren Angebot erreicht ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25. April 2012, Az. Verg 61/11) oder schon in einem Bereich über 10% einsetzen kann (vgl. Ziekow/Völlink/Vavra, Vergaberecht, 2. Aufl., § 16 VOB/A Rn. 46 unter Hinweis auf OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.09.2009, Az. 15 Verg 3/09).

Der Entscheidung des BGH ist zu entnehmen, dass im allgemeinen Angebote, die das nächstniedrige Angebot um lediglich 10% unterschreiten, noch nicht ungewöhnlich oder unangemessen niedrig sind, da ein solcher Preisabstand noch nicht ohne Weiteres ein Missverhältnis zwischen Preis und Leistung zum Ausdruck bringt (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30.04.2014, Az. VII Verg 41/13). Anhaltspunkte dafür, dass trotz Unterschreitens der 10%-Grenze ein unangemessen niedriger Preis durch die Beigeladene angeboten wurde, sind nicht erkennbar.

Da vorliegend eine Preisdifferenz von weniger als 10 v.H. gegeben ist und auch keine weiteren Indizien für ein Unterangebot erkennbar sind, bestand für den Auftraggeber kein Anlass, ein Aufklärungsverfahren einzuleiten. Insbesondere hat die Beigeladene gerade nicht weniger, sondern mehr Stunden für die Fahrer und Beifahrer kalkuliert als die Antragstellerin. Der Preisunterschied resultiert im Wesentlichen daraus, dass die Antragstellerin für ihre Fahrer einen höheren Stundenlohn kalkuliert hat, sowie aus der Befreiung der Beigeladenen von der Umsatzsteuer.

3.2 Bei der Preiswertung sollte laut den Ausschreibungsunterlagen (Seite 6 Ziff. 1.) der Angebotspreis des Bieters für alle Vertragsjahre für alle Touren einschließlich Mehrwertsteuer, soweit sie anfällt, gewertet werden. Die Antragsgegnerin hat aber bei der Preiswertung vom 12.06.2017, ohne dass dies den Bietern zuvor mitgeteilt wurde, eine Mindestlohnerhöhung berücksichtigt.

Eine derartige nicht bekanntgemachte Modifikation der Preise im Rahmen der Wertung verstößt gegen den Transparenzgrundsatz und stellt daher einen Vergabeverstoß dar. Allerdings führt das unzulässige Vorgehen der Antragsgegnerin im vorliegenden Fall nicht zu einer Rechtsverletzung im Sinne des § 98 Abs. 6 GWB der Antragstellerin, sondern allenfalls der Beigeladenen, weil sich durch die Berücksichtigung der künftigen Mindestlohnerhöhung der Angebotspreis der Beigeladenen stärker erhöhte als der der Antragstellerin. Die Preisdifferenz zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen verringerte sich dadurch, so dass das Angebot der Antragstellerin besser bewertet wurde als bei einer Preiswertung wie bekanntgegeben. Da die Antragsgegnerin auch die Preiswertung ohne die Modifikation dokumentiert hat, konnte die Vergabekammer dies unschwer feststellen.

Keine Rechtsverletzung liegt auch darin, dass in den Vergabeunterlagen nicht mitgeteilt wurde, dass in die Wertung der „Gesamtpreis (brutto)“ nach Ziffer 12 der Preisblätter einfließt und nicht der „Gesamtpreis abzüglich Erstattung Beifahrerkosten (Ziffer 14)“ oder der „Besetztkilometerpreis (Ziffer 15)“.

Die Bieter haben die Vergabeunterlagen offenbar einheitlich so verstanden, dass nur der „Gesamtpreis (brutto)“ nach Ziffer 12 der Preisblätter in die Wertung einfließt. Die Angebote sind insoweit auch vergleichbar.

3.3 Die Antragstellerin ist dagegen durch die Wertung der nicht preislichen Zuschlagskriterien in ihren Rechten verletzt, da diese vor dem Hintergrund der eigenen Bewertungsvorgaben der Antragsgegnerin nicht nachvollziehbar ist.

Der Auftraggeber hat zwar bei der Prüfung und Wertung der Angebote einen Beurteilungsspielraum, der vergaberechtlich nur eingeschränkt der Nachprüfung unterliegt (allgemeine Ansicht vgl. nur Wiedemann in Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VgV § 58 Rn. 83 ff.; OLG München, Beschluss vom 22.01.2016, Az. Verg 13/15). Die Vergabenachprüfungsinstanzen sind insbesondere nicht befugt, ihre eigene Wertung anstelle derjenigen des Auftraggebers zu stellen.

Hat der Auftraggeber allerdings – wie im vorliegenden Fall – aus Transparenzgründen und als Reaktion auf die seinerzeitige sog. Schulnotenrechtsprechung (vgl. nur OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16.12.2015, Az. Verg 25/15 und Beschluss vom 08.03.2017, Az. Verg 39/16) vorab in den Vergabeunterlagen festgelegt, welche Mindestanforderungen er an die Inhalte der Konzepte für eine bestimmte Bewertung stellt, darf er hiervon nachträglich nicht mehr abweichen. Die Situation ist hier vergleichbar wie beim ebenfalls unzulässigen nachträglichen Fallenlassen von Bewertungsunterkriterien (siehe dazu Wiedemann in Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VgV § 58 Rn. 85; OLG Frankfurt, Beschluss vom 26.03.2004, Az. 11 Verg 2/04; OLG Naumburg, Beschluss vom 25.09.2008, Az. 1 Verg 3/08). Die Bieter haben einen Anspruch darauf, dass der Auftraggeber die Angebote tatsächlich so bewertet, wie er dies in den Vergabeunterlagen bekanntgemacht hat. Der Beurteilungsspielraum des Auftraggebers verengt sich in einem solchen Fall durch Selbstbindung.

Im vorliegenden Fall kann hinsichtlich des nichtpreislichen Zuschlagskriteriums „Ausfallsicherheitskonzepts“ die Wertung der Antragsgegnerin mit der Zuerkennung der Höchstpunktzahl von 20 Punkten bei beiden Bietern nicht nachvollzogen werden.

Laut der Vorgaben in den Ausschreibungsunterlagen (Seite 6 und 7 Ziff. 2) liegt eine durchschnittliche Konzeption vor (10 Punkte), wenn der Bieter mindestens 2 Ersatzfahrer und 2 Ersatz-Begleitpersonen sowie mindestens 1 Reservefahrzeug vorhält und darlegt, dass und wie die Ersatzkapazitäten spätestens eine halbe Stunde vor Unterrichtsbeginn einsatzbereit zur Verfügung stehen.

Beide Bieter haben, zumindest in ihrem Angebot, nicht dargelegt, dass und wie die Ersatzkapazitäten spätestens eine halbe Stunde vor Unterrichtsbeginn einsatzbereit sind. Auch führt die Antragstellerin zwar Ersatzfahrer an, erwähnt aber keine Ersatz-Begleitpersonen.

Auch hinsichtlich des Kriteriums „Reaktion auf unvorhergesehene Ereignisse“ kann die Wertung des Angebots der Antragstellerin mit der Höchstpunktzahl nicht nachvollzogen werden, da bereits für eine durchschnittliche Bewertung mit 10 Punkten die Darlegung eines schlüssigen Ablaufplans für jedes der genannten unvorhergesehen Ereignisse erforderlich gewesen wäre (Seite 6 und 7 Ziff. 2). Zu dem Ereignis „Streitigkeiten der Fahrgäste untereinander“ hat die Antragstellerin, im Gegensatz zur Beigeladenen, keinen Ablaufplan, wie gefordert, vorgelegt und zu dem Ereignis „akut auftretende gesundheitliche Problemsituationen und Unfälle“ lediglich einen rudimentären Ablaufplan.

Die Antragstellerin hat zu Recht darauf hingewiesen, dass durch die nicht nachvollziehbare Bewertung der nicht preislichen Zuschlagskriterien mit der Höchstpunktzahl bei allen Bietern diese Kriterien gegenüber dem Preis völlig entwertet werden und faktisch nur noch der Preis für die Bieterreihenfolge von Bedeutung ist.

Da die Wertung der nichtpreislichen Zuschlagskriterien im Ermessen der Antragsgegnerin liegt und nicht durch die Vergabekammer ersetzt werden kann, war eine Neuwertung anzuordnen, auch wenn nicht auszuschließen ist, dass sich durch eine solche Neuwertung die Bieterreihenfolge nicht ändert und sich ggf. der Vorsprung der Beigeladenen auf die Antragstellerin sogar noch vergrößert. Dies zu entscheiden und zu dokumentieren ist aber Sache der Antragsgegnerin und kann von der Vergabekammer nicht vorweggenommen werden.

4. Kosten des Verfahrens

Die Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer hat gemäß § 182 Abs. 3 S.1 GWB derjenige zu tragen, der im Verfahren vor der Vergabekammer unterlegen ist. Dies sind vorliegend die Antragstellerin und die Beigeladene.

Die Beigeladene war – anders als im Parallelverfahren Z3-3-3194-1-32-06/17 - an der Kostenregelung des Nachprüfungsverfahrens zu beteiligen, da sie sich im vorliegenden Verfahren durch Einreichung von Schriftsätzen, Teilnahme an der mündlichen Verhandlung und Antragstellung aktiv am Verfahren beteiligt hat. Eine aktive Beteiligung am Nachprüfungsverfahren liegt bereits dann vor, wenn sich die Beigeladene schriftsätzlich zu den streitigen Rechtsfragen geäußert und die Zulässigkeit und Begründetheit der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin verneint hat (vgl. OLG Düsseldorf, vom 10.05.2012 - Verg 5/12).

Die Höhe der Gebühr richtet sich nach dem personellen und sachlichen Aufwand der Vergabekammer unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Bedeutung des Gegenstands des Nachprüfungsverfahrens. Für das Verfahren wird eine Gebühr von 7283 Euro festgesetzt. Auslagen sind nicht angefallen.

Von der Antragstellerin wurde bei Einleitung des Verfahrens ein Kostenvorschuss in Höhe von 2.500 Euro erhoben. Dieser Kostenvorschuss wird nach Bestandskraft erstattet.

Die Entscheidung über die Tragung der zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin beruht auf § 182 Abs. 4 GWB. Die Zuziehung eines anwaltlichen Vertreters wird als notwendig i.S.v. § 182 Abs. 4 S.1 und 4 GWB i. V. m. Art. 80 Abs. 2 S.3, Abs. 3 S.2 BayVwVfG angesehen.

Die anwaltliche Vertretung war erforderlich, da eine umfassende Rechtskenntnis und damit eine zweckentsprechende Rechtsverfolgung im Rahmen des Nachprüfungsverfahrens nach dem GWB nicht erwartet werden kann. Zur Durchsetzung ihrer Rechte ist die Antragstellerin hier aufgrund der komplexen Rechtsmaterie auf anwaltliche Vertretung angewiesen. Hierüber hinaus war die Zuziehung eines anwaltlichen Vertreters seitens der Antragstellerin notwendig, um die erforderliche „Waffengleichheit“ gegenüber der anwaltlich vertretenen Antragsgegnerin herzustellen.

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(1) Öffentliche Aufträge sind entgeltliche Verträge zwischen öffentlichen Auftraggebern oder Sektorenauftraggebern und Unternehmen über die Beschaffung von Leistungen, die die Lieferung von Waren, die Ausführung von Bauleistungen oder die Erbringung

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 134 Informations- und Wartepflicht


(1) Öffentliche Auftraggeber haben die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über d

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 156 Vergabekammern


(1) Die Nachprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge und der Vergabe von Konzessionen nehmen die Vergabekammern des Bundes für die dem Bund zuzurechnenden öffentlichen Aufträge und Konzessionen, die Vergabekammern der Länder für die diesen zuzurechn

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 168 Entscheidung der Vergabekammer


(1) Die Vergabekammer entscheidet, ob der Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist und trifft die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist an die Anträge ni

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 155 Grundsatz


Unbeschadet der Prüfungsmöglichkeiten von Aufsichtsbehörden unterliegt die Vergabe öffentlicher Aufträge und von Konzessionen der Nachprüfung durch die Vergabekammern.

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 167 Beschleunigung


(1) Die Vergabekammer trifft und begründet ihre Entscheidung schriftlich innerhalb einer Frist von fünf Wochen ab Eingang des Antrags. Bei besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten kann der Vorsitzende im Ausnahmefall die Frist durch

Vergabeverordnung - VgV 2016 | § 60 Ungewöhnlich niedrige Angebote


(1) Erscheinen der Preis oder die Kosten eines Angebots im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig, verlangt der öffentliche Auftraggeber vom Bieter Aufklärung. (2) Der öffentliche Auftraggeber prüft die Zusammensetzung de

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 169 Aussetzung des Vergabeverfahrens


(1) Informiert die Vergabekammer den Auftraggeber in Textform über den Antrag auf Nachprüfung, darf dieser vor einer Entscheidung der Vergabekammer und dem Ablauf der Beschwerdefrist nach § 172 Absatz 1 den Zuschlag nicht erteilen. (2) Die Vergab

Vergabeverordnung - VgV 2016 | § 58 Zuschlag und Zuschlagskriterien


(1) Der Zuschlag wird nach Maßgabe des § 127 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. (2) Die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots erfolgt auf der Grundlage des besten Preis-Leistungs-Verhältni

Fünfunddreißigste Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes


Verordnung zur Kennzeichnung der Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung - 35. BImSchV

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 46 Prüfung vor Ort und nach Aktenlage


(1) Die zuständige Behörde soll nach den Erfordernissen des Einzelfalls überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis weiter bestehen. Häufigkeit, Art und Umfang der Prüfung müssen nach fachlicher Einschätzung im Einzelfall zur G

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 48 Tätigkeitsuntersagung


Die zuständige Behörde kann dem Träger einer erlaubnispflichtigen Einrichtung die weitere Beschäftigung des Leiters, eines Beschäftigten oder sonstigen Mitarbeiters ganz oder für bestimmte Funktionen oder Tätigkeiten untersagen, wenn Tatsachen die An

Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen - GWB | § 163 Untersuchungsgrundsatz


(1) Die Vergabekammer erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Sie kann sich dabei auf das beschränken, was von den Beteiligten vorgebracht wird oder ihr sonst bekannt sein muss. Zu einer umfassenden Rechtmäßigkeitskontrolle ist die Vergabekammer ni

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Vergabekammer Südbayern Beschluss, 04. Sept. 2017 - Z3-3-3194-1-31-06/17 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Oberlandesgericht München Beschluss, 22. Jan. 2016 - Verg 13/15

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Tenor I. Der Beschluss der Vergabekammer Südbayern vom 30. 9.2015, AZ: Z3-3-3194-1-40-06/15 wird aufgehoben. II. Das Ausschreibungsverfahren wird aufgehoben. III. Der Antragsgegnerin wird untersagt, im vorliegenden Vergabeve

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Bundesgerichtshof Beschluss, 31. Jan. 2017 - X ZB 10/16

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS X ZB 10/16 vom 31. Januar 2017 in dem Vergabenachprüfungsverfahren Nachschlagewerk: ja BGHZ: ja BGHR: ja Notärztliche Dienstleistungen VgV § 60; VOB/A § 16d Abs. 1 Nrn. 1 und 2; § 16d EU Abs. 1 Nrn. 1

Referenzen

(1) Öffentliche Auftraggeber haben die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses unverzüglich in Textform zu informieren. Dies gilt auch für Bewerber, denen keine Information über die Ablehnung ihrer Bewerbung zur Verfügung gestellt wurde, bevor die Mitteilung über die Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter ergangen ist.

(2) Ein Vertrag darf erst 15 Kalendertage nach Absendung der Information nach Absatz 1 geschlossen werden. Wird die Information auf elektronischem Weg oder per Fax versendet, verkürzt sich die Frist auf zehn Kalendertage. Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung der Information durch den Auftraggeber; auf den Tag des Zugangs beim betroffenen Bieter und Bewerber kommt es nicht an.

(3) Die Informationspflicht entfällt in Fällen, in denen das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb wegen besonderer Dringlichkeit gerechtfertigt ist. Im Fall verteidigungs- oder sicherheitsspezifischer Aufträge können öffentliche Auftraggeber beschließen, bestimmte Informationen über die Zuschlagserteilung oder den Abschluss einer Rahmenvereinbarung nicht mitzuteilen, soweit die Offenlegung den Gesetzesvollzug behindert, dem öffentlichen Interesse, insbesondere Verteidigungs- oder Sicherheitsinteressen, zuwiderläuft, berechtigte geschäftliche Interessen von Unternehmen schädigt oder den lauteren Wettbewerb zwischen ihnen beeinträchtigen könnte.

(1) Die Vergabekammer erforscht den Sachverhalt von Amts wegen. Sie kann sich dabei auf das beschränken, was von den Beteiligten vorgebracht wird oder ihr sonst bekannt sein muss. Zu einer umfassenden Rechtmäßigkeitskontrolle ist die Vergabekammer nicht verpflichtet. Sie achtet bei ihrer gesamten Tätigkeit darauf, dass der Ablauf des Vergabeverfahrens nicht unangemessen beeinträchtigt wird.

(2) Die Vergabekammer prüft den Antrag darauf, ob er offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist. Dabei berücksichtigt die Vergabekammer auch einen vorsorglich hinterlegten Schriftsatz (Schutzschrift) des Auftraggebers. Sofern der Antrag nicht offensichtlich unzulässig oder unbegründet ist, übermittelt die Vergabekammer dem Auftraggeber eine Kopie des Antrags und fordert bei ihm die Akten an, die das Vergabeverfahren dokumentieren (Vergabeakten). Der Auftraggeber hat die Vergabeakten der Kammer sofort zur Verfügung zu stellen. Die §§ 57 bis 59 Absatz 1 bis 4, § 59a Absatz 1 bis 3 und § 59b sowie § 61 gelten entsprechend.

(1) Informiert die Vergabekammer den Auftraggeber in Textform über den Antrag auf Nachprüfung, darf dieser vor einer Entscheidung der Vergabekammer und dem Ablauf der Beschwerdefrist nach § 172 Absatz 1 den Zuschlag nicht erteilen.

(2) Die Vergabekammer kann dem Auftraggeber auf seinen Antrag oder auf Antrag des Unternehmens, das nach § 134 vom Auftraggeber als das Unternehmen benannt ist, das den Zuschlag erhalten soll, gestatten, den Zuschlag nach Ablauf von zwei Wochen seit Bekanntgabe dieser Entscheidung zu erteilen, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen sowie des Interesses der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zum Abschluss der Nachprüfung die damit verbundenen Vorteile überwiegen. Bei der Abwägung ist das Interesse der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Auftraggebers zu berücksichtigen; bei verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen Aufträgen im Sinne des § 104 sind zusätzlich besondere Verteidigungs- und Sicherheitsinteressen zu berücksichtigen. Die besonderen Verteidigungs- und Sicherheitsinteressen überwiegen in der Regel, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession im unmittelbaren Zusammenhang steht mit

1.
einer Krise,
2.
einem mandatierten Einsatz der Bundeswehr,
3.
einer einsatzgleichen Verpflichtung der Bundeswehr oder
4.
einer Bündnisverpflichtung.
Die Vergabekammer berücksichtigt dabei auch die allgemeinen Aussichten des Antragstellers im Vergabeverfahren, den Auftrag oder die Konzession zu erhalten. Die Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrags müssen nicht in jedem Fall Gegenstand der Abwägung sein. Das Beschwerdegericht kann auf Antrag das Verbot des Zuschlags nach Absatz 1 wiederherstellen; § 168 Absatz 2 Satz 1 bleibt unberührt. Wenn die Vergabekammer den Zuschlag nicht gestattet, kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Auftraggebers unter den Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 den sofortigen Zuschlag gestatten. Für das Verfahren vor dem Beschwerdegericht gilt § 176 Absatz 2 Satz 1 und 2 und Absatz 3 entsprechend. Eine sofortige Beschwerde nach § 171 Absatz 1 ist gegen Entscheidungen der Vergabekammer nach diesem Absatz nicht zulässig.

(3) Sind Rechte des Antragstellers aus § 97 Absatz 6 im Vergabeverfahren auf andere Weise als durch den drohenden Zuschlag gefährdet, kann die Kammer auf besonderen Antrag mit weiteren vorläufigen Maßnahmen in das Vergabeverfahren eingreifen. Sie legt dabei den Beurteilungsmaßstab des Absatzes 2 Satz 1 zugrunde. Diese Entscheidung ist nicht selbständig anfechtbar. Die Vergabekammer kann die von ihr getroffenen weiteren vorläufigen Maßnahmen nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes und der Länder durchsetzen; die Maßnahmen sind sofort vollziehbar. § 86a Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Macht der Auftraggeber das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 117 Nummer 1 bis 3 oder § 150 Nummer 1 oder 6 geltend, entfällt das Verbot des Zuschlags nach Absatz 1 fünf Werktage nach Zustellung eines entsprechenden Schriftsatzes an den Antragsteller; die Zustellung ist durch die Vergabekammer unverzüglich nach Eingang des Schriftsatzes vorzunehmen. Auf Antrag kann das Beschwerdegericht das Verbot des Zuschlags wiederherstellen. § 176 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1 sowie Absatz 3 und 4 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein.

(2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(3) Der Antrag ist unzulässig, soweit

1.
der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat; der Ablauf der Frist nach § 134 Absatz 2 bleibt unberührt,
2.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
3.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
4.
mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.
Satz 1 gilt nicht bei einem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags nach § 135 Absatz 1 Nummer 2. § 134 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Öffentliche Auftraggeber haben die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses unverzüglich in Textform zu informieren. Dies gilt auch für Bewerber, denen keine Information über die Ablehnung ihrer Bewerbung zur Verfügung gestellt wurde, bevor die Mitteilung über die Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter ergangen ist.

(2) Ein Vertrag darf erst 15 Kalendertage nach Absendung der Information nach Absatz 1 geschlossen werden. Wird die Information auf elektronischem Weg oder per Fax versendet, verkürzt sich die Frist auf zehn Kalendertage. Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung der Information durch den Auftraggeber; auf den Tag des Zugangs beim betroffenen Bieter und Bewerber kommt es nicht an.

(3) Die Informationspflicht entfällt in Fällen, in denen das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb wegen besonderer Dringlichkeit gerechtfertigt ist. Im Fall verteidigungs- oder sicherheitsspezifischer Aufträge können öffentliche Auftraggeber beschließen, bestimmte Informationen über die Zuschlagserteilung oder den Abschluss einer Rahmenvereinbarung nicht mitzuteilen, soweit die Offenlegung den Gesetzesvollzug behindert, dem öffentlichen Interesse, insbesondere Verteidigungs- oder Sicherheitsinteressen, zuwiderläuft, berechtigte geschäftliche Interessen von Unternehmen schädigt oder den lauteren Wettbewerb zwischen ihnen beeinträchtigen könnte.

(1) Informiert die Vergabekammer den Auftraggeber in Textform über den Antrag auf Nachprüfung, darf dieser vor einer Entscheidung der Vergabekammer und dem Ablauf der Beschwerdefrist nach § 172 Absatz 1 den Zuschlag nicht erteilen.

(2) Die Vergabekammer kann dem Auftraggeber auf seinen Antrag oder auf Antrag des Unternehmens, das nach § 134 vom Auftraggeber als das Unternehmen benannt ist, das den Zuschlag erhalten soll, gestatten, den Zuschlag nach Ablauf von zwei Wochen seit Bekanntgabe dieser Entscheidung zu erteilen, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen sowie des Interesses der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zum Abschluss der Nachprüfung die damit verbundenen Vorteile überwiegen. Bei der Abwägung ist das Interesse der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Auftraggebers zu berücksichtigen; bei verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen Aufträgen im Sinne des § 104 sind zusätzlich besondere Verteidigungs- und Sicherheitsinteressen zu berücksichtigen. Die besonderen Verteidigungs- und Sicherheitsinteressen überwiegen in der Regel, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession im unmittelbaren Zusammenhang steht mit

1.
einer Krise,
2.
einem mandatierten Einsatz der Bundeswehr,
3.
einer einsatzgleichen Verpflichtung der Bundeswehr oder
4.
einer Bündnisverpflichtung.
Die Vergabekammer berücksichtigt dabei auch die allgemeinen Aussichten des Antragstellers im Vergabeverfahren, den Auftrag oder die Konzession zu erhalten. Die Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrags müssen nicht in jedem Fall Gegenstand der Abwägung sein. Das Beschwerdegericht kann auf Antrag das Verbot des Zuschlags nach Absatz 1 wiederherstellen; § 168 Absatz 2 Satz 1 bleibt unberührt. Wenn die Vergabekammer den Zuschlag nicht gestattet, kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Auftraggebers unter den Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 den sofortigen Zuschlag gestatten. Für das Verfahren vor dem Beschwerdegericht gilt § 176 Absatz 2 Satz 1 und 2 und Absatz 3 entsprechend. Eine sofortige Beschwerde nach § 171 Absatz 1 ist gegen Entscheidungen der Vergabekammer nach diesem Absatz nicht zulässig.

(3) Sind Rechte des Antragstellers aus § 97 Absatz 6 im Vergabeverfahren auf andere Weise als durch den drohenden Zuschlag gefährdet, kann die Kammer auf besonderen Antrag mit weiteren vorläufigen Maßnahmen in das Vergabeverfahren eingreifen. Sie legt dabei den Beurteilungsmaßstab des Absatzes 2 Satz 1 zugrunde. Diese Entscheidung ist nicht selbständig anfechtbar. Die Vergabekammer kann die von ihr getroffenen weiteren vorläufigen Maßnahmen nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes und der Länder durchsetzen; die Maßnahmen sind sofort vollziehbar. § 86a Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Macht der Auftraggeber das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 117 Nummer 1 bis 3 oder § 150 Nummer 1 oder 6 geltend, entfällt das Verbot des Zuschlags nach Absatz 1 fünf Werktage nach Zustellung eines entsprechenden Schriftsatzes an den Antragsteller; die Zustellung ist durch die Vergabekammer unverzüglich nach Eingang des Schriftsatzes vorzunehmen. Auf Antrag kann das Beschwerdegericht das Verbot des Zuschlags wiederherstellen. § 176 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1 sowie Absatz 3 und 4 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Öffentliche Auftraggeber haben die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses unverzüglich in Textform zu informieren. Dies gilt auch für Bewerber, denen keine Information über die Ablehnung ihrer Bewerbung zur Verfügung gestellt wurde, bevor die Mitteilung über die Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter ergangen ist.

(2) Ein Vertrag darf erst 15 Kalendertage nach Absendung der Information nach Absatz 1 geschlossen werden. Wird die Information auf elektronischem Weg oder per Fax versendet, verkürzt sich die Frist auf zehn Kalendertage. Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung der Information durch den Auftraggeber; auf den Tag des Zugangs beim betroffenen Bieter und Bewerber kommt es nicht an.

(3) Die Informationspflicht entfällt in Fällen, in denen das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb wegen besonderer Dringlichkeit gerechtfertigt ist. Im Fall verteidigungs- oder sicherheitsspezifischer Aufträge können öffentliche Auftraggeber beschließen, bestimmte Informationen über die Zuschlagserteilung oder den Abschluss einer Rahmenvereinbarung nicht mitzuteilen, soweit die Offenlegung den Gesetzesvollzug behindert, dem öffentlichen Interesse, insbesondere Verteidigungs- oder Sicherheitsinteressen, zuwiderläuft, berechtigte geschäftliche Interessen von Unternehmen schädigt oder den lauteren Wettbewerb zwischen ihnen beeinträchtigen könnte.

(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein.

(2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(3) Der Antrag ist unzulässig, soweit

1.
der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat; der Ablauf der Frist nach § 134 Absatz 2 bleibt unberührt,
2.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
3.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
4.
mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.
Satz 1 gilt nicht bei einem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags nach § 135 Absatz 1 Nummer 2. § 134 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Öffentliche Auftraggeber haben die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses unverzüglich in Textform zu informieren. Dies gilt auch für Bewerber, denen keine Information über die Ablehnung ihrer Bewerbung zur Verfügung gestellt wurde, bevor die Mitteilung über die Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter ergangen ist.

(2) Ein Vertrag darf erst 15 Kalendertage nach Absendung der Information nach Absatz 1 geschlossen werden. Wird die Information auf elektronischem Weg oder per Fax versendet, verkürzt sich die Frist auf zehn Kalendertage. Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung der Information durch den Auftraggeber; auf den Tag des Zugangs beim betroffenen Bieter und Bewerber kommt es nicht an.

(3) Die Informationspflicht entfällt in Fällen, in denen das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb wegen besonderer Dringlichkeit gerechtfertigt ist. Im Fall verteidigungs- oder sicherheitsspezifischer Aufträge können öffentliche Auftraggeber beschließen, bestimmte Informationen über die Zuschlagserteilung oder den Abschluss einer Rahmenvereinbarung nicht mitzuteilen, soweit die Offenlegung den Gesetzesvollzug behindert, dem öffentlichen Interesse, insbesondere Verteidigungs- oder Sicherheitsinteressen, zuwiderläuft, berechtigte geschäftliche Interessen von Unternehmen schädigt oder den lauteren Wettbewerb zwischen ihnen beeinträchtigen könnte.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 3/17 Verkündet am:
4. April 2017
Anderer
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Vergabenachprüfungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Postdienstleistungen
a) Es steht einer transparenten und wettbewerbskonformen Auftragsvergabe regelmäßig nicht
entgegen, wenn der öffentliche Auftraggeber für die Erfüllung qualitativer Wertungskriterien
Noten mit zugeordneten Punktwerten vergibt, ohne dass die Vergabeunterlagen weitere
konkretisierende Angaben dazu enthalten, wovon die jeweils zu erreichende Punktzahl konkret
abhängen soll.
b) Ein Wertungsschema, bei dem die Qualität der Leistungserbringung und der nach der einfachen
linearen Methode in Punkte umzurechnende Preis mit jeweils 50% bewertet werden, ist
ohne Weiteres auch dann nicht vergaberechtswidrig, wenn nur eine Ausschöpfung der Punkteskala
in einem kleinen Segment (hier: 45 bis 50 von 50 möglichen Punkten) zu erwarten
ist. Die Wahl einer bestimmten Preisumrechnungsmethode kann vergaberechtlich nur beanstandet
werden, wenn sich gerade ihre Heranziehung im Einzelfall aufgrund besonderer
Umstände als mit dem gesetzlichen Leitbild des Vergabewettbewerbs unvereinbar erweist.
c) Der Gefahr einer Überbewertung qualitativer Wertungskriterien zum Nachteil einzelner Bieter
ist durch eingehende Dokumentation des Wertungsprozesses zu begegnen. Die Nachprüfungsinstanzen
untersuchen auf Rüge die Benotung des Angebots des Antragstellers als
solche und in Relation zu den übrigen Angeboten, insbesondere zu demjenigen des Zuschlagsprätendenten
, und darauf hin, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachteiligung
des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurden.
a) Der Beschwerdegegner kann sich im Vergabenachprüfungsverfahren bis zum Ablauf der
ihm gesetzten Frist zur Beschwerdeerwiderung der Beschwerde gegen die Entscheidung der
Vergabekammer anschließen.
b) Im Verfahren vor dem Bundesgerichtshof nach § 179 Abs. 2 GWB kann die Beschwerde
nach Beginn der mündlichen Verhandlung nur mit Einwilligung des Gegners zurückgenommen
werden.
BGH, Beschluss vom 4. April 2017 - X ZB 3/17 - OLG Dresden
Vergabekammer Sachsen
ECLI:DE:BGH:2017:040417BXZB3.17.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 4. April 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning, Dr. Bacher und Hoffmann und die Richterin Schuster

beschlossen:
Der Beschluss des Vergabesenats des Oberlandesgerichts Dresden vom 2. Februar 2017 wird im Ausspruch zu 1 aufgehoben. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 1. Vergabekammer des Freistaates Sachsen vom 23. November 2016 wird zurückgewiesen. Auf die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin wird dieser Beschluss aufgehoben, soweit darin zu ihrem Nachteil entschieden worden ist; der Nachprüfungsantrag wird auch insoweit zurückgewiesen. Die Antragstellerin hat die Kosten des Nachprüfungsverfahrens beider Instanzen zu tragen. Die Antragstellerin hat der Antragsgegnerin deren zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung notwendige Aufwendungen zu ersetzen. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragsgegnerin auch vor der Vergabekammer wird für notwendig erklärt. Der Beschwerdewert wird auf 360.000 Euro festgesetzt.

Gründe:


I.


1. Das vorliegende Nachprüfungsverfahren bezieht sich auf den von
1
der Antragsgegnerin im offenen Verfahren ausgeschriebenen Abschluss von Rahmenverträgen über Postdienstleistungen in zwei Losen (Brief- und Paketpost ) für die Dauer von sechs Jahren. Der Auftragnehmer soll das komplette Leistungsspektrum von der Abholung der Sendungen bei der Antragsgegnerin über alle erforderlichen Zwischenschritte bis zur Zustellung an die Empfänger erbringen und dabei in der Organisation der Zwischenschritte und des Erfolgs - etwa durch Eigenleistung oder über Nachunternehmer/Dienstleister - in gewisser Weise frei sein; von der Antragsgegnerin vorgegeben sind der Zustand der Sendungen bei Abholung und die Ablieferung innerhalb einer bestimmten Zeit an die Empfänger in einer bestimmten Sendungsform sowie bestimmte Berichtspflichten (Sendungsverfolgung, Meldungen des Sendeaufkommens etc.).
Den Zuschlag soll das wirtschaftlichste Angebot erhalten. Als Zuschlags2 kriterien sind mit jeweils 50% der Preis und die Qualität der Leistungserbringung angegeben. Für Letztere als zweites Zuschlagskriterium sind in den Vergabeunterlagen drei Unterkriterien mit jeweils zugeordneten Prozentwerten gebildet, und zwar:
1. Schwankungen im Sendungsaufkommen/Auftragsspitzen (15%) 2. Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung (25%) und 3. Zustellzeiten (10%).
3
Die Bieter sollen mit ihrem Angebot auf zwei bzw. vier Seiten darstellen, wie sie die Schwankungen im Sendungsaufkommen zu bewältigen und die effektive Leistungserbringung sicherzustellen gedenken. Dafür können beim ersten Unterkriterium maximal 15 Punkte und beim zweiten - das in den Vergabeunterlagen nochmals in vier Unterpunkte aufgegliedert ist (unten Rn. 45) - bis zu 25 Punkte errungen werden, außerdem bis zu 10 Punkte für die Zustellzeiten. Die Vergabestelle benotet die schriftlichen Darstellungen auf einer Skala von ungenügend (0 Punkte) über mangelhaft (1 Punkt), ausreichend (2 Punkte), befriedigend (3 Punkte) und gut (4 Punkte) bis zu sehr gut (5 Punkte). Die so erlangte Punktzahl wird dann mit dem Faktor 3 beim ersten und dem Faktor 5 beim zweiten Unterkriterium multipliziert. Bei der Laufzeit erhalten die Bieter zwischen 0 und 10 Punkten je nach
4
dem Anteil der am auf den Einlieferungstag folgenden Tag ("E+1") zugestellten Briefsendungen, was nach näheren Vorgaben nachzuweisen ist. Die Punktewerte aller Unterkriterien werden anschließend für die Wertung mit den beim Preiskriterium erzielten Punktwert (unten Rn. 29) addiert. Der Auftrag wurde am 20. August 2016 im Supplement zum Amtsblatt
5
der EU veröffentlicht; am 30. August 2016 rügte die Antragstellerin gegenüber der Antragsgegnerin, soweit für das Beschwerdeverfahren von Interesse, der Angebotspreis sei im Verhältnis zur Qualitätsbewertung untergewichtet und die Bewertungsmatrix intransparent.
6
2. Die Vergabekammer hat die Berechnungsformel für die Bestimmung der bezüglich des Preiskriteriums erzielten Anzahl von Punkten für vergaberechtskonform erachtet, eine Verletzung der Antragstellerin in ihren Rechten (§ 168 Abs. 1 Satz 1 GWB) aber in der Verwendung des Systems zur Bewertung der Qualität in Bezug auf die ersten beiden Unterkriterien gesehen. Die Vergabekammer hält dieses für intransparent und hat insoweit bemängelt, aus den Vergabeunterlagen gehe nicht hinreichend deutlich hervor, in welcher Hinsicht die Antragsgegnerin Angaben zur Bewältigung der Schwankungen im Sendungsaufkommen bzw. bei den Auftragsspitzen erwarte, und, das Bewertungssystem lasse im Zusammenspiel mit diesem unzulänglich dargestellten Erwartungshorizont nicht erkennen, welcher Zielerfüllungsgrad nötig sei, um für ein Konzept einen bestimmten Punktwert zu erreichen. Entsprechendes gelte für das zweite Kriterium der Sicherstellung einer effektiven und reibungslosen Leistungserbringung; auch insoweit sei nicht ersichtlich, wovon die zu erzielende Punktzahl im vorzulegenden Konzept abhänge.
7
3. Gegen diesen Beschluss hat die Antragstellerin form- und fristgerecht sofortige Beschwerde eingelegt. Die Beschwerdeschrift ist der Antragsgegnerin am 12. Dezember 2016 mit der Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 5. Januar 2017 zugestellt worden.
8
Mit ihrer am 28. Dezember 2016 beim Oberlandesgericht eingegangenen Beschwerdeerwiderung hat die Antragsgegnerin die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde beantragt und sich dem Rechtsmittel der Antragsgegnerin zugleich mit dem Antrag angeschlossen, den Beschluss der Vergabekammer aufzuheben , soweit hinsichtlich der Verwendung der Unterkriterien "Schwankungen im Sendungsaufkommen/Auftragsspitzen" und "Sicherstellung einer effektiven und reibungslosen Auftragserbringung" zu ihrem Nachteil entschieden worden ist.
9
4. Der Vergabesenat hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen und die Sache im Übrigen dem Bundesgerichtshof vorgelegt. Er erachtet die Anschlussbeschwerde für begründet und möchte den Nachprüfungsantrag auch insoweit zurückweisen. Daran sieht er sich durch die Recht- sprechung des Oberlandesgerichts Düsseldorf gehindert, das im Zusammenhang mit der Erfüllung von Wirtschaftlichkeitskriterien eine Bewertung mit Punkten oder Noten ("Schulnoten") auch bei Verwendung von Unterkriterien ohne diesbezügliche ergänzende Erläuterungen nicht für zulässig erachte, weil dies nicht im Voraus erkennen lasse, welchen Erfüllungsgrad ("Zielerreichungsgrad") die Angebote aufweisen müssten, um mit den jeweils festgelegten Punkten bewertet zu werden (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 16. Dezember 2015 - Verg 25/15, VergabeR 2016, 487, 489 f.; Beschluss vom 15. Juni 2016 - Verg 49/15, VergabeR 2016, 762, 767 f.).

II.


10
Der Bundesgerichtshof hat aufgrund der zulässigen Divergenzvorlage ungeachtet der nur teilweisen Vorlage der Sache und ungeachtet der von der Antragstellerin erklärten Rücknahme der Beschwerde über die Beschwerde und über die Anschlussbeschwerde zu entscheiden.
11
1. Die Sache ist dem Bundesgerichtshof mit dem Vorlagebeschluss insgesamt angefallen und nicht nur im Umfang der Anschlussbeschwerde. Im Interesse der Rechtssicherheit und Klarheit ist der Beschluss des Vergabesenats deshalb aufzuheben, soweit er die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin betrifft (Ausspruch zu 1).
12
a) Die Beschränkung der Divergenzvorlage auf einen Teil des Streitstoffs des Beschwerdeverfahrens ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur in dem Maße zulässig, in dem im Zivilprozess ein Teilurteil ergehen oder - was hier nicht einschlägig ist, weil es um Rechtsmittel unterschiedlicher Beteiligter geht - die Revision wirksam beschränkt werden könnte (BGH, Beschluss vom 20. März 2014 - X ZB 18/13, VergabeR 2014, 538 Rn. 13 - Fahrbahnerneuerung I). Der Vergabesenat hat dies zwar im Ausgangspunkt nicht verkannt. Seine Annahme, ein Teilbeschluss sei zulässig, berücksichtigt aber nicht hinreichend, dass der Bundesgerichtshof grundsätzlich nicht lediglich die Vorlagefragen abstrakt beantwortet, sondern anstelle des Oberlandesgerichts in der Sache entscheidet, wenn kein Fall von § 179 Abs. 2 Satz 3 GWB vorliegt, und in diesem Rahmen die Voraussetzungen für den Erlass eines Teilbeschlusses nicht vorliegen.
13
b) Ein Teilurteil (§ 301 ZPO) darf nach ständiger Rechtsprechung auch bei grundsätzlicher Teilbarkeit des Streitgegenstandes nicht ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen - auch infolge abweichender Beurteilung durch das Rechtsmittelgericht - besteht (BGH, Urteil vom 11. Mai 2011 - VIII ZR 42/10, BGHZ 189, 356 Rn. 13; Urteil vom 9. Februar 2017 - I ZR 91/15, juris Rn. 23 - Flughafen Lübeck). Die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen ist bereits dann anzunehmen, wenn Urteilselemente , die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318 ZPO für das weitere Verfahren binden können, unterschiedlich bewertet werden könnten (vgl. BGH, Urteil vom 12. April 2016 - XI ZR 305/14, BGHZ 210, 23 Rn. 29). Solche Gefahren bestehen im Streitfall bei Erlass eines Teilbeschlusses durch den Vergabesenat; dass der Bundesgerichtshof in derselben Instanz entscheidet und nicht als Rechtsmittelgericht, beruht auf der gesetzlichen Regelung und ist insoweit unerheblich.
14
Die vergaberechtliche Überprüfung der beiden paritätischen Wertungskriterien des Preises und der Qualität der Leistungserbringung kann zur Vermeidung von widersprüchlichen Beurteilungen nicht zwischen dem Bundesgerichtshof einerseits und dem Vergabesenat andererseits aufgeteilt werden. Die Antragstellerin macht unter anderem geltend, die Antragsgegnerin habe eine rechtswidrige Gewichtung zwischen den beiden Bewertungskriterien "Preis" und "Qualität" vorgenommen. Über diesen Angriff kann nur aufgrund einer umfassenden Abwägung dieser beiden Kriterien und ihres Verhältnisses zueinander entschieden werden. Dies schließt eine Teilentscheidung über die Zulässigkeit eines der beiden Kriterien aus. Erachtete der Vergabesenat beispielsweise, wie geschehen, das Preiskriterium als vergaberechtskonform und käme der Bundesgerichtshof in Bezug auf das Qualitätskriterium zum gegenteiligen Ergebnis, würde durch diese beiden Entscheidungen nicht komplementär und einheitlich insgesamt über die Wertungskriterien entschieden. Entsprechend verhielte es sich im umgekehrt gedachten Fall (Vergaberechtswidrigkeit des Preiskriteriums und -konformität der Qualitätsbewertung). Bei Gefahr solcher Widersprüche ist ein Teilbeschluss durch den Vergabesenat unzulässig.
15
2. Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin ist statthaft und auch sonst zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
16
a) Im Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist das Institut der Anschlussbeschwerde allerdings nicht positiv geregelt. Ihre Statthaftigkeit im vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren ist in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und in der Fachliteratur gleichwohl von Anfang an bejaht worden (vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 10. Januar 2000 - WVerg 1/99, BauR 2000, 1582, 1588; Thüringer OLG, Beschluss vom 5. Dezember 2001 - 6 Verg 4/01, VergabeR 2002, 256; OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. Mai 2002 - Verg 8-15/01 - juris Rn. 38; BayObLG, Beschluss vom 5. November 2002 - Verg 22/02, NZBau 2003, 342, 346; OLG Naumburg, Beschluss vom 26. Februar 2004 - 1 Verg 17/03, VergabeR 2004, 387, 390; Byok/Jaeger, Kommentar zum Vergaberecht, 1. Aufl. Rn. 830; Beck'scher VOBKommentar /Gröning, 2001, § 116 GWB Rn. 17). Diese Auffassung ist zutreffend.
17
b) Die Anschlussbeschwerde ist auch sonst zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt.
18
Der Senat hält mit dem vorlegenden Vergabesenat dafür, dass die Anschlussbeschwerde in Anlehnung an § 524 Abs. 2 Satz 2, § 521 Abs. 2 Satz 1 ZPO bis zum Ablauf der dem Beschwerdegegner - üblicherweise - für die Erwiderung auf die Beschwerde gesetzten Frist eingelegt und begründet werden kann (ebenso OLG Naumburg, VergabeR 2004, 387, 390). Zwar könnte die Einlegung der Anschlussbeschwerde zeitlich auch an starre Fristen geknüpft werden, etwa - in Anlehnung an die Frist für die Einlegung und Begründung der sofortigen Beschwerde gemäß § 172 Abs. 1 GWB - an eine solche von zwei Wochen ab Zustellung der Beschwerdeschrift (BayObLG, NZBau 2003, 342, 346) oder an eine solche von einem Monat ab Zustellung der Beschwerdebegründungsschrift (vgl. § 127 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Für eine solche stärkere Beschränkung des Rechts zur Anschlussbeschwerde fehlt es aber angesichts des Schweigens des Gesetzes an einer hinreichenden Rechtfertigung; es erschiene zudem unter prozessökonomischen Gesichtspunkten wenig sinnvoll, für die Anschließung an das Rechtsmittel der Gegenseite eine andere Frist zu postulieren als die dem Beschwerdegegner für die Beschwerdeerwiderung gesetzte.
19
3. Die von der Antragstellerin am Schluss der mündlichen Verhandlung erklärte Rücknahme der Beschwerde ist wirkungslos, da die Antragsgegnerin der Rücknahme nicht zugestimmt hat. Entscheidet der Bundesgerichtshof nach § 179 Abs. 2 Satz 2 GWB anstelle des Oberlandesgerichts, kann die sofortige Beschwerde in entsprechender Anwendung des § 565 Satz 2 ZPO ohne Einwilligung des Beschwerdegegners nur bis zum Beginn der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache zurückgenommen werden.
20
a) Mit der Vorschrift des § 565 Satz 2 ZPO will der Gesetzgeber sicherstellen , dass der Rechtsmittelführer in einem Rechtsstreit, in dem die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache oder deshalb zugelassen worden ist, weil die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO), nach Beginn der mündlichen Verhandlung die höchstrichterliche Klärung der Rechtsfrage nicht mehr einseitig verhindern kann. Stimmt der Revisionsbeklagte einer Rücknahme des Rechtsmittels nicht zu, räumt das Gesetz ab diesem Zeitpunkt der höchstrichterlichen Entscheidung der Grundsatzfrage oder der Auflösung einer Divergenz Vorrang vor der Dispositionsbefugnis des Rechtsmittelklägers ein. Eine entsprechende Vorschrift für das Revisionsverfahren enthält etwa auch die Verwaltungsgerichtsordnung (§ 140 Abs. 1 Satz 2 VwGO).
21
b) Dem Sinn und Zweck dieser Regelung entspricht eine entsprechende Anwendung, wenn der Bundesgerichtshof nach § 179 Abs. 2 Satz 2 GWB anstelle des Oberlandesgerichts im Vergabenachprüfungsverfahren entscheidet. Soweit das Gesetz dieses Verfahren nicht näher regelt, ist grundsätzlich auf die sachnächsten Vorschriften der Zivilprozessordnung zurückzugreifen, wie es, wie ausgeführt, beispielsweise bei der auf die Anschlussbeschwerde anzuwendenden Frist geboten ist. Der Bundesgerichtshof entscheidet nach § 179 Abs. 2 GWB, wenn das an sich zur Entscheidung berufene Oberlandesgericht von einer Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen will. Das Gesetz sieht mithin aus § 543 Abs. 2 Nr. 2 ZPO entsprechenden Gründen eine höchstrichterliche Entscheidung zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung vor. Dass diese nicht in einem Revisionsoder Rechtsbeschwerdeverfahren erfolgt, ist lediglich dem Umstand geschuldet, dass das Gesetz das Vergabenachprüfungsverfahren besonders beschleunigen will. Gerade unter Berücksichtigung dieser Besonderheit des Vergabenachprüfungsverfahrens entspricht es aber dem Sinn und Zweck der Befassung des Bundesgerichtshofs mit der Sache, dass der Rechtsmittelführer die Entscheidung der Divergenzfrage nach Beginn der mündlichen Verhandlung vor dem Bundesgerichtshof ohne Zustimmung des Rechtsmittelgegners nicht mehr verhindern kann.
22
4. Die Voraussetzungen des § 179 Abs. 2 Satz 1 GWB liegen vor.
23
a) Dies ist nach ständiger Rechtsprechung der Fall, wenn das vorlegende Oberlandesgericht seiner Entscheidung als tragende Begründung einen Rechtssatz zugrunde legen will, der mit einem die Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs tragenden Rechtssatz unvereinbar ist (vgl. BGH, Beschluss vom 31. Januar 2017 - X ZB 10/16, NZBau 2017, 23 Rn. 6 - Notärztliche Dienstleistungen). So verhält es sich hier. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat in seinen beiden vom vorlegenden Vergabesenat in Bezug genommenen Entscheidungen (OLG Düsseldorf, VergabeR 2016, 487 ff.; 762 ff.) in vergleichbaren Sachverhaltskonstellationen beanstandet , dass in den Vergabeunterlagen nicht näher aufgeschlüsselt und erläutert war, wodurch bzw. wofür die den einzelnen Unterkriterien zugeordneten Punktbewertungen oder Benotungen errungen werden konnten. Dazu würde sich das vorlegende Oberlandesgericht in Widerspruch begeben, wenn es in der von ihm befürworteten Weise entschiede.
24
b) Die Voraussetzungen für die Entscheidung durch den Bundesgerichtshof nach § 179 Abs. 2 GWB sind nicht nachträglich dadurch entfallen, dass das Oberlandesgericht Düsseldorf in einer neueren Entscheidung von seiner zur Divergenzvorlage führenden Rechtsprechung Abstand genommen hat (OLG Düsseldorf, Beschluss vom 8. März 2017 - Verg 39/16). Für eine "Rück- gabe" des Verfahrens an den vorlegenden Vergabesenat wegen Wegfalls der Vorlagevoraussetzungen ist nach der gesetzlichen Regelung kein Raum, weil der Bundesgerichtshof danach anstelle des Oberlandesgerichts entscheidet (§ 179 Abs. 2 Satz 2 GWB).

III.


25
Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet. Die Anschlussbeschwerde der Antragsgegnerin hat hingegen Erfolg und führt auch insoweit zur Zurückweisung des Nachprüfungsantrags. Die von der Antragsgegnerin vorgesehenen Zuschlagskriterien stehen mit dem Gesetz in Einklang.
26
1. Die von der Antragsgegnerin für die Preisbewertung vorgesehene Methode hält - auch unter Berücksichtigung des sich durch die gewählten Zuschlagskriterien insgesamt eröffnenden Wertungsspielraums - der vergaberechtlichen Nachprüfung stand.
27
a) Die Antragstellerin meint, der Preis werde infolge der gewählten Berechnungsmethode entgegen den Vergabeunterlagen faktisch nicht mit 50 % berücksichtigt, sondern wettbewerbsverzerrend völlig entwertet. Diese Rüge geht an dem Erklärungsgehalt der Angaben in den Vergabeunterlagen zur Gleichbewertung von Preis und Qualität vorbei und greift deshalb nicht durch. aa) Wie die in den Vergabeunterlagen angekündigte paritätische Bewer28 tung von Preis und Qualitätskriterien zu verstehen ist, ergibt sich aus der Sicht der angesprochenen Bieter nicht durch isolierte Interpretation dieser Angaben, sondern unter Berücksichtigung der gesamten Erläuterungen der beabsichtigten Wertung in den Vergabeunterlagen. Danach ist erkennbar, wie die angekündigte jeweils hälftige Bewertung von Preis und Qualität gehandhabt werden soll, nämlich in der Weise, dass auf den günstigsten Preis einerseits und die bei der Qualität der Leistung maximal mögliche Bewertung andererseits jeweils die Hälfte der höchstens zu erreichenden Punktzahl entfällt. Die Bewertung des Preises mit 50% erfolgt danach durch Umrechnung
29
des Preises in einem Punktesystem mit maximal 50 Punkten. Der niedrigste Angebotspreis (Gesamtsumme sechs Jahre brutto) je Los erhält 50 Punkte. Zur Berechnung des Abstands der teureren Angebote wird der niedrigste Angebotspreis der in die letzte Wertungsstufe gelangten Angebote mit der maximal zu vergebenden Punktzahl (50 Punkte) multipliziert und das Ergebnis durch die jeweiligen höheren Angebotspreise der übrigen Bieter dividiert. Die Ankündigung der hälftigen Berücksichtigung des Preises ist deshalb für sich genommen nicht irreführend. bb) Der Rückgriff auf diese Bewertungsmethode kann der Antragsgegne30 rin vergaberechtlich auch nicht wegen seiner vermeintlichen wettbewerbsverzerrenden Wirkung verwehrt werden.
31
(1) Der Antragstellerin ist allerdings zuzugeben, dass unter der von ihr angenommenen Prämisse, der Wettbewerb lasse eine Spreizung der Angebotspreise von allenfalls 10 % erwarten, die gesamte Punkteskala nicht annähernd ausgeschöpft, sondern nur der Bereich zwischen 50 und etwa 45 Punkten belegt werden dürfte. Das vergaberechtlich erfahrene Oberlandesgericht teilt diese Einschätzung. Sie erscheint auch in Anbetracht des beiderseitigen Vorbringens zu den Rabattspannen der Deutschen Post AG gegenüber sogenannten Konsolidierungsunternehmen für vorsortiert angelieferte Massensendungen durchaus plausibel. Den eingereichten Unterlagen zufolge hat die Deutsche Post 2016 insoweit etwa bei Einlieferungen ab 250 Briefen im regionalen Versand zwar einen Rabatt von 45 % auf das reguläre Porto gewährt.
Dieser Rabattierung bei Konsolidierungsleistungen müssen aber die Preisgestaltungsmöglichkeiten von Konkurrenten der Deutschen Post im Wettbewerb um den vorliegend ausgeschriebenen Auftrag schon deshalb nicht entsprechen, weil sie auch Beiträge zu den eigenen Fixkosten erwirtschaften und, wenn sie, wie die Antragstellerin, nur im regionalen Bereich eigene Zusteller einsetzen können, im überregionalen Versand Subunternehmer einschalten und bezahlen müssen.
32
(2) Auch wenn bei der Preisbewertung nach der hier eingesetzten "einfachen linearen Methode" eine volle Ausschöpfung der Punkteskala nicht annähernd zu erwarten ist, rechtfertigt das nicht, der Antragsgegnerin ihre Anwendung zu untersagen. Diese durchaus gängige Methode (vgl. dazu Krohn in: von Wietersheim (Hrsg.) "Vergabe von Postdienstleistungen", Schriftenreihe des forum vergabe e.V., S. 164) kann nicht per se als vergaberechtswidrig bewertet werden. Das gilt umso mehr, als in der Fachliteratur nachvollziehbar aufgezeigt wird, dass auch andere Bewertungsmethoden unter Umständen zu als unbillig oder widersprüchlich empfundenen Ergebnissen führen können (vgl. etwa Kiiver /Kodym, NZBau 2015, 59; Bartsch/von Gehlen/Hirsch, NZBau 2012, 393; Roth, NZBau 2011, 75; Schneider, NZBau 2002, 555 und dazu OLG Düsseldorf , NZBau 2002, 578 ff.) und dem Auftraggeber insoweit nicht ohne Weiteres angesonnen werden kann, sich für oder gegen eine alternative Berechnungsmethode zu entscheiden. Mit einer Diskrepanz zwischen der Spreizung der zu erwartenden Angebotspreise und der Spreizung der zu erwartenden Qualitätsbewertungen bringt der Auftraggeber zum Ausdruck, dass er der Qualität der Leistung erhebliches Gewicht beimessen und einen etwas niedrigeren Preis gegebenenfalls geringer gewichten will als ein qualitativ etwas besseres Angebot ; dies ist für sich genommen nicht rechtswidrig. In welchem Umfang eine solche Diskrepanz auftritt, hängt überdies vom Einzelfall und von dem Spielraum ab, den insoweit die Kriterien bieten, nach denen die Qualität der angebo- tenen Leistungen zu bewerten ist. Das Argument der Antragstellerin, selbst ein den niedrigsten um das Fünfzigfache übersteigender Preis erhalte immer noch einen Punkt, ist deshalb für das Verhältnis zwischen Preis- und Qualitätsbewertung ohne Aussagekraft.
33
b) Unter diesen Umständen kann die Wahl einer bestimmten Preisumrechnungsmethode vergaberechtlich vielmehr nur beanstandet werden, wenn sich gerade ihre Heranziehung im Einzelfall aufgrund besonderer Umstände als mit dem gesetzlichen Leitbild des Vergabewettbewerbs unvereinbar erwiese. Das lässt sich im Streitfall indes nicht feststellen. Die Preisbewertungsmethode begegnet auch in der Gesamtschau unter Einschluss der Qualitätskriterien nicht solchen vergaberechtlichen Bedenken, dass die Verwendung des vorgesehenen Wertungsschemas zur Vermeidung von Rechtsverletzungen einzelner Bieter und Schädigung ihrer geschützten Interessen (vgl. § 168 Abs. 1 Satz 1 GWB) untersagt werden müsste.
34
aa) Der Zuschlag wird auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt. Dieses bestimmt sich nach dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis (§ 127 Abs. 1 Satz 1, 3 GWB). Grundlage dafür ist eine Bewertung des öffentlichen Auftraggebers , ob und inwieweit die Angebote die vorgegebenen Zuschlagskriterien erfüllen (§ 127 Abs. 1 Satz 2 GWB). Die Zuschlagskriterien spiegeln dementsprechend wider, wie der Auftraggeber im jeweiligen Vergabeverfahren das Preis-Leistungs-Verhältnis bewerten möchte, wenn sich bei den Angebotspreisen einerseits und der Qualität des Angebots andererseits unterschiedliche Rangfolgen ergeben. Hierfür ist ihm ein weiter Beurteilungs- und Handlungsspielraum eröffnet; der Auftraggeber muss seinen Beschaffungsbedarf in den Schranken wirtschaftlicher und fiskalischer Vernunft und der aus § 97 GWB abzuleitenden Regeln für den Vergabewettbewerb frei definieren können; zu die- ser Definition gehört auch, welche Qualität die Leistung vorzugsweise haben soll.
35
Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers des Vergaberechtsmodernisierungsgesetzes vom 17. Februar 2017 (BGBl. I S. 203) sind ihm dabei insoweit Grenzen gesetzt, als der Preis bzw. die Kosten in der Angebotswertung zwingend berücksichtigt werden müssen (vgl. BT-Drucks. 18/6281 S. 111 zu § 127 Abs. 1 RegE VergRModG). Diese Sichtweise stimmt mit der Richtlinie 2014/24 EU über die öffentliche Auftragsvergabe überein (vgl. dort Erwägungsgrund 90 Abs. 1, 92 Abs. 3). Sind zwei Angebote qualitativ in jeder Hinsicht gleichwertig, ist der Zuschlag zwingend auf das Angebot mit dem niedrigsten Preis zu erteilen. Neben dem Preis bzw. den Kosten kann der öffentliche Auftraggeber eine Vielzahl qualitativer Zuschlagskriterien festlegen (§ 127 Abs. 1 Satz 4 GWB), die grundsätzlich umso größeres Gewicht haben sollen, desto weniger es sich bei dem nachgefragten Wirtschaftsgut um eine marktübliche, standardisierte Leistung handelt. Eine allzu einseitige Ausrichtung am Preis birgt, worauf auch der Bundesgerichtshof hingewiesen hat, die Gefahr, dass Vergabeentscheidungen getroffen werden, die sich letztlich als unwirtschaftlich erweisen, weil sie qualitativen Unterschieden der Leistung nicht Rechnung tragen (BGH, NZBau 2017, 230 Rn. 21 - Notärztliche Dienstleistungen).
36
bb) Im Streitfall geht es zwar mit Postdienstleistungen um die Beschaffung vergleichsweise weitgehend standardisierter Leistungen (unten Rn. 40). Aber auch bei einer in dieser Weise geprägten Nachfrage ist der öffentliche Auftraggeber nicht gehindert, Qualitätskriterien in die Wertung einfließen zu lassen (BT-Drucks. 18/6281 aaO) und die Bewertung der Angebote, wie im Streitfall, in erheblichem Maße davon abhängig zu machen, inwieweit kontinuierlich eine zügige und reibungslose Erbringung der Dienstleistung mit möglichst geringem Reklamationsaufkommen gewährleistet ist.
37
Dabei kann ein hoher Einfluss von Qualitätskriterien auf die Zuschlagsentscheidung , wie er im Streitfall zu verzeichnen ist, unter Umständen einzelnen Anbietern, namentlich dem ressourcenstarken früheren Inhaber eines Monopols , mehr als anderen Bewerbern entgegenkommen. Dieser Umstand lässt die Verwendung des von der Antragsgegnerin konzipierten Wertungsschemas für sich genommen aber noch nicht als vergaberechtswidrig erscheinen. Öffentliche Auftraggeber sind zwar generell verpflichtet, ihren Bedarf in transparentem Wettbewerb unter Gleichbehandlung der Bieter zu decken (§ 97 Abs. 1, 2 GWB). Es stellt für sich ohne Weiteres aber noch keine vergaberechtlich zu beanstandende Ungleichbehandlung dar, wenn ein Wertungsschema, das ein öffentlicher Auftraggeber in der Position der Antragsgegnerin anwendet, der selbst nur Nachfrager ohne eigene Regulierungsverantwortung ist und grundsätzlich die für ihn bestmögliche Bedarfsdeckung anstreben darf, qualitative Gesichtspunkte der Leistungserbringung wie geschehen hervorhebt.
38
cc) Die Grenze zur Vergaberechtswidrigkeit der Verwendung eines solchen Wertungsschemas wäre überschritten, wenn qualitativen Wertungskriterien einzeln oder in ihrer Gesamtheit ein Gewicht zugemessen würde, das sachlich nicht zu rechtfertigen ist und deshalb die Annahme nahelegt, dass die Kriterien so ausgestaltet wurden, dass nur ein oder einzelne Unternehmen realistische Aussichten auf den Zuschlag haben, während andere Anbieter trotz Vergabe im offenen Verfahren (§ 119 Abs. 3 GWB) und objektiv gegebener Eignung (§ 122 GWB) von vornherein chancenlos wären. In einer solchen Fallgestaltung würden die Wertungskriterien bei der gebotenen wertenden Betrachtung der Sache nach Eignungskriterien bilden und bestimmte Bieter entgegen den für das offene Verfahren geltenden Grundsätzen ausschließen. Dafür, dass dies im Streitfall der Fall wäre, hat die Antragstellerin jedoch nichts geltend gemacht , und hierfür ist auch nichts erkennbar.
39
2. Auch die vorgesehene Methode der Qualitätsbewertung ist entgegen der Auffassung der Vergabekammer nicht zu beanstanden. Im Streitfall steht es einer transparenten und wettbewerbskonformen Auftragsvergabe (§ 97 Abs. 1 Satz 1 GWB) nicht entgegen, dass die von den Bietern vorgelegten Konzepte für die Kompensation von Schwankungen im Sendungsaufkommen/Auftragsspitzen und zur Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung im Rahmen der Angebotswertung benotet werden und einen der jeweiligen Note zugeordneten Punktwert erhalten, ohne dass die Vergabeunterlagen weitere konkretisierende Angaben dazu enthalten, wovon die jeweils zu erreichende Punktzahl für das Konzept konkret abhängen soll. Das ergibt sich aus folgenden Erwägungen.
40
a) Gegenstand des Vergabeverfahrens sind im Streitfall mit der Abholung , Weiterleitung und Zustellung postalischer Sendungen weitgehend standardisierte Dienstleistungen (oben Rn. 36), die im Rahmen eines Dauerschuldverhältnisses in mehr oder minder massenhafter Wiederkehr zu erbringen sind. Die bis zur Aushändigung jeder einzelnen Sendung an den jeweiligen Empfänger zu erbringenden Einzelleistungen von der Abholung und Beförderung von Brief- oder Paketsendungen bis hin zu deren Ablieferung beim Empfänger sind für sich und in ihrer Abfolge in den Vergabeunterlagen konkret und erschöpfend beschrieben.
41
b) Soweit die Bieter ihre Konzepte für die Erfüllung der QualitätsUnterkriterien schriftlich darstellen sollen, hat der Wettbewerb partiell das Gepräge eines Vergabeverfahrens mit funktionaler Leistungsbeschreibung (§ 31 Abs. 2 Nr. 1 VgV, vgl. dazu Prieß/Simonis in: Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VgV, § 31 Rn. 14). Gegenstand der Wertung sind insoweit die vom einzelnen Bieter zur Bewältigung eines deutlich überdurchschnittlichen Anfalls von Sendungen vorgesehenen Vorkehrungen zur Gewährleistung einer insgesamt gleichwohl zeitnahen Zustellung. Sinngemäß das Gleiche gilt für die von ihm vorgeschlagenen Maßnahmen gemäß den Anforderungen der Vergabeunterlagen zum Unterkriterium der Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung.
42
Gegenstand der Angebotswertung ist insoweit in einem ersten Schritt die prognostische Beurteilung, ob bzw. inwieweit die aus den Konzepten ersichtlichen Maßnahmen zur Bewältigung von Auftragsspitzen bzw. Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung beitragen können. Je nachdem, in welchem Maße die Lösungsvorschläge aus Sicht der Antragsgegnerin insoweit Erfolg versprechen, erhält das jeweilige Konzept in einem zweiten Schritt eine entsprechende Benotung und die nach dem Schlüssel in den Vergabeunterlagen zu errechnende Punktzahl.
43
c) Die von der Vergabekammer geforderten weiteren Erläuterungen der Auftraggeberin zu ihren Erwartungen an die Inhalte des einzureichenden Konzepts sind rechtlich nicht geboten.
44
aa) Dass das Unterkriterium "Schwankungen im Sendungsaufkommen/ Auftragsspitzen" auf die Sicherstellung einer möglichst rückstaufreien Bewältigung der angefallenen Post auch in Spitzenlastzeiten zielt, versteht sich für die Bieter von selbst. Infolge der ergänzenden Informationen in den Vergabeunterlagen , dass bei Los 1 im Tagesdurchschnitt ein Aufkommen von ca. 8.000 Sendungen zu erwarten sei, es jedoch zu Abweichungen von bis zu 40% kommen könne, etwa wenn zu einem vom Auftraggeber vorgegebenen Stichtag teilweise bis zu mehrere tausend Sendungen mit Gebühren- oder Grundsteuerbescheiden gleichzeitig versendet und mit dem Datum dieses Tages frei gemacht werden müssten, und dass Los 2 durchschnittlich 30 Paketsendungen täglich betreffe, die tatsächliche Anzahl aber zwischen 5 und 100 Paketen schwanken könne, können die Bieter sich ein Bild davon machen, wofür ihr Konzept eine taugliche Lösung anbieten muss.
45
bb) Entsprechendes gilt für das zweite Unterkriterium der Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung mit Blick darauf, dass in der Leistungsbeschreibung folgende Unterpunkte gebildet sind: - Sicherstellung der Zustellung in Häusern, bei denen aufgeschlossen bzw. geklingelt werden muss; - Reaktionsweise bei Notfällen wie Personal- oder Fahrzeugausfällen oder extremen Wetterbedingungen; - Reklamationsmanagement und Reklamations- und Erreichbarkeitszeiten ; - internes Qualitätsmanagement zur Gewährleistung der anforderungsgerechten Leistungserbringung (unter anderem Darstellung des Umgangs von [gemeint: mit] betriebsinternen Änderungen bezüglich Software oder eingesetzter Technik sowie sonstige Weiterbildungsmaßnahmen).
46
Damit werden den Bietern die Anforderungen der Antragsgegnerin unter Transparenzgesichtspunkten hinreichend verdeutlicht. Die Forderung der Vergabekammer nach Unterlegung der erzielbaren Noten bzw. Punkte mit konkretisierenden Informationen zu den von der Antragsgegnerin mit der Erfüllung der Unterkriterien verbundenen Erwartungen läuft darauf hinaus, ihr die Durchführung eines partiell anderen Vergabeverfahrens aufzuerlegen, als es ihren eigentlichen Intentionen entspricht, und den Bietern direkt oder mittelbar Lösungskomponenten vorzugeben, die diese zwangsläufig aufgreifen würden, um in der Angebotswertung bestehen zu können. Damit würde die Antragsgegnerin gezwungen, Aufgaben zu übernehmen, deren Lösung sie im Rahmen der funktionalen Ausschreibung in vergaberechtlich unbedenklicher Weise auf die Bieter delegieren wollte.
47
Diese Bewertung steht im Übrigen in Einklang mit der neuesten Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH, Urteil vom 14. Juli 2016 - C-6/15, VergabeR 2016, 721 - Dimarso), die auch das Oberlandesgericht Düsseldorf zum Anlass für die Korrektur seiner Rechtsprechung genommen hat.
48
d) Ob es unter außergewöhnlichen Umständen, etwa wenn die Komplexität des Auftragsgegenstands besonders vielschichtige Wertungskriterien erforderlich macht, bei Verwendung eines Benotungs- oder Punktbewertungssystems durch die Vergabestelle zur Vermeidung einer intransparenten Wertung erforderlich sein könnte, dass der Auftraggeber seine Vorstellungen oder Präferenzen zum denkbaren Zielerreichungsgrad erläutert und damit Anhaltspunkte für eine günstige oder ungünstige Benotung vorgibt, bedarf im Streitfall keiner Entscheidung.

IV.


49
Für den Fall, dass die Antragsgegnerin den Auftrag im ausgeschriebenen Vergabeverfahren, in dem die ursprüngliche Frist zur Abgabe der Angebote bis zum 3. November 2016 bemessen war, oder in einem neuen Verfahren mit gleichen Wertungskriterien vergeben möchte, weist der Senat vorsorglich auf Folgendes hin.
50
1. Von der Frage der generellen Zulässigkeit des zugrunde gelegten Wertungsschemas zu trennen ist die Frage der Vergaberechtskonformität der auf seiner Grundlage durchgeführten Wertung.
51
Mit dem hohen Stellenwert der Qualität der Leistungserbringung für die Zuschlagserteilung in diesem Wertungssystem geht die Verpflichtung der Vergabestelle zu einer besonders sorgfältigen Benotung der vorgelegten Konzepte einher. Auf das Unterkriterium der Sicherstellung einer effektiven Leistungserbringung entfällt ein Viertel aller überhaupt erreichbaren Wertungspunkte. Es wird in den Vergabeunterlagen mit dem großen Interesse an einer effektiven Leistungserbringung begründet, die die amtlichen Betriebsabläufe möglichst nicht stört. An diesem das Qualitätskriterium begründenden und damit für die Wirtschaftlichkeit der Beschaffung ausschlaggebenden Interesse der Antragsgegnerin wird sich die Benotung auszurichten haben. Beispielsweise können Unterschiede im internen Qualitätsmanagement unterschiedliches Gewicht haben oder gar ohne Bedeutung sein, wenn es fernliegt, dass sie das Qualitätsinteresse der Antragsgegnerin berühren könnten.
52
2. Der Gefahr, dass die Offenheit des im Streitfall vorgesehenen Wertungsschemas zu einer nicht hinreichend transparenten Vergabe führt, ist durch eingehende Dokumentation des Wertungsprozesses zu begegnen.
53
Der Auftraggeber ist verpflichtet, die Gründe für die Auswahlentscheidung und den Zuschlag zu dokumentieren (§ 8 Abs. 1 Satz 2 VgV). Insbesondere dann, wenn er sich dafür, wie im Streitfall, eines aus Preis und qualitativen Aspekten zusammengesetzten Kriterienkatalogs bedient, bei dem die Angebote hinsichtlich der Qualitätskriterien mittels eines Benotungssystems bewertet werden und die Bewertungsmethode des Preises nur enge Kompensationsmöglichkeiten für qualitative Abzüge erwarten lässt (oben Rn. 31), muss der Auftraggeber seine für die Zuschlagserteilung maßgeblichen Erwägungen in allen Schritten so eingehend dokumentieren, dass nachvollziehbar ist, welche konkreten qualitativen Eigenschaften der Angebote mit welchem Gewicht in die Benotung eingegangen sind. Wird die Auswahlentscheidung zur Vergabenachprüfung gestellt, untersuchen die Nachprüfungsinstanzen auf Rüge gerade auch die Benotung des Angebots des Antragstellers als solche und in Relation zu den übrigen Angeboten, insbesondere demjenigen des Zuschlagsprätendenten. Auch wenn dem öffentlichen Auftraggeber bei der Bewertung und Benotung ein Beurteilungsspielraum zustehen muss, sind seine diesbezüglichen Bewertungsentscheidungen in diesem Rahmen insbesondere auch darauf hin überprüfbar, ob die jeweiligen Noten im Vergleich ohne Benachteiligung des einen oder anderen Bieters plausibel vergeben wurden.

V.


54
Die Kostenentscheidung folgt aus § 182 Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 Satz 1 und 2 analog, § 78 GWB. Die von den Beteiligten nicht angefochtene Gebührenfestsetzung durch die Vergabekammer bleibt unberührt.
Meier-Beck Gröning Bacher
Hoffmann Schuster
Vorinstanz:
OLG Dresden, Entscheidung vom 02.02.2017 - Verg 7/16 -

(1) Erscheinen der Preis oder die Kosten eines Angebots im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig, verlangt der öffentliche Auftraggeber vom Bieter Aufklärung.

(2) Der öffentliche Auftraggeber prüft die Zusammensetzung des Angebots und berücksichtigt die übermittelten Unterlagen. Die Prüfung kann insbesondere betreffen:

1.
die Wirtschaftlichkeit des Fertigungsverfahrens einer Lieferleistung oder der Erbringung der Dienstleistung,
2.
die gewählten technischen Lösungen oder die außergewöhnlich günstigen Bedingungen, über die das Unternehmen bei der Lieferung der Waren oder bei der Erbringung der Dienstleistung verfügt,
3.
die Besonderheiten der angebotenen Liefer- oder Dienstleistung,
4.
die Einhaltung der Verpflichtungen nach § 128 Absatz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, insbesondere der für das Unternehmen geltenden umwelt-, sozial- und arbeitsrechtlichen Vorschriften, oder
5.
die etwaige Gewährung einer staatlichen Beihilfe an das Unternehmen.

(3) Kann der öffentliche Auftraggeber nach der Prüfung gemäß den Absätzen 1 und 2 die geringe Höhe des angebotenen Preises oder der angebotenen Kosten nicht zufriedenstellend aufklären, darf er den Zuschlag auf dieses Angebot ablehnen. Der öffentliche Auftraggeber lehnt das Angebot ab, wenn er festgestellt hat, dass der Preis oder die Kosten des Angebots ungewöhnlich niedrig sind, weil Verpflichtungen nach Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 nicht eingehalten werden.

(4) Stellt der öffentliche Auftraggeber fest, dass ein Angebot ungewöhnlich niedrig ist, weil der Bieter eine staatliche Beihilfe erhalten hat, so lehnt der öffentliche Auftraggeber das Angebot ab, wenn der Bieter nicht fristgemäß nachweisen kann, dass die staatliche Beihilfe rechtmäßig gewährt wurde. Der öffentliche Auftraggeber teilt die Ablehnung der Europäischen Kommission mit.

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

(1) Informiert die Vergabekammer den Auftraggeber in Textform über den Antrag auf Nachprüfung, darf dieser vor einer Entscheidung der Vergabekammer und dem Ablauf der Beschwerdefrist nach § 172 Absatz 1 den Zuschlag nicht erteilen.

(2) Die Vergabekammer kann dem Auftraggeber auf seinen Antrag oder auf Antrag des Unternehmens, das nach § 134 vom Auftraggeber als das Unternehmen benannt ist, das den Zuschlag erhalten soll, gestatten, den Zuschlag nach Ablauf von zwei Wochen seit Bekanntgabe dieser Entscheidung zu erteilen, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen sowie des Interesses der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zum Abschluss der Nachprüfung die damit verbundenen Vorteile überwiegen. Bei der Abwägung ist das Interesse der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Auftraggebers zu berücksichtigen; bei verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen Aufträgen im Sinne des § 104 sind zusätzlich besondere Verteidigungs- und Sicherheitsinteressen zu berücksichtigen. Die besonderen Verteidigungs- und Sicherheitsinteressen überwiegen in der Regel, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession im unmittelbaren Zusammenhang steht mit

1.
einer Krise,
2.
einem mandatierten Einsatz der Bundeswehr,
3.
einer einsatzgleichen Verpflichtung der Bundeswehr oder
4.
einer Bündnisverpflichtung.
Die Vergabekammer berücksichtigt dabei auch die allgemeinen Aussichten des Antragstellers im Vergabeverfahren, den Auftrag oder die Konzession zu erhalten. Die Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrags müssen nicht in jedem Fall Gegenstand der Abwägung sein. Das Beschwerdegericht kann auf Antrag das Verbot des Zuschlags nach Absatz 1 wiederherstellen; § 168 Absatz 2 Satz 1 bleibt unberührt. Wenn die Vergabekammer den Zuschlag nicht gestattet, kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Auftraggebers unter den Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 den sofortigen Zuschlag gestatten. Für das Verfahren vor dem Beschwerdegericht gilt § 176 Absatz 2 Satz 1 und 2 und Absatz 3 entsprechend. Eine sofortige Beschwerde nach § 171 Absatz 1 ist gegen Entscheidungen der Vergabekammer nach diesem Absatz nicht zulässig.

(3) Sind Rechte des Antragstellers aus § 97 Absatz 6 im Vergabeverfahren auf andere Weise als durch den drohenden Zuschlag gefährdet, kann die Kammer auf besonderen Antrag mit weiteren vorläufigen Maßnahmen in das Vergabeverfahren eingreifen. Sie legt dabei den Beurteilungsmaßstab des Absatzes 2 Satz 1 zugrunde. Diese Entscheidung ist nicht selbständig anfechtbar. Die Vergabekammer kann die von ihr getroffenen weiteren vorläufigen Maßnahmen nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes und der Länder durchsetzen; die Maßnahmen sind sofort vollziehbar. § 86a Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Macht der Auftraggeber das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 117 Nummer 1 bis 3 oder § 150 Nummer 1 oder 6 geltend, entfällt das Verbot des Zuschlags nach Absatz 1 fünf Werktage nach Zustellung eines entsprechenden Schriftsatzes an den Antragsteller; die Zustellung ist durch die Vergabekammer unverzüglich nach Eingang des Schriftsatzes vorzunehmen. Auf Antrag kann das Beschwerdegericht das Verbot des Zuschlags wiederherstellen. § 176 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1 sowie Absatz 3 und 4 ist entsprechend anzuwenden.

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

(1) Die Vergabekammer trifft und begründet ihre Entscheidung schriftlich innerhalb einer Frist von fünf Wochen ab Eingang des Antrags. Bei besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten kann der Vorsitzende im Ausnahmefall die Frist durch Mitteilung an die Beteiligten um den erforderlichen Zeitraum verlängern. Dieser Zeitraum soll nicht länger als zwei Wochen dauern. Er begründet diese Verfügung schriftlich.

(2) Die Beteiligten haben an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, wie es einem auf Förderung und raschen Abschluss des Verfahrens bedachten Vorgehen entspricht. Den Beteiligten können Fristen gesetzt werden, nach deren Ablauf weiterer Vortrag unbeachtet bleiben kann.

(1) Informiert die Vergabekammer den Auftraggeber in Textform über den Antrag auf Nachprüfung, darf dieser vor einer Entscheidung der Vergabekammer und dem Ablauf der Beschwerdefrist nach § 172 Absatz 1 den Zuschlag nicht erteilen.

(2) Die Vergabekammer kann dem Auftraggeber auf seinen Antrag oder auf Antrag des Unternehmens, das nach § 134 vom Auftraggeber als das Unternehmen benannt ist, das den Zuschlag erhalten soll, gestatten, den Zuschlag nach Ablauf von zwei Wochen seit Bekanntgabe dieser Entscheidung zu erteilen, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen sowie des Interesses der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zum Abschluss der Nachprüfung die damit verbundenen Vorteile überwiegen. Bei der Abwägung ist das Interesse der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Auftraggebers zu berücksichtigen; bei verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen Aufträgen im Sinne des § 104 sind zusätzlich besondere Verteidigungs- und Sicherheitsinteressen zu berücksichtigen. Die besonderen Verteidigungs- und Sicherheitsinteressen überwiegen in der Regel, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession im unmittelbaren Zusammenhang steht mit

1.
einer Krise,
2.
einem mandatierten Einsatz der Bundeswehr,
3.
einer einsatzgleichen Verpflichtung der Bundeswehr oder
4.
einer Bündnisverpflichtung.
Die Vergabekammer berücksichtigt dabei auch die allgemeinen Aussichten des Antragstellers im Vergabeverfahren, den Auftrag oder die Konzession zu erhalten. Die Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrags müssen nicht in jedem Fall Gegenstand der Abwägung sein. Das Beschwerdegericht kann auf Antrag das Verbot des Zuschlags nach Absatz 1 wiederherstellen; § 168 Absatz 2 Satz 1 bleibt unberührt. Wenn die Vergabekammer den Zuschlag nicht gestattet, kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Auftraggebers unter den Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 den sofortigen Zuschlag gestatten. Für das Verfahren vor dem Beschwerdegericht gilt § 176 Absatz 2 Satz 1 und 2 und Absatz 3 entsprechend. Eine sofortige Beschwerde nach § 171 Absatz 1 ist gegen Entscheidungen der Vergabekammer nach diesem Absatz nicht zulässig.

(3) Sind Rechte des Antragstellers aus § 97 Absatz 6 im Vergabeverfahren auf andere Weise als durch den drohenden Zuschlag gefährdet, kann die Kammer auf besonderen Antrag mit weiteren vorläufigen Maßnahmen in das Vergabeverfahren eingreifen. Sie legt dabei den Beurteilungsmaßstab des Absatzes 2 Satz 1 zugrunde. Diese Entscheidung ist nicht selbständig anfechtbar. Die Vergabekammer kann die von ihr getroffenen weiteren vorläufigen Maßnahmen nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes und der Länder durchsetzen; die Maßnahmen sind sofort vollziehbar. § 86a Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Macht der Auftraggeber das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 117 Nummer 1 bis 3 oder § 150 Nummer 1 oder 6 geltend, entfällt das Verbot des Zuschlags nach Absatz 1 fünf Werktage nach Zustellung eines entsprechenden Schriftsatzes an den Antragsteller; die Zustellung ist durch die Vergabekammer unverzüglich nach Eingang des Schriftsatzes vorzunehmen. Auf Antrag kann das Beschwerdegericht das Verbot des Zuschlags wiederherstellen. § 176 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1 sowie Absatz 3 und 4 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Öffentliche Auftraggeber haben die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses unverzüglich in Textform zu informieren. Dies gilt auch für Bewerber, denen keine Information über die Ablehnung ihrer Bewerbung zur Verfügung gestellt wurde, bevor die Mitteilung über die Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter ergangen ist.

(2) Ein Vertrag darf erst 15 Kalendertage nach Absendung der Information nach Absatz 1 geschlossen werden. Wird die Information auf elektronischem Weg oder per Fax versendet, verkürzt sich die Frist auf zehn Kalendertage. Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung der Information durch den Auftraggeber; auf den Tag des Zugangs beim betroffenen Bieter und Bewerber kommt es nicht an.

(3) Die Informationspflicht entfällt in Fällen, in denen das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb wegen besonderer Dringlichkeit gerechtfertigt ist. Im Fall verteidigungs- oder sicherheitsspezifischer Aufträge können öffentliche Auftraggeber beschließen, bestimmte Informationen über die Zuschlagserteilung oder den Abschluss einer Rahmenvereinbarung nicht mitzuteilen, soweit die Offenlegung den Gesetzesvollzug behindert, dem öffentlichen Interesse, insbesondere Verteidigungs- oder Sicherheitsinteressen, zuwiderläuft, berechtigte geschäftliche Interessen von Unternehmen schädigt oder den lauteren Wettbewerb zwischen ihnen beeinträchtigen könnte.

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

(1) Informiert die Vergabekammer den Auftraggeber in Textform über den Antrag auf Nachprüfung, darf dieser vor einer Entscheidung der Vergabekammer und dem Ablauf der Beschwerdefrist nach § 172 Absatz 1 den Zuschlag nicht erteilen.

(2) Die Vergabekammer kann dem Auftraggeber auf seinen Antrag oder auf Antrag des Unternehmens, das nach § 134 vom Auftraggeber als das Unternehmen benannt ist, das den Zuschlag erhalten soll, gestatten, den Zuschlag nach Ablauf von zwei Wochen seit Bekanntgabe dieser Entscheidung zu erteilen, wenn unter Berücksichtigung aller möglicherweise geschädigten Interessen sowie des Interesses der Allgemeinheit an einem raschen Abschluss des Vergabeverfahrens die nachteiligen Folgen einer Verzögerung der Vergabe bis zum Abschluss der Nachprüfung die damit verbundenen Vorteile überwiegen. Bei der Abwägung ist das Interesse der Allgemeinheit an einer wirtschaftlichen Erfüllung der Aufgaben des Auftraggebers zu berücksichtigen; bei verteidigungs- oder sicherheitsspezifischen Aufträgen im Sinne des § 104 sind zusätzlich besondere Verteidigungs- und Sicherheitsinteressen zu berücksichtigen. Die besonderen Verteidigungs- und Sicherheitsinteressen überwiegen in der Regel, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession im unmittelbaren Zusammenhang steht mit

1.
einer Krise,
2.
einem mandatierten Einsatz der Bundeswehr,
3.
einer einsatzgleichen Verpflichtung der Bundeswehr oder
4.
einer Bündnisverpflichtung.
Die Vergabekammer berücksichtigt dabei auch die allgemeinen Aussichten des Antragstellers im Vergabeverfahren, den Auftrag oder die Konzession zu erhalten. Die Erfolgsaussichten des Nachprüfungsantrags müssen nicht in jedem Fall Gegenstand der Abwägung sein. Das Beschwerdegericht kann auf Antrag das Verbot des Zuschlags nach Absatz 1 wiederherstellen; § 168 Absatz 2 Satz 1 bleibt unberührt. Wenn die Vergabekammer den Zuschlag nicht gestattet, kann das Beschwerdegericht auf Antrag des Auftraggebers unter den Voraussetzungen der Sätze 1 bis 4 den sofortigen Zuschlag gestatten. Für das Verfahren vor dem Beschwerdegericht gilt § 176 Absatz 2 Satz 1 und 2 und Absatz 3 entsprechend. Eine sofortige Beschwerde nach § 171 Absatz 1 ist gegen Entscheidungen der Vergabekammer nach diesem Absatz nicht zulässig.

(3) Sind Rechte des Antragstellers aus § 97 Absatz 6 im Vergabeverfahren auf andere Weise als durch den drohenden Zuschlag gefährdet, kann die Kammer auf besonderen Antrag mit weiteren vorläufigen Maßnahmen in das Vergabeverfahren eingreifen. Sie legt dabei den Beurteilungsmaßstab des Absatzes 2 Satz 1 zugrunde. Diese Entscheidung ist nicht selbständig anfechtbar. Die Vergabekammer kann die von ihr getroffenen weiteren vorläufigen Maßnahmen nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes und der Länder durchsetzen; die Maßnahmen sind sofort vollziehbar. § 86a Satz 2 gilt entsprechend.

(4) Macht der Auftraggeber das Vorliegen der Voraussetzungen nach § 117 Nummer 1 bis 3 oder § 150 Nummer 1 oder 6 geltend, entfällt das Verbot des Zuschlags nach Absatz 1 fünf Werktage nach Zustellung eines entsprechenden Schriftsatzes an den Antragsteller; die Zustellung ist durch die Vergabekammer unverzüglich nach Eingang des Schriftsatzes vorzunehmen. Auf Antrag kann das Beschwerdegericht das Verbot des Zuschlags wiederherstellen. § 176 Absatz 1 Satz 1, Absatz 2 Satz 1 sowie Absatz 3 und 4 ist entsprechend anzuwenden.

Unbeschadet der Prüfungsmöglichkeiten von Aufsichtsbehörden unterliegt die Vergabe öffentlicher Aufträge und von Konzessionen der Nachprüfung durch die Vergabekammern.

(1) Die Nachprüfung der Vergabe öffentlicher Aufträge und der Vergabe von Konzessionen nehmen die Vergabekammern des Bundes für die dem Bund zuzurechnenden öffentlichen Aufträge und Konzessionen, die Vergabekammern der Länder für die diesen zuzurechnenden öffentlichen Aufträge und Konzessionen wahr.

(2) Rechte aus § 97 Absatz 6 sowie sonstige Ansprüche gegen Auftraggeber, die auf die Vornahme oder das Unterlassen einer Handlung in einem Vergabeverfahren gerichtet sind, können nur vor den Vergabekammern und dem Beschwerdegericht geltend gemacht werden.

(3) Die Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen und die Befugnisse der Kartellbehörden zur Verfolgung von Verstößen insbesondere gegen die §§ 19 und 20 bleiben unberührt.

(1) Öffentliche Aufträge sind entgeltliche Verträge zwischen öffentlichen Auftraggebern oder Sektorenauftraggebern und Unternehmen über die Beschaffung von Leistungen, die die Lieferung von Waren, die Ausführung von Bauleistungen oder die Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand haben.

(2) Lieferaufträge sind Verträge zur Beschaffung von Waren, die insbesondere Kauf oder Ratenkauf oder Leasing, Mietverhältnisse oder Pachtverhältnisse mit oder ohne Kaufoption betreffen. Die Verträge können auch Nebenleistungen umfassen.

(3) Bauaufträge sind Verträge über die Ausführung oder die gleichzeitige Planung und Ausführung

1.
von Bauleistungen im Zusammenhang mit einer der Tätigkeiten, die in Anhang II der Richtlinie 2014/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die öffentliche Auftragsvergabe und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/18/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 65) und Anhang I der Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 243) genannt sind, oder
2.
eines Bauwerkes für den öffentlichen Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber, das Ergebnis von Tief- oder Hochbauarbeiten ist und eine wirtschaftliche oder technische Funktion erfüllen soll.
Ein Bauauftrag liegt auch vor, wenn ein Dritter eine Bauleistung gemäß den vom öffentlichen Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber genannten Erfordernissen erbringt, die Bauleistung dem Auftraggeber unmittelbar wirtschaftlich zugutekommt und dieser einen entscheidenden Einfluss auf Art und Planung der Bauleistung hat.

(4) Als Dienstleistungsaufträge gelten die Verträge über die Erbringung von Leistungen, die nicht unter die Absätze 2 und 3 fallen.

(5) Rahmenvereinbarungen sind Vereinbarungen zwischen einem oder mehreren öffentlichen Auftraggebern oder Sektorenauftraggebern und einem oder mehreren Unternehmen, die dazu dienen, die Bedingungen für die öffentlichen Aufträge, die während eines bestimmten Zeitraums vergeben werden sollen, festzulegen, insbesondere in Bezug auf den Preis. Für die Vergabe von Rahmenvereinbarungen gelten, soweit nichts anderes bestimmt ist, dieselben Vorschriften wie für die Vergabe entsprechender öffentlicher Aufträge.

(6) Wettbewerbe sind Auslobungsverfahren, die dem Auftraggeber aufgrund vergleichender Beurteilung durch ein Preisgericht mit oder ohne Verteilung von Preisen zu einem Plan oder einer Planung verhelfen sollen.

(1) Dieser Teil gilt für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen sowie die Ausrichtung von Wettbewerben, deren geschätzter Auftrags- oder Vertragswert ohne Umsatzsteuer die jeweils festgelegten Schwellenwerte erreicht oder überschreitet. § 114 Absatz 2 bleibt unberührt.

(2) Der jeweilige Schwellenwert ergibt sich

1.
für öffentliche Aufträge und Wettbewerbe, die von öffentlichen Auftraggebern vergeben werden, aus Artikel 4 der Richtlinie 2014/24/EU in der jeweils geltenden Fassung; der sich hieraus für zentrale Regierungsbehörden ergebende Schwellenwert ist von allen obersten Bundesbehörden sowie allen oberen Bundesbehörden und vergleichbaren Bundeseinrichtungen anzuwenden,
2.
für öffentliche Aufträge und Wettbewerbe, die von Sektorenauftraggebern zum Zweck der Ausübung einer Sektorentätigkeit vergeben werden, aus Artikel 15 der Richtlinie 2014/25/EU in der jeweils geltenden Fassung,
3.
für verteidigungs- oder sicherheitsspezifische öffentliche Aufträge aus Artikel 8 der Richtlinie 2009/81/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe bestimmter Bau-, Liefer- und Dienstleistungsaufträge in den Bereichen Verteidigung und Sicherheit und zur Änderung der Richtlinien 2004/17/EG und 2004/18/EG (ABl. L 216 vom 20.8.2009, S. 76) in der jeweils geltenden Fassung,
4.
für Konzessionen aus Artikel 8 der Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe (ABl. L 94 vom 28.3.2014, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung.

(3) Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gibt die geltenden Schwellenwerte unverzüglich, nachdem sie im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht worden sind, im Bundesanzeiger bekannt.

(1) Dieser Teil ist nicht anzuwenden auf die Vergabe von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen

1.
zu Schiedsgerichts- und Schlichtungsdienstleistungen,
2.
für den Erwerb, die Miete oder die Pacht von Grundstücken, vorhandenen Gebäuden oder anderem unbeweglichem Vermögen sowie Rechten daran, ungeachtet ihrer Finanzierung,
3.
zu Arbeitsverträgen,
4.
zu Dienstleistungen des Katastrophenschutzes, des Zivilschutzes und der Gefahrenabwehr, die von gemeinnützigen Organisationen oder Vereinigungen erbracht werden und die unter die Referenznummern des Common Procurement Vocabulary 75250000-3, 75251000-0, 75251100-1, 75251110-4, 75251120-7, 75252000-7, 75222000-8, 98113100-9 und 85143000-3 mit Ausnahme des Einsatzes von Krankenwagen zur Patientenbeförderung fallen; gemeinnützige Organisationen oder Vereinigungen im Sinne dieser Nummer sind insbesondere die Hilfsorganisationen, die nach Bundes- oder Landesrecht als Zivil- und Katastrophenschutzorganisationen anerkannt sind.

(2) Dieser Teil ist ferner nicht auf öffentliche Aufträge und Konzessionen anzuwenden,

1.
bei denen die Anwendung dieses Teils den Auftraggeber dazu zwingen würde, im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren oder der Auftragsausführung Auskünfte zu erteilen, deren Preisgabe seiner Ansicht nach wesentlichen Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union widerspricht, oder
2.
die dem Anwendungsbereich des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union unterliegen.
Wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union können insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession verteidigungsindustrielle Schlüsseltechnologien betrifft. Ferner können im Fall des Satzes 1 Nummer 1 wesentliche Sicherheitsinteressen im Sinne des Artikels 346 Absatz 1 Buchstabe a des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union insbesondere berührt sein, wenn der öffentliche Auftrag oder die Konzession
1.
sicherheitsindustrielle Schlüsseltechnologien betreffen oder
2.
Leistungen betreffen, die
a)
für den Grenzschutz, die Bekämpfung des Terrorismus oder der organisierten Kriminalität oder für verdeckte Tätigkeiten der Polizei oder der Sicherheitskräfte bestimmt sind, oder
b)
Verschlüsselung betreffen
und soweit ein besonders hohes Maß an Vertraulichkeit erforderlich ist.

Auftraggeber im Sinne dieses Teils sind öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99, Sektorenauftraggeber im Sinne des § 100 und Konzessionsgeber im Sinne des § 101.

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

(1) Von der Körperschaftsteuer sind befreit

1.
das Bundeseisenbahnvermögen, die staatlichen Lotterieunternehmen und der Erdölbevorratungsverband nach § 2 Absatz 1 des Erdölbevorratungsgesetzes vom 16. Januar 2012 (BGBl. I S. 74) in der jeweils geltenden Fassung;
2.
die Deutsche Bundesbank, die Kreditanstalt für Wiederaufbau, die Landwirtschaftliche Rentenbank, die Bayerische Landesanstalt für Aufbaufinanzierung, die Niedersächsische Gesellschaft für öffentliche Finanzierungen mit beschränkter Haftung, die Bremer Aufbau-Bank GmbH, die Landeskreditbank Baden-Württemberg-Förderbank, die Bayerische Landesbodenkreditanstalt, die Investitionsbank Berlin, die Hamburgische Investitions- und Förderbank, die NRW.Bank, die Investitions- und Förderbank Niedersachsen, die Saarländische Investitionskreditbank Aktiengesellschaft, die Investitionsbank Schleswig-Holstein, die Investitionsbank des Landes Brandenburg, die Sächsische Aufbaubank - Förderbank -, die Thüringer Aufbaubank, die Investitionsbank Sachsen-Anhalt, die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz, das Landesförderinstitut Mecklenburg-Vorpommern - Geschäftsbereich der Norddeutschen Landesbank Girozentrale -, die Wirtschafts- und Infrastrukturbank Hessen – rechtlich unselbständige Anstalt in der Landesbank Hessen-Thüringen Girozentrale und die Liquiditäts-Konsortialbank Gesellschaft mit beschränkter Haftung;
2a.
die Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben;
3.
rechtsfähige Pensions-, Sterbe- und Krankenkassen, die den Personen, denen die Leistungen der Kasse zugute kommen oder zugute kommen sollen (Leistungsempfängern), einen Rechtsanspruch gewähren, und rechtsfähige Unterstützungskassen, die den Leistungsempfängern keinen Rechtsanspruch gewähren,
a)
wenn sich die Kasse beschränkt
aa)
auf Zugehörige oder frühere Zugehörige einzelner oder mehrerer wirtschaftlicher Geschäftsbetriebe oder
bb)
auf Zugehörige oder frühere Zugehörige der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege (Arbeiterwohlfahrt-Bundesverband e.V., Deutscher Caritasverband e.V., Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband e.V., Deutsches Rotes Kreuz, Diakonisches Werk - Innere Mission und Hilfswerk der Evangelischen Kirche in Deutschland sowie Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland e.V.) einschließlich ihrer Untergliederungen, Einrichtungen und Anstalten und sonstiger gemeinnütziger Wohlfahrtsverbände oder
cc)
auf Arbeitnehmer sonstiger Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen im Sinne der §§ 1 und 2; den Arbeitnehmern stehen Personen, die sich in einem arbeitnehmerähnlichen Verhältnis befinden, gleich;
zu den Zugehörigen oder Arbeitnehmern rechnen jeweils auch deren Angehörige;
b)
wenn sichergestellt ist, dass der Betrieb der Kasse nach dem Geschäftsplan und nach Art und Höhe der Leistungen eine soziale Einrichtung darstellt.2Diese Voraussetzung ist bei Unterstützungskassen, die Leistungen von Fall zu Fall gewähren, nur gegeben, wenn sich diese Leistungen mit Ausnahme des Sterbegeldes auf Fälle der Not oder Arbeitslosigkeit beschränken;
c)
wenn vorbehaltlich des § 6 die ausschließliche und unmittelbare Verwendung des Vermögens und der Einkünfte der Kasse nach der Satzung und der tatsächlichen Geschäftsführung für die Zwecke der Kasse dauernd gesichert ist;
d)
wenn bei Pensions-, Sterbe- und Krankenkassen am Schluss des Wirtschaftsjahrs, zu dem der Wert der Deckungsrückstellung versicherungsmathematisch zu berechnen ist, das nach den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung unter Berücksichtigung des Geschäftsplans sowie der allgemeinen Versicherungsbedingungen und der fachlichen Geschäftsunterlagen im Sinne des § 219 Absatz 3 Nummer 1 des Versicherungsaufsichtsgesetzes auszuweisende Vermögen nicht höher ist als bei einem Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit die Verlustrücklage und bei einer Kasse anderer Rechtsform der dieser Rücklage entsprechende Teil des Vermögens.2Bei der Ermittlung des Vermögens ist eine Rückstellung für Beitragsrückerstattung nur insoweit abziehbar, als den Leistungsempfängern ein Anspruch auf die Überschussbeteiligung zusteht.3Übersteigt das Vermögen der Kasse den bezeichneten Betrag, so ist die Kasse nach Maßgabe des § 6 Abs. 1 bis 4 steuerpflichtig; und
e)
wenn bei Unterstützungskassen am Schluss des Wirtschaftsjahrs das Vermögen ohne Berücksichtigung künftiger Versorgungsleistungen nicht höher ist als das um 25 Prozent erhöhte zulässige Kassenvermögen.2Für die Ermittlung des tatsächlichen und des zulässigen Kassenvermögens gilt § 4d des Einkommensteuergesetzes.3Übersteigt das Vermögen der Kasse den in Satz 1 bezeichneten Betrag, so ist die Kasse nach Maßgabe des § 6 Abs. 5 steuerpflichtig;
4.
kleinere Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit im Sinne des § 210 des Versicherungsaufsichtsgesetzes, wenn
a)
ihre Beitragseinnahmen im Durchschnitt der letzten drei Wirtschaftsjahre einschließlich des im Veranlagungszeitraum endenden Wirtschaftsjahrs die durch Rechtsverordnung festzusetzenden Jahresbeträge nicht überstiegen haben oder
b)
sich ihr Geschäftsbetrieb auf die Sterbegeldversicherung beschränkt und die Versicherungsvereine nach dem Geschäftsplan sowie nach Art und Höhe der Leistungen soziale Einrichtungen darstellen;
5.
Berufsverbände ohne öffentlich-rechtlichen Charakter sowie kommunale Spitzenverbände auf Bundes- oder Landesebene einschließlich ihrer Zusammenschlüsse, wenn der Zweck dieser Verbände nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist.2Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen,
a)
soweit die Körperschaften oder Personenvereinigungen einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb unterhalten oder
b)
wenn die Berufsverbände Mittel von mehr als 10 Prozent der Einnahmen für die unmittelbare oder mittelbare Unterstützung oder Förderung politischer Parteien verwenden.
3Die Sätze 1 und 2 gelten auch für Zusammenschlüsse von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die wie die Berufsverbände allgemeine ideelle und wirtschaftliche Interessen ihrer Mitglieder wahrnehmen.4Verwenden Berufsverbände Mittel für die unmittelbare oder mittelbare Unterstützung oder Förderung politischer Parteien, beträgt die Körperschaftsteuer 50 Prozent der Zuwendungen;
6.
Körperschaften oder Personenvereinigungen, deren Hauptzweck die Verwaltung des Vermögens für einen nichtrechtsfähigen Berufsverband der in Nummer 5 bezeichneten Art ist, sofern ihre Erträge im Wesentlichen aus dieser Vermögensverwaltung herrühren und ausschließlich dem Berufsverband zufließen;
7.
politische Parteien im Sinne des § 2 des Parteiengesetzes und ihre Gebietsverbände, sofern die jeweilige Partei nicht gemäß § 18 Absatz 7 des Parteiengesetzes von der staatlichen Teilfinanzierung ausgeschlossen ist, sowie kommunale Wählervereinigungen und ihre Dachverbände.2Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten, so ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen;
8.
öffentlich-rechtliche Versicherungs- und Versorgungseinrichtungen von Berufsgruppen, deren Angehörige auf Grund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglieder dieser Einrichtung sind, wenn die Satzung der Einrichtung die Zahlung keiner höheren jährlichen Beiträge zulässt als das Zwölffache der Beiträge, die sich bei einer Beitragsbemessungsgrundlage in Höhe der doppelten monatlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung ergeben würden.2Ermöglicht die Satzung der Einrichtung nur Pflichtmitgliedschaften sowie freiwillige Mitgliedschaften, die unmittelbar an eine Pflichtmitgliedschaft anschließen, so steht dies der Steuerbefreiung nicht entgegen, wenn die Satzung die Zahlung keiner höheren jährlichen Beiträge zulässt als das Fünfzehnfache der Beiträge, die sich bei einer Beitragsbemessungsgrundlage in Höhe der doppelten monatlichen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung ergeben würden;
9.
Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung).2Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen.3Satz 2 gilt nicht für selbstbewirtschaftete Forstbetriebe;
10.
Genossenschaften sowie Vereine, soweit sie
a)
Wohnungen herstellen oder erwerben und sie den Mitgliedern auf Grund eines Mietvertrags oder auf Grund eines genossenschaftlichen Nutzungsvertrags zum Gebrauch überlassen; den Wohnungen stehen Räume in Wohnheimen im Sinne des § 15 des Zweiten Wohnungsbaugesetzes gleich;
b)
im Zusammenhang mit einer Tätigkeit im Sinne des Buchstabens a Gemeinschaftsanlagen oder Folgeeinrichtungen herstellen oder erwerben und sie betreiben, wenn sie überwiegend für Mitglieder bestimmt sind und der Betrieb durch die Genossenschaft oder den Verein notwendig ist.
2Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn die Einnahmen des Unternehmens aus den in Satz 1 nicht bezeichneten Tätigkeiten 10 Prozent der gesamten Einnahmen übersteigen.3Erzielt das Unternehmen Einnahmen aus der Lieferung von Strom aus Anlagen, für den es unter den Voraussetzungen des § 21 Absatz 3 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes einen Anspruch auf Zahlung eines Mieterstromzuschlags hat, erhöht sich die Grenze des Satzes 2 für diese Einnahmen auf 20 Prozent, wenn die Grenze des Satzes 2 nur durch diese Einnahmen überschritten wird.4Zu den Einnahmen nach Satz 3 gehören auch Einnahmen aus der zusätzlichen Stromlieferung im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 6 des Energiewirtschaftsgesetzes sowie Einnahmen aus der Einspeisung von Strom aus diesen Anlagen.5Investierende Mitglieder im Sinne des § 8 Absatz 2 des Genossenschaftsgesetzes sind keine Mitglieder im Sinne des Satzes 1.6Satz 1 ist auch auf Verträge zur vorübergehenden Unterbringung von Wohnungslosen anzuwenden, die mit juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder mit Steuerpflichtigen im Sinne der Nummer 9, die Mitglied sind, abgeschlossen werden.7Eine Einweisungsverfügung nach den Ordnungsbehördengesetzen der Länder steht dem Abschluss eines Vertrags im Sinne des Satzes 6 gleich;
11.
(weggefallen)
12.
die von den zuständigen Landesbehörden begründeten oder anerkannten gemeinnützigen Siedlungsunternehmen im Sinne des Reichssiedlungsgesetzes in der jeweils aktuellen Fassung oder entsprechender Landesgesetze, soweit diese Landesgesetze nicht wesentlich von den Bestimmungen des Reichssiedlungsgesetzes abweichen, und im Sinne der Bodenreformgesetze der Länder, soweit die Unternehmen im ländlichen Raum Siedlungs-, Agrarstrukturverbesserungs- und Landentwicklungsmaßnahmen mit Ausnahme des Wohnungsbaus durchführen.2Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn die Einnahmen des Unternehmens aus den in Satz 1 nicht bezeichneten Tätigkeiten die Einnahmen aus den in Satz 1 bezeichneten Tätigkeiten übersteigen;
13.
(weggefallen)
14.
Genossenschaften sowie Vereine, soweit sich ihr Geschäftsbetrieb beschränkt
a)
auf die gemeinschaftliche Benutzung land- und forstwirtschaftlicher Betriebseinrichtungen oder Betriebsgegenstände,
b)
auf Leistungen im Rahmen von Dienst- oder Werkverträgen für die Produktion land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse für die Betriebe der Mitglieder, wenn die Leistungen im Bereich der Land- und Forstwirtschaft liegen; dazu gehören auch Leistungen zur Erstellung und Unterhaltung von Betriebsvorrichtungen, Wirtschaftswegen und Bodenverbesserungen,
c)
auf die Bearbeitung oder die Verwertung der von den Mitgliedern selbst gewonnenen land- und forstwirtschaftlichen Erzeugnisse, wenn die Bearbeitung oder die Verwertung im Bereich der Land- und Forstwirtschaft liegt, oder
d)
auf die Beratung für die Produktion oder Verwertung land- und forstwirtschaftlicher Erzeugnisse der Betriebe der Mitglieder.
2Die Steuerbefreiung ist ausgeschlossen, wenn die Einnahmen des Unternehmens aus den in Satz 1 nicht bezeichneten Tätigkeiten 10 Prozent der gesamten Einnahmen übersteigen.3Bei Genossenschaften und Vereinen, deren Geschäftsbetrieb sich überwiegend auf die Durchführung von Milchqualitäts- und Milchleistungsprüfungen oder auf die Tierbesamung beschränkt, bleiben die auf diese Tätigkeiten gerichteten Zweckgeschäfte mit Nichtmitgliedern bei der Berechnung der 10-Prozentgrenze außer Ansatz;
15.
der Pensions-Sicherungs-Verein Versicherungsverein auf Gegenseitigkeit,
a)
wenn er mit Erlaubnis der Versicherungsaufsichtsbehörde ausschließlich die Aufgaben des Trägers der Insolvenzsicherung wahrnimmt, die sich aus dem Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung vom 19. Dezember 1974 (BGBl. I S. 3610) ergeben, und
b)
wenn seine Leistungen nach dem Kreis der Empfänger sowie nach Art und Höhe den in den §§ 7 bis 9, 17 und 30 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung bezeichneten Rahmen nicht überschreiten;
16.
Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögenmassen, soweit sie
a)
als Einlagensicherungssysteme im Sinne des § 2 Absatz 1 des Einlagensicherungsgesetzes sowie als Entschädigungseinrichtungen im Sinne des Anlegerentschädigungsgesetzes ihre gesetz­lichen Pflichtaufgaben erfüllen oder
b)
als nicht als Einlagensicherungssysteme anerkannte vertragliche Systeme zum Schutz von Einlagen und institutsbezogene Sicherungssysteme im Sinne des § 61 des Einlagensicherungsgesetzes nach ihrer Satzung oder sonstigen Verfassung ausschließlich den Zweck haben, Einlagen zu sichern oder bei Gefahr für die Erfüllung der Verpflichtungen eines Kreditinstituts im Sinne des § 1 Absatz 1 des Kreditwesengesetzes oder eines Finanzdienstleistungsinstituts im Sinne des § 1 Absatz 1a Satz 2 Nummer 1 bis 4 des Kreditwesengesetzes oder eines Wertpapierinstituts im Sinne des § 2 Absatz 1 des Wertpapierinstitutsgesetzes Hilfe zu leisten oder Einlagensicherungssysteme im Sinne des § 2 Absatz 1 des Einlagensicherungsgesetzes bei deren Pflichtenerfüllung zu unterstützen.
2Voraussetzung für die Steuerbefreiung nach Satz 1 ist zusätzlich, dass das Vermögen und etwa erzielte Überschüsse dauernd nur zur Erreichung des gesetzlichen oder satzungsmäßigen Zwecks verwendet werden.3Die Sätze 1 und 2 gelten entsprechend für Sicherungsfonds im Sinne der §§ 223 und 224 des Versicherungsaufsichtsgesetzes sowie für Einrichtungen zur Sicherung von Einlagen bei Wohnungsgenossenschaften mit Spareinrichtung.4Die Steuerbefreiung ist für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe ausgeschlossen, die nicht ausschließlich auf die Erfüllung der begünstigen Aufgaben gerichtet sind;
17.
Bürgschaftsbanken (Kreditgarantiegemeinschaften), deren Tätigkeit sich auf die Wahrnehmung von Wirtschaftsförderungsmaßnahmen insbesondere in Form der Übernahme und Verwaltung von staatlichen Bürgschaften und Garantien oder von Bürgschaften und Garantien mit staatlichen Rückbürgschaften oder auf der Grundlage staatlich anerkannter Richtlinien gegenüber Kreditinstituten, Versicherungsunternehmen, Leasinggesellschaften und Beteiligungsgesellschaften für Kredite, Leasingforderungen und Beteiligungen an mittelständischen Unternehmen zu ihrer Gründung und zur Erhaltung und Förderung ihrer Leistungsfähigkeit beschränkt.2Voraussetzung ist, dass das Vermögen und etwa erzielte Überschüsse nur zur Erreichung des in Satz 1 genannten Zwecks verwendet werden;
18.
Wirtschaftsförderungsgesellschaften, deren Tätigkeit sich auf die Verbesserung der sozialen und wirtschaftlichen Struktur einer bestimmten Region durch Förderung der Wirtschaft, insbesondere durch Industrieansiedlung, Beschaffung neuer Arbeitsplätze und der Sanierung von Altlasten beschränkt, wenn an ihnen überwiegend Gebietskörperschaften beteiligt sind. Voraussetzung ist, dass das Vermögen und etwa erzielte Überschüsse nur zur Erreichung des in Satz 1 genannten Zwecks verwendet werden;
19.
Gesamthafenbetriebe im Sinne des § 1 des Gesetzes über die Schaffung eines besonderen Arbeitgebers für Hafenarbeiter vom 3. August 1950 (BGBl. I S. 352), soweit sie Tätigkeiten ausüben, die in § 2 Abs. 1 dieses Gesetzes bestimmt und nach § 2 Abs. 2 dieses Gesetzes genehmigt worden sind.2Voraussetzung ist, dass das Vermögen und etwa erzielte Überschüsse nur zur Erfüllung der begünstigten Tätigkeiten verwendet werden.3Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten, dessen Tätigkeit nicht ausschließlich auf die Erfüllung der begünstigten Tätigkeiten gerichtet ist, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen;
20.
Zusammenschlüsse von juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von steuerbefreiten Körperschaften oder von steuerbefreiten Personenvereinigungen,
a)
deren Tätigkeit sich auf den Zweck beschränkt, im Wege des Umlageverfahrens die Versorgungslasten auszugleichen, die den Mitgliedern aus Versorgungszusagen gegenüber ihren Arbeitnehmern erwachsen,
b)
wenn am Schluss des Wirtschaftsjahrs das Vermögen nicht höher ist als 60 Prozent der im Wirtschaftsjahr erbrachten Leistungen an die Mitglieder;
21.
die nicht in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts errichteten Arbeitsgemeinschaften Medizinischer Dienst der Krankenversicherung im Sinne des § 278 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch und der Medizinische Dienst der Spitzenverbände der Krankenkassen im Sinne des § 282 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie die ihnen durch Gesetz zugewiesenen Aufgaben wahrnehmen.2Voraussetzung ist, dass das Vermögen und etwa erzielte Überschüsse nur zur Erreichung der in Satz 1 genannten Zwecke verwendet werden;
22.
gemeinsame Einrichtungen der Tarifvertragsparteien im Sinne des § 4 Abs. 2 des Tarifvertragsgesetzes vom 25. August 1969 (BGBl. I S. 1323), die satzungsmäßige Beiträge auf der Grundlage des § 186a des Arbeitsförderungsgesetzes vom 25. Juni 1969 (BGBl. I S. 582) oder tarifvertraglicher Vereinbarungen erheben und Leistungen ausschließlich an die tarifgebundenen Arbeitnehmer des Gewerbezweigs oder an deren Hinterbliebene erbringen, wenn sie dabei zu nicht steuerbegünstigten Betrieben derselben oder ähnlicher Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb treten, als es bei Erfüllung ihrer begünstigten Aufgaben unvermeidlich ist.2Wird ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten, dessen Tätigkeit nicht ausschließlich auf die Erfüllung der begünstigten Tätigkeiten gerichtet ist, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen;
23.
die Auftragsforschung öffentlich-rechtlicher Wissenschafts- und Forschungseinrichtungen; ist die Tätigkeit auf die Anwendung gesicherter wissenschaftlicher Erkenntnisse, die Übernahme von Projektträgerschaften sowie wirtschaftliche Tätigkeiten ohne Forschungsbezug gerichtet, ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen;
24.
die Global Legal Entity Identifier Stiftung, soweit die Stiftung Tätigkeiten ausübt, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Einführung, dem Unterhalten und der Fortentwicklung eines Systems zur eindeutigen Identifikation von Rechtspersonen mittels eines weltweit anzuwendenden Referenzcodes stehen.

(2) Die Befreiungen nach Absatz 1 und nach anderen Gesetzen als dem Körperschaftsteuergesetz gelten nicht

1.
für inländische Einkünfte, die dem Steuerabzug vollständig oder teilweise unterliegen; Entsprechendes gilt für die in § 32 Abs. 3 Satz 1 zweiter Halbsatz genannten Einkünfte,
2.
für beschränkt Steuerpflichtige im Sinne des § 2 Nr. 1, es sei denn, es handelt sich um Steuerpflichtige im Sinne des Absatzes 1 Nr. 9, die nach den Rechtsvorschriften eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder nach den Rechtsvorschriften eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum vom 3. Januar 1994 (ABl. EG Nr. L 1 S. 3), zuletzt geändert durch den Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 91/2007 vom 6. Juli 2007 (ABl. EU Nr. L 328 S. 40), in der jeweiligen Fassung Anwendung findet, gegründete Gesellschaften im Sinne des Artikels 54 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union oder des Artikels 34 des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, deren Sitz und Ort der Geschäftsleitung sich innerhalb des Hoheitsgebiets eines dieser Staaten befindet, und mit diesen Staaten ein Amtshilfeabkommen besteht,
3.
soweit § 38 Abs. 2 anzuwenden ist.

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

Auftraggeber im Sinne dieses Teils sind öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99, Sektorenauftraggeber im Sinne des § 100 und Konzessionsgeber im Sinne des § 101.

(1) In der schriftlichen Vereinbarung mit Erbringern von Leistungen nach dem Siebten bis Neunten Kapitel sind zu regeln:

1.
Inhalt, Umfang und Qualität einschließlich der Wirksamkeit der Leistungen (Leistungsvereinbarung) sowie
2.
die Vergütung der Leistung (Vergütungsvereinbarung).

(2) In die Leistungsvereinbarung sind als wesentliche Leistungsmerkmale insbesondere aufzunehmen:

1.
die betriebsnotwendigen Anlagen des Leistungserbringers,
2.
der zu betreuende Personenkreis,
3.
Art, Ziel und Qualität der Leistung,
4.
die Festlegung der personellen Ausstattung,
5.
die Qualifikation des Personals sowie
6.
die erforderliche sächliche Ausstattung.

(3) Die Vergütungsvereinbarung besteht mindestens aus

1.
der Grundpauschale für Unterkunft und Verpflegung,
2.
der Maßnahmepauschale sowie
3.
einem Betrag für betriebsnotwendige Anlagen einschließlich ihrer Ausstattung (Investitionsbetrag).
Förderungen aus öffentlichen Mitteln sind anzurechnen. Die Maßnahmepauschale ist nach Gruppen für Leistungsberechtigte mit vergleichbarem Bedarf sowie bei Leistungen der häuslichen Pflegehilfe für die gemeinsame Inanspruchnahme durch mehrere Leistungsberechtigte zu kalkulieren. Abweichend von Satz 1 können andere geeignete Verfahren zur Vergütung und Abrechnung der Leistung unter Beteiligung der Interessenvertretungen der Menschen mit Behinderungen vereinbart werden.

(1) Ziel der Unterstützten Beschäftigung ist es, Leistungsberechtigten mit besonderem Unterstützungsbedarf eine angemessene, geeignete und sozialversicherungspflichtige Beschäftigung zu ermöglichen und zu erhalten. Unterstützte Beschäftigung umfasst eine individuelle betriebliche Qualifizierung und bei Bedarf Berufsbegleitung.

(2) Leistungen zur individuellen betrieblichen Qualifizierung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um sie für geeignete betriebliche Tätigkeiten zu erproben, auf ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorzubereiten und bei der Einarbeitung und Qualifizierung auf einem betrieblichen Arbeitsplatz zu unterstützen. Die Leistungen umfassen auch die Vermittlung von berufsübergreifenden Lerninhalten und Schlüsselqualifikationen sowie die Weiterentwicklung der Persönlichkeit der Menschen mit Behinderungen. Die Leistungen werden vom zuständigen Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 für bis zu zwei Jahre erbracht, soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind. Sie können bis zu einer Dauer von weiteren zwölf Monaten verlängert werden, wenn auf Grund der Art oder Schwere der Behinderung der gewünschte nachhaltige Qualifizierungserfolg im Einzelfall nicht anders erreicht werden kann und hinreichend gewährleistet ist, dass eine weitere Qualifizierung zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung führt.

(3) Leistungen der Berufsbegleitung erhalten Menschen mit Behinderungen insbesondere, um nach Begründung eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses die zu dessen Stabilisierung erforderliche Unterstützung und Krisenintervention zu gewährleisten. Die Leistungen werden bei Zuständigkeit eines Rehabilitationsträgers nach § 6 Absatz 1 Nummer 3 oder 5 von diesem, im Übrigen von dem Integrationsamt im Rahmen seiner Zuständigkeit erbracht, solange und soweit sie wegen Art oder Schwere der Behinderung zur Sicherung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind.

(4) Stellt der Rehabilitationsträger während der individuellen betrieblichen Qualifizierung fest, dass voraussichtlich eine anschließende Berufsbegleitung erforderlich ist, für die ein anderer Leistungsträger zuständig ist, beteiligt er diesen frühzeitig.

(5) Die Unterstützte Beschäftigung kann von Integrationsfachdiensten oder anderen Trägern durchgeführt werden. Mit der Durchführung kann nur beauftragt werden, wer über die erforderliche Leistungsfähigkeit verfügt, um seine Aufgaben entsprechend den individuellen Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen erfüllen zu können. Insbesondere müssen die Beauftragten

1.
über Fachkräfte verfügen, die eine geeignete Berufsqualifikation, eine psychosoziale oder arbeitspädagogische Zusatzqualifikation und eine ausreichende Berufserfahrung besitzen,
2.
in der Lage sein, den Menschen mit Behinderungen geeignete individuelle betriebliche Qualifizierungsplätze zur Verfügung zu stellen und ihre berufliche Eingliederung zu unterstützen,
3.
über die erforderliche räumliche und sächliche Ausstattung verfügen sowie
4.
ein System des Qualitätsmanagements im Sinne des § 37 Absatz 2 Satz 1 anwenden.

(6) Zur Konkretisierung und Weiterentwicklung der in Absatz 5 genannten Qualitätsanforderungen vereinbaren die Rehabilitationsträger nach § 6 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 sowie die Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsämter und Hauptfürsorgestellen im Rahmen der Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation eine gemeinsame Empfehlung. Die gemeinsame Empfehlung kann auch Ausführungen zu möglichen Leistungsinhalten und zur Zusammenarbeit enthalten. § 26 Absatz 4, 6 und 7 sowie § 27 gelten entsprechend.

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

(1) Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.

(2) Die Erziehungsberechtigten haben das Recht, über die Teilnahme des Kindes am Religionsunterricht zu bestimmen.

(3) Der Religionsunterricht ist in den öffentlichen Schulen mit Ausnahme der bekenntnisfreien Schulen ordentliches Lehrfach. Unbeschadet des staatlichen Aufsichtsrechtes wird der Religionsunterricht in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften erteilt. Kein Lehrer darf gegen seinen Willen verpflichtet werden, Religionsunterricht zu erteilen.

(4) Das Recht zur Errichtung von privaten Schulen wird gewährleistet. Private Schulen als Ersatz für öffentliche Schulen bedürfen der Genehmigung des Staates und unterstehen den Landesgesetzen. Die Genehmigung ist zu erteilen, wenn die privaten Schulen in ihren Lehrzielen und Einrichtungen sowie in der wissenschaftlichen Ausbildung ihrer Lehrkräfte nicht hinter den öffentlichen Schulen zurückstehen und eine Sonderung der Schüler nach den Besitzverhältnissen der Eltern nicht gefördert wird. Die Genehmigung ist zu versagen, wenn die wirtschaftliche und rechtliche Stellung der Lehrkräfte nicht genügend gesichert ist.

(5) Eine private Volksschule ist nur zuzulassen, wenn die Unterrichtsverwaltung ein besonderes pädagogisches Interesse anerkennt oder, auf Antrag von Erziehungsberechtigten, wenn sie als Gemeinschaftsschule, als Bekenntnis- oder Weltanschauungsschule errichtet werden soll und eine öffentliche Volksschule dieser Art in der Gemeinde nicht besteht.

(6) Vorschulen bleiben aufgehoben.

Auftraggeber im Sinne dieses Teils sind öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99, Sektorenauftraggeber im Sinne des § 100 und Konzessionsgeber im Sinne des § 101.

(1) Die zuständige Behörde soll nach den Erfordernissen des Einzelfalls überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis weiter bestehen. Häufigkeit, Art und Umfang der Prüfung müssen nach fachlicher Einschätzung im Einzelfall zur Gewährleistung des Schutzes des Wohls der Kinder und Jugendlichen in der Einrichtung geeignet, erforderlich und angemessen sein. Sie soll das Jugendamt und einen zentralen Träger der freien Jugendhilfe, wenn diesem der Träger der Einrichtung angehört, an der Überprüfung beteiligen. Der Träger der Einrichtung hat der zuständigen Behörde insbesondere alle für die Prüfung erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

(2) Örtliche Prüfungen können jederzeit unangemeldet erfolgen. Der Träger der Einrichtung soll bei der örtlichen Prüfung mitwirken.

(3) Die von der zuständigen Behörde mit der Überprüfung der Einrichtung beauftragten Personen sind berechtigt, während der Tageszeit

1.
die für die Einrichtung benutzten Grundstücke und Räume, soweit diese nicht einem Hausrecht der Bewohner unterliegen, zu betreten und dort Prüfungen und Besichtigungen vorzunehmen sowie
2.
mit den Beschäftigten und mit den Kindern und Jugendlichen jeweils Gespräche zu führen, wenn die zuständige Behörde
a)
das Einverständnis der Personensorgeberechtigten zu den Gesprächen eingeholt hat und diesen eine Beteiligung an den Gesprächen ermöglicht sowie
b)
den Kindern und Jugendlichen die Hinzuziehung einer von ihnen benannten Vertrauensperson zu Gesprächen ermöglicht und sie auf dieses Recht hingewiesen hat; der Anspruch des Kindes oder Jugendlichen nach § 8 Absatz 3 bleibt unberührt.
Die genannten Pflichten bestehen jedoch nicht, wenn durch deren Umsetzung die Sicherung der Rechte und der wirksame Schutz der Kinder und Jugendlichen in der Einrichtung in Frage gestellt würden.
Zur Abwehr von Gefahren für das Wohl der Kinder und Jugendlichen können die Grundstücke und Räume auch außerhalb der in Satz 1 genannten Zeit und auch, wenn diese zugleich einem Hausrecht der Bewohner unterliegen, betreten und Gespräche mit den Beschäftigten sowie den Kindern und Jugendlichen nach Maßgabe von Satz 1 geführt werden. Der Träger der Einrichtung hat die Maßnahmen nach den Sätzen 1 und 2 zu dulden.

Die zuständige Behörde kann dem Träger einer erlaubnispflichtigen Einrichtung die weitere Beschäftigung des Leiters, eines Beschäftigten oder sonstigen Mitarbeiters ganz oder für bestimmte Funktionen oder Tätigkeiten untersagen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er die für seine Tätigkeit erforderliche Eignung nicht besitzt.

(1) Der Träger einer Einrichtung, nach § 45a bedarf für den Betrieb der Einrichtung der Erlaubnis. Einer Erlaubnis bedarf nicht, wer

1.
eine Jugendfreizeiteinrichtung, eine Jugendbildungseinrichtung, eine Jugendherberge oder ein Schullandheim betreibt,
2.
ein Schülerheim betreibt, das landesgesetzlich der Schulaufsicht untersteht,
3.
eine Einrichtung betreibt, die außerhalb der Jugendhilfe liegende Aufgaben für Kinder oder Jugendliche wahrnimmt, wenn für sie eine entsprechende gesetzliche Aufsicht besteht oder im Rahmen des Hotel- und Gaststättengewerbes der Aufnahme von Kindern oder Jugendlichen dient.

(2) Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn das Wohl der Kinder und Jugendlichen in der Einrichtung gewährleistet ist. Dies ist in der Regel anzunehmen, wenn

1.
der Träger die für den Betrieb der Einrichtung erforderliche Zuverlässigkeit besitzt,
2.
die dem Zweck und der Konzeption der Einrichtung entsprechenden räumlichen, fachlichen, wirtschaftlichen und personellen Voraussetzungen für den Betrieb erfüllt sind und durch den Träger gewährleistet werden,
3.
die gesellschaftliche und sprachliche Integration und ein gesundheitsförderliches Lebensumfeld in der Einrichtung unterstützt werden sowie die gesundheitliche Vorsorge und die medizinische Betreuung der Kinder und Jugendlichen nicht erschwert werden sowie
4.
zur Sicherung der Rechte und des Wohls von Kindern und Jugendlichen in der Einrichtung die Entwicklung, Anwendung und Überprüfung eines Konzepts zum Schutz vor Gewalt, geeignete Verfahren der Selbstvertretung und Beteiligung sowie der Möglichkeit der Beschwerde in persönlichen Angelegenheiten innerhalb und außerhalb der Einrichtung gewährleistet werden.
Die nach Satz 2 Nummer 1 erforderliche Zuverlässigkeit besitzt ein Träger insbesondere dann nicht, wenn er
1.
in der Vergangenheit nachhaltig gegen seine Mitwirkungs- und Meldepflichten nach den §§ 46 und 47 verstoßen hat,
2.
Personen entgegen eines behördlichen Beschäftigungsverbotes nach § 48 beschäftigt oder
3.
wiederholt gegen behördliche Auflagen verstoßen hat.

(3) Zur Prüfung der Voraussetzungen hat der Träger der Einrichtung mit dem Antrag

1.
die Konzeption der Einrichtung vorzulegen, die auch Auskunft über Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung und -sicherung sowie zur ordnungsgemäßen Buch- und Aktenführung in Bezug auf den Betrieb der Einrichtung gibt, sowie
2.
im Hinblick auf die Eignung des Personals nachzuweisen, dass die Vorlage und Prüfung von aufgabenspezifischen Ausbildungsnachweisen sowie von Führungszeugnissen nach § 30 Absatz 5 und § 30a Absatz 1 des Bundeszentralregistergesetzes sichergestellt sind; Führungszeugnisse sind von dem Träger der Einrichtung in regelmäßigen Abständen erneut anzufordern und zu prüfen.

(4) Die Erlaubnis kann mit Nebenbestimmungen versehen werden. Zur Gewährleistung des Wohls der Kinder und der Jugendlichen können nachträgliche Auflagen erteilt werden.

(5) Besteht für eine erlaubnispflichtige Einrichtung eine Aufsicht nach anderen Rechtsvorschriften, so hat die zuständige Behörde ihr Tätigwerden zuvor mit der anderen Behörde abzustimmen. Sie hat den Träger der Einrichtung rechtzeitig auf weitergehende Anforderungen nach anderen Rechtsvorschriften hinzuweisen.

(6) Sind in einer Einrichtung Mängel festgestellt worden, so soll die zuständige Behörde zunächst den Träger der Einrichtung über die Möglichkeiten zur Beseitigung der Mängel beraten. Wenn sich die Beseitigung der Mängel auf Entgelte oder Vergütungen nach § 134 des Neunten Buches oder nach § 76 des Zwölften Buches auswirken kann, so ist der Träger der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe, mit dem Vereinbarungen nach diesen Vorschriften bestehen, an der Beratung zu beteiligen. Werden festgestellte Mängel nicht behoben, so können dem Träger der Einrichtung Auflagen nach Absatz 4 Satz 2 erteilt werden. Wenn sich eine Auflage auf Entgelte oder Vergütungen nach § 134 des Neunten Buches oder nach § 76 des Zwölften Buches auswirkt, so entscheidet die zuständige Behörde nach Anhörung des Trägers der Eingliederungshilfe oder der Sozialhilfe, mit dem Vereinbarungen nach diesen Vorschriften bestehen, über die Erteilung der Auflage. Die Auflage ist nach Möglichkeit in Übereinstimmung mit den nach § 134 des Neunten Buches oder nach den §§ 75 bis 80 des Zwölften Buches getroffenen Vereinbarungen auszugestalten.

(7) Die Erlaubnis ist aufzuheben, wenn das Wohl der Kinder oder der Jugendlichen in der Einrichtung gefährdet und der Träger nicht bereit oder nicht in der Lage ist, die Gefährdung abzuwenden. Sie kann aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für eine Erteilung nach Absatz 2 nicht oder nicht mehr vorliegen; Absatz 6 Satz 1 und 3 bleibt unberührt. Die Vorschriften zum Widerruf nach § 47 Absatz 1 Nummer 2 und Absatz 3 des Zehnten Buches bleiben unberührt. Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Rücknahme oder den Widerruf der Erlaubnis haben keine aufschiebende Wirkung.

Auftraggeber im Sinne dieses Teils sind öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99, Sektorenauftraggeber im Sinne des § 100 und Konzessionsgeber im Sinne des § 101.

Öffentliche Auftraggeber sind

1.
Gebietskörperschaften sowie deren Sondervermögen,
2.
andere juristische Personen des öffentlichen und des privaten Rechts, die zu dem besonderen Zweck gegründet wurden, im Allgemeininteresse liegende Aufgaben nichtgewerblicher Art zu erfüllen, sofern
a)
sie überwiegend von Stellen nach Nummer 1 oder 3 einzeln oder gemeinsam durch Beteiligung oder auf sonstige Weise finanziert werden,
b)
ihre Leitung der Aufsicht durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 unterliegt oder
c)
mehr als die Hälfte der Mitglieder eines ihrer zur Geschäftsführung oder zur Aufsicht berufenen Organe durch Stellen nach Nummer 1 oder 3 bestimmt worden sind;
dasselbe gilt, wenn diese juristische Person einer anderen juristischen Person des öffentlichen oder privaten Rechts einzeln oder gemeinsam mit anderen die überwiegende Finanzierung gewährt, über deren Leitung die Aufsicht ausübt oder die Mehrheit der Mitglieder eines zur Geschäftsführung oder Aufsicht berufenen Organs bestimmt hat,
3.
Verbände, deren Mitglieder unter Nummer 1 oder 2 fallen,
4.
natürliche oder juristische Personen des privaten Rechts sowie juristische Personen des öffentlichen Rechts, soweit sie nicht unter Nummer 2 fallen, in den Fällen, in denen sie für Tiefbaumaßnahmen, für die Errichtung von Krankenhäusern, Sport-, Erholungs- oder Freizeiteinrichtungen, Schul-, Hochschul- oder Verwaltungsgebäuden oder für damit in Verbindung stehende Dienstleistungen und Wettbewerbe von Stellen, die unter die Nummern 1, 2 oder 3 fallen, Mittel erhalten, mit denen diese Vorhaben zu mehr als 50 Prozent subventioniert werden.

(1) Die Vergabekammer trifft und begründet ihre Entscheidung schriftlich innerhalb einer Frist von fünf Wochen ab Eingang des Antrags. Bei besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten kann der Vorsitzende im Ausnahmefall die Frist durch Mitteilung an die Beteiligten um den erforderlichen Zeitraum verlängern. Dieser Zeitraum soll nicht länger als zwei Wochen dauern. Er begründet diese Verfügung schriftlich.

(2) Die Beteiligten haben an der Aufklärung des Sachverhalts mitzuwirken, wie es einem auf Förderung und raschen Abschluss des Verfahrens bedachten Vorgehen entspricht. Den Beteiligten können Fristen gesetzt werden, nach deren Ablauf weiterer Vortrag unbeachtet bleiben kann.

(1) Die Vergabekammer entscheidet, ob der Antragsteller in seinen Rechten verletzt ist und trifft die geeigneten Maßnahmen, um eine Rechtsverletzung zu beseitigen und eine Schädigung der betroffenen Interessen zu verhindern. Sie ist an die Anträge nicht gebunden und kann auch unabhängig davon auf die Rechtmäßigkeit des Vergabeverfahrens einwirken.

(2) Ein wirksam erteilter Zuschlag kann nicht aufgehoben werden. Hat sich das Nachprüfungsverfahren durch Erteilung des Zuschlags, durch Aufhebung oder durch Einstellung des Vergabeverfahrens oder in sonstiger Weise erledigt, stellt die Vergabekammer auf Antrag eines Beteiligten fest, ob eine Rechtsverletzung vorgelegen hat. § 167 Absatz 1 gilt in diesem Fall nicht.

(3) Die Entscheidung der Vergabekammer ergeht durch Verwaltungsakt. Die Vollstreckung richtet sich, auch gegen einen Hoheitsträger, nach den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen des Bundes und der Länder. Die Höhe des Zwangsgeldes beträgt mindestens 1 000 Euro und höchstens 10 Millionen Euro. § 61 Absatz 1 und 2 gilt entsprechend.

(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein.

(2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(3) Der Antrag ist unzulässig, soweit

1.
der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat; der Ablauf der Frist nach § 134 Absatz 2 bleibt unberührt,
2.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
3.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
4.
mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.
Satz 1 gilt nicht bei einem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags nach § 135 Absatz 1 Nummer 2. § 134 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein.

(2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(3) Der Antrag ist unzulässig, soweit

1.
der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat; der Ablauf der Frist nach § 134 Absatz 2 bleibt unberührt,
2.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
3.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
4.
mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.
Satz 1 gilt nicht bei einem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags nach § 135 Absatz 1 Nummer 2. § 134 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Öffentliche Auftraggeber haben die Bieter, deren Angebote nicht berücksichtigt werden sollen, über den Namen des Unternehmens, dessen Angebot angenommen werden soll, über die Gründe der vorgesehenen Nichtberücksichtigung ihres Angebots und über den frühesten Zeitpunkt des Vertragsschlusses unverzüglich in Textform zu informieren. Dies gilt auch für Bewerber, denen keine Information über die Ablehnung ihrer Bewerbung zur Verfügung gestellt wurde, bevor die Mitteilung über die Zuschlagsentscheidung an die betroffenen Bieter ergangen ist.

(2) Ein Vertrag darf erst 15 Kalendertage nach Absendung der Information nach Absatz 1 geschlossen werden. Wird die Information auf elektronischem Weg oder per Fax versendet, verkürzt sich die Frist auf zehn Kalendertage. Die Frist beginnt am Tag nach der Absendung der Information durch den Auftraggeber; auf den Tag des Zugangs beim betroffenen Bieter und Bewerber kommt es nicht an.

(3) Die Informationspflicht entfällt in Fällen, in denen das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb wegen besonderer Dringlichkeit gerechtfertigt ist. Im Fall verteidigungs- oder sicherheitsspezifischer Aufträge können öffentliche Auftraggeber beschließen, bestimmte Informationen über die Zuschlagserteilung oder den Abschluss einer Rahmenvereinbarung nicht mitzuteilen, soweit die Offenlegung den Gesetzesvollzug behindert, dem öffentlichen Interesse, insbesondere Verteidigungs- oder Sicherheitsinteressen, zuwiderläuft, berechtigte geschäftliche Interessen von Unternehmen schädigt oder den lauteren Wettbewerb zwischen ihnen beeinträchtigen könnte.

(1) Die Vergabekammer leitet ein Nachprüfungsverfahren nur auf Antrag ein.

(2) Antragsbefugt ist jedes Unternehmen, das ein Interesse an dem öffentlichen Auftrag oder der Konzession hat und eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Absatz 6 durch Nichtbeachtung von Vergabevorschriften geltend macht. Dabei ist darzulegen, dass dem Unternehmen durch die behauptete Verletzung der Vergabevorschriften ein Schaden entstanden ist oder zu entstehen droht.

(3) Der Antrag ist unzulässig, soweit

1.
der Antragsteller den geltend gemachten Verstoß gegen Vergabevorschriften vor Einreichen des Nachprüfungsantrags erkannt und gegenüber dem Auftraggeber nicht innerhalb einer Frist von zehn Kalendertagen gerügt hat; der Ablauf der Frist nach § 134 Absatz 2 bleibt unberührt,
2.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die aufgrund der Bekanntmachung erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der in der Bekanntmachung benannten Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
3.
Verstöße gegen Vergabevorschriften, die erst in den Vergabeunterlagen erkennbar sind, nicht spätestens bis zum Ablauf der Frist zur Bewerbung oder zur Angebotsabgabe gegenüber dem Auftraggeber gerügt werden,
4.
mehr als 15 Kalendertage nach Eingang der Mitteilung des Auftraggebers, einer Rüge nicht abhelfen zu wollen, vergangen sind.
Satz 1 gilt nicht bei einem Antrag auf Feststellung der Unwirksamkeit des Vertrags nach § 135 Absatz 1 Nummer 2. § 134 Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt.

(1) Erscheinen der Preis oder die Kosten eines Angebots im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig, verlangt der öffentliche Auftraggeber vom Bieter Aufklärung.

(2) Der öffentliche Auftraggeber prüft die Zusammensetzung des Angebots und berücksichtigt die übermittelten Unterlagen. Die Prüfung kann insbesondere betreffen:

1.
die Wirtschaftlichkeit des Fertigungsverfahrens einer Lieferleistung oder der Erbringung der Dienstleistung,
2.
die gewählten technischen Lösungen oder die außergewöhnlich günstigen Bedingungen, über die das Unternehmen bei der Lieferung der Waren oder bei der Erbringung der Dienstleistung verfügt,
3.
die Besonderheiten der angebotenen Liefer- oder Dienstleistung,
4.
die Einhaltung der Verpflichtungen nach § 128 Absatz 1 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, insbesondere der für das Unternehmen geltenden umwelt-, sozial- und arbeitsrechtlichen Vorschriften, oder
5.
die etwaige Gewährung einer staatlichen Beihilfe an das Unternehmen.

(3) Kann der öffentliche Auftraggeber nach der Prüfung gemäß den Absätzen 1 und 2 die geringe Höhe des angebotenen Preises oder der angebotenen Kosten nicht zufriedenstellend aufklären, darf er den Zuschlag auf dieses Angebot ablehnen. Der öffentliche Auftraggeber lehnt das Angebot ab, wenn er festgestellt hat, dass der Preis oder die Kosten des Angebots ungewöhnlich niedrig sind, weil Verpflichtungen nach Absatz 2 Satz 2 Nummer 4 nicht eingehalten werden.

(4) Stellt der öffentliche Auftraggeber fest, dass ein Angebot ungewöhnlich niedrig ist, weil der Bieter eine staatliche Beihilfe erhalten hat, so lehnt der öffentliche Auftraggeber das Angebot ab, wenn der Bieter nicht fristgemäß nachweisen kann, dass die staatliche Beihilfe rechtmäßig gewährt wurde. Der öffentliche Auftraggeber teilt die Ablehnung der Europäischen Kommission mit.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
X ZB 10/16
vom
31. Januar 2017
in dem Vergabenachprüfungsverfahren
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: ja
BGHR: ja
Notärztliche Dienstleistungen
VgV § 60; VOB/A § 16d Abs. 1 Nrn. 1 und 2; § 16d EU Abs. 1 Nrn. 1 und 2; VOL/A
2009 § 16 Abs. 6; GWB § 71 Abs. 1, §§ 72, 165

a) Erscheint ein Angebotspreis aufgrund des signifikanten Abstands zum nächstgünstigen
Gebot oder ähnlicher Anhaltspunkte, wie etwa der augenfälligen Abweichung
von preislichen Erfahrungswerten aus anderen Beschaffungsvorgängen
, ungewöhnlich niedrig, können die Mitbewerber verlangen, dass die Vergabestelle
in die vorgesehene nähere Prüfung der Preisbildung eintritt.

b) Wird für bereits vorliegende oder von der Vergabestelle zur Aufklärung des Preises
nachgeforderte Informationen Schutz als Geschäftsgeheimnis begehrt, entscheidet
die Vergabekammer zunächst in einem Zwischenverfahren über deren
Offenlegung. Für die Entscheidung, ob das Geheimhaltungs- oder das Offenlegungsinteresse
überwiegt, ist eine Abwägung der beiderseitigen geschützten Interessen
vorzunehmen.

c) Die Vergabekammer darf bei der Sachentscheidung Umstände berücksichtigen,
deren Offenlegung sie mit Rücksicht auf ein Geheimhaltungsinteresse abgelehnt
hat, das nach Abwägung aller Umstände das Interesse der Beteiligten auf rechtliches
Gehör auch unter Beachtung des Rechts auf effektiven Rechtsschutz
überwiegt.
BGH, Beschluss vom 31. Januar 2017 - X ZB 10/16 - Kammergericht Berlin
ECLI:DE:BGH:2017:310117BXZB10.16.0

Der X. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 31. Januar 2017 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Meier-Beck, die Richter Gröning und Dr. Bacher sowie die Richterinnen Schuster und Dr. Kober-Dehm

beschlossen:
Auf die sofortige Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss der Vergabekammer Berlin vom 6. August 2015 (VK B 1 17/15) aufgehoben. Die Vergabekammer wird verpflichtet, erneut über die Sache und über die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu entscheiden.

Gründe:


1
A. Das vorliegende Nachprüfungsverfahren bezieht sich auf eine von der Berliner Feuerwehr als Vergabestelle durchgeführte beschränkte Ausschreibung mit öffentlichem Teilnahmewettbewerb, die schwerpunktmäßig die Gestellung von Notärzten für das in 17 Versorgungsgebiete (Gebietslose) unterteilte Land Berlin für drei Jahre mit der Option der einmaligen Verlängerung um zwei weitere Jahre zum Gegenstand hatte. Die Antragstellerin beteiligte sich mit einem Angebot für ein Versorgungsgebiet zu einem jährlichen Preis von €. Nachdem die Vergabestelle sie darüber informiert hatte, dass der Zuschlag auf das Angebot einer Mitbewerberin zu einem jährlichen Angebotspreis von € erteilt werden soll, beantragte die Antragstellerin Vergabenachprüfung und machte unter anderem geltend, jenes Angebot sei ungewöhnlich niedrig im Sinne von § 16 Abs. 6 Satz 1 VOL/A 2009 und hätte deshalb ausgeschlossen werden müssen.
2
Die Vergabekammer hat den hierauf gestützten Nachprüfungsantrag mit der Begründung für unzulässig erachtet, § 16 Abs. 6 VOL/A 2009 entfalte im Streitfall keine drittbieterschützende Wirkung, so dass sich die Antragstellerin insoweit nicht auf eine Rechtsverletzung im Sinne von § 97 Abs. 6 GWB berufen könne. Dagegen hat die Antragstellerin sofortige Beschwerde eingelegt. Nach3 dem die aufschiebende Wirkung des Rechtsmittels entfallen war, erteilte die Vergabestelle den Zuschlag entsprechend ihrem Informationsschreiben. Daraufhin hat die Antragstellerin ihr primäres Rechtsschutzbegehren für erledigt erklärt und beantragt festzustellen, dass sie durch den Antragsgegner in ihren Rechten verletzt ist. Der Antragsgegner beantragt die Zurückweisung des Rechtsmittels. Das Kammergericht möchte die sofortige Beschwerde zurückweisen,
4
sieht sich daran aber durch einen Beschluss des Saarländischen Oberlandesgerichts gehindert, demzufolge § 25 Nr. 3 Abs. 1 VOB/A aF, dessen Regelungsgehalt sich im Wesentlichen mit dem von § 16 Abs. 6 VOL/A 2009 deckt, auch dem Schutz aller anderen Bieter dient, die bei einem echten Wettbewerb ihre Preise aufgrund einer ordnungsgemäßen Kalkulation berechnet haben. Der nächstgünstigste Bieter habe deshalb ein Recht, diesen Vergabeverstoß in einem Nachprüfungsverfahren zu unterbinden (OLG Saarbrücken, Beschluss vom 29. Oktober 2003 - 1 Verg 2/03, NZBau 2004, 117, 118).
5
B. Die Vorlage ist zulässig.
6
I. Die Voraussetzungen des § 179 Abs. 2 Satz 1 GWB liegen nach ständiger Rechtsprechung vor, wenn das vorlegende Oberlandesgericht seiner Entscheidung als tragende Begründung einen Rechtssatz zugrunde legen will, der mit einem die Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts tragenden Rechtssatz unvereinbar wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 7. Januar 2014 - X ZB 15/13, BGHZ 199, 327 Rn. 10 - Stadtbahnprogramm Gera). Zu Recht hat der vorlegende Vergabesenat die Divergenz nicht dadurch
7
ausgeräumt gesehen, dass die Entscheidung, von der er abweichen möchte, älteren Datums ist und sich zudem zeitlich danach unter anderen Vergabesenaten eine anderslautende Auffassung zu der Streitfrage herausgebildet hat (vgl. dazu etwa OLG Düsseldorf, Beschluss vom 29. September 2008 - Verg 50/08, juris Rn. 37 zu § 25 Nr. 2 Abs. 3 VOL/A aF), der er sich anschließen möchte. Der Senat weist außerdem darauf hin, dass es für das Bestehen einer
8
Divergenz nicht darauf ankommt, ob der andere Vergabesenat seine abweichende Auffassung begründet hat (vgl. insoweit OLG Düsseldorf, Beschluss vom 17. Februar 2016 - Verg 37/14, juris Rn. 47), sondern nur darauf, dass erkennbar ein abweichender Rechtssatz angewendet wurde. Die Voraussetzungen für eine Divergenzvorlage können schließlich auch vorliegen, wenn ein Vergabesenat von der Ansicht eines anderen Vergabesenats abweichen will, die dieser (lediglich) in einem Verfahren nach § 173 Abs. 1 Satz 3 oder § 176 GWB gefasst hat. Das Gesetz sieht zwar im Interesse der möglichst beschleunigten Vergabe öffentlicher Aufträge eine Divergenzvorlage in einem dieser Eilverfahren selbst nicht vor. Es ist mit Blick auf das Ziel einer bundeseinheitlichen Rechtsprechung in Vergabesachen aber zu bedenken, dass die Vergabesenate , wenn es nur noch um die Anwendung des Rechts auf einen feststehenden Sachverhalt geht, mitunter bereits im Eilverfahren - namentlich im Verfahren nach § 173 Abs. 1 Satz 3 GWB - die rechtlichen Streitfragen erschöpfend beantworten , von denen der endgültige Ausgang des Beschwerdeverfahrens abhängt und es dann gegebenenfalls nicht mehr zu einer Entscheidung in der Hauptsache kommt. Dem Gewicht, das den in den Eilverfahren ergehenden Entscheidungen deshalb zukommt, würde es nicht gerecht, wenn sie generell bei der Prüfung auf eine bestehende Divergenz unberücksichtigt blieben.
9
II. Die Divergenz ergibt sich im Streitfall daraus, dass die Antragstellerin als mit einer Preisdifferenz von über 30 % zweitbeste Bieterin auf der Grundlage der Rechtsprechung des Saarländischen Oberlandesgerichts zur Überprüfung durch die Nachprüfungsinstanzen stellen könnte, ob der Zuschlag insoweit zu einem unangemessen niedrigen Preis ergangen ist, der vorlegende Vergabesenat demgegenüber meint, die Antragstellerin könne sich nicht auf § 16 Abs. 6 VOL/A 2009 stützen, weil dieser Vorschrift im Streitfall keine bieterschützende Wirkung zukomme. Er sieht sich dabei in Einklang mit der Rechtsprechung anderer Vergabesenate, die der § 16 Abs. 6 VOL/A 2009 entsprechenden Regelung in § 19 EG Abs. 6 Satz 2 VOL/A 2009 bieterschützende Wirkung nur dann beimessen, wenn das ungewöhnlich günstig erscheinende Angebot Ausdruck wettbewerbswidriger Praktiken ist, denen der Auftraggeber keinen Vorschub leisten dürfe. Diese Voraussetzungen erfüllten Angebote nur, wenn der unangemessen niedrige Preis als Mittel zur zielgerichteten Verdrängung anderer Bieter nicht lediglich aus dem laufenden Vergabeverfahren, sondern vom Markt insgesamt eingesetzt werde oder zumindest die Gefahr einer entsprechenden Entwicklung bestehe, oder wenn die niedrige Preisgestaltung den Auftragnehmer voraussichtlich in so erhebliche Schwierigkeiten bringen werde, dass er den Auftrag nicht zu Ende ausführen könne, sondern die Ausführung abbrechen müsse (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 31. Oktober 2012 - Verg 17/12, VergabeR 2013, 243, 248; Beschluss vom 9. Mai 2011 - Verg 45/11, VergabeR 2011, 884 f.; OLG München, Beschluss vom 21. Mai 2010 - Verg 2/10, VergabeR 2010, 992, 1008; vgl. auch Thüringer OLG, Beschluss vom 5. Juni 2009 - 9 Verg 5/09, VergabeR 2009, 809, 812 ff.). Der vorlegende Senat sieht im Streitfall diese zusätzlich gefordertenVoraussetzungen für den Zugang zum Nachprüfungsverfahren nicht dargelegt und möchte die geltend gemachte Verletzung der Antragstellerin in ihren Rechten aus § 97 Abs. 6 GWB deshalb verneinen.
10
C. Die zulässige Beschwerde führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Verpflichtung der Vergabekammer zu neuer Entscheidung.
11
I. Der Nachprüfungsantrag ist entgegen der Ansicht der Vergabekammer zulässig.
12
1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist für die Zulässigkeit eines auf § 160 Abs. 2 Satz 1 und 2 GWB gestützten Nachprüfungsantrags erforderlich, dass ein Unternehmen mit Interesse am Auftrag eine Verletzung in seinen Rechten nach § 97 Abs. 6 GWB schlüssig aufzeigt (vgl. im Einzelnen BGH, Beschluss vom 18. Mai 2004 - X ZB 7/04, BGHZ 159, 186, 191 f.).
13
2. Soll der Zuschlag nach der Vorinformation (§ 134 Abs. 1 GWB) auf ein Angebot mit einem Preis erteilt werden, den der Antragsteller für unangemessen niedrig hält, gehört es in Anbetracht der einschlägigen Regelungen in § 60 VgV, §§ 16d, 16d EU VOB/A oder hier in § 16 Abs. 6 VOL/A 2009 zur Schlüssigkeit, genügt insoweit aber auch, dass die Unangemessenheit des Preises indizierende Umstände dargelegt werden. Regelmäßig wird es sich dabei , wie auch hier, um die Höhe des beanstandeten Preises und den Abstand zum eigenen bzw. zum nächstgünstigen Angebot handeln.
14
a) In der Rechtsprechung der Vergabesenate sind insoweit Aufgreifschwellen anerkannt, bei deren Erreichen eine Verpflichtung des Auftraggebers angenommen wird, in eine nähere Prüfung der Preisbildung des fraglichen Angebots einzutreten. Unterschiedliche Einschätzungen bestehen diesbezüglich nur darüber, ob diese Aufgreifschwelle immer erst bei einem Preisabstand von 20 % zum nächsthöheren Angebot erreicht ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 25. April 2012 - Verg 61/11, ZfBR 2012, 613) oder schon in einem Bereich über 10 % einsetzen kann (vgl. Ziekow/Völlink/Vavra, Vergaberecht, 2. Aufl., § 16 VOB/A Rn. 46 unter Hinweis auf OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27. September 2009 - 15 Verg 3/09, VergabeR 2010, 96).
15
b) Ob eine Schwelle von 20 % als unverrückbare Untergrenze anzusehen ist oder ob besondere Umstände im Einzelfall Aufklärungsbedarf auch bei geringeren Abständen indizieren können, kann fraglich sein, bedarf im Streitfall aber keiner abschließenden Beurteilung, weil hier der Preisabstand von über 30 % zum Angebot der Antragstellerin jedenfalls hinreicht, um den Auftraggeber zu einer Angemessenheitsprüfung zu veranlassen. Im Übrigen kann sich die Frage der Unangemessenheit eines Preises nicht nur aufgrund des signifikanten Abstandes zum nächstgünstigen Gebot im selben Vergabeverfahren stellen, sondern gleichermaßen etwa bei augenfälliger Abweichung von in vergleichbaren Vergabeverfahren oder sonst erfahrungsgemäß verlangten Preisen (vgl. OLG München, Beschluss vom 21. Mai 2010 - Verg 2/10, VergabeR 2010, 992, 1008; OLG Karlsruhe VergabeR 2010, 96).
16
c) Darüber hinaus obliegt dem Antragsteller darzulegen, ob er die vorgesehene Vergabe zu dem fraglichen Preis gerügt, wie sich der Auftraggeber dazu gegebenenfalls vorprozessual gestellt hat und inwieweit dies die eigenen Bedenken nicht ausräumt.
17
d) Weitergehende Anforderungen an die Darlegung einer Rechtsverletzung können in Fällen der vorliegenden Art für den Zugang zum Nachprüfungsverfahren nicht gestellt werden.
18
Dazu, ob der ungewöhnlich niedrige Preis zur Marktverdrängung von Konkurrenten verlangt wird oder ob die Gefahr besteht, dass der Auftrag infolge dieser Preisbildung nicht ordnungsgemäß ausgeführt werden kann, wird der Antragsteller bei Einreichung des Nachprüfungsantrags regelmäßig schon deshalb nichts Konkretes vortragen können, weil dies Einblicke in die Sphäre jenes Unternehmens voraussetzt, über die er üblicherweise nicht verfügen wird und für die er schon in Anbetracht des engen Fristenrahmens für vergaberechtliche Beanstandungen (§ 160 Abs. 3 GWB) auch kaum rechtzeitig hinreichende Indizien zusammentragen kann. Deshalb überspannt es die Anforderungen an den Zugang zum vergaberechtlichen Nachprüfungsverfahren, vom Antragsteller hierzu substanziierten Vortrag zu verlangen. Das Gleiche gilt in Bezug auf den Gesichtspunkt der Gefahr der Verdrängung seines Unternehmens vom Markt (kritisch zu den zusätzlichen Anforderungen an die Darlegung eines Vergaberechtsverstoßes in der Rechtsprechung der Vergabesenate auch Dicks in: Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VgV, § 60 Rn. 38).
19
II. Der angefochtene Beschluss kann hiernach mit der von der Vergabekammer gegebenen Begründung keinen Bestand haben. Er stellt sich beim gegebenen Sach- und Streitstand auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar.
20
1. Nach § 60 Abs. 1, 2 VgV hat der öffentliche Auftraggeber, wenn Preis oder Kosten eines Angebots im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig erscheinen, vom Bieter Aufklärung zu verlangen. Entsprechendes sehen § 16d Abs. 1 und § 16d EU Abs. 1 VOB/A sowie § 16 Abs. 6 VOL/A 2009 vor. Auf die Einhaltung dieser Bestimmungen über das Vergabeverfahren hat jeder Bieter nach § 97 Abs. 6 GWB Anspruch.
21
a) Die Regelungen über den möglichen Ausschluss von ungewöhnlich niedrigen Angeboten und die damit korrespondierende Prüfungspflicht basieren auf dem Erfahrungswissen, dass niedrige Preise für die öffentlichen Belange von einem bestimmten Niveau an nicht mehr von Nutzen sein, sondern diese umgekehrt sogar gefährden können, weil sie das gesteigerte Risiko einer nicht einwandfreien Ausführung von Bauleistungen einschließlich eines Ausfalls bei der Gewährleistung oder der nicht einwandfreien Lieferung bzw. Erbringung der nachgefragten Dienstleistung und damit einer im Ergebnis unwirtschaftlichen Beschaffung bergen. Geschützt wird dementsprechend in erster Linie das haushaltsrechtlich begründete Interesse des Auftraggebers und der Öffentlichkeit an der jeweils wirtschaftlichsten Beschaffung.
22
b) Geschützt wird darüber hinaus vor dem Hintergrund der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (vgl. EuGH, Urteil vom 29. März 2012 - C-599/10, VergabeR 2012, 584) das Interesse des betreffenden Anbieters am Auftrag insofern, als er, dem Grundsatz des rechtlichen Gehörs vergleichbar, verlangen kann, dass sein Angebot nicht ohne den Versuch der vorherigen Aufklärung der aufgekommenen Fragen und Ausräumung entstandener Bedenken aus der Wertung genommen wird.
23
c) Auf die Beachtung der Vorgaben in § 60 Abs. 3 VgV sowie § 16d Abs. 1 und § 16d EU Abs. 1 VOB/A 2016 sowie § 16 Abs. 6 VOL/A 2009 können sich grundsätzlich aber auch die anderen Teilnehmer am Vergabeverfahren berufen. Soll ein nach den Vorgaben der Vergabeverordnung oder der Vergabe - und Vertragsordnung für Bauleistungen an sich wegen seines zu niedrigen Preises auszuschließendes Angebot den Zuschlag erhalten, geht es in der Sache um eine Auftragserteilung unter Verstoß gegen den Wettbewerbsgrundsatz (§ 97 Abs. 1 GWB) konkretisierende Regelungen. Dies betrifft in vergleichbarer Weise unmittelbar die Position der übrigen Bewerber im Wettbewerb wie etwa die Bejahung der zunächst zweifelhaft erscheinenden Eignung (zutreffend Opitz in: Beck'scher Vergaberechtskommentar, 2. Aufl., VOB/A § 16 Rn. 268; für bieterschützende Wirkung auch Dicks in Kulartz/Kus/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VgV, § 60 Rn. 38; vgl. auch Ziekow/Völlink/Vavra, Vergaberecht, 2. Aufl., § 16 VOB/A Rn. 46).
24
d) Dies gilt grundsätzlich auch für den hier allgemein betroffenen Bereich der sozialen und besonderen Dienstleistungen im Sinne des Anhangs XIV der Richtlinie 2014/24/EU, zu denen Dienstleistungen der Feuerwehr und Rettungsdienste (CPV-Code 75252000-7) prinzipiell zählen. Die Bestimmungen der Vergabeverordnung beziehen sich grundsätzlich auch hierauf (vgl. § 130 Abs. 1 GWB; § 64 VgV), gegebenenfalls vorbehaltlich der Regelung in § 107 Abs. 1 Nr. 4 GWB. Nach der Übergangsregelung in § 186 Abs. 2 GWB sind im Streitfall zwar noch die Bestimmungen der Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen Teil A 2009 anzuwenden; der Regelungsgehalt von § 16 Abs. 6 VOL/A 2009 entspricht aber in wesentlichen Teilen § 60 VgV.
25
2. Der Anspruch ist im Falle möglicherweise unangemessen niedriger Angebotspreise darauf gerichtet, dass der Auftraggeber die nach § 16d Abs. 1, § 16d EU Abs. 1 VOB/A, § 60 VgV oder § 16 Abs. 6 VOL/A 2009 vorgesehene Prüfung vornimmt (ebenso: Opitz aaO § 16 VOB/A Rn. 268).
26
a) Nach § 60 Abs. 2 VgV hat der öffentliche Auftraggeber, wenn der Preis oder die Kosten eines Angebots im Verhältnis zu der zu erbringenden Leistung ungewöhnlich niedrig erscheinen, die Zusammensetzung des Angebots zu überprüfen. Diese Prüfung kann insbesondere die Wirtschaftlichkeit des Fertigungsverfahrens einer Lieferleistung oder der Erbringung der Dienstleistung , die gewählten technischen Lösungen oder die außergewöhnlich günstigen Bedingungen, über die das Unternehmen bei der Lieferung der Waren oder Erbringung der Dienstleistung verfügt, die Besonderheiten der besonderen Lieferoder Dienstleistung sowie die Einhaltung der Verpflichtungen nach § 128 Abs. 1 GWB oder die Gewährung einer staatlichen Beihilfe betreffen.
27
b) Bei der Vergabe von Bauleistungen im Geltungsbereich des Vierten Teils des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen prüft der Auftraggeber die Angemessenheit des Preises - abgesehen von einem möglichen Zusammenhang mit der Nichterfüllung umwelt- oder sozial- und arbeitsrechtlicher Anforderungen (§ 16d EU Abs. 1 Nr. 1 VOB/A 2016) - anhand der üblicherweise im Zusammenhang mit der Angebotseinreichung vorliegenden oder angeforderten Unterlagen über die Preisermittlung des betreffenden Bieters. Reicht dies nicht aus, um die Angemessenheit befriedigend beurteilen zu können, gibt der Auftraggeber dem Bieter weitere Gelegenheit zur Aufklärung über die Bildung seiner Preise oder Kosten für die Gesamtleistung oder für Teilleistungen und prüft zur Beurteilung der Angemessenheit die betreffende Zusammensetzung unter Berücksichtigung der gelieferten Nachweise. Die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen enthält hierzu zwar keine weiteren detaillierten Angaben. Es können jedenfalls aber die Angaben verlangt werden, die Art. 69 Abs. 2 der Richtlinie 2014/24/EU - für alle Arten von Leistungen - vorsieht (so auch Dicks in Kulartz/Marx/Portz/Prieß, Kommentar zur VOB/A, 3. Aufl., § 16 EG Rn. 257). Dazu gehören Angaben zur Wirtschaftlichkeit des Fertigungsverfahrens , der Erbringung der Dienstleistung oder des Bauverfahrens, zu den gewählten technischen Lösungen oder allen gegebenenfalls außergewöhnlich günstigen Bedingungen, über die der Bieter bei der Lieferung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistung sowie bei der Durchführung der Bauleistungen verfügt, und sonst zur Eigenart der angebotenen Bau-, Liefer- oder Dienstleistungen.
28
3. Kann der öffentliche Auftraggeber die geringe Höhe des angebotenen Preises oder der angebotenen Kosten mit der Prüfung nicht zufriedenstellend aufklären, darf er den Zuschlag auf dieses Angebot ablehnen (§ 60 Abs. 3 VgV).
29
a) Die Berechtigung des Auftraggebers, den Zuschlag auf solche Angebote abzulehnen, trägt dem Anliegen des Vergabewettbewerbs Rechnung, die wirtschaftlichste Beschaffung zu realisieren. Unangemessen niedrige Angebotspreise bergen insoweit gesteigerte Risiken (oben Rn. 21), die sich in vielfältiger Weise verwirklichen können. Dies gilt etwa für die in der Rechtsprechung der Vergabesenate angeführte Möglichkeit, dass der Auftragnehmer infolge der zu geringen Vergütung in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten und den Auftrag deshalb nicht vollständig ausführen kann. Der Schutz der öffentlichen Interessen setzt aber nicht erst bei derart gravierenden Gefährdungen ein. Öffentliche Interessen sind in schützenswerter Weise auch dadurch gefährdet, dass der betreffende Anbieter in Anbetracht des zu niedrigen Preises versuchen könnte, sich des Auftrags so unaufwändig wie möglich und insoweit auch nicht vertragsgerecht zu entledigen, durch möglichst viele Nachträge Kompensation zu erhalten oder die Ressourcen seines Unternehmens auf besser bezahlte Aufträge zu verlagern, sobald sich die Möglichkeit dazu bietet. Dies gilt ungeachtet des Hinweises im Vorlagebeschluss, es sei einem Bieter grundsätzlich unbenommen, zu einem Preis zu bieten, der ihm lediglich einen Deckungsbeitrag zu seinen Fixkosten verspricht (Unterkostenangebote, vgl. etwa OLG München , Beschluss vom 21. Mai 2010 - Verg 2/10, VergabeR 2010, 992, 1008). Dass ein solches Angebot nicht von vornherein unzulässig ist, ändert nichts an den hiermit verbundenen Gefahren.
30
b) Ob oder inwieweit sich die vorstehend aufgezeigten oder andere Risiken für eine auftragsgerechte Ausführung bei Auftragserteilung verwirklichen , kann im Zeitpunkt der Vergabeentscheidung kaum je hinreichend sicher vorausgesagt werden. Vor diesem Hintergrund trifft § 60 Abs. 3 VgV Vorkehr dagegen, dass der Auftraggeber ein vermeintlich sehr günstiges Angebot annehmen muss, das tatsächlich aber mit erheblichen potenziellen Verlustrisiken behaftet ist, und ordnet an, dass Angebote wegen eines ungewöhnlich niedrigen Preises bereits dann ausgeschlossen werden können, wenn sich die geringe Höhe nicht zufriedenstellend aufklären lässt.
31
c) Dem Auftraggeber ist hierbei ein rechtlich gebundenes Ermessen eingeräumt. Die Verwendung des Verbs "dürfen" in § 60 Abs. 3 VgV ist nicht so zu verstehen, dass es im Belieben des Auftraggebers stünde, den Auftrag trotz weiterbestehender Ungereimtheiten doch an den betreffenden Bieter zu vergeben. Die Ablehnung des Zuschlags ist vielmehr grundsätzlich geboten, wenn der Auftraggeber verbleibende Ungewissheiten nicht zufriedenstellend aufklären kann. Bei der Beurteilung der Anforderungen an eine zufriedenstellende Aufklärung berücksichtigt der Auftraggeber Art und Umfang der im konkreten Fall drohenden Gefahren für eine wettbewerbskonforme Auftragserledigung.
32
d) Diese in § 60 Abs. 3 VgV ausdrücklich vorgesehene Regelung geht auf Art. 69 Abs. 3 Satz 2 RL 2014/24/EU zurück und gilt gleichermaßen für die Vergabe von Bauleistungen.
33
4. Ob die Vergabestelle die Preisbildung des günstigsten Angebots entsprechend aufgeklärt hat, kann nicht nachvollzogen werden.
34
III. Nach alledem kann der angefochtene Beschluss der Vergabekammer keinen Bestand haben und ist nach § 178 Satz 1 GWB aufzuheben. Der Senat macht entsprechend § 178 Satz 2 GWB von der Möglichkeit Gebrauch , die Vergabekammer zu verpflichten, unter Berücksichtigung seiner Rechtsauffassung über den Feststellungsantrag zu entscheiden. Im Regelfall, auf den die gesetzliche Regelung zugeschnitten ist, ent35 scheidet, wenn sich das primäre Rechtsschutzbegehren während des Beschwerdeverfahrens in der Hauptsache erledigt, zwar das Beschwerdegericht über einen solchen Antrag (§ 178 Satz 3 GWB). Der Streitfall weist jedoch Besonderheiten auf, die eine erstinstanzliche Entscheidung über das Feststellungsbegehren angezeigt erscheinen lassen. Die Vergabekammer hat sich ungeachtet der von ihr ausgesprochenen
36
Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrags bereits mit dem Ergebnis der nachträglichen Prüfung der Angemessenheit des von der Ausschreibungsgewinnerin verlangten Preises durch die Vergabestelle befasst und dieses Ergebnis - allerdings unter Verletzung der Mitwirkungsrechte der Antragstellerin - für vergaberechtskonform zustande gekommen erachtet. Dieser Streitstoff wäre bereits für das Primärrechtsschutzbegehren der Antragstellerin entscheidungserheblich gewesen. Im Interesse der Verfahrensökonomie und um insoweit eine Prüfung in zwei Instanzen zu gewährleisten, ist deshalb der Vergabekammer die erneute Prüfung zu übertragen.
37
IV. Bei der erneuten Entscheidung wird die Vergabekammer zu beachten haben, dass bei der Nachprüfung der Angemessenheit eines ungewöhnlich niedrigen Angebotspreises Geheimhaltungsinteressen des betreffenden Bieters berührt sein können.
38
1. Die Bieter werden die Kalkulation ihrer Angebote und die mit der Preisermittlung zusammenhängenden Daten und Inhalte vielfach als ihre Geschäftsgeheimnisse betrachten.
39
a) Zu den Geschäftsgeheimnissen gehören alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind, an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat, in Bezug auf die sein Geheimhaltungswille bekundet worden oder erkennbar ist und von denen sich ein größerer Personenkreis nur unter Schwierigkeiten Kenntnis verschaffen kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 - 1 BvR 2087/03, 1 BvR 2111/03, BVerfGE 115, 205 Rn. 87; BGH, Beschluss vom 16. November 2009 - X ZB 37/08, BGHZ 183, 153 Rn. 17 - Lichtbogenschnürung; Urteil vom 7. November 2002 - I ZR 64/00, GRUR 353, 356 m.w.N. - Präzisionsmessgeräte ; vgl. auch Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie (EU) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen [Geschäftsgeheimnisse] vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung, ABl. Nr. L 157 vom 15. Juni 2015 S. 1).
40
b) Auch Betriebsgeheimnisse, zu denen die Fabrikationsgeheimnisse zählen (vgl. BR-Drucks. 441/04 S. 114 zu Nr. 43 und S. 124 zu Nr. 62), können von der Angemessenheitsprüfung berührt sein, etwa wenn es darum geht, ob besonders wirtschaftliche Fertigungsverfahren den niedrigen Preis erklären könnten (oben Rn. 27).
41
c) Die vorstehend genannten tatbestandlichen Voraussetzungen müssen für alle Informationen, für die Geheimnisschutz beansprucht wird, erfüllt sein (vgl. auch Art. 2 Nr. 1 RL (EU) 2016/943).
42
d) Wird ein Nachprüfungsantrag mit dem Ziel der Überprüfung eines dem Antragsteller ungewöhnlich niedrig erscheinenden Angebotspreises gestellt , gehören die mit diesem Angebot eingereichten oder vom Auftraggeber gegebenenfalls zur Aufklärung des niedrigen Preises nachgeforderten Unterlagen zu den Vergabeakten. Darin können Informationen enthalten sein, die der betreffende Bieter als seine Geschäftsgeheimnisse ansieht.
43
2. Beantragt der Antragsteller im Nachprüfungsverfahren Akteneinsicht auch in solche Unterlagen, ist zunächst in einem Zwischenverfahren über deren Offenlegung oder Geheimhaltung zu entscheiden (§ 165 Abs. 2 GWB).
44
a) Dieses Zwischenverfahren hat die Vergabekammer unter sinngemäßer Heranziehung der Bestimmungen über die Akteneinsicht im Kartellbeschwerdeverfahren (§ 72 GWB) durchzuführen, auch wenn § 175 Abs. 2 GWB die entsprechende Anwendung von § 72 GWB nur auf das Beschwerdeverfahren bezieht (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. Dezember 2007 - VII Verg 40/07, VergabeR 2008, 281; OLG Naumburg, Beschluss vom 1. Juni 2011 - 2 Verg 3/11, VergabeR 2012, 250). An dem Verfahren sind bei die Preisermittlung eines Angebots betreffenden Geschäftsgeheimnissen grundsätzlich nur der jeweilige Bieter und das die Einsicht begehrende Unternehmen, regelmäßig also der Antragsteller im Nachprüfungsverfahren oder gegebenenfalls ein beigeladenes Unternehmen, beteiligt; der Auftraggeber kann nur dann ein Beteiligter sein, wenn eigene Geheimschutzbereiche berührt sind.
45
b) Aus in der Natur der Sache liegenden Gründen handelt es sich bei dem Zwischenverfahren um die Gewährung von Akteneinsicht in Geschäftsoder Betriebsgeheimnisse um ein sogenanntes In-camera-Verfahren. Für den Streit um die Geheimhaltung von Aktenbestandteilen dürfen die Informationen, um deren Geheimhaltung es geht, dem außenstehenden Beteiligten nicht zugänglich gemacht werden.
46
3. Für die Prüfung, ob die Einsicht in bestimmte Unterlagen nach § 165 Abs. 2 GWB zu versagen ist, gilt Folgendes:
47
a) Akteneinsicht in unternehmensbezogene Geheimnisse kommt nur dann und insoweit in Betracht, als deren Kenntnis entscheidungserheblich ist und andere Möglichkeiten der Sachaufklärung nicht bestehen (vgl. § 72 Abs. 2 Satz 4 GWB).
48
b) Auch wenn bestimmte Informationen und Daten ihrer Qualität nach als Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse anzuerkennen sind, folgt daraus nicht, dass sie unter allen Umständen von der Akteneinsicht eines anderen Beteiligten ausgeschlossen wären. Dies ergibt sich bereits aus der entsprechenden Anwendung von § 72 Abs. 2 S. 4 GWB. Übertragen auf die Vergabenachprüfung folgt daraus, dass sich der Geheimhaltungsvorrang vielmehr als Ergebnis einer Abwägung mit den entgegenstehenden Offenlegungsinteressen ergeben muss.
49
c) Bei dieser Abwägung sind zugunsten des Inhabers unternehmensbezogener Geheimnisse die mit einiger Wahrscheinlichkeit zu erwartenden Nachteile zu berücksichtigen, die er im zukünftigen Wettbewerb durch die Offenlegung der fraglichen Informationen erleiden könnte. Er hat deshalb im Streit um die Akteneinsicht plausibel - wenn auch ohne inhaltliche Preisgabe seiner Geheimnisse - aufzuzeigen, inwieweit die Kenntnis des Gegners von den fraglichen Informationen seine Stellung im zukünftigen Wettbewerb außerhalb des konkreten Nachprüfungsverfahrens beeinträchtigen könnte (vgl. BGHZ 183, 153 Rn. 37, 38 - Lichtbogenschnürung). Zugunsten des Akteneinsicht begehrenden Beteiligten ist zu berücksich50 tigen, dass es ihm regelmäßig erst die Kenntnis dieser Informationen ermöglicht , durch detailliertes und von der eigenen Sachkunde getragenes Vorbringen etwa zu der Preisbildung beim ungewöhnlich günstigen Angebot zum richtigen Ausgang des Nachprüfungsverfahrens und damit mittelbar auch zu einer vergaberechtskonformen Zuschlagserteilung beizutragen.
51
4. Gelangt die Vergabekammer zu dem Ergebnis, dass bestimmte Informationen, für die Schutz als Geschäfts- oder Betriebsgeheimnis beansprucht wird, offenzulegen sind, fasst sie im Zwischenverfahren einen Beschluss darüber.
52
a) In der Rechtsprechung der Vergabesenate ist zu Recht anerkannt, dass diese Entscheidung rechtsmittelfähig ist (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 28. Dezember 2007 - VII Verg 40/07, VergabeR 2008, 281; ebenso z. B. OLG Frankfurt, Beschluss vom 12. Dezember 2014 - 11 Verg 8/14, NZBau 2015, 514 und OLG München, Beschluss vom 28. April 2016 - Verg 3/16, VergabeR 2016, 679). Daraus folgt, dass aus dem Beschluss der Vergabekammer die geschützten Informationen selbst nicht in einer Weise hervorgehen dürfen, bei der der Geheimnischarakter verloren geht. Außerdem darf Akteneinsicht nicht vor Eintritt der Bestandskraft dieses Beschlusses gewährt werden.
53
b) Soweit die Vergabekammer Akteneinsicht wegen vorrangigen Geheimnisschutzes verweigert, gilt § 165 Abs. 4 GWB; diese Entscheidung kann nur im Zusammenhang mit der sofortigen Beschwerde in der Hauptsache angegriffen werden.
54
c) Regelmäßig wird die Offenlegung von Geschäfts- oder Betriebsgeheimnissen nur entweder angeordnet oder verneint werden können. Eine vermittelnde Lösung, wie sie etwa im Zusammenhang mit nach § 140c Abs. 1, 3 PatG angeordneten Besichtigungen zum Schutz vertraulicher Informationen dahin getroffen werden kann, dass nur die Verfahrensbevollmächtigten des Schutzrechtsinhabers der Besichtigung beiwohnen dürfen oder nur sie unter Verschwiegenheitspflicht gegenüber ihrem Mandanten Einsicht in ein darüber erstelltes Sachverständigengutachten erhalten (vgl. BGH, Beschluss vom 16. November 2009 - X ZB 37/08, BGHZ 183, 153 Rn. 17 - Lichtbogenschnürung ; vgl. auch Art. 9 RL (EU) 2016/943), wäre nicht zielführend. Während es bei Anordnungen nach § 140c PatG darum geht, dass etwa eine Besichtigung nicht für anderweitige Einblicke in schützenswerte Bereiche des mutmaßlichen Verletzers außerhalb der vermuteten Schutzrechtsverletzung instrumentalisiert wird, sind in Fällen der vorliegenden Art die geschützten Daten und Informationen selbst Untersuchungsgegenstand, zu dem prinzipiell Vortrag gehalten werden muss, was naturgemäß nicht an der Partei vorbei geschehen kann.
55
d) Unbeschadet des vorstehend Ausgeführten prüft die Vergabekammer allerdings regelmäßig, auch wenn das Geheimhaltungsinteresse überwiegt , ob und inwieweit die übrigen Verfahrensbeteiligten über die von der Akteneinsicht auszunehmenden Inhalte ohne Preisgabe des Geheimnisses zumindest in allgemeiner oder anonymisierter Form unterrichtet werden können (vgl. insoweit auch OLG Naumburg, VergabeR 2012, 250 ff.).
56
5. Die Vergabekammer darf bei der Sachentscheidung Umstände berücksichtigen, deren Offenlegung sie mit Rücksicht auf ein Geheimhaltungsinteresse abgelehnt hat, das nach Abwägung aller Umstände das Interesse der Beteiligten auf rechtliches Gehör auch unter Beachtung des Rechts auf effektiven Rechtsschutz überwiegt.
57
a) Im Vierten Teil des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen ist nicht ausdrücklich geregelt, auf welcher Tatsachengrundlage die Entscheidung der Vergabekammer oder des Vergabesenats ergeht, wenn dem Geheimnisschutz Vorrang eingeräumt wird, ob mithin die fraglichen Daten bei der Entscheidung unberücksichtigt bleiben müssen oder verwertet werden dürfen. Nach § 175 Abs. 2 GWB ist allerdings die entsprechende Anwendung der die Akteneinsicht und den Inhalt der Beschwerdeentscheidung betreffenden Regelungen in § 71 Abs. 1 und 6 und § 72 GWB vorgesehen.
58
b) Der Konflikt um die Akteneinsicht betrifft bei allen Beteiligten widerstreitende Schutzgüter von Verfassungsrang. Die Offenlegung von Geschäftsoder Betriebsgeheimnissen berührt die Berufsausübung und das Eigentumsrecht (Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1 GG) des Betroffenen; demgegenüber betrifft das Interesse des Kontrahenten an der Kenntnis der fraglichen Daten und Informationen seinen Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG), der grundsätzlich gebietet, dass die Beteiligten sich zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen äußern konnten (vgl. § 108 Abs. 2 VwGO). Wären die Nachprüfungsinstanzen in solchen Fällen gehalten, die Tatsachen, zu denen der Antragsteller sich wegen des als vorrangig erachteten Geheimnisschutzes nicht äußern konnte, bei ihrer Entscheidung unberücksichtigt zu lassen, liefe dies bei kollidierenden grundrechtlich geschützten Positionen (Art. 12 Abs. 1, Art. 14 Abs. 1, Art. 103 Abs. 1 GG) auf eine Beweislastentscheidung ohne angemessenen Ausgleich zwischen den berührten Rechten hinaus (vgl. dazu BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 - 1 BvR 2087/03, 1 BvR 2111/03, BVerfGE 115, 205 ff. mit abweichender Meinung des Richters Gaier aaO Rn. 144 ff.).
59
c) Bei dieser Sachlage ist zum verfassungskonformen Ausgleich zwischen den widerstreitenden Rechtsgütern § 71 Abs. 1 Satz 3 GWB sinngemäß anzuwenden.
60
aa) Danach darf das Beschwerdegericht im Kartellverwaltungsverfahren von dem Grundsatz, dass die Beschwerdeentscheidung nur auf Tatsachen und Beweismittel gestützt werden darf, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten, abgewichen werden, soweit Beigeladenen aus wichtigen Gründen, insbesondere zur Wahrung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen, Akteneinsicht nicht gewährt und der Akteninhalt aus diesen Gründen auch nicht vorgetragen worden ist. Diese Regelung beruht auf dem gesetzlichen Grundgedanken , dass es aus Gründen der Verhältnismäßigkeit im Interesse eines Beteiligten sachgerecht sein kann, den Grundsatz des rechtlichen Gehörs im Konflikt mit anderen Rechtsgütern von Verfassungsrang in der Weise modifiziert zurücktreten zu lassen, dass ihm bestimmte schutzwürdige Informationen vorenthalten werden können, das Gericht sie aber gleichwohl verwerten darf, was sich zu seinen Gunsten auswirken kann. Würden etwa dem Antragsteller im Nachprüfungsverfahren die Einsicht in unternehmensbezogene Geheimnisse eines Mitbewerbers vorenthalten und der Grundsatz des rechtlichen Gehörs i. S. der Regelungen in § 71 Abs. 1 Satz 2 GWB oder § 108 Abs. 2 VwGO in der Weise angewendet, dass die Vergabekammer oder der Vergabesenat die geheimen Tatsachen, die dem Antragsteller vorenthalten wurden, bei der Entscheidung nicht berücksichtigen darf, erginge insoweit in jedem Fall eine Beweislastentscheidung zum Nachteil des Antragstellers. Dürfen die Vergabekammer und der Vergabesenat die fraglichen Geheimnisse dagegen berücksichtigen, kann eine Entscheidung zugunsten des Antragstellers ergehen, wenn dies der Sachlage entspricht. Geht es etwa um die Frage, ob sich ein besonders günstiger Angebotspreis eines Mitbewerbers im Nachprüfungsverfahren plausibel durch effiziente Herstellungsmöglichkeiten erklären lässt, für die der betreffende Bieter zu Recht Schutz als Betriebsgeheimnis beansprucht, und verneint die Vergabekammer die Vorzugswürdigkeit ohne Gewährung von Akteneinsicht, ist den Belangen des Antragstellers Genüge getan, auch wenn er sich nicht äußern konnte. Unvermeidbare "Nachteile" entstehen für ihn bei dieser Handhabung nur in den Fällen, in denen die Nachprüfungsinstanzen zu einer für ihn negativen Entscheidung gelangen, auf die er wegen der vorenthaltenen Akteneinsicht keinen Einfluss nehmen konnte.
61
bb) Allerdings sieht § 71 Abs. 1 Satz 4 GWB eine Entscheidung unter Einschränkung des rechtlichen Gehörs von solchen Beigeladenen nicht vor, die an dem streitigen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, dass die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Vergleichbar kann es sich im Nachprüfungsverfahren verhalten, etwa dann, wenn der Antragsteller den Ausschluss des Angebots eines Mitbewerbers begehrt oder umgekehrt und dafür wechselseitig unternehmensbezogene Geheimnisse eine Rolle spielen. Der Senat hält indes dafür, dass die nach § 175 Abs. 2 GWB vorgesehene entsprechende Anwendung von § 71 Abs. 1 und § 72 GWB zu einer insoweit einheitlichen Behandlung der Beteiligten entsprechend § 71 Abs. 1 Satz 3 GWB berechtigt.
62
(1) Diese unterscheidende Beurteilung findet ihre Rechtfertigung darin, dass Bestand oder Aufhebung einer Verfügung der Kartellbehörde aus in der Natur der Sache liegenden Gründen strukturelle oder sonst dauerhafte Auswirkungen auf das Marktgeschehen haben und sich auch auf das Unternehmen notwendig Beigeladener nachhaltig auswirken kann, wohingegen es in der Vergabenachprüfung stets um die Entscheidung eines einzelnen Vergabeverfahrens geht. Je nach Auftragsvolumen kann zwar auch der Ausgang eines einzelnen solchen Verfahrens für ein Unternehmen von nicht unerheblichem Gewicht sein; bei der insoweit gebotenen generalisierenden Betrachtung kann auf solche besonderen Konstellationen jedoch nicht ausschlaggebend abgestellt werden.
63
(2) Hinzu kommt, dass es bei der Geheimhaltung unternehmensbezogener Geheimnisse vielfach um die Angebotspreise betreffende Daten gehen wird und der Gegenstand des Geheimhaltungsinteresses somit typischerweise ein Ähnlicher ist wie bei der Entgeltregulierung im Telekommunikationssektor. Für diesen Bereich ermöglichen § 138 Abs. 2 und 3 TKG in der durch das Gesetz zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Regelungen vom 3. Mai 2012 (BGBl. I S. 958) erhaltenen Fassung die Verwertung von Geschäftsgeheimnissen auch dann, wenn sich einzelne Beteiligte dazu nicht äußern konnten (vgl. dazu etwa Gurlit in: Säcker, Komm. zum TKG, 3. Aufl., § 138 Rn. 16 ff.). Das Gericht der Hauptsache entscheidet auf Antrag eines Beteiligten, der ein Geheimhaltungsinteresse an vorgelegten Unterlagen geltend macht, in einem Incamera -Zwischenverfahren durch Beschluss darüber, inwieweit die §§ 100 und 108 Abs. 1 Satz 2 sowie Abs. 2 VwGO auf die Entscheidung in der Hauptsache anzuwenden sind, und darf die Informationen bei seiner Entscheidung auch dann verwerten, wenn es dafür ein überwiegendes Geheimhaltungsinteresse anerkennt. Es trägt dem Geheimnisschutz in den schriftlichen Urteilsgründen dadurch Rechnung, dass die für die richterliche Überzeugung maßgeblichen Gründe (§ 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO) nicht angegeben werden und das Urteil entgegen § 108 Abs. 2 VwGO insoweit auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden darf, zu denen die Beteiligten sich nicht äußern konnten. Die Mitglieder des Gerichts sind darüber hinaus auch persönlich zur Geheimhaltung verpflichtet.
64
(3) Dass für diesen Bereich mit vergleichbarer Interessenlage der Beteiligten ein besonderes Verfahren geschaffen wurde, um einen befriedigenden Ausgleich zwischen den berührten Interessen und Grundrechtspositionen auch unter Hauptbeteiligten des gerichtlichen Verfahrens zu ermöglichen, stützt die vom Senat befürwortete entsprechende Anwendung von § 71 Abs. 1 Satz 3 GWB auch gegenüber einem notwendig Beigeladenen oder dem Antragsteller des Nachprüfungsverfahrens.
65
6. Im neu eröffneten Nachprüfungsverfahren wird zunächst in dem geschilderten Zwischenverfahren nach den vorstehend dargelegten Grundsät- zen zu klären sein, ob gegebenenfalls von dem für die noch streitigen Beanstandungen der Antragstellerin relevanten Inhalt der Vergabeakten im Geheimhaltungsinteresse der Ausschreibungsgewinnerin bestimmte konkrete Inhalte von der Akteneinsicht auszunehmen sind. Die Vergabestelle hat zwar infolge der Beanstandungen der Antragstelle66 rin den Preis der günstigsten Bieterin nachträglich auf seine Angemessenheit hin untersucht und der Vergabekammer dazu bestimmte Informationen übermittelt. Die Vergabekammer hat diese Mitteilungen auch bei ihrer Entscheidung verwertet und dahin gewürdigt, die von der Vergabestelle vorgelegten Erläuterungen der Ausschreibungsgewinnerin und der Prüfvermerk gäben die Kalkulation des Angebots schlüssig wieder, seien sachlich nachvollziehbar und enthielten keine Anhaltspunkte für Beurteilungsfehler bei der nachträglichen Prüfung. Die Vergabekammer hat der Antragstellerin jedoch schon wegen der von ihr angenommenen Unzulässigkeit des Nachprüfungsantrags keine Akteneinsicht gewährt. Sollte die Vergabekammer die Akteneinsicht beschränken, muss sie
67
zwar keinen gesonderten Beschluss darüber fassen (arg. aus § 165 Abs. 4 GWB). Ihr instanzbeendender Beschluss muss dann aber erkennen lassen, dass sie in der gebotenen Weise vorgegangen ist und vom Betroffenen (hier: der Ausschreibungsgewinnerin) geltend gemachte Geheimhaltungsinteressen gegen das Offenlegungsinteresse des Antragstellers abgewogen hat.
68
Es muss ferner erkennbar sein, nach welchen Parametern und Kriterien die Vergabestelle kontrolliert hat, ob das beste Angebot nach § 16 Abs. 6 VOL/A 2009 ausgeschlossen werden muss, und weshalb dies der Überprüfung durch die Vergabekammer standgehalten hat. Es liegt zwar auf der Hand, dass die schriftliche Begründung dafür, warum Akteneinsicht wegen überwiegender Geheimhaltungsinteressen verweigert wird, nicht selbst Quelle entsprechend konkreter Informationen sein darf (oben Rn. 45, 52). Regelmäßig wird aber eine abstrakte Erläuterung der vorgenommenen Prüfung und der dabei angesetzten Parameter ohne Aufdeckung des Geschäftsgeheimnisses möglich sein. Meier-Beck Gröning Bacher Richterin am Bundesgerichtshof Schuster kann infolge Urlaubsabwesenheit nicht unterschreiben. Meier-Beck Kober-Dehm
Vorinstanz:
Kammergericht Berlin, Entscheidung vom 27.05.2016 - Verg 12/15 -

(1) Öffentliche Aufträge und Konzessionen werden im Wettbewerb und im Wege transparenter Verfahren vergeben. Dabei werden die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und der Verhältnismäßigkeit gewahrt.

(2) Die Teilnehmer an einem Vergabeverfahren sind gleich zu behandeln, es sei denn, eine Ungleichbehandlung ist aufgrund dieses Gesetzes ausdrücklich geboten oder gestattet.

(3) Bei der Vergabe werden Aspekte der Qualität und der Innovation sowie soziale und umweltbezogene Aspekte nach Maßgabe dieses Teils berücksichtigt.

(4) Mittelständische Interessen sind bei der Vergabe öffentlicher Aufträge vornehmlich zu berücksichtigen. Leistungen sind in der Menge aufgeteilt (Teillose) und getrennt nach Art oder Fachgebiet (Fachlose) zu vergeben. Mehrere Teil- oder Fachlose dürfen zusammen vergeben werden, wenn wirtschaftliche oder technische Gründe dies erfordern. Wird ein Unternehmen, das nicht öffentlicher Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber ist, mit der Wahrnehmung oder Durchführung einer öffentlichen Aufgabe betraut, verpflichtet der öffentliche Auftraggeber oder Sektorenauftraggeber das Unternehmen, sofern es Unteraufträge vergibt, nach den Sätzen 1 bis 3 zu verfahren.

(5) Für das Senden, Empfangen, Weiterleiten und Speichern von Daten in einem Vergabeverfahren verwenden Auftraggeber und Unternehmen grundsätzlich elektronische Mittel nach Maßgabe der aufgrund des § 113 erlassenen Verordnungen.

(6) Unternehmen haben Anspruch darauf, dass die Bestimmungen über das Vergabeverfahren eingehalten werden.

Auftraggeber im Sinne dieses Teils sind öffentliche Auftraggeber im Sinne des § 99, Sektorenauftraggeber im Sinne des § 100 und Konzessionsgeber im Sinne des § 101.

(1) Der Zuschlag wird nach Maßgabe des § 127 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt.

(2) Die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots erfolgt auf der Grundlage des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses. Neben dem Preis oder den Kosten können auch qualitative, umweltbezogene oder soziale Zuschlagskriterien berücksichtigt werden, insbesondere:

1.
die Qualität, einschließlich des technischen Werts, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Zugänglichkeit der Leistung insbesondere für Menschen mit Behinderungen, ihrer Übereinstimmung mit Anforderungen des „Designs für Alle“, soziale, umweltbezogene und innovative Eigenschaften sowie Vertriebs- und Handelsbedingungen,
2.
die Organisation, Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung des Auftrags betrauten Personals, wenn die Qualität des eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben kann, oder
3.
die Verfügbarkeit von Kundendienst und technischer Hilfe sowie Lieferbedingungen wie Liefertermin, Lieferverfahren sowie Liefer- oder Ausführungsfristen.
Der öffentliche Auftraggeber kann auch Festpreise oder Festkosten vorgeben, sodass das wirtschaftlichste Angebot ausschließlich nach qualitativen, umweltbezogenen oder sozialen Zuschlagskriterien nach Satz 1 bestimmt wird.

(3) Der öffentliche Auftraggeber gibt in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen an, wie er die einzelnen Zuschlagskriterien gewichtet, um das wirtschaftlichste Angebot zu ermitteln. Diese Gewichtung kann auch mittels einer Spanne angegeben werden, deren Bandbreite angemessen sein muss. Ist die Gewichtung aus objektiven Gründen nicht möglich, so gibt der öffentliche Auftraggeber die Zuschlagskriterien in absteigender Rangfolge an.

(4) Für den Beleg, ob und inwieweit die angebotene Leistung den geforderten Zuschlagskriterien entspricht, gelten die §§ 33 und 34 entsprechend.

(5) An der Entscheidung über den Zuschlag sollen in der Regel mindestens zwei Vertreter des öffentlichen Auftraggebers mitwirken.

Tenor

I. Der Beschluss der Vergabekammer Südbayern vom 30. 9.2015, AZ: Z3-3-3194-1-40-06/15 wird aufgehoben.

II. Das Ausschreibungsverfahren wird aufgehoben.

III. Der Antragsgegnerin wird untersagt, im vorliegenden Vergabeverfahren einen Zuschlag auf das Los 1 und 2 zu erteilen.

IV. Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist.

V. Von den Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer und des Beschwerdeverfahrens einschließlich des Verfahrens nach § 118 GWB trägt die Antragstellerin 1/3 einschließlich der notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen von den Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer und des Beschwerdeverfahrens einschließlich des Verfahrens nach § 118 GWB gesamtschuldnerisch 2/3. Von den notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin tragen die Antragsgegnerin und die Beigeladene je 1/3; im Übrigen tragen die Verfahrensbeteiligten ihre Aufwendungen selbst. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin, die Antragsgegnerin und die Beigeladene war notwendig.

Gründe

A.

Die Gemeinden B. F. F.M. S. und die Stadt B. G. R. (Antragsgegnerin, im folgenden die Antragsgegnerinnen) schlossen am 05.11.2013/11.11.2013/18.11.2013 eine Zweckvereinbarung über die gemeinsame Ausschreibung je einer Drehleiter DLA (K) 23/12.

Die Antragsgegnerinnen teilten in der Folge mit, im Rahmen einer Sammelbeschaffung drei Drehleitern DLA (K) 23/12 für ihre Freiwilligen Feuerwehren beschaffen zu wollen. Die Beschaffung sollte hierbei in drei Losen (Los 1: 3 Fahrgestelle, Los 2: 3 Drehleiteraufbauten, Los 3: feuerwehrtechnische Beladungen) erfolgen und die Aufträge im Wege eines offenen Verfahrens nach den Vorgaben der VOL/A vergeben werden. Eine entsprechende Veröffentlichung erfolgte im Rahmen einer EU-weiten Bekanntmachung unter der Nummer 2014/S. 139-249182 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften am 23.07.2014. Nebenangebote wurden nicht zugelassen. Als Schlusstermin für die Abgabe der Angebote wurde der 16.09.2014, 14.00 Uhr festgelegt.

Gemäß Punkt IV.2.1) der Bekanntmachung soll der Zuschlag auf das wirtschaftlich günstigste Angebot in Bezug auf die Kriterien, die in den Ausschreibungsunterlagen bzw. der Aufforderung zur Angebotsabgabe aufgeführt sind, erteilt werden. In der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes wird unter Punkt 16 ausgeführt, dass das wirtschaftlich günstigste Angebot aufgrund der Kriterien (Preis 50%, Einsatzfunktionalität 20%, Erfüllung technischer Spezifikationen 15%, Qualität 10%, Service 5%) bestimmt wird.

In den Vergabeunterlagen befand sich eine entsprechende Bewertungsmatrix mit Erläuterungen. Darin war unter Anderem geregelt:

Bewertung Erfüllung technischer Spezifikationen:

Erfüllungsgrad techn. Spezifikationen: prozentualer Anteil der in der Leistungsbeschreibung geforderten techn. Spezifikationen (Wertungskriterien) x 9 Punkte (Angabe mit zwei Stellen nach dem Komma; jedes Wertungskriterium wird einfach gewertet)

Energieeffizienz: Der Anbieter mit dem niedrigsten Treibstoffverbrauch erhält die Maximalpunktzahl von 1 Punkt; für je 10 g Treibstoffmehrverbrauch erfolgt ein Abzug von 0,1 Punkten Bewertung Service Nähe des Kundendienstzentrums: der Anbieter mit der (gemeint war offenbar geringsten) Entfernung erhält die Maximalpunktzahl von 10 Punkten, für je 5 km größerer Entfernung erfolgt ein Abzug von 1 Punkt. Reaktionszeiten: der Anbieter mit der durchschnittlich kürzesten Reaktionszeit erhält die Maximalpunktzahl von 10 Punkten, für je 4 h längerer Reaktionszeit erfolgt ein Abzug von 1 Punkt.

Mobiler Kundendienst: ein vorhandener mobiler Kundendienst führt zu einer Maximalpunktzahl von 10 Punkten, kein vorhandener mobiler Kundendienst wird mit 0 Punkte bewertet.

Die Leistungsbeschreibung enthielt zahlreiche technische Anforderungen mit Ja/Nein-Abfragen und folgende Überschrift:

Alle vorhandenen Felder müssen ausgefüllt sein. Bei der Spalte „erfüllt“ ist „Ja“ oder „Nein“ anzukreuzen. Ein leeres Preisfeld, ein Strich, ein fehlender Verweis, eine fehlende geforderte Eintragung oder fehlendes Leistungsmerkmal führen zwingend zum Ausschluss des abgegebenen Angebots. Alternativ angebotene Positionen sind in der vorgesehenen Spalte einzutragen, bzw. mit einem Vermerk zu versehen. Der Betrag fließt nicht in die Gesamtrechnung ein. Beiden Spalten „Einzelpreis„bzw. „Gesamtpreis“ muss ein Preis in € oder die Angabe „Serie“ eingefügt werden.

Unter Ziffer 11.25 der Leistungsbeschreibung zu Los 1 fand sich folgende Anforderung:

Mittelsitz mit 3-Punkt-Sicherheitsgurt

Unter Ziffer 11.25 der Leistungsbeschreibung zu Los 1 fand sich folgende Anforderung:

Fahrerairbag Unter Ziffer 6.26 der Leistungsbeschreibung zu Los 2 fand sich folgende Anforderung:

Kranöse am 4. Leiterteil für kleinen Kranbetrieb (ca. 1.400 kg)

Unter Ziffer 17 der Ergänzenden Vertragsbedingungen (EVB) für Lieferungen und Dienstleistungen der Gemeinden B. F. B. G und E. am S. ist Folgendes geregelt:

Aus den vorgelegten Angebotsunterlagen muss eindeutig erkennbar sein, dass die in dem Angebot dargestellten Anforderungen erfüllt werden. Es müssen Angaben über die Konstruktion und die dafür vorgesehenen Werkstoffe sowie über die Fertigungsmethoden ausführlich dargestellt werden. Alternative Werkstoffe, Konstruktionen, Fertigungsmethoden oder Beladungen können selbstverständlich angeboten werden, aber hierbei sind deren Gleichwertigkeit oder Vorteile gegenüber den genannten Forderungen des Angebotes ausführlich zu begründen. Den notwendigen Nachweis der Gleichwertigkeit hat der Bieter zu führen.

Werden dadurch Minder- oder Mehrkosten verursacht, sind diese separat auszuweisen. Unvollständige Angebotsunterlagen können nicht berücksichtigt werden.

Neun Bieter forderten die Ausschreibungsunterlagen an, von denen drei ein Angebot für das Los 1 und zwei Bieter ein Angebot für das Los 2 abgaben. Die Antragstellerin und die Beigeladene gaben Angebote für die Lose 1 und 2 ab. Mit Schreiben vom 28.11.2014 teilten die Antragsgegnerinnen der Antragstellerin gem. § 101 a GWB mit, dass ihr Angebot für das Los 1 und 2 nicht berücksichtigt werden könne, da ein wirtschaftlicheres Angebot vorliege. Unter Berücksichtigung der zuvor bekannt gemachten Bewertungsmatrix seien insbesondere die Kriterien Einsatzfunktionalität, Erfüllung technischer Spezifikationen und Qualität maßgebend gewesen. Darüber hinaus wurde mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Auftrag frühestens in 10 Tagen an die Beigeladene zu erteilen.

Nachdem durch die Antragsgegnerinnen keine Reaktion auf die von der Antragstellerin mit Schreiben vom 02.12.2014 und 4.12.2014 vorgebrachten Rügen erfolgt war, beantragte die Antragstellerin am 05.12.2014 die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens, das bei der Vergabekammer Südbayern unter den Aktenzeichen Z3-3-3194-1-52-12/14, Z3-3-31941-53-12/14 sowie Z3-3-3194-1-54-12/14 geführt wurde.

In der mündlichen Verhandlung der Vergabekammer Südbayern vom 27.01.2015 wies der Vorsitzende die Beteiligten darauf hin, dass die Angebotswertung schon deshalb zwingend zu wiederholen sei, da die Antragsgegnerinnen von den zuvor bekannt gemachten Bewertungskriterien abgewichen seien, nicht bekanntgemachte Unterkriterien verwendet hätten und darüber hinaus die Wertung in Teilen nicht nachvollziehbar sei.

Den Antragsgegnerinnen wurde aufgegeben, bis zum 10.02.2015 mitzuteilen, ob sie durch Abhilfe - etwa durch Neuwertung oder Rückversetzung vor Versand der Vergabeunterlagen - eine Erledigung des Nachprüfungsverfahrens herbeiführen könnten. Sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladene erklärten, dass ihrem rechtlichen Begehr mit einer Neuwertung auf Basis der bekanntgegebenen Wertungskriterien Genüge getan sei.

Nachdem sich die Beteiligten mit der Vorgehensweise einverstanden erklärt hatten, stellte die Vergabekammer Südbayern jeweils mit Beschluss vom 24.02.2015 die Nachprüfungsverfahren ein.

Die Antragsgegnerinnen führten in der Folge eine Neuwertung der Angebote durch und teilten der Antragstellerin betreffend des Loses 1 und 2 in einer Mitteilung nach § 101 a GWB vom 09.06.2015 mit, dass am 05.05.2015 eine gemeinsame Sitzung der Bewertungskommission stattgefunden habe und die zuständigen Beschlussgremien beschlossen hätten, dem Ergebnis der Bewertungskommission zuzustimmen und sich dieses im Ergebnis zu eigen zu machen. Als Anlage wurde das Ergebnis der Bewertungskommission für das Los 1 und 2 beigelegt, aus dem ersichtlich war, dass weiterhin die Beigeladene den Zuschlag für beide Lose erhalten solle.

Die Antragstellerin rügte per Mail vom 12.06.2015 die durchgeführte Wertung.

Die Antragsgegnerinnen halfen mit Schreiben vom 15.06.2015 der Rüge nicht ab.

Die Antragstellerin erhob daraufhin mit Schriftsatz vom 16.6.2015 erneut einen Nachprüfungsantrag, mit dem sie eine Wiederholung der Wertung der Angebote und hilfsweise eine weitere Zurückversetzung des Vergabeverfahrens begehrte.

Zur Begründung trug die Antragstellerin vor: Die Beigeladene hätte hinsichtlich des Loses 1 zwingend ausgeschlossen werden müssen, da sie hinsichtlich der Reaktionszeit keine Angaben in Stunden gemacht habe. Die Beigeladene hätte die Reaktionszeit in Stunden angeben müssen. Dies ergebe sich aus den Bewertungsunterlagen, wonach der Anbieter mit der durchschnittlich kürzesten Reaktionszeit die Maximalpunktzahl von 10 Punkten erhalte und für je 4 h längerer Reaktionszeit ein Abzug von einem Punkt erfolge.

Die Bewertung der Antragsgegnerinnen betreffend die Lose 1 und 2 sei nicht nachvollziehbar und es seien erkennbar ergebnisorientiert zu Gunsten der Beigeladenen höhere Punktzahlen vergeben worden.

Im Einzelnen rügt die Antragstellerin hinsichtlich Los 1 folgende Bewertungen:

– Fahrverhalten: die Bewertung (Antragstellern 6 Punkte; Beigeladene 10 Punkte.) sei nicht gerechtfertigt, da das angebotene Fahrzeug der Antragstellerin sowohl mit ASR und ESP und das von der Beigeladene angebotene Fahrzeug nur mit ESP ausgestattet sein. Das ESP sei gerade Garant für Fahrstabilität und eine sichere Kurvendynamik.

– Anordnung Fahrbedienelemente: die Bewertung (Antragstellerin 5 Punkte; Beigeladene 9 Punkte) sei nicht gerechtfertigt, da auch bei dem Fahrzeug der Antragstellerin alle Schalter ergonomisch und übersichtlich im Armaturenbrett untergebracht seien.

– Ergonometrie Fahrerhaus: die Bewertung (Antragstellerin 4 Punkte; Beigeladene 9 Punkte) sei nicht nachvollziehbar, da bei dem von der Antragstellerin angebotenen Fahrzeug der Abstand von der Sitzflache bis zur Fahrerhausdecke größer als bei dem von der Beigeladenen angebotenen Fahrzeug sei. Da die Unterbringung von persönlicher Schutzausrüstung im Fahrerhaus in der Ausschreibung nicht explizit gefordert worden sei, dürfe sie auch nicht gewertet werden.

– Wartungsfreundlichkeit: es sei nicht gerechtfertigt, dass die Beigeladene die gleiche Punktzahl wie die Antragsgegnerin erhalten habe.

– Materialauswahl: aus dem Leistungsverzeichnis gehe nicht hervor, welche Stoffe verwendet werden sollen, um die Qualität der Innenraumgestaltung zu steigern. Die Antragstellerin verwende ebenfalls hochwertige Stoffe, so dass die Bewertungsunterschiede (Antragstellerin 5 Punkte; Beigeladene 10 Punkte) zwischen den beiden Fahrzeugen nicht nachvollziehbar seien. In Bezug auf die Materialauswahl gebe es bei der Beigeladenen und der Antragstellerin keine Unterschiede. Wenn doch, dann seien diese durch die Antragsgegnerinnen zu benennen. Ein persönliches Empfinden sei irrelevant. Entscheidend sei allein die Beurteilung im Hinblick auf die Einsatz- und Funktionstauglichkeit.

– Hinsichtlich der weiteren Kriterien - mit Ausnahme nächstgelegene Servicestelle und mobiler Kundendienst - habe die Antragstellerin zu Unrecht deutlich weniger Punkte bekommen, obwohl ihr Fahrzeug die Anforderungen ebenso wie das von der Beigeladenen angebotene Fahrzeug erfülle.

Obgleich das von der Antragstellerin angebotene Fahrzeug ebenso wie das von der Beigeladenen angebotene Fahrzeug alle Anforderungen erfüllt habe, habe mit Ausnahmen der Leistungsdaten, Steuerung, Podium, Funktionssicherheit das Fahrzeug der Antragstellerin hinsichtlich Los 2 zu Unrecht deutlich weniger Punkte bekommen. Insbesondere werde gerügt:

– Abstützung (Antragstellerin 6 Punkte; Beigeladene 10 Punkte): das von der Antragstellerin angebotene Fahrzeuge könne Hindernisse umfahren, was mit der Abstützung des Konkurrenz-Fahrzeuges nicht möglich sei. Die Abstützung liege flach am Boden und könne somit problemlos vom Feuerwehrmann überstiegen werden, was zur Zeitersparnis im Einsatz führe. Da bei der Abstützung alle Räder des von der Antragstellerin angebotenen Fahrzeuges auf dem Boden verblieben, werde für eine zusätzliche Standsicherheit der Drehleiter gesorgt.

– Leiterpark (Antragstellerin 5 Punkte; Beigeladene 10 Punkte): die Bewertung könne nicht nachvollzogen werden, da der Leiterpark mit -17° Unterflur und das von der Beigeladenen angebotene Fahrzeug nur bis zu einem Bereich von -15° arbeite. Die 5-teilige Leiter der Beigeladenen sei nicht kürzer als die 4-teilige Leiter der Antragstellerin. Eine Kranöse befinde sich bei der Antragstellerin im 3. Leiterteil und es könne auch der Rettungskorb für eine Leiterbrücke an der Leiter eingehängt bleiben.

– Rettungskorb (Antragstellerin 7 Punkte. Beigeladene 10 Punkte): die Antragstellerin habe wie im Leistungsverzeichnis gefordert einen 400 kg Rettungskorb angeboten, es sei nicht ersichtlich, wieso das Fahrzeug der Konkurrenz mehr Punkte erhalten habe. Beim Rettungskorb habe die Antragstellerin eine Nutzlast von 400 kg bestätigt, obwohl dieser tatsächlich eine höhere Last von 460 kg habe.

– Hauptbedienstand (Antragstellerin 5 Punkte; Beigeladene 10 Punkte): die Antragstellerin habe die neueste Technik angeboten. Bezüglich des Hauptbedienstandes werde gefordert, dass dieser absturzsicher und wetterbeständig sei. Dies sei zu 100% erfüllt. Eine notwendige Überdachung habe nichts mit der Wetterbeständigkeit zu tun und es werde auch im LV nicht gefordert, dass der Maschinist einen Wetterschutz haben müsse. Auch sei der Sitz der Antragstellerin der größte bzw. breiteste Sitz auf dem Markt, der serienmäßig mitschwenkbar sei und sich auch mitneige.

– Nähe des Kundendienstzentrums (Antragstellerin 0 Punkte; Beigeladene 10 Punkte): der Antragstellerin sei es nicht bekannt, dass die Beigeladene eine Werkstatt für Aufbau und Drehleiterpark im Umkreis von 23 km von den drei betroffenen Gemeinden habe. Gefragt worden sei nach dem Kundendienstzentrum, dass sich bei der Beigeladenen in Karlsruhe und bei der Antragstellerin in Ulm befinde. Die Auftraggeberinnen vermischten hier Service- und Kundendienst. Nur im Los 1 werde auf die nächstgelegene Servicestelle abgestellt. Beim Los 2 sei die Nähe des Kundendienstzentrums maßgeblich.

– Es sei zu beanstanden, dass nicht mitgeteilt worden sei, dass die Bewertung auf Grundlage der vorangegangenen Besichtigungen aller drei Fahrgestelle und von 15 Maschinisten der drei Feuerwehren durchgeführten ausgiebigen Probefahrten erfolgt seien. Von einer Vorbewertung durch 15 Maschinisten der drei Feuerwehren, die dann Grundlage für die eigentliche Bewertung der Bewertungskommission seien, sei im Leistungsverzeichnis nicht die Rede. Weiter mangle es auch an der notwendigen Begründung.

Die Antragsgegnerinnen und die Beigeladene haben beantragt, den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerinnen haben zur Begründung vorgetragen:

Ein Ausschluss des Angebotes der Beigeladenen sei weder geboten, noch wäre ein Ausschluss gerechtfertigt, da diese die Reaktionszeit nicht mit Stunden, sondern mit „sofort“ angegeben habe. Das Angebot sei insoweit nicht unvollständig, da die Reaktionszeit „sofort“ eine unmittelbare unverzügliche Reaktion auf eingegangene Störungsmeldungen bedeute. Eine Reaktionszeit sei die Zeit, innerhalb derer auf eine Meldung/Anforderung des Kunden reagiert werde. Sofort bedeute, dass unmittelbar, nicht erst nach einer oder mehreren Stunden eine Reaktion erfolge.

Die Vergabe der Punkte bei Los 1 sei gerechtfertigt:

– Fahrverhalten: Beim Fahrverhalten seien Fahrverhalten, kurvendynamisches Verhalten, Bremsverhalten und Geländetauglichkeit bewertet worden. ESP sei ein System gegen Untersteuern und Übersteuern. Es korrigiere Fahrfehler, die zum Schleudern in Kurven fahren. Dies sei im Hinblick auf Fahrstabilität und kurvendynamisches Verhalten für die Antragsgegner nicht relevant gewesen. Den Ausschlag habe gegeben, dass das Fahrgestell der Beigeladenen eine straffe Federung aufweise und dadurch beim Geradeauslauf wankstabil sei. Das von der Antragstellerin angebotene Fahrgestell vermittelte demgegenüber ein eher schwammiges kurvendynamisches Verhalten. Dass das Fahrzeug der Antragstellerin noch über ESP verfüge, habe auf das Empfinden der Mitglieder der Bewertungskommission keinen Einfluss gehabt.

– Fahrerbedienelemente: Die Mitglieder der Bewertungskommission hätten die Schalteranordnung bei der Beigeladenen übersichtlicher empfunden. Als sehr positiv sei es jedoch von den Mitgliedern der Bewertungskommission empfunden worden, dass bei der Beigeladenen die Symbolik selbsterklärend sei. Beim Fahrzeug der Antragstellerin sei festgestellt worden, dass die Symbolik weniger selbsterklärend sei und es hinsichtlich Schalteranordnung und Symbolik deshalb geringe Defizite gegenüber dem der Konkurrenz aufweise. Negativ sei bewertet worden, dass bei dem Fahrzeug der Antragstellerin die wenigste Bein-und Fußfreiheit vorliege.

– Bedienung Getriebe und des Verteilergetriebe: Es bleibe festzustellen, dass die Bedienung beim Fahrzeug der Beigeladenen für ungeübte Fahrer logischer als beim Fahrzeug der Antragstellerin sei. Da immer wieder ungeübte Fahrer zum Einsatz kämen, sei dies für die Bewertungskommission von ausschlaggebender Bedeutung gewesen.

– Ergonometrie Fahrerhaus: Der Abstand der Sitzfläche bis zur Fahrerhausdecke sei nicht als positiv erachtet worden. Wichtig sei vielmehr gewesen, dass das Mercedes-Fahrzeug eine um einiges geräumigere Kabine aufweise als das Fahrzeug der Antragstellerin, was vor allem wegen der mitzuführenden Schutzausrüstungsgegenstände wichtig sei. Nicht unwesentlich sei auch gewesen, dass der Einstieg, der bei der Antragstellerin durch das Lenkrad beengt sei, beim Daimler-Fahrzeug komfortabler für korpulente Fahrer sei. Auch sei bei der Antragstellerin der Einstieg deutlich höher und damit unkomfortabler und die Kabine des Mercedes übersichtlicher.

– Wartungsfreundlichkeit: Bezüglich der Wartungsfreundlichkeit seien bei allen drei getesteten Fahrgestellen kaum Unterschiede festgestellt worden. Da kleinere Defizite vorgelegen hätten, sei jeweils nicht die volle Punktzahl vergeben worden.

– Materialauswahl: Das angebotene Fahrzeug der Beigeladenen habe die bessere Bepunktung erhalten, da bei diesem hochwertigere Materialien verwendet werden würden.

Die vorgenommene Wertung beim Los 2 sei ebenfalls nicht vergaberechtswidrig erfolgt:

– Abstützung: Die Waagrecht-Senkrecht-Abstützung der von der Beigeladenen angebotenen Leiter sei gegenüber der des Fahrzeugs der Antragstellerin in zweierlei Hinsicht als vorteilhaft empfunden worden: So könnten Hindernisse „überfahren“ werden. Des Weiteren könne durch einseitiges Anheben des Fahrgestells der Unterflurbereich erweitert werden.

– Leiterpark: Zwar sei es richtig, dass der Leiterpark der Antragstellerin mit -17 0 unter Flur ohne Anheben bzw. Schrägstellen des Fahrzeugs arbeite und der Leiterpark der Beigeladenen nur - 15° ermögliche. Dies sei für die Mitglieder des Bewertungsgremiums nicht so relevant gewesen als dass dadurch die Punktevergabe positiv beeinflusst worden wäre. Positiv gesehen worden sei hingegen, dass die 5-teilige Leiter der Konkurrenz insgesamt kürzer sei und dadurch beim Schwenken in horizontaler Lage wesentlich weniger Platz brauche als die Leiter der Antragstellerin. Auch könne die Antragstellerin keine Kranöse am 4. Leiterteil liefern, wodurch ein „Kleiner Kranbetrieb“ nicht möglich sei. Auch die Durchstiegsbreite des letzten Leiterteils sei bei der Beigeladenen etwas breiter und somit leichter mit Schutzkleidung zu durchsteigen. Beim Einsatz der Leiterbrücke müsse bei der Antragstellerin im Gegensatz zur Beigeladenen der Korb am Leiterpark abgenommen werden.

– Rettungskorb: Der Rettungskorb der Beigeladenen weise eine um 50 kg höhere Nutzlast im Korb auf, was im Hinblick auf die Personenrettung einen deutlichen Vorteil biete.

– Hauptbedienstand: Als wesentlicher Nachteil bei der Antragstellerin sei gewertet worden, dass am Hauptbedienstand für den Maschinisten kein ausreichender Wetterschutz dargestellt werden könne. Hier stehe nur eine Abdeckhaube zur Verfügung. Die Beizuladende biete einen großen Wetterschutz und der Sitz des Hauptbedienstandes sei breiter und neige sich zudem mit, was einen größeren Komfort darstelle. Die Technik allein könne keine Vorteile gegenüber der Beigeladenen bieten, da diese auch von der Beigeladenen angeboten werde.

– Nähe des Kundendienstzentrums.' Auch sei das Kundendienstzentrum korrekt bepunktet worden. Bei der Antragstellerin liege die nächste Servicestelle im Durchschnitt 308 km entfernt. Bei der Beigeladenen betrage die Entfernung 23 km.

Die Beigeladene hat zur Begründung vorgetragen:

Die Antragstellerin sei bezogen auf das Los 2 nicht antragsbefugt, da ihr Angebot diesbezüglich gem. § 19 EG Abs. 3 d VOL/A zwingend auszuschließen sei. Der Leiterparkt der Antragstellerin erfülle die Anforderungen der LV-Position 6.26 „Kranöse am 4. Leiterteil für kleinen Kranbetrieb (ca. 1.400 kg)“ nicht. Da die Antragstellerin diese Forderung vor Angebotsabgabe nicht gerügt habe, könne sie nicht damit gehört werden, dass ihr Leiterpark der aus einem vierteiligen Leitersatz bestehe, durch den Verbau einer „Lastöse“ im 3. Leiterteil einen gleichwertigen Kranbetrieb gewährleiste. Ein Angebot, das die zwingenden Vorgaben des Leistungsverzeichnisses nicht erfülle, stelle eine Änderung an den Vertragsunterlagen im Sinne des § 19 EG Abs. 3 VOL/A dar. Die Antragsgegnerinnen seien verpflichtet, das Angebot der Antragstellerin für das Los 2 auszuschließen.

Die Besetzung der Wertungskommission habe die Antragstellerin trotz Kenntnis vor Einleitung des Vergabeverfahrens ebenso wenig gerügt, wie die Art und Weise der Kenntnisverschaffung von den Fahrzeugeigenschaften durch Vorführungen und Probefahrten. Beides sei der Antragstellerin aufgrund des Protokolls vom 05.05.2015 bekannt gewesen. Sie sei daher mit diesen Beanstandungen im Nachprüfungsverfahren präkludiert.

Gleiches gelte für die Rüge, dass bei der Wertung der Ergonomie des Fahrerhauses die Unterbringung der persönlichen Schutzausrüstung nicht hätte gewertet werden dürfen, weil das Leistungsverzeichnis hierzu nichts aussage und auch der Wetterschutz des Hauptsteuerplatzes keine Vorgabe des Leistungsverzeichnisses sei.

Präkludiert sei die Antragstellerin auch mit der Rüge, dass die Wertung nicht hinreichend dokumentiert sei. Der Umfang der Dokumentation ergebe sich aus dem Protokoll vom 05.05.2015. Neue Erkenntnisse habe die Antragstellerin aus dem Vergabenachprüfungsverfahren nicht hinzugewinnen können. Beanstandungen hinsichtlich der Transparenz des Unterkriteriums „Materialauswahl“ beim Los 1 seien verspätet und hätten bis zum Ablauf der Angebotsfrist gerügt werden müssen.

Der Nachprüfungsantrag sei aber auch unbegründet. Die Wertung der Angebote sei zwar nicht frei von Rechtsfehlern. Diese wirkten sich jedoch nicht zu Gunsten der Antragstellerin aus.

Ein Ausschluss des eigenen Angebotes komme nicht in Frage, da in der Ausschreibung nur die Angabe von Reaktionszeiten gefordert werde. Wie diese Angabe zu tätigen sei, werde nicht vorgegeben. Ebenso wenig sei der Begriff Reaktionszeit definiert. Ein Ausschluss aufgrund unklarer und unpräziser Angaben sei aber mit dem Transparenzgrundsatz nicht vereinbar. Liege ein Ausschlussgrund nicht vor, habe eine Wertung des Angebotes auch bezogen auf das Wertungskriterium stattzufinden. Die Beigeladene habe mithin einen Anspruch, dass ihr Angebot bei beiden Losen ausgelegt werde. Die Auslegung ergebe, dass mit dem Adverb „sofort“ eine Reaktionszeit von weniger als einer Stunde gemeint sei. Demnach sei die Wertung mit null Punkten unzutreffend. Da man dies gegenüber den Antragsgegnerinnen gerügt habe, gehe man davon aus, dass eine Korrektur vorgenommen werde.

Da die Antragsgegnerinnen die bekannt gemachten Wertungskriterien und Unterkriterien angewandt und keine weiteren Unterkriterien eingeführt hätten, beschränke sich die Überprüfung der Wertungsentscheidung darauf, ob ein unzutreffender Sachverhalt bewertet worden sei und ob keine sachwidrigen Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen seien.

Hinsichtlich des Loses 1 werde im einzelnen angemerkt:

– Fahrverhalten: Die Fahrstabilität ESP wirke sich nur in Grenzbereichen auf die Fahrsicherheit positiv aus und lasse sich bei Probefahrten nicht simulieren. Die Antragsgegner hätten bei der Einsatzfunktionalität nicht auf die Fahrsicherheit im Grenzbereich abgestellt, sondern auf die Fahrstabilität und das kurvendynamische Verhalten im täglichen Einsatz. Die Beurteilung der Federung und der Wagenstabilität beruhe auf den durchgeführten Fahrten mit den jeweiligen Fahrzeugen.

– Anordnung Fahrbedienelemente: Die Einschätzung des Gremiums, dass bei dem Fahrgestell der Beigeladenen Symbolik und Schalteranordnung am besten sei, sei nicht zu beanstanden. Es gehe bei der Beurteilung nicht um Maß und Zahl, sondern um das intuitive Zurechtfinden. Die Wertung der Bedienung der Pedale mit Einsatzstiefeln sei nicht zu beanstanden. Unterschiede bezogen auf die Schwergängigkeit und die Abstände zwischen den Pedalen, die wichtig für die Vermeidung von Fehlbedienungen seien, müssten auch bewertet werden.

– Bedienung des Getriebes und Verteilergetriebe: Dass bei der Bedienung des Getriebes auch berücksichtigt werde, dass das Fahrzeug von ungeübten Fahrern bedient werde, hätte nach Zugang des Protokolls vom 05.05.2015 gerügt werden müssen. Das Kriterium sei aber auch nicht fehlerhaft, da es auf der Hand liege, dass positiv bewertet werde, wenn sich ungeübte Fahrer gut zu Recht fänden.

– Ergonomie Fahrerhaus: Auch die Bewertung dieses Unterkriteriums sei nicht fehlerhaft. Dass persönliche Schutzausrüstungen mit ins Fahrerhaus genommen würden und griffbereit untergebracht werden müssten, sei selbstverständlich und nicht sachfremd. Auch werde darauf hingewiesen, dass sich die Leichtigkeit des Ein-und Ausstiegs des Fahrers nicht nach dem Abstand vom Lenkrad zur Rücklehne beurteile. Es gehe darum, wie der Fahrer ins Fahrerhaus gelange, bevor er sitze. Hier sei der vorhandene Platz bei der Antragstellerin ungünstiger gestaltet.

– Materialwahl: Die Rüge der Intransparenz des Unterkriteriums sei verspätet und es sei festzustellen, dass bei der Antragstellerin im Innenraum noch immer viel Hartplastik verarbeitet sei. Auch seien Knister- und Klappergeräusche beim Befahren von schlechten Verkehrswegen zu hören.

Die Vergabekammer wies mit Beschluss vom 16.9.2015 den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurück.

Die Vergabekammer führte zur Begründung aus: der Antrag sei nicht begründet, da die Angebote der Antragstellerin in beiden Losen zwingend von der Wertung auszuschließen seien, während die Angebote der Beigeladenen in der Bewertung verbleiben könnten.

Das Angebot der Antragstellerin in Los 1 sei gemäß § 19 EG Abs. 3 d VOL/A zwingend von der Wertung auszuschließen, weil es zumindest in der Position 11.25 Fahrerairbag ein gefordertes Leistungsmerkmal nicht erfülle und auch keinen Nachweis der Gleichwertigkeit erbringen könne. Zudem habe die Antragstellerin im Los 1 weitere Anforderungen der Leistungsbeschreibung mit „Nein“ angekreuzt und dem Angebot keinen Nachweis der Gleichwertigkeit beigefügt. Dies führe - falls der Nachweis der Gleichwertigkeit insoweit überhaupt zu erbringen wäre - jedenfalls zu einem Ausschluss wegen fehlender Erklärungen gem. § 19 EG Abs. 3 a) VOL/A. Gleiches gelte für Los 2, wo das Angebot der Antragstellerin keine Lastöse am 4. Leiterteil biete, wie in der Position 6.26 gefordert. Da sie zu keinem Zeitpunkt im Verfahren einen Nachweis der Gleichwertigkeit erbracht habe, sei ihr Angebot jedenfalls nach § 19 EG Abs. 3 a) VOL/A wegen einer fehlenden Erklärung zwingend auszuschließen, ohne dass es darauf ankomme, ob sie den Nachweis der Gleichwertigkeit erbringen hätte können.

Das Angebot der Antragstellerin könne auch nicht deshalb in der Wertung verbleiben, weil das Wertungssystem der Antragsgegnerinnen in Bezug auf Abweichungen von der Leistungsbeschreibung in sich widersprüchlich sei. Nach der Vorbemerkung zur Leistungsbeschreibung sollten fehlende Leistungsmerkmale zwingend zum Ausschluss des abgegebenen Angebots führen. Daran ändere weder das Verhalten der Antragsgegnerinnen noch die Existenz des Zuschlagskriteriums „Erfüllungsgrad technischer Spezifikationen“ etwas. Die Antragsgegnerinnen hätten allerdings unter Nichtbeachtung ihrer eigenen EVB von der Leistungsbeschreibung abweichende Angebote unabhängig vom Nachweis der Gleichwertigkeit in der Wertung belassen und sie lediglich im Zuschlagskriterium „Erfüllungsgrad technischer Spezifikationen“ abgewertet. Nur bei diesem Verständnis der Vergabeunterlagen sei auch das Zuschlagskriterium „Erfüllungsgrad technischer Spezifikationen“ sinnvoll. Dieses gelebte Verständnis der Vergabeunterlagen sei aber mit dem Wortlaut der Leistungsbeschreibung und der EVB nicht vereinbar.

Dass in der Position 6.26 wohl die vergaberechtswidrige verdeckte produktspezifische Ausschreibung eines Alleinstellungsmerkmals der Leiter der Beigeladenen liege, ändere daran nichts, weil die insoweit sachkundige Antragstellerin dies nicht vor Angebotsabgabe gerügt habe. Auch dies stelle die Antragstellerin nicht davon frei, den Antragsgegnerinnen Unterlagen zur Verfügung zu stellen, mit denen sie die Gleichwertigkeit ihres Angebots überprüfen können.

Die Angebote der Beigeladenen in beiden Losen könnten nicht wegen einer inhaltlich unzureichenden Erklärung gem. § 19 EG Abs. 3 a) VOL/A ausgeschlossen werden, weil die Beigeladene beim Zuschlagskriterium Reaktionszeit „sofort' eingetragen habe und keine Angabe in einer bestimmten Zeiteinheit (Stunden, Minuten, Tage) gemacht habe. Die unbestimmte Zeitangabe „sofort“ sei im vorliegenden Fall einer Auslegung zugänglich, so dass eine Wertung der Reaktionszeiten durch die Antragsgegnerinnen möglich gewesen sei. Mit dem Adverb „sofort“ sei nach dem üblichen Sprachgebrauch eine Reaktionszeit von weniger als einer Stunde gemeint. Dass die Beigeladene die nicht näher spezifizierte Angabe der Reaktionszeit als Zeit bis ihre telefonische Hotline reagiere interpretiert habe und nicht wie die Antragstellerin als den Zeitraum, bis der Servicetechniker bei den Antragsgegnerinnen eintreffe, könne nicht zu ihren Lasten gehen, weil ihre Interpretation der Vorgabe vertretbar gewesen sei. Dass damit auch die von den Antragsgegnerinnen vorgenommene Wertung mit null Punkten unzutreffend sei, spiele keine Rolle mehr, da das Angebot der Beigeladenen zumindest in Los 2 als einziges Angebot im Verfahren verbleibe.

Die Beigeladene habe in ihrem Angebot zu Los 2 auch keine inhaltlich unzutreffenden Angaben in Bezug auf das dort geforderte Kundendienstzentrum gemacht. Die dort gemachten Kilometerangaben bezögen sich auf eine Firma, die als Servicepartner der Beigeladenen regelmäßig wiederkehrende Servicebzw. Kundendienstleistungen bezogen auf das Los 2 erbringe. Dazu sei nach Angaben der Beigeladenen kein Verbringen des Fahrzeugs in das Werk Karlsruhe oder ins österreichische Leonding erforderlich.

Aus diesem Grund spiele es auch keine Rolle mehr, dass das Vergabeverfahren nach wie vor in erheblichem Maße fehlerhaft durchgeführt wurde. Neben der widersprüchlichen Wertungssystematik bei Abweichungen von den Vorgaben der Leistungsbeschreibung und den an mehreren Stellen der Leistungsbeschreibung verdeckt geforderten vorhandenen Alleinstellungsmerkmalen der Produkte der Beigeladenen, sei auch das Wertungssystem bereits per se intransparent. Die insbesondere in Los 2 sehr allgemein gehaltenen Wertungskriterien (z.B. Einsatzfunktionalität in Bezug auf Abstütztechnik, Leiterpark, Funktionssicherheit oder Ausführung Hauptbedienstand) verhinderten es zusammen mit fehlenden Angaben, nach welchen Kriterien die Bepunktung zwischen 1 und 10 vorgenommen werde, die konkrete Punktevergabe auch nur ansatzweise nachzuvollziehen. Der Bewertungskommission sei so ein nahezu unbegrenzter Spielraum verblieben anhand von oft subjektiven, nicht objektivierbaren Kriterien Punktabzüge in beliebiger Höhe beim - von ihr wohl von Anfang an abgelehnten - Angebot der Antragstellerin vorzunehmen. Dass dabei auch wieder nicht bekanntgegebene Aspekte eine Rolle gespielt haben, die hätten bekanntgegeben werden müssen (wie die Kriterien bei der Materialauswahl, die Be-dienbarkeit für ungeübte Fahrer und der Wetterschutz am Hauptbedienstand), sei bei einer so vorgenommenen Wertung von vorneherein kaum zu verhindern. Auch die Dokumentation sei unzureichend, weil das konkrete Prozedere der Testungen und die in die Wertung eingeflossenen Bewertungen aller testenden Feuerwehrleute sowie deren Identität hätten festgehalten werden müssen.

Die Antragstellerin legte gegen den Beschluss der Vergabekammer mit Schriftsatz vom 16.10.2015 sofortige Beschwerde ein und führte zur Begründung aus:

Die Angebote der Antragstellerin dürften nicht ausgeschlossen werden. Es sei zwar zutreffend, dass die Antragstellerin hinsichtlich der Lose und 1 und 2 die genannten Punkte nicht mit Ja angekreuzt habe. Aufgrund der Unwirksamkeit der intransparenten Klausel Ziff. 18 EVB nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB seien Nebenangebote auch ohne Hauptangebot und auch ohne Gleichwertigkeitsnachweis zulässig gewesen. Ebenso handle es sich bei Ziff. 17 EVB um eine überraschende und daher unwirksame Klausel. Auch bezögen sich die EVB nicht auf Regelungen in Bezug auf die Vergabe oder der Teilnahme daran. Dies werde auch daraus deutlich, dass nach Satz 2 im Vorwort zum Leistungsverzeichnis vom Bieter mit Ja oder Nein anzukreuzen sei, ob bei dem angebotenen Fahrgestell bzw. Leiter die einzelnen Leistungsmerkmale vorhanden seien. Ein Ankreuzen mit „Nein“ führe nach dem Verständnishorizont eines objektiven Dritten auch nicht zu einem möglichen Ausschluss nach S. 3, da dort nicht auf das Ausfüllen eines Feldes mit „Nein“ sondern ein tatsächliches fehlendes Leistungsmerkmal als Ausschlussgrund abgestellt werde. Die diesbezüglichen Leistungsmerkmale würden jedoch gerade von der Antragstellerin tatsächlich und nachweislich erfüllt, eben nur mit gleichwertigen Merkmalen. Im Übrigen hätten die Antragsgegnerinnen die Nebenangebote der Antragstellerin, die gleichwertige Gegenstände im Sinne des §§ 9 Nr. 10 S. 2 VOB/A betroffen hätten, nicht ausschließen dürfen.

Entgegen den Ausführungen der Vergabekammer seien die Angebote der Beigeladene in beiden Losen zwingend auszuschließen. Das Angebot der Beigeladenen sei auszuschließen, da hinsichtlich des Zuschlagskriteriums Reaktionszeit keine Angaben in Stunden erfolgt seien. Der Begriff „sofort“ könne nicht dahingehend ausgelegt werden, dass nach dem üblichen Sprachgebrauch eine Reaktionszeit von weniger als einer Stunde gemeint sei. Vielmehr sei der Begriff dahingehend zu verstehen, dass eine augenblickliche Reaktion, die tatsächlich gar nicht möglich sei, erfolge. Die Angaben der Beigeladenen seien als vorsätzlich falsch anzusehen und müssten zum Ausschluss der Beigeladenen wegen Unzuverlässigkeit führen.

Die Angaben der Beigeladenen zu der Entfernung eines Kundendienstzentrums seien unzutreffend. In Los 1 werde von einer Servicestelle und in Los 2 von einem Kundendienstzentrum gesprochen. Daraus folge, dass es zwischen den beiden Stellen einen Unterschied geben müsse. Das Kundendienstzentrum der Antragstellerin sei in Ulm und das der Beigeladenen in Karlsruhe.

Im Übrigen würden weiter sämtliche Vergaberechtsverstöße, die Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens gewesen seien, angegriffen. Insoweit werde auf die Ausführung der Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren verwiesen.

Die Antragstellerin beantragt,

  • 1.Der Beschluss der Vergabekammer Südbayern bei der Regierung von Oberbayern vom 30.9.2015 wird aufgehoben.

  • 2.Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist.

  • 3.Die Prüfung und Wertung der Angebote ist unter Beachtung der Rechtsauffassung des OLG München zu wiederholen.

Hilfsweise: Das Verfahren ist in den früheren Zustand zurückzuversetzen und eine Fortführung unter Beachtung der Rechtsauffassung des OLG München anzuordnen.

Weiter hilfsweise: Das Verfahren ist aufzuheben und bei fortbestehender Beschaffungsabsicht eine Neudurchführung unter Beachtung der Rechtsauffassung des OLG München anzuordnen.

Weiter hilfsweise: Es werden geeignete Maßnahmen getroffen, um die festgestellten Rechtsverletzungen zu beseitigen.

Die Antragsgegnerinnen beantragen die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde und tragen zur Begründung vor:

Die Vergabekammer habe den Nachprüfungsantrag zu Recht zurückgewiesen. Die Angebote der Antragstellerin seien, wie von der Vergabekammer zutreffend ausgeführt, in beiden Losen zwingend auszuschließen gewesen. Bei den Regelungen in Ziff. 17 und Ziff. 18 der EVB handele es sich nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen, da diese Bedingungen seitens der Antragsgegnerinnen nur zur einmaligen Verwendung vorgesehen seien.

Den Ausführungen der Vergabekammer, dass die Angebote der Beigeladenen in beiden Losen zu Recht gewertet worden seien, werde beigepflichtet.

Auch wenn es aufgrund des zwingenden Ausschlusses der Angebote der Antragstellerin nicht mehr auf die von der Antragstellerin gerügte Wertung ankäme, seien die Antragsgegnerinnen gleichwohl der Auffassung, dass die Wertung rechtskonform und zutreffend und mit einem großen Aufwand an Sorgfalt durchgeführt worden sei.

Die Beigeladene stellte in der mündlichen Verhandlung vor dem Vergabesenat keinen Antrag, schriftsätzlich trug sie vor:

Die Vergabekammer sei zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass die Angebote der Antragstellerin zwingend wegen Nichterfüllung geforderter Leistungsmerkmale auszuschließen seien. Ein fachkundiger Bieter habe nicht davon ausgehen dürfen, dass statt dem im Leistungsverzeichnis in Fettdruck angekündigten zwingenden Ausschluss seines Angebotes bei der Nichterfüllung der Leistungsmerkmale lediglich eine negative Bewertung wegen Nichterfüllung von technischen Spezifikationen erfolge.

Die Angebote der Antragstellerin könnten auch nicht als Nebenangebote oder alternative Angebote gewertet werden, da keine Nachweise der Gleichwertigkeit vorgelegt worden seien. Sofern die maßgeblichen Bestimmungen der EVB unwirksam seien, seien Nebenangebote ohnehin unzulässig.

Einen Ausschluss der Beigeladenen habe die Vergabekammer zu Recht abgelehnt. Die Auffassung der Antragstellerin, bei der Reaktionszeit hätte eine Zeiteinheit angegeben werden müssen, sei durch die Vorgaben der Ausschreibung nicht gedeckt. Die Entfernungsangaben zum nächsten Kundendienstzentrum für das Los 2 seien nicht zu beanstanden, da die Antragsgegnerinnen inhaltlich nicht zwischen Servicestellen und Kundendienstzentren unterscheiden würden.

Die unterschiedlichen Wertungen der Angebote der Antragstellerin und der Beigeladenen seien bezogen auf die einzelnen Unterkriterien sachlich gerechtfertigt. Die Wertung sei nur dahingehend zu korrigieren, dass die Beigeladene auf das Unterkriterium Reaktionszeit 10 Punkte erhalten müsse.

Mit Beschluss vom 29.10.2015 hat der Senat die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde bis zur Entscheidung über diese Beschwerde verlängert und am 3.12.2015 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift von diesem Tage wird ebenso Bezug genommen wie auf den gesamten Akteninhalt.

B.

Die zulässige Beschwerde erwies sich als begründet.

Der Beschwerde der Antragstellerin war im Hilfsantrag stattzugeben, da das Angebot der Antragstellerin nicht von dem Vergabeverfahren ausgeschlossen werden durfte. Da auch ein Ausschluss des Angebotes der Beigeladenen nicht in Betracht kam, die Bewertung nicht nachvollzogen werden kann und das Vergabeverfahren an schwerwiegenden Mängeln leidet, war das Vergabeverfahren aufzuheben.

I. Das Angebot der Antragstellerin durfte in beiden Losen nicht wegen Abweichungen von dem Leistungsverzeichnis ausgeschlossen werden.

Die Voraussetzungen für einen Ausschluss liegen nicht vor, da die Vergabebedingungen widersprüchlich waren und das Verständnis der Antragstellerin, dass die Nichterfüllung eines in der Leistungsbeschreibung enthaltenen Merkmals, nicht zwingend zu einem Ausschluss führt, nicht fernliegend ist.

1. Grundvoraussetzung eines jeden ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens ist das Vorliegen eindeutiger und widerspruchsfreier Vergabeunterlagen (§ 7 EG Abs. 1 VOL/A). Welcher Erklärungswert Angebotsunterlagen zukommt, ist anhand der für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätze {§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln. In Anbetracht der Ausschlusssanktion müssen die Bieter diesen Unterlagen klar entnehmen können, welche Erklärungen und Leistungsangebote im Zusammenhang mit der Angebotsabgabe verlangt werden. Bedürfen die Vergabeunterlagen der Auslegung, ist dafür der objektive Empfängerhorizont der potenziellen Bieter, also eines abstrakt bestimmten Adressatenkreises, maßgeblich.

2. Die Vergabebedingungen der Antragsgegnerinnen waren widersprüchlich. Einerseits wurde in der Vorbemerkung der Leistungsbeschreibung darauf hingewiesen, dass ein fehlendes Leistungsmerkmal zwingend zum Ausschluss des abgegebenen Angebots führt. Andererseits hatte der Bieter unter der Rubrik „erfüllt“ Ja oder Nein anzukreuzen, wobei hinsichtlich Los 1 für die allgemeinen Anforderungen (Fahrgestell) diese Rubrik nicht vorgesehen war. Allerdings wird auch in Los 2 zwischen den allgemeinen und sonstigen Anforderungen unterschieden. Weiter war als Zuschlagskriterium die „Erfüllung technischer Spezifikationen“ benannt und die Punktbewertung sollte anhand des prozentualen Erfüllungsgrades der in der Leistungsbeschreibung geforderten technischen Spezifikationen erfolgen. Es kommt hinzu, dass die Leistungsbeschreibung zwischen allgemeinen Anforderungen und weiteren Anforderungen unterscheidet. Die allgemeinen Anforderungen betrafen hinsichtlich Los 1 das näher beschriebene Fahrgestell und hinsichtlich Los 2 den näher beschriebenen Drehleiterpark. Die folgenden Anforderungen betrafen detailliertere Beschreibungen zu der technischen Ausstattung, der Bedienbarkeit und Innenausstattung des Fahrzeuges bzw. Ausstattung des Drehleiterparks, wobei die Anforderungen teilweise sehr unterschiedliche Merkmale, wie z.B. ABS oder Ablagefläche, betreffen.

3. Nach Auffassung des Senates war angesichts der Gestaltung der Leistungsbeschreibung und der benannten Zuschlagskriterien auch für einen durchschnittlichen Bieter nicht hinreichend klar, ob das Ankreuzen einer Leistungsbeschreibung mit „Nein“ zwingend zum Ausschluss oder lediglich zu einer Abwertung im Rahmen des Zuschlagskriteriums „Erfüllung technischer Spezifikation“ führt. Es ist nicht unvertretbar und nicht fernliegend, dass ein durchschnittlicher Bieter im Gesamtkontext die Vergabeunterlagen dahingehend versteht, dass die Nichterfüllung einer der genannten Leistungsanforderungen - ausgenommen die allgemeinen Leistungsanforderungen - nicht zu einem Ausschluss, sondern lediglich zu einer Abwertung im Rahmen des maßgeblichen Zuschlagskriteriums führt. Für dieses Verständnis spricht auch, dass es sich teilweise um im Gesamtkontext wenig bedeutsame technische Spezifikationen und Ausstattungsmerkmale gehandelt hat, wie z.B. Radiovorbereitung, Ablagen, Fußmatten etc.. Weiter war zu beachten, dass die Vergabestelle dieses Verständnis ihrer Wertung zugrunde gelegt hat und dass in dem ersten Nachprüfungsverfahren offensichtlich ein zwingender Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin nicht problematisiert wurde und auf Anregung der Vergabekammer lediglich die Wertung wiederholt wurde.

Entscheidend ist jedoch, dass das Verständnis der Antragstellerin in Übereinstimmung mit dem Verständnis der Vergabestelle steht und das Wertungskriterium „Erfüllung technischer Spezifikationen“ sinnwidrig ist, wenn bei Nichterfüllung einer dieser Leistungsanforderungen das Angebot eines Bieters gar nicht mehr in die Wertung gelangen kann.

II. Der Senat folgt der Auffassung der Vergabekammer, dass die Voraussetzungen für einen Ausschluss der Angebote der Beigeladenen in Los 1 und 2 nicht vorliegen. Auch hier gilt zugunsten des Bieters, dass die Vorgaben in der Leistungsbeschreibung nicht hinreichend bestimmt waren und das Verständnis der Beigeladenen von den betreffenden Beschreibungen nicht fernliegend war.

Die Beigeladene hat in die Rubriken „Reaktionszeiten innerhalb und außerhalb der Arbeitszeiten“ jeweils „sofort“ eingetragen. Auch wenn es näher gelegen hätte, für die Reaktionszeit eine konkrete Zeiteinheit einzutragen, da bei einer Differenz von mehr als vier Stunden zu der Reaktionszeit des Anbieters der kürzesten Reaktionszeit ein Abzug von einem Punkt erfolgen sollte. Allerdings ist mit der Angabe „sofort“ verbunden, dass eine schnellstmögliche und zeitnahe Reaktion versprochen wird. Es kommt hinzu, dass einiges dafür spricht, dass die Beigeladene die Reaktionszeit als telefonische Reaktion auf einen Telefonanruf oder sonstige Meldung der Antragsgegnerin verstanden hat und die Leistungsbeschreibung keine genauen Angabe enthält, welche Reaktion innerhalb der anzugebenden Zeit genau erwartet wird.

2. Ein Ausschluss der Beigeladenen in Los 2 wegen unzutreffender Angaben der Entfernung zu dem geforderten Kundendienstzentrum scheidet aus, da in den Vergabeunterlagen nicht näher spezifiziert war, welche Leistungen die Antragsgegnerin von einem Servicebzw. Kundendienstleistungszentrum erwartet und wie die Vergabekammer zutreffend dargelegt hat, das Begriffsverständnis der Beigeladenen insoweit zumindest vertretbar und nicht fernliegend war.

III. Die Vergabeentscheidung kann jedoch keinen Bestand haben, da weder bei Los 1 noch Los 2 die Bewertungen nachvollzogen werden können.

1. Der Vergabekammer ist beizupflichten, dass die Antragstellerin mit Schreiben vom 12.6.2015 und 16.6.2015 in ausreichendem Maße und rechtzeitig betreffend der Lose 1 und 2 gerügt habe, dass nicht nachvollziehbar und erkennbar ergebnisorientiert zu Gunsten der Beigeladenen höhere Punktzahlen vergeben worden seien, sowie im Rügeschreiben vom 16.6.2015 ausreichend gerügt worden sei, dass aus dem Protokoll zur Sitzung der Bewertungskommission nicht hervorgehe, welche Punktzahlen konkret in welcher Abstufung zur Beigeladenen in Bezug auf welches Mehr- oder Weniger-Erfülltsein mit welcher Begründung vergeben worden seien.

2. Bei der Erstellung der Verdingungsunterlagen der Zuschlagskriterien sind folgende Grundsätze zu beachten: Der öffentliche Auftraggeber hat in den Verdingungsunterlagen oder in der Vergabebekanntmachung alle Zuschlagskriterien anzugeben, deren Verwendung er vorsieht, möglichst in der Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung. Umgekehrt darf der Auftraggeber keine Unterkriterien oder Gewichtungsregeln anwenden, die er den am Auftrag interessierten Unternehmen nicht vorher zur Kenntnis gebracht hat. Unter Unterkriterien werden Kriterien verstanden, die die eigentlichen Zuschlagskriterien genauer ausformen und präziser darstellen, worauf es dem Auftraggeber im Einzelnen ankommt. Gewichtungsregeln bestimmen, wie die (zu erwartenden) Angaben der Bieter zu den einzelnen Kriterien und Unterkriterien zu bewerten sind und wie beispielsweise eine Umrechnung in Wertungspunkte erfolgt, wobei sich die Frage, in welcher Differenziertheit und Tiefe ein öffentlicher Auftraggeber ein Bewertungssystem mit Unter-Unterkriterien und Gewichtungsregeln im Vorhinein aufzustellen hat, sich nur einzelfallbezogen beantworten lässt.

Es ist zu beachten, dass der Auftraggeber auf der letzten Ebene der Angebotswertung einen Wertungsspielraum hat. Dieser darf nicht dadurch eingeschränkt werden, dass er vergaberechtlich in jedem Fall daran gebunden wird, im Voraus in mehrstufige Unterkriterien und entsprechende Gewichtungen aufgegliederte Bewertungsregeln aufzustellen. Die Grenze, ab der das Offenlassen konkreter Bewertungsmaßstäbe vergaberechtlich unzulässig ist, ist allerdings erreicht, wenn die aufgestellten Wertungsmaßstäbe so unbestimmt sind, dass Bieter nicht mehr angemessen über die Kriterien und Modalitäten informiert werden, und sie infolgedessen auch vor einer willkürlichen und/oder diskriminierenden, d.h. einer die Gebote der Gleichbehandlung und der Transparenz verletzenden Angebotswertung nicht mehr effektiv zu schützen sind. Weiter ist zu verlangen, um die erforderliche Transparenz des Vergabeverfahrens zu wahren, dass die Wertungsentscheidungen so dokumentieren werden, dass die Entschlussfassung bzw. Bewertung inhaltlich nachvollziehbar sind (vgl. OLG Düsseldorf Verg 10/09 vom 30.07.2009).

3. Diesen Anforderungen genügt die Bewertung der Antragsgegnerin weder hinsichtlich Los 1 noch 2. Der Senat folgt der Auffassung der Vergabekammer, dass das Wertungssystem der Antragsgegnerinnen intransparent ist und insbesondere die Abstufung der Bepunktung nicht nachvollzogen werden kann, da keine Gesichtspunkte vorgegeben sind, wie die Bepunktung zwischen 1 und 10 abgestuft wird. Auch wenn - wie oben ausgeführt - auf dieser Wertungsstufe der Vergabestelle ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen ist, können gerade bei Kriterien, die wenig objektivierbar sind und bei denen subjektive Gesichtspunkte eine gewichtige Rolle spielen, nicht auf ein nachvollziehbares Schema der Abstufung und Begründung verzichtet werden, wie die Abstufungen zwischen 1 und 10 vorgenommen worden sind. Andernfalls würde der Bewertungskommission ein nahezu unbegrenzter Spielraum verbleiben. Je weniger ein Unterkriterium und Unter-Unterkriterium spezifiziert wird, desto schwieriger ist die Bewertung nachzuvollziehen und es ist daher mindestens zu verlangen, dass die Bewertung und die Punktevergabe so begründet werden, dass die Unterschiede nachvollzogen werden können. Dies ist im vorliegenden Fall nicht möglich.

4. Im Einzelnen ist zu den Bewertungen hinsichtlich Los 1 auszuführen (wobei hinsichtlich Los 1 noch ein drittes Fahrgestell bewertet wurde):

a) Im Unterkriterium Fahrverhalten erreichte die Antragstellerin 6 Punkte und die Beigeladene 10 Punkte. Aus der Dokumentation ergibt sich nicht, wie die Punktewertung zustande gekommen ist, insbesondere nicht, ob die weiter genannten Unter-Unterkriterien jeweils einzeln bepunktet wurden oder ob die Punkte in einer Gesamtschau vergeben worden sind. Es ist auch nicht ohne weiteres nachvollziehbar, dass ein ESP System sich bei der Bewertung nicht positiv auswirkt. Schließlich kann der Punkteabstand zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen nicht nachvollzogen werden.

b) Auch hinsichtlich der Anordnung der Fahrbedienelemente kann zunächst auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Im Übrigen erscheint die Bepunktung sehr subjektiv, insbesondere wird nicht ohne weiteres klar, welche Anforderungen an die Schalteranordnung im Einzelnen gestellt werden.

c) Auffällig ist auch bei der Bewertung der Ergometrie des Fahrerhauses, dass das Fahrzeug der Antragstellerin deutlich schlechter als die beiden anderen bewertet wird und es ist auch nicht ohne weiteres nachvollziehbar, aus welchen Gesichtspunkten der Abstand der Sitzfläche zur Fahrerhausdecke im Gegensatz zum übrigen Platzangebot keine Rolle spielt.

d) Bei der Bepunktung der weiteren Unterkriterien Qualität Fahrgestell und Materialauswahl ist insgesamt zu bemängeln, dass keine leitenden Gesichtspunkte angegeben sind, wie der erhebliche Punkteabstand des Fahrgestells zu den beiden anderen Fahrzeugen im einzelnen seine Rechtfertigung findet. Bei der Materialauswahl erhält die Antragstellerin nur 5 Punkte, obgleich hinsichtlich der Verwendung hochwertiger Bauteile für Achsen etc. keine wesentlichen Unterschiede festgestellt wurden. Auch bei dem Unterkriterium konstruktiver Konstruktionsschutz kann die Bewertung nicht ohne weiteres nachvollzogen werden, da hinsichtlich der Verwendung nicht rostender Materialen und Verbindungselemente keine Unterschiede zwischen den Herstellern festgestellt wurden.

5. Im Einzelnen ist hinsichtlich Los 2 noch ergänzend auszuführen:

a) Auch hinsichtlich der Bewertung der Abstütztechnik kann der Punkteabstand nicht nachvollzogen werden und es ist auch nicht ersichtlich, dass auch die Vorteile des Systems der Beigeladenen hinreichend gewichtet worden sind.

b) Hinsichtlich des Leiterparks ist festzustellen, dass seitens der Antragstellerin eingewandt wird, dass ihre vierteilige Leiter nicht kürzer als die fünfteilige Leiter der Antragstellerin sei. Weiter wird nicht erwähnt und gewürdigt, dass der Leiterpark der Antragstellerin am 3. Leiterteil über eine Kranöse verfügt. Auch fällt auf, dass der Umstand, dass die Drehleiter der Antragstellerin ein Arbeiten von -17° Unterflur ermöglicht, nicht als ein Vorteil der Leiter der Antragstellerin gewürdigt wurde.

c) Der Einwand der Antragstellerin, ihr Rettungskorb weise eine maximale Traglast von 460 kg auf, steht nicht in Einklang mit den Angaben der Antragstelterin in ihrem Angebot in welchem eine maximale Tragkraft von 400 kg angegeben ist. Allerdings ist nicht hinreichend klar, ob die Einsatzfunktionalität nur unter dem Gesichtspunkt der Traglast geprüft wurde und nicht auch weitere Gesichtspunkte einbezogen wurden.

d) Auch hinsichtlich des Unterkriteriums „Hauptbedienstand“ kann aus der dokumentierten Begründung nicht nachvollzogen werden, dass ein Unterschied aufgrund des unterschiedlichen Wetterschutzes und der Breite des Sitzes einen Abstand von 5 Punkten rechtfertigt.

e) Zusammenfassend ist festzustellen, dass aufgrund der teilweise sehr unbestimmten Kriterien und der fehlenden Vorgaben, wie die Punkte zu verteilen sind und der daraus folgenden unzureichenden Begründung, die Wertungen nicht nachvollzogen werden können.

6. Die Zuschlagskriterien leiden - wie unter IV näher ausgeführt - weiter an dem Mangel, dass Leistungsanforderungen und Zuschlagskriterien vermischt werden.

IV. Gemäß § 123 Satz 1 und 2 GWB ist anzuordnen, dass das Vergabeverfahren aufgehoben wird. Der Senat ist der Auffassung, dass das Vergabeverfahren unter dem schwerwiegenden Mangel leidet, dass in den Angebotsunterlagen nicht hinreichend klargestellt wird, welche Leistungen zu erbringen sind und das Zuschlagskriterium „technische Spezifikationen“ unzulässig ist.

1. Das Zuschlagskriterium „technische Spezifikationen“ ist unzulässig, da die Frage, ob der Bieter die angebotene Leistung erbringt, auf der ersten Stufe der Wertung zu prüfen ist. Es kommt weiter hinzu, dass der Wegfall dieses Kriteriums die Gewichtung der Einzelkriterien ändert und auch ein Bieter, der nicht sämtliche Leistungsanforderungen erfüllt, abgewertet wird, wobei er dann ggf. Vorteile bei dem Angebotspreis erlangen kann. Des Weiteren ist auch nicht völlig eindeutig, welche Leistungsanforderungen die Antragsgegnerin zwingend voraussetzt. Sofern, wofür einiges spricht, sämtliche aufgeführten Anforderungen von den Bietern zu erfüllen sind, ist das Zuschlagskriterium „technische Spezifikationen“ überflüssig und vergaberechtswidrig. Sofern die Vergabestelle nicht alle in den Anforderungen genannten Merkmale als zwingend zu erbringende Grundpositionen einstufen will, wofür spricht, dass sie sich vorbehält, nicht alle ausgeschriebenen Positionen zur Auftragsvergabe bis zu einer Grenze von 10% der Angebotssumme kommen zu lassen, hat sie ggf. zu prüfen, inwieweit dies in vergaberechtlich zulässiger Weise erfolgen kann. Das Zuschlagskriterium „technische Spezifikationen“ bleibt jedenfalls auch dann unzulässig.

2. Selbst wenn dieser Gesichtspunkt, der erst durch die Entscheidung der Vergabekammer in den Blickpunkt geraten ist, der Rügepflicht unterliegt und von der Antragstellerin nicht hinreichend gerügt worden sein sollte, darf der Senat ausnahmsweise diesen Mangel, der von dem Senat wegen der Unklarheit der Leistungsanforderungen und der Vermischung zwischen Leistungsanforderungen und Zuschlagskriterien als schwerwiegend gewertet wird, berücksichtigen. Der Vergabesenat hat die Pflicht, für die Rechtmäßigkeit des Ausschreibungsverfahrens zu sorgen. Er erforscht ebenso wie die Vergabekammer den Sachverhalt von Amts wegen, § 110 GWB. Dies heißt aber nicht, dass der Vergabesenat nun von Amts wegen alle Vergabeunterlagen nach Mängeln durchsuchen muss. Vielmehr formuliert § 110 Abs. 1 S. 2 GWB, dass sich Vergabekammer und Vergabesenat bei ihren Ermittlungen auf das beschränken können, was von den Beteiligten vorgebracht wird oder ihnen sonst bekannt sein muss. Das sind konkrete und offensichtliche Anhaltspunkte für Vergabeverstöße, auf die die Mitglieder von Vergabesenat oder Vergabekammer bei Durchsicht der Akten stoßen, wenn sie diese im Hinblick auf die gerügten Mängel durchschauen, oder sonstige allgemein bekannte Verdachtsmomente. Es wird daher für zulässig erachtet, dass bei besonders schwerwiegen Vergaberechtsverstößen auch ohne eine ausdrückliche Rüge der Fehler beachtet werden darf (vgl. Dicks in Ziekow/ Völlink Vergaberecht § 110 GWB Rn.7; Diemon-Wies in PK Kartellvergaberecht § 110 GWB Rn.30). Die festgestellten Widersprüchlichkeiten ergaben sich insbesondere aus der Begründung der Entscheidung der Vergabekammer, die die Widersprüchlichkeit der Angebotsunterlagen herausgearbeitet hat. Die Beteiligten wurden in der mündlichen Verhandlung auf diesen Mangel hingewiesen. Dieser schwerwiegende Fehler des Vergabeverfahrens darf daher beachtet und bei der Entscheidung verwertet werden.

3. Auch wenn die Aufhebung und Wiederholung des gesamten Vergabeverfahrens nur als „ultima ratio“ in Betracht kommt, ist der Senat der Auffassung, dass die Unklarheiten der zwingend zu erbringenden Leistungen und des Zuschlagskriteriums „technische Spezifikationen“ derart gewichtig und schwerwiegend sind, dass im Rahmen des laufenden Vergabeverfahrens dieser Mangel nicht mehr behoben werden kann. Zur Beseitigung dieses Mangels ist eine vollständige Überarbeitung der Vergabeunterlagen erforderlich und auch eine Änderung der Zuschlagskriterien.

Bei einer etwaigen Neuausschreibung werden die Antragsgegnerinnen zu beachten haben, dass eine Vermischung zwischen zwingenden Leistungsanforderungen {zu prüfen Wertungsstufe 1) und Zuschlagskriterien vergaberechtlich unzulässig ist. Hinsichtlich der einzelnen Zuschlagskriterien empfiehlt sich, diese möglichst genau darzustellen und ein nachvollziehbares Bewertungssystem hinsichtlich der einzelnen Bepunktungen bekanntzugeben. Des weiteren ist auf den Grundsatz der produktneutralen Ausschreibung zu verweisen.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 120 Abs. 2, 78 GWB, §§ 92,100 Abs. 1, 4 ZPO, § 128 Abs. 3, 4 GWB. Sie umfasst auch die Kosten des Verfahrens nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB. Da die Antragstellerin lediglich mit dem Hilfsantrag auf Aufhebung des Vergabeverfahrens durchgedrungen ist, liegt ein Teilunterliegen vor, das der Senat mit 1/3 bewertet. Die Beigeladene war auch an den Kostenregelung des Beschwerdeverfahrens zu beteiligen, da sie sich durch Einreichung von Schriftsätzen und Teilnahme an der mündlichen Verhandlung aktiv an dem Verfahren beteiligt hat. Eine aktive Beteiligung am Nachprüfungsverfahren liegt bereits dann vor, wenn sich die Beigeladene schriftsätzlich zu den streitigen Rechtsfragen geäußert und die Zulässigkeit und Begründetheit der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin verneint hat {vgl. OLG Düsseldorf, vom 10.05.2012 Verg 5/12). Es ist entspricht daher der Billigkeit, dass die Beigeladene wie auch in dem vorverhandelten völlig gleichgelagertem Verfahren (Verg 11/15) an den Kosten beteiligt wird.

(1) Der Zuschlag wird nach Maßgabe des § 127 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen auf das wirtschaftlichste Angebot erteilt.

(2) Die Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots erfolgt auf der Grundlage des besten Preis-Leistungs-Verhältnisses. Neben dem Preis oder den Kosten können auch qualitative, umweltbezogene oder soziale Zuschlagskriterien berücksichtigt werden, insbesondere:

1.
die Qualität, einschließlich des technischen Werts, Ästhetik, Zweckmäßigkeit, Zugänglichkeit der Leistung insbesondere für Menschen mit Behinderungen, ihrer Übereinstimmung mit Anforderungen des „Designs für Alle“, soziale, umweltbezogene und innovative Eigenschaften sowie Vertriebs- und Handelsbedingungen,
2.
die Organisation, Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung des Auftrags betrauten Personals, wenn die Qualität des eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben kann, oder
3.
die Verfügbarkeit von Kundendienst und technischer Hilfe sowie Lieferbedingungen wie Liefertermin, Lieferverfahren sowie Liefer- oder Ausführungsfristen.
Der öffentliche Auftraggeber kann auch Festpreise oder Festkosten vorgeben, sodass das wirtschaftlichste Angebot ausschließlich nach qualitativen, umweltbezogenen oder sozialen Zuschlagskriterien nach Satz 1 bestimmt wird.

(3) Der öffentliche Auftraggeber gibt in der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen an, wie er die einzelnen Zuschlagskriterien gewichtet, um das wirtschaftlichste Angebot zu ermitteln. Diese Gewichtung kann auch mittels einer Spanne angegeben werden, deren Bandbreite angemessen sein muss. Ist die Gewichtung aus objektiven Gründen nicht möglich, so gibt der öffentliche Auftraggeber die Zuschlagskriterien in absteigender Rangfolge an.

(4) Für den Beleg, ob und inwieweit die angebotene Leistung den geforderten Zuschlagskriterien entspricht, gelten die §§ 33 und 34 entsprechend.

(5) An der Entscheidung über den Zuschlag sollen in der Regel mindestens zwei Vertreter des öffentlichen Auftraggebers mitwirken.

(1) Für Amtshandlungen der Vergabekammern werden Kosten (Gebühren und Auslagen) zur Deckung des Verwaltungsaufwandes erhoben. Das Verwaltungskostengesetz vom 23. Juni 1970 (BGBl. I S. 821) in der am 14. August 2013 geltenden Fassung ist anzuwenden.

(2) Die Gebühr beträgt mindestens 2 500 Euro; dieser Betrag kann aus Gründen der Billigkeit bis auf ein Zehntel ermäßigt werden. Die Gebühr soll den Betrag von 50 000 Euro nicht überschreiten; sie kann im Einzelfall, wenn der Aufwand oder die wirtschaftliche Bedeutung außergewöhnlich hoch ist, bis zu einem Betrag von 100 000 Euro erhöht werden.

(3) Soweit ein Beteiligter im Verfahren unterliegt, hat er die Kosten zu tragen. Mehrere Kostenschuldner haften als Gesamtschuldner. Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden. Hat sich der Antrag vor Entscheidung der Vergabekammer durch Rücknahme oder anderweitig erledigt, ist die Hälfte der Gebühr zu entrichten. Die Entscheidung, wer die Kosten zu tragen hat, erfolgt nach billigem Ermessen. Aus Gründen der Billigkeit kann von der Erhebung von Gebühren ganz oder teilweise abgesehen werden.

(4) Soweit ein Beteiligter im Nachprüfungsverfahren unterliegt, hat er die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen des Antragsgegners zu tragen. Die Aufwendungen der Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, soweit sie die Vergabekammer aus Billigkeit der unterlegenen Partei auferlegt. Hat sich der Antrag durch Rücknahme oder anderweitig erledigt, erfolgt die Entscheidung, wer die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen anderer Beteiligter zu tragen hat, nach billigem Ermessen; in Bezug auf die Erstattung der Aufwendungen der Beigeladenen gilt im Übrigen Satz 2 entsprechend. § 80 Absatz 1, 2 und 3 Satz 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes und die entsprechenden Vorschriften der Verwaltungsverfahrensgesetze der Länder gelten entsprechend. Ein gesondertes Kostenfestsetzungsverfahren findet nicht statt.