Oberlandesgericht München Beschluss, 22. Jan. 2016 - Verg 13/15

bei uns veröffentlicht am22.01.2016
vorgehend
Vergabekammer Südbayern, Z3-3-3194-1 40-06/15, 30.09.2015

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

I. Der Beschluss der Vergabekammer Südbayern vom 30. 9.2015, AZ: Z3-3-3194-1-40-06/15 wird aufgehoben.

II. Das Ausschreibungsverfahren wird aufgehoben.

III. Der Antragsgegnerin wird untersagt, im vorliegenden Vergabeverfahren einen Zuschlag auf das Los 1 und 2 zu erteilen.

IV. Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist.

V. Von den Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer und des Beschwerdeverfahrens einschließlich des Verfahrens nach § 118 GWB trägt die Antragstellerin 1/3 einschließlich der notwendigen Aufwendungen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen. Die Antragsgegnerin und die Beigeladene tragen von den Kosten des Verfahrens vor der Vergabekammer und des Beschwerdeverfahrens einschließlich des Verfahrens nach § 118 GWB gesamtschuldnerisch 2/3. Von den notwendigen Aufwendungen der Antragstellerin tragen die Antragsgegnerin und die Beigeladene je 1/3; im Übrigen tragen die Verfahrensbeteiligten ihre Aufwendungen selbst. Die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch die Antragstellerin, die Antragsgegnerin und die Beigeladene war notwendig.

Gründe

A.

Die Gemeinden B. F. F.M. S. und die Stadt B. G. R. (Antragsgegnerin, im folgenden die Antragsgegnerinnen) schlossen am 05.11.2013/11.11.2013/18.11.2013 eine Zweckvereinbarung über die gemeinsame Ausschreibung je einer Drehleiter DLA (K) 23/12.

Die Antragsgegnerinnen teilten in der Folge mit, im Rahmen einer Sammelbeschaffung drei Drehleitern DLA (K) 23/12 für ihre Freiwilligen Feuerwehren beschaffen zu wollen. Die Beschaffung sollte hierbei in drei Losen (Los 1: 3 Fahrgestelle, Los 2: 3 Drehleiteraufbauten, Los 3: feuerwehrtechnische Beladungen) erfolgen und die Aufträge im Wege eines offenen Verfahrens nach den Vorgaben der VOL/A vergeben werden. Eine entsprechende Veröffentlichung erfolgte im Rahmen einer EU-weiten Bekanntmachung unter der Nummer 2014/S. 139-249182 im Supplement zum Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften am 23.07.2014. Nebenangebote wurden nicht zugelassen. Als Schlusstermin für die Abgabe der Angebote wurde der 16.09.2014, 14.00 Uhr festgelegt.

Gemäß Punkt IV.2.1) der Bekanntmachung soll der Zuschlag auf das wirtschaftlich günstigste Angebot in Bezug auf die Kriterien, die in den Ausschreibungsunterlagen bzw. der Aufforderung zur Angebotsabgabe aufgeführt sind, erteilt werden. In der Aufforderung zur Abgabe eines Angebotes wird unter Punkt 16 ausgeführt, dass das wirtschaftlich günstigste Angebot aufgrund der Kriterien (Preis 50%, Einsatzfunktionalität 20%, Erfüllung technischer Spezifikationen 15%, Qualität 10%, Service 5%) bestimmt wird.

In den Vergabeunterlagen befand sich eine entsprechende Bewertungsmatrix mit Erläuterungen. Darin war unter Anderem geregelt:

Bewertung Erfüllung technischer Spezifikationen:

Erfüllungsgrad techn. Spezifikationen: prozentualer Anteil der in der Leistungsbeschreibung geforderten techn. Spezifikationen (Wertungskriterien) x 9 Punkte (Angabe mit zwei Stellen nach dem Komma; jedes Wertungskriterium wird einfach gewertet)

Energieeffizienz: Der Anbieter mit dem niedrigsten Treibstoffverbrauch erhält die Maximalpunktzahl von 1 Punkt; für je 10 g Treibstoffmehrverbrauch erfolgt ein Abzug von 0,1 Punkten Bewertung Service Nähe des Kundendienstzentrums: der Anbieter mit der (gemeint war offenbar geringsten) Entfernung erhält die Maximalpunktzahl von 10 Punkten, für je 5 km größerer Entfernung erfolgt ein Abzug von 1 Punkt. Reaktionszeiten: der Anbieter mit der durchschnittlich kürzesten Reaktionszeit erhält die Maximalpunktzahl von 10 Punkten, für je 4 h längerer Reaktionszeit erfolgt ein Abzug von 1 Punkt.

Mobiler Kundendienst: ein vorhandener mobiler Kundendienst führt zu einer Maximalpunktzahl von 10 Punkten, kein vorhandener mobiler Kundendienst wird mit 0 Punkte bewertet.

Die Leistungsbeschreibung enthielt zahlreiche technische Anforderungen mit Ja/Nein-Abfragen und folgende Überschrift:

Alle vorhandenen Felder müssen ausgefüllt sein. Bei der Spalte „erfüllt“ ist „Ja“ oder „Nein“ anzukreuzen. Ein leeres Preisfeld, ein Strich, ein fehlender Verweis, eine fehlende geforderte Eintragung oder fehlendes Leistungsmerkmal führen zwingend zum Ausschluss des abgegebenen Angebots. Alternativ angebotene Positionen sind in der vorgesehenen Spalte einzutragen, bzw. mit einem Vermerk zu versehen. Der Betrag fließt nicht in die Gesamtrechnung ein. Beiden Spalten „Einzelpreis„bzw. „Gesamtpreis“ muss ein Preis in € oder die Angabe „Serie“ eingefügt werden.

Unter Ziffer 11.25 der Leistungsbeschreibung zu Los 1 fand sich folgende Anforderung:

Mittelsitz mit 3-Punkt-Sicherheitsgurt

Unter Ziffer 11.25 der Leistungsbeschreibung zu Los 1 fand sich folgende Anforderung:

Fahrerairbag Unter Ziffer 6.26 der Leistungsbeschreibung zu Los 2 fand sich folgende Anforderung:

Kranöse am 4. Leiterteil für kleinen Kranbetrieb (ca. 1.400 kg)

Unter Ziffer 17 der Ergänzenden Vertragsbedingungen (EVB) für Lieferungen und Dienstleistungen der Gemeinden B. F. B. G und E. am S. ist Folgendes geregelt:

Aus den vorgelegten Angebotsunterlagen muss eindeutig erkennbar sein, dass die in dem Angebot dargestellten Anforderungen erfüllt werden. Es müssen Angaben über die Konstruktion und die dafür vorgesehenen Werkstoffe sowie über die Fertigungsmethoden ausführlich dargestellt werden. Alternative Werkstoffe, Konstruktionen, Fertigungsmethoden oder Beladungen können selbstverständlich angeboten werden, aber hierbei sind deren Gleichwertigkeit oder Vorteile gegenüber den genannten Forderungen des Angebotes ausführlich zu begründen. Den notwendigen Nachweis der Gleichwertigkeit hat der Bieter zu führen.

Werden dadurch Minder- oder Mehrkosten verursacht, sind diese separat auszuweisen. Unvollständige Angebotsunterlagen können nicht berücksichtigt werden.

Neun Bieter forderten die Ausschreibungsunterlagen an, von denen drei ein Angebot für das Los 1 und zwei Bieter ein Angebot für das Los 2 abgaben. Die Antragstellerin und die Beigeladene gaben Angebote für die Lose 1 und 2 ab. Mit Schreiben vom 28.11.2014 teilten die Antragsgegnerinnen der Antragstellerin gem. § 101 a GWB mit, dass ihr Angebot für das Los 1 und 2 nicht berücksichtigt werden könne, da ein wirtschaftlicheres Angebot vorliege. Unter Berücksichtigung der zuvor bekannt gemachten Bewertungsmatrix seien insbesondere die Kriterien Einsatzfunktionalität, Erfüllung technischer Spezifikationen und Qualität maßgebend gewesen. Darüber hinaus wurde mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Auftrag frühestens in 10 Tagen an die Beigeladene zu erteilen.

Nachdem durch die Antragsgegnerinnen keine Reaktion auf die von der Antragstellerin mit Schreiben vom 02.12.2014 und 4.12.2014 vorgebrachten Rügen erfolgt war, beantragte die Antragstellerin am 05.12.2014 die Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens, das bei der Vergabekammer Südbayern unter den Aktenzeichen Z3-3-3194-1-52-12/14, Z3-3-31941-53-12/14 sowie Z3-3-3194-1-54-12/14 geführt wurde.

In der mündlichen Verhandlung der Vergabekammer Südbayern vom 27.01.2015 wies der Vorsitzende die Beteiligten darauf hin, dass die Angebotswertung schon deshalb zwingend zu wiederholen sei, da die Antragsgegnerinnen von den zuvor bekannt gemachten Bewertungskriterien abgewichen seien, nicht bekanntgemachte Unterkriterien verwendet hätten und darüber hinaus die Wertung in Teilen nicht nachvollziehbar sei.

Den Antragsgegnerinnen wurde aufgegeben, bis zum 10.02.2015 mitzuteilen, ob sie durch Abhilfe - etwa durch Neuwertung oder Rückversetzung vor Versand der Vergabeunterlagen - eine Erledigung des Nachprüfungsverfahrens herbeiführen könnten. Sowohl die Antragstellerin als auch die Beigeladene erklärten, dass ihrem rechtlichen Begehr mit einer Neuwertung auf Basis der bekanntgegebenen Wertungskriterien Genüge getan sei.

Nachdem sich die Beteiligten mit der Vorgehensweise einverstanden erklärt hatten, stellte die Vergabekammer Südbayern jeweils mit Beschluss vom 24.02.2015 die Nachprüfungsverfahren ein.

Die Antragsgegnerinnen führten in der Folge eine Neuwertung der Angebote durch und teilten der Antragstellerin betreffend des Loses 1 und 2 in einer Mitteilung nach § 101 a GWB vom 09.06.2015 mit, dass am 05.05.2015 eine gemeinsame Sitzung der Bewertungskommission stattgefunden habe und die zuständigen Beschlussgremien beschlossen hätten, dem Ergebnis der Bewertungskommission zuzustimmen und sich dieses im Ergebnis zu eigen zu machen. Als Anlage wurde das Ergebnis der Bewertungskommission für das Los 1 und 2 beigelegt, aus dem ersichtlich war, dass weiterhin die Beigeladene den Zuschlag für beide Lose erhalten solle.

Die Antragstellerin rügte per Mail vom 12.06.2015 die durchgeführte Wertung.

Die Antragsgegnerinnen halfen mit Schreiben vom 15.06.2015 der Rüge nicht ab.

Die Antragstellerin erhob daraufhin mit Schriftsatz vom 16.6.2015 erneut einen Nachprüfungsantrag, mit dem sie eine Wiederholung der Wertung der Angebote und hilfsweise eine weitere Zurückversetzung des Vergabeverfahrens begehrte.

Zur Begründung trug die Antragstellerin vor: Die Beigeladene hätte hinsichtlich des Loses 1 zwingend ausgeschlossen werden müssen, da sie hinsichtlich der Reaktionszeit keine Angaben in Stunden gemacht habe. Die Beigeladene hätte die Reaktionszeit in Stunden angeben müssen. Dies ergebe sich aus den Bewertungsunterlagen, wonach der Anbieter mit der durchschnittlich kürzesten Reaktionszeit die Maximalpunktzahl von 10 Punkten erhalte und für je 4 h längerer Reaktionszeit ein Abzug von einem Punkt erfolge.

Die Bewertung der Antragsgegnerinnen betreffend die Lose 1 und 2 sei nicht nachvollziehbar und es seien erkennbar ergebnisorientiert zu Gunsten der Beigeladenen höhere Punktzahlen vergeben worden.

Im Einzelnen rügt die Antragstellerin hinsichtlich Los 1 folgende Bewertungen:

– Fahrverhalten: die Bewertung (Antragstellern 6 Punkte; Beigeladene 10 Punkte.) sei nicht gerechtfertigt, da das angebotene Fahrzeug der Antragstellerin sowohl mit ASR und ESP und das von der Beigeladene angebotene Fahrzeug nur mit ESP ausgestattet sein. Das ESP sei gerade Garant für Fahrstabilität und eine sichere Kurvendynamik.

– Anordnung Fahrbedienelemente: die Bewertung (Antragstellerin 5 Punkte; Beigeladene 9 Punkte) sei nicht gerechtfertigt, da auch bei dem Fahrzeug der Antragstellerin alle Schalter ergonomisch und übersichtlich im Armaturenbrett untergebracht seien.

– Ergonometrie Fahrerhaus: die Bewertung (Antragstellerin 4 Punkte; Beigeladene 9 Punkte) sei nicht nachvollziehbar, da bei dem von der Antragstellerin angebotenen Fahrzeug der Abstand von der Sitzflache bis zur Fahrerhausdecke größer als bei dem von der Beigeladenen angebotenen Fahrzeug sei. Da die Unterbringung von persönlicher Schutzausrüstung im Fahrerhaus in der Ausschreibung nicht explizit gefordert worden sei, dürfe sie auch nicht gewertet werden.

– Wartungsfreundlichkeit: es sei nicht gerechtfertigt, dass die Beigeladene die gleiche Punktzahl wie die Antragsgegnerin erhalten habe.

– Materialauswahl: aus dem Leistungsverzeichnis gehe nicht hervor, welche Stoffe verwendet werden sollen, um die Qualität der Innenraumgestaltung zu steigern. Die Antragstellerin verwende ebenfalls hochwertige Stoffe, so dass die Bewertungsunterschiede (Antragstellerin 5 Punkte; Beigeladene 10 Punkte) zwischen den beiden Fahrzeugen nicht nachvollziehbar seien. In Bezug auf die Materialauswahl gebe es bei der Beigeladenen und der Antragstellerin keine Unterschiede. Wenn doch, dann seien diese durch die Antragsgegnerinnen zu benennen. Ein persönliches Empfinden sei irrelevant. Entscheidend sei allein die Beurteilung im Hinblick auf die Einsatz- und Funktionstauglichkeit.

– Hinsichtlich der weiteren Kriterien - mit Ausnahme nächstgelegene Servicestelle und mobiler Kundendienst - habe die Antragstellerin zu Unrecht deutlich weniger Punkte bekommen, obwohl ihr Fahrzeug die Anforderungen ebenso wie das von der Beigeladenen angebotene Fahrzeug erfülle.

Obgleich das von der Antragstellerin angebotene Fahrzeug ebenso wie das von der Beigeladenen angebotene Fahrzeug alle Anforderungen erfüllt habe, habe mit Ausnahmen der Leistungsdaten, Steuerung, Podium, Funktionssicherheit das Fahrzeug der Antragstellerin hinsichtlich Los 2 zu Unrecht deutlich weniger Punkte bekommen. Insbesondere werde gerügt:

– Abstützung (Antragstellerin 6 Punkte; Beigeladene 10 Punkte): das von der Antragstellerin angebotene Fahrzeuge könne Hindernisse umfahren, was mit der Abstützung des Konkurrenz-Fahrzeuges nicht möglich sei. Die Abstützung liege flach am Boden und könne somit problemlos vom Feuerwehrmann überstiegen werden, was zur Zeitersparnis im Einsatz führe. Da bei der Abstützung alle Räder des von der Antragstellerin angebotenen Fahrzeuges auf dem Boden verblieben, werde für eine zusätzliche Standsicherheit der Drehleiter gesorgt.

– Leiterpark (Antragstellerin 5 Punkte; Beigeladene 10 Punkte): die Bewertung könne nicht nachvollzogen werden, da der Leiterpark mit -17° Unterflur und das von der Beigeladenen angebotene Fahrzeug nur bis zu einem Bereich von -15° arbeite. Die 5-teilige Leiter der Beigeladenen sei nicht kürzer als die 4-teilige Leiter der Antragstellerin. Eine Kranöse befinde sich bei der Antragstellerin im 3. Leiterteil und es könne auch der Rettungskorb für eine Leiterbrücke an der Leiter eingehängt bleiben.

– Rettungskorb (Antragstellerin 7 Punkte. Beigeladene 10 Punkte): die Antragstellerin habe wie im Leistungsverzeichnis gefordert einen 400 kg Rettungskorb angeboten, es sei nicht ersichtlich, wieso das Fahrzeug der Konkurrenz mehr Punkte erhalten habe. Beim Rettungskorb habe die Antragstellerin eine Nutzlast von 400 kg bestätigt, obwohl dieser tatsächlich eine höhere Last von 460 kg habe.

– Hauptbedienstand (Antragstellerin 5 Punkte; Beigeladene 10 Punkte): die Antragstellerin habe die neueste Technik angeboten. Bezüglich des Hauptbedienstandes werde gefordert, dass dieser absturzsicher und wetterbeständig sei. Dies sei zu 100% erfüllt. Eine notwendige Überdachung habe nichts mit der Wetterbeständigkeit zu tun und es werde auch im LV nicht gefordert, dass der Maschinist einen Wetterschutz haben müsse. Auch sei der Sitz der Antragstellerin der größte bzw. breiteste Sitz auf dem Markt, der serienmäßig mitschwenkbar sei und sich auch mitneige.

– Nähe des Kundendienstzentrums (Antragstellerin 0 Punkte; Beigeladene 10 Punkte): der Antragstellerin sei es nicht bekannt, dass die Beigeladene eine Werkstatt für Aufbau und Drehleiterpark im Umkreis von 23 km von den drei betroffenen Gemeinden habe. Gefragt worden sei nach dem Kundendienstzentrum, dass sich bei der Beigeladenen in Karlsruhe und bei der Antragstellerin in Ulm befinde. Die Auftraggeberinnen vermischten hier Service- und Kundendienst. Nur im Los 1 werde auf die nächstgelegene Servicestelle abgestellt. Beim Los 2 sei die Nähe des Kundendienstzentrums maßgeblich.

– Es sei zu beanstanden, dass nicht mitgeteilt worden sei, dass die Bewertung auf Grundlage der vorangegangenen Besichtigungen aller drei Fahrgestelle und von 15 Maschinisten der drei Feuerwehren durchgeführten ausgiebigen Probefahrten erfolgt seien. Von einer Vorbewertung durch 15 Maschinisten der drei Feuerwehren, die dann Grundlage für die eigentliche Bewertung der Bewertungskommission seien, sei im Leistungsverzeichnis nicht die Rede. Weiter mangle es auch an der notwendigen Begründung.

Die Antragsgegnerinnen und die Beigeladene haben beantragt, den Nachprüfungsantrag zurückzuweisen.

Die Antragsgegnerinnen haben zur Begründung vorgetragen:

Ein Ausschluss des Angebotes der Beigeladenen sei weder geboten, noch wäre ein Ausschluss gerechtfertigt, da diese die Reaktionszeit nicht mit Stunden, sondern mit „sofort“ angegeben habe. Das Angebot sei insoweit nicht unvollständig, da die Reaktionszeit „sofort“ eine unmittelbare unverzügliche Reaktion auf eingegangene Störungsmeldungen bedeute. Eine Reaktionszeit sei die Zeit, innerhalb derer auf eine Meldung/Anforderung des Kunden reagiert werde. Sofort bedeute, dass unmittelbar, nicht erst nach einer oder mehreren Stunden eine Reaktion erfolge.

Die Vergabe der Punkte bei Los 1 sei gerechtfertigt:

– Fahrverhalten: Beim Fahrverhalten seien Fahrverhalten, kurvendynamisches Verhalten, Bremsverhalten und Geländetauglichkeit bewertet worden. ESP sei ein System gegen Untersteuern und Übersteuern. Es korrigiere Fahrfehler, die zum Schleudern in Kurven fahren. Dies sei im Hinblick auf Fahrstabilität und kurvendynamisches Verhalten für die Antragsgegner nicht relevant gewesen. Den Ausschlag habe gegeben, dass das Fahrgestell der Beigeladenen eine straffe Federung aufweise und dadurch beim Geradeauslauf wankstabil sei. Das von der Antragstellerin angebotene Fahrgestell vermittelte demgegenüber ein eher schwammiges kurvendynamisches Verhalten. Dass das Fahrzeug der Antragstellerin noch über ESP verfüge, habe auf das Empfinden der Mitglieder der Bewertungskommission keinen Einfluss gehabt.

– Fahrerbedienelemente: Die Mitglieder der Bewertungskommission hätten die Schalteranordnung bei der Beigeladenen übersichtlicher empfunden. Als sehr positiv sei es jedoch von den Mitgliedern der Bewertungskommission empfunden worden, dass bei der Beigeladenen die Symbolik selbsterklärend sei. Beim Fahrzeug der Antragstellerin sei festgestellt worden, dass die Symbolik weniger selbsterklärend sei und es hinsichtlich Schalteranordnung und Symbolik deshalb geringe Defizite gegenüber dem der Konkurrenz aufweise. Negativ sei bewertet worden, dass bei dem Fahrzeug der Antragstellerin die wenigste Bein-und Fußfreiheit vorliege.

– Bedienung Getriebe und des Verteilergetriebe: Es bleibe festzustellen, dass die Bedienung beim Fahrzeug der Beigeladenen für ungeübte Fahrer logischer als beim Fahrzeug der Antragstellerin sei. Da immer wieder ungeübte Fahrer zum Einsatz kämen, sei dies für die Bewertungskommission von ausschlaggebender Bedeutung gewesen.

– Ergonometrie Fahrerhaus: Der Abstand der Sitzfläche bis zur Fahrerhausdecke sei nicht als positiv erachtet worden. Wichtig sei vielmehr gewesen, dass das Mercedes-Fahrzeug eine um einiges geräumigere Kabine aufweise als das Fahrzeug der Antragstellerin, was vor allem wegen der mitzuführenden Schutzausrüstungsgegenstände wichtig sei. Nicht unwesentlich sei auch gewesen, dass der Einstieg, der bei der Antragstellerin durch das Lenkrad beengt sei, beim Daimler-Fahrzeug komfortabler für korpulente Fahrer sei. Auch sei bei der Antragstellerin der Einstieg deutlich höher und damit unkomfortabler und die Kabine des Mercedes übersichtlicher.

– Wartungsfreundlichkeit: Bezüglich der Wartungsfreundlichkeit seien bei allen drei getesteten Fahrgestellen kaum Unterschiede festgestellt worden. Da kleinere Defizite vorgelegen hätten, sei jeweils nicht die volle Punktzahl vergeben worden.

– Materialauswahl: Das angebotene Fahrzeug der Beigeladenen habe die bessere Bepunktung erhalten, da bei diesem hochwertigere Materialien verwendet werden würden.

Die vorgenommene Wertung beim Los 2 sei ebenfalls nicht vergaberechtswidrig erfolgt:

– Abstützung: Die Waagrecht-Senkrecht-Abstützung der von der Beigeladenen angebotenen Leiter sei gegenüber der des Fahrzeugs der Antragstellerin in zweierlei Hinsicht als vorteilhaft empfunden worden: So könnten Hindernisse „überfahren“ werden. Des Weiteren könne durch einseitiges Anheben des Fahrgestells der Unterflurbereich erweitert werden.

– Leiterpark: Zwar sei es richtig, dass der Leiterpark der Antragstellerin mit -17 0 unter Flur ohne Anheben bzw. Schrägstellen des Fahrzeugs arbeite und der Leiterpark der Beigeladenen nur - 15° ermögliche. Dies sei für die Mitglieder des Bewertungsgremiums nicht so relevant gewesen als dass dadurch die Punktevergabe positiv beeinflusst worden wäre. Positiv gesehen worden sei hingegen, dass die 5-teilige Leiter der Konkurrenz insgesamt kürzer sei und dadurch beim Schwenken in horizontaler Lage wesentlich weniger Platz brauche als die Leiter der Antragstellerin. Auch könne die Antragstellerin keine Kranöse am 4. Leiterteil liefern, wodurch ein „Kleiner Kranbetrieb“ nicht möglich sei. Auch die Durchstiegsbreite des letzten Leiterteils sei bei der Beigeladenen etwas breiter und somit leichter mit Schutzkleidung zu durchsteigen. Beim Einsatz der Leiterbrücke müsse bei der Antragstellerin im Gegensatz zur Beigeladenen der Korb am Leiterpark abgenommen werden.

– Rettungskorb: Der Rettungskorb der Beigeladenen weise eine um 50 kg höhere Nutzlast im Korb auf, was im Hinblick auf die Personenrettung einen deutlichen Vorteil biete.

– Hauptbedienstand: Als wesentlicher Nachteil bei der Antragstellerin sei gewertet worden, dass am Hauptbedienstand für den Maschinisten kein ausreichender Wetterschutz dargestellt werden könne. Hier stehe nur eine Abdeckhaube zur Verfügung. Die Beizuladende biete einen großen Wetterschutz und der Sitz des Hauptbedienstandes sei breiter und neige sich zudem mit, was einen größeren Komfort darstelle. Die Technik allein könne keine Vorteile gegenüber der Beigeladenen bieten, da diese auch von der Beigeladenen angeboten werde.

– Nähe des Kundendienstzentrums.' Auch sei das Kundendienstzentrum korrekt bepunktet worden. Bei der Antragstellerin liege die nächste Servicestelle im Durchschnitt 308 km entfernt. Bei der Beigeladenen betrage die Entfernung 23 km.

Die Beigeladene hat zur Begründung vorgetragen:

Die Antragstellerin sei bezogen auf das Los 2 nicht antragsbefugt, da ihr Angebot diesbezüglich gem. § 19 EG Abs. 3 d VOL/A zwingend auszuschließen sei. Der Leiterparkt der Antragstellerin erfülle die Anforderungen der LV-Position 6.26 „Kranöse am 4. Leiterteil für kleinen Kranbetrieb (ca. 1.400 kg)“ nicht. Da die Antragstellerin diese Forderung vor Angebotsabgabe nicht gerügt habe, könne sie nicht damit gehört werden, dass ihr Leiterpark der aus einem vierteiligen Leitersatz bestehe, durch den Verbau einer „Lastöse“ im 3. Leiterteil einen gleichwertigen Kranbetrieb gewährleiste. Ein Angebot, das die zwingenden Vorgaben des Leistungsverzeichnisses nicht erfülle, stelle eine Änderung an den Vertragsunterlagen im Sinne des § 19 EG Abs. 3 VOL/A dar. Die Antragsgegnerinnen seien verpflichtet, das Angebot der Antragstellerin für das Los 2 auszuschließen.

Die Besetzung der Wertungskommission habe die Antragstellerin trotz Kenntnis vor Einleitung des Vergabeverfahrens ebenso wenig gerügt, wie die Art und Weise der Kenntnisverschaffung von den Fahrzeugeigenschaften durch Vorführungen und Probefahrten. Beides sei der Antragstellerin aufgrund des Protokolls vom 05.05.2015 bekannt gewesen. Sie sei daher mit diesen Beanstandungen im Nachprüfungsverfahren präkludiert.

Gleiches gelte für die Rüge, dass bei der Wertung der Ergonomie des Fahrerhauses die Unterbringung der persönlichen Schutzausrüstung nicht hätte gewertet werden dürfen, weil das Leistungsverzeichnis hierzu nichts aussage und auch der Wetterschutz des Hauptsteuerplatzes keine Vorgabe des Leistungsverzeichnisses sei.

Präkludiert sei die Antragstellerin auch mit der Rüge, dass die Wertung nicht hinreichend dokumentiert sei. Der Umfang der Dokumentation ergebe sich aus dem Protokoll vom 05.05.2015. Neue Erkenntnisse habe die Antragstellerin aus dem Vergabenachprüfungsverfahren nicht hinzugewinnen können. Beanstandungen hinsichtlich der Transparenz des Unterkriteriums „Materialauswahl“ beim Los 1 seien verspätet und hätten bis zum Ablauf der Angebotsfrist gerügt werden müssen.

Der Nachprüfungsantrag sei aber auch unbegründet. Die Wertung der Angebote sei zwar nicht frei von Rechtsfehlern. Diese wirkten sich jedoch nicht zu Gunsten der Antragstellerin aus.

Ein Ausschluss des eigenen Angebotes komme nicht in Frage, da in der Ausschreibung nur die Angabe von Reaktionszeiten gefordert werde. Wie diese Angabe zu tätigen sei, werde nicht vorgegeben. Ebenso wenig sei der Begriff Reaktionszeit definiert. Ein Ausschluss aufgrund unklarer und unpräziser Angaben sei aber mit dem Transparenzgrundsatz nicht vereinbar. Liege ein Ausschlussgrund nicht vor, habe eine Wertung des Angebotes auch bezogen auf das Wertungskriterium stattzufinden. Die Beigeladene habe mithin einen Anspruch, dass ihr Angebot bei beiden Losen ausgelegt werde. Die Auslegung ergebe, dass mit dem Adverb „sofort“ eine Reaktionszeit von weniger als einer Stunde gemeint sei. Demnach sei die Wertung mit null Punkten unzutreffend. Da man dies gegenüber den Antragsgegnerinnen gerügt habe, gehe man davon aus, dass eine Korrektur vorgenommen werde.

Da die Antragsgegnerinnen die bekannt gemachten Wertungskriterien und Unterkriterien angewandt und keine weiteren Unterkriterien eingeführt hätten, beschränke sich die Überprüfung der Wertungsentscheidung darauf, ob ein unzutreffender Sachverhalt bewertet worden sei und ob keine sachwidrigen Erwägungen in die Entscheidung eingeflossen seien.

Hinsichtlich des Loses 1 werde im einzelnen angemerkt:

– Fahrverhalten: Die Fahrstabilität ESP wirke sich nur in Grenzbereichen auf die Fahrsicherheit positiv aus und lasse sich bei Probefahrten nicht simulieren. Die Antragsgegner hätten bei der Einsatzfunktionalität nicht auf die Fahrsicherheit im Grenzbereich abgestellt, sondern auf die Fahrstabilität und das kurvendynamische Verhalten im täglichen Einsatz. Die Beurteilung der Federung und der Wagenstabilität beruhe auf den durchgeführten Fahrten mit den jeweiligen Fahrzeugen.

– Anordnung Fahrbedienelemente: Die Einschätzung des Gremiums, dass bei dem Fahrgestell der Beigeladenen Symbolik und Schalteranordnung am besten sei, sei nicht zu beanstanden. Es gehe bei der Beurteilung nicht um Maß und Zahl, sondern um das intuitive Zurechtfinden. Die Wertung der Bedienung der Pedale mit Einsatzstiefeln sei nicht zu beanstanden. Unterschiede bezogen auf die Schwergängigkeit und die Abstände zwischen den Pedalen, die wichtig für die Vermeidung von Fehlbedienungen seien, müssten auch bewertet werden.

– Bedienung des Getriebes und Verteilergetriebe: Dass bei der Bedienung des Getriebes auch berücksichtigt werde, dass das Fahrzeug von ungeübten Fahrern bedient werde, hätte nach Zugang des Protokolls vom 05.05.2015 gerügt werden müssen. Das Kriterium sei aber auch nicht fehlerhaft, da es auf der Hand liege, dass positiv bewertet werde, wenn sich ungeübte Fahrer gut zu Recht fänden.

– Ergonomie Fahrerhaus: Auch die Bewertung dieses Unterkriteriums sei nicht fehlerhaft. Dass persönliche Schutzausrüstungen mit ins Fahrerhaus genommen würden und griffbereit untergebracht werden müssten, sei selbstverständlich und nicht sachfremd. Auch werde darauf hingewiesen, dass sich die Leichtigkeit des Ein-und Ausstiegs des Fahrers nicht nach dem Abstand vom Lenkrad zur Rücklehne beurteile. Es gehe darum, wie der Fahrer ins Fahrerhaus gelange, bevor er sitze. Hier sei der vorhandene Platz bei der Antragstellerin ungünstiger gestaltet.

– Materialwahl: Die Rüge der Intransparenz des Unterkriteriums sei verspätet und es sei festzustellen, dass bei der Antragstellerin im Innenraum noch immer viel Hartplastik verarbeitet sei. Auch seien Knister- und Klappergeräusche beim Befahren von schlechten Verkehrswegen zu hören.

Die Vergabekammer wies mit Beschluss vom 16.9.2015 den Nachprüfungsantrag der Antragstellerin zurück.

Die Vergabekammer führte zur Begründung aus: der Antrag sei nicht begründet, da die Angebote der Antragstellerin in beiden Losen zwingend von der Wertung auszuschließen seien, während die Angebote der Beigeladenen in der Bewertung verbleiben könnten.

Das Angebot der Antragstellerin in Los 1 sei gemäß § 19 EG Abs. 3 d VOL/A zwingend von der Wertung auszuschließen, weil es zumindest in der Position 11.25 Fahrerairbag ein gefordertes Leistungsmerkmal nicht erfülle und auch keinen Nachweis der Gleichwertigkeit erbringen könne. Zudem habe die Antragstellerin im Los 1 weitere Anforderungen der Leistungsbeschreibung mit „Nein“ angekreuzt und dem Angebot keinen Nachweis der Gleichwertigkeit beigefügt. Dies führe - falls der Nachweis der Gleichwertigkeit insoweit überhaupt zu erbringen wäre - jedenfalls zu einem Ausschluss wegen fehlender Erklärungen gem. § 19 EG Abs. 3 a) VOL/A. Gleiches gelte für Los 2, wo das Angebot der Antragstellerin keine Lastöse am 4. Leiterteil biete, wie in der Position 6.26 gefordert. Da sie zu keinem Zeitpunkt im Verfahren einen Nachweis der Gleichwertigkeit erbracht habe, sei ihr Angebot jedenfalls nach § 19 EG Abs. 3 a) VOL/A wegen einer fehlenden Erklärung zwingend auszuschließen, ohne dass es darauf ankomme, ob sie den Nachweis der Gleichwertigkeit erbringen hätte können.

Das Angebot der Antragstellerin könne auch nicht deshalb in der Wertung verbleiben, weil das Wertungssystem der Antragsgegnerinnen in Bezug auf Abweichungen von der Leistungsbeschreibung in sich widersprüchlich sei. Nach der Vorbemerkung zur Leistungsbeschreibung sollten fehlende Leistungsmerkmale zwingend zum Ausschluss des abgegebenen Angebots führen. Daran ändere weder das Verhalten der Antragsgegnerinnen noch die Existenz des Zuschlagskriteriums „Erfüllungsgrad technischer Spezifikationen“ etwas. Die Antragsgegnerinnen hätten allerdings unter Nichtbeachtung ihrer eigenen EVB von der Leistungsbeschreibung abweichende Angebote unabhängig vom Nachweis der Gleichwertigkeit in der Wertung belassen und sie lediglich im Zuschlagskriterium „Erfüllungsgrad technischer Spezifikationen“ abgewertet. Nur bei diesem Verständnis der Vergabeunterlagen sei auch das Zuschlagskriterium „Erfüllungsgrad technischer Spezifikationen“ sinnvoll. Dieses gelebte Verständnis der Vergabeunterlagen sei aber mit dem Wortlaut der Leistungsbeschreibung und der EVB nicht vereinbar.

Dass in der Position 6.26 wohl die vergaberechtswidrige verdeckte produktspezifische Ausschreibung eines Alleinstellungsmerkmals der Leiter der Beigeladenen liege, ändere daran nichts, weil die insoweit sachkundige Antragstellerin dies nicht vor Angebotsabgabe gerügt habe. Auch dies stelle die Antragstellerin nicht davon frei, den Antragsgegnerinnen Unterlagen zur Verfügung zu stellen, mit denen sie die Gleichwertigkeit ihres Angebots überprüfen können.

Die Angebote der Beigeladenen in beiden Losen könnten nicht wegen einer inhaltlich unzureichenden Erklärung gem. § 19 EG Abs. 3 a) VOL/A ausgeschlossen werden, weil die Beigeladene beim Zuschlagskriterium Reaktionszeit „sofort' eingetragen habe und keine Angabe in einer bestimmten Zeiteinheit (Stunden, Minuten, Tage) gemacht habe. Die unbestimmte Zeitangabe „sofort“ sei im vorliegenden Fall einer Auslegung zugänglich, so dass eine Wertung der Reaktionszeiten durch die Antragsgegnerinnen möglich gewesen sei. Mit dem Adverb „sofort“ sei nach dem üblichen Sprachgebrauch eine Reaktionszeit von weniger als einer Stunde gemeint. Dass die Beigeladene die nicht näher spezifizierte Angabe der Reaktionszeit als Zeit bis ihre telefonische Hotline reagiere interpretiert habe und nicht wie die Antragstellerin als den Zeitraum, bis der Servicetechniker bei den Antragsgegnerinnen eintreffe, könne nicht zu ihren Lasten gehen, weil ihre Interpretation der Vorgabe vertretbar gewesen sei. Dass damit auch die von den Antragsgegnerinnen vorgenommene Wertung mit null Punkten unzutreffend sei, spiele keine Rolle mehr, da das Angebot der Beigeladenen zumindest in Los 2 als einziges Angebot im Verfahren verbleibe.

Die Beigeladene habe in ihrem Angebot zu Los 2 auch keine inhaltlich unzutreffenden Angaben in Bezug auf das dort geforderte Kundendienstzentrum gemacht. Die dort gemachten Kilometerangaben bezögen sich auf eine Firma, die als Servicepartner der Beigeladenen regelmäßig wiederkehrende Servicebzw. Kundendienstleistungen bezogen auf das Los 2 erbringe. Dazu sei nach Angaben der Beigeladenen kein Verbringen des Fahrzeugs in das Werk Karlsruhe oder ins österreichische Leonding erforderlich.

Aus diesem Grund spiele es auch keine Rolle mehr, dass das Vergabeverfahren nach wie vor in erheblichem Maße fehlerhaft durchgeführt wurde. Neben der widersprüchlichen Wertungssystematik bei Abweichungen von den Vorgaben der Leistungsbeschreibung und den an mehreren Stellen der Leistungsbeschreibung verdeckt geforderten vorhandenen Alleinstellungsmerkmalen der Produkte der Beigeladenen, sei auch das Wertungssystem bereits per se intransparent. Die insbesondere in Los 2 sehr allgemein gehaltenen Wertungskriterien (z.B. Einsatzfunktionalität in Bezug auf Abstütztechnik, Leiterpark, Funktionssicherheit oder Ausführung Hauptbedienstand) verhinderten es zusammen mit fehlenden Angaben, nach welchen Kriterien die Bepunktung zwischen 1 und 10 vorgenommen werde, die konkrete Punktevergabe auch nur ansatzweise nachzuvollziehen. Der Bewertungskommission sei so ein nahezu unbegrenzter Spielraum verblieben anhand von oft subjektiven, nicht objektivierbaren Kriterien Punktabzüge in beliebiger Höhe beim - von ihr wohl von Anfang an abgelehnten - Angebot der Antragstellerin vorzunehmen. Dass dabei auch wieder nicht bekanntgegebene Aspekte eine Rolle gespielt haben, die hätten bekanntgegeben werden müssen (wie die Kriterien bei der Materialauswahl, die Be-dienbarkeit für ungeübte Fahrer und der Wetterschutz am Hauptbedienstand), sei bei einer so vorgenommenen Wertung von vorneherein kaum zu verhindern. Auch die Dokumentation sei unzureichend, weil das konkrete Prozedere der Testungen und die in die Wertung eingeflossenen Bewertungen aller testenden Feuerwehrleute sowie deren Identität hätten festgehalten werden müssen.

Die Antragstellerin legte gegen den Beschluss der Vergabekammer mit Schriftsatz vom 16.10.2015 sofortige Beschwerde ein und führte zur Begründung aus:

Die Angebote der Antragstellerin dürften nicht ausgeschlossen werden. Es sei zwar zutreffend, dass die Antragstellerin hinsichtlich der Lose und 1 und 2 die genannten Punkte nicht mit Ja angekreuzt habe. Aufgrund der Unwirksamkeit der intransparenten Klausel Ziff. 18 EVB nach § 307 Abs. 1 S. 2 BGB seien Nebenangebote auch ohne Hauptangebot und auch ohne Gleichwertigkeitsnachweis zulässig gewesen. Ebenso handle es sich bei Ziff. 17 EVB um eine überraschende und daher unwirksame Klausel. Auch bezögen sich die EVB nicht auf Regelungen in Bezug auf die Vergabe oder der Teilnahme daran. Dies werde auch daraus deutlich, dass nach Satz 2 im Vorwort zum Leistungsverzeichnis vom Bieter mit Ja oder Nein anzukreuzen sei, ob bei dem angebotenen Fahrgestell bzw. Leiter die einzelnen Leistungsmerkmale vorhanden seien. Ein Ankreuzen mit „Nein“ führe nach dem Verständnishorizont eines objektiven Dritten auch nicht zu einem möglichen Ausschluss nach S. 3, da dort nicht auf das Ausfüllen eines Feldes mit „Nein“ sondern ein tatsächliches fehlendes Leistungsmerkmal als Ausschlussgrund abgestellt werde. Die diesbezüglichen Leistungsmerkmale würden jedoch gerade von der Antragstellerin tatsächlich und nachweislich erfüllt, eben nur mit gleichwertigen Merkmalen. Im Übrigen hätten die Antragsgegnerinnen die Nebenangebote der Antragstellerin, die gleichwertige Gegenstände im Sinne des §§ 9 Nr. 10 S. 2 VOB/A betroffen hätten, nicht ausschließen dürfen.

Entgegen den Ausführungen der Vergabekammer seien die Angebote der Beigeladene in beiden Losen zwingend auszuschließen. Das Angebot der Beigeladenen sei auszuschließen, da hinsichtlich des Zuschlagskriteriums Reaktionszeit keine Angaben in Stunden erfolgt seien. Der Begriff „sofort“ könne nicht dahingehend ausgelegt werden, dass nach dem üblichen Sprachgebrauch eine Reaktionszeit von weniger als einer Stunde gemeint sei. Vielmehr sei der Begriff dahingehend zu verstehen, dass eine augenblickliche Reaktion, die tatsächlich gar nicht möglich sei, erfolge. Die Angaben der Beigeladenen seien als vorsätzlich falsch anzusehen und müssten zum Ausschluss der Beigeladenen wegen Unzuverlässigkeit führen.

Die Angaben der Beigeladenen zu der Entfernung eines Kundendienstzentrums seien unzutreffend. In Los 1 werde von einer Servicestelle und in Los 2 von einem Kundendienstzentrum gesprochen. Daraus folge, dass es zwischen den beiden Stellen einen Unterschied geben müsse. Das Kundendienstzentrum der Antragstellerin sei in Ulm und das der Beigeladenen in Karlsruhe.

Im Übrigen würden weiter sämtliche Vergaberechtsverstöße, die Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens gewesen seien, angegriffen. Insoweit werde auf die Ausführung der Antragstellerin im Nachprüfungsverfahren verwiesen.

Die Antragstellerin beantragt,

  • 1.Der Beschluss der Vergabekammer Südbayern bei der Regierung von Oberbayern vom 30.9.2015 wird aufgehoben.

  • 2.Es wird festgestellt, dass die Antragstellerin in ihren Rechten verletzt ist.

  • 3.Die Prüfung und Wertung der Angebote ist unter Beachtung der Rechtsauffassung des OLG München zu wiederholen.

Hilfsweise: Das Verfahren ist in den früheren Zustand zurückzuversetzen und eine Fortführung unter Beachtung der Rechtsauffassung des OLG München anzuordnen.

Weiter hilfsweise: Das Verfahren ist aufzuheben und bei fortbestehender Beschaffungsabsicht eine Neudurchführung unter Beachtung der Rechtsauffassung des OLG München anzuordnen.

Weiter hilfsweise: Es werden geeignete Maßnahmen getroffen, um die festgestellten Rechtsverletzungen zu beseitigen.

Die Antragsgegnerinnen beantragen die Zurückweisung der sofortigen Beschwerde und tragen zur Begründung vor:

Die Vergabekammer habe den Nachprüfungsantrag zu Recht zurückgewiesen. Die Angebote der Antragstellerin seien, wie von der Vergabekammer zutreffend ausgeführt, in beiden Losen zwingend auszuschließen gewesen. Bei den Regelungen in Ziff. 17 und Ziff. 18 der EVB handele es sich nicht um Allgemeine Geschäftsbedingungen, da diese Bedingungen seitens der Antragsgegnerinnen nur zur einmaligen Verwendung vorgesehen seien.

Den Ausführungen der Vergabekammer, dass die Angebote der Beigeladenen in beiden Losen zu Recht gewertet worden seien, werde beigepflichtet.

Auch wenn es aufgrund des zwingenden Ausschlusses der Angebote der Antragstellerin nicht mehr auf die von der Antragstellerin gerügte Wertung ankäme, seien die Antragsgegnerinnen gleichwohl der Auffassung, dass die Wertung rechtskonform und zutreffend und mit einem großen Aufwand an Sorgfalt durchgeführt worden sei.

Die Beigeladene stellte in der mündlichen Verhandlung vor dem Vergabesenat keinen Antrag, schriftsätzlich trug sie vor:

Die Vergabekammer sei zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass die Angebote der Antragstellerin zwingend wegen Nichterfüllung geforderter Leistungsmerkmale auszuschließen seien. Ein fachkundiger Bieter habe nicht davon ausgehen dürfen, dass statt dem im Leistungsverzeichnis in Fettdruck angekündigten zwingenden Ausschluss seines Angebotes bei der Nichterfüllung der Leistungsmerkmale lediglich eine negative Bewertung wegen Nichterfüllung von technischen Spezifikationen erfolge.

Die Angebote der Antragstellerin könnten auch nicht als Nebenangebote oder alternative Angebote gewertet werden, da keine Nachweise der Gleichwertigkeit vorgelegt worden seien. Sofern die maßgeblichen Bestimmungen der EVB unwirksam seien, seien Nebenangebote ohnehin unzulässig.

Einen Ausschluss der Beigeladenen habe die Vergabekammer zu Recht abgelehnt. Die Auffassung der Antragstellerin, bei der Reaktionszeit hätte eine Zeiteinheit angegeben werden müssen, sei durch die Vorgaben der Ausschreibung nicht gedeckt. Die Entfernungsangaben zum nächsten Kundendienstzentrum für das Los 2 seien nicht zu beanstanden, da die Antragsgegnerinnen inhaltlich nicht zwischen Servicestellen und Kundendienstzentren unterscheiden würden.

Die unterschiedlichen Wertungen der Angebote der Antragstellerin und der Beigeladenen seien bezogen auf die einzelnen Unterkriterien sachlich gerechtfertigt. Die Wertung sei nur dahingehend zu korrigieren, dass die Beigeladene auf das Unterkriterium Reaktionszeit 10 Punkte erhalten müsse.

Mit Beschluss vom 29.10.2015 hat der Senat die aufschiebende Wirkung der sofortigen Beschwerde bis zur Entscheidung über diese Beschwerde verlängert und am 3.12.2015 mündlich verhandelt. Auf die Sitzungsniederschrift von diesem Tage wird ebenso Bezug genommen wie auf den gesamten Akteninhalt.

B.

Die zulässige Beschwerde erwies sich als begründet.

Der Beschwerde der Antragstellerin war im Hilfsantrag stattzugeben, da das Angebot der Antragstellerin nicht von dem Vergabeverfahren ausgeschlossen werden durfte. Da auch ein Ausschluss des Angebotes der Beigeladenen nicht in Betracht kam, die Bewertung nicht nachvollzogen werden kann und das Vergabeverfahren an schwerwiegenden Mängeln leidet, war das Vergabeverfahren aufzuheben.

I. Das Angebot der Antragstellerin durfte in beiden Losen nicht wegen Abweichungen von dem Leistungsverzeichnis ausgeschlossen werden.

Die Voraussetzungen für einen Ausschluss liegen nicht vor, da die Vergabebedingungen widersprüchlich waren und das Verständnis der Antragstellerin, dass die Nichterfüllung eines in der Leistungsbeschreibung enthaltenen Merkmals, nicht zwingend zu einem Ausschluss führt, nicht fernliegend ist.

1. Grundvoraussetzung eines jeden ordnungsgemäßen Vergabeverfahrens ist das Vorliegen eindeutiger und widerspruchsfreier Vergabeunterlagen (§ 7 EG Abs. 1 VOL/A). Welcher Erklärungswert Angebotsunterlagen zukommt, ist anhand der für die Auslegung von Willenserklärungen geltenden Grundsätze {§§ 133, 157 BGB) zu ermitteln. In Anbetracht der Ausschlusssanktion müssen die Bieter diesen Unterlagen klar entnehmen können, welche Erklärungen und Leistungsangebote im Zusammenhang mit der Angebotsabgabe verlangt werden. Bedürfen die Vergabeunterlagen der Auslegung, ist dafür der objektive Empfängerhorizont der potenziellen Bieter, also eines abstrakt bestimmten Adressatenkreises, maßgeblich.

2. Die Vergabebedingungen der Antragsgegnerinnen waren widersprüchlich. Einerseits wurde in der Vorbemerkung der Leistungsbeschreibung darauf hingewiesen, dass ein fehlendes Leistungsmerkmal zwingend zum Ausschluss des abgegebenen Angebots führt. Andererseits hatte der Bieter unter der Rubrik „erfüllt“ Ja oder Nein anzukreuzen, wobei hinsichtlich Los 1 für die allgemeinen Anforderungen (Fahrgestell) diese Rubrik nicht vorgesehen war. Allerdings wird auch in Los 2 zwischen den allgemeinen und sonstigen Anforderungen unterschieden. Weiter war als Zuschlagskriterium die „Erfüllung technischer Spezifikationen“ benannt und die Punktbewertung sollte anhand des prozentualen Erfüllungsgrades der in der Leistungsbeschreibung geforderten technischen Spezifikationen erfolgen. Es kommt hinzu, dass die Leistungsbeschreibung zwischen allgemeinen Anforderungen und weiteren Anforderungen unterscheidet. Die allgemeinen Anforderungen betrafen hinsichtlich Los 1 das näher beschriebene Fahrgestell und hinsichtlich Los 2 den näher beschriebenen Drehleiterpark. Die folgenden Anforderungen betrafen detailliertere Beschreibungen zu der technischen Ausstattung, der Bedienbarkeit und Innenausstattung des Fahrzeuges bzw. Ausstattung des Drehleiterparks, wobei die Anforderungen teilweise sehr unterschiedliche Merkmale, wie z.B. ABS oder Ablagefläche, betreffen.

3. Nach Auffassung des Senates war angesichts der Gestaltung der Leistungsbeschreibung und der benannten Zuschlagskriterien auch für einen durchschnittlichen Bieter nicht hinreichend klar, ob das Ankreuzen einer Leistungsbeschreibung mit „Nein“ zwingend zum Ausschluss oder lediglich zu einer Abwertung im Rahmen des Zuschlagskriteriums „Erfüllung technischer Spezifikation“ führt. Es ist nicht unvertretbar und nicht fernliegend, dass ein durchschnittlicher Bieter im Gesamtkontext die Vergabeunterlagen dahingehend versteht, dass die Nichterfüllung einer der genannten Leistungsanforderungen - ausgenommen die allgemeinen Leistungsanforderungen - nicht zu einem Ausschluss, sondern lediglich zu einer Abwertung im Rahmen des maßgeblichen Zuschlagskriteriums führt. Für dieses Verständnis spricht auch, dass es sich teilweise um im Gesamtkontext wenig bedeutsame technische Spezifikationen und Ausstattungsmerkmale gehandelt hat, wie z.B. Radiovorbereitung, Ablagen, Fußmatten etc.. Weiter war zu beachten, dass die Vergabestelle dieses Verständnis ihrer Wertung zugrunde gelegt hat und dass in dem ersten Nachprüfungsverfahren offensichtlich ein zwingender Ausschluss des Angebotes der Antragstellerin nicht problematisiert wurde und auf Anregung der Vergabekammer lediglich die Wertung wiederholt wurde.

Entscheidend ist jedoch, dass das Verständnis der Antragstellerin in Übereinstimmung mit dem Verständnis der Vergabestelle steht und das Wertungskriterium „Erfüllung technischer Spezifikationen“ sinnwidrig ist, wenn bei Nichterfüllung einer dieser Leistungsanforderungen das Angebot eines Bieters gar nicht mehr in die Wertung gelangen kann.

II. Der Senat folgt der Auffassung der Vergabekammer, dass die Voraussetzungen für einen Ausschluss der Angebote der Beigeladenen in Los 1 und 2 nicht vorliegen. Auch hier gilt zugunsten des Bieters, dass die Vorgaben in der Leistungsbeschreibung nicht hinreichend bestimmt waren und das Verständnis der Beigeladenen von den betreffenden Beschreibungen nicht fernliegend war.

Die Beigeladene hat in die Rubriken „Reaktionszeiten innerhalb und außerhalb der Arbeitszeiten“ jeweils „sofort“ eingetragen. Auch wenn es näher gelegen hätte, für die Reaktionszeit eine konkrete Zeiteinheit einzutragen, da bei einer Differenz von mehr als vier Stunden zu der Reaktionszeit des Anbieters der kürzesten Reaktionszeit ein Abzug von einem Punkt erfolgen sollte. Allerdings ist mit der Angabe „sofort“ verbunden, dass eine schnellstmögliche und zeitnahe Reaktion versprochen wird. Es kommt hinzu, dass einiges dafür spricht, dass die Beigeladene die Reaktionszeit als telefonische Reaktion auf einen Telefonanruf oder sonstige Meldung der Antragsgegnerin verstanden hat und die Leistungsbeschreibung keine genauen Angabe enthält, welche Reaktion innerhalb der anzugebenden Zeit genau erwartet wird.

2. Ein Ausschluss der Beigeladenen in Los 2 wegen unzutreffender Angaben der Entfernung zu dem geforderten Kundendienstzentrum scheidet aus, da in den Vergabeunterlagen nicht näher spezifiziert war, welche Leistungen die Antragsgegnerin von einem Servicebzw. Kundendienstleistungszentrum erwartet und wie die Vergabekammer zutreffend dargelegt hat, das Begriffsverständnis der Beigeladenen insoweit zumindest vertretbar und nicht fernliegend war.

III. Die Vergabeentscheidung kann jedoch keinen Bestand haben, da weder bei Los 1 noch Los 2 die Bewertungen nachvollzogen werden können.

1. Der Vergabekammer ist beizupflichten, dass die Antragstellerin mit Schreiben vom 12.6.2015 und 16.6.2015 in ausreichendem Maße und rechtzeitig betreffend der Lose 1 und 2 gerügt habe, dass nicht nachvollziehbar und erkennbar ergebnisorientiert zu Gunsten der Beigeladenen höhere Punktzahlen vergeben worden seien, sowie im Rügeschreiben vom 16.6.2015 ausreichend gerügt worden sei, dass aus dem Protokoll zur Sitzung der Bewertungskommission nicht hervorgehe, welche Punktzahlen konkret in welcher Abstufung zur Beigeladenen in Bezug auf welches Mehr- oder Weniger-Erfülltsein mit welcher Begründung vergeben worden seien.

2. Bei der Erstellung der Verdingungsunterlagen der Zuschlagskriterien sind folgende Grundsätze zu beachten: Der öffentliche Auftraggeber hat in den Verdingungsunterlagen oder in der Vergabebekanntmachung alle Zuschlagskriterien anzugeben, deren Verwendung er vorsieht, möglichst in der Reihenfolge der ihnen zuerkannten Bedeutung. Umgekehrt darf der Auftraggeber keine Unterkriterien oder Gewichtungsregeln anwenden, die er den am Auftrag interessierten Unternehmen nicht vorher zur Kenntnis gebracht hat. Unter Unterkriterien werden Kriterien verstanden, die die eigentlichen Zuschlagskriterien genauer ausformen und präziser darstellen, worauf es dem Auftraggeber im Einzelnen ankommt. Gewichtungsregeln bestimmen, wie die (zu erwartenden) Angaben der Bieter zu den einzelnen Kriterien und Unterkriterien zu bewerten sind und wie beispielsweise eine Umrechnung in Wertungspunkte erfolgt, wobei sich die Frage, in welcher Differenziertheit und Tiefe ein öffentlicher Auftraggeber ein Bewertungssystem mit Unter-Unterkriterien und Gewichtungsregeln im Vorhinein aufzustellen hat, sich nur einzelfallbezogen beantworten lässt.

Es ist zu beachten, dass der Auftraggeber auf der letzten Ebene der Angebotswertung einen Wertungsspielraum hat. Dieser darf nicht dadurch eingeschränkt werden, dass er vergaberechtlich in jedem Fall daran gebunden wird, im Voraus in mehrstufige Unterkriterien und entsprechende Gewichtungen aufgegliederte Bewertungsregeln aufzustellen. Die Grenze, ab der das Offenlassen konkreter Bewertungsmaßstäbe vergaberechtlich unzulässig ist, ist allerdings erreicht, wenn die aufgestellten Wertungsmaßstäbe so unbestimmt sind, dass Bieter nicht mehr angemessen über die Kriterien und Modalitäten informiert werden, und sie infolgedessen auch vor einer willkürlichen und/oder diskriminierenden, d.h. einer die Gebote der Gleichbehandlung und der Transparenz verletzenden Angebotswertung nicht mehr effektiv zu schützen sind. Weiter ist zu verlangen, um die erforderliche Transparenz des Vergabeverfahrens zu wahren, dass die Wertungsentscheidungen so dokumentieren werden, dass die Entschlussfassung bzw. Bewertung inhaltlich nachvollziehbar sind (vgl. OLG Düsseldorf Verg 10/09 vom 30.07.2009).

3. Diesen Anforderungen genügt die Bewertung der Antragsgegnerin weder hinsichtlich Los 1 noch 2. Der Senat folgt der Auffassung der Vergabekammer, dass das Wertungssystem der Antragsgegnerinnen intransparent ist und insbesondere die Abstufung der Bepunktung nicht nachvollzogen werden kann, da keine Gesichtspunkte vorgegeben sind, wie die Bepunktung zwischen 1 und 10 abgestuft wird. Auch wenn - wie oben ausgeführt - auf dieser Wertungsstufe der Vergabestelle ein Beurteilungsspielraum zuzubilligen ist, können gerade bei Kriterien, die wenig objektivierbar sind und bei denen subjektive Gesichtspunkte eine gewichtige Rolle spielen, nicht auf ein nachvollziehbares Schema der Abstufung und Begründung verzichtet werden, wie die Abstufungen zwischen 1 und 10 vorgenommen worden sind. Andernfalls würde der Bewertungskommission ein nahezu unbegrenzter Spielraum verbleiben. Je weniger ein Unterkriterium und Unter-Unterkriterium spezifiziert wird, desto schwieriger ist die Bewertung nachzuvollziehen und es ist daher mindestens zu verlangen, dass die Bewertung und die Punktevergabe so begründet werden, dass die Unterschiede nachvollzogen werden können. Dies ist im vorliegenden Fall nicht möglich.

4. Im Einzelnen ist zu den Bewertungen hinsichtlich Los 1 auszuführen (wobei hinsichtlich Los 1 noch ein drittes Fahrgestell bewertet wurde):

a) Im Unterkriterium Fahrverhalten erreichte die Antragstellerin 6 Punkte und die Beigeladene 10 Punkte. Aus der Dokumentation ergibt sich nicht, wie die Punktewertung zustande gekommen ist, insbesondere nicht, ob die weiter genannten Unter-Unterkriterien jeweils einzeln bepunktet wurden oder ob die Punkte in einer Gesamtschau vergeben worden sind. Es ist auch nicht ohne weiteres nachvollziehbar, dass ein ESP System sich bei der Bewertung nicht positiv auswirkt. Schließlich kann der Punkteabstand zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen nicht nachvollzogen werden.

b) Auch hinsichtlich der Anordnung der Fahrbedienelemente kann zunächst auf die obigen Ausführungen verwiesen werden. Im Übrigen erscheint die Bepunktung sehr subjektiv, insbesondere wird nicht ohne weiteres klar, welche Anforderungen an die Schalteranordnung im Einzelnen gestellt werden.

c) Auffällig ist auch bei der Bewertung der Ergometrie des Fahrerhauses, dass das Fahrzeug der Antragstellerin deutlich schlechter als die beiden anderen bewertet wird und es ist auch nicht ohne weiteres nachvollziehbar, aus welchen Gesichtspunkten der Abstand der Sitzfläche zur Fahrerhausdecke im Gegensatz zum übrigen Platzangebot keine Rolle spielt.

d) Bei der Bepunktung der weiteren Unterkriterien Qualität Fahrgestell und Materialauswahl ist insgesamt zu bemängeln, dass keine leitenden Gesichtspunkte angegeben sind, wie der erhebliche Punkteabstand des Fahrgestells zu den beiden anderen Fahrzeugen im einzelnen seine Rechtfertigung findet. Bei der Materialauswahl erhält die Antragstellerin nur 5 Punkte, obgleich hinsichtlich der Verwendung hochwertiger Bauteile für Achsen etc. keine wesentlichen Unterschiede festgestellt wurden. Auch bei dem Unterkriterium konstruktiver Konstruktionsschutz kann die Bewertung nicht ohne weiteres nachvollzogen werden, da hinsichtlich der Verwendung nicht rostender Materialen und Verbindungselemente keine Unterschiede zwischen den Herstellern festgestellt wurden.

5. Im Einzelnen ist hinsichtlich Los 2 noch ergänzend auszuführen:

a) Auch hinsichtlich der Bewertung der Abstütztechnik kann der Punkteabstand nicht nachvollzogen werden und es ist auch nicht ersichtlich, dass auch die Vorteile des Systems der Beigeladenen hinreichend gewichtet worden sind.

b) Hinsichtlich des Leiterparks ist festzustellen, dass seitens der Antragstellerin eingewandt wird, dass ihre vierteilige Leiter nicht kürzer als die fünfteilige Leiter der Antragstellerin sei. Weiter wird nicht erwähnt und gewürdigt, dass der Leiterpark der Antragstellerin am 3. Leiterteil über eine Kranöse verfügt. Auch fällt auf, dass der Umstand, dass die Drehleiter der Antragstellerin ein Arbeiten von -17° Unterflur ermöglicht, nicht als ein Vorteil der Leiter der Antragstellerin gewürdigt wurde.

c) Der Einwand der Antragstellerin, ihr Rettungskorb weise eine maximale Traglast von 460 kg auf, steht nicht in Einklang mit den Angaben der Antragstelterin in ihrem Angebot in welchem eine maximale Tragkraft von 400 kg angegeben ist. Allerdings ist nicht hinreichend klar, ob die Einsatzfunktionalität nur unter dem Gesichtspunkt der Traglast geprüft wurde und nicht auch weitere Gesichtspunkte einbezogen wurden.

d) Auch hinsichtlich des Unterkriteriums „Hauptbedienstand“ kann aus der dokumentierten Begründung nicht nachvollzogen werden, dass ein Unterschied aufgrund des unterschiedlichen Wetterschutzes und der Breite des Sitzes einen Abstand von 5 Punkten rechtfertigt.

e) Zusammenfassend ist festzustellen, dass aufgrund der teilweise sehr unbestimmten Kriterien und der fehlenden Vorgaben, wie die Punkte zu verteilen sind und der daraus folgenden unzureichenden Begründung, die Wertungen nicht nachvollzogen werden können.

6. Die Zuschlagskriterien leiden - wie unter IV näher ausgeführt - weiter an dem Mangel, dass Leistungsanforderungen und Zuschlagskriterien vermischt werden.

IV. Gemäß § 123 Satz 1 und 2 GWB ist anzuordnen, dass das Vergabeverfahren aufgehoben wird. Der Senat ist der Auffassung, dass das Vergabeverfahren unter dem schwerwiegenden Mangel leidet, dass in den Angebotsunterlagen nicht hinreichend klargestellt wird, welche Leistungen zu erbringen sind und das Zuschlagskriterium „technische Spezifikationen“ unzulässig ist.

1. Das Zuschlagskriterium „technische Spezifikationen“ ist unzulässig, da die Frage, ob der Bieter die angebotene Leistung erbringt, auf der ersten Stufe der Wertung zu prüfen ist. Es kommt weiter hinzu, dass der Wegfall dieses Kriteriums die Gewichtung der Einzelkriterien ändert und auch ein Bieter, der nicht sämtliche Leistungsanforderungen erfüllt, abgewertet wird, wobei er dann ggf. Vorteile bei dem Angebotspreis erlangen kann. Des Weiteren ist auch nicht völlig eindeutig, welche Leistungsanforderungen die Antragsgegnerin zwingend voraussetzt. Sofern, wofür einiges spricht, sämtliche aufgeführten Anforderungen von den Bietern zu erfüllen sind, ist das Zuschlagskriterium „technische Spezifikationen“ überflüssig und vergaberechtswidrig. Sofern die Vergabestelle nicht alle in den Anforderungen genannten Merkmale als zwingend zu erbringende Grundpositionen einstufen will, wofür spricht, dass sie sich vorbehält, nicht alle ausgeschriebenen Positionen zur Auftragsvergabe bis zu einer Grenze von 10% der Angebotssumme kommen zu lassen, hat sie ggf. zu prüfen, inwieweit dies in vergaberechtlich zulässiger Weise erfolgen kann. Das Zuschlagskriterium „technische Spezifikationen“ bleibt jedenfalls auch dann unzulässig.

2. Selbst wenn dieser Gesichtspunkt, der erst durch die Entscheidung der Vergabekammer in den Blickpunkt geraten ist, der Rügepflicht unterliegt und von der Antragstellerin nicht hinreichend gerügt worden sein sollte, darf der Senat ausnahmsweise diesen Mangel, der von dem Senat wegen der Unklarheit der Leistungsanforderungen und der Vermischung zwischen Leistungsanforderungen und Zuschlagskriterien als schwerwiegend gewertet wird, berücksichtigen. Der Vergabesenat hat die Pflicht, für die Rechtmäßigkeit des Ausschreibungsverfahrens zu sorgen. Er erforscht ebenso wie die Vergabekammer den Sachverhalt von Amts wegen, § 110 GWB. Dies heißt aber nicht, dass der Vergabesenat nun von Amts wegen alle Vergabeunterlagen nach Mängeln durchsuchen muss. Vielmehr formuliert § 110 Abs. 1 S. 2 GWB, dass sich Vergabekammer und Vergabesenat bei ihren Ermittlungen auf das beschränken können, was von den Beteiligten vorgebracht wird oder ihnen sonst bekannt sein muss. Das sind konkrete und offensichtliche Anhaltspunkte für Vergabeverstöße, auf die die Mitglieder von Vergabesenat oder Vergabekammer bei Durchsicht der Akten stoßen, wenn sie diese im Hinblick auf die gerügten Mängel durchschauen, oder sonstige allgemein bekannte Verdachtsmomente. Es wird daher für zulässig erachtet, dass bei besonders schwerwiegen Vergaberechtsverstößen auch ohne eine ausdrückliche Rüge der Fehler beachtet werden darf (vgl. Dicks in Ziekow/ Völlink Vergaberecht § 110 GWB Rn.7; Diemon-Wies in PK Kartellvergaberecht § 110 GWB Rn.30). Die festgestellten Widersprüchlichkeiten ergaben sich insbesondere aus der Begründung der Entscheidung der Vergabekammer, die die Widersprüchlichkeit der Angebotsunterlagen herausgearbeitet hat. Die Beteiligten wurden in der mündlichen Verhandlung auf diesen Mangel hingewiesen. Dieser schwerwiegende Fehler des Vergabeverfahrens darf daher beachtet und bei der Entscheidung verwertet werden.

3. Auch wenn die Aufhebung und Wiederholung des gesamten Vergabeverfahrens nur als „ultima ratio“ in Betracht kommt, ist der Senat der Auffassung, dass die Unklarheiten der zwingend zu erbringenden Leistungen und des Zuschlagskriteriums „technische Spezifikationen“ derart gewichtig und schwerwiegend sind, dass im Rahmen des laufenden Vergabeverfahrens dieser Mangel nicht mehr behoben werden kann. Zur Beseitigung dieses Mangels ist eine vollständige Überarbeitung der Vergabeunterlagen erforderlich und auch eine Änderung der Zuschlagskriterien.

Bei einer etwaigen Neuausschreibung werden die Antragsgegnerinnen zu beachten haben, dass eine Vermischung zwischen zwingenden Leistungsanforderungen {zu prüfen Wertungsstufe 1) und Zuschlagskriterien vergaberechtlich unzulässig ist. Hinsichtlich der einzelnen Zuschlagskriterien empfiehlt sich, diese möglichst genau darzustellen und ein nachvollziehbares Bewertungssystem hinsichtlich der einzelnen Bepunktungen bekanntzugeben. Des weiteren ist auf den Grundsatz der produktneutralen Ausschreibung zu verweisen.

V. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 120 Abs. 2, 78 GWB, §§ 92,100 Abs. 1, 4 ZPO, § 128 Abs. 3, 4 GWB. Sie umfasst auch die Kosten des Verfahrens nach § 118 Abs. 1 Satz 3 GWB. Da die Antragstellerin lediglich mit dem Hilfsantrag auf Aufhebung des Vergabeverfahrens durchgedrungen ist, liegt ein Teilunterliegen vor, das der Senat mit 1/3 bewertet. Die Beigeladene war auch an den Kostenregelung des Beschwerdeverfahrens zu beteiligen, da sie sich durch Einreichung von Schriftsätzen und Teilnahme an der mündlichen Verhandlung aktiv an dem Verfahren beteiligt hat. Eine aktive Beteiligung am Nachprüfungsverfahren liegt bereits dann vor, wenn sich die Beigeladene schriftsätzlich zu den streitigen Rechtsfragen geäußert und die Zulässigkeit und Begründetheit der sofortigen Beschwerde der Antragstellerin verneint hat {vgl. OLG Düsseldorf, vom 10.05.2012 Verg 5/12). Es ist entspricht daher der Billigkeit, dass die Beigeladene wie auch in dem vorverhandelten völlig gleichgelagertem Verfahren (Verg 11/15) an den Kosten beteiligt wird.

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§ 129 des Strafgesetzbuchs (Bildung krimineller Vereinigungen), § 129a des Strafgesetzbuchs (Bildung terroristischer Vereinigungen) oder § 129b des Strafgesetzbuchs (Kriminelle und terroristische Vereinigungen im Ausland),
2.
§ 89c des Strafgesetzbuchs (Terrorismusfinanzierung) oder wegen der Teilnahme an einer solchen Tat oder wegen der Bereitstellung oder Sammlung finanzieller Mittel in Kenntnis dessen, dass diese finanziellen Mittel ganz oder teilweise dazu verwendet werden oder verwendet werden sollen, eine Tat nach § 89a Absatz 2 Nummer 2 des Strafgesetzbuchs zu begehen,
3.
§ 261 des Strafgesetzbuchs (Geldwäsche),
4.
§ 263 des Strafgesetzbuchs (Betrug), soweit sich die Straftat gegen den Haushalt der Europäischen Union oder gegen Haushalte richtet, die von der Europäischen Union oder in ihrem Auftrag verwaltet werden,
5.
§ 264 des Strafgesetzbuchs (Subventionsbetrug), soweit sich die Straftat gegen den Haushalt der Europäischen Union oder gegen Haushalte richtet, die von der Europäischen Union oder in ihrem Auftrag verwaltet werden,
6.
§ 299 des Strafgesetzbuchs (Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr), §§ 299a und 299b des Strafgesetzbuchs (Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen),
7.
§ 108e des Strafgesetzbuchs (Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern),
8.
den §§ 333 und 334 des Strafgesetzbuchs (Vorteilsgewährung und Bestechung), jeweils auch in Verbindung mit § 335a des Strafgesetzbuchs (Ausländische und internationale Bedienstete),
9.
Artikel 2 § 2 des Gesetzes zur Bekämpfung internationaler Bestechung (Bestechung ausländischer Abgeordneter im Zusammenhang mit internationalem Geschäftsverkehr) oder
10.
den §§ 232, 232a Absatz 1 bis 5, den §§ 232b bis 233a des Strafgesetzbuches (Menschenhandel, Zwangsprostitution, Zwangsarbeit, Ausbeutung der Arbeitskraft, Ausbeutung unter Ausnutzung einer Freiheitsberaubung).

(2) Einer Verurteilung oder der Festsetzung einer Geldbuße im Sinne des Absatzes 1 stehen eine Verurteilung oder die Festsetzung einer Geldbuße nach den vergleichbaren Vorschriften anderer Staaten gleich.

(3) Das Verhalten einer rechtskräftig verurteilten Person ist einem Unternehmen zuzurechnen, wenn diese Person als für die Leitung des Unternehmens Verantwortlicher gehandelt hat; dazu gehört auch die Überwachung der Geschäftsführung oder die sonstige Ausübung von Kontrollbefugnissen in leitender Stellung.

(4) Öffentliche Auftraggeber schließen ein Unternehmen zu jedem Zeitpunkt des Vergabeverfahrens von der Teilnahme an einem Vergabeverfahren aus, wenn

1.
das Unternehmen seinen Verpflichtungen zur Zahlung von Steuern, Abgaben oder Beiträgen zur Sozialversicherung nicht nachgekommen ist und dies durch eine rechtskräftige Gerichts- oder bestandskräftige Verwaltungsentscheidung festgestellt wurde oder
2.
die öffentlichen Auftraggeber auf sonstige geeignete Weise die Verletzung einer Verpflichtung nach Nummer 1 nachweisen können.
Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn das Unternehmen seinen Verpflichtungen dadurch nachgekommen ist, dass es die Zahlung vorgenommen oder sich zur Zahlung der Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung einschließlich Zinsen, Säumnis- und Strafzuschlägen verpflichtet hat.

(5) Von einem Ausschluss nach Absatz 1 kann abgesehen werden, wenn dies aus zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses geboten ist. Von einem Ausschluss nach Absatz 4 Satz 1 kann abgesehen werden, wenn dies aus zwingenden Gründen des öffentlichen Interesses geboten ist oder ein Ausschluss offensichtlich unverhältnismäßig wäre. § 125 bleibt unberührt.

(1) Öffentliche Aufträge, die verschiedene Leistungen wie Liefer-, Bau- oder Dienstleistungen zum Gegenstand haben, werden nach den Vorschriften vergeben, denen der Hauptgegenstand des Auftrags zuzuordnen ist. Dasselbe gilt für die Vergabe von Konzessionen, die sowohl Bau- als auch Dienstleistungen zum Gegenstand haben.

(2) Der Hauptgegenstand öffentlicher Aufträge und Konzessionen, die

1.
teilweise aus Dienstleistungen, die den Vorschriften zur Vergabe von öffentlichen Aufträgen über soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne des § 130 oder Konzessionen über soziale und andere besondere Dienstleistungen im Sinne des § 153 unterfallen, und teilweise aus anderen Dienstleistungen bestehen oder
2.
teilweise aus Lieferleistungen und teilweise aus Dienstleistungen bestehen,
wird danach bestimmt, welcher geschätzte Wert der jeweiligen Liefer- oder Dienstleistungen am höchsten ist.

(1) Ein dynamisches Beschaffungssystem ist ein zeitlich befristetes, ausschließlich elektronisches Verfahren zur Beschaffung marktüblicher Leistungen, bei denen die allgemein auf dem Markt verfügbaren Merkmale den Anforderungen des öffentlichen Auftraggebers genügen.

(2) Eine elektronische Auktion ist ein sich schrittweise wiederholendes elektronisches Verfahren zur Ermittlung des wirtschaftlichsten Angebots. Jeder elektronischen Auktion geht eine vollständige erste Bewertung aller Angebote voraus.

(3) Ein elektronischer Katalog ist ein auf der Grundlage der Leistungsbeschreibung erstelltes Verzeichnis der zu beschaffenden Liefer-, Bau- und Dienstleistungen in einem elektronischen Format. Er kann insbesondere beim Abschluss von Rahmenvereinbarungen eingesetzt werden und Abbildungen, Preisinformationen und Produktbeschreibungen umfassen.

(4) Eine zentrale Beschaffungsstelle ist ein öffentlicher Auftraggeber, der für andere öffentliche Auftraggeber dauerhaft Liefer- und Dienstleistungen beschafft, öffentliche Aufträge vergibt oder Rahmenvereinbarungen abschließt (zentrale Beschaffungstätigkeit). Öffentliche Auftraggeber können Liefer- und Dienstleistungen von zentralen Beschaffungsstellen erwerben oder Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträge mittels zentraler Beschaffungsstellen vergeben. Öffentliche Aufträge zur Ausübung zentraler Beschaffungstätigkeiten können an eine zentrale Beschaffungsstelle vergeben werden, ohne ein Vergabeverfahren nach den Vorschriften dieses Teils durchzuführen. Derartige Dienstleistungsaufträge können auch Beratungs- und Unterstützungsleistungen bei der Vorbereitung oder Durchführung von Vergabeverfahren umfassen. Die Teile 1 bis 3 bleiben unberührt.

(1) Unternehmen haben bei der Ausführung des öffentlichen Auftrags alle für sie geltenden rechtlichen Verpflichtungen einzuhalten, insbesondere Steuern, Abgaben und Beiträge zur Sozialversicherung zu entrichten, die arbeitsschutzrechtlichen Regelungen einzuhalten und den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern wenigstens diejenigen Mindestarbeitsbedingungen einschließlich des Mindestentgelts zu gewähren, die nach dem Mindestlohngesetz, einem nach dem Tarifvertragsgesetz mit den Wirkungen des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes für allgemein verbindlich erklärten Tarifvertrag oder einer nach § 7, § 7a oder § 11 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes oder einer nach § 3a des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes erlassenen Rechtsverordnung für die betreffende Leistung verbindlich vorgegeben werden.

(2) Öffentliche Auftraggeber können darüber hinaus besondere Bedingungen für die Ausführung eines Auftrags (Ausführungsbedingungen) festlegen, sofern diese mit dem Auftragsgegenstand entsprechend § 127 Absatz 3 in Verbindung stehen. Die Ausführungsbedingungen müssen sich aus der Auftragsbekanntmachung oder den Vergabeunterlagen ergeben. Sie können insbesondere wirtschaftliche, innovationsbezogene, umweltbezogene, soziale oder beschäftigungspolitische Belange oder den Schutz der Vertraulichkeit von Informationen umfassen.

(1) Öffentliche Auftraggeber können das Recht zur Teilnahme an Vergabeverfahren Werkstätten für Menschen mit Behinderungen und Unternehmen vorbehalten, deren Hauptzweck die soziale und berufliche Integration von Menschen mit Behinderungen oder von benachteiligten Personen ist, oder bestimmen, dass öffentliche Aufträge im Rahmen von Programmen mit geschützten Beschäftigungsverhältnissen durchzuführen sind.

(2) Voraussetzung ist, dass mindestens 30 Prozent der in diesen Werkstätten oder Unternehmen Beschäftigten Menschen mit Behinderungen oder benachteiligte Personen sind.