Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 1. September 2005 - 2 K 1021/03 - geändert. Die Untersagungsverfügung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 7. Mai 2003 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Rechtsstreit betrifft die Frage, ob der von der Klägerin hergestellte und apothekenexklusiv vertriebene Misteltee als Arzneimittel einzustufen ist.
Die Klägerin stellt verschiedene Teesorten und -mischungen her, die sie ausschließlich über Apotheken in den Verkehr bringt. Neben „Arzneitees“, für die eine heilende Wirkung in Anspruch genommen wird, werden dabei auch „Apothekentees“ vertrieben, die von der Klägerin als Lebensmittel eingestuft werden. Als „Apothekentee Nr. 24“ wird auch ein „Misteltee“ angeboten. Dieser war im Jahr 1978 beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte als im Verkehr befindliches Arzneimittel angezeigt worden, die fiktive Zulassung als Arzneimittel erlosch jedoch im Jahr 1992, weil ein Nachzulassungsantrag nicht mehr gestellt worden war. Ausweislich einer Probeentnahme durch das Lebensmittelüberwachungsamt Dresden im Jahr 2002 bewarb die Klägerin den streitgegenständlichen Misteltee auf der Verpackung als „wohlschmeckend und aromatisch mit arttypischer Note“. Hinsichtlich des apothekenexklusiven Vertriebes fand sich der Hinweis: „Dieser Tee ist nur in Apotheken erhältlich. Sie dürfen sicher sein: Wir suchen die Rohwaren streng aus und kontrollieren die Qualität der Feinschnitte in unserem Labor sehr genau. Von Ernte zu Ernte. ... ... ... ... .... Seit über 50 Jahren für Ihre Gesundheit“. Neben Hinweisen zur Zubereitung und den Zutaten war darüber hinaus die Empfehlung enthalten: „Ein wohlschmeckender aromatischer Tee mit typisch arteigenem Geschmack. Morgens und abends ein Glas/Tasse Tee trinken“. Auf der Unterseite war schließlich aufgedruckt: „Aufbewahrungshinweise: Vor Licht und Feuchtigkeit geschützt lagern. Einzelbeutel ungeöffnet mindestens haltbar bis Ende [Stempelaufdruck]“.
Mit Gutachten vom 29.07.2002 beurteilte das Landesuntersuchungsamt für das Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen die Probe als Arzneimittel, weil für Mistelkraut eine gefestigte Verkehrsauffassung als Arzneimittel existiere. Nachdem der Vorgang an das für die Klägerin örtlich zuständige Regierungspräsidium Tübingen verwiesen worden war, gab dieses der Klägerin Gelegenheit zur Stellungnahme. Die Klägerin machte hiervon Gebrauch und wies darauf hin, dass ihr Misteltee als Lebensmittel deklariert und beworben werde. Angesichts des Fehlens einer pharmakologischen Wirkung komme auch nur ein Verzehr zu Genuss- oder Ernährungszwecken in Betracht. Die Verwendung der Mistel als Lebensmittel habe eine alte Tradition und sei etwa in Dänemark auch gesetzlich anerkannt. Schließlich komme auch bei arzneilich wirkenden Bestandteilen bei entsprechender Aufmachung ein Vertrieb als Lebensmittel in Betracht, wie etwa bei Teemischungen aus Pfefferminze, Kamille, Fenchel oder Brennessel.
Durch Anordnung vom 07.05.2003 untersagte das Regierungspräsidium Tübingen daraufhin das weitere Inverkehrbringen des Misteltees bis zur Vorlage einer arzneimittelrechtlichen Zulassung. Zur Begründung führte das Regierungspräsidium aus, eine allgemeine Verkehrsauffassung von Mistelkraut als Lebensmittel existiere nicht, Mistelkraut gehöre auch nicht zu den teeähnlichen Erzeugnissen. Dagegen seien eine ganze Reihe von Arzneimitteln zugelassen, die Mistelkraut enthielten. Auch in der Volksmedizin werde Misteltee traditionell als Heilmittel verwendet; er finde insbesondere bei Bluthochdruck, Schwindelanfällen und Arteriosklerose Anwendung, werde jedoch auch zur Immunstärkung - insbesondere in der Krebstherapie - angewandt. Diese arzneimittelartige Erwartung werde überdies durch verschiedene Kennzeichnungselemente auf der Packung bestärkt. So werde der Misteltee als „Apothekentee“ beworben, mit einer lebensmitteluntypischen Dosierungsanleitung verbunden und einer nach § 10 AMG für Arzneimittel vorgeschriebenen Mindestverwendbarkeit (anstelle der lebensmitteltypischen Haltbarkeit) sowie der ebenfalls arzneimitteltypischen „Chargen“-Bezeichnung vertrieben. Als Fertigarzneimittel im Sinne des § 4 Abs. 1 AMG dürfe der Misteltee daher im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes nur nach entsprechender Zulassung in den Verkehr gebracht werden. Zur Beseitigung dieses Verstoßes sei die angeordnete Untersagungsverfügung erforderlich.
Die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage wies das Verwaltungsgericht Sigmaringen, nach Einholung von Sachverständigengutachten des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamts Karlsruhe vom 26.02.2004 mit Ergänzung vom 19.04.2004 sowie des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 06.06.2005, durch Urteil vom 1. September 2005 (- 2 K 1021/03 -) ab.
Die Klägerin hat hiergegen die vom Verwaltungsgerichtshof durch Beschluss vom 11.04.2006 (- 9 S 115/06 -) zugelassene Berufung eingelegt. Auf Antrag der Beteiligten ist mit Beschluss vom 25.01.2007 das Ruhen des Verfahrens angeordnet worden, um die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über die vom Bundesverwaltungsgericht mit Beschluss vom 14.12.2006 (- 3 C 38/06 -) vorgelegten Fragen zur Zweifelsfallregelung des Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2001/83/EG abzuwarten. Nachdem der Europäische Gerichtshof sein Urteil im Bezugsverfahren C-140/07 am 15.01.2009 verkündet und das Bundesverwaltungsgericht den Ausgangsfall mit Urteil vom 26.05.2009 (- 3 C 5/09 -) entschieden hatte, rief die Klägerin das Verfahren mit Schriftsatz vom 12.04.2010 wieder an.
Zur Begründung der Berufung hat die Klägerin im Wesentlichen vorgetragen, der streitige Misteltee erfülle nicht die Tatbestandsmerkmale eines Arzneimittels. Anhaltspunkte dafür, dass der Misteltee seiner stofflichen Zusammensetzung nach objektiv eine pharmakologische Wirkung habe, bestünden nicht. Insbesondere könne die vom Beklagten behauptete blutdrucksenkende Wirkung nicht belegt werden. Auch die Tatsache, dass andere Misteltees als traditionelle Arzneimittel nach § 109a AMG zugelassen seien, begründe nicht die Arzneimitteleigenschaft des von der Klägerin vertriebenen Tees. Vielmehr beruhe die Zulassung bei diesen Produkten gerade nicht auf einem Wirksamkeitsnachweis, sondern auf einer angesichts nachgewiesener Tradition beruhenden Fiktion. Die Annahme einer allgemeinen Verkehrsauffassung scheide schon deshalb aus, weil das Verwaltungsgericht selbst sich zur Einholung von zwei Sachverständigengutachten veranlasst gesehen habe. Schließlich könne auch aus der konkreten Präsentation keine Arzneimitteleigenschaft abgeleitet werden. Weder existiere eine entsprechende Deklaration noch würden arzneimitteltypische Heilungswirkungen in Anspruch genommen oder ausgelobt. Der beanstandete Verwendbarkeitshinweis sowie die „Chargen“-Bezeichnung seien bereits seit Jahren geändert, auch die Dosierungsanleitung werde zwischenzeitlich nicht mehr verwendet. Schließlich folge der Arzneimittelcharakter auch nicht aus dem apothekenexklusiven Vertrieb, weil Lebensmitteltees gemäß § 25 Nr. 2 Apothekenbetriebsordnung als apothekenübliche Waren zu betrachten seien.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 1. September 2005 - 2 K 1021/03 - zu ändern und die Verfügung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 7. Mai 2003 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er ist der Auffassung, das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 15.01.2009 sei für den Rechtsstreit bedeutungslos, weil es nur Funktionsarzneimittel betreffe. Dass der Misteltee der Klägerin kein Funktionsarzneimittel darstelle, sei jedoch unstreitig. Damit sei aber nicht die Frage beantwortet, ob der Misteltee der Klägerin als Präsentationsarzneimittel eingeordnet werden müsse. Dies ergebe sich vorliegend bereits daraus, dass für Mistelpräparate nach allgemeiner Verkehrsauffassung eine therapeutische Zweckbestimmung bestehe. So habe etwa bei Internetrecherchen festgestellt werden können, dass der Einsatz von Mistelpräparaten bei nicht weniger als 37 Krankheiten und Beschwerden empfohlen werde; auch dem Misteltee würden immerhin noch für 22 Krankheiten und Beschwerden Heilwirkungen zugeschrieben. Darüber hinaus sei Mistelkraut auch im Deutschen Arzneibuch 2009 enthalten. Entsprechendes ergebe sich schließlich aus der konkreten Präsentation, weil der Misteltee der Klägerin nur in Apotheken erhältlich und mit einer Dosierungsempfehlung versehen sei.
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Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat die Klägerin eine aktuelle Umverpackung des von ihr vertriebenen Misteltees vorgelegt. Auf dieser sind Hinweise zur Dosierung sowie die arzneimitteltypischen Formulierungen der Mindestverwendbarkeit und der Charge nicht mehr enthalten. Der Karton enthält auf der Innenseite einer Klappe aber folgenden Hinweis: „Heilkräuter sind reine Produkte unserer Natur. Da aber natürliche Keime auch auf getrockneten Pflanzen überleben könnten, ist die Zubereitungsanweisung unbedingt einzuhalten. Bitte lesen Sie die auf der Packung aufgedruckte Gebrauchsinformation. Gute Besserung!“
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Dem Senat liegen die Behördenakten des Beklagten, die Akten des Verwaltungsgerichts sowie die Senatsakten vor, auf die wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

 
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Die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene und den Anforderungen des § 124a Abs. 6 VwGO entsprechend erhobene Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, da es sich bei dem von der Klägerin hergestellten und vertriebenen Produkt „... ...“ nicht um ein Arzneimittel handelt. Die als Anfechtungsklage gegen den belastenden Verwaltungsakt eines Regierungspräsidiums gemäß § 6a Satz 1 (jetzt § 15 Abs. 1 Satz 1) AG-VwGO a.F. ohne Durchführung eines Widerspruchsverfahrens zulässige Klage muss deshalb auch in der Sache Erfolg haben.
I.
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Grundlage der ergangenen Untersagungsverfügung ist § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Arzneimittelgesetzes - AMG - (der sich seit dem Zeitpunkt des Bescheiderlasses bis zur heute gültigen Fassung der Bekanntmachung vom 12.12.2005, BGBl. I S. 3394, zuletzt geändert durch Gesetz vom 28.09.2009, BGBl. I S. 3172, nicht geändert hat). Danach können die zuständigen Behörden - und damit das gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 der bei Erlass der angegriffenen Verfügung gültigen Pharmazie- und Medizinprodukte-Zuständigkeitsverordnung vom 17.10.2000 (GBl. S. 694, in der Fassung der Verordnung vom 04.02.2003, GBl. S. 124) zuständige Regierungspräsidium - das Inverkehrbringen von Arzneimitteln untersagen, wenn die erforderliche Zulassung oder Registrierung nicht vorliegt. Da eine Zulassung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG für das von der Klägerin vertriebene Produkt nicht erteilt worden ist, lägen die Voraussetzungen der auf § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG gestützten Untersagungsverfügung deshalb vor, wenn es sich bei dem streitigen Misteltee um ein Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 AMG handeln würde.
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Das Verwaltungsgericht hat diese Frage bejaht und den von der Klägerin vertriebenen Misteltee (jedenfalls) als Präsentationsarzneimittel eingestuft. Dieser Feststellung vermag sich der erkennende Senat in dem für die Entscheidung über einen Dauerverwaltungsakt nach § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2004 - 3 C 16/03 -, NVwZ 2005, 87; Bay. VGH, Beschluss vom 24.08.2009 - 9 CS 09.1023 -, GewArch 2009, 497) nicht anzuschließen. Weder aus der Zweifelsfallregelung (1.) oder dem enthaltenen Inhaltstoff Mistelkraut (2.) noch aus der Bezeichnung, Produktgestaltung und Bewerbung durch die Klägerin (3.) oder durch Internetbeiträge und Publikationen Dritter (4.) lässt sich die Arzneimitteleigenschaft des von der Klägerin vertriebenen Produkts begründen.
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1. Die hier streitige Abgrenzung der Arzneimittel von den Lebensmitteln ist an Hand der gemeinschaftsrechtlichen Begriffsbestimmung des Arzneimittels in Art. 1 Nr. 2 der „Arzneimittel“-Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel vom 06.11.2001 (ABl. EG Nr. L 311 S. 67, in der Fassung der Änderungsrichtlinie 2009/120/EG vom 14.09.2009, ABl. EG Nr. L 242 S. 3) vorzunehmen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5/09 -, NVwZ 2009, 1038), die auch dem Arzneimittelbegriff des § 2 Abs. 1 AMG in der Neufassung des Änderungsgesetzes vom 17.07.2009 - trotz der teilweise unterschiedlichen sprachlichen Fassung - zu Grunde liegt (vgl. die Gesetzesbegründung in BR-Drs. 171/09, S. 65: „in das deutsche Recht überführt“; dazu auch Müller, NVwZ 2009, 425 [428]).
19 
Entgegen der vom Beklagten vertretenen Auffassung führt die Zweifelsfallregelung aus Art. 2 Abs. 2 der Arzneimittel-Richtlinie 2001/83/EG - nach der in Zweifelsfällen, in denen ein Erzeugnis unter Berücksichtigung aller seiner Eigenschaften sowohl unter die Definition von Arzneimitteln als auch unter die Definition eines Erzeugnisses fallen kann, das durch andere gemeinschaftliche Rechtsvorschriften geregelt ist, die Arzneimittel-Richtlinie gilt - nicht dazu, dass die Anforderungen für eine Einordnung des Produkts als Arzneimittel abgesenkt würden. Vielmehr ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die Vorrangregelung für das Arzneimittelrecht nur zur Anwendung kommt, wenn die Arzneimitteleigenschaft des Produktes festgestellt ist. Andernfalls würden die strengeren Vorschriften des Arzneimittelregimes auf Sachverhalte erstreckt und der freie Warenverkehr damit behindert, ohne dass hierfür eine ausreichende Rechtfertigung aus Gründen des Gesundheitsschutzes vorliegen würde (vgl. EuGH, Urteil vom 15.01.2009 - C-140/07 -, NVwZ 2009, 439).
20 
Auch in der Begründung zur Neufassung des Arzneimittelgesetzes ist ausdrücklich klargesellt: „Die Anwendung der Zweifelsfallregelung setzt die positive Feststellung der Arzneimitteleigenschaft des betreffenden Mittels voraus“ (BR-Drs. 171/09, S. 66). Dementsprechend setzt die Umsetzung der Zweifelsfallregelung in § 2 Abs. 3a AMG auch bereits tatbestandlich ein Arzneimittel voraus. Die Einordnung eines Produktes als Arzneimittel „auf Verdacht“ verbietet sich damit (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5/09 -, NVwZ 2009, 1038; ebenso bereits Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 22/06 -, ZLR 2008, 80).
21 
2. „... ...“ kann nicht bereits durch die Beigabe von Mistelkraut als Arzneimittel bewertet werden.
22 
a) Art. 1 Nr. 2 der Arzneimittel-Richtlinie 2001/83/EG und § 2 Abs. 1 AMG enthalten für den Begriff des Arzneimittels alternativ zwei Definitionen. Zum einen sind Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bestimmt sind. Zum anderen sind Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen. Diese zweifache Definition nimmt die seit langem das Arzneimittelrecht kennzeichnende Unterscheidung zwischen den sog. Präsentationsarzneimitteln (Arzneimittel nach Bezeichnung) und den Funktionsarzneimitteln (Arzneimittel nach Funktion) auf.
23 
b) Dass dem Misteltee eine pharmakologische Wirkung zukommen würde - die Voraussetzung für die Einordnung als Funktionsarzneimittel nach Art. 1 Nr. 2 Buchst. b) der Richtlinie 2001/83/EG wäre -, behauptet auch der Beklagte im Berufungszug nicht mehr. Ausreichende Anhaltspunkte hierfür sind auch nicht ersichtlich. Vielmehr hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in seinem Gutachten vom 06.06.2005 ausgeführt, adäquate Wirksamkeitsbelege seien jedenfalls für die orale Einnahme nicht vorhanden. Dass umgekehrt eine pharmakologische Wirksamkeit bei hoher Dosierung auch nicht ausgeschlossen werden kann, ist nach dem oben dargelegten Maßstab für die Annahme eines Funktionsarzneimittels nicht ausreichend.
24 
c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass für andere mistelkrauthaltige Teesorten eine Zulassung als Arzneimittel nach § 105 i.V.m. § 109a AMG vorliegt. Denn für eine derartige Zulassung ist ein Wirksamkeitsnachweis durch klinische Studien gerade nicht erforderlich, dieser wird vielmehr durch den Nachweis der traditionellen Anwendung ersetzt (vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 25.11.2009 - 13 A 523/06 -, PharmR 2010, 185). Wie die Klägerin zu Recht ausgeführt hat, sind aber auch Teemischungen aus Fenchel, Kamille, Pfefferminzblättern u.ä. als Traditionsarzneimittel zugelassen, ohne dass hieraus auf den generellen Arzneimittelcharakter dieser Stoffe geschlossen werden könnte.
25 
Insoweit führt auch die Listung im Deutschen Arzneimittelbuch nicht zu einem anderen Ergebnis, weil auch dort darauf verwiesen wird, dass Wirksamkeitsnachweise für den Einsatz von Misteltees nicht vorhanden seien und der therapeutische Einsatz „rein empirisch“ und „ohne rationale Begründung“ erfolge (vgl. die auf Bl. 120 ff. und 132 ff. der Verwaltungsgerichtsakte befindlichen Auszüge).
26 
Allein der Umstand, dass andere Erzeugnisse mit ähnlichen Wirkstoffen als Arzneimittel eingestuft sind, reicht indes nicht aus, um dem Produkt die Eigenschaft eines Arzneimittels nach der Präsentation zu verleihen (vgl. EuGH, Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 -, Slg. 2007, I-9811, Rn. 49).
27 
d) Ob für Mistelkraut in Deutschland eine durch den Einsatz in der Volksmedizin arzneilich geprägte Verkehrsanschauung besteht, wie vom Beklagten vorgetragen, kann im Ergebnis offen bleiben.
28 
Denn das Mistelkraut, auf das sich diese Aussagen - ebenso wie die Listung im Deutschen Arzneibuch 2009 - bezieht, besteht aus getrockneten jungen Zweigen mit Blättern, Blüten und Früchten (vgl. Sachverständigenstellungnahme des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 06.06.2005, S. 2). Der Tee dagegen wird nur aus getrockneten Zweigen hergestellt (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 30.10.2003, S. 10). Eine entsprechende Verkehrsanschauung für aus getrockneten Mistelzweigen hergestellten Misteltee könnte aber nur dann zur Einstufung von „... ...“ als Präsentationsarzneimittel herangezogen werden, wenn die heilende Wirkung dieses Bestandteils nach der Verbrauchererwartung bei der Würdigung des Gesamtprodukts so im Vordergrund stehen würde, dass für dieses ebenfalls von einer krankheitsheilenden Zweckbestimmung auszugehen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 07.12.2000 - I ZR 158/98 -, NJW-RR 2001, 1329, Rn. 32). Der Verwendungszweck eines einzelnen Inhaltsstoffes kann daher grundsätzlich nicht mit dem Anwendungszweck einer aus mehreren Stoffen bestehenden Zubereitung gleichgesetzt werden, so dass es sich als unzulässige Verfahrensweise erweist, aus einer bestehenden Verkehrsauffassung für ein Gesamtprodukt auch auf eine entsprechende Einordnung jedes einzelnen Bestandteils zu schließen. Selbst wenn also für Mistelkraut eine durch die Anwendungen in der Volksmedizin begründete Verkehrsauffassung bestehen sollte, könnte diese nicht ohne weiteres auf den (nur) aus getrockneten Mistelzweigen hergestellten Misteltee übertragen werden.
29 
Anhaltspunkte für das Bestehen einer allgemeinen Verkehrsauffassung, nach der auch Misteltees als Arzneimittel einzustufen wären, sind nach Auffassung des Senats aber nicht erkennbar. Vielmehr ist die Einordnung von Misteltees auch im Schrifttum umstritten (vgl. hierzu insbesondere Schneider, Deutsche Lebensmittel-Rundschau 2002, 125, der aus Mistelkraut hergestellte Tess explizit als Lebensmittel einstuft). Auch der Beklagte hat eine weitere Aufklärung hierzu im Übrigen nicht beantragt.
30 
Soweit vom Beklagten auf die „Ad-hoc-Arbeitsgruppe der ALS“ hingewiesen worden ist, trifft zu, dass in deren Bericht dem Mistelkraut eine Verkehrsauffassung als Arzneimittel attestiert wird (vgl. Günding/Hey, Deutsche Lebensmittel-Rundschau 2002, 35). Diese Annahme beruht indes auf einer dort behaupteten „nachgewiesenen pharmakologischen Wirkung“ (vgl. die Ausführungen unter Nr. 4. Kategorie II.1), die für das Mistelkraut tatsächlich nicht existiert, was auch vom Beklagten eingeräumt worden ist. Die „Inventarliste Lebensmitteldrogen der Wirtschaftsvereinigung Kräuter- und Früchtetee“ selbst (Deutsche Lebensmittel-Rundschau 2000, 172), auf die sich die Arbeitsgruppe bezieht, hatte Mistelkraut dagegen als Lebensmittel ausgewiesen. Angesichts dieser Widersprüchlichkeiten kann nach Auffassung des Senats auch insoweit nicht auf eine bestehende Verkehrsauffassung geschlossen werden.
31 
Dass aus derartigen Einordnungen nicht ohne weiteres auf das Vorliegen einer allgemeinen Verkehrsauffassung geschlossen werden könnte, ergibt sich im Übrigen bereits daraus, dass die „Ad-hoc-Arbeitsgruppe der ALS“ etwa auch Löwenzahn in die „Arzneimittel-Kategorie II.1“ eingeteilt hat und im Arzneibuch 2009 beispielsweise auch Schweineschmalz und Zuckersirup aufgeführt sind, für die eine überwiegend arzneilich geprägte Verkehrsanschauung unzweifelhaft nicht angenommen werden kann.
32 
3. Entgegen der vom Beklagten und dem Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung kann das von der Klägerin vertriebene Produkt auch nicht wegen der Etikettierung, Produktaufmachung oder Bewerbung als Präsentationsarzneimittel eingeordnet werden.
33 
Ein Produkt erfüllt diese Voraussetzungen, wenn es entweder ausdrücklich als ein Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bezeichnet wird oder aber sonst bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass es in Anbetracht seiner Aufmachung die betreffenden Eigenschaften haben müsse (vgl. EuGH, Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 -, Slg. 2007, I-9811, Rn. 46; BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5/09 -, NVwZ 2009, 1038).
34 
a) Der Frage, ob Misteltee in Dänemark als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden kann, kommt dabei für den vorliegenden Rechtsstreit keine Bedeutung zu. Denn eine europaweite Vollharmonisierung hat im Arzneimittelsektor noch nicht stattgefunden, so dass unterschiedliche Einstufungen eines Erzeugnisses durch verschiedene Mitgliedstaaten im gegenwärtigen Stand durchaus möglich sind (vgl. EuGH, Urteil vom 15.01.2009 - C-140/07 -, NVwZ 2009, 439 Rn. 28). Im Übrigen knüpft die Einordnung eines Produkts als Präsentationsarzneimittel an die jeweiligen Verkaufsmodalitäten an, die sich einzelfallbezogen unterscheiden können.
35 
b) Von der Klägerin selbst wird „... ...“ nicht als Arzneimittel bezeichnet. Er wird in der Reihe „Apothekentee“ als Nr. 24 vertrieben, in der unter anderem auch Schwarztee (Nr. 43), Hagebutte mit Hibiskus (Nr. 37), eine Kräutertee-Mischung (Nr. 39) und Grüner Tee (Nr. 49) angeboten werden. Dieser inhaltsbezogen aufgemachten und von der Klägerin als Lebensmitteltees betrachteten Serie stehen die „Arzneitees“ gegenüber, die symptombezogen etwa als Rheumatee (Nr. 6) oder Herz- und Kreislauftee (Nr. 7) deklariert werden.
36 
Aus der Bezeichnung des streitbefangenen Tees könnten Anhaltspunkte für einen Arzneimittelcharakter daher nur entnommen werden, wenn bereits die Bezugnahme auf den Apothekenvertrieb als Indiz für eine Arzneimitteleigenschaft gewertet werden könnte. Dies ist indes nicht der Fall, weil „gesundheitsfördernde“ Teemischungen zum zulässigen Randsortiment „apothekenüblicher Waren“ nach § 25 Nr. 2 der Verordnung über den Betrieb von Apotheken gehören (vgl. Pfeil/Pieck/Blume, Apothekenbetriebsordnung, Stand: 8. Ergänzungslieferung 2009, § 25 Rn. 21; dazu auch BVerfG, Beschluss vom 20.08.1996 - 1 BvR 1743/88 -, NJW 1996, 3070 unter Hinweis auf die sonst drohende Unverhältnismäßigkeit der Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit sowie etwa OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.08.1989 - 2 U 14/89 -, GRUR 1990, 538 zur Zulässigkeit des Verkaufs von Wasserfiltern oder OLG Oldenburg, Urteil vom 22.11.2007 - 1 U 49/07 -, NJW-RR 2008, 290 zu Nebengeschäften).
37 
Entgegen der vom Verwaltungsgericht geäußerten Auffassung ergibt sich aus der Streichung des § 25 Nr. 6 der Apothekenbetriebsordnung a.F. - in dem Tee und teeähnliche Erzeugnisse ausdrücklich genannt waren - durch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003 (BGBl. I S. 2190) nichts anderes. Denn mit der zusammenfassenden Umschreibung im jetzigen § 25 Nr. 2 der Vorschrift sollte das zulässige Sortiment nicht eingeschränkt werden. Ausweislich der Gesetzesbegründung war vielmehr eine sprachliche Zusammenfassung der bisherigen Produkte intendiert. Dabei war eine inhaltliche Weiterentwicklung, die es den Apothekenbetreibern erlaubt, sich den „Marktanforderungen ihres Einzugsbereiches anzupassen“ ausdrücklich hervorgehoben (vgl. BT-Drs. 15/1525, S. 164) und auf die vom Bundesverfassungsgericht verlangte Ermöglichung angemessener „Kundenorientierung“ (vgl. BVerfG, Urteil vom 16.01.2002 - 1 BvR 1236/99 -, BVerfGE 104, 357) Bezug genommen worden. Kräuterteemischungen gehörten und gehören daher zum apothekenüblichen Sortiment, sodass alleine aus der Bezugnahme auf den Apothekenverkauf nicht auf eine arzneimittelartige Bezeichnung geschlossen werden kann. Im Übrigen ist in der Rechtsprechung auch grundsätzlich geklärt, dass ein apothekenexklusiver Vertrieb noch keinen ausreichenden Hinweis auf das Vorliegen eines Arzneimittels darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 10.02.2000 - I ZR 97/98 -, NJW-RR 2000, 1284; Urteil vom 11.07.2002 - I ZR 273/99 -, ZLR 2002, 660).
38 
Angesichts einer fehlenden Arzneimittelbezeichnung ist daher grundsätzlich nicht davon auszugehen, ein verständiger Durchschnittsverbraucher werde annehmen, dass ein als Tee angebotenes Produkt tatsächlich ein Arzneimittel sei, wenn ihm in der empfohlenen Dosis keine pharmakologische Wirkung zukommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 21/06 -, Rn. 40 für Nahrungsergänzungsmittel).
39 
c) Trotz der Bezeichnung können aber andere Umstände hinzutreten, die ein Produkt gleichwohl als Arzneimittel erscheinen lassen, namentlich die Art der Bewerbung oder die preisende Nennung von (vermeintlich) arzneilich wirksamen Bestandteilen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.2007 - 3 C 34/06 -; Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Stand: 02/10, § 2 Rn. 22).
40 
Für ein arzneimittelartiges „Erscheinungsbild“ (vgl. Rennert, NVwZ 2008, 1179 [1182]) reicht es entgegen der Auffassung des Beklagten indes nicht aus, dass einem Produkt nach allgemeiner Verkehrsanschauung gesundheitsbezogene Wirkungen zugeschrieben werden. Vielmehr wird ein Produkt nur dann als Arzneimittel „präsentiert“, wenn es auf dem Etikett, durch die Angaben auf der Verpackung oder in sonstiger Weise den Eindruck erweckt, dass es Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung von menschlichen Krankheiten besitzt. Für den erforderlichen Heilmittelbezug genügt es daher nicht, dass einem Erzeugnis Eigenschaften zugeschrieben werden, die der Gesundheit im Allgemeinen förderlich sind. Es muss vielmehr gerade um die Funktion der Verhütung oder Heilung von menschlichen Krankheiten gehen (vgl. EuGH, Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 -, Slg. 2007, I-9811, Rn. 45 und 64). Bezugspunkt der Arzneimitteleigenschaft ist damit eine Abweichung vom normgemäßen Funktionieren des Organismus und damit eine angestrebte Wirkungsweise, die zu einer Veränderung führt, die außerhalb der normalen im menschlichen Körper ablaufenden Lebensvorgänge liegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 22/06 -, ZLR 2008, 80, Rn. 22).
41 
Ein derartiger Heilmittelbezug ist den Angaben auf der Verpackung nicht zu entnehmen. Dies gilt auch in Anbetracht der aktuellen Aufmachung. Allerdings weist die nunmehr aufgebrachte Klausel „Gute Besserung!“ auf eine Arzneimittelpräsentation hin und erscheint jedenfalls nicht als lebensmitteltypisch. Die angesprochene Besserung setzt einen krankhaften oder jedenfalls zu verbessernden Zustand voraus und suggeriert so auch ein Heilgeschehen, das grundsätzlich auf einen Arzneimittelbezug hindeutet. Gegen die Annahme einer hieraus folgenden Arzneimittelpräsentation spricht jedoch, dass dem Misteltee keine spezifischen Eigenschaften zugesprochen werden und so auch völlig offen bleibt, wogegen oder wofür er eingesetzt werden könnte. Zur Heilung oder Verhütung welcher Krankheiten oder verbesserungswürdigen Zustände der Genuss des Tees führen könnte, ist weder dargestellt noch sonst erkennbar. Es steht daher auch nicht zu befürchten, dass ein Verbraucher den Tee in der Annahme, hiermit eine ausreichende Vorsorge getroffen zu haben, anstelle eines tatsächlich wirkungsvollen Präparates einnehmen könnte. Denn welche Krankheit damit hinreichend bekämpft werden soll und wogegen die weitere Einnahme eines Arzneimittels überflüssig werden könnte, erschließt sich nicht. Der Zusatz „Gute Besserung!“ erscheint daher als gesundheitsbezogene Anpreisung und ist damit auch möglicherweise lebensmittelrechtlich unzulässig (vgl. zum Verbot gesundheitsbezogener Werbung auch BVerwG, Vorlagebeschluss vom 23.09.2010 - 3 C 36/09 -). Er ist aber zu unspezifisch, um dem Tee einen Arzneimittelcharakter zu verleihen (vgl. hierzu auch Senatsbeschluss vom 13.12.2007 - 9 S 509/07 -, GewArch 2008, 318). Dies gilt um so mehr, als der Hinweis nur auf der Innenklappe des Verpackungskartons angebracht ist und damit erst nach dem Erwerb des Produkts zur Kenntnis genommen werden kann.
42 
Auf dem sichtbaren Etikett wird der Tee aber nur als „wohlschmeckend und aromatisch mit arttypischer Note“ angepriesen. Anders als bei den „Arzneitees“, die etwa eine „Besserung des Befindens bei rheumatischen Beschwerden“ oder eine „Unterstützung der Herz-Kreislauf-Funktion“ versprechen, enthält die Verpackung damit keinerlei Anhaltspunkte für eine Heilmittelwirkung. Dass die bloße Wiedergabe des Fotos einer Pflanze auf der Verpackung eines Erzeugnisses nicht genügt, um bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher ein Vertrauen wie dasjenige hervorzurufen, das Arzneimittel normalerweise erwecken, hat der Europäische Gerichtshof bereits ausdrücklich entschieden (EuGH, Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 -, Slg. 2007, I-9811 Rn. 50). Entsprechendes gilt für die Empfehlung, morgens und abends ein Glas/Tasse Tee zu trinken, die ausweislich der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Verpackung im maßgeblichen Zeitpunkt auf den Produkten der Klägerin nicht mehr enthalten ist. Auch hiermit wird eine den Arzneimitteln vorbehaltene Wirkungsweise nicht in Anspruch genommen. Schließlich lässt auch der Begriff der „Charge“, der von der Klägerin ebenfalls nicht mehr verwendet wird, nicht den Schluss zu, dass bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher hierdurch der Eindruck erweckt werde, es müsse sich um ein Arzneimittel handeln (vgl. hierzu bereits Senatsurteil vom 11.02.2010 - 9 S 3331/08 -, PharmR 2010, 239).
43 
Besonders deutlich wird der fehlende Arzneimittelbezug der Produktgestaltung bei einem Vergleich mit der Bewerbung, die die Klägerin bei ihren „Arzneitees“ vornimmt. Diese werden zunächst explizit als Arzneimittel bezeichnet und der Konsument dementsprechend als „Patient“ angesprochen. Darüber hinaus wird von „arzneilich wirkenden Bestandteilen“ gesprochen und in jeweils eigenen Rubriken zu „Gegenanzeigen“, „Warnhinweisen“, Wechselwirkungen“ und Nebenwirkungen“ Stellung bezogen. Derartige Gestaltungselemente weist der streitige „Apothekentee“ dagegen nicht auf. Auch das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe hat in seiner Stellungnahme vom 26.06.2006 daher von einer „neutralen Aufmachung“ gesprochen.
44 
4. Die vorhandenen Erkenntnismittel lassen auch nicht den Schluss zu, dass durch die vorhandenen Internetbeiträge und Publikationen Dritter - unabhängig von Produktaufmachung und Bewerbung durch die Klägerin - bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher der Eindruck entsteht, „... ...“ müsse arzneimittelartige Eigenschaften haben.
45 
Dies folgt zunächst schon daraus, dass derartige Aussagen Dritter in Internetforen oder ähnlichem, auf die die Klägerin weder Bezug nimmt noch Einfluss hat, ihr nicht im Sinne einer Arzneimittel-„Präsentation“ zugerechnet werden können (vgl. hierzu ausführlich Senatsurteil vom 11.02.2010 - 9 S 3331/08 -, PharmR 2010, 239).
46 
Unabhängig hiervon kann aber auch bei Berücksichtigung der allgemein zur Wirkweise von Misteltee im Internet auffindbaren Beiträge oder sonstigen Publikationen nicht davon ausgegangen werden, dass bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher „mit Gewissheit“ der Eindruck einer krankheitsheilenden oder -verhütenden Wirkung des Produkts entsteht. Soweit in den vom Beklagten vorgelegten Auszügen insoweit eine „kreislaufunterstützende“ Wirkung o.ä. beschrieben ist, wird mit derartigen Anpreisungen eine den Arzneimitteln vorbehaltene Wirkungsweise bereits nicht in Anspruch genommen. Vielmehr wird mit solchen Darstellungen lediglich eine der Gesundheit im Allgemeinen förderliche Wirkung behauptet, die zur Begründung der Arzneimitteleigenschaft gerade nicht ausreicht. Eine krankheitsbezogene Heilungs- oder Verhütungswirkung ist damit nicht in Aussicht gestellt.
47 
In den vorgelegten Auszügen finden sich indes auch Beiträge, in denen Misteltee (insbesondere) eine blutdrucksenkende Wirkung zugeschrieben wird. Bereits in den vom Beklagten zitierten Fundstellen wird aber regelmäßig deutlich, dass die mögliche Wirkung nicht nachgewiesen werden kann und der therapeutische Einsatz alleine auf tradierten Überlieferungen beruht. In dem vorgelegten Ausschnitt eines Heilpflanzenbuchs (VG-Akte Bl. 46 ff.) etwa heißt es, dass „vor der Überbewertung dieser Heilpflanze zu warnen“ sei und insbesondere von Misteltee nicht allzuviel erwartet werden dürfe. Selbst in den vorgelegten Internetbeiträgen wird maßgeblich auf „Legenden und Mythen um die Mistel“ verwiesen (VG-Akte Bl. 52), sowie darauf, dass der Behandlungseinsatz „ohne rationale Begründung“ erfolge (VG-Akte Bl. 133). Bei einer von einem durchschnittlich informierten Verbraucher durchgeführten Internetrecherche zur blutdrucksenkenden Wirkung von Misteltee müsste daher der Eindruck entstehen, dass stichhaltige Belege und Studien für eine entsprechende Wirksamkeit fehlen und allenfalls aus dem tradierten Einsatz in der Volksmedizin auf eine arzneiliche Wirkung geschlossen werden kann. Auch bei Berücksichtigung der allgemein im Internet auffindbaren Beiträge zu Misteltees entsteht daher nicht „mit Gewissheit“ der Eindruck einer heilenden oder krankheitsverhütenden Wirkung. Trotz gelegentlicher anpreisender oder „heilversprechender“ Beiträge erscheint das bei einer Internetrecherche anzutreffende Bild vielmehr hinreichend differenziert, so dass von einem mit Gewissheit entstehenden Eindruck einer arzneimittelartigen Wirkung nicht gesprochen werden kann.
48 
Soweit schließlich auf den Einsatz in der Krebstherapie verwiesen wurde, geht es regelmäßig nicht um die Einnahme von Misteltee, sondern um die (intravenöse) Behandlung mit Mistelextrakten. Diese Zuschreibungen betreffen den streitgegenständlichen Misteltee daher nicht.
49 
Angesichts der damit fehlenden Arzneimitteleigenschaft des von der Klägerin vertriebenen Produktes „... ...“ liegen die Tatbestandsvoraussetzungen für die auf § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG gestützte Untersagungsverfügung nicht vor. Der angefochtene Bescheid des Regierungspräsidiums ist daher aufzuheben und das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern.
II.
50 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
51 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil im Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgte Klärung des Arzneimittelbegriffs und der Zweifelsfallregelung in der obergerichtlichen Rechtsprechung keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.
52 
Beschluss vom 8. Dezember 2010
53 
Der Streitwert des Verfahrens beider Instanzen wird - hinsichtlich der Streitwertfestsetzung für das Verfahren erster Instanz unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses vom 8. Dezember 2005 - auf jeweils 100.000,-- EUR festgesetzt.
54 
Nach § 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 25.1 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327) und ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Senatsbeschluss vom 13.12.2007 - 9 S 1958/07 -, NVwZ-RR 2008, 430) wird der Streitwert für Verkaufsverbote und ähnliche Maßnahmen im Lebens- und Arzneimittelrecht anhand des Verkaufswerts der betroffenen Waren bestimmt. Diesen hat die Klägerin mit rund 100.000,-- EUR beziffert (vgl. hierzu bereits Schriftsatz vom 26.01.2006, S. 2, sowie die Stellungnahme vom 22.11.2010), ohne dass vom Beklagten gegen die Höhe des Verkaufserlöses Einwände erhoben worden sind oder Bedenken ersichtlich wären.
55 
Der Senat sieht sich angesichts der im Berufungsverfahren vorgelegten Angaben zum Verkaufswert der betroffenen Waren auch veranlasst, die Streitwertfestsetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG von Amts wegen zu ändern. Es sind keine Ermessensgesichtspunkte ersichtlich, die es sachgerecht erscheinen lassen könnten, die zwischenzeitlich vorhandenen Anhaltspunkte für die sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebende Bedeutung der Sache nicht zu berücksichtigen (vgl. auch hierzu bereits Senatsbeschluss vom 13.12.2007 - 9 S 1958/07 -, NVwZ-RR 2008, 430).
56 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
15 
Die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene und den Anforderungen des § 124a Abs. 6 VwGO entsprechend erhobene Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, da es sich bei dem von der Klägerin hergestellten und vertriebenen Produkt „... ...“ nicht um ein Arzneimittel handelt. Die als Anfechtungsklage gegen den belastenden Verwaltungsakt eines Regierungspräsidiums gemäß § 6a Satz 1 (jetzt § 15 Abs. 1 Satz 1) AG-VwGO a.F. ohne Durchführung eines Widerspruchsverfahrens zulässige Klage muss deshalb auch in der Sache Erfolg haben.
I.
16 
Grundlage der ergangenen Untersagungsverfügung ist § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Arzneimittelgesetzes - AMG - (der sich seit dem Zeitpunkt des Bescheiderlasses bis zur heute gültigen Fassung der Bekanntmachung vom 12.12.2005, BGBl. I S. 3394, zuletzt geändert durch Gesetz vom 28.09.2009, BGBl. I S. 3172, nicht geändert hat). Danach können die zuständigen Behörden - und damit das gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 der bei Erlass der angegriffenen Verfügung gültigen Pharmazie- und Medizinprodukte-Zuständigkeitsverordnung vom 17.10.2000 (GBl. S. 694, in der Fassung der Verordnung vom 04.02.2003, GBl. S. 124) zuständige Regierungspräsidium - das Inverkehrbringen von Arzneimitteln untersagen, wenn die erforderliche Zulassung oder Registrierung nicht vorliegt. Da eine Zulassung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG für das von der Klägerin vertriebene Produkt nicht erteilt worden ist, lägen die Voraussetzungen der auf § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG gestützten Untersagungsverfügung deshalb vor, wenn es sich bei dem streitigen Misteltee um ein Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 AMG handeln würde.
17 
Das Verwaltungsgericht hat diese Frage bejaht und den von der Klägerin vertriebenen Misteltee (jedenfalls) als Präsentationsarzneimittel eingestuft. Dieser Feststellung vermag sich der erkennende Senat in dem für die Entscheidung über einen Dauerverwaltungsakt nach § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2004 - 3 C 16/03 -, NVwZ 2005, 87; Bay. VGH, Beschluss vom 24.08.2009 - 9 CS 09.1023 -, GewArch 2009, 497) nicht anzuschließen. Weder aus der Zweifelsfallregelung (1.) oder dem enthaltenen Inhaltstoff Mistelkraut (2.) noch aus der Bezeichnung, Produktgestaltung und Bewerbung durch die Klägerin (3.) oder durch Internetbeiträge und Publikationen Dritter (4.) lässt sich die Arzneimitteleigenschaft des von der Klägerin vertriebenen Produkts begründen.
18 
1. Die hier streitige Abgrenzung der Arzneimittel von den Lebensmitteln ist an Hand der gemeinschaftsrechtlichen Begriffsbestimmung des Arzneimittels in Art. 1 Nr. 2 der „Arzneimittel“-Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel vom 06.11.2001 (ABl. EG Nr. L 311 S. 67, in der Fassung der Änderungsrichtlinie 2009/120/EG vom 14.09.2009, ABl. EG Nr. L 242 S. 3) vorzunehmen (vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5/09 -, NVwZ 2009, 1038), die auch dem Arzneimittelbegriff des § 2 Abs. 1 AMG in der Neufassung des Änderungsgesetzes vom 17.07.2009 - trotz der teilweise unterschiedlichen sprachlichen Fassung - zu Grunde liegt (vgl. die Gesetzesbegründung in BR-Drs. 171/09, S. 65: „in das deutsche Recht überführt“; dazu auch Müller, NVwZ 2009, 425 [428]).
19 
Entgegen der vom Beklagten vertretenen Auffassung führt die Zweifelsfallregelung aus Art. 2 Abs. 2 der Arzneimittel-Richtlinie 2001/83/EG - nach der in Zweifelsfällen, in denen ein Erzeugnis unter Berücksichtigung aller seiner Eigenschaften sowohl unter die Definition von Arzneimitteln als auch unter die Definition eines Erzeugnisses fallen kann, das durch andere gemeinschaftliche Rechtsvorschriften geregelt ist, die Arzneimittel-Richtlinie gilt - nicht dazu, dass die Anforderungen für eine Einordnung des Produkts als Arzneimittel abgesenkt würden. Vielmehr ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die Vorrangregelung für das Arzneimittelrecht nur zur Anwendung kommt, wenn die Arzneimitteleigenschaft des Produktes festgestellt ist. Andernfalls würden die strengeren Vorschriften des Arzneimittelregimes auf Sachverhalte erstreckt und der freie Warenverkehr damit behindert, ohne dass hierfür eine ausreichende Rechtfertigung aus Gründen des Gesundheitsschutzes vorliegen würde (vgl. EuGH, Urteil vom 15.01.2009 - C-140/07 -, NVwZ 2009, 439).
20 
Auch in der Begründung zur Neufassung des Arzneimittelgesetzes ist ausdrücklich klargesellt: „Die Anwendung der Zweifelsfallregelung setzt die positive Feststellung der Arzneimitteleigenschaft des betreffenden Mittels voraus“ (BR-Drs. 171/09, S. 66). Dementsprechend setzt die Umsetzung der Zweifelsfallregelung in § 2 Abs. 3a AMG auch bereits tatbestandlich ein Arzneimittel voraus. Die Einordnung eines Produktes als Arzneimittel „auf Verdacht“ verbietet sich damit (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5/09 -, NVwZ 2009, 1038; ebenso bereits Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 22/06 -, ZLR 2008, 80).
21 
2. „... ...“ kann nicht bereits durch die Beigabe von Mistelkraut als Arzneimittel bewertet werden.
22 
a) Art. 1 Nr. 2 der Arzneimittel-Richtlinie 2001/83/EG und § 2 Abs. 1 AMG enthalten für den Begriff des Arzneimittels alternativ zwei Definitionen. Zum einen sind Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bestimmt sind. Zum anderen sind Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen. Diese zweifache Definition nimmt die seit langem das Arzneimittelrecht kennzeichnende Unterscheidung zwischen den sog. Präsentationsarzneimitteln (Arzneimittel nach Bezeichnung) und den Funktionsarzneimitteln (Arzneimittel nach Funktion) auf.
23 
b) Dass dem Misteltee eine pharmakologische Wirkung zukommen würde - die Voraussetzung für die Einordnung als Funktionsarzneimittel nach Art. 1 Nr. 2 Buchst. b) der Richtlinie 2001/83/EG wäre -, behauptet auch der Beklagte im Berufungszug nicht mehr. Ausreichende Anhaltspunkte hierfür sind auch nicht ersichtlich. Vielmehr hat das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte in seinem Gutachten vom 06.06.2005 ausgeführt, adäquate Wirksamkeitsbelege seien jedenfalls für die orale Einnahme nicht vorhanden. Dass umgekehrt eine pharmakologische Wirksamkeit bei hoher Dosierung auch nicht ausgeschlossen werden kann, ist nach dem oben dargelegten Maßstab für die Annahme eines Funktionsarzneimittels nicht ausreichend.
24 
c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass für andere mistelkrauthaltige Teesorten eine Zulassung als Arzneimittel nach § 105 i.V.m. § 109a AMG vorliegt. Denn für eine derartige Zulassung ist ein Wirksamkeitsnachweis durch klinische Studien gerade nicht erforderlich, dieser wird vielmehr durch den Nachweis der traditionellen Anwendung ersetzt (vgl. etwa OVG NRW, Urteil vom 25.11.2009 - 13 A 523/06 -, PharmR 2010, 185). Wie die Klägerin zu Recht ausgeführt hat, sind aber auch Teemischungen aus Fenchel, Kamille, Pfefferminzblättern u.ä. als Traditionsarzneimittel zugelassen, ohne dass hieraus auf den generellen Arzneimittelcharakter dieser Stoffe geschlossen werden könnte.
25 
Insoweit führt auch die Listung im Deutschen Arzneimittelbuch nicht zu einem anderen Ergebnis, weil auch dort darauf verwiesen wird, dass Wirksamkeitsnachweise für den Einsatz von Misteltees nicht vorhanden seien und der therapeutische Einsatz „rein empirisch“ und „ohne rationale Begründung“ erfolge (vgl. die auf Bl. 120 ff. und 132 ff. der Verwaltungsgerichtsakte befindlichen Auszüge).
26 
Allein der Umstand, dass andere Erzeugnisse mit ähnlichen Wirkstoffen als Arzneimittel eingestuft sind, reicht indes nicht aus, um dem Produkt die Eigenschaft eines Arzneimittels nach der Präsentation zu verleihen (vgl. EuGH, Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 -, Slg. 2007, I-9811, Rn. 49).
27 
d) Ob für Mistelkraut in Deutschland eine durch den Einsatz in der Volksmedizin arzneilich geprägte Verkehrsanschauung besteht, wie vom Beklagten vorgetragen, kann im Ergebnis offen bleiben.
28 
Denn das Mistelkraut, auf das sich diese Aussagen - ebenso wie die Listung im Deutschen Arzneibuch 2009 - bezieht, besteht aus getrockneten jungen Zweigen mit Blättern, Blüten und Früchten (vgl. Sachverständigenstellungnahme des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 06.06.2005, S. 2). Der Tee dagegen wird nur aus getrockneten Zweigen hergestellt (vgl. Schriftsatz der Klägerin vom 30.10.2003, S. 10). Eine entsprechende Verkehrsanschauung für aus getrockneten Mistelzweigen hergestellten Misteltee könnte aber nur dann zur Einstufung von „... ...“ als Präsentationsarzneimittel herangezogen werden, wenn die heilende Wirkung dieses Bestandteils nach der Verbrauchererwartung bei der Würdigung des Gesamtprodukts so im Vordergrund stehen würde, dass für dieses ebenfalls von einer krankheitsheilenden Zweckbestimmung auszugehen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 07.12.2000 - I ZR 158/98 -, NJW-RR 2001, 1329, Rn. 32). Der Verwendungszweck eines einzelnen Inhaltsstoffes kann daher grundsätzlich nicht mit dem Anwendungszweck einer aus mehreren Stoffen bestehenden Zubereitung gleichgesetzt werden, so dass es sich als unzulässige Verfahrensweise erweist, aus einer bestehenden Verkehrsauffassung für ein Gesamtprodukt auch auf eine entsprechende Einordnung jedes einzelnen Bestandteils zu schließen. Selbst wenn also für Mistelkraut eine durch die Anwendungen in der Volksmedizin begründete Verkehrsauffassung bestehen sollte, könnte diese nicht ohne weiteres auf den (nur) aus getrockneten Mistelzweigen hergestellten Misteltee übertragen werden.
29 
Anhaltspunkte für das Bestehen einer allgemeinen Verkehrsauffassung, nach der auch Misteltees als Arzneimittel einzustufen wären, sind nach Auffassung des Senats aber nicht erkennbar. Vielmehr ist die Einordnung von Misteltees auch im Schrifttum umstritten (vgl. hierzu insbesondere Schneider, Deutsche Lebensmittel-Rundschau 2002, 125, der aus Mistelkraut hergestellte Tess explizit als Lebensmittel einstuft). Auch der Beklagte hat eine weitere Aufklärung hierzu im Übrigen nicht beantragt.
30 
Soweit vom Beklagten auf die „Ad-hoc-Arbeitsgruppe der ALS“ hingewiesen worden ist, trifft zu, dass in deren Bericht dem Mistelkraut eine Verkehrsauffassung als Arzneimittel attestiert wird (vgl. Günding/Hey, Deutsche Lebensmittel-Rundschau 2002, 35). Diese Annahme beruht indes auf einer dort behaupteten „nachgewiesenen pharmakologischen Wirkung“ (vgl. die Ausführungen unter Nr. 4. Kategorie II.1), die für das Mistelkraut tatsächlich nicht existiert, was auch vom Beklagten eingeräumt worden ist. Die „Inventarliste Lebensmitteldrogen der Wirtschaftsvereinigung Kräuter- und Früchtetee“ selbst (Deutsche Lebensmittel-Rundschau 2000, 172), auf die sich die Arbeitsgruppe bezieht, hatte Mistelkraut dagegen als Lebensmittel ausgewiesen. Angesichts dieser Widersprüchlichkeiten kann nach Auffassung des Senats auch insoweit nicht auf eine bestehende Verkehrsauffassung geschlossen werden.
31 
Dass aus derartigen Einordnungen nicht ohne weiteres auf das Vorliegen einer allgemeinen Verkehrsauffassung geschlossen werden könnte, ergibt sich im Übrigen bereits daraus, dass die „Ad-hoc-Arbeitsgruppe der ALS“ etwa auch Löwenzahn in die „Arzneimittel-Kategorie II.1“ eingeteilt hat und im Arzneibuch 2009 beispielsweise auch Schweineschmalz und Zuckersirup aufgeführt sind, für die eine überwiegend arzneilich geprägte Verkehrsanschauung unzweifelhaft nicht angenommen werden kann.
32 
3. Entgegen der vom Beklagten und dem Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung kann das von der Klägerin vertriebene Produkt auch nicht wegen der Etikettierung, Produktaufmachung oder Bewerbung als Präsentationsarzneimittel eingeordnet werden.
33 
Ein Produkt erfüllt diese Voraussetzungen, wenn es entweder ausdrücklich als ein Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bezeichnet wird oder aber sonst bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass es in Anbetracht seiner Aufmachung die betreffenden Eigenschaften haben müsse (vgl. EuGH, Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 -, Slg. 2007, I-9811, Rn. 46; BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5/09 -, NVwZ 2009, 1038).
34 
a) Der Frage, ob Misteltee in Dänemark als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden kann, kommt dabei für den vorliegenden Rechtsstreit keine Bedeutung zu. Denn eine europaweite Vollharmonisierung hat im Arzneimittelsektor noch nicht stattgefunden, so dass unterschiedliche Einstufungen eines Erzeugnisses durch verschiedene Mitgliedstaaten im gegenwärtigen Stand durchaus möglich sind (vgl. EuGH, Urteil vom 15.01.2009 - C-140/07 -, NVwZ 2009, 439 Rn. 28). Im Übrigen knüpft die Einordnung eines Produkts als Präsentationsarzneimittel an die jeweiligen Verkaufsmodalitäten an, die sich einzelfallbezogen unterscheiden können.
35 
b) Von der Klägerin selbst wird „... ...“ nicht als Arzneimittel bezeichnet. Er wird in der Reihe „Apothekentee“ als Nr. 24 vertrieben, in der unter anderem auch Schwarztee (Nr. 43), Hagebutte mit Hibiskus (Nr. 37), eine Kräutertee-Mischung (Nr. 39) und Grüner Tee (Nr. 49) angeboten werden. Dieser inhaltsbezogen aufgemachten und von der Klägerin als Lebensmitteltees betrachteten Serie stehen die „Arzneitees“ gegenüber, die symptombezogen etwa als Rheumatee (Nr. 6) oder Herz- und Kreislauftee (Nr. 7) deklariert werden.
36 
Aus der Bezeichnung des streitbefangenen Tees könnten Anhaltspunkte für einen Arzneimittelcharakter daher nur entnommen werden, wenn bereits die Bezugnahme auf den Apothekenvertrieb als Indiz für eine Arzneimitteleigenschaft gewertet werden könnte. Dies ist indes nicht der Fall, weil „gesundheitsfördernde“ Teemischungen zum zulässigen Randsortiment „apothekenüblicher Waren“ nach § 25 Nr. 2 der Verordnung über den Betrieb von Apotheken gehören (vgl. Pfeil/Pieck/Blume, Apothekenbetriebsordnung, Stand: 8. Ergänzungslieferung 2009, § 25 Rn. 21; dazu auch BVerfG, Beschluss vom 20.08.1996 - 1 BvR 1743/88 -, NJW 1996, 3070 unter Hinweis auf die sonst drohende Unverhältnismäßigkeit der Einschränkung der Berufsausübungsfreiheit sowie etwa OLG Düsseldorf, Urteil vom 24.08.1989 - 2 U 14/89 -, GRUR 1990, 538 zur Zulässigkeit des Verkaufs von Wasserfiltern oder OLG Oldenburg, Urteil vom 22.11.2007 - 1 U 49/07 -, NJW-RR 2008, 290 zu Nebengeschäften).
37 
Entgegen der vom Verwaltungsgericht geäußerten Auffassung ergibt sich aus der Streichung des § 25 Nr. 6 der Apothekenbetriebsordnung a.F. - in dem Tee und teeähnliche Erzeugnisse ausdrücklich genannt waren - durch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003 (BGBl. I S. 2190) nichts anderes. Denn mit der zusammenfassenden Umschreibung im jetzigen § 25 Nr. 2 der Vorschrift sollte das zulässige Sortiment nicht eingeschränkt werden. Ausweislich der Gesetzesbegründung war vielmehr eine sprachliche Zusammenfassung der bisherigen Produkte intendiert. Dabei war eine inhaltliche Weiterentwicklung, die es den Apothekenbetreibern erlaubt, sich den „Marktanforderungen ihres Einzugsbereiches anzupassen“ ausdrücklich hervorgehoben (vgl. BT-Drs. 15/1525, S. 164) und auf die vom Bundesverfassungsgericht verlangte Ermöglichung angemessener „Kundenorientierung“ (vgl. BVerfG, Urteil vom 16.01.2002 - 1 BvR 1236/99 -, BVerfGE 104, 357) Bezug genommen worden. Kräuterteemischungen gehörten und gehören daher zum apothekenüblichen Sortiment, sodass alleine aus der Bezugnahme auf den Apothekenverkauf nicht auf eine arzneimittelartige Bezeichnung geschlossen werden kann. Im Übrigen ist in der Rechtsprechung auch grundsätzlich geklärt, dass ein apothekenexklusiver Vertrieb noch keinen ausreichenden Hinweis auf das Vorliegen eines Arzneimittels darstellt (vgl. BGH, Urteil vom 10.02.2000 - I ZR 97/98 -, NJW-RR 2000, 1284; Urteil vom 11.07.2002 - I ZR 273/99 -, ZLR 2002, 660).
38 
Angesichts einer fehlenden Arzneimittelbezeichnung ist daher grundsätzlich nicht davon auszugehen, ein verständiger Durchschnittsverbraucher werde annehmen, dass ein als Tee angebotenes Produkt tatsächlich ein Arzneimittel sei, wenn ihm in der empfohlenen Dosis keine pharmakologische Wirkung zukommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 21/06 -, Rn. 40 für Nahrungsergänzungsmittel).
39 
c) Trotz der Bezeichnung können aber andere Umstände hinzutreten, die ein Produkt gleichwohl als Arzneimittel erscheinen lassen, namentlich die Art der Bewerbung oder die preisende Nennung von (vermeintlich) arzneilich wirksamen Bestandteilen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.2007 - 3 C 34/06 -; Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Stand: 02/10, § 2 Rn. 22).
40 
Für ein arzneimittelartiges „Erscheinungsbild“ (vgl. Rennert, NVwZ 2008, 1179 [1182]) reicht es entgegen der Auffassung des Beklagten indes nicht aus, dass einem Produkt nach allgemeiner Verkehrsanschauung gesundheitsbezogene Wirkungen zugeschrieben werden. Vielmehr wird ein Produkt nur dann als Arzneimittel „präsentiert“, wenn es auf dem Etikett, durch die Angaben auf der Verpackung oder in sonstiger Weise den Eindruck erweckt, dass es Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung von menschlichen Krankheiten besitzt. Für den erforderlichen Heilmittelbezug genügt es daher nicht, dass einem Erzeugnis Eigenschaften zugeschrieben werden, die der Gesundheit im Allgemeinen förderlich sind. Es muss vielmehr gerade um die Funktion der Verhütung oder Heilung von menschlichen Krankheiten gehen (vgl. EuGH, Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 -, Slg. 2007, I-9811, Rn. 45 und 64). Bezugspunkt der Arzneimitteleigenschaft ist damit eine Abweichung vom normgemäßen Funktionieren des Organismus und damit eine angestrebte Wirkungsweise, die zu einer Veränderung führt, die außerhalb der normalen im menschlichen Körper ablaufenden Lebensvorgänge liegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 22/06 -, ZLR 2008, 80, Rn. 22).
41 
Ein derartiger Heilmittelbezug ist den Angaben auf der Verpackung nicht zu entnehmen. Dies gilt auch in Anbetracht der aktuellen Aufmachung. Allerdings weist die nunmehr aufgebrachte Klausel „Gute Besserung!“ auf eine Arzneimittelpräsentation hin und erscheint jedenfalls nicht als lebensmitteltypisch. Die angesprochene Besserung setzt einen krankhaften oder jedenfalls zu verbessernden Zustand voraus und suggeriert so auch ein Heilgeschehen, das grundsätzlich auf einen Arzneimittelbezug hindeutet. Gegen die Annahme einer hieraus folgenden Arzneimittelpräsentation spricht jedoch, dass dem Misteltee keine spezifischen Eigenschaften zugesprochen werden und so auch völlig offen bleibt, wogegen oder wofür er eingesetzt werden könnte. Zur Heilung oder Verhütung welcher Krankheiten oder verbesserungswürdigen Zustände der Genuss des Tees führen könnte, ist weder dargestellt noch sonst erkennbar. Es steht daher auch nicht zu befürchten, dass ein Verbraucher den Tee in der Annahme, hiermit eine ausreichende Vorsorge getroffen zu haben, anstelle eines tatsächlich wirkungsvollen Präparates einnehmen könnte. Denn welche Krankheit damit hinreichend bekämpft werden soll und wogegen die weitere Einnahme eines Arzneimittels überflüssig werden könnte, erschließt sich nicht. Der Zusatz „Gute Besserung!“ erscheint daher als gesundheitsbezogene Anpreisung und ist damit auch möglicherweise lebensmittelrechtlich unzulässig (vgl. zum Verbot gesundheitsbezogener Werbung auch BVerwG, Vorlagebeschluss vom 23.09.2010 - 3 C 36/09 -). Er ist aber zu unspezifisch, um dem Tee einen Arzneimittelcharakter zu verleihen (vgl. hierzu auch Senatsbeschluss vom 13.12.2007 - 9 S 509/07 -, GewArch 2008, 318). Dies gilt um so mehr, als der Hinweis nur auf der Innenklappe des Verpackungskartons angebracht ist und damit erst nach dem Erwerb des Produkts zur Kenntnis genommen werden kann.
42 
Auf dem sichtbaren Etikett wird der Tee aber nur als „wohlschmeckend und aromatisch mit arttypischer Note“ angepriesen. Anders als bei den „Arzneitees“, die etwa eine „Besserung des Befindens bei rheumatischen Beschwerden“ oder eine „Unterstützung der Herz-Kreislauf-Funktion“ versprechen, enthält die Verpackung damit keinerlei Anhaltspunkte für eine Heilmittelwirkung. Dass die bloße Wiedergabe des Fotos einer Pflanze auf der Verpackung eines Erzeugnisses nicht genügt, um bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher ein Vertrauen wie dasjenige hervorzurufen, das Arzneimittel normalerweise erwecken, hat der Europäische Gerichtshof bereits ausdrücklich entschieden (EuGH, Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 -, Slg. 2007, I-9811 Rn. 50). Entsprechendes gilt für die Empfehlung, morgens und abends ein Glas/Tasse Tee zu trinken, die ausweislich der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Verpackung im maßgeblichen Zeitpunkt auf den Produkten der Klägerin nicht mehr enthalten ist. Auch hiermit wird eine den Arzneimitteln vorbehaltene Wirkungsweise nicht in Anspruch genommen. Schließlich lässt auch der Begriff der „Charge“, der von der Klägerin ebenfalls nicht mehr verwendet wird, nicht den Schluss zu, dass bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher hierdurch der Eindruck erweckt werde, es müsse sich um ein Arzneimittel handeln (vgl. hierzu bereits Senatsurteil vom 11.02.2010 - 9 S 3331/08 -, PharmR 2010, 239).
43 
Besonders deutlich wird der fehlende Arzneimittelbezug der Produktgestaltung bei einem Vergleich mit der Bewerbung, die die Klägerin bei ihren „Arzneitees“ vornimmt. Diese werden zunächst explizit als Arzneimittel bezeichnet und der Konsument dementsprechend als „Patient“ angesprochen. Darüber hinaus wird von „arzneilich wirkenden Bestandteilen“ gesprochen und in jeweils eigenen Rubriken zu „Gegenanzeigen“, „Warnhinweisen“, Wechselwirkungen“ und Nebenwirkungen“ Stellung bezogen. Derartige Gestaltungselemente weist der streitige „Apothekentee“ dagegen nicht auf. Auch das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe hat in seiner Stellungnahme vom 26.06.2006 daher von einer „neutralen Aufmachung“ gesprochen.
44 
4. Die vorhandenen Erkenntnismittel lassen auch nicht den Schluss zu, dass durch die vorhandenen Internetbeiträge und Publikationen Dritter - unabhängig von Produktaufmachung und Bewerbung durch die Klägerin - bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher der Eindruck entsteht, „... ...“ müsse arzneimittelartige Eigenschaften haben.
45 
Dies folgt zunächst schon daraus, dass derartige Aussagen Dritter in Internetforen oder ähnlichem, auf die die Klägerin weder Bezug nimmt noch Einfluss hat, ihr nicht im Sinne einer Arzneimittel-„Präsentation“ zugerechnet werden können (vgl. hierzu ausführlich Senatsurteil vom 11.02.2010 - 9 S 3331/08 -, PharmR 2010, 239).
46 
Unabhängig hiervon kann aber auch bei Berücksichtigung der allgemein zur Wirkweise von Misteltee im Internet auffindbaren Beiträge oder sonstigen Publikationen nicht davon ausgegangen werden, dass bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher „mit Gewissheit“ der Eindruck einer krankheitsheilenden oder -verhütenden Wirkung des Produkts entsteht. Soweit in den vom Beklagten vorgelegten Auszügen insoweit eine „kreislaufunterstützende“ Wirkung o.ä. beschrieben ist, wird mit derartigen Anpreisungen eine den Arzneimitteln vorbehaltene Wirkungsweise bereits nicht in Anspruch genommen. Vielmehr wird mit solchen Darstellungen lediglich eine der Gesundheit im Allgemeinen förderliche Wirkung behauptet, die zur Begründung der Arzneimitteleigenschaft gerade nicht ausreicht. Eine krankheitsbezogene Heilungs- oder Verhütungswirkung ist damit nicht in Aussicht gestellt.
47 
In den vorgelegten Auszügen finden sich indes auch Beiträge, in denen Misteltee (insbesondere) eine blutdrucksenkende Wirkung zugeschrieben wird. Bereits in den vom Beklagten zitierten Fundstellen wird aber regelmäßig deutlich, dass die mögliche Wirkung nicht nachgewiesen werden kann und der therapeutische Einsatz alleine auf tradierten Überlieferungen beruht. In dem vorgelegten Ausschnitt eines Heilpflanzenbuchs (VG-Akte Bl. 46 ff.) etwa heißt es, dass „vor der Überbewertung dieser Heilpflanze zu warnen“ sei und insbesondere von Misteltee nicht allzuviel erwartet werden dürfe. Selbst in den vorgelegten Internetbeiträgen wird maßgeblich auf „Legenden und Mythen um die Mistel“ verwiesen (VG-Akte Bl. 52), sowie darauf, dass der Behandlungseinsatz „ohne rationale Begründung“ erfolge (VG-Akte Bl. 133). Bei einer von einem durchschnittlich informierten Verbraucher durchgeführten Internetrecherche zur blutdrucksenkenden Wirkung von Misteltee müsste daher der Eindruck entstehen, dass stichhaltige Belege und Studien für eine entsprechende Wirksamkeit fehlen und allenfalls aus dem tradierten Einsatz in der Volksmedizin auf eine arzneiliche Wirkung geschlossen werden kann. Auch bei Berücksichtigung der allgemein im Internet auffindbaren Beiträge zu Misteltees entsteht daher nicht „mit Gewissheit“ der Eindruck einer heilenden oder krankheitsverhütenden Wirkung. Trotz gelegentlicher anpreisender oder „heilversprechender“ Beiträge erscheint das bei einer Internetrecherche anzutreffende Bild vielmehr hinreichend differenziert, so dass von einem mit Gewissheit entstehenden Eindruck einer arzneimittelartigen Wirkung nicht gesprochen werden kann.
48 
Soweit schließlich auf den Einsatz in der Krebstherapie verwiesen wurde, geht es regelmäßig nicht um die Einnahme von Misteltee, sondern um die (intravenöse) Behandlung mit Mistelextrakten. Diese Zuschreibungen betreffen den streitgegenständlichen Misteltee daher nicht.
49 
Angesichts der damit fehlenden Arzneimitteleigenschaft des von der Klägerin vertriebenen Produktes „... ...“ liegen die Tatbestandsvoraussetzungen für die auf § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG gestützte Untersagungsverfügung nicht vor. Der angefochtene Bescheid des Regierungspräsidiums ist daher aufzuheben und das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern.
II.
50 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
51 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil im Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgte Klärung des Arzneimittelbegriffs und der Zweifelsfallregelung in der obergerichtlichen Rechtsprechung keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.
52 
Beschluss vom 8. Dezember 2010
53 
Der Streitwert des Verfahrens beider Instanzen wird - hinsichtlich der Streitwertfestsetzung für das Verfahren erster Instanz unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses vom 8. Dezember 2005 - auf jeweils 100.000,-- EUR festgesetzt.
54 
Nach § 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 25.1 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327) und ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Senatsbeschluss vom 13.12.2007 - 9 S 1958/07 -, NVwZ-RR 2008, 430) wird der Streitwert für Verkaufsverbote und ähnliche Maßnahmen im Lebens- und Arzneimittelrecht anhand des Verkaufswerts der betroffenen Waren bestimmt. Diesen hat die Klägerin mit rund 100.000,-- EUR beziffert (vgl. hierzu bereits Schriftsatz vom 26.01.2006, S. 2, sowie die Stellungnahme vom 22.11.2010), ohne dass vom Beklagten gegen die Höhe des Verkaufserlöses Einwände erhoben worden sind oder Bedenken ersichtlich wären.
55 
Der Senat sieht sich angesichts der im Berufungsverfahren vorgelegten Angaben zum Verkaufswert der betroffenen Waren auch veranlasst, die Streitwertfestsetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG von Amts wegen zu ändern. Es sind keine Ermessensgesichtspunkte ersichtlich, die es sachgerecht erscheinen lassen könnten, die zwischenzeitlich vorhandenen Anhaltspunkte für die sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebende Bedeutung der Sache nicht zu berücksichtigen (vgl. auch hierzu bereits Senatsbeschluss vom 13.12.2007 - 9 S 1958/07 -, NVwZ-RR 2008, 430).
56 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 08. Dez. 2010 - 9 S 783/10 zitiert 16 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 47 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 66 Erinnerung gegen den Kostenansatz, Beschwerde


(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. W

Arzneimittelgesetz - AMG 1976 | § 2 Arzneimittelbegriff


(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, 1. die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenscha

Arzneimittelgesetz - AMG 1976 | § 21 Zulassungspflicht


(1) Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehm

Arzneimittelgesetz - AMG 1976 | § 4 Sonstige Begriffsbestimmungen


(1) Fertigarzneimittel sind Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden oder andere zur Abgabe an Verbraucher bestimmte Arzneimittel, bei deren Zubereitung in so

Arzneimittelgesetz - AMG 1976 | § 10 Kennzeichnung


(1) Fertigarzneimittel, die nicht zur klinischen Prüfung bestimmt sind und die nicht nach § 21 Absatz 2 Nummer 1a, 1b oder 3 von der Zulassungspflicht freigestellt sind, dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, we

Verordnung über den Betrieb von Apotheken


Apothekenbetriebsordnung - ApBetrO

Arzneimittelgesetz - AMG 1976 | § 69 Maßnahmen der zuständigen Behörden


(1) Die zuständigen Behörden treffen die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie können insbesondere das Inverkehrbringen von Arzneimitteln oder Wirkstoffen untersagen, deren Rückr

Arzneimittelgesetz - AMG 1976 | § 109a


(1) Für die in § 109 Abs. 3 genannten Arzneimittel sowie für Arzneimittel, die nicht verschreibungspflichtig und nicht durch eine Rechtsverordnung auf Grund des § 45 oder des § 46 wegen ihrer Inhaltsstoffe, wegen ihrer Darreichungsform oder weil sie

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Bundesgerichtshof Urteil, 07. Dez. 2000 - I ZR 158/98

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Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 19. Februar 2008 - 3 K 2149/06 - geändert. Die Untersagungsverfügung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 7. November 2006 wird aufgehoben.

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Tenor Die Beschwerde des Antragsgegners gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 02. Februar 2007 - 11 K 1924/06 - wird zurückgewiesen. Die Streitwertfestsetzung des Verwaltun

Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil, 01. Sept. 2005 - 2 K 1021/03

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Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand   1  Die Klägerin wendet sich gegen das Verbot, ihr Produkt „... Mistelkrauttee“ in Verkehr zu bringen. 2  Die Kl

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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen das Verbot, ihr Produkt „... Mistelkrauttee“ in Verkehr zu bringen.
Die Klägerin zeigte im Jahr 1978 beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) einen Mistelkrauttee als im Verkehr befindliches Arzneimittel an. Ein Nachzulassungsantrag wurde nicht mehr gestellt, die fiktive Zulassung als Arzneimittel wurde 1992 gelöscht.
Bei einer Probenentnahme in einer Apotheke in Dresden durch das dortige Lebensmittelüberwachungsamt wurde am 24.05.2002 festgestellt, dass die Klägerin Mistelkrauttee mit folgender Umverpackung in Verkehr bringt:
...
Die Landesuntersuchungsanstalt für Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen gab eine Stellungnahme ab, dass das Produkt als Arzneimittel einzustufen sei.
Die Klägerin wurde vom Regierungspräsidium Tübingen am 14.08.2003 zur Einstufung des Produkts als Arzneimittel angehört und teilte mit, das Produkt sei seit 01.01.1993 so im Handel und eindeutig als Lebensmittel deklariert. Misteltee sei als Lebensmittel einstufen, weil er keine andere Zweckbestimmung habe als zur Ernährung oder zum Genuss. In den Monografien der Kommission E „Visci albi herba“ vom 05.12.1984 und „Visci albi stipites“ vom 29.06.1994 sei eine pharmakologische Wirkung verneint worden. Eine Zulassung als Arzneimittel sei deswegen nicht möglich. Die später ermöglichte traditionelle Zulassung von Misteltee als Arzneimittel bestätige das, weil dabei nur Pflanzen berücksichtigt würden, die unbedenklich seien und deren therapeutische Wirksamkeit nicht belegt sei. Der Teeaufguss ergebe ein hellgrünes aromatisches Getränk. Mistelkraut sei in der Inventarliste Lebensmitteldrogen der Wirtschaftsvereinigung Kräuter- und Früchtetee (WKF) ohne Mengenbeschränkung aufgeführt, weil es keine Arzneimittel-Eigenschaften habe. Misteltee habe ernährungsphysiologisch wichtige Bestandteile (bis zu 4,7% wasserlösliche Polisacharide, bis zu 9,3% wasserlösliche Eiweiße, bis zu 20,3% Gesamteiweiß). Seine Verwendung als Lebensmittel habe eine alte Tradition; die Mistel sei früher als Viehfutter und in Notzeiten als Mistelmehl als Nahrungsmittel eingesetzt worden. In Dänemark sei Mistelkraut als Lebensmittel anerkannt. Es gebe verschiedene Pflanzen, die sowohl Lebensmittel als auch Arzneimittel sein könnten; die Auffassungen dazu seien momentan stark im Wandel begriffen. So könnten z.B. arzneiliche wirkende Drogen wie Pfefferminze, Kamille, Fenchel oder Brennnessel unstrittig auch als Lebensmittel eingesetzt werden, die Einteilung habe dann anhand der Aufmachung des Produkts zu erfolgen, die hier lebensmittelgemäß sei.
Das Regierungspräsidium Tübingen erließ am 07.05.2003 eine Anordnung, wonach (1.) das Produkt „... Misteltee“ ein Fertigarzneimittel sei. Mangels arzneimittelrechtlicher Zulassung sei es nicht verkehrsfähig. Das weitere Inverkehrbringen im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes (Bundesrepublik Deutschland) werde solange untersagt, bis eine arzneimittelrechtliche Zulassung vorliege. Für diese Entscheidung wurde (2.) eine Gebühr von 200,- EUR erhoben. Zur Begründung wurde ausgeführt, für die Einordnung als Arznei- oder Lebensmittel sei die überwiegende Zweckbestimmung entscheidend; maßgeblich sei dabei die allgemeine Verkehrsauffassung. Für Mistelkraut existiere keine gefestigte Verkehrsauffassung als Lebensmittel, sondern nur als Arzneimittel. Nach den maßgeblichen „Leitsätzen für Tee, teeähnliche Erzeugnisse, deren Extrakte und Zubereitungen“ gehöre Mistelkraut nicht zu den teeähnlichen Erzeugnissen. Dies ergebe sich auch aus Veröffentlichungen des Arbeitskreises Lebensmittelchemischer Sachverständiger der Länder und des Bundesinstituts für Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (ALS) und der Sachverständigen der Arzneimitteluntersuchungsstellen der Länder. Es seien zahlreiche Arzneimittel mit Mistelkraut auf dem Markt, darunter auch fünf Mistelkraut-Arzneitees. In der Volksmedizin werde Misteltee traditionell als Heilmittel bei Bluthochdruck, Schwindelanfällen und Arteriosklerose angewendet. Darüber hinaus seien parenteral angewandte Mistelpräparate in der Krebstherapie bekannt, insbesondere zur Immunstärkung. Die auf ein Arzneimittel gerichtete Verbrauchererwartung werde durch die Aufmachung des Produkts bestärkt, insbesondere durch
- die hervorgehobene Kennzeichnung in roter Schrift als „Apothekentee“,
- die Aussagen „Qualität aus Ihrer Apotheke“, „Dieser Tee ist nur in Apotheken erhältlich“, „Seit über 50 Jahren für Ihre Gesundheit“
- die Angabe „morgens und abends 1 Glas/Tasse Tee trinken“ im Sinne einer Dosierungsanleitung
10 
- die arzneimitteltypischen Angaben „verwendbar bis ...“ anstelle eines Mindesthaltbarkeitsdatums und einer Chargenbezeichnung (Ch.-B.) auf den Filterbeuteln oder deren Einzelverpackung.
11 
Auf die Monografien der Kommission E komme es nicht an, da es für die Definition eines Arzneimittels unerheblich sei, ob es tatsächlich eine therapeutische Wirkung entfalte. Es sei auch unerheblich, ob Mistelkraut in Dänemark als Lebensmittel zugelassen sei; insoweit liege keine komplette Harmonisierung der einschlägigen Rechtsvorschriften vor. Die Verwendung von Mistelmehl als Nahrungsmittel in Notzeiten liege mehrere Generationen zurück und präge die Verbrauchererwartung nicht mehr. Da es auf die überwiegende Verbrauchererwartung ankomme, sei es schließlich auch unerheblich, ob der Hersteller sein Produkt als Lebensmittel bezeichne. Die Anordnung wurde der Klägerin am 13.05.2003 zugestellt.
12 
Die Klägerin hat am 10.06.2003 beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben. Sie hält die Anordnung des Regierungspräsidiums für rechtswidrig, weil ihr Mistelkrauttee als Lebensmittel einzustufen sei. Sie macht geltend, sie habe bereits 1992 auf eine Zulassung als Arzneimittel verzichtet, weil der erforderliche Wirksamkeitsnachweis nicht vorgelegen hätte; eine Zulassung als traditionell angewandtes Arzneimittel sei damals noch nicht möglich gewesen, sondern erst später eingeführt worden. Es sei auch eindeutig als Lebensmittel gekennzeichnet, auf der Umverpackung werde es als „wohlschmeckend und aromatisch mit arttypischer Note“ ausgelobt. Ein Produkt könne nur dann nicht als Lebensmittel eingestuft werden, wenn positiv festgestellt sei, dass es überwiegend zu anderen Zwecken als Ernährung und Genuss bestimmt sei. Sie macht geltend, es liege keine Verkehrsanschauung vor, wonach Mistelkraut per se als Arzneimittel einzustufen sei, sondern es sei auch eine allgemeine Verkehrsanschauung als Lebensmittel gegeben. Die Mistel habe eine alte Tradition als Lebensmittel und werde als u.a. als Zutat für Kräuterbrot und auch sonst als aromatisierendes Mittel in Lebensmitteln verwendet. Mistelkrauttee sei in den vergangenen zehn Jahren verstärkt als wohlschmeckender Kräutertee in das Bewusstsein der Verbraucher gelangt. Misteltees eigneten sich aufgrund ihres kräftigen, sehr aromatischen Geschmacks besonders als Durstlöscher. Zahlreiche andere Teehersteller und Versandhändler im Internet brächten ebenfalls Mistel als Bestandteil von Teemischungen oder reinen Misteltee als Lebensmittel in Verkehr. Für Naturheilkunde und Krebstherapie seien vor allem Blätter und Beeren der Mistel von Bedeutung; Mistelkrauttee bestehe jedoch aus getrockneten Zweigen der Mistel. Für die Verkehrsauffassung dürfe auch nicht alleine auf die Leitsätze der Deutschen Lebensmittelbuchkommission für Tee, teeähnliche Erzeugnisse, deren Extrakte und Zubereitungen abgestellt werden; diese stellten lediglich Beurteilungsmerkmale für übliche teeähnliche Erzeugnisse auf, schlössen aber nicht aus, dass andere Produkte ebenfalls als teeähnliche Erzeugnisse zu qualifizieren seien. Es müssten z.B. auch die Richtlinien des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde oder einzelner Verbände der Lebensmittelwirtschaft, Handelsbräuche, Rezepte aus Kochbüchern, Gutachten von Sachverständigen der Lebensmittelaufsichtsbehörden, aber auch Verbraucherumfragen herangezogen werden. Ein durchschnittlich informiertes, aufmerksames und verständiges Publikum werde bei der Beurteilung eines Produktes eher fundierte wissenschaftliche und pharmazeutische Erkenntnisse zugrunde legen als Veröffentlichungen in den Print- und Massenmedien und im Internet. Dadurch komme der Listung in der „Inventarliste Lebensmitteldrogen“ der Wirtschaftsvereinigung Kräuter- und Früchtetee Bedeutung zu, nach der Mistelkraut sowohl als Heilpflanze als auch als Genussmittel eingesetzt werden könne. Gerade im Bereich der traditionellen Arzneimittel gemäß § 109a AMG sei eine Reihe von Produkten auf dem Markt, die auch im Bereich der Lebensmittel liegen könnten, z.B. Holunderblüten, Lindenblüten, Kamillenblüten, Thymiankraut, Melissenblätter, Pfefferminzblätter, Fenchel. Die angesprochenen Verkehrskreise könnten hier nur anhand der konkreten Produktaufmachung und der Darreichungsform entscheiden, ob das Erzeugnis der Ernährung, dem Genuss oder als Arzneimittel diene. Es müsse dann letztlich dem Inverkehrbringer überlassen bleiben, ob er das Produkt als Lebens- oder Arzneimittel in Verkehr bringen möchte. Der ausschließliche Vertrieb über Apotheken und die Hinweise auf die Apotheke auf der Verpackung seien nicht Bestandteil der Verkehrsbezeichnung „... Misteltee“. Sie könnten nicht zur Qualifikation als Arzneimittel führen, weil in Apotheken auch Lebensmittel veräußert werden dürften. Der übrige Text kennzeichne das Produkt als Lebensmittel, insbesondere werde auf den Geschmack hingewiesen. Auf die Empfehlung, „morgens und abends 1 Glas/Tasse Tee trinken“ könne in Zukunft verzichtet werden. Das Haltbarkeitsdatum werde auf aktuellen Verpackungen nicht mehr mit „verwendbar bis ...“ angegeben, sondern als Mindesthaltbarkeitsdatum. Die Bezeichnung auf den Filterbeuteln und Einzelverpackungen in der Umverpackung sei ein untergeordneter Kennzeichnungsmangel, der alsbald behoben werde. Es sei aber unverhältnismäßig, die Untersagung darauf zu stützen.
13 
Die Klägerin beantragt,
14 
den Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 7. Mai 2003 aufzuheben.
15 
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich unter Bezugnahme auf die angefochtene Entscheidung,
16 
die Klage abzuweisen.
17 
Ergänzend macht er geltend, die Klägerin bringe ihren Mistelkrauttee über Apotheken in den Verkehr, was Einfluss auf die Verbraucherauffassung habe. Die Beratung in Apotheken trage auch selbst zur Formung der Verbraucherauffassung bei; dazu legt er die Auswertung einer Umfrage unter Apothekern vor („Mistel in der Krebsmedizin und Beratungsapotheke“, DAZ 2003, Heft 41, S. 67ff). Darüber hinaus werde die Verbrauchererwartung durch Darstellungen und Veröffentlichungen in Print- und anderen Massenmedien und im Internet mitbestimmt, wo häufig über die Mistel als Heilpflanze berichtet werde. Die Verbraucherauffassung sei außerdem durch eine lange Tradition der Verwendung der Mistel als Heilmittel geprägt. Es seien auch andere Produkte, etwa Dragees mit Bestandteilen der Mistel, in Verkehr, die mit pharmakologischen Wirkungen deklariert seien. Aus alledem ergebe sich, dass die Mistel an sich, unabhängig davon, welche Bestandteile der Pflanze verwendet würden, nach der maßgebenden Verbraucherauffassung nicht zur Ernährung oder zum Genuss, sondern für heilende Zwecke und damit arzneilich verwendet werde.
18 
Es ist Beweis erhoben worden durch Einholung von Sachverständigengutachten des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes Karlsruhe vom 19.04.2004 und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 06.06.2005.
19 
Dem Gericht lagen die einschlägigen Akten des Regierungspräsidiums Tübingen vor, auf die wegen der weiteren Einzelheiten und des weiteren Vorbringens ebenso verwiesen wird wie auf die vorliegende Gerichtsakte.

Entscheidungsgründe

 
20 
1. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 07.05.2003 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
21 
a) Die angefochtene Verfügung, die der Klägerin das Inverkehrbringen des Erzeugnisses „... Mistelkrauttee“ bis zum Vorliegen einer arzneimittelrechtlichen Zulassung untersagt, hat ihre Rechtsgrundlage in § 69 Abs. 1 AMG in der zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides gültigen Fassung vom 11.12.1998 (BGBl. I S. 3586). Danach treffen die zuständigen Behörden die notwendigen Anordnungen zur Beseitigung festgestellter Verstöße gegen das Arzneimittelrecht und zur Verhütung bereits eingetretener Verstöße (Satz 1); insbesondere können sie das Inverkehrbringen untersagen, wenn eine erforderliche Zulassung als Arzneimittel nicht vorliegt (Satz 2 Nr. 1).
22 
Die Zulassungspflicht bestimmt sich nach § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG. Danach dürfen Fertigarzneimittel, die Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 AMG sind, nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind. Da das im Streit befindliche Präparat im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Verpackung in den Verkehr gebracht wird, handelt es sich nach § 4 Abs. 1 AMG um ein solches Fertigarzneimittel
23 
Das Regierungspräsidium Tübingen ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei dem von der Klägerin hergestellten und in Verkehr gebrachten Erzeugnis „... Mistelkrauttee“ um ein Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 AMG handelt, das einer Zulassung bedarf. Arzneimittel sind Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten, zu erkennen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG) oder die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelischer Zustände zu beeinflussen (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG). Keine Arzneimittel sind demgegenüber Lebensmittel im Sinne des § 1 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes – LMBG – (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG). Lebensmittel im Sinne des § 1 Abs. 1 LMBG sind Stoffe, die dazu bestimmt sind, von Menschen verzehrt zu werden; ausgenommen sind Stoffe, die überwiegend dazu bestimmt sind, zu anderen Zwecken als zur Ernährung oder zum Genuss verzehrt zu werden. Für die Einordnung eines Produkts als Arzneimittel (§ 2 AMG) oder als Lebensmittel (§ 1 LMBG) kommt es damit entscheidend darauf an, zu welchem Zweck der Mensch es zu sich nimmt, wozu es also „bestimmt ist“. Für die überwiegende Zweckbestimmung ist nicht der rechtliche Einstufungswille des Herstellers oder Vertreibers maßgeblich, sondern die allgemeine Verkehrsanschauung, d.h. wie sich der Verwendungszweck des Produkts für den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher darstellt. Objektive Kriterien dafür sind vor allem die Bezeichnung des Produkts, seine stoffliche Zusammensetzung, die Aufmachung, Darreichungsform und Verpackung des Produkts, Dosierungsempfehlungen und sonstige Angaben des Herstellers oder Vertreibers, Preisgestaltung, etwaige Werbeaussagen und die Art des Vertriebs. Die Verkehrsanschauung wird auch regelmäßig an eine etwa schon bestehende Auffassung über den Verwendungszweck vergleichbarer Mittel anknüpfen (vgl. BVerwG, Urteil v. 24.11.1994, - 3 C 23/93 -, BVerwGE 97, 132ff; Urteil v. 18.12.1997, - 3 C 46/96 -, BVerwGE 106, 90ff; BGH, Urt.v. 10.02.2000, - I ZR 97/98 – „L-Carnitin“, GRUR 2000, 528-530; Urteil v. 11.07.2002, - I ZR 273/99 -, ZLR 2002, 660-666; VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 14.05.1996, - 10 S 256/96 -, Urteil vom 15.01.1999 – 10 S 1797/97 -, OLG Frankfurt/Main, Urteil v. 11.12.1998, - 24 U 18/97 -, zitiert nach juris; vgl. zur Abgrenzung auch Streit, internistische praxis 41 (2001), 449-462). Die Vorstellung der Verbraucher von der Zweckbestimmung eines Produkts hinsichtlich seiner Inhaltsstoffe kann auch durch veröffentlichte Auffassungen der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaften beeinflusst werden. Die Bezeichnung eines Produkts als Lebensmittel auf der Verpackung bewirkt alleine noch nicht, dass es als Lebensmittel einzustufen ist, und umgekehrt sind weder die Darreichungsform noch die Verpackung noch der Vertrieb allein über Apotheken für sich genommen ein ausreichender Hinweis auf ein Arzneimittel, wenn es sich um apothekenübliche Ware handelt (vgl. BGH, Urt. v. 10.02.2000, a.a.O., 530). Bei Stoffen und Zubereitungen, die nach diesen Kriterien sowohl zu Ernährungs- oder Genusszwecken als auch zu therapeutischen Zwecken bestimmt sind, ist maßgeblich, welche Zweckbestimmung überwiegt. Überwiegt die Zweckbestimmung als Lebensmittel, ist damit eine Einordnung des Produktes (zugleich) als Arzneimittel ausgeschlossen, auch wenn es die Merkmale des Arzneimittelbegriffs in § 2 Abs. 1 AMG aufweist (BVerwG, Urt. v. 18.12.1997, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 15.01.1999, a.a.O.).
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b) Nach diesen Grundsätzen ist das Produkt „... Mistelkrauttee“, so wie es von der Klägerin in den Verkehr gebracht wird, nicht als Lebensmittel, sondern als Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 5 AMG einzuordnen. Diese Einschätzung beruht zunächst auf dem Sachverständigengutachten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 06.06.2005. Es bestehen auch keine Bedenken, das Gutachten des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes (CVUA) Karlsruhe vom 26.02.2004 mit Ergänzung vom 19.04.2004 heranzuziehen. Die Beamten des CVUA Karlsruhe sind zwar Beamte des Landes Baden-Württemberg, das in diesem Verfahren Beklagter ist. Es handelt sich aber nicht um eine Behörde, die dem Regierungspräsidium Tübingen nachgeordnet wäre, wie die Klägerin meint, sondern um eine Sonderbehörde, die aus dem hierarchischen Behördenaufbau ausgegliedert und nicht weisungsgebunden ist. Am bisherigen Verwaltungsverfahren gegen die Klägerin waren Beamte des CVUA Karlsruhe auch nicht federführend beteiligt (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 06.10.1998, - 3 B 35/08 -, NVwZ 1999, 184-186; Beschluss vom 30.12.1997, - 11 B 3/97 -, NVwZ 1998, 334 - 336 und VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.07.1997, - 9 S 1580/97 -, VBlBW 1998, 56-57). Außerdem beruht die Einschätzung des Gerichts auf den Angaben auf der Verpackung des Produkts und auf dem Umstand, dass die Klägerin es in ihrer Produktreihe „... Apothekentee“ ausschließlich in Apotheken verkauft, wo auch andere Mistelkrauttees mit identischen Inhaltsstoffen erhältlich sind, die über eine Zulassung als Arzneimittel gemäß § 109a AMG verfügen. Schließlich beruht die Einschätzung auch auf den umfangreichen Veröffentlichungen und Internetrecherchen, die dem Gericht während des Verfahrens vorgelegt wurden. Dabei handelt es sich - neben den verschiedenen Monografien der Kommission E zur Mistel, der Inventarliste Lebensmitteldrogen der Wirtschaftsvereinigung Kräuter- und Früchtetee und den Leitsätze für Tee und teeähnliche Erzeugnisse - vor allem um Veröffentlichungen zur Verwendung der Mistel in Fachbüchern und -zeitschriften und im Internet sowie um Ausdrucke aus dem Angebot diverser Internetanbieter an Mistelkrauttee und Kräuterteemischungen, die Mistelkraut enthalten. Dabei war allein der Verwendungszweck von Mistelkraut als Tee in den Blick zu nehmen; auf die Verkehrsauffassung zur Verwendung von Mistelextrakten als Injektion zur parenteralen Anwendung kommt es hier ebenso wenig an wie auf den die Bestimmung von Mistelmehl als Zutat von Kräuterbrot oder als Ersatznahrungsmittel in Notzeiten. Es ist auch nur der Verwendungszweck im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes maßgeblich, die Verkehrsauffassung und die Rechtslage in anderen europäischen Ländern wie Dänemark oder der Slowakei sind nicht entscheidungserheblich. Bei Anwendung der oben genannten Kriterien ergibt sich aus alldem für das Gericht, dass das streitige Produkt nach der allgemeinen Verkehrsauffassung in Deutschland überwiegend zur Verwendung als Arzneimittel bestimmt ist.
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aa) Allein die Bezeichnung des Produkts „... Misteltee“ lässt noch keinen Schluss auf eine überwiegende Zweckbestimmung als Lebensmittel zu. Einerseits werden Misteltee und Kräuterteemischungen mit dem Inhaltsstoff Mistelkraut als Lebensmittel angeboten, und zwar sowohl im Internethandel als auch im Lebensmittel-Einzelhandel und in Drogerien. Andererseits ergibt sich aus den Gutachten der CVUA Karlsruhe vom 26.02.2004 und des BfArM vom 06.06.2005, dass zahlreiche Produkte mit der Bezeichnung „Misteltee“ und „Mistelkrauttee“ über eine Zulassung als Arzneimittel nach § 109a AMG verfügen und mit den Hinweisen „traditionell angewendet“ und „zur Stärkung der Kreislauffunktion“ bzw. „kreislaufunterstützend“ als Arzneitee in Apotheken angeboten werden. Nach dem Gutachten des BfArM sind insgesamt 62 Mistelkrautpräparate in dieser Weise als Arzneimittel zugelassen, davon fünf Arzneitees aus reinem Mistelkraut.
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bb) Das Produkt der Klägerin unterscheidet sich in der stofflichen Zusammensetzung nicht von den oben genannten Mistelkrauttees, die über eine Zulassung als Arzneimittel nach § 109a AMG verfügen und damit eindeutig zur Verwendung als Arzneimittel bestimmt sind. Nach den Angaben auf der Verpackung ist der Misteltee der Klägerin in Teebeutel abgepackt, die jeweils 2,0 g Mistelkraut (viscum album L) enthalten, also getrocknete und gemahlene junge Zweige der Mistelpflanze mit Blättern, Blüten und Früchten. Nach den Angaben des BfArM ist die Darreichungsform in Teebeuteln à 2,0g bei den zugelassenen Arzneitees ebenso verbreitet wie die Darreichungsform als lose Ware. Der vom CVUA Karlsruhe zum Vergleich untersuchte „... Mistelkrauttee“, der über eine Zulassung als Arzneimittel nach § 109a AMG verfügt, weist die gleiche stoffliche Zusammensetzung auf und wird ebenfalls in Filterbeuteln a 2,0 g angeboten. Die Untersuchung der Proben durch das CVUA Karlsruhe ergab etwas geringere Füllmengen, wobei der Arzneitee „... Mistelkrauttee“ mit 1,96 g pro Teebeutel sogar noch etwas weniger Mistelkraut enthielt als das Produkt der Klägerin mit 1,97 g pro Teebeutel. Ob Mistelkraut in dieser Darreichungsform als Teebeutel mit etwas weniger als 2,0 g tatsächlich pharmakologische Wirkungen entfaltet oder nicht, kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, weil eine ganze Reihen anderer Produkte mit der gleichen stofflichen Zusammensetzung als traditionell angewandte Arzneimittel zugelassen und damit auch zur Verwendung als solche bestimmt sind.
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cc) Die Listung von Mistelkraut in der „Inventarliste Lebensmitteldrogen“ des Wirtschaftsverbandes Kräuter- und Früchtetee e.V. (WKF) führt noch nicht zu einer überwiegenden Verkehrsauffassung als Lebensmittel, weil es sich um eine Einordnung von Seiten der Hersteller handelt und nicht etwa um die Erwartung des Verbrauchers. In einer Anmerkung des WKF zu dieser Liste (DLR 2000, 172ff) wird ausgeführt, dass sie zur Einordnung von Inhaltsstoffen beitragen soll, die in Deutschland zumindest in der Ernährung noch keine oder kaum eine Rolle gespielt haben, und dass die Zweckbestimmung speziell bei Kräutertees von den Umständen abhängt, unter denen sie in Verkehr gebracht werden. Die Inventarliste wird in Fachkreisen kontrovers diskutiert, wobei eine Verkehrsauffassung für Mistelkrauttee als Lebensmittel teilweise ausdrücklich verneint wird (vgl. Gründig/Hey, DLR 2002, 35ff; Streit, internistische praxis 41 [2001], 449-462; a.A. etwa Schneider, DLR 2002, 125ff). Andererseits lässt sich aus den „Leitsätzen für Tee, teeähnliche Erzeugnisse, deren Extrakte und Zubereitungen“ vom 02.12.1998 (BAnz. Nr. 66a vom 09.04.1999) kein Umkehrschluss ziehen, wie der Beklagte es tut. Die Leitsätze enthalten unter II. nur besondere Beurteilungsmerkmale für einige übliche teeähnliche Erzeugnisse, aber keine abschließende Aufzählung aller üblichen teeähnlichen Erzeugnisse.
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dd) Die Aufmachung und Verpackung, mit der die Klägerin das Produkt auf den Markt bringt, ermöglicht keine klare Zuordnung des Produkts: Die Abbildung auf der Verpackung zeigt eine Mistelpflanze mit Blättern und Beeren und unterscheidet sich insoweit nicht von dem zum Vergleich herangezogenen Arzneitee „... Mistelkrauttee“. Die Angabe „verwendbar bis“ als Verfallsdatum stellt einen Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Kennzeichnungsvorschriften dar (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 7 Abs. 2 Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung - LMKV), entspricht aber ebenso wie die Verwendung einer Chargenbezeichnung (Ch.-B.) der für Fertigarzneimittel vorgeschriebenen Kennzeichnung (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 9 AMG). Daraus alleine ergibt sich allerdings noch keine Aussage über einen Verwendungszweck als Arzneimittel, zumal sich beide Angaben nur ganz untergeordnet auf der Unterseite der Verpackung bzw. auf der Umhüllung der Teebeutel in der Umverpackung wiederfinden. Die Anpreisung „wohlschmeckend und aromatisch mit arttypischer Note“ deutet wiederum auf eine Bestimmung zum Verzehr als Lebensmittel hin, ausdrückliche Hinweise auf kreislauffördernde oder -unterstützende Wirkungen enthält die Verpackung des Produkts nicht. Andererseits ist die aufgedruckte Dosierungsempfehlung, morgens und abends 1 Glas/ 1 Tasse zu trinken, bei einem wohlschmeckenden und aromatischen Lebens- oder Genussmittel nicht nachvollziehbar. Dass die Klägerin sich bereit erklärt hat, auf diese Empfehlung künftig zu verzichten, ist für die Entscheidung des Gerichts nicht maßgeblich, da sie jedenfalls zum Zeitpunkt der Entscheidung des Regierungspräsidiums verwendet wurde; auch die während des Klageverfahrens von der CVUA Karlsruhe erhobene Warenprobe enthält noch diesen Aufdruck. Die gleiche Dosierungsempfehlung und die gleichen Hinweise zur Zubereitung durch Ansetzen mit kaltem Wasser über mehrere Stunden hinweg finden sich z.B. auch in Fachbüchern über Heilpflanzen, die Misteltee als Hausmittel gegen leichte nervöse Herzstörungen empfehlen (vgl. Manfred Pahlow, Heilpflanzen, S. 233, 234, AS 46/47 der Gerichtsakte; ebenso DAB 1999, Monographie Mistelkraut, AS 120-122 der Gerichtsakte). Das Gericht geht deshalb davon aus, dass sich die aufgedruckten Dosierungsempfehlung an Personen richtet, denen diese Verwendungsmöglichkeit bekannt ist. Die Angabe „Aus der Natur – Für ihre Gesundheit“ dürfte sich nach der Anordnung auf der Verpackung sowohl allgemein auf die Klägerin als auch auf das konkrete Produkt beziehen, so dass es als gesundheitsfördernd angepriesen wird.
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ee) Der apothekenexklusive Vertrieb des Produkts, die Bezeichnung als „Apothekentee“, „Qualität aus ihrer Apotheke“ und der Aufdruck „Dieser Tee ist nur in Apotheken erhältlich“ weisen ebenfalls eher auf einen Verwendungszweck als Arzneimittel hin als auf ein wohlschmeckendes und aromatisches Lebensmittel. Soweit die Klägerin auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes verweist, wonach vom Vertrieb über Apotheken noch nicht auf eine Zweckbestimmung als Arzneimittel geschlossen werden könne (vgl. BGH, Urt.v. 10.02.2000, - I ZR 97/98 – „L-Carnitin“, GRUR 2000, 528-530; Urteil v. 11.07.2002, - I ZR 273/99 -, ZLR 2002, 660-666 m.w.N.), beziehen sich diese auf Nahrungsergänzungsmittel, die in § 25 Nr. 6 Apothekenbetriebsordnung i.d.F. vom 26.09.1995 (BGBl. I, 1195ff – ApBetrO) ausdrücklich als apothekenübliche Ware aufgeführt waren. Dazu gehörten auch Tee und teeähnliche Erzeugnisse, allerdings nur, soweit sie nicht überwiegend dazu bestimmt sind, zum Genuss verzehrt zu werden. Daraus folgt für das Gericht, dass die von der Klägerin angestrebte Einordnung ihres Mistelkrauttees als wohlschmeckendes und aromatisches Lebensmittel, das überwiegend zum Genuss bestimmt ist, und eine Einstufung als apothekenübliche Ware i.S.d. § 25 Nr. 6 ApBetrO a.F. sich gegenseitig ausschließen. Dies gilt umso mehr, nachdem § 25 ApBetrO durch das GKV-Modernisierungsgesetz (vom 14.11.2003, BGBl. I, 2190, - GMG) geändert wurde: Apothekenüblich sind nunmehr nach § 25 Nr. 2 ApBetrO n.F. Mittel, die der Gesundheit von Menschen mittelbar oder unmittelbar dienen oder diese fördern. Daraus folgt für das Gericht, dass für den Mistelkrauttee der Klägerin, der ausschließlich in Apotheken verkauft wird, eine überwiegende Zweckbestimmung bestehen muss, der Gesundheit zu dienen oder diese zu fördern. Ansonsten wäre der gewählte Vertriebsweg als exklusiver „Apothekentee“ weder nachvollziehbar noch rechtlich zulässig.
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Dies wird belegt durch die Ergebnisse einer Umfrage „Mistel in der Krebsmedizin und Beratungsapotheke“ (DAZ 2003, 67ff, AS 41-45 der Gerichtsakte.) Die Umfrage richtete sich an Apotheker und Apothekerinnen, also jenen Personenkreis, über den der Mistelkrauttee der Klägerin ausschließlich verkauft wird, der die Erwartungshaltung seiner Kunden kennt und der sie ggf. zum Verwendungszweck des Produkts beraten wird. Im Themenblock „Allgemeine Fragen zum Anwendungskontext der Mistel“ wurde unter C.1 die Frage gestellt, welcher Kategorie die Mistel zugeordnet wird. 40% der Befragten ordneten sie als Immunmodulator ein, 28% als anthroposophisches Heilmittel, 20% als klassisches Phytopräparat, 10% als Zytostatikum und lediglich 1% als unspezifisches Additivum. Die Verwendung als aromatisches und wohlschmeckendes Getränk wurde dagegen überhaupt nicht genannt. Daraus ist zu schließen, dass die Befragten keine Verbrauchererwartung oder besondere Nachfrage nach Mistelkrauttee als Lebensmittel mit besonderen geschmacklichen Eigenschaften registriert und ihre Kunden auch nicht in dieser Richtung beraten haben.
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ff) Schließlich ergibt sich auch aus den umfangreichen Publikationen und Internetrecherchen, die von den Beteiligten vorgelegt wurden, eine überwiegende Verkehrsauffassung, dass Mistelkrauttee zur Verwendung als Arzneimittel bestimmt ist. In den Sachverständigengutachten des CVUA Karlsruhe und des BfArM wird darauf hingewiesen, dass Misteltee in der Volksmedizin u.a. gegen Bluthochdruck, Schwindelgefühl, Blutandrang im Kopf, ausbleibende Menstruation, Gelenkerkrankungen, Epilepsie, Arteriosklerose empfohlen wird. Das ergibt sich auch aus den vom Beklagten vorgelegten Publikationen und Internetrecherchen (vgl. z.B. AS 53, 55, 56, 58, 60 der Gerichtsakte; ebenso Manfred Pahlow, Heilpflanzen, S. 233, 234, AS 46/47 der Gerichtsakte). Im Deutschen Arzneimittelbuch (DAB), das üblicherweise in Apotheken als Nachschlagewerk bereitgehalten wird, ist Mistelkraut ebenfalls als Teedroge zur unterstützenden Behandlung von milden Formen der Hypertonie und Bluthochdruck, bei Schwindelgefühl und Blutandrang zum Kopf aufgeführt; dabei wird allerdings betont, dass die Anwendung rein empirisch erfolgt und eine rationale Begründung bisher nicht vorliegt (vgl. Auszüge aus dem DAB 1999 und 2004, AS 120-122 und 132-134 der Gerichtsakte). Dies ergibt sich auch aus den Monografien der Kommission E „Visci albi stipites“ vom 03.05.1994 und „Visci albi herba“ vom 05.12.1984, auf die sich die Klägerin bezieht; dort wird ausgeführt, dass die blutdrucksenkenden Wirkungen und die therapeutische Wirksamkeit von Mistelkraut als Tee bei milden Formen der Hypertonie nicht belegt sind bzw. einer Überprüfung bedürfen. Ein solcher klinischer Wirksamkeitsnachweis ist für das Bestehen einer Verkehrsauffassung zum Verwendungszweck als Arzneimittel aber - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht erforderlich. Im Gegenteil war es anderen Herstellern sogar möglich, aufgrund dieser Verkehrsauffassung für Mistelkrauttee eine Zulassung als traditionell angewandtes Arzneimittel nach § 109a AMG zu erhalten, ohne dass ein klinischer Wirksamkeitsnachweis vorliegt. Die Anforderungen an die Wirksamkeit sind nach § 109a Abs. 3 Satz 1 und 2 AMG auch erfüllt, wenn das Mittel bestimmte Anwendungsgebiete beansprucht, die von einer eigens dafür berufenen Kommission unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Mittels und der tradierten und dokumentierten Erfahrung festgelegt werden. Für Mistelkrauttee ist in der Aufstellung dieser Anwendungsgebiete unter Nr. 257 ausgeführt (vgl. Anlage 3 zum Gutachten des BfArM, AS 123-125 der Gerichtsakte):
32 
„zur Unterstützung der Kreislauffunktion. Diese Angabe beruht ausschließlich auf Überlieferung und langjähriger Erfahrung.“
33 
Für das Gericht folgt aus dem Umstand, dass Mistelkrauttee aufgrund langjähriger Erfahrung und Überlieferung ein Anwendungsgebiet als Mittel zur Kreislaufunterstützung beansprucht, auch eine entsprechende langjährige und gefestigte Verkehrsauffassung. Nach der Überzeugung des Gerichts ist sie jedenfalls für das Produkt der Klägerin auch die überwiegende. Ob für die zahlreichen Mistelkrauttees anderer Anbieter, die in Lebensmittelmärkten, Teeläden oder in Internetshops verkauft werden, eine Verkehrserwartung als Lebensmittel besteht, kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, weil die Klägerin sich von diesen Tees bewusst und gezielt abgrenzt, indem sie ihren Mistelkrauttee als „Apothekentee“ ausschließlich in Apotheken in Verkehr bringt. Wie oben bereits ausgeführt, überwiegt jedenfalls dort die Verkehrserwartung, dass Mistelkrauttee nicht dem Genuss und der Ernährung, sondern der Gesundheit dient und damit zur Verwendung als Arzneimittel bestimmt ist.
34 
Nach alldem ist das Produkt der Klägerin als Arzneimittel anzusehen, das einer arzneimittelrechtlichen Zulassung bedarf, sie aber nicht besitzt.
35 
c) Ermessensfehler sind bei der Verfügung, mit der das Inverkehrbringen des Produktes bis zum Vorliegen einer arzneimittelrechtlichen Zulassung untersagt wird, nicht ersichtlich. Es ist auch nicht erkennbar, dass ein Rückruf oder eine Sicherstellung der Ware die Klägerin weniger belasten würde. Soweit das Regierungspräsidium fälschlicherweise von der Verwendung einer Chargenbezeichnung und des Aufdrucks „verwendbar bis...“ anstelle eines Mindesthaltbarkeitsdatums auf eine Einordnung als Arzneimittel geschlossen oder dies im Umkehrschluss aus den „Leitsätzen für Tee, teeähnliche Erzeugnisse, deren Extrakte und Zubereitungen“ gefolgert hat, handelt es sich um die Beurteilung des gesetzlichen Tatbestandes und nicht um Ermessenserwägungen zur Auswahl unter den in § 69 Abs. 1 genannten Maßnahmen.
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Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe gar nicht die Möglichkeit, für ihr Produkt eine Zulassung als Arzneimittel zu erlangen, weil die erforderlichen Wirksamkeitsnachweise nicht zu erbringen seien, ist darauf hinzuweisen, dass sie aus eigenem Entschluss im Jahr 1992 auf die Zulassung als Arzneimittel verzichtet hat. Damit hat die Klägerin damals darauf verzichtet, dieses Produkt als Arzneimittel in Verkehr zu bringen. Als im Jahr 1994 die Zulassung als traditionell angewandtes Arzneimittel nach § 109a AMG ermöglicht wurde, konnte sie davon nicht mehr profitieren, weil die fiktive Zulassung des Produkts nach § 105 AMG bereits erloschen war. Im Rahmen eines neuen Antrags hätte die Klägerin möglicherweise schon damals eine Gleichbehandlung mit anderen Herstellern erreichen können, die ihren Antrag aufrechterhalten und eine Zulassung für Mistelkrauttee nach § 109a AMG erhalten hatten. Mit Inkrafttreten des 14. Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 29.08.2005 (verkündet am 05.09.2005, BGBl. I, 2570) wird jetzt auch ein vereinfachtes Verfahren zur Registrierung traditioneller pflanzlicher Arzneimittel eingeführt (vgl. § 39a - 39d AMG n.F.), das die Klägerin für ihren Mistelkrauttee ohne weiteres wahrnehmen kann. Dabei handelt es sich aber um Fragen, die im Rahmen der arzneimittelrechtlichen Zulassung zu klären sind; für die hier angefochtene Untersagungsverfügung, die lediglich das arzneimittelrechtliche Zulassungsverfahren sicherstellen soll, kommt es darauf nicht an.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
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1. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 07.05.2003 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
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a) Die angefochtene Verfügung, die der Klägerin das Inverkehrbringen des Erzeugnisses „... Mistelkrauttee“ bis zum Vorliegen einer arzneimittelrechtlichen Zulassung untersagt, hat ihre Rechtsgrundlage in § 69 Abs. 1 AMG in der zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides gültigen Fassung vom 11.12.1998 (BGBl. I S. 3586). Danach treffen die zuständigen Behörden die notwendigen Anordnungen zur Beseitigung festgestellter Verstöße gegen das Arzneimittelrecht und zur Verhütung bereits eingetretener Verstöße (Satz 1); insbesondere können sie das Inverkehrbringen untersagen, wenn eine erforderliche Zulassung als Arzneimittel nicht vorliegt (Satz 2 Nr. 1).
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Die Zulassungspflicht bestimmt sich nach § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG. Danach dürfen Fertigarzneimittel, die Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 AMG sind, nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind. Da das im Streit befindliche Präparat im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Verpackung in den Verkehr gebracht wird, handelt es sich nach § 4 Abs. 1 AMG um ein solches Fertigarzneimittel
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Das Regierungspräsidium Tübingen ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei dem von der Klägerin hergestellten und in Verkehr gebrachten Erzeugnis „... Mistelkrauttee“ um ein Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 AMG handelt, das einer Zulassung bedarf. Arzneimittel sind Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten, zu erkennen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG) oder die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelischer Zustände zu beeinflussen (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG). Keine Arzneimittel sind demgegenüber Lebensmittel im Sinne des § 1 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes – LMBG – (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG). Lebensmittel im Sinne des § 1 Abs. 1 LMBG sind Stoffe, die dazu bestimmt sind, von Menschen verzehrt zu werden; ausgenommen sind Stoffe, die überwiegend dazu bestimmt sind, zu anderen Zwecken als zur Ernährung oder zum Genuss verzehrt zu werden. Für die Einordnung eines Produkts als Arzneimittel (§ 2 AMG) oder als Lebensmittel (§ 1 LMBG) kommt es damit entscheidend darauf an, zu welchem Zweck der Mensch es zu sich nimmt, wozu es also „bestimmt ist“. Für die überwiegende Zweckbestimmung ist nicht der rechtliche Einstufungswille des Herstellers oder Vertreibers maßgeblich, sondern die allgemeine Verkehrsanschauung, d.h. wie sich der Verwendungszweck des Produkts für den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher darstellt. Objektive Kriterien dafür sind vor allem die Bezeichnung des Produkts, seine stoffliche Zusammensetzung, die Aufmachung, Darreichungsform und Verpackung des Produkts, Dosierungsempfehlungen und sonstige Angaben des Herstellers oder Vertreibers, Preisgestaltung, etwaige Werbeaussagen und die Art des Vertriebs. Die Verkehrsanschauung wird auch regelmäßig an eine etwa schon bestehende Auffassung über den Verwendungszweck vergleichbarer Mittel anknüpfen (vgl. BVerwG, Urteil v. 24.11.1994, - 3 C 23/93 -, BVerwGE 97, 132ff; Urteil v. 18.12.1997, - 3 C 46/96 -, BVerwGE 106, 90ff; BGH, Urt.v. 10.02.2000, - I ZR 97/98 – „L-Carnitin“, GRUR 2000, 528-530; Urteil v. 11.07.2002, - I ZR 273/99 -, ZLR 2002, 660-666; VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 14.05.1996, - 10 S 256/96 -, Urteil vom 15.01.1999 – 10 S 1797/97 -, OLG Frankfurt/Main, Urteil v. 11.12.1998, - 24 U 18/97 -, zitiert nach juris; vgl. zur Abgrenzung auch Streit, internistische praxis 41 (2001), 449-462). Die Vorstellung der Verbraucher von der Zweckbestimmung eines Produkts hinsichtlich seiner Inhaltsstoffe kann auch durch veröffentlichte Auffassungen der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaften beeinflusst werden. Die Bezeichnung eines Produkts als Lebensmittel auf der Verpackung bewirkt alleine noch nicht, dass es als Lebensmittel einzustufen ist, und umgekehrt sind weder die Darreichungsform noch die Verpackung noch der Vertrieb allein über Apotheken für sich genommen ein ausreichender Hinweis auf ein Arzneimittel, wenn es sich um apothekenübliche Ware handelt (vgl. BGH, Urt. v. 10.02.2000, a.a.O., 530). Bei Stoffen und Zubereitungen, die nach diesen Kriterien sowohl zu Ernährungs- oder Genusszwecken als auch zu therapeutischen Zwecken bestimmt sind, ist maßgeblich, welche Zweckbestimmung überwiegt. Überwiegt die Zweckbestimmung als Lebensmittel, ist damit eine Einordnung des Produktes (zugleich) als Arzneimittel ausgeschlossen, auch wenn es die Merkmale des Arzneimittelbegriffs in § 2 Abs. 1 AMG aufweist (BVerwG, Urt. v. 18.12.1997, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 15.01.1999, a.a.O.).
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b) Nach diesen Grundsätzen ist das Produkt „... Mistelkrauttee“, so wie es von der Klägerin in den Verkehr gebracht wird, nicht als Lebensmittel, sondern als Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 5 AMG einzuordnen. Diese Einschätzung beruht zunächst auf dem Sachverständigengutachten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 06.06.2005. Es bestehen auch keine Bedenken, das Gutachten des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes (CVUA) Karlsruhe vom 26.02.2004 mit Ergänzung vom 19.04.2004 heranzuziehen. Die Beamten des CVUA Karlsruhe sind zwar Beamte des Landes Baden-Württemberg, das in diesem Verfahren Beklagter ist. Es handelt sich aber nicht um eine Behörde, die dem Regierungspräsidium Tübingen nachgeordnet wäre, wie die Klägerin meint, sondern um eine Sonderbehörde, die aus dem hierarchischen Behördenaufbau ausgegliedert und nicht weisungsgebunden ist. Am bisherigen Verwaltungsverfahren gegen die Klägerin waren Beamte des CVUA Karlsruhe auch nicht federführend beteiligt (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 06.10.1998, - 3 B 35/08 -, NVwZ 1999, 184-186; Beschluss vom 30.12.1997, - 11 B 3/97 -, NVwZ 1998, 334 - 336 und VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.07.1997, - 9 S 1580/97 -, VBlBW 1998, 56-57). Außerdem beruht die Einschätzung des Gerichts auf den Angaben auf der Verpackung des Produkts und auf dem Umstand, dass die Klägerin es in ihrer Produktreihe „... Apothekentee“ ausschließlich in Apotheken verkauft, wo auch andere Mistelkrauttees mit identischen Inhaltsstoffen erhältlich sind, die über eine Zulassung als Arzneimittel gemäß § 109a AMG verfügen. Schließlich beruht die Einschätzung auch auf den umfangreichen Veröffentlichungen und Internetrecherchen, die dem Gericht während des Verfahrens vorgelegt wurden. Dabei handelt es sich - neben den verschiedenen Monografien der Kommission E zur Mistel, der Inventarliste Lebensmitteldrogen der Wirtschaftsvereinigung Kräuter- und Früchtetee und den Leitsätze für Tee und teeähnliche Erzeugnisse - vor allem um Veröffentlichungen zur Verwendung der Mistel in Fachbüchern und -zeitschriften und im Internet sowie um Ausdrucke aus dem Angebot diverser Internetanbieter an Mistelkrauttee und Kräuterteemischungen, die Mistelkraut enthalten. Dabei war allein der Verwendungszweck von Mistelkraut als Tee in den Blick zu nehmen; auf die Verkehrsauffassung zur Verwendung von Mistelextrakten als Injektion zur parenteralen Anwendung kommt es hier ebenso wenig an wie auf den die Bestimmung von Mistelmehl als Zutat von Kräuterbrot oder als Ersatznahrungsmittel in Notzeiten. Es ist auch nur der Verwendungszweck im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes maßgeblich, die Verkehrsauffassung und die Rechtslage in anderen europäischen Ländern wie Dänemark oder der Slowakei sind nicht entscheidungserheblich. Bei Anwendung der oben genannten Kriterien ergibt sich aus alldem für das Gericht, dass das streitige Produkt nach der allgemeinen Verkehrsauffassung in Deutschland überwiegend zur Verwendung als Arzneimittel bestimmt ist.
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aa) Allein die Bezeichnung des Produkts „... Misteltee“ lässt noch keinen Schluss auf eine überwiegende Zweckbestimmung als Lebensmittel zu. Einerseits werden Misteltee und Kräuterteemischungen mit dem Inhaltsstoff Mistelkraut als Lebensmittel angeboten, und zwar sowohl im Internethandel als auch im Lebensmittel-Einzelhandel und in Drogerien. Andererseits ergibt sich aus den Gutachten der CVUA Karlsruhe vom 26.02.2004 und des BfArM vom 06.06.2005, dass zahlreiche Produkte mit der Bezeichnung „Misteltee“ und „Mistelkrauttee“ über eine Zulassung als Arzneimittel nach § 109a AMG verfügen und mit den Hinweisen „traditionell angewendet“ und „zur Stärkung der Kreislauffunktion“ bzw. „kreislaufunterstützend“ als Arzneitee in Apotheken angeboten werden. Nach dem Gutachten des BfArM sind insgesamt 62 Mistelkrautpräparate in dieser Weise als Arzneimittel zugelassen, davon fünf Arzneitees aus reinem Mistelkraut.
26 
bb) Das Produkt der Klägerin unterscheidet sich in der stofflichen Zusammensetzung nicht von den oben genannten Mistelkrauttees, die über eine Zulassung als Arzneimittel nach § 109a AMG verfügen und damit eindeutig zur Verwendung als Arzneimittel bestimmt sind. Nach den Angaben auf der Verpackung ist der Misteltee der Klägerin in Teebeutel abgepackt, die jeweils 2,0 g Mistelkraut (viscum album L) enthalten, also getrocknete und gemahlene junge Zweige der Mistelpflanze mit Blättern, Blüten und Früchten. Nach den Angaben des BfArM ist die Darreichungsform in Teebeuteln à 2,0g bei den zugelassenen Arzneitees ebenso verbreitet wie die Darreichungsform als lose Ware. Der vom CVUA Karlsruhe zum Vergleich untersuchte „... Mistelkrauttee“, der über eine Zulassung als Arzneimittel nach § 109a AMG verfügt, weist die gleiche stoffliche Zusammensetzung auf und wird ebenfalls in Filterbeuteln a 2,0 g angeboten. Die Untersuchung der Proben durch das CVUA Karlsruhe ergab etwas geringere Füllmengen, wobei der Arzneitee „... Mistelkrauttee“ mit 1,96 g pro Teebeutel sogar noch etwas weniger Mistelkraut enthielt als das Produkt der Klägerin mit 1,97 g pro Teebeutel. Ob Mistelkraut in dieser Darreichungsform als Teebeutel mit etwas weniger als 2,0 g tatsächlich pharmakologische Wirkungen entfaltet oder nicht, kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, weil eine ganze Reihen anderer Produkte mit der gleichen stofflichen Zusammensetzung als traditionell angewandte Arzneimittel zugelassen und damit auch zur Verwendung als solche bestimmt sind.
27 
cc) Die Listung von Mistelkraut in der „Inventarliste Lebensmitteldrogen“ des Wirtschaftsverbandes Kräuter- und Früchtetee e.V. (WKF) führt noch nicht zu einer überwiegenden Verkehrsauffassung als Lebensmittel, weil es sich um eine Einordnung von Seiten der Hersteller handelt und nicht etwa um die Erwartung des Verbrauchers. In einer Anmerkung des WKF zu dieser Liste (DLR 2000, 172ff) wird ausgeführt, dass sie zur Einordnung von Inhaltsstoffen beitragen soll, die in Deutschland zumindest in der Ernährung noch keine oder kaum eine Rolle gespielt haben, und dass die Zweckbestimmung speziell bei Kräutertees von den Umständen abhängt, unter denen sie in Verkehr gebracht werden. Die Inventarliste wird in Fachkreisen kontrovers diskutiert, wobei eine Verkehrsauffassung für Mistelkrauttee als Lebensmittel teilweise ausdrücklich verneint wird (vgl. Gründig/Hey, DLR 2002, 35ff; Streit, internistische praxis 41 [2001], 449-462; a.A. etwa Schneider, DLR 2002, 125ff). Andererseits lässt sich aus den „Leitsätzen für Tee, teeähnliche Erzeugnisse, deren Extrakte und Zubereitungen“ vom 02.12.1998 (BAnz. Nr. 66a vom 09.04.1999) kein Umkehrschluss ziehen, wie der Beklagte es tut. Die Leitsätze enthalten unter II. nur besondere Beurteilungsmerkmale für einige übliche teeähnliche Erzeugnisse, aber keine abschließende Aufzählung aller üblichen teeähnlichen Erzeugnisse.
28 
dd) Die Aufmachung und Verpackung, mit der die Klägerin das Produkt auf den Markt bringt, ermöglicht keine klare Zuordnung des Produkts: Die Abbildung auf der Verpackung zeigt eine Mistelpflanze mit Blättern und Beeren und unterscheidet sich insoweit nicht von dem zum Vergleich herangezogenen Arzneitee „... Mistelkrauttee“. Die Angabe „verwendbar bis“ als Verfallsdatum stellt einen Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Kennzeichnungsvorschriften dar (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 7 Abs. 2 Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung - LMKV), entspricht aber ebenso wie die Verwendung einer Chargenbezeichnung (Ch.-B.) der für Fertigarzneimittel vorgeschriebenen Kennzeichnung (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 9 AMG). Daraus alleine ergibt sich allerdings noch keine Aussage über einen Verwendungszweck als Arzneimittel, zumal sich beide Angaben nur ganz untergeordnet auf der Unterseite der Verpackung bzw. auf der Umhüllung der Teebeutel in der Umverpackung wiederfinden. Die Anpreisung „wohlschmeckend und aromatisch mit arttypischer Note“ deutet wiederum auf eine Bestimmung zum Verzehr als Lebensmittel hin, ausdrückliche Hinweise auf kreislauffördernde oder -unterstützende Wirkungen enthält die Verpackung des Produkts nicht. Andererseits ist die aufgedruckte Dosierungsempfehlung, morgens und abends 1 Glas/ 1 Tasse zu trinken, bei einem wohlschmeckenden und aromatischen Lebens- oder Genussmittel nicht nachvollziehbar. Dass die Klägerin sich bereit erklärt hat, auf diese Empfehlung künftig zu verzichten, ist für die Entscheidung des Gerichts nicht maßgeblich, da sie jedenfalls zum Zeitpunkt der Entscheidung des Regierungspräsidiums verwendet wurde; auch die während des Klageverfahrens von der CVUA Karlsruhe erhobene Warenprobe enthält noch diesen Aufdruck. Die gleiche Dosierungsempfehlung und die gleichen Hinweise zur Zubereitung durch Ansetzen mit kaltem Wasser über mehrere Stunden hinweg finden sich z.B. auch in Fachbüchern über Heilpflanzen, die Misteltee als Hausmittel gegen leichte nervöse Herzstörungen empfehlen (vgl. Manfred Pahlow, Heilpflanzen, S. 233, 234, AS 46/47 der Gerichtsakte; ebenso DAB 1999, Monographie Mistelkraut, AS 120-122 der Gerichtsakte). Das Gericht geht deshalb davon aus, dass sich die aufgedruckten Dosierungsempfehlung an Personen richtet, denen diese Verwendungsmöglichkeit bekannt ist. Die Angabe „Aus der Natur – Für ihre Gesundheit“ dürfte sich nach der Anordnung auf der Verpackung sowohl allgemein auf die Klägerin als auch auf das konkrete Produkt beziehen, so dass es als gesundheitsfördernd angepriesen wird.
29 
ee) Der apothekenexklusive Vertrieb des Produkts, die Bezeichnung als „Apothekentee“, „Qualität aus ihrer Apotheke“ und der Aufdruck „Dieser Tee ist nur in Apotheken erhältlich“ weisen ebenfalls eher auf einen Verwendungszweck als Arzneimittel hin als auf ein wohlschmeckendes und aromatisches Lebensmittel. Soweit die Klägerin auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes verweist, wonach vom Vertrieb über Apotheken noch nicht auf eine Zweckbestimmung als Arzneimittel geschlossen werden könne (vgl. BGH, Urt.v. 10.02.2000, - I ZR 97/98 – „L-Carnitin“, GRUR 2000, 528-530; Urteil v. 11.07.2002, - I ZR 273/99 -, ZLR 2002, 660-666 m.w.N.), beziehen sich diese auf Nahrungsergänzungsmittel, die in § 25 Nr. 6 Apothekenbetriebsordnung i.d.F. vom 26.09.1995 (BGBl. I, 1195ff – ApBetrO) ausdrücklich als apothekenübliche Ware aufgeführt waren. Dazu gehörten auch Tee und teeähnliche Erzeugnisse, allerdings nur, soweit sie nicht überwiegend dazu bestimmt sind, zum Genuss verzehrt zu werden. Daraus folgt für das Gericht, dass die von der Klägerin angestrebte Einordnung ihres Mistelkrauttees als wohlschmeckendes und aromatisches Lebensmittel, das überwiegend zum Genuss bestimmt ist, und eine Einstufung als apothekenübliche Ware i.S.d. § 25 Nr. 6 ApBetrO a.F. sich gegenseitig ausschließen. Dies gilt umso mehr, nachdem § 25 ApBetrO durch das GKV-Modernisierungsgesetz (vom 14.11.2003, BGBl. I, 2190, - GMG) geändert wurde: Apothekenüblich sind nunmehr nach § 25 Nr. 2 ApBetrO n.F. Mittel, die der Gesundheit von Menschen mittelbar oder unmittelbar dienen oder diese fördern. Daraus folgt für das Gericht, dass für den Mistelkrauttee der Klägerin, der ausschließlich in Apotheken verkauft wird, eine überwiegende Zweckbestimmung bestehen muss, der Gesundheit zu dienen oder diese zu fördern. Ansonsten wäre der gewählte Vertriebsweg als exklusiver „Apothekentee“ weder nachvollziehbar noch rechtlich zulässig.
30 
Dies wird belegt durch die Ergebnisse einer Umfrage „Mistel in der Krebsmedizin und Beratungsapotheke“ (DAZ 2003, 67ff, AS 41-45 der Gerichtsakte.) Die Umfrage richtete sich an Apotheker und Apothekerinnen, also jenen Personenkreis, über den der Mistelkrauttee der Klägerin ausschließlich verkauft wird, der die Erwartungshaltung seiner Kunden kennt und der sie ggf. zum Verwendungszweck des Produkts beraten wird. Im Themenblock „Allgemeine Fragen zum Anwendungskontext der Mistel“ wurde unter C.1 die Frage gestellt, welcher Kategorie die Mistel zugeordnet wird. 40% der Befragten ordneten sie als Immunmodulator ein, 28% als anthroposophisches Heilmittel, 20% als klassisches Phytopräparat, 10% als Zytostatikum und lediglich 1% als unspezifisches Additivum. Die Verwendung als aromatisches und wohlschmeckendes Getränk wurde dagegen überhaupt nicht genannt. Daraus ist zu schließen, dass die Befragten keine Verbrauchererwartung oder besondere Nachfrage nach Mistelkrauttee als Lebensmittel mit besonderen geschmacklichen Eigenschaften registriert und ihre Kunden auch nicht in dieser Richtung beraten haben.
31 
ff) Schließlich ergibt sich auch aus den umfangreichen Publikationen und Internetrecherchen, die von den Beteiligten vorgelegt wurden, eine überwiegende Verkehrsauffassung, dass Mistelkrauttee zur Verwendung als Arzneimittel bestimmt ist. In den Sachverständigengutachten des CVUA Karlsruhe und des BfArM wird darauf hingewiesen, dass Misteltee in der Volksmedizin u.a. gegen Bluthochdruck, Schwindelgefühl, Blutandrang im Kopf, ausbleibende Menstruation, Gelenkerkrankungen, Epilepsie, Arteriosklerose empfohlen wird. Das ergibt sich auch aus den vom Beklagten vorgelegten Publikationen und Internetrecherchen (vgl. z.B. AS 53, 55, 56, 58, 60 der Gerichtsakte; ebenso Manfred Pahlow, Heilpflanzen, S. 233, 234, AS 46/47 der Gerichtsakte). Im Deutschen Arzneimittelbuch (DAB), das üblicherweise in Apotheken als Nachschlagewerk bereitgehalten wird, ist Mistelkraut ebenfalls als Teedroge zur unterstützenden Behandlung von milden Formen der Hypertonie und Bluthochdruck, bei Schwindelgefühl und Blutandrang zum Kopf aufgeführt; dabei wird allerdings betont, dass die Anwendung rein empirisch erfolgt und eine rationale Begründung bisher nicht vorliegt (vgl. Auszüge aus dem DAB 1999 und 2004, AS 120-122 und 132-134 der Gerichtsakte). Dies ergibt sich auch aus den Monografien der Kommission E „Visci albi stipites“ vom 03.05.1994 und „Visci albi herba“ vom 05.12.1984, auf die sich die Klägerin bezieht; dort wird ausgeführt, dass die blutdrucksenkenden Wirkungen und die therapeutische Wirksamkeit von Mistelkraut als Tee bei milden Formen der Hypertonie nicht belegt sind bzw. einer Überprüfung bedürfen. Ein solcher klinischer Wirksamkeitsnachweis ist für das Bestehen einer Verkehrsauffassung zum Verwendungszweck als Arzneimittel aber - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht erforderlich. Im Gegenteil war es anderen Herstellern sogar möglich, aufgrund dieser Verkehrsauffassung für Mistelkrauttee eine Zulassung als traditionell angewandtes Arzneimittel nach § 109a AMG zu erhalten, ohne dass ein klinischer Wirksamkeitsnachweis vorliegt. Die Anforderungen an die Wirksamkeit sind nach § 109a Abs. 3 Satz 1 und 2 AMG auch erfüllt, wenn das Mittel bestimmte Anwendungsgebiete beansprucht, die von einer eigens dafür berufenen Kommission unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Mittels und der tradierten und dokumentierten Erfahrung festgelegt werden. Für Mistelkrauttee ist in der Aufstellung dieser Anwendungsgebiete unter Nr. 257 ausgeführt (vgl. Anlage 3 zum Gutachten des BfArM, AS 123-125 der Gerichtsakte):
32 
„zur Unterstützung der Kreislauffunktion. Diese Angabe beruht ausschließlich auf Überlieferung und langjähriger Erfahrung.“
33 
Für das Gericht folgt aus dem Umstand, dass Mistelkrauttee aufgrund langjähriger Erfahrung und Überlieferung ein Anwendungsgebiet als Mittel zur Kreislaufunterstützung beansprucht, auch eine entsprechende langjährige und gefestigte Verkehrsauffassung. Nach der Überzeugung des Gerichts ist sie jedenfalls für das Produkt der Klägerin auch die überwiegende. Ob für die zahlreichen Mistelkrauttees anderer Anbieter, die in Lebensmittelmärkten, Teeläden oder in Internetshops verkauft werden, eine Verkehrserwartung als Lebensmittel besteht, kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, weil die Klägerin sich von diesen Tees bewusst und gezielt abgrenzt, indem sie ihren Mistelkrauttee als „Apothekentee“ ausschließlich in Apotheken in Verkehr bringt. Wie oben bereits ausgeführt, überwiegt jedenfalls dort die Verkehrserwartung, dass Mistelkrauttee nicht dem Genuss und der Ernährung, sondern der Gesundheit dient und damit zur Verwendung als Arzneimittel bestimmt ist.
34 
Nach alldem ist das Produkt der Klägerin als Arzneimittel anzusehen, das einer arzneimittelrechtlichen Zulassung bedarf, sie aber nicht besitzt.
35 
c) Ermessensfehler sind bei der Verfügung, mit der das Inverkehrbringen des Produktes bis zum Vorliegen einer arzneimittelrechtlichen Zulassung untersagt wird, nicht ersichtlich. Es ist auch nicht erkennbar, dass ein Rückruf oder eine Sicherstellung der Ware die Klägerin weniger belasten würde. Soweit das Regierungspräsidium fälschlicherweise von der Verwendung einer Chargenbezeichnung und des Aufdrucks „verwendbar bis...“ anstelle eines Mindesthaltbarkeitsdatums auf eine Einordnung als Arzneimittel geschlossen oder dies im Umkehrschluss aus den „Leitsätzen für Tee, teeähnliche Erzeugnisse, deren Extrakte und Zubereitungen“ gefolgert hat, handelt es sich um die Beurteilung des gesetzlichen Tatbestandes und nicht um Ermessenserwägungen zur Auswahl unter den in § 69 Abs. 1 genannten Maßnahmen.
36 
Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe gar nicht die Möglichkeit, für ihr Produkt eine Zulassung als Arzneimittel zu erlangen, weil die erforderlichen Wirksamkeitsnachweise nicht zu erbringen seien, ist darauf hinzuweisen, dass sie aus eigenem Entschluss im Jahr 1992 auf die Zulassung als Arzneimittel verzichtet hat. Damit hat die Klägerin damals darauf verzichtet, dieses Produkt als Arzneimittel in Verkehr zu bringen. Als im Jahr 1994 die Zulassung als traditionell angewandtes Arzneimittel nach § 109a AMG ermöglicht wurde, konnte sie davon nicht mehr profitieren, weil die fiktive Zulassung des Produkts nach § 105 AMG bereits erloschen war. Im Rahmen eines neuen Antrags hätte die Klägerin möglicherweise schon damals eine Gleichbehandlung mit anderen Herstellern erreichen können, die ihren Antrag aufrechterhalten und eine Zulassung für Mistelkrauttee nach § 109a AMG erhalten hatten. Mit Inkrafttreten des 14. Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 29.08.2005 (verkündet am 05.09.2005, BGBl. I, 2570) wird jetzt auch ein vereinfachtes Verfahren zur Registrierung traditioneller pflanzlicher Arzneimittel eingeführt (vgl. § 39a - 39d AMG n.F.), das die Klägerin für ihren Mistelkrauttee ohne weiteres wahrnehmen kann. Dabei handelt es sich aber um Fragen, die im Rahmen der arzneimittelrechtlichen Zulassung zu klären sind; für die hier angefochtene Untersagungsverfügung, die lediglich das arzneimittelrechtliche Zulassungsverfahren sicherstellen soll, kommt es darauf nicht an.
37 
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Fertigarzneimittel, die nicht zur klinischen Prüfung bestimmt sind und die nicht nach § 21 Absatz 2 Nummer 1a, 1b oder 3 von der Zulassungspflicht freigestellt sind, dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn auf den Behältnissen und, soweit verwendet, auf den äußeren Umhüllungen in gut lesbarer Schrift, allgemeinverständlich in deutscher Sprache und auf dauerhafte Weise und in Übereinstimmung mit den Angaben nach § 11a angegeben sind

1.
der Name oder die Firma und die Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers und, soweit vorhanden, der Name des von ihm benannten örtlichen Vertreters,
2.
die Bezeichnung des Arzneimittels, gefolgt von der Angabe der Stärke und der Darreichungsform, und soweit zutreffend, dem Hinweis, dass es zur Anwendung für Säuglinge, Kinder oder Erwachsene bestimmt ist, es sei denn, dass diese Angaben bereits in der Bezeichnung enthalten sind; enthält das Arzneimittel bis zu drei Wirkstoffe, muss der internationale Freiname (INN) aufgeführt werden oder, falls dieser nicht existiert, die gebräuchliche Bezeichnung; dies gilt nicht, wenn in der Bezeichnung die Wirkstoffbezeichnung nach Nummer 8 enthalten ist,
3.
die Zulassungsnummer mit der Abkürzung "Zul.-Nr.",
4.
die Chargenbezeichnung, soweit das Arzneimittel in Chargen in den Verkehr gebracht wird, mit der Abkürzung "Ch.-B.", soweit es nicht in Chargen in den Verkehr gebracht werden kann, das Herstellungsdatum,
5.
die Darreichungsform,
6.
der Inhalt nach Gewicht, Nennvolumen oder Stückzahl,
7.
die Art der Anwendung,
8.
die Wirkstoffe nach Art und Menge und sonstige Bestandteile nach der Art, soweit dies durch Auflage der zuständigen Bundesoberbehörde nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 angeordnet oder durch Rechtsverordnung nach § 12 Abs. 1 Nr. 4, auch in Verbindung mit Abs. 2, oder nach § 36 Abs. 1 vorgeschrieben ist; bei Arzneimitteln zur parenteralen oder zur topischen Anwendung, einschließlich der Anwendung am Auge, alle Bestandteile nach der Art,
8a.
bei gentechnologisch gewonnenen Arzneimitteln der Wirkstoff und die Bezeichnung des bei der Herstellung verwendeten gentechnisch veränderten Organismus oder die Zellinie,
9.
das Verfalldatum mit dem Hinweis "verwendbar bis" oder mit der Abkürzung „verw. bis”,
10.
bei Arzneimitteln, die der Verschreibungspflicht nach § 48 unterliegen, der Hinweis "Verschreibungspflichtig", bei sonstigen Arzneimitteln, die nur in Apotheken an Verbraucher abgegeben werden dürfen, der Hinweis "Apothekenpflichtig",
11.
bei Mustern der Hinweis "Unverkäufliches Muster",
12.
der Hinweis, dass Arzneimittel unzugänglich für Kinder aufbewahrt werden sollen, es sei denn, es handelt sich um Heilwässer,
13.
soweit erforderlich besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung von nicht verwendeten Arzneimitteln oder sonstige besondere Vorsichtsmaßnahmen, um Gefahren für die Umwelt zu vermeiden, und
14.
bei nicht verschreibungspflichtigen Arzneimitteln der Verwendungszweck.
Sofern die Angaben nach Satz 1 zusätzlich in einer anderen Sprache wiedergegeben werden, müssen in dieser Sprache die gleichen Angaben gemacht werden. Ferner ist Raum für die Angabe der verschriebenen Dosierung vorzusehen; dies gilt nicht für die in Absatz 8 Satz 3 genannten Behältnisse und Ampullen und für Arzneimittel, die dazu bestimmt sind, ausschließlich durch Angehörige der Heilberufe angewendet zu werden. Arzneimittel, die nach einer homöopathischen Verfahrenstechnik hergestellt werden und nach § 25 zugelassen sind, sind zusätzlich mit einem Hinweis auf die homöopathische Beschaffenheit zu kennzeichnen. Weitere Angaben, die nicht durch eine Verordnung der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union vorgeschrieben oder bereits nach einer solchen Verordnung zulässig sind, sind zulässig, soweit sie mit der Anwendung des Arzneimittels im Zusammenhang stehen, für die gesundheitliche Aufklärung der Patienten wichtig sind und den Angaben nach § 11a nicht widersprechen.

(1a) Die zuständige Bundesoberbehörde kann im Fall eines drohenden oder bestehenden versorgungsrelevanten Lieferengpasses auf Antrag des Zulassungsinhabers im Einzelfall gestatten, dass ein Arzneimittel abweichend von Absatz 1 Satz 1 befristet mit einer Kennzeichnung in einer anderen als der deutschen Sprache in den Verkehr gebracht wird. In diesem Fall stellt die zuständige Bundesoberbehörde sicher, dass der Verbraucher in geeigneter Weise Zugang zu den erforderlichen Produktinformationen erhält.

(1b) Die Bezeichnung des Arzneimittels ist auf den äußeren Umhüllungen auch in Blindenschrift anzugeben. Die in Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 genannten sonstigen Angaben zur Darreichungsform und zu der Personengruppe, für die das Arzneimittel bestimmt ist, müssen nicht in Blindenschrift aufgeführt werden; dies gilt auch dann, wenn diese Angaben in der Bezeichnung enthalten sind. Satz 1 gilt nicht für Arzneimittel,

1.
die dazu bestimmt sind, ausschließlich durch Angehörige der Heilberufe angewendet zu werden oder
2.
die in Behältnissen von nicht mehr als 20 Milliliter Nennvolumen oder einer Inhaltsmenge von nicht mehr als 20 Gramm in Verkehr gebracht werden.

(1c) Auf den äußeren Umhüllungen von Arzneimitteln sind Sicherheitsmerkmale sowie eine Vorrichtung zum Erkennen einer möglichen Manipulation der äußeren Umhüllung anzubringen, sofern dies durch Artikel 54a der Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel (ABl. L 311 vom 28.11.2001, S. 67; L 239 vom 12.8.2014, S. 81), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1243 (ABl. L 198 vom 25.7.2019, S. 241) geändert worden ist, vorgeschrieben ist oder auf Grund von Artikel 54a der Richtlinie 2001/83/EG festgelegt wird.

(2) Es sind ferner Warnhinweise, für die Verbraucher bestimmte Aufbewahrungshinweise und für die Fachkreise bestimmte Lagerhinweise anzugeben, soweit dies nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse erforderlich oder durch Auflagen der zuständigen Bundesoberbehörde nach § 28 Abs. 2 Nr. 1 angeordnet oder durch Rechtsverordnung vorgeschrieben ist.

(3) Bei Sera ist auch die Art des Lebewesens, aus dem sie gewonnen sind, bei Virusimpfstoffen das Wirtssystem, das zur Virusvermehrung gedient hat, anzugeben.

(4) Bei Arzneimitteln, die in das Register für homöopathische Arzneimittel eingetragen sind, sind an Stelle der Angaben nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 bis 14 und außer dem deutlich erkennbaren Hinweis "Homöopathisches Arzneimittel" die folgenden Angaben zu machen:

1.
Ursubstanzen nach Art und Menge und der Verdünnungsgrad; dabei sind die Symbole aus den offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen zu verwenden; die wissenschaftliche Bezeichnung der Ursubstanz kann durch einen Phantasienamen ergänzt werden,
2.
Name und Anschrift des pharmazeutischen Unternehmers und, soweit vorhanden, seines örtlichen Vertreters,
3.
Art der Anwendung,
4.
Verfalldatum; Absatz 1 Satz 1 Nr. 9 und Absatz 7 finden Anwendung,
5.
Darreichungsform,
6.
der Inhalt nach Gewicht, Nennvolumen oder Stückzahl,
7.
Hinweis, dass Arzneimittel unzugänglich für Kinder aufbewahrt werden sollen, weitere besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung und Warnhinweise, einschließlich weiterer Angaben, soweit diese für eine sichere Anwendung erforderlich oder nach Absatz 2 vorgeschrieben sind,
8.
Chargenbezeichnung,
9.
Registrierungsnummer mit der Abkürzung "Reg.-Nr." und der Angabe "Registriertes homöopathisches Arzneimittel, daher ohne Angabe einer therapeutischen Indikation",
10.
der Hinweis an den Anwender, bei während der Anwendung des Arzneimittels fortdauernden Krankheitssymptomen medizinischen Rat einzuholen,
11.
bei Arzneimitteln, die nur in Apotheken an Verbraucher abgegeben werden dürfen, der Hinweis "Apothekenpflichtig",
12.
bei Mustern der Hinweis "Unverkäufliches Muster".
Satz 1 gilt entsprechend für Arzneimittel, die nach § 38 Abs. 1 Satz 3 von der Registrierung freigestellt sind; Absatz 1b findet keine Anwendung.

(4a) Bei traditionellen pflanzlichen Arzneimitteln nach § 39a müssen zusätzlich zu den Angaben in Absatz 1 folgende Hinweise aufgenommen werden:

1.
Das Arzneimittel ist ein traditionelles Arzneimittel, das ausschließlich auf Grund langjähriger Anwendung für das Anwendungsgebiet registriert ist, und
2.
der Anwender sollte bei fortdauernden Krankheitssymptomen oder beim Auftreten anderer als der in der Packungsbeilage erwähnten Nebenwirkungen einen Arzt oder eine andere in einem Heilberuf tätige qualifizierte Person konsultieren.
An die Stelle der Angabe nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 3 tritt die Registrierungsnummer mit der Abkürzung "Reg.-Nr.".

(5) (weggefallen)

(6) Für die Bezeichnung der Bestandteile gilt Folgendes:

1.
Zur Bezeichnung der Art sind die internationalen Kurzbezeichnungen der Weltgesundheitsorganisation oder, soweit solche nicht vorhanden sind, gebräuchliche wissenschaftliche Bezeichnungen zu verwenden; das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte bestimmt im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut die zu verwendenden Bezeichnungen und veröffentlicht diese in einer Datenbank nach § 67a;
2.
Zur Bezeichnung der Menge sind Maßeinheiten zu verwenden; sind biologische Einheiten oder andere Angaben zur Wertigkeit wissenschaftlich gebräuchlich, so sind diese zu verwenden.

(7) Das Verfalldatum ist mit Monat und Jahr anzugeben.

(8) Durchdrückpackungen sind mit dem Namen oder der Firma des pharmazeutischen Unternehmers, der Bezeichnung des Arzneimittels, der Chargenbezeichnung und dem Verfalldatum zu versehen. Auf die Angabe von Namen und Firma eines Parallelimporteurs kann verzichtet werden. Bei Behältnissen von nicht mehr als 10 Milliliter Nennvolumen und bei Ampullen, die nur eine einzige Gebrauchseinheit enthalten, brauchen die Angaben nach den Absätzen 1, 2 bis 5 nur auf den äußeren Umhüllungen gemacht zu werden; jedoch müssen sich auf den Behältnissen und Ampullen mindestens die Angaben nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 erster Halbsatz, 4, 6, 7, 9 sowie nach den Absätzen 3 und 5 Satz 1 Nummer 1, 3, 7, 9, 12, 14 befinden; es können geeignete Abkürzungen verwendet werden. Satz 3 findet auch auf andere kleine Behältnisse als die dort genannten Anwendung, sofern in Verfahren nach § 25b abweichende Anforderungen an kleine Behältnisse zugrunde gelegt werden.

(8a) Bei Frischplasmazubereitungen und Zubereitungen aus Blutzellen müssen mindestens die Angaben nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1, 2, ohne die Angabe der Stärke, Darreichungsform und der Personengruppe, Nummer 3 oder die Genehmigungsnummer mit der Abkürzung „Gen.-Nr.“, Nummer 4, 6, 7 und 9 gemacht sowie die Bezeichnung und das Volumen der Antikoagulans- und, soweit vorhanden, der Additivlösung, die Lagertemperatur, die Blutgruppe und bei allogenen Zubereitungen aus roten Blutkörperchen zusätzlich die Rhesusformel, bei Thrombozytenkonzentraten und autologen Zubereitungen aus roten Blutkörperchen zusätzlich der Rhesusfaktor angegeben werden. Bei autologen Blutzubereitungen muss zusätzlich die Angabe „Nur zur Eigenbluttransfusion“ gemacht und bei autologen und gerichteten Blutzubereitungen zusätzlich ein Hinweis auf den Empfänger gegeben werden. Bei hämatopoetischen Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut muss der Einheitliche Europäische Code mit der Abkürzung „SEC“ angegeben werden sowie im Fall festgestellter Infektiosität die Angabe „Biologische Gefahr“ gemacht werden.

(8b) Bei Gewebezubereitungen müssen mindestens die Angaben nach Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 ohne die Angabe der Stärke, der Darreichungsform und der Personengruppe, Nummer 3 oder die Genehmigungsnummer mit der Abkürzung „Gen.-Nr.“, Nummer 4, 6 und 9, der Einheitliche Europäische Code mit der Abkürzung „SEC“ sowie die Angabe „Biologische Gefahr“ im Falle festgestellter Infektiosität gemacht werden. Bei autologen Gewebezubereitungen müssen zusätzlich die Angabe „Nur zur autologen Anwendung“ gemacht und bei autologen und gerichteten Gewebezubereitungen zusätzlich ein Hinweis auf den Empfänger gegeben werden.

(9) Bei den Angaben nach den Absätzen 1 bis 5 dürfen im Verkehr mit Arzneimitteln übliche Abkürzungen verwendet werden. Die Firma nach Absatz 1 Nr. 1 darf abgekürzt werden, sofern das Unternehmen aus der Abkürzung allgemein erkennbar ist.

(10) (weggefallen)

(11) Aus Fertigarzneimitteln entnommene Teilmengen dürfen nur mit einer Kennzeichnung abgegeben werden, die mindestens den Anforderungen nach Absatz 8 Satz 1 entspricht. Absatz 1b findet keine Anwendung.

(1) Fertigarzneimittel sind Arzneimittel, die im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden oder andere zur Abgabe an Verbraucher bestimmte Arzneimittel, bei deren Zubereitung in sonstiger Weise ein industrielles Verfahren zur Anwendung kommt oder die, ausgenommen in Apotheken, gewerblich hergestellt werden. Fertigarzneimittel sind nicht Zwischenprodukte, die für eine weitere Verarbeitung durch einen Hersteller bestimmt sind.

(2) Blutzubereitungen sind Arzneimittel, die aus Blut gewonnene Blut-, Plasma- oder Serumkonserven, Blutbestandteile oder Zubereitungen aus Blutbestandteilen sind oder als Wirkstoffe enthalten.

(3) Sera sind Arzneimittel im Sinne des § 2 Absatz 1, die Antikörper, Antikörperfragmente oder Fusionsproteine mit einem funktionellen Antikörperbestandteil als Wirkstoff enthalten und wegen dieses Wirkstoffs angewendet werden. Sera gelten nicht als Blutzubereitungen im Sinne des Absatzes 2 oder als Gewebezubereitungen im Sinne des Absatzes 30.

(4) Impfstoffe sind Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1, die Antigene oder rekombinante Nukleinsäuren enthalten und die dazu bestimmt sind, beim Menschen zur Erzeugung von spezifischen Abwehr- und Schutzstoffen angewendet zu werden und, soweit sie rekombinante Nukleinsäuren enthalten, ausschließlich zur Vorbeugung oder Behandlung von Infektionskrankheiten bestimmt sind.

(5) Allergene sind Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1, die Antigene oder Haptene enthalten und dazu bestimmt sind, beim Menschen zur Erkennung von spezifischen Abwehr- oder Schutzstoffen angewendet zu werden (Testallergene), oder Stoffe enthalten, die zur antigenspezifischen Verminderung einer spezifischen immunologischen Überempfindlichkeit angewendet werden (Therapieallergene).

(6) (weggefallen)

(7) (weggefallen)

(8) Radioaktive Arzneimittel sind Arzneimittel, die radioaktive Stoffe sind oder enthalten und ionisierende Strahlen spontan aussenden und die dazu bestimmt sind, wegen dieser Eigenschaften angewendet zu werden; als radioaktive Arzneimittel gelten auch für die Radiomarkierung anderer Stoffe vor der Verabreichung hergestellte Radionuklide (Vorstufen) sowie die zur Herstellung von radioaktiven Arzneimitteln bestimmten Systeme mit einem fixierten Mutterradionuklid, das ein Tochterradionuklid bildet, (Generatoren).

(9) Arzneimittel für neuartige Therapien sind Gentherapeutika, somatische Zelltherapeutika oder biotechnologisch bearbeitete Gewebeprodukte nach Artikel 2 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Arzneimittel für neuartige Therapien und zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 324 vom 10.12.2007, S. 121; L 87 vom 31.3.2009, S. 174), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1243 (ABl. L 198 vom 25.07.2019, S. 241) geändert worden ist.

(10) (weggefallen)

(11) (weggefallen)

(12) (weggefallen)

(13) Nebenwirkungen sind schädliche und unbeabsichtigte Reaktionen auf das Arzneimittel. Schwerwiegende Nebenwirkungen sind Nebenwirkungen, die tödlich oder lebensbedrohend sind, eine stationäre Behandlung oder Verlängerung einer stationären Behandlung erforderlich machen, zu bleibender oder schwerwiegender Behinderung, Invalidität, kongenitalen Anomalien oder Geburtsfehlern führen. Unerwartete Nebenwirkungen sind Nebenwirkungen, deren Art, Ausmaß oder Ergebnis von der Fachinformation des Arzneimittels abweichen.

(14) Herstellen ist das Gewinnen, das Anfertigen, das Zubereiten, das Be- oder Verarbeiten, das Umfüllen einschließlich Abfüllen, das Abpacken, das Kennzeichnen und die Freigabe.

(15) Qualität ist die Beschaffenheit eines Arzneimittels, die nach Identität, Gehalt, Reinheit, sonstigen chemischen, physikalischen, biologischen Eigenschaften oder durch das Herstellungsverfahren bestimmt wird.

(16) Eine Charge ist die jeweils aus derselben Ausgangsmenge in einem einheitlichen Herstellungsvorgang oder bei einem kontinuierlichen Herstellungsverfahren in einem bestimmten Zeitraum erzeugte Menge eines Arzneimittels.

(17) Inverkehrbringen ist das Vorrätighalten zum Verkauf oder zu sonstiger Abgabe, das Feilhalten, das Feilbieten und die Abgabe an andere.

(18) Der pharmazeutische Unternehmer ist bei zulassungs- oder registrierungspflichtigen Arzneimitteln der Inhaber der Zulassung oder Registrierung. Pharmazeutischer Unternehmer ist auch, wer Arzneimittel im Parallelvertrieb oder sonst unter seinem Namen in den Verkehr bringt, außer in den Fällen des § 9 Abs. 1 Satz 2.

(19) Wirkstoffe sind Stoffe, die dazu bestimmt sind, bei der Herstellung von Arzneimitteln als arzneilich wirksame Bestandteile verwendet zu werden oder bei ihrer Verwendung in der Arzneimittelherstellung zu arzneilich wirksamen Bestandteilen der Arzneimittel zu werden.

(20) Ein Hilfsstoff ist jeder Bestandteil eines Arzneimittels, mit Ausnahme des Wirkstoffs und des Verpackungsmaterials.

(21) Xenogene Arzneimittel sind zur Anwendung im oder am Menschen bestimmte Arzneimittel, die lebende tierische Gewebe oder Zellen sind oder enthalten.

(22) Großhandel mit Arzneimitteln ist jede berufs- oder gewerbsmäßige zum Zwecke des Handeltreibens ausgeübte Tätigkeit, die in der Beschaffung, der Lagerung, der Abgabe oder Ausfuhr von Arzneimitteln besteht, mit Ausnahme der Abgabe von Arzneimitteln an andere Verbraucher als Ärzte, Zahnärzte, Tierärzte oder Krankenhäuser.

(22a) Arzneimittelvermittlung ist jede berufs- oder gewerbsmäßig ausgeübte Tätigkeit von Personen, die, ohne Großhandel zu betreiben, selbstständig und im fremden Namen mit Arzneimitteln handeln, ohne tatsächliche Verfügungsgewalt über die Arzneimittel zu erlangen.

(23) Klinische Prüfung ist eine solche im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 2 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/20/EG (ABl. L 158 vom 27.5.2014, S. 1; L 311 vom 17.11.2016, S. 25). Keine klinische Prüfung ist eine nichtinterventionelle Studie im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 4 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014.

(24) Sponsor ist eine Person, ein Unternehmen, eine Einrichtung oder eine Organisation im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 14 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014.

(25) Prüfer ist eine Person im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 15 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014. Hauptprüfer ist eine Person im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Nummer 16 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014.

(26) Homöopathisches Arzneimittel ist ein Arzneimittel, das nach einem im Europäischen Arzneibuch oder, in Ermangelung dessen, nach einem in den offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren hergestellt worden ist. Ein homöopathisches Arzneimittel kann auch mehrere Wirkstoffe enthalten.

(27) Ein mit der Anwendung des Arzneimittels verbundenes Risiko ist

a)
jedes Risiko im Zusammenhang mit der Qualität, Sicherheit oder Wirksamkeit des Arzneimittels für die Gesundheit der Patienten oder die öffentliche Gesundheit,
b)
jedes Risiko unerwünschter Auswirkungen auf die Umwelt.

(28) Das Nutzen-Risiko-Verhältnis umfasst eine Bewertung der positiven therapeutischen Wirkungen des Arzneimittels im Verhältnis zu dem Risiko nach Absatz 27 Buchstabe a.

(29) Pflanzliche Arzneimittel sind Arzneimittel, die als Wirkstoff ausschließlich einen oder mehrere pflanzliche Stoffe oder eine oder mehrere pflanzliche Zubereitungen oder eine oder mehrere solcher pflanzlichen Stoffe in Kombination mit einer oder mehreren solcher pflanzlichen Zubereitungen enthalten.

(30) Gewebezubereitungen sind Arzneimittel, die Gewebe im Sinne von § 1a Nr. 4 des Transplantationsgesetzes sind oder aus solchen Geweben hergestellt worden sind. Menschliche Samen- und Eizellen (Keimzellen) sowie imprägnierte Eizellen und Embryonen sind weder Arzneimittel noch Gewebezubereitungen.

(30a) Einheitlicher Europäischer Code oder „SEC“ ist die eindeutige Kennnummer für in der Europäischen Union verteilte Gewebe oder Gewebezubereitungen gemäß Anhang VII der Richtlinie 2006/86/EG der Kommission vom 24. Oktober 2006 zur Umsetzung der Richtlinie 2004/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates hinsichtlich der Anforderungen an die Rückverfolgbarkeit, der Meldung schwerwiegender Zwischenfälle und unerwünschter Reaktionen sowie bestimmter technischer Anforderungen an die Kodierung, Verarbeitung, Konservierung, Lagerung und Verteilung von menschlichen Geweben und Zellen (ABl. L 294 vom 25.10.2006, S. 32), die zuletzt durch die Richtlinie (EU) 2015/565 (ABl. L 93 vom 9.4.2015, S. 43) geändert worden ist.

(30b) EU-Gewebeeinrichtungs-Code ist die eindeutige Kennnummer für Gewebeeinrichtungen in der Europäischen Union. Für den Geltungsbereich dieses Gesetzes gilt er für alle Einrichtungen, die erlaubnispflichtige Tätigkeiten mit Geweben, Gewebezubereitungen oder mit hämatopoetischen Stammzellen oder Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut durchführen. Der EU-Gewebeeinrichtungs-Code besteht gemäß Anhang VII der Richtlinie 2006/86/EG aus einem ISO-Ländercode und der Gewebeeinrichtungsnummer des EU-Kompendiums der Gewebeeinrichtungen.

(30c) EU-Kompendium der Gewebeeinrichtungen ist das Register, in dem alle von den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten der Europäischen Union genehmigten, lizenzierten, benannten oder zugelassenen Gewebeeinrichtungen enthalten sind und das die Informationen über diese Einrichtungen gemäß Anhang VIII der Richtlinie 2006/86/EG in der jeweils geltenden Fassung enthält. Für den Geltungsbereich dieses Gesetzes enthält das Register alle Einrichtungen, die erlaubnispflichtige Tätigkeiten mit Geweben, Gewebezubereitungen oder mit hämatopoetischen Stammzellen oder Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut durchführen.

(30d) EU-Kompendium der Gewebe- und Zellprodukte ist das Register aller in der Europäischen Union in Verkehr befindlichen Arten von Geweben, Gewebezubereitungen oder von hämatopoetischen Stammzellen oder Stammzellzubereitungen aus dem peripheren Blut oder aus dem Nabelschnurblut mit den jeweiligen Produktcodes.

(31) Rekonstitution eines Fertigarzneimittels ist die Überführung in seine anwendungsfähige Form unmittelbar vor seiner Anwendung gemäß den Angaben der Packungsbeilage oder im Rahmen der klinischen Prüfung nach Maßgabe des Prüfplans.

(32) Verbringen ist jede Beförderung in den, durch den oder aus dem Geltungsbereich des Gesetzes. Einfuhr ist die Überführung von unter das Arzneimittelgesetz fallenden Produkten aus Drittstaaten, die nicht Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind, in den zollrechtlich freien Verkehr. Produkte gemäß Satz 2 gelten als eingeführt, wenn sie entgegen den Zollvorschriften in den Wirtschaftskreislauf überführt wurden. Ausfuhr ist jedes Verbringen in Drittstaaten, die nicht Vertragsstaaten des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum sind.

(33) Anthroposophisches Arzneimittel ist ein Arzneimittel, das nach der anthroposophischen Menschen- und Naturerkenntnis entwickelt wurde, nach einem im Europäischen Arzneibuch oder, in Ermangelung dessen, nach einem in den offiziell gebräuchlichen Pharmakopöen der Mitgliedstaaten der Europäischen Union beschriebenen homöopathischen Zubereitungsverfahren oder nach einem besonderen anthroposophischen Zubereitungsverfahren hergestellt worden ist und das bestimmt ist, entsprechend den Grundsätzen der anthroposophischen Menschen- und Naturerkenntnis angewendet zu werden.

(34) Eine Unbedenklichkeitsstudie ist jede Studie zu einem zugelassenen Arzneimittel, die durchgeführt wird, um ein Sicherheitsrisiko zu ermitteln, zu beschreiben oder zu quantifizieren, das Sicherheitsprofil eines Arzneimittels zu bestätigen oder die Effizienz von Risikomanagement-Maßnahmen zu messen.

(35) (weggefallen)

(36) Das Risikomanagement-System umfasst Tätigkeiten im Bereich der Pharmakovigilanz und Maßnahmen, durch die Risiken im Zusammenhang mit einem Arzneimittel ermittelt, beschrieben, vermieden oder minimiert werden sollen; dazu gehört auch die Bewertung der Wirksamkeit derartiger Tätigkeiten und Maßnahmen.

(37) Der Risikomanagement-Plan ist eine detaillierte Beschreibung des Risikomanagement-Systems.

(38) Das Pharmakovigilanz-System ist ein System, das der Inhaber der Zulassung und die zuständige Bundesoberbehörde anwenden, um insbesondere den im Zehnten Abschnitt aufgeführten Aufgaben und Pflichten nachzukommen, und das der Überwachung der Sicherheit zugelassener Arzneimittel und der Entdeckung sämtlicher Änderungen des Nutzen-Risiko-Verhältnisses dient.

(39) Die Pharmakovigilanz-Stammdokumentation ist eine detaillierte Beschreibung des Pharmakovigilanz-Systems, das der Inhaber der Zulassung auf eines oder mehrere zugelassene Arzneimittel anwendet.

(40) Ein gefälschtes Arzneimittel ist ein Arzneimittel mit falschen Angaben über

1.
die Identität, einschließlich seiner Verpackung, seiner Kennzeichnung, seiner Bezeichnung oder seiner Zusammensetzung in Bezug auf einen oder mehrere seiner Bestandteile, einschließlich der Hilfsstoffe und des Gehalts dieser Bestandteile,
2.
die Herkunft, einschließlich des Herstellers, das Herstellungsland, das Herkunftsland und den Inhaber der Genehmigung für das Inverkehrbringen oder den Inhaber der Zulassung oder
3.
den in Aufzeichnungen und Dokumenten beschriebenen Vertriebsweg.

(41) Ein gefälschter Wirkstoff ist ein Wirkstoff, dessen Kennzeichnung auf dem Behältnis nicht den tatsächlichen Inhalt angibt oder dessen Begleitdokumentation nicht alle beteiligten Hersteller oder nicht den tatsächlichen Vertriebsweg widerspiegelt.

(42) EU-Portal ist das gemäß Artikel 80 der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 auf EU-Ebene eingerichtete und unterhaltene Portal für die Übermittlung von Daten und Informationen im Zusammenhang mit klinischen Prüfungen.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen das Verbot, ihr Produkt „... Mistelkrauttee“ in Verkehr zu bringen.
Die Klägerin zeigte im Jahr 1978 beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) einen Mistelkrauttee als im Verkehr befindliches Arzneimittel an. Ein Nachzulassungsantrag wurde nicht mehr gestellt, die fiktive Zulassung als Arzneimittel wurde 1992 gelöscht.
Bei einer Probenentnahme in einer Apotheke in Dresden durch das dortige Lebensmittelüberwachungsamt wurde am 24.05.2002 festgestellt, dass die Klägerin Mistelkrauttee mit folgender Umverpackung in Verkehr bringt:
...
Die Landesuntersuchungsanstalt für Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen gab eine Stellungnahme ab, dass das Produkt als Arzneimittel einzustufen sei.
Die Klägerin wurde vom Regierungspräsidium Tübingen am 14.08.2003 zur Einstufung des Produkts als Arzneimittel angehört und teilte mit, das Produkt sei seit 01.01.1993 so im Handel und eindeutig als Lebensmittel deklariert. Misteltee sei als Lebensmittel einstufen, weil er keine andere Zweckbestimmung habe als zur Ernährung oder zum Genuss. In den Monografien der Kommission E „Visci albi herba“ vom 05.12.1984 und „Visci albi stipites“ vom 29.06.1994 sei eine pharmakologische Wirkung verneint worden. Eine Zulassung als Arzneimittel sei deswegen nicht möglich. Die später ermöglichte traditionelle Zulassung von Misteltee als Arzneimittel bestätige das, weil dabei nur Pflanzen berücksichtigt würden, die unbedenklich seien und deren therapeutische Wirksamkeit nicht belegt sei. Der Teeaufguss ergebe ein hellgrünes aromatisches Getränk. Mistelkraut sei in der Inventarliste Lebensmitteldrogen der Wirtschaftsvereinigung Kräuter- und Früchtetee (WKF) ohne Mengenbeschränkung aufgeführt, weil es keine Arzneimittel-Eigenschaften habe. Misteltee habe ernährungsphysiologisch wichtige Bestandteile (bis zu 4,7% wasserlösliche Polisacharide, bis zu 9,3% wasserlösliche Eiweiße, bis zu 20,3% Gesamteiweiß). Seine Verwendung als Lebensmittel habe eine alte Tradition; die Mistel sei früher als Viehfutter und in Notzeiten als Mistelmehl als Nahrungsmittel eingesetzt worden. In Dänemark sei Mistelkraut als Lebensmittel anerkannt. Es gebe verschiedene Pflanzen, die sowohl Lebensmittel als auch Arzneimittel sein könnten; die Auffassungen dazu seien momentan stark im Wandel begriffen. So könnten z.B. arzneiliche wirkende Drogen wie Pfefferminze, Kamille, Fenchel oder Brennnessel unstrittig auch als Lebensmittel eingesetzt werden, die Einteilung habe dann anhand der Aufmachung des Produkts zu erfolgen, die hier lebensmittelgemäß sei.
Das Regierungspräsidium Tübingen erließ am 07.05.2003 eine Anordnung, wonach (1.) das Produkt „... Misteltee“ ein Fertigarzneimittel sei. Mangels arzneimittelrechtlicher Zulassung sei es nicht verkehrsfähig. Das weitere Inverkehrbringen im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes (Bundesrepublik Deutschland) werde solange untersagt, bis eine arzneimittelrechtliche Zulassung vorliege. Für diese Entscheidung wurde (2.) eine Gebühr von 200,- EUR erhoben. Zur Begründung wurde ausgeführt, für die Einordnung als Arznei- oder Lebensmittel sei die überwiegende Zweckbestimmung entscheidend; maßgeblich sei dabei die allgemeine Verkehrsauffassung. Für Mistelkraut existiere keine gefestigte Verkehrsauffassung als Lebensmittel, sondern nur als Arzneimittel. Nach den maßgeblichen „Leitsätzen für Tee, teeähnliche Erzeugnisse, deren Extrakte und Zubereitungen“ gehöre Mistelkraut nicht zu den teeähnlichen Erzeugnissen. Dies ergebe sich auch aus Veröffentlichungen des Arbeitskreises Lebensmittelchemischer Sachverständiger der Länder und des Bundesinstituts für Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (ALS) und der Sachverständigen der Arzneimitteluntersuchungsstellen der Länder. Es seien zahlreiche Arzneimittel mit Mistelkraut auf dem Markt, darunter auch fünf Mistelkraut-Arzneitees. In der Volksmedizin werde Misteltee traditionell als Heilmittel bei Bluthochdruck, Schwindelanfällen und Arteriosklerose angewendet. Darüber hinaus seien parenteral angewandte Mistelpräparate in der Krebstherapie bekannt, insbesondere zur Immunstärkung. Die auf ein Arzneimittel gerichtete Verbrauchererwartung werde durch die Aufmachung des Produkts bestärkt, insbesondere durch
- die hervorgehobene Kennzeichnung in roter Schrift als „Apothekentee“,
- die Aussagen „Qualität aus Ihrer Apotheke“, „Dieser Tee ist nur in Apotheken erhältlich“, „Seit über 50 Jahren für Ihre Gesundheit“
- die Angabe „morgens und abends 1 Glas/Tasse Tee trinken“ im Sinne einer Dosierungsanleitung
10 
- die arzneimitteltypischen Angaben „verwendbar bis ...“ anstelle eines Mindesthaltbarkeitsdatums und einer Chargenbezeichnung (Ch.-B.) auf den Filterbeuteln oder deren Einzelverpackung.
11 
Auf die Monografien der Kommission E komme es nicht an, da es für die Definition eines Arzneimittels unerheblich sei, ob es tatsächlich eine therapeutische Wirkung entfalte. Es sei auch unerheblich, ob Mistelkraut in Dänemark als Lebensmittel zugelassen sei; insoweit liege keine komplette Harmonisierung der einschlägigen Rechtsvorschriften vor. Die Verwendung von Mistelmehl als Nahrungsmittel in Notzeiten liege mehrere Generationen zurück und präge die Verbrauchererwartung nicht mehr. Da es auf die überwiegende Verbrauchererwartung ankomme, sei es schließlich auch unerheblich, ob der Hersteller sein Produkt als Lebensmittel bezeichne. Die Anordnung wurde der Klägerin am 13.05.2003 zugestellt.
12 
Die Klägerin hat am 10.06.2003 beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben. Sie hält die Anordnung des Regierungspräsidiums für rechtswidrig, weil ihr Mistelkrauttee als Lebensmittel einzustufen sei. Sie macht geltend, sie habe bereits 1992 auf eine Zulassung als Arzneimittel verzichtet, weil der erforderliche Wirksamkeitsnachweis nicht vorgelegen hätte; eine Zulassung als traditionell angewandtes Arzneimittel sei damals noch nicht möglich gewesen, sondern erst später eingeführt worden. Es sei auch eindeutig als Lebensmittel gekennzeichnet, auf der Umverpackung werde es als „wohlschmeckend und aromatisch mit arttypischer Note“ ausgelobt. Ein Produkt könne nur dann nicht als Lebensmittel eingestuft werden, wenn positiv festgestellt sei, dass es überwiegend zu anderen Zwecken als Ernährung und Genuss bestimmt sei. Sie macht geltend, es liege keine Verkehrsanschauung vor, wonach Mistelkraut per se als Arzneimittel einzustufen sei, sondern es sei auch eine allgemeine Verkehrsanschauung als Lebensmittel gegeben. Die Mistel habe eine alte Tradition als Lebensmittel und werde als u.a. als Zutat für Kräuterbrot und auch sonst als aromatisierendes Mittel in Lebensmitteln verwendet. Mistelkrauttee sei in den vergangenen zehn Jahren verstärkt als wohlschmeckender Kräutertee in das Bewusstsein der Verbraucher gelangt. Misteltees eigneten sich aufgrund ihres kräftigen, sehr aromatischen Geschmacks besonders als Durstlöscher. Zahlreiche andere Teehersteller und Versandhändler im Internet brächten ebenfalls Mistel als Bestandteil von Teemischungen oder reinen Misteltee als Lebensmittel in Verkehr. Für Naturheilkunde und Krebstherapie seien vor allem Blätter und Beeren der Mistel von Bedeutung; Mistelkrauttee bestehe jedoch aus getrockneten Zweigen der Mistel. Für die Verkehrsauffassung dürfe auch nicht alleine auf die Leitsätze der Deutschen Lebensmittelbuchkommission für Tee, teeähnliche Erzeugnisse, deren Extrakte und Zubereitungen abgestellt werden; diese stellten lediglich Beurteilungsmerkmale für übliche teeähnliche Erzeugnisse auf, schlössen aber nicht aus, dass andere Produkte ebenfalls als teeähnliche Erzeugnisse zu qualifizieren seien. Es müssten z.B. auch die Richtlinien des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde oder einzelner Verbände der Lebensmittelwirtschaft, Handelsbräuche, Rezepte aus Kochbüchern, Gutachten von Sachverständigen der Lebensmittelaufsichtsbehörden, aber auch Verbraucherumfragen herangezogen werden. Ein durchschnittlich informiertes, aufmerksames und verständiges Publikum werde bei der Beurteilung eines Produktes eher fundierte wissenschaftliche und pharmazeutische Erkenntnisse zugrunde legen als Veröffentlichungen in den Print- und Massenmedien und im Internet. Dadurch komme der Listung in der „Inventarliste Lebensmitteldrogen“ der Wirtschaftsvereinigung Kräuter- und Früchtetee Bedeutung zu, nach der Mistelkraut sowohl als Heilpflanze als auch als Genussmittel eingesetzt werden könne. Gerade im Bereich der traditionellen Arzneimittel gemäß § 109a AMG sei eine Reihe von Produkten auf dem Markt, die auch im Bereich der Lebensmittel liegen könnten, z.B. Holunderblüten, Lindenblüten, Kamillenblüten, Thymiankraut, Melissenblätter, Pfefferminzblätter, Fenchel. Die angesprochenen Verkehrskreise könnten hier nur anhand der konkreten Produktaufmachung und der Darreichungsform entscheiden, ob das Erzeugnis der Ernährung, dem Genuss oder als Arzneimittel diene. Es müsse dann letztlich dem Inverkehrbringer überlassen bleiben, ob er das Produkt als Lebens- oder Arzneimittel in Verkehr bringen möchte. Der ausschließliche Vertrieb über Apotheken und die Hinweise auf die Apotheke auf der Verpackung seien nicht Bestandteil der Verkehrsbezeichnung „... Misteltee“. Sie könnten nicht zur Qualifikation als Arzneimittel führen, weil in Apotheken auch Lebensmittel veräußert werden dürften. Der übrige Text kennzeichne das Produkt als Lebensmittel, insbesondere werde auf den Geschmack hingewiesen. Auf die Empfehlung, „morgens und abends 1 Glas/Tasse Tee trinken“ könne in Zukunft verzichtet werden. Das Haltbarkeitsdatum werde auf aktuellen Verpackungen nicht mehr mit „verwendbar bis ...“ angegeben, sondern als Mindesthaltbarkeitsdatum. Die Bezeichnung auf den Filterbeuteln und Einzelverpackungen in der Umverpackung sei ein untergeordneter Kennzeichnungsmangel, der alsbald behoben werde. Es sei aber unverhältnismäßig, die Untersagung darauf zu stützen.
13 
Die Klägerin beantragt,
14 
den Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 7. Mai 2003 aufzuheben.
15 
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich unter Bezugnahme auf die angefochtene Entscheidung,
16 
die Klage abzuweisen.
17 
Ergänzend macht er geltend, die Klägerin bringe ihren Mistelkrauttee über Apotheken in den Verkehr, was Einfluss auf die Verbraucherauffassung habe. Die Beratung in Apotheken trage auch selbst zur Formung der Verbraucherauffassung bei; dazu legt er die Auswertung einer Umfrage unter Apothekern vor („Mistel in der Krebsmedizin und Beratungsapotheke“, DAZ 2003, Heft 41, S. 67ff). Darüber hinaus werde die Verbrauchererwartung durch Darstellungen und Veröffentlichungen in Print- und anderen Massenmedien und im Internet mitbestimmt, wo häufig über die Mistel als Heilpflanze berichtet werde. Die Verbraucherauffassung sei außerdem durch eine lange Tradition der Verwendung der Mistel als Heilmittel geprägt. Es seien auch andere Produkte, etwa Dragees mit Bestandteilen der Mistel, in Verkehr, die mit pharmakologischen Wirkungen deklariert seien. Aus alledem ergebe sich, dass die Mistel an sich, unabhängig davon, welche Bestandteile der Pflanze verwendet würden, nach der maßgebenden Verbraucherauffassung nicht zur Ernährung oder zum Genuss, sondern für heilende Zwecke und damit arzneilich verwendet werde.
18 
Es ist Beweis erhoben worden durch Einholung von Sachverständigengutachten des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes Karlsruhe vom 19.04.2004 und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 06.06.2005.
19 
Dem Gericht lagen die einschlägigen Akten des Regierungspräsidiums Tübingen vor, auf die wegen der weiteren Einzelheiten und des weiteren Vorbringens ebenso verwiesen wird wie auf die vorliegende Gerichtsakte.

Entscheidungsgründe

 
20 
1. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 07.05.2003 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
21 
a) Die angefochtene Verfügung, die der Klägerin das Inverkehrbringen des Erzeugnisses „... Mistelkrauttee“ bis zum Vorliegen einer arzneimittelrechtlichen Zulassung untersagt, hat ihre Rechtsgrundlage in § 69 Abs. 1 AMG in der zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides gültigen Fassung vom 11.12.1998 (BGBl. I S. 3586). Danach treffen die zuständigen Behörden die notwendigen Anordnungen zur Beseitigung festgestellter Verstöße gegen das Arzneimittelrecht und zur Verhütung bereits eingetretener Verstöße (Satz 1); insbesondere können sie das Inverkehrbringen untersagen, wenn eine erforderliche Zulassung als Arzneimittel nicht vorliegt (Satz 2 Nr. 1).
22 
Die Zulassungspflicht bestimmt sich nach § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG. Danach dürfen Fertigarzneimittel, die Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 AMG sind, nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind. Da das im Streit befindliche Präparat im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Verpackung in den Verkehr gebracht wird, handelt es sich nach § 4 Abs. 1 AMG um ein solches Fertigarzneimittel
23 
Das Regierungspräsidium Tübingen ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei dem von der Klägerin hergestellten und in Verkehr gebrachten Erzeugnis „... Mistelkrauttee“ um ein Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 AMG handelt, das einer Zulassung bedarf. Arzneimittel sind Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten, zu erkennen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG) oder die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelischer Zustände zu beeinflussen (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG). Keine Arzneimittel sind demgegenüber Lebensmittel im Sinne des § 1 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes – LMBG – (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG). Lebensmittel im Sinne des § 1 Abs. 1 LMBG sind Stoffe, die dazu bestimmt sind, von Menschen verzehrt zu werden; ausgenommen sind Stoffe, die überwiegend dazu bestimmt sind, zu anderen Zwecken als zur Ernährung oder zum Genuss verzehrt zu werden. Für die Einordnung eines Produkts als Arzneimittel (§ 2 AMG) oder als Lebensmittel (§ 1 LMBG) kommt es damit entscheidend darauf an, zu welchem Zweck der Mensch es zu sich nimmt, wozu es also „bestimmt ist“. Für die überwiegende Zweckbestimmung ist nicht der rechtliche Einstufungswille des Herstellers oder Vertreibers maßgeblich, sondern die allgemeine Verkehrsanschauung, d.h. wie sich der Verwendungszweck des Produkts für den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher darstellt. Objektive Kriterien dafür sind vor allem die Bezeichnung des Produkts, seine stoffliche Zusammensetzung, die Aufmachung, Darreichungsform und Verpackung des Produkts, Dosierungsempfehlungen und sonstige Angaben des Herstellers oder Vertreibers, Preisgestaltung, etwaige Werbeaussagen und die Art des Vertriebs. Die Verkehrsanschauung wird auch regelmäßig an eine etwa schon bestehende Auffassung über den Verwendungszweck vergleichbarer Mittel anknüpfen (vgl. BVerwG, Urteil v. 24.11.1994, - 3 C 23/93 -, BVerwGE 97, 132ff; Urteil v. 18.12.1997, - 3 C 46/96 -, BVerwGE 106, 90ff; BGH, Urt.v. 10.02.2000, - I ZR 97/98 – „L-Carnitin“, GRUR 2000, 528-530; Urteil v. 11.07.2002, - I ZR 273/99 -, ZLR 2002, 660-666; VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 14.05.1996, - 10 S 256/96 -, Urteil vom 15.01.1999 – 10 S 1797/97 -, OLG Frankfurt/Main, Urteil v. 11.12.1998, - 24 U 18/97 -, zitiert nach juris; vgl. zur Abgrenzung auch Streit, internistische praxis 41 (2001), 449-462). Die Vorstellung der Verbraucher von der Zweckbestimmung eines Produkts hinsichtlich seiner Inhaltsstoffe kann auch durch veröffentlichte Auffassungen der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaften beeinflusst werden. Die Bezeichnung eines Produkts als Lebensmittel auf der Verpackung bewirkt alleine noch nicht, dass es als Lebensmittel einzustufen ist, und umgekehrt sind weder die Darreichungsform noch die Verpackung noch der Vertrieb allein über Apotheken für sich genommen ein ausreichender Hinweis auf ein Arzneimittel, wenn es sich um apothekenübliche Ware handelt (vgl. BGH, Urt. v. 10.02.2000, a.a.O., 530). Bei Stoffen und Zubereitungen, die nach diesen Kriterien sowohl zu Ernährungs- oder Genusszwecken als auch zu therapeutischen Zwecken bestimmt sind, ist maßgeblich, welche Zweckbestimmung überwiegt. Überwiegt die Zweckbestimmung als Lebensmittel, ist damit eine Einordnung des Produktes (zugleich) als Arzneimittel ausgeschlossen, auch wenn es die Merkmale des Arzneimittelbegriffs in § 2 Abs. 1 AMG aufweist (BVerwG, Urt. v. 18.12.1997, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 15.01.1999, a.a.O.).
24 
b) Nach diesen Grundsätzen ist das Produkt „... Mistelkrauttee“, so wie es von der Klägerin in den Verkehr gebracht wird, nicht als Lebensmittel, sondern als Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 5 AMG einzuordnen. Diese Einschätzung beruht zunächst auf dem Sachverständigengutachten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 06.06.2005. Es bestehen auch keine Bedenken, das Gutachten des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes (CVUA) Karlsruhe vom 26.02.2004 mit Ergänzung vom 19.04.2004 heranzuziehen. Die Beamten des CVUA Karlsruhe sind zwar Beamte des Landes Baden-Württemberg, das in diesem Verfahren Beklagter ist. Es handelt sich aber nicht um eine Behörde, die dem Regierungspräsidium Tübingen nachgeordnet wäre, wie die Klägerin meint, sondern um eine Sonderbehörde, die aus dem hierarchischen Behördenaufbau ausgegliedert und nicht weisungsgebunden ist. Am bisherigen Verwaltungsverfahren gegen die Klägerin waren Beamte des CVUA Karlsruhe auch nicht federführend beteiligt (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 06.10.1998, - 3 B 35/08 -, NVwZ 1999, 184-186; Beschluss vom 30.12.1997, - 11 B 3/97 -, NVwZ 1998, 334 - 336 und VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.07.1997, - 9 S 1580/97 -, VBlBW 1998, 56-57). Außerdem beruht die Einschätzung des Gerichts auf den Angaben auf der Verpackung des Produkts und auf dem Umstand, dass die Klägerin es in ihrer Produktreihe „... Apothekentee“ ausschließlich in Apotheken verkauft, wo auch andere Mistelkrauttees mit identischen Inhaltsstoffen erhältlich sind, die über eine Zulassung als Arzneimittel gemäß § 109a AMG verfügen. Schließlich beruht die Einschätzung auch auf den umfangreichen Veröffentlichungen und Internetrecherchen, die dem Gericht während des Verfahrens vorgelegt wurden. Dabei handelt es sich - neben den verschiedenen Monografien der Kommission E zur Mistel, der Inventarliste Lebensmitteldrogen der Wirtschaftsvereinigung Kräuter- und Früchtetee und den Leitsätze für Tee und teeähnliche Erzeugnisse - vor allem um Veröffentlichungen zur Verwendung der Mistel in Fachbüchern und -zeitschriften und im Internet sowie um Ausdrucke aus dem Angebot diverser Internetanbieter an Mistelkrauttee und Kräuterteemischungen, die Mistelkraut enthalten. Dabei war allein der Verwendungszweck von Mistelkraut als Tee in den Blick zu nehmen; auf die Verkehrsauffassung zur Verwendung von Mistelextrakten als Injektion zur parenteralen Anwendung kommt es hier ebenso wenig an wie auf den die Bestimmung von Mistelmehl als Zutat von Kräuterbrot oder als Ersatznahrungsmittel in Notzeiten. Es ist auch nur der Verwendungszweck im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes maßgeblich, die Verkehrsauffassung und die Rechtslage in anderen europäischen Ländern wie Dänemark oder der Slowakei sind nicht entscheidungserheblich. Bei Anwendung der oben genannten Kriterien ergibt sich aus alldem für das Gericht, dass das streitige Produkt nach der allgemeinen Verkehrsauffassung in Deutschland überwiegend zur Verwendung als Arzneimittel bestimmt ist.
25 
aa) Allein die Bezeichnung des Produkts „... Misteltee“ lässt noch keinen Schluss auf eine überwiegende Zweckbestimmung als Lebensmittel zu. Einerseits werden Misteltee und Kräuterteemischungen mit dem Inhaltsstoff Mistelkraut als Lebensmittel angeboten, und zwar sowohl im Internethandel als auch im Lebensmittel-Einzelhandel und in Drogerien. Andererseits ergibt sich aus den Gutachten der CVUA Karlsruhe vom 26.02.2004 und des BfArM vom 06.06.2005, dass zahlreiche Produkte mit der Bezeichnung „Misteltee“ und „Mistelkrauttee“ über eine Zulassung als Arzneimittel nach § 109a AMG verfügen und mit den Hinweisen „traditionell angewendet“ und „zur Stärkung der Kreislauffunktion“ bzw. „kreislaufunterstützend“ als Arzneitee in Apotheken angeboten werden. Nach dem Gutachten des BfArM sind insgesamt 62 Mistelkrautpräparate in dieser Weise als Arzneimittel zugelassen, davon fünf Arzneitees aus reinem Mistelkraut.
26 
bb) Das Produkt der Klägerin unterscheidet sich in der stofflichen Zusammensetzung nicht von den oben genannten Mistelkrauttees, die über eine Zulassung als Arzneimittel nach § 109a AMG verfügen und damit eindeutig zur Verwendung als Arzneimittel bestimmt sind. Nach den Angaben auf der Verpackung ist der Misteltee der Klägerin in Teebeutel abgepackt, die jeweils 2,0 g Mistelkraut (viscum album L) enthalten, also getrocknete und gemahlene junge Zweige der Mistelpflanze mit Blättern, Blüten und Früchten. Nach den Angaben des BfArM ist die Darreichungsform in Teebeuteln à 2,0g bei den zugelassenen Arzneitees ebenso verbreitet wie die Darreichungsform als lose Ware. Der vom CVUA Karlsruhe zum Vergleich untersuchte „... Mistelkrauttee“, der über eine Zulassung als Arzneimittel nach § 109a AMG verfügt, weist die gleiche stoffliche Zusammensetzung auf und wird ebenfalls in Filterbeuteln a 2,0 g angeboten. Die Untersuchung der Proben durch das CVUA Karlsruhe ergab etwas geringere Füllmengen, wobei der Arzneitee „... Mistelkrauttee“ mit 1,96 g pro Teebeutel sogar noch etwas weniger Mistelkraut enthielt als das Produkt der Klägerin mit 1,97 g pro Teebeutel. Ob Mistelkraut in dieser Darreichungsform als Teebeutel mit etwas weniger als 2,0 g tatsächlich pharmakologische Wirkungen entfaltet oder nicht, kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, weil eine ganze Reihen anderer Produkte mit der gleichen stofflichen Zusammensetzung als traditionell angewandte Arzneimittel zugelassen und damit auch zur Verwendung als solche bestimmt sind.
27 
cc) Die Listung von Mistelkraut in der „Inventarliste Lebensmitteldrogen“ des Wirtschaftsverbandes Kräuter- und Früchtetee e.V. (WKF) führt noch nicht zu einer überwiegenden Verkehrsauffassung als Lebensmittel, weil es sich um eine Einordnung von Seiten der Hersteller handelt und nicht etwa um die Erwartung des Verbrauchers. In einer Anmerkung des WKF zu dieser Liste (DLR 2000, 172ff) wird ausgeführt, dass sie zur Einordnung von Inhaltsstoffen beitragen soll, die in Deutschland zumindest in der Ernährung noch keine oder kaum eine Rolle gespielt haben, und dass die Zweckbestimmung speziell bei Kräutertees von den Umständen abhängt, unter denen sie in Verkehr gebracht werden. Die Inventarliste wird in Fachkreisen kontrovers diskutiert, wobei eine Verkehrsauffassung für Mistelkrauttee als Lebensmittel teilweise ausdrücklich verneint wird (vgl. Gründig/Hey, DLR 2002, 35ff; Streit, internistische praxis 41 [2001], 449-462; a.A. etwa Schneider, DLR 2002, 125ff). Andererseits lässt sich aus den „Leitsätzen für Tee, teeähnliche Erzeugnisse, deren Extrakte und Zubereitungen“ vom 02.12.1998 (BAnz. Nr. 66a vom 09.04.1999) kein Umkehrschluss ziehen, wie der Beklagte es tut. Die Leitsätze enthalten unter II. nur besondere Beurteilungsmerkmale für einige übliche teeähnliche Erzeugnisse, aber keine abschließende Aufzählung aller üblichen teeähnlichen Erzeugnisse.
28 
dd) Die Aufmachung und Verpackung, mit der die Klägerin das Produkt auf den Markt bringt, ermöglicht keine klare Zuordnung des Produkts: Die Abbildung auf der Verpackung zeigt eine Mistelpflanze mit Blättern und Beeren und unterscheidet sich insoweit nicht von dem zum Vergleich herangezogenen Arzneitee „... Mistelkrauttee“. Die Angabe „verwendbar bis“ als Verfallsdatum stellt einen Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Kennzeichnungsvorschriften dar (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 7 Abs. 2 Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung - LMKV), entspricht aber ebenso wie die Verwendung einer Chargenbezeichnung (Ch.-B.) der für Fertigarzneimittel vorgeschriebenen Kennzeichnung (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 9 AMG). Daraus alleine ergibt sich allerdings noch keine Aussage über einen Verwendungszweck als Arzneimittel, zumal sich beide Angaben nur ganz untergeordnet auf der Unterseite der Verpackung bzw. auf der Umhüllung der Teebeutel in der Umverpackung wiederfinden. Die Anpreisung „wohlschmeckend und aromatisch mit arttypischer Note“ deutet wiederum auf eine Bestimmung zum Verzehr als Lebensmittel hin, ausdrückliche Hinweise auf kreislauffördernde oder -unterstützende Wirkungen enthält die Verpackung des Produkts nicht. Andererseits ist die aufgedruckte Dosierungsempfehlung, morgens und abends 1 Glas/ 1 Tasse zu trinken, bei einem wohlschmeckenden und aromatischen Lebens- oder Genussmittel nicht nachvollziehbar. Dass die Klägerin sich bereit erklärt hat, auf diese Empfehlung künftig zu verzichten, ist für die Entscheidung des Gerichts nicht maßgeblich, da sie jedenfalls zum Zeitpunkt der Entscheidung des Regierungspräsidiums verwendet wurde; auch die während des Klageverfahrens von der CVUA Karlsruhe erhobene Warenprobe enthält noch diesen Aufdruck. Die gleiche Dosierungsempfehlung und die gleichen Hinweise zur Zubereitung durch Ansetzen mit kaltem Wasser über mehrere Stunden hinweg finden sich z.B. auch in Fachbüchern über Heilpflanzen, die Misteltee als Hausmittel gegen leichte nervöse Herzstörungen empfehlen (vgl. Manfred Pahlow, Heilpflanzen, S. 233, 234, AS 46/47 der Gerichtsakte; ebenso DAB 1999, Monographie Mistelkraut, AS 120-122 der Gerichtsakte). Das Gericht geht deshalb davon aus, dass sich die aufgedruckten Dosierungsempfehlung an Personen richtet, denen diese Verwendungsmöglichkeit bekannt ist. Die Angabe „Aus der Natur – Für ihre Gesundheit“ dürfte sich nach der Anordnung auf der Verpackung sowohl allgemein auf die Klägerin als auch auf das konkrete Produkt beziehen, so dass es als gesundheitsfördernd angepriesen wird.
29 
ee) Der apothekenexklusive Vertrieb des Produkts, die Bezeichnung als „Apothekentee“, „Qualität aus ihrer Apotheke“ und der Aufdruck „Dieser Tee ist nur in Apotheken erhältlich“ weisen ebenfalls eher auf einen Verwendungszweck als Arzneimittel hin als auf ein wohlschmeckendes und aromatisches Lebensmittel. Soweit die Klägerin auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes verweist, wonach vom Vertrieb über Apotheken noch nicht auf eine Zweckbestimmung als Arzneimittel geschlossen werden könne (vgl. BGH, Urt.v. 10.02.2000, - I ZR 97/98 – „L-Carnitin“, GRUR 2000, 528-530; Urteil v. 11.07.2002, - I ZR 273/99 -, ZLR 2002, 660-666 m.w.N.), beziehen sich diese auf Nahrungsergänzungsmittel, die in § 25 Nr. 6 Apothekenbetriebsordnung i.d.F. vom 26.09.1995 (BGBl. I, 1195ff – ApBetrO) ausdrücklich als apothekenübliche Ware aufgeführt waren. Dazu gehörten auch Tee und teeähnliche Erzeugnisse, allerdings nur, soweit sie nicht überwiegend dazu bestimmt sind, zum Genuss verzehrt zu werden. Daraus folgt für das Gericht, dass die von der Klägerin angestrebte Einordnung ihres Mistelkrauttees als wohlschmeckendes und aromatisches Lebensmittel, das überwiegend zum Genuss bestimmt ist, und eine Einstufung als apothekenübliche Ware i.S.d. § 25 Nr. 6 ApBetrO a.F. sich gegenseitig ausschließen. Dies gilt umso mehr, nachdem § 25 ApBetrO durch das GKV-Modernisierungsgesetz (vom 14.11.2003, BGBl. I, 2190, - GMG) geändert wurde: Apothekenüblich sind nunmehr nach § 25 Nr. 2 ApBetrO n.F. Mittel, die der Gesundheit von Menschen mittelbar oder unmittelbar dienen oder diese fördern. Daraus folgt für das Gericht, dass für den Mistelkrauttee der Klägerin, der ausschließlich in Apotheken verkauft wird, eine überwiegende Zweckbestimmung bestehen muss, der Gesundheit zu dienen oder diese zu fördern. Ansonsten wäre der gewählte Vertriebsweg als exklusiver „Apothekentee“ weder nachvollziehbar noch rechtlich zulässig.
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Dies wird belegt durch die Ergebnisse einer Umfrage „Mistel in der Krebsmedizin und Beratungsapotheke“ (DAZ 2003, 67ff, AS 41-45 der Gerichtsakte.) Die Umfrage richtete sich an Apotheker und Apothekerinnen, also jenen Personenkreis, über den der Mistelkrauttee der Klägerin ausschließlich verkauft wird, der die Erwartungshaltung seiner Kunden kennt und der sie ggf. zum Verwendungszweck des Produkts beraten wird. Im Themenblock „Allgemeine Fragen zum Anwendungskontext der Mistel“ wurde unter C.1 die Frage gestellt, welcher Kategorie die Mistel zugeordnet wird. 40% der Befragten ordneten sie als Immunmodulator ein, 28% als anthroposophisches Heilmittel, 20% als klassisches Phytopräparat, 10% als Zytostatikum und lediglich 1% als unspezifisches Additivum. Die Verwendung als aromatisches und wohlschmeckendes Getränk wurde dagegen überhaupt nicht genannt. Daraus ist zu schließen, dass die Befragten keine Verbrauchererwartung oder besondere Nachfrage nach Mistelkrauttee als Lebensmittel mit besonderen geschmacklichen Eigenschaften registriert und ihre Kunden auch nicht in dieser Richtung beraten haben.
31 
ff) Schließlich ergibt sich auch aus den umfangreichen Publikationen und Internetrecherchen, die von den Beteiligten vorgelegt wurden, eine überwiegende Verkehrsauffassung, dass Mistelkrauttee zur Verwendung als Arzneimittel bestimmt ist. In den Sachverständigengutachten des CVUA Karlsruhe und des BfArM wird darauf hingewiesen, dass Misteltee in der Volksmedizin u.a. gegen Bluthochdruck, Schwindelgefühl, Blutandrang im Kopf, ausbleibende Menstruation, Gelenkerkrankungen, Epilepsie, Arteriosklerose empfohlen wird. Das ergibt sich auch aus den vom Beklagten vorgelegten Publikationen und Internetrecherchen (vgl. z.B. AS 53, 55, 56, 58, 60 der Gerichtsakte; ebenso Manfred Pahlow, Heilpflanzen, S. 233, 234, AS 46/47 der Gerichtsakte). Im Deutschen Arzneimittelbuch (DAB), das üblicherweise in Apotheken als Nachschlagewerk bereitgehalten wird, ist Mistelkraut ebenfalls als Teedroge zur unterstützenden Behandlung von milden Formen der Hypertonie und Bluthochdruck, bei Schwindelgefühl und Blutandrang zum Kopf aufgeführt; dabei wird allerdings betont, dass die Anwendung rein empirisch erfolgt und eine rationale Begründung bisher nicht vorliegt (vgl. Auszüge aus dem DAB 1999 und 2004, AS 120-122 und 132-134 der Gerichtsakte). Dies ergibt sich auch aus den Monografien der Kommission E „Visci albi stipites“ vom 03.05.1994 und „Visci albi herba“ vom 05.12.1984, auf die sich die Klägerin bezieht; dort wird ausgeführt, dass die blutdrucksenkenden Wirkungen und die therapeutische Wirksamkeit von Mistelkraut als Tee bei milden Formen der Hypertonie nicht belegt sind bzw. einer Überprüfung bedürfen. Ein solcher klinischer Wirksamkeitsnachweis ist für das Bestehen einer Verkehrsauffassung zum Verwendungszweck als Arzneimittel aber - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht erforderlich. Im Gegenteil war es anderen Herstellern sogar möglich, aufgrund dieser Verkehrsauffassung für Mistelkrauttee eine Zulassung als traditionell angewandtes Arzneimittel nach § 109a AMG zu erhalten, ohne dass ein klinischer Wirksamkeitsnachweis vorliegt. Die Anforderungen an die Wirksamkeit sind nach § 109a Abs. 3 Satz 1 und 2 AMG auch erfüllt, wenn das Mittel bestimmte Anwendungsgebiete beansprucht, die von einer eigens dafür berufenen Kommission unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Mittels und der tradierten und dokumentierten Erfahrung festgelegt werden. Für Mistelkrauttee ist in der Aufstellung dieser Anwendungsgebiete unter Nr. 257 ausgeführt (vgl. Anlage 3 zum Gutachten des BfArM, AS 123-125 der Gerichtsakte):
32 
„zur Unterstützung der Kreislauffunktion. Diese Angabe beruht ausschließlich auf Überlieferung und langjähriger Erfahrung.“
33 
Für das Gericht folgt aus dem Umstand, dass Mistelkrauttee aufgrund langjähriger Erfahrung und Überlieferung ein Anwendungsgebiet als Mittel zur Kreislaufunterstützung beansprucht, auch eine entsprechende langjährige und gefestigte Verkehrsauffassung. Nach der Überzeugung des Gerichts ist sie jedenfalls für das Produkt der Klägerin auch die überwiegende. Ob für die zahlreichen Mistelkrauttees anderer Anbieter, die in Lebensmittelmärkten, Teeläden oder in Internetshops verkauft werden, eine Verkehrserwartung als Lebensmittel besteht, kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, weil die Klägerin sich von diesen Tees bewusst und gezielt abgrenzt, indem sie ihren Mistelkrauttee als „Apothekentee“ ausschließlich in Apotheken in Verkehr bringt. Wie oben bereits ausgeführt, überwiegt jedenfalls dort die Verkehrserwartung, dass Mistelkrauttee nicht dem Genuss und der Ernährung, sondern der Gesundheit dient und damit zur Verwendung als Arzneimittel bestimmt ist.
34 
Nach alldem ist das Produkt der Klägerin als Arzneimittel anzusehen, das einer arzneimittelrechtlichen Zulassung bedarf, sie aber nicht besitzt.
35 
c) Ermessensfehler sind bei der Verfügung, mit der das Inverkehrbringen des Produktes bis zum Vorliegen einer arzneimittelrechtlichen Zulassung untersagt wird, nicht ersichtlich. Es ist auch nicht erkennbar, dass ein Rückruf oder eine Sicherstellung der Ware die Klägerin weniger belasten würde. Soweit das Regierungspräsidium fälschlicherweise von der Verwendung einer Chargenbezeichnung und des Aufdrucks „verwendbar bis...“ anstelle eines Mindesthaltbarkeitsdatums auf eine Einordnung als Arzneimittel geschlossen oder dies im Umkehrschluss aus den „Leitsätzen für Tee, teeähnliche Erzeugnisse, deren Extrakte und Zubereitungen“ gefolgert hat, handelt es sich um die Beurteilung des gesetzlichen Tatbestandes und nicht um Ermessenserwägungen zur Auswahl unter den in § 69 Abs. 1 genannten Maßnahmen.
36 
Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe gar nicht die Möglichkeit, für ihr Produkt eine Zulassung als Arzneimittel zu erlangen, weil die erforderlichen Wirksamkeitsnachweise nicht zu erbringen seien, ist darauf hinzuweisen, dass sie aus eigenem Entschluss im Jahr 1992 auf die Zulassung als Arzneimittel verzichtet hat. Damit hat die Klägerin damals darauf verzichtet, dieses Produkt als Arzneimittel in Verkehr zu bringen. Als im Jahr 1994 die Zulassung als traditionell angewandtes Arzneimittel nach § 109a AMG ermöglicht wurde, konnte sie davon nicht mehr profitieren, weil die fiktive Zulassung des Produkts nach § 105 AMG bereits erloschen war. Im Rahmen eines neuen Antrags hätte die Klägerin möglicherweise schon damals eine Gleichbehandlung mit anderen Herstellern erreichen können, die ihren Antrag aufrechterhalten und eine Zulassung für Mistelkrauttee nach § 109a AMG erhalten hatten. Mit Inkrafttreten des 14. Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 29.08.2005 (verkündet am 05.09.2005, BGBl. I, 2570) wird jetzt auch ein vereinfachtes Verfahren zur Registrierung traditioneller pflanzlicher Arzneimittel eingeführt (vgl. § 39a - 39d AMG n.F.), das die Klägerin für ihren Mistelkrauttee ohne weiteres wahrnehmen kann. Dabei handelt es sich aber um Fragen, die im Rahmen der arzneimittelrechtlichen Zulassung zu klären sind; für die hier angefochtene Untersagungsverfügung, die lediglich das arzneimittelrechtliche Zulassungsverfahren sicherstellen soll, kommt es darauf nicht an.
37 
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
20 
1. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 07.05.2003 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
21 
a) Die angefochtene Verfügung, die der Klägerin das Inverkehrbringen des Erzeugnisses „... Mistelkrauttee“ bis zum Vorliegen einer arzneimittelrechtlichen Zulassung untersagt, hat ihre Rechtsgrundlage in § 69 Abs. 1 AMG in der zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides gültigen Fassung vom 11.12.1998 (BGBl. I S. 3586). Danach treffen die zuständigen Behörden die notwendigen Anordnungen zur Beseitigung festgestellter Verstöße gegen das Arzneimittelrecht und zur Verhütung bereits eingetretener Verstöße (Satz 1); insbesondere können sie das Inverkehrbringen untersagen, wenn eine erforderliche Zulassung als Arzneimittel nicht vorliegt (Satz 2 Nr. 1).
22 
Die Zulassungspflicht bestimmt sich nach § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG. Danach dürfen Fertigarzneimittel, die Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 AMG sind, nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind. Da das im Streit befindliche Präparat im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Verpackung in den Verkehr gebracht wird, handelt es sich nach § 4 Abs. 1 AMG um ein solches Fertigarzneimittel
23 
Das Regierungspräsidium Tübingen ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei dem von der Klägerin hergestellten und in Verkehr gebrachten Erzeugnis „... Mistelkrauttee“ um ein Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 AMG handelt, das einer Zulassung bedarf. Arzneimittel sind Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten, zu erkennen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG) oder die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelischer Zustände zu beeinflussen (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG). Keine Arzneimittel sind demgegenüber Lebensmittel im Sinne des § 1 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes – LMBG – (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG). Lebensmittel im Sinne des § 1 Abs. 1 LMBG sind Stoffe, die dazu bestimmt sind, von Menschen verzehrt zu werden; ausgenommen sind Stoffe, die überwiegend dazu bestimmt sind, zu anderen Zwecken als zur Ernährung oder zum Genuss verzehrt zu werden. Für die Einordnung eines Produkts als Arzneimittel (§ 2 AMG) oder als Lebensmittel (§ 1 LMBG) kommt es damit entscheidend darauf an, zu welchem Zweck der Mensch es zu sich nimmt, wozu es also „bestimmt ist“. Für die überwiegende Zweckbestimmung ist nicht der rechtliche Einstufungswille des Herstellers oder Vertreibers maßgeblich, sondern die allgemeine Verkehrsanschauung, d.h. wie sich der Verwendungszweck des Produkts für den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher darstellt. Objektive Kriterien dafür sind vor allem die Bezeichnung des Produkts, seine stoffliche Zusammensetzung, die Aufmachung, Darreichungsform und Verpackung des Produkts, Dosierungsempfehlungen und sonstige Angaben des Herstellers oder Vertreibers, Preisgestaltung, etwaige Werbeaussagen und die Art des Vertriebs. Die Verkehrsanschauung wird auch regelmäßig an eine etwa schon bestehende Auffassung über den Verwendungszweck vergleichbarer Mittel anknüpfen (vgl. BVerwG, Urteil v. 24.11.1994, - 3 C 23/93 -, BVerwGE 97, 132ff; Urteil v. 18.12.1997, - 3 C 46/96 -, BVerwGE 106, 90ff; BGH, Urt.v. 10.02.2000, - I ZR 97/98 – „L-Carnitin“, GRUR 2000, 528-530; Urteil v. 11.07.2002, - I ZR 273/99 -, ZLR 2002, 660-666; VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 14.05.1996, - 10 S 256/96 -, Urteil vom 15.01.1999 – 10 S 1797/97 -, OLG Frankfurt/Main, Urteil v. 11.12.1998, - 24 U 18/97 -, zitiert nach juris; vgl. zur Abgrenzung auch Streit, internistische praxis 41 (2001), 449-462). Die Vorstellung der Verbraucher von der Zweckbestimmung eines Produkts hinsichtlich seiner Inhaltsstoffe kann auch durch veröffentlichte Auffassungen der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaften beeinflusst werden. Die Bezeichnung eines Produkts als Lebensmittel auf der Verpackung bewirkt alleine noch nicht, dass es als Lebensmittel einzustufen ist, und umgekehrt sind weder die Darreichungsform noch die Verpackung noch der Vertrieb allein über Apotheken für sich genommen ein ausreichender Hinweis auf ein Arzneimittel, wenn es sich um apothekenübliche Ware handelt (vgl. BGH, Urt. v. 10.02.2000, a.a.O., 530). Bei Stoffen und Zubereitungen, die nach diesen Kriterien sowohl zu Ernährungs- oder Genusszwecken als auch zu therapeutischen Zwecken bestimmt sind, ist maßgeblich, welche Zweckbestimmung überwiegt. Überwiegt die Zweckbestimmung als Lebensmittel, ist damit eine Einordnung des Produktes (zugleich) als Arzneimittel ausgeschlossen, auch wenn es die Merkmale des Arzneimittelbegriffs in § 2 Abs. 1 AMG aufweist (BVerwG, Urt. v. 18.12.1997, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 15.01.1999, a.a.O.).
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b) Nach diesen Grundsätzen ist das Produkt „... Mistelkrauttee“, so wie es von der Klägerin in den Verkehr gebracht wird, nicht als Lebensmittel, sondern als Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 5 AMG einzuordnen. Diese Einschätzung beruht zunächst auf dem Sachverständigengutachten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 06.06.2005. Es bestehen auch keine Bedenken, das Gutachten des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes (CVUA) Karlsruhe vom 26.02.2004 mit Ergänzung vom 19.04.2004 heranzuziehen. Die Beamten des CVUA Karlsruhe sind zwar Beamte des Landes Baden-Württemberg, das in diesem Verfahren Beklagter ist. Es handelt sich aber nicht um eine Behörde, die dem Regierungspräsidium Tübingen nachgeordnet wäre, wie die Klägerin meint, sondern um eine Sonderbehörde, die aus dem hierarchischen Behördenaufbau ausgegliedert und nicht weisungsgebunden ist. Am bisherigen Verwaltungsverfahren gegen die Klägerin waren Beamte des CVUA Karlsruhe auch nicht federführend beteiligt (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 06.10.1998, - 3 B 35/08 -, NVwZ 1999, 184-186; Beschluss vom 30.12.1997, - 11 B 3/97 -, NVwZ 1998, 334 - 336 und VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.07.1997, - 9 S 1580/97 -, VBlBW 1998, 56-57). Außerdem beruht die Einschätzung des Gerichts auf den Angaben auf der Verpackung des Produkts und auf dem Umstand, dass die Klägerin es in ihrer Produktreihe „... Apothekentee“ ausschließlich in Apotheken verkauft, wo auch andere Mistelkrauttees mit identischen Inhaltsstoffen erhältlich sind, die über eine Zulassung als Arzneimittel gemäß § 109a AMG verfügen. Schließlich beruht die Einschätzung auch auf den umfangreichen Veröffentlichungen und Internetrecherchen, die dem Gericht während des Verfahrens vorgelegt wurden. Dabei handelt es sich - neben den verschiedenen Monografien der Kommission E zur Mistel, der Inventarliste Lebensmitteldrogen der Wirtschaftsvereinigung Kräuter- und Früchtetee und den Leitsätze für Tee und teeähnliche Erzeugnisse - vor allem um Veröffentlichungen zur Verwendung der Mistel in Fachbüchern und -zeitschriften und im Internet sowie um Ausdrucke aus dem Angebot diverser Internetanbieter an Mistelkrauttee und Kräuterteemischungen, die Mistelkraut enthalten. Dabei war allein der Verwendungszweck von Mistelkraut als Tee in den Blick zu nehmen; auf die Verkehrsauffassung zur Verwendung von Mistelextrakten als Injektion zur parenteralen Anwendung kommt es hier ebenso wenig an wie auf den die Bestimmung von Mistelmehl als Zutat von Kräuterbrot oder als Ersatznahrungsmittel in Notzeiten. Es ist auch nur der Verwendungszweck im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes maßgeblich, die Verkehrsauffassung und die Rechtslage in anderen europäischen Ländern wie Dänemark oder der Slowakei sind nicht entscheidungserheblich. Bei Anwendung der oben genannten Kriterien ergibt sich aus alldem für das Gericht, dass das streitige Produkt nach der allgemeinen Verkehrsauffassung in Deutschland überwiegend zur Verwendung als Arzneimittel bestimmt ist.
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aa) Allein die Bezeichnung des Produkts „... Misteltee“ lässt noch keinen Schluss auf eine überwiegende Zweckbestimmung als Lebensmittel zu. Einerseits werden Misteltee und Kräuterteemischungen mit dem Inhaltsstoff Mistelkraut als Lebensmittel angeboten, und zwar sowohl im Internethandel als auch im Lebensmittel-Einzelhandel und in Drogerien. Andererseits ergibt sich aus den Gutachten der CVUA Karlsruhe vom 26.02.2004 und des BfArM vom 06.06.2005, dass zahlreiche Produkte mit der Bezeichnung „Misteltee“ und „Mistelkrauttee“ über eine Zulassung als Arzneimittel nach § 109a AMG verfügen und mit den Hinweisen „traditionell angewendet“ und „zur Stärkung der Kreislauffunktion“ bzw. „kreislaufunterstützend“ als Arzneitee in Apotheken angeboten werden. Nach dem Gutachten des BfArM sind insgesamt 62 Mistelkrautpräparate in dieser Weise als Arzneimittel zugelassen, davon fünf Arzneitees aus reinem Mistelkraut.
26 
bb) Das Produkt der Klägerin unterscheidet sich in der stofflichen Zusammensetzung nicht von den oben genannten Mistelkrauttees, die über eine Zulassung als Arzneimittel nach § 109a AMG verfügen und damit eindeutig zur Verwendung als Arzneimittel bestimmt sind. Nach den Angaben auf der Verpackung ist der Misteltee der Klägerin in Teebeutel abgepackt, die jeweils 2,0 g Mistelkraut (viscum album L) enthalten, also getrocknete und gemahlene junge Zweige der Mistelpflanze mit Blättern, Blüten und Früchten. Nach den Angaben des BfArM ist die Darreichungsform in Teebeuteln à 2,0g bei den zugelassenen Arzneitees ebenso verbreitet wie die Darreichungsform als lose Ware. Der vom CVUA Karlsruhe zum Vergleich untersuchte „... Mistelkrauttee“, der über eine Zulassung als Arzneimittel nach § 109a AMG verfügt, weist die gleiche stoffliche Zusammensetzung auf und wird ebenfalls in Filterbeuteln a 2,0 g angeboten. Die Untersuchung der Proben durch das CVUA Karlsruhe ergab etwas geringere Füllmengen, wobei der Arzneitee „... Mistelkrauttee“ mit 1,96 g pro Teebeutel sogar noch etwas weniger Mistelkraut enthielt als das Produkt der Klägerin mit 1,97 g pro Teebeutel. Ob Mistelkraut in dieser Darreichungsform als Teebeutel mit etwas weniger als 2,0 g tatsächlich pharmakologische Wirkungen entfaltet oder nicht, kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, weil eine ganze Reihen anderer Produkte mit der gleichen stofflichen Zusammensetzung als traditionell angewandte Arzneimittel zugelassen und damit auch zur Verwendung als solche bestimmt sind.
27 
cc) Die Listung von Mistelkraut in der „Inventarliste Lebensmitteldrogen“ des Wirtschaftsverbandes Kräuter- und Früchtetee e.V. (WKF) führt noch nicht zu einer überwiegenden Verkehrsauffassung als Lebensmittel, weil es sich um eine Einordnung von Seiten der Hersteller handelt und nicht etwa um die Erwartung des Verbrauchers. In einer Anmerkung des WKF zu dieser Liste (DLR 2000, 172ff) wird ausgeführt, dass sie zur Einordnung von Inhaltsstoffen beitragen soll, die in Deutschland zumindest in der Ernährung noch keine oder kaum eine Rolle gespielt haben, und dass die Zweckbestimmung speziell bei Kräutertees von den Umständen abhängt, unter denen sie in Verkehr gebracht werden. Die Inventarliste wird in Fachkreisen kontrovers diskutiert, wobei eine Verkehrsauffassung für Mistelkrauttee als Lebensmittel teilweise ausdrücklich verneint wird (vgl. Gründig/Hey, DLR 2002, 35ff; Streit, internistische praxis 41 [2001], 449-462; a.A. etwa Schneider, DLR 2002, 125ff). Andererseits lässt sich aus den „Leitsätzen für Tee, teeähnliche Erzeugnisse, deren Extrakte und Zubereitungen“ vom 02.12.1998 (BAnz. Nr. 66a vom 09.04.1999) kein Umkehrschluss ziehen, wie der Beklagte es tut. Die Leitsätze enthalten unter II. nur besondere Beurteilungsmerkmale für einige übliche teeähnliche Erzeugnisse, aber keine abschließende Aufzählung aller üblichen teeähnlichen Erzeugnisse.
28 
dd) Die Aufmachung und Verpackung, mit der die Klägerin das Produkt auf den Markt bringt, ermöglicht keine klare Zuordnung des Produkts: Die Abbildung auf der Verpackung zeigt eine Mistelpflanze mit Blättern und Beeren und unterscheidet sich insoweit nicht von dem zum Vergleich herangezogenen Arzneitee „... Mistelkrauttee“. Die Angabe „verwendbar bis“ als Verfallsdatum stellt einen Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Kennzeichnungsvorschriften dar (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 7 Abs. 2 Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung - LMKV), entspricht aber ebenso wie die Verwendung einer Chargenbezeichnung (Ch.-B.) der für Fertigarzneimittel vorgeschriebenen Kennzeichnung (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 9 AMG). Daraus alleine ergibt sich allerdings noch keine Aussage über einen Verwendungszweck als Arzneimittel, zumal sich beide Angaben nur ganz untergeordnet auf der Unterseite der Verpackung bzw. auf der Umhüllung der Teebeutel in der Umverpackung wiederfinden. Die Anpreisung „wohlschmeckend und aromatisch mit arttypischer Note“ deutet wiederum auf eine Bestimmung zum Verzehr als Lebensmittel hin, ausdrückliche Hinweise auf kreislauffördernde oder -unterstützende Wirkungen enthält die Verpackung des Produkts nicht. Andererseits ist die aufgedruckte Dosierungsempfehlung, morgens und abends 1 Glas/ 1 Tasse zu trinken, bei einem wohlschmeckenden und aromatischen Lebens- oder Genussmittel nicht nachvollziehbar. Dass die Klägerin sich bereit erklärt hat, auf diese Empfehlung künftig zu verzichten, ist für die Entscheidung des Gerichts nicht maßgeblich, da sie jedenfalls zum Zeitpunkt der Entscheidung des Regierungspräsidiums verwendet wurde; auch die während des Klageverfahrens von der CVUA Karlsruhe erhobene Warenprobe enthält noch diesen Aufdruck. Die gleiche Dosierungsempfehlung und die gleichen Hinweise zur Zubereitung durch Ansetzen mit kaltem Wasser über mehrere Stunden hinweg finden sich z.B. auch in Fachbüchern über Heilpflanzen, die Misteltee als Hausmittel gegen leichte nervöse Herzstörungen empfehlen (vgl. Manfred Pahlow, Heilpflanzen, S. 233, 234, AS 46/47 der Gerichtsakte; ebenso DAB 1999, Monographie Mistelkraut, AS 120-122 der Gerichtsakte). Das Gericht geht deshalb davon aus, dass sich die aufgedruckten Dosierungsempfehlung an Personen richtet, denen diese Verwendungsmöglichkeit bekannt ist. Die Angabe „Aus der Natur – Für ihre Gesundheit“ dürfte sich nach der Anordnung auf der Verpackung sowohl allgemein auf die Klägerin als auch auf das konkrete Produkt beziehen, so dass es als gesundheitsfördernd angepriesen wird.
29 
ee) Der apothekenexklusive Vertrieb des Produkts, die Bezeichnung als „Apothekentee“, „Qualität aus ihrer Apotheke“ und der Aufdruck „Dieser Tee ist nur in Apotheken erhältlich“ weisen ebenfalls eher auf einen Verwendungszweck als Arzneimittel hin als auf ein wohlschmeckendes und aromatisches Lebensmittel. Soweit die Klägerin auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes verweist, wonach vom Vertrieb über Apotheken noch nicht auf eine Zweckbestimmung als Arzneimittel geschlossen werden könne (vgl. BGH, Urt.v. 10.02.2000, - I ZR 97/98 – „L-Carnitin“, GRUR 2000, 528-530; Urteil v. 11.07.2002, - I ZR 273/99 -, ZLR 2002, 660-666 m.w.N.), beziehen sich diese auf Nahrungsergänzungsmittel, die in § 25 Nr. 6 Apothekenbetriebsordnung i.d.F. vom 26.09.1995 (BGBl. I, 1195ff – ApBetrO) ausdrücklich als apothekenübliche Ware aufgeführt waren. Dazu gehörten auch Tee und teeähnliche Erzeugnisse, allerdings nur, soweit sie nicht überwiegend dazu bestimmt sind, zum Genuss verzehrt zu werden. Daraus folgt für das Gericht, dass die von der Klägerin angestrebte Einordnung ihres Mistelkrauttees als wohlschmeckendes und aromatisches Lebensmittel, das überwiegend zum Genuss bestimmt ist, und eine Einstufung als apothekenübliche Ware i.S.d. § 25 Nr. 6 ApBetrO a.F. sich gegenseitig ausschließen. Dies gilt umso mehr, nachdem § 25 ApBetrO durch das GKV-Modernisierungsgesetz (vom 14.11.2003, BGBl. I, 2190, - GMG) geändert wurde: Apothekenüblich sind nunmehr nach § 25 Nr. 2 ApBetrO n.F. Mittel, die der Gesundheit von Menschen mittelbar oder unmittelbar dienen oder diese fördern. Daraus folgt für das Gericht, dass für den Mistelkrauttee der Klägerin, der ausschließlich in Apotheken verkauft wird, eine überwiegende Zweckbestimmung bestehen muss, der Gesundheit zu dienen oder diese zu fördern. Ansonsten wäre der gewählte Vertriebsweg als exklusiver „Apothekentee“ weder nachvollziehbar noch rechtlich zulässig.
30 
Dies wird belegt durch die Ergebnisse einer Umfrage „Mistel in der Krebsmedizin und Beratungsapotheke“ (DAZ 2003, 67ff, AS 41-45 der Gerichtsakte.) Die Umfrage richtete sich an Apotheker und Apothekerinnen, also jenen Personenkreis, über den der Mistelkrauttee der Klägerin ausschließlich verkauft wird, der die Erwartungshaltung seiner Kunden kennt und der sie ggf. zum Verwendungszweck des Produkts beraten wird. Im Themenblock „Allgemeine Fragen zum Anwendungskontext der Mistel“ wurde unter C.1 die Frage gestellt, welcher Kategorie die Mistel zugeordnet wird. 40% der Befragten ordneten sie als Immunmodulator ein, 28% als anthroposophisches Heilmittel, 20% als klassisches Phytopräparat, 10% als Zytostatikum und lediglich 1% als unspezifisches Additivum. Die Verwendung als aromatisches und wohlschmeckendes Getränk wurde dagegen überhaupt nicht genannt. Daraus ist zu schließen, dass die Befragten keine Verbrauchererwartung oder besondere Nachfrage nach Mistelkrauttee als Lebensmittel mit besonderen geschmacklichen Eigenschaften registriert und ihre Kunden auch nicht in dieser Richtung beraten haben.
31 
ff) Schließlich ergibt sich auch aus den umfangreichen Publikationen und Internetrecherchen, die von den Beteiligten vorgelegt wurden, eine überwiegende Verkehrsauffassung, dass Mistelkrauttee zur Verwendung als Arzneimittel bestimmt ist. In den Sachverständigengutachten des CVUA Karlsruhe und des BfArM wird darauf hingewiesen, dass Misteltee in der Volksmedizin u.a. gegen Bluthochdruck, Schwindelgefühl, Blutandrang im Kopf, ausbleibende Menstruation, Gelenkerkrankungen, Epilepsie, Arteriosklerose empfohlen wird. Das ergibt sich auch aus den vom Beklagten vorgelegten Publikationen und Internetrecherchen (vgl. z.B. AS 53, 55, 56, 58, 60 der Gerichtsakte; ebenso Manfred Pahlow, Heilpflanzen, S. 233, 234, AS 46/47 der Gerichtsakte). Im Deutschen Arzneimittelbuch (DAB), das üblicherweise in Apotheken als Nachschlagewerk bereitgehalten wird, ist Mistelkraut ebenfalls als Teedroge zur unterstützenden Behandlung von milden Formen der Hypertonie und Bluthochdruck, bei Schwindelgefühl und Blutandrang zum Kopf aufgeführt; dabei wird allerdings betont, dass die Anwendung rein empirisch erfolgt und eine rationale Begründung bisher nicht vorliegt (vgl. Auszüge aus dem DAB 1999 und 2004, AS 120-122 und 132-134 der Gerichtsakte). Dies ergibt sich auch aus den Monografien der Kommission E „Visci albi stipites“ vom 03.05.1994 und „Visci albi herba“ vom 05.12.1984, auf die sich die Klägerin bezieht; dort wird ausgeführt, dass die blutdrucksenkenden Wirkungen und die therapeutische Wirksamkeit von Mistelkraut als Tee bei milden Formen der Hypertonie nicht belegt sind bzw. einer Überprüfung bedürfen. Ein solcher klinischer Wirksamkeitsnachweis ist für das Bestehen einer Verkehrsauffassung zum Verwendungszweck als Arzneimittel aber - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht erforderlich. Im Gegenteil war es anderen Herstellern sogar möglich, aufgrund dieser Verkehrsauffassung für Mistelkrauttee eine Zulassung als traditionell angewandtes Arzneimittel nach § 109a AMG zu erhalten, ohne dass ein klinischer Wirksamkeitsnachweis vorliegt. Die Anforderungen an die Wirksamkeit sind nach § 109a Abs. 3 Satz 1 und 2 AMG auch erfüllt, wenn das Mittel bestimmte Anwendungsgebiete beansprucht, die von einer eigens dafür berufenen Kommission unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Mittels und der tradierten und dokumentierten Erfahrung festgelegt werden. Für Mistelkrauttee ist in der Aufstellung dieser Anwendungsgebiete unter Nr. 257 ausgeführt (vgl. Anlage 3 zum Gutachten des BfArM, AS 123-125 der Gerichtsakte):
32 
„zur Unterstützung der Kreislauffunktion. Diese Angabe beruht ausschließlich auf Überlieferung und langjähriger Erfahrung.“
33 
Für das Gericht folgt aus dem Umstand, dass Mistelkrauttee aufgrund langjähriger Erfahrung und Überlieferung ein Anwendungsgebiet als Mittel zur Kreislaufunterstützung beansprucht, auch eine entsprechende langjährige und gefestigte Verkehrsauffassung. Nach der Überzeugung des Gerichts ist sie jedenfalls für das Produkt der Klägerin auch die überwiegende. Ob für die zahlreichen Mistelkrauttees anderer Anbieter, die in Lebensmittelmärkten, Teeläden oder in Internetshops verkauft werden, eine Verkehrserwartung als Lebensmittel besteht, kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, weil die Klägerin sich von diesen Tees bewusst und gezielt abgrenzt, indem sie ihren Mistelkrauttee als „Apothekentee“ ausschließlich in Apotheken in Verkehr bringt. Wie oben bereits ausgeführt, überwiegt jedenfalls dort die Verkehrserwartung, dass Mistelkrauttee nicht dem Genuss und der Ernährung, sondern der Gesundheit dient und damit zur Verwendung als Arzneimittel bestimmt ist.
34 
Nach alldem ist das Produkt der Klägerin als Arzneimittel anzusehen, das einer arzneimittelrechtlichen Zulassung bedarf, sie aber nicht besitzt.
35 
c) Ermessensfehler sind bei der Verfügung, mit der das Inverkehrbringen des Produktes bis zum Vorliegen einer arzneimittelrechtlichen Zulassung untersagt wird, nicht ersichtlich. Es ist auch nicht erkennbar, dass ein Rückruf oder eine Sicherstellung der Ware die Klägerin weniger belasten würde. Soweit das Regierungspräsidium fälschlicherweise von der Verwendung einer Chargenbezeichnung und des Aufdrucks „verwendbar bis...“ anstelle eines Mindesthaltbarkeitsdatums auf eine Einordnung als Arzneimittel geschlossen oder dies im Umkehrschluss aus den „Leitsätzen für Tee, teeähnliche Erzeugnisse, deren Extrakte und Zubereitungen“ gefolgert hat, handelt es sich um die Beurteilung des gesetzlichen Tatbestandes und nicht um Ermessenserwägungen zur Auswahl unter den in § 69 Abs. 1 genannten Maßnahmen.
36 
Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe gar nicht die Möglichkeit, für ihr Produkt eine Zulassung als Arzneimittel zu erlangen, weil die erforderlichen Wirksamkeitsnachweise nicht zu erbringen seien, ist darauf hinzuweisen, dass sie aus eigenem Entschluss im Jahr 1992 auf die Zulassung als Arzneimittel verzichtet hat. Damit hat die Klägerin damals darauf verzichtet, dieses Produkt als Arzneimittel in Verkehr zu bringen. Als im Jahr 1994 die Zulassung als traditionell angewandtes Arzneimittel nach § 109a AMG ermöglicht wurde, konnte sie davon nicht mehr profitieren, weil die fiktive Zulassung des Produkts nach § 105 AMG bereits erloschen war. Im Rahmen eines neuen Antrags hätte die Klägerin möglicherweise schon damals eine Gleichbehandlung mit anderen Herstellern erreichen können, die ihren Antrag aufrechterhalten und eine Zulassung für Mistelkrauttee nach § 109a AMG erhalten hatten. Mit Inkrafttreten des 14. Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 29.08.2005 (verkündet am 05.09.2005, BGBl. I, 2570) wird jetzt auch ein vereinfachtes Verfahren zur Registrierung traditioneller pflanzlicher Arzneimittel eingeführt (vgl. § 39a - 39d AMG n.F.), das die Klägerin für ihren Mistelkrauttee ohne weiteres wahrnehmen kann. Dabei handelt es sich aber um Fragen, die im Rahmen der arzneimittelrechtlichen Zulassung zu klären sind; für die hier angefochtene Untersagungsverfügung, die lediglich das arzneimittelrechtliche Zulassungsverfahren sicherstellen soll, kommt es darauf nicht an.
37 
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Für die in § 109 Abs. 3 genannten Arzneimittel sowie für Arzneimittel, die nicht verschreibungspflichtig und nicht durch eine Rechtsverordnung auf Grund des § 45 oder des § 46 wegen ihrer Inhaltsstoffe, wegen ihrer Darreichungsform oder weil sie chemische Verbindungen mit bestimmten pharmakologischen Wirkungen sind oder ihnen solche zugesetzt sind, vom Verkehr außerhalb der Apotheken ausgeschlossen sind, kann die Verlängerung der Zulassung nach § 105 Abs. 3 und sodann nach § 31 nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 erteilt werden.

(2) Die Anforderungen an die erforderliche Qualität sind erfüllt, wenn die Unterlagen nach § 22 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 sowie das analytische Gutachten nach § 24 Abs. 1 vorliegen und von Seiten des pharmazeutischen Unternehmers eidesstattlich versichert wird, dass das Arzneimittel nach Maßgabe der allgemeinen Verwaltungsvorschrift nach § 26 geprüft ist und die erforderliche pharmazeutische Qualität aufweist. Form und Inhalt der eidesstattlichen Versicherung werden durch die zuständige Bundesoberbehörde festgelegt.

(3) Die Anforderungen an die Wirksamkeit sind erfüllt, wenn das Arzneimittel Anwendungsgebiete beansprucht, die in einer von der zuständigen Bundesoberbehörde nach Anhörung von einer vom Bundesministerium berufenen Kommission, für die § 25 Abs. 6 Satz 4 bis 6 entsprechende Anwendung findet, erstellten Aufstellung der Anwendungsgebiete für Stoffe oder Stoffkombinationen anerkannt sind. Diese Anwendungsgebiete werden unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Arzneimittel und der tradierten und dokumentierten Erfahrung festgelegt und erhalten den Zusatz: "Traditionell angewendet". Solche Anwendungsgebiete sind: "Zur Stärkung oder Kräftigung des ...", "Zur Besserung des Befindens ...", "Zur Unterstützung der Organfunktion des ...", "Zur Vorbeugung gegen ...", "Als mild wirkendes Arzneimittel bei ...". Anwendungsgebiete, die zur Folge haben, dass das Arzneimittel vom Verkehr außerhalb der Apotheken ausgeschlossen ist, dürfen nicht anerkannt werden.

(4) Die Absätze 1 bis 3 finden nur dann Anwendung, wenn Unterlagen nach § 105 Abs. 4a nicht eingereicht worden sind und der Antragsteller schriftlich erklärt, dass er eine Verlängerung der Zulassung nach § 105 Abs. 3 nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anstrebt.

(4a) Abweichend von Absatz 4 finden die Absätze 2 und 3 auf Arzneimittel nach Absatz 1 Anwendung, wenn die Verlängerung der Zulassung zu versagen wäre, weil ein nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachtes Ergebnis zum Nachweis der Wirksamkeit nicht mehr anerkannt werden kann.

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

 
Die Klägerin wendet sich gegen das Verbot, ihr Produkt „... Mistelkrauttee“ in Verkehr zu bringen.
Die Klägerin zeigte im Jahr 1978 beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) einen Mistelkrauttee als im Verkehr befindliches Arzneimittel an. Ein Nachzulassungsantrag wurde nicht mehr gestellt, die fiktive Zulassung als Arzneimittel wurde 1992 gelöscht.
Bei einer Probenentnahme in einer Apotheke in Dresden durch das dortige Lebensmittelüberwachungsamt wurde am 24.05.2002 festgestellt, dass die Klägerin Mistelkrauttee mit folgender Umverpackung in Verkehr bringt:
...
Die Landesuntersuchungsanstalt für Gesundheits- und Veterinärwesen Sachsen gab eine Stellungnahme ab, dass das Produkt als Arzneimittel einzustufen sei.
Die Klägerin wurde vom Regierungspräsidium Tübingen am 14.08.2003 zur Einstufung des Produkts als Arzneimittel angehört und teilte mit, das Produkt sei seit 01.01.1993 so im Handel und eindeutig als Lebensmittel deklariert. Misteltee sei als Lebensmittel einstufen, weil er keine andere Zweckbestimmung habe als zur Ernährung oder zum Genuss. In den Monografien der Kommission E „Visci albi herba“ vom 05.12.1984 und „Visci albi stipites“ vom 29.06.1994 sei eine pharmakologische Wirkung verneint worden. Eine Zulassung als Arzneimittel sei deswegen nicht möglich. Die später ermöglichte traditionelle Zulassung von Misteltee als Arzneimittel bestätige das, weil dabei nur Pflanzen berücksichtigt würden, die unbedenklich seien und deren therapeutische Wirksamkeit nicht belegt sei. Der Teeaufguss ergebe ein hellgrünes aromatisches Getränk. Mistelkraut sei in der Inventarliste Lebensmitteldrogen der Wirtschaftsvereinigung Kräuter- und Früchtetee (WKF) ohne Mengenbeschränkung aufgeführt, weil es keine Arzneimittel-Eigenschaften habe. Misteltee habe ernährungsphysiologisch wichtige Bestandteile (bis zu 4,7% wasserlösliche Polisacharide, bis zu 9,3% wasserlösliche Eiweiße, bis zu 20,3% Gesamteiweiß). Seine Verwendung als Lebensmittel habe eine alte Tradition; die Mistel sei früher als Viehfutter und in Notzeiten als Mistelmehl als Nahrungsmittel eingesetzt worden. In Dänemark sei Mistelkraut als Lebensmittel anerkannt. Es gebe verschiedene Pflanzen, die sowohl Lebensmittel als auch Arzneimittel sein könnten; die Auffassungen dazu seien momentan stark im Wandel begriffen. So könnten z.B. arzneiliche wirkende Drogen wie Pfefferminze, Kamille, Fenchel oder Brennnessel unstrittig auch als Lebensmittel eingesetzt werden, die Einteilung habe dann anhand der Aufmachung des Produkts zu erfolgen, die hier lebensmittelgemäß sei.
Das Regierungspräsidium Tübingen erließ am 07.05.2003 eine Anordnung, wonach (1.) das Produkt „... Misteltee“ ein Fertigarzneimittel sei. Mangels arzneimittelrechtlicher Zulassung sei es nicht verkehrsfähig. Das weitere Inverkehrbringen im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes (Bundesrepublik Deutschland) werde solange untersagt, bis eine arzneimittelrechtliche Zulassung vorliege. Für diese Entscheidung wurde (2.) eine Gebühr von 200,- EUR erhoben. Zur Begründung wurde ausgeführt, für die Einordnung als Arznei- oder Lebensmittel sei die überwiegende Zweckbestimmung entscheidend; maßgeblich sei dabei die allgemeine Verkehrsauffassung. Für Mistelkraut existiere keine gefestigte Verkehrsauffassung als Lebensmittel, sondern nur als Arzneimittel. Nach den maßgeblichen „Leitsätzen für Tee, teeähnliche Erzeugnisse, deren Extrakte und Zubereitungen“ gehöre Mistelkraut nicht zu den teeähnlichen Erzeugnissen. Dies ergebe sich auch aus Veröffentlichungen des Arbeitskreises Lebensmittelchemischer Sachverständiger der Länder und des Bundesinstituts für Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (ALS) und der Sachverständigen der Arzneimitteluntersuchungsstellen der Länder. Es seien zahlreiche Arzneimittel mit Mistelkraut auf dem Markt, darunter auch fünf Mistelkraut-Arzneitees. In der Volksmedizin werde Misteltee traditionell als Heilmittel bei Bluthochdruck, Schwindelanfällen und Arteriosklerose angewendet. Darüber hinaus seien parenteral angewandte Mistelpräparate in der Krebstherapie bekannt, insbesondere zur Immunstärkung. Die auf ein Arzneimittel gerichtete Verbrauchererwartung werde durch die Aufmachung des Produkts bestärkt, insbesondere durch
- die hervorgehobene Kennzeichnung in roter Schrift als „Apothekentee“,
- die Aussagen „Qualität aus Ihrer Apotheke“, „Dieser Tee ist nur in Apotheken erhältlich“, „Seit über 50 Jahren für Ihre Gesundheit“
- die Angabe „morgens und abends 1 Glas/Tasse Tee trinken“ im Sinne einer Dosierungsanleitung
10 
- die arzneimitteltypischen Angaben „verwendbar bis ...“ anstelle eines Mindesthaltbarkeitsdatums und einer Chargenbezeichnung (Ch.-B.) auf den Filterbeuteln oder deren Einzelverpackung.
11 
Auf die Monografien der Kommission E komme es nicht an, da es für die Definition eines Arzneimittels unerheblich sei, ob es tatsächlich eine therapeutische Wirkung entfalte. Es sei auch unerheblich, ob Mistelkraut in Dänemark als Lebensmittel zugelassen sei; insoweit liege keine komplette Harmonisierung der einschlägigen Rechtsvorschriften vor. Die Verwendung von Mistelmehl als Nahrungsmittel in Notzeiten liege mehrere Generationen zurück und präge die Verbrauchererwartung nicht mehr. Da es auf die überwiegende Verbrauchererwartung ankomme, sei es schließlich auch unerheblich, ob der Hersteller sein Produkt als Lebensmittel bezeichne. Die Anordnung wurde der Klägerin am 13.05.2003 zugestellt.
12 
Die Klägerin hat am 10.06.2003 beim Verwaltungsgericht Sigmaringen Klage erhoben. Sie hält die Anordnung des Regierungspräsidiums für rechtswidrig, weil ihr Mistelkrauttee als Lebensmittel einzustufen sei. Sie macht geltend, sie habe bereits 1992 auf eine Zulassung als Arzneimittel verzichtet, weil der erforderliche Wirksamkeitsnachweis nicht vorgelegen hätte; eine Zulassung als traditionell angewandtes Arzneimittel sei damals noch nicht möglich gewesen, sondern erst später eingeführt worden. Es sei auch eindeutig als Lebensmittel gekennzeichnet, auf der Umverpackung werde es als „wohlschmeckend und aromatisch mit arttypischer Note“ ausgelobt. Ein Produkt könne nur dann nicht als Lebensmittel eingestuft werden, wenn positiv festgestellt sei, dass es überwiegend zu anderen Zwecken als Ernährung und Genuss bestimmt sei. Sie macht geltend, es liege keine Verkehrsanschauung vor, wonach Mistelkraut per se als Arzneimittel einzustufen sei, sondern es sei auch eine allgemeine Verkehrsanschauung als Lebensmittel gegeben. Die Mistel habe eine alte Tradition als Lebensmittel und werde als u.a. als Zutat für Kräuterbrot und auch sonst als aromatisierendes Mittel in Lebensmitteln verwendet. Mistelkrauttee sei in den vergangenen zehn Jahren verstärkt als wohlschmeckender Kräutertee in das Bewusstsein der Verbraucher gelangt. Misteltees eigneten sich aufgrund ihres kräftigen, sehr aromatischen Geschmacks besonders als Durstlöscher. Zahlreiche andere Teehersteller und Versandhändler im Internet brächten ebenfalls Mistel als Bestandteil von Teemischungen oder reinen Misteltee als Lebensmittel in Verkehr. Für Naturheilkunde und Krebstherapie seien vor allem Blätter und Beeren der Mistel von Bedeutung; Mistelkrauttee bestehe jedoch aus getrockneten Zweigen der Mistel. Für die Verkehrsauffassung dürfe auch nicht alleine auf die Leitsätze der Deutschen Lebensmittelbuchkommission für Tee, teeähnliche Erzeugnisse, deren Extrakte und Zubereitungen abgestellt werden; diese stellten lediglich Beurteilungsmerkmale für übliche teeähnliche Erzeugnisse auf, schlössen aber nicht aus, dass andere Produkte ebenfalls als teeähnliche Erzeugnisse zu qualifizieren seien. Es müssten z.B. auch die Richtlinien des Bundes für Lebensmittelrecht und Lebensmittelkunde oder einzelner Verbände der Lebensmittelwirtschaft, Handelsbräuche, Rezepte aus Kochbüchern, Gutachten von Sachverständigen der Lebensmittelaufsichtsbehörden, aber auch Verbraucherumfragen herangezogen werden. Ein durchschnittlich informiertes, aufmerksames und verständiges Publikum werde bei der Beurteilung eines Produktes eher fundierte wissenschaftliche und pharmazeutische Erkenntnisse zugrunde legen als Veröffentlichungen in den Print- und Massenmedien und im Internet. Dadurch komme der Listung in der „Inventarliste Lebensmitteldrogen“ der Wirtschaftsvereinigung Kräuter- und Früchtetee Bedeutung zu, nach der Mistelkraut sowohl als Heilpflanze als auch als Genussmittel eingesetzt werden könne. Gerade im Bereich der traditionellen Arzneimittel gemäß § 109a AMG sei eine Reihe von Produkten auf dem Markt, die auch im Bereich der Lebensmittel liegen könnten, z.B. Holunderblüten, Lindenblüten, Kamillenblüten, Thymiankraut, Melissenblätter, Pfefferminzblätter, Fenchel. Die angesprochenen Verkehrskreise könnten hier nur anhand der konkreten Produktaufmachung und der Darreichungsform entscheiden, ob das Erzeugnis der Ernährung, dem Genuss oder als Arzneimittel diene. Es müsse dann letztlich dem Inverkehrbringer überlassen bleiben, ob er das Produkt als Lebens- oder Arzneimittel in Verkehr bringen möchte. Der ausschließliche Vertrieb über Apotheken und die Hinweise auf die Apotheke auf der Verpackung seien nicht Bestandteil der Verkehrsbezeichnung „... Misteltee“. Sie könnten nicht zur Qualifikation als Arzneimittel führen, weil in Apotheken auch Lebensmittel veräußert werden dürften. Der übrige Text kennzeichne das Produkt als Lebensmittel, insbesondere werde auf den Geschmack hingewiesen. Auf die Empfehlung, „morgens und abends 1 Glas/Tasse Tee trinken“ könne in Zukunft verzichtet werden. Das Haltbarkeitsdatum werde auf aktuellen Verpackungen nicht mehr mit „verwendbar bis ...“ angegeben, sondern als Mindesthaltbarkeitsdatum. Die Bezeichnung auf den Filterbeuteln und Einzelverpackungen in der Umverpackung sei ein untergeordneter Kennzeichnungsmangel, der alsbald behoben werde. Es sei aber unverhältnismäßig, die Untersagung darauf zu stützen.
13 
Die Klägerin beantragt,
14 
den Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 7. Mai 2003 aufzuheben.
15 
Der Beklagte beantragt schriftsätzlich unter Bezugnahme auf die angefochtene Entscheidung,
16 
die Klage abzuweisen.
17 
Ergänzend macht er geltend, die Klägerin bringe ihren Mistelkrauttee über Apotheken in den Verkehr, was Einfluss auf die Verbraucherauffassung habe. Die Beratung in Apotheken trage auch selbst zur Formung der Verbraucherauffassung bei; dazu legt er die Auswertung einer Umfrage unter Apothekern vor („Mistel in der Krebsmedizin und Beratungsapotheke“, DAZ 2003, Heft 41, S. 67ff). Darüber hinaus werde die Verbrauchererwartung durch Darstellungen und Veröffentlichungen in Print- und anderen Massenmedien und im Internet mitbestimmt, wo häufig über die Mistel als Heilpflanze berichtet werde. Die Verbraucherauffassung sei außerdem durch eine lange Tradition der Verwendung der Mistel als Heilmittel geprägt. Es seien auch andere Produkte, etwa Dragees mit Bestandteilen der Mistel, in Verkehr, die mit pharmakologischen Wirkungen deklariert seien. Aus alledem ergebe sich, dass die Mistel an sich, unabhängig davon, welche Bestandteile der Pflanze verwendet würden, nach der maßgebenden Verbraucherauffassung nicht zur Ernährung oder zum Genuss, sondern für heilende Zwecke und damit arzneilich verwendet werde.
18 
Es ist Beweis erhoben worden durch Einholung von Sachverständigengutachten des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes Karlsruhe vom 19.04.2004 und des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 06.06.2005.
19 
Dem Gericht lagen die einschlägigen Akten des Regierungspräsidiums Tübingen vor, auf die wegen der weiteren Einzelheiten und des weiteren Vorbringens ebenso verwiesen wird wie auf die vorliegende Gerichtsakte.

Entscheidungsgründe

 
20 
1. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 07.05.2003 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
21 
a) Die angefochtene Verfügung, die der Klägerin das Inverkehrbringen des Erzeugnisses „... Mistelkrauttee“ bis zum Vorliegen einer arzneimittelrechtlichen Zulassung untersagt, hat ihre Rechtsgrundlage in § 69 Abs. 1 AMG in der zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides gültigen Fassung vom 11.12.1998 (BGBl. I S. 3586). Danach treffen die zuständigen Behörden die notwendigen Anordnungen zur Beseitigung festgestellter Verstöße gegen das Arzneimittelrecht und zur Verhütung bereits eingetretener Verstöße (Satz 1); insbesondere können sie das Inverkehrbringen untersagen, wenn eine erforderliche Zulassung als Arzneimittel nicht vorliegt (Satz 2 Nr. 1).
22 
Die Zulassungspflicht bestimmt sich nach § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG. Danach dürfen Fertigarzneimittel, die Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 AMG sind, nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind. Da das im Streit befindliche Präparat im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Verpackung in den Verkehr gebracht wird, handelt es sich nach § 4 Abs. 1 AMG um ein solches Fertigarzneimittel
23 
Das Regierungspräsidium Tübingen ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei dem von der Klägerin hergestellten und in Verkehr gebrachten Erzeugnis „... Mistelkrauttee“ um ein Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 AMG handelt, das einer Zulassung bedarf. Arzneimittel sind Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten, zu erkennen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG) oder die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelischer Zustände zu beeinflussen (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG). Keine Arzneimittel sind demgegenüber Lebensmittel im Sinne des § 1 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes – LMBG – (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG). Lebensmittel im Sinne des § 1 Abs. 1 LMBG sind Stoffe, die dazu bestimmt sind, von Menschen verzehrt zu werden; ausgenommen sind Stoffe, die überwiegend dazu bestimmt sind, zu anderen Zwecken als zur Ernährung oder zum Genuss verzehrt zu werden. Für die Einordnung eines Produkts als Arzneimittel (§ 2 AMG) oder als Lebensmittel (§ 1 LMBG) kommt es damit entscheidend darauf an, zu welchem Zweck der Mensch es zu sich nimmt, wozu es also „bestimmt ist“. Für die überwiegende Zweckbestimmung ist nicht der rechtliche Einstufungswille des Herstellers oder Vertreibers maßgeblich, sondern die allgemeine Verkehrsanschauung, d.h. wie sich der Verwendungszweck des Produkts für den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher darstellt. Objektive Kriterien dafür sind vor allem die Bezeichnung des Produkts, seine stoffliche Zusammensetzung, die Aufmachung, Darreichungsform und Verpackung des Produkts, Dosierungsempfehlungen und sonstige Angaben des Herstellers oder Vertreibers, Preisgestaltung, etwaige Werbeaussagen und die Art des Vertriebs. Die Verkehrsanschauung wird auch regelmäßig an eine etwa schon bestehende Auffassung über den Verwendungszweck vergleichbarer Mittel anknüpfen (vgl. BVerwG, Urteil v. 24.11.1994, - 3 C 23/93 -, BVerwGE 97, 132ff; Urteil v. 18.12.1997, - 3 C 46/96 -, BVerwGE 106, 90ff; BGH, Urt.v. 10.02.2000, - I ZR 97/98 – „L-Carnitin“, GRUR 2000, 528-530; Urteil v. 11.07.2002, - I ZR 273/99 -, ZLR 2002, 660-666; VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 14.05.1996, - 10 S 256/96 -, Urteil vom 15.01.1999 – 10 S 1797/97 -, OLG Frankfurt/Main, Urteil v. 11.12.1998, - 24 U 18/97 -, zitiert nach juris; vgl. zur Abgrenzung auch Streit, internistische praxis 41 (2001), 449-462). Die Vorstellung der Verbraucher von der Zweckbestimmung eines Produkts hinsichtlich seiner Inhaltsstoffe kann auch durch veröffentlichte Auffassungen der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaften beeinflusst werden. Die Bezeichnung eines Produkts als Lebensmittel auf der Verpackung bewirkt alleine noch nicht, dass es als Lebensmittel einzustufen ist, und umgekehrt sind weder die Darreichungsform noch die Verpackung noch der Vertrieb allein über Apotheken für sich genommen ein ausreichender Hinweis auf ein Arzneimittel, wenn es sich um apothekenübliche Ware handelt (vgl. BGH, Urt. v. 10.02.2000, a.a.O., 530). Bei Stoffen und Zubereitungen, die nach diesen Kriterien sowohl zu Ernährungs- oder Genusszwecken als auch zu therapeutischen Zwecken bestimmt sind, ist maßgeblich, welche Zweckbestimmung überwiegt. Überwiegt die Zweckbestimmung als Lebensmittel, ist damit eine Einordnung des Produktes (zugleich) als Arzneimittel ausgeschlossen, auch wenn es die Merkmale des Arzneimittelbegriffs in § 2 Abs. 1 AMG aufweist (BVerwG, Urt. v. 18.12.1997, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 15.01.1999, a.a.O.).
24 
b) Nach diesen Grundsätzen ist das Produkt „... Mistelkrauttee“, so wie es von der Klägerin in den Verkehr gebracht wird, nicht als Lebensmittel, sondern als Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 5 AMG einzuordnen. Diese Einschätzung beruht zunächst auf dem Sachverständigengutachten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 06.06.2005. Es bestehen auch keine Bedenken, das Gutachten des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes (CVUA) Karlsruhe vom 26.02.2004 mit Ergänzung vom 19.04.2004 heranzuziehen. Die Beamten des CVUA Karlsruhe sind zwar Beamte des Landes Baden-Württemberg, das in diesem Verfahren Beklagter ist. Es handelt sich aber nicht um eine Behörde, die dem Regierungspräsidium Tübingen nachgeordnet wäre, wie die Klägerin meint, sondern um eine Sonderbehörde, die aus dem hierarchischen Behördenaufbau ausgegliedert und nicht weisungsgebunden ist. Am bisherigen Verwaltungsverfahren gegen die Klägerin waren Beamte des CVUA Karlsruhe auch nicht federführend beteiligt (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 06.10.1998, - 3 B 35/08 -, NVwZ 1999, 184-186; Beschluss vom 30.12.1997, - 11 B 3/97 -, NVwZ 1998, 334 - 336 und VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.07.1997, - 9 S 1580/97 -, VBlBW 1998, 56-57). Außerdem beruht die Einschätzung des Gerichts auf den Angaben auf der Verpackung des Produkts und auf dem Umstand, dass die Klägerin es in ihrer Produktreihe „... Apothekentee“ ausschließlich in Apotheken verkauft, wo auch andere Mistelkrauttees mit identischen Inhaltsstoffen erhältlich sind, die über eine Zulassung als Arzneimittel gemäß § 109a AMG verfügen. Schließlich beruht die Einschätzung auch auf den umfangreichen Veröffentlichungen und Internetrecherchen, die dem Gericht während des Verfahrens vorgelegt wurden. Dabei handelt es sich - neben den verschiedenen Monografien der Kommission E zur Mistel, der Inventarliste Lebensmitteldrogen der Wirtschaftsvereinigung Kräuter- und Früchtetee und den Leitsätze für Tee und teeähnliche Erzeugnisse - vor allem um Veröffentlichungen zur Verwendung der Mistel in Fachbüchern und -zeitschriften und im Internet sowie um Ausdrucke aus dem Angebot diverser Internetanbieter an Mistelkrauttee und Kräuterteemischungen, die Mistelkraut enthalten. Dabei war allein der Verwendungszweck von Mistelkraut als Tee in den Blick zu nehmen; auf die Verkehrsauffassung zur Verwendung von Mistelextrakten als Injektion zur parenteralen Anwendung kommt es hier ebenso wenig an wie auf den die Bestimmung von Mistelmehl als Zutat von Kräuterbrot oder als Ersatznahrungsmittel in Notzeiten. Es ist auch nur der Verwendungszweck im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes maßgeblich, die Verkehrsauffassung und die Rechtslage in anderen europäischen Ländern wie Dänemark oder der Slowakei sind nicht entscheidungserheblich. Bei Anwendung der oben genannten Kriterien ergibt sich aus alldem für das Gericht, dass das streitige Produkt nach der allgemeinen Verkehrsauffassung in Deutschland überwiegend zur Verwendung als Arzneimittel bestimmt ist.
25 
aa) Allein die Bezeichnung des Produkts „... Misteltee“ lässt noch keinen Schluss auf eine überwiegende Zweckbestimmung als Lebensmittel zu. Einerseits werden Misteltee und Kräuterteemischungen mit dem Inhaltsstoff Mistelkraut als Lebensmittel angeboten, und zwar sowohl im Internethandel als auch im Lebensmittel-Einzelhandel und in Drogerien. Andererseits ergibt sich aus den Gutachten der CVUA Karlsruhe vom 26.02.2004 und des BfArM vom 06.06.2005, dass zahlreiche Produkte mit der Bezeichnung „Misteltee“ und „Mistelkrauttee“ über eine Zulassung als Arzneimittel nach § 109a AMG verfügen und mit den Hinweisen „traditionell angewendet“ und „zur Stärkung der Kreislauffunktion“ bzw. „kreislaufunterstützend“ als Arzneitee in Apotheken angeboten werden. Nach dem Gutachten des BfArM sind insgesamt 62 Mistelkrautpräparate in dieser Weise als Arzneimittel zugelassen, davon fünf Arzneitees aus reinem Mistelkraut.
26 
bb) Das Produkt der Klägerin unterscheidet sich in der stofflichen Zusammensetzung nicht von den oben genannten Mistelkrauttees, die über eine Zulassung als Arzneimittel nach § 109a AMG verfügen und damit eindeutig zur Verwendung als Arzneimittel bestimmt sind. Nach den Angaben auf der Verpackung ist der Misteltee der Klägerin in Teebeutel abgepackt, die jeweils 2,0 g Mistelkraut (viscum album L) enthalten, also getrocknete und gemahlene junge Zweige der Mistelpflanze mit Blättern, Blüten und Früchten. Nach den Angaben des BfArM ist die Darreichungsform in Teebeuteln à 2,0g bei den zugelassenen Arzneitees ebenso verbreitet wie die Darreichungsform als lose Ware. Der vom CVUA Karlsruhe zum Vergleich untersuchte „... Mistelkrauttee“, der über eine Zulassung als Arzneimittel nach § 109a AMG verfügt, weist die gleiche stoffliche Zusammensetzung auf und wird ebenfalls in Filterbeuteln a 2,0 g angeboten. Die Untersuchung der Proben durch das CVUA Karlsruhe ergab etwas geringere Füllmengen, wobei der Arzneitee „... Mistelkrauttee“ mit 1,96 g pro Teebeutel sogar noch etwas weniger Mistelkraut enthielt als das Produkt der Klägerin mit 1,97 g pro Teebeutel. Ob Mistelkraut in dieser Darreichungsform als Teebeutel mit etwas weniger als 2,0 g tatsächlich pharmakologische Wirkungen entfaltet oder nicht, kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, weil eine ganze Reihen anderer Produkte mit der gleichen stofflichen Zusammensetzung als traditionell angewandte Arzneimittel zugelassen und damit auch zur Verwendung als solche bestimmt sind.
27 
cc) Die Listung von Mistelkraut in der „Inventarliste Lebensmitteldrogen“ des Wirtschaftsverbandes Kräuter- und Früchtetee e.V. (WKF) führt noch nicht zu einer überwiegenden Verkehrsauffassung als Lebensmittel, weil es sich um eine Einordnung von Seiten der Hersteller handelt und nicht etwa um die Erwartung des Verbrauchers. In einer Anmerkung des WKF zu dieser Liste (DLR 2000, 172ff) wird ausgeführt, dass sie zur Einordnung von Inhaltsstoffen beitragen soll, die in Deutschland zumindest in der Ernährung noch keine oder kaum eine Rolle gespielt haben, und dass die Zweckbestimmung speziell bei Kräutertees von den Umständen abhängt, unter denen sie in Verkehr gebracht werden. Die Inventarliste wird in Fachkreisen kontrovers diskutiert, wobei eine Verkehrsauffassung für Mistelkrauttee als Lebensmittel teilweise ausdrücklich verneint wird (vgl. Gründig/Hey, DLR 2002, 35ff; Streit, internistische praxis 41 [2001], 449-462; a.A. etwa Schneider, DLR 2002, 125ff). Andererseits lässt sich aus den „Leitsätzen für Tee, teeähnliche Erzeugnisse, deren Extrakte und Zubereitungen“ vom 02.12.1998 (BAnz. Nr. 66a vom 09.04.1999) kein Umkehrschluss ziehen, wie der Beklagte es tut. Die Leitsätze enthalten unter II. nur besondere Beurteilungsmerkmale für einige übliche teeähnliche Erzeugnisse, aber keine abschließende Aufzählung aller üblichen teeähnlichen Erzeugnisse.
28 
dd) Die Aufmachung und Verpackung, mit der die Klägerin das Produkt auf den Markt bringt, ermöglicht keine klare Zuordnung des Produkts: Die Abbildung auf der Verpackung zeigt eine Mistelpflanze mit Blättern und Beeren und unterscheidet sich insoweit nicht von dem zum Vergleich herangezogenen Arzneitee „... Mistelkrauttee“. Die Angabe „verwendbar bis“ als Verfallsdatum stellt einen Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Kennzeichnungsvorschriften dar (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 7 Abs. 2 Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung - LMKV), entspricht aber ebenso wie die Verwendung einer Chargenbezeichnung (Ch.-B.) der für Fertigarzneimittel vorgeschriebenen Kennzeichnung (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 9 AMG). Daraus alleine ergibt sich allerdings noch keine Aussage über einen Verwendungszweck als Arzneimittel, zumal sich beide Angaben nur ganz untergeordnet auf der Unterseite der Verpackung bzw. auf der Umhüllung der Teebeutel in der Umverpackung wiederfinden. Die Anpreisung „wohlschmeckend und aromatisch mit arttypischer Note“ deutet wiederum auf eine Bestimmung zum Verzehr als Lebensmittel hin, ausdrückliche Hinweise auf kreislauffördernde oder -unterstützende Wirkungen enthält die Verpackung des Produkts nicht. Andererseits ist die aufgedruckte Dosierungsempfehlung, morgens und abends 1 Glas/ 1 Tasse zu trinken, bei einem wohlschmeckenden und aromatischen Lebens- oder Genussmittel nicht nachvollziehbar. Dass die Klägerin sich bereit erklärt hat, auf diese Empfehlung künftig zu verzichten, ist für die Entscheidung des Gerichts nicht maßgeblich, da sie jedenfalls zum Zeitpunkt der Entscheidung des Regierungspräsidiums verwendet wurde; auch die während des Klageverfahrens von der CVUA Karlsruhe erhobene Warenprobe enthält noch diesen Aufdruck. Die gleiche Dosierungsempfehlung und die gleichen Hinweise zur Zubereitung durch Ansetzen mit kaltem Wasser über mehrere Stunden hinweg finden sich z.B. auch in Fachbüchern über Heilpflanzen, die Misteltee als Hausmittel gegen leichte nervöse Herzstörungen empfehlen (vgl. Manfred Pahlow, Heilpflanzen, S. 233, 234, AS 46/47 der Gerichtsakte; ebenso DAB 1999, Monographie Mistelkraut, AS 120-122 der Gerichtsakte). Das Gericht geht deshalb davon aus, dass sich die aufgedruckten Dosierungsempfehlung an Personen richtet, denen diese Verwendungsmöglichkeit bekannt ist. Die Angabe „Aus der Natur – Für ihre Gesundheit“ dürfte sich nach der Anordnung auf der Verpackung sowohl allgemein auf die Klägerin als auch auf das konkrete Produkt beziehen, so dass es als gesundheitsfördernd angepriesen wird.
29 
ee) Der apothekenexklusive Vertrieb des Produkts, die Bezeichnung als „Apothekentee“, „Qualität aus ihrer Apotheke“ und der Aufdruck „Dieser Tee ist nur in Apotheken erhältlich“ weisen ebenfalls eher auf einen Verwendungszweck als Arzneimittel hin als auf ein wohlschmeckendes und aromatisches Lebensmittel. Soweit die Klägerin auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes verweist, wonach vom Vertrieb über Apotheken noch nicht auf eine Zweckbestimmung als Arzneimittel geschlossen werden könne (vgl. BGH, Urt.v. 10.02.2000, - I ZR 97/98 – „L-Carnitin“, GRUR 2000, 528-530; Urteil v. 11.07.2002, - I ZR 273/99 -, ZLR 2002, 660-666 m.w.N.), beziehen sich diese auf Nahrungsergänzungsmittel, die in § 25 Nr. 6 Apothekenbetriebsordnung i.d.F. vom 26.09.1995 (BGBl. I, 1195ff – ApBetrO) ausdrücklich als apothekenübliche Ware aufgeführt waren. Dazu gehörten auch Tee und teeähnliche Erzeugnisse, allerdings nur, soweit sie nicht überwiegend dazu bestimmt sind, zum Genuss verzehrt zu werden. Daraus folgt für das Gericht, dass die von der Klägerin angestrebte Einordnung ihres Mistelkrauttees als wohlschmeckendes und aromatisches Lebensmittel, das überwiegend zum Genuss bestimmt ist, und eine Einstufung als apothekenübliche Ware i.S.d. § 25 Nr. 6 ApBetrO a.F. sich gegenseitig ausschließen. Dies gilt umso mehr, nachdem § 25 ApBetrO durch das GKV-Modernisierungsgesetz (vom 14.11.2003, BGBl. I, 2190, - GMG) geändert wurde: Apothekenüblich sind nunmehr nach § 25 Nr. 2 ApBetrO n.F. Mittel, die der Gesundheit von Menschen mittelbar oder unmittelbar dienen oder diese fördern. Daraus folgt für das Gericht, dass für den Mistelkrauttee der Klägerin, der ausschließlich in Apotheken verkauft wird, eine überwiegende Zweckbestimmung bestehen muss, der Gesundheit zu dienen oder diese zu fördern. Ansonsten wäre der gewählte Vertriebsweg als exklusiver „Apothekentee“ weder nachvollziehbar noch rechtlich zulässig.
30 
Dies wird belegt durch die Ergebnisse einer Umfrage „Mistel in der Krebsmedizin und Beratungsapotheke“ (DAZ 2003, 67ff, AS 41-45 der Gerichtsakte.) Die Umfrage richtete sich an Apotheker und Apothekerinnen, also jenen Personenkreis, über den der Mistelkrauttee der Klägerin ausschließlich verkauft wird, der die Erwartungshaltung seiner Kunden kennt und der sie ggf. zum Verwendungszweck des Produkts beraten wird. Im Themenblock „Allgemeine Fragen zum Anwendungskontext der Mistel“ wurde unter C.1 die Frage gestellt, welcher Kategorie die Mistel zugeordnet wird. 40% der Befragten ordneten sie als Immunmodulator ein, 28% als anthroposophisches Heilmittel, 20% als klassisches Phytopräparat, 10% als Zytostatikum und lediglich 1% als unspezifisches Additivum. Die Verwendung als aromatisches und wohlschmeckendes Getränk wurde dagegen überhaupt nicht genannt. Daraus ist zu schließen, dass die Befragten keine Verbrauchererwartung oder besondere Nachfrage nach Mistelkrauttee als Lebensmittel mit besonderen geschmacklichen Eigenschaften registriert und ihre Kunden auch nicht in dieser Richtung beraten haben.
31 
ff) Schließlich ergibt sich auch aus den umfangreichen Publikationen und Internetrecherchen, die von den Beteiligten vorgelegt wurden, eine überwiegende Verkehrsauffassung, dass Mistelkrauttee zur Verwendung als Arzneimittel bestimmt ist. In den Sachverständigengutachten des CVUA Karlsruhe und des BfArM wird darauf hingewiesen, dass Misteltee in der Volksmedizin u.a. gegen Bluthochdruck, Schwindelgefühl, Blutandrang im Kopf, ausbleibende Menstruation, Gelenkerkrankungen, Epilepsie, Arteriosklerose empfohlen wird. Das ergibt sich auch aus den vom Beklagten vorgelegten Publikationen und Internetrecherchen (vgl. z.B. AS 53, 55, 56, 58, 60 der Gerichtsakte; ebenso Manfred Pahlow, Heilpflanzen, S. 233, 234, AS 46/47 der Gerichtsakte). Im Deutschen Arzneimittelbuch (DAB), das üblicherweise in Apotheken als Nachschlagewerk bereitgehalten wird, ist Mistelkraut ebenfalls als Teedroge zur unterstützenden Behandlung von milden Formen der Hypertonie und Bluthochdruck, bei Schwindelgefühl und Blutandrang zum Kopf aufgeführt; dabei wird allerdings betont, dass die Anwendung rein empirisch erfolgt und eine rationale Begründung bisher nicht vorliegt (vgl. Auszüge aus dem DAB 1999 und 2004, AS 120-122 und 132-134 der Gerichtsakte). Dies ergibt sich auch aus den Monografien der Kommission E „Visci albi stipites“ vom 03.05.1994 und „Visci albi herba“ vom 05.12.1984, auf die sich die Klägerin bezieht; dort wird ausgeführt, dass die blutdrucksenkenden Wirkungen und die therapeutische Wirksamkeit von Mistelkraut als Tee bei milden Formen der Hypertonie nicht belegt sind bzw. einer Überprüfung bedürfen. Ein solcher klinischer Wirksamkeitsnachweis ist für das Bestehen einer Verkehrsauffassung zum Verwendungszweck als Arzneimittel aber - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht erforderlich. Im Gegenteil war es anderen Herstellern sogar möglich, aufgrund dieser Verkehrsauffassung für Mistelkrauttee eine Zulassung als traditionell angewandtes Arzneimittel nach § 109a AMG zu erhalten, ohne dass ein klinischer Wirksamkeitsnachweis vorliegt. Die Anforderungen an die Wirksamkeit sind nach § 109a Abs. 3 Satz 1 und 2 AMG auch erfüllt, wenn das Mittel bestimmte Anwendungsgebiete beansprucht, die von einer eigens dafür berufenen Kommission unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Mittels und der tradierten und dokumentierten Erfahrung festgelegt werden. Für Mistelkrauttee ist in der Aufstellung dieser Anwendungsgebiete unter Nr. 257 ausgeführt (vgl. Anlage 3 zum Gutachten des BfArM, AS 123-125 der Gerichtsakte):
32 
„zur Unterstützung der Kreislauffunktion. Diese Angabe beruht ausschließlich auf Überlieferung und langjähriger Erfahrung.“
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Für das Gericht folgt aus dem Umstand, dass Mistelkrauttee aufgrund langjähriger Erfahrung und Überlieferung ein Anwendungsgebiet als Mittel zur Kreislaufunterstützung beansprucht, auch eine entsprechende langjährige und gefestigte Verkehrsauffassung. Nach der Überzeugung des Gerichts ist sie jedenfalls für das Produkt der Klägerin auch die überwiegende. Ob für die zahlreichen Mistelkrauttees anderer Anbieter, die in Lebensmittelmärkten, Teeläden oder in Internetshops verkauft werden, eine Verkehrserwartung als Lebensmittel besteht, kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, weil die Klägerin sich von diesen Tees bewusst und gezielt abgrenzt, indem sie ihren Mistelkrauttee als „Apothekentee“ ausschließlich in Apotheken in Verkehr bringt. Wie oben bereits ausgeführt, überwiegt jedenfalls dort die Verkehrserwartung, dass Mistelkrauttee nicht dem Genuss und der Ernährung, sondern der Gesundheit dient und damit zur Verwendung als Arzneimittel bestimmt ist.
34 
Nach alldem ist das Produkt der Klägerin als Arzneimittel anzusehen, das einer arzneimittelrechtlichen Zulassung bedarf, sie aber nicht besitzt.
35 
c) Ermessensfehler sind bei der Verfügung, mit der das Inverkehrbringen des Produktes bis zum Vorliegen einer arzneimittelrechtlichen Zulassung untersagt wird, nicht ersichtlich. Es ist auch nicht erkennbar, dass ein Rückruf oder eine Sicherstellung der Ware die Klägerin weniger belasten würde. Soweit das Regierungspräsidium fälschlicherweise von der Verwendung einer Chargenbezeichnung und des Aufdrucks „verwendbar bis...“ anstelle eines Mindesthaltbarkeitsdatums auf eine Einordnung als Arzneimittel geschlossen oder dies im Umkehrschluss aus den „Leitsätzen für Tee, teeähnliche Erzeugnisse, deren Extrakte und Zubereitungen“ gefolgert hat, handelt es sich um die Beurteilung des gesetzlichen Tatbestandes und nicht um Ermessenserwägungen zur Auswahl unter den in § 69 Abs. 1 genannten Maßnahmen.
36 
Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe gar nicht die Möglichkeit, für ihr Produkt eine Zulassung als Arzneimittel zu erlangen, weil die erforderlichen Wirksamkeitsnachweise nicht zu erbringen seien, ist darauf hinzuweisen, dass sie aus eigenem Entschluss im Jahr 1992 auf die Zulassung als Arzneimittel verzichtet hat. Damit hat die Klägerin damals darauf verzichtet, dieses Produkt als Arzneimittel in Verkehr zu bringen. Als im Jahr 1994 die Zulassung als traditionell angewandtes Arzneimittel nach § 109a AMG ermöglicht wurde, konnte sie davon nicht mehr profitieren, weil die fiktive Zulassung des Produkts nach § 105 AMG bereits erloschen war. Im Rahmen eines neuen Antrags hätte die Klägerin möglicherweise schon damals eine Gleichbehandlung mit anderen Herstellern erreichen können, die ihren Antrag aufrechterhalten und eine Zulassung für Mistelkrauttee nach § 109a AMG erhalten hatten. Mit Inkrafttreten des 14. Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 29.08.2005 (verkündet am 05.09.2005, BGBl. I, 2570) wird jetzt auch ein vereinfachtes Verfahren zur Registrierung traditioneller pflanzlicher Arzneimittel eingeführt (vgl. § 39a - 39d AMG n.F.), das die Klägerin für ihren Mistelkrauttee ohne weiteres wahrnehmen kann. Dabei handelt es sich aber um Fragen, die im Rahmen der arzneimittelrechtlichen Zulassung zu klären sind; für die hier angefochtene Untersagungsverfügung, die lediglich das arzneimittelrechtliche Zulassungsverfahren sicherstellen soll, kommt es darauf nicht an.
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2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
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1. Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet. Der angefochtene Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 07.05.2003 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
21 
a) Die angefochtene Verfügung, die der Klägerin das Inverkehrbringen des Erzeugnisses „... Mistelkrauttee“ bis zum Vorliegen einer arzneimittelrechtlichen Zulassung untersagt, hat ihre Rechtsgrundlage in § 69 Abs. 1 AMG in der zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides gültigen Fassung vom 11.12.1998 (BGBl. I S. 3586). Danach treffen die zuständigen Behörden die notwendigen Anordnungen zur Beseitigung festgestellter Verstöße gegen das Arzneimittelrecht und zur Verhütung bereits eingetretener Verstöße (Satz 1); insbesondere können sie das Inverkehrbringen untersagen, wenn eine erforderliche Zulassung als Arzneimittel nicht vorliegt (Satz 2 Nr. 1).
22 
Die Zulassungspflicht bestimmt sich nach § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG. Danach dürfen Fertigarzneimittel, die Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 AMG sind, nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind. Da das im Streit befindliche Präparat im Voraus hergestellt und in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Verpackung in den Verkehr gebracht wird, handelt es sich nach § 4 Abs. 1 AMG um ein solches Fertigarzneimittel
23 
Das Regierungspräsidium Tübingen ist im Ergebnis zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei dem von der Klägerin hergestellten und in Verkehr gebrachten Erzeugnis „... Mistelkrauttee“ um ein Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 AMG handelt, das einer Zulassung bedarf. Arzneimittel sind Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am oder im menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten, zu erkennen (§ 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG) oder die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers oder seelischer Zustände zu beeinflussen (§ 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG). Keine Arzneimittel sind demgegenüber Lebensmittel im Sinne des § 1 des Lebensmittel- und Bedarfsgegenständegesetzes – LMBG – (§ 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG). Lebensmittel im Sinne des § 1 Abs. 1 LMBG sind Stoffe, die dazu bestimmt sind, von Menschen verzehrt zu werden; ausgenommen sind Stoffe, die überwiegend dazu bestimmt sind, zu anderen Zwecken als zur Ernährung oder zum Genuss verzehrt zu werden. Für die Einordnung eines Produkts als Arzneimittel (§ 2 AMG) oder als Lebensmittel (§ 1 LMBG) kommt es damit entscheidend darauf an, zu welchem Zweck der Mensch es zu sich nimmt, wozu es also „bestimmt ist“. Für die überwiegende Zweckbestimmung ist nicht der rechtliche Einstufungswille des Herstellers oder Vertreibers maßgeblich, sondern die allgemeine Verkehrsanschauung, d.h. wie sich der Verwendungszweck des Produkts für den durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher darstellt. Objektive Kriterien dafür sind vor allem die Bezeichnung des Produkts, seine stoffliche Zusammensetzung, die Aufmachung, Darreichungsform und Verpackung des Produkts, Dosierungsempfehlungen und sonstige Angaben des Herstellers oder Vertreibers, Preisgestaltung, etwaige Werbeaussagen und die Art des Vertriebs. Die Verkehrsanschauung wird auch regelmäßig an eine etwa schon bestehende Auffassung über den Verwendungszweck vergleichbarer Mittel anknüpfen (vgl. BVerwG, Urteil v. 24.11.1994, - 3 C 23/93 -, BVerwGE 97, 132ff; Urteil v. 18.12.1997, - 3 C 46/96 -, BVerwGE 106, 90ff; BGH, Urt.v. 10.02.2000, - I ZR 97/98 – „L-Carnitin“, GRUR 2000, 528-530; Urteil v. 11.07.2002, - I ZR 273/99 -, ZLR 2002, 660-666; VGH Baden-Württemberg, Beschluss v. 14.05.1996, - 10 S 256/96 -, Urteil vom 15.01.1999 – 10 S 1797/97 -, OLG Frankfurt/Main, Urteil v. 11.12.1998, - 24 U 18/97 -, zitiert nach juris; vgl. zur Abgrenzung auch Streit, internistische praxis 41 (2001), 449-462). Die Vorstellung der Verbraucher von der Zweckbestimmung eines Produkts hinsichtlich seiner Inhaltsstoffe kann auch durch veröffentlichte Auffassungen der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaften beeinflusst werden. Die Bezeichnung eines Produkts als Lebensmittel auf der Verpackung bewirkt alleine noch nicht, dass es als Lebensmittel einzustufen ist, und umgekehrt sind weder die Darreichungsform noch die Verpackung noch der Vertrieb allein über Apotheken für sich genommen ein ausreichender Hinweis auf ein Arzneimittel, wenn es sich um apothekenübliche Ware handelt (vgl. BGH, Urt. v. 10.02.2000, a.a.O., 530). Bei Stoffen und Zubereitungen, die nach diesen Kriterien sowohl zu Ernährungs- oder Genusszwecken als auch zu therapeutischen Zwecken bestimmt sind, ist maßgeblich, welche Zweckbestimmung überwiegt. Überwiegt die Zweckbestimmung als Lebensmittel, ist damit eine Einordnung des Produktes (zugleich) als Arzneimittel ausgeschlossen, auch wenn es die Merkmale des Arzneimittelbegriffs in § 2 Abs. 1 AMG aufweist (BVerwG, Urt. v. 18.12.1997, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urt. v. 15.01.1999, a.a.O.).
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b) Nach diesen Grundsätzen ist das Produkt „... Mistelkrauttee“, so wie es von der Klägerin in den Verkehr gebracht wird, nicht als Lebensmittel, sondern als Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 1 und 5 AMG einzuordnen. Diese Einschätzung beruht zunächst auf dem Sachverständigengutachten des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) vom 06.06.2005. Es bestehen auch keine Bedenken, das Gutachten des Chemischen und Veterinäruntersuchungsamtes (CVUA) Karlsruhe vom 26.02.2004 mit Ergänzung vom 19.04.2004 heranzuziehen. Die Beamten des CVUA Karlsruhe sind zwar Beamte des Landes Baden-Württemberg, das in diesem Verfahren Beklagter ist. Es handelt sich aber nicht um eine Behörde, die dem Regierungspräsidium Tübingen nachgeordnet wäre, wie die Klägerin meint, sondern um eine Sonderbehörde, die aus dem hierarchischen Behördenaufbau ausgegliedert und nicht weisungsgebunden ist. Am bisherigen Verwaltungsverfahren gegen die Klägerin waren Beamte des CVUA Karlsruhe auch nicht federführend beteiligt (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 06.10.1998, - 3 B 35/08 -, NVwZ 1999, 184-186; Beschluss vom 30.12.1997, - 11 B 3/97 -, NVwZ 1998, 334 - 336 und VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21.07.1997, - 9 S 1580/97 -, VBlBW 1998, 56-57). Außerdem beruht die Einschätzung des Gerichts auf den Angaben auf der Verpackung des Produkts und auf dem Umstand, dass die Klägerin es in ihrer Produktreihe „... Apothekentee“ ausschließlich in Apotheken verkauft, wo auch andere Mistelkrauttees mit identischen Inhaltsstoffen erhältlich sind, die über eine Zulassung als Arzneimittel gemäß § 109a AMG verfügen. Schließlich beruht die Einschätzung auch auf den umfangreichen Veröffentlichungen und Internetrecherchen, die dem Gericht während des Verfahrens vorgelegt wurden. Dabei handelt es sich - neben den verschiedenen Monografien der Kommission E zur Mistel, der Inventarliste Lebensmitteldrogen der Wirtschaftsvereinigung Kräuter- und Früchtetee und den Leitsätze für Tee und teeähnliche Erzeugnisse - vor allem um Veröffentlichungen zur Verwendung der Mistel in Fachbüchern und -zeitschriften und im Internet sowie um Ausdrucke aus dem Angebot diverser Internetanbieter an Mistelkrauttee und Kräuterteemischungen, die Mistelkraut enthalten. Dabei war allein der Verwendungszweck von Mistelkraut als Tee in den Blick zu nehmen; auf die Verkehrsauffassung zur Verwendung von Mistelextrakten als Injektion zur parenteralen Anwendung kommt es hier ebenso wenig an wie auf den die Bestimmung von Mistelmehl als Zutat von Kräuterbrot oder als Ersatznahrungsmittel in Notzeiten. Es ist auch nur der Verwendungszweck im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes maßgeblich, die Verkehrsauffassung und die Rechtslage in anderen europäischen Ländern wie Dänemark oder der Slowakei sind nicht entscheidungserheblich. Bei Anwendung der oben genannten Kriterien ergibt sich aus alldem für das Gericht, dass das streitige Produkt nach der allgemeinen Verkehrsauffassung in Deutschland überwiegend zur Verwendung als Arzneimittel bestimmt ist.
25 
aa) Allein die Bezeichnung des Produkts „... Misteltee“ lässt noch keinen Schluss auf eine überwiegende Zweckbestimmung als Lebensmittel zu. Einerseits werden Misteltee und Kräuterteemischungen mit dem Inhaltsstoff Mistelkraut als Lebensmittel angeboten, und zwar sowohl im Internethandel als auch im Lebensmittel-Einzelhandel und in Drogerien. Andererseits ergibt sich aus den Gutachten der CVUA Karlsruhe vom 26.02.2004 und des BfArM vom 06.06.2005, dass zahlreiche Produkte mit der Bezeichnung „Misteltee“ und „Mistelkrauttee“ über eine Zulassung als Arzneimittel nach § 109a AMG verfügen und mit den Hinweisen „traditionell angewendet“ und „zur Stärkung der Kreislauffunktion“ bzw. „kreislaufunterstützend“ als Arzneitee in Apotheken angeboten werden. Nach dem Gutachten des BfArM sind insgesamt 62 Mistelkrautpräparate in dieser Weise als Arzneimittel zugelassen, davon fünf Arzneitees aus reinem Mistelkraut.
26 
bb) Das Produkt der Klägerin unterscheidet sich in der stofflichen Zusammensetzung nicht von den oben genannten Mistelkrauttees, die über eine Zulassung als Arzneimittel nach § 109a AMG verfügen und damit eindeutig zur Verwendung als Arzneimittel bestimmt sind. Nach den Angaben auf der Verpackung ist der Misteltee der Klägerin in Teebeutel abgepackt, die jeweils 2,0 g Mistelkraut (viscum album L) enthalten, also getrocknete und gemahlene junge Zweige der Mistelpflanze mit Blättern, Blüten und Früchten. Nach den Angaben des BfArM ist die Darreichungsform in Teebeuteln à 2,0g bei den zugelassenen Arzneitees ebenso verbreitet wie die Darreichungsform als lose Ware. Der vom CVUA Karlsruhe zum Vergleich untersuchte „... Mistelkrauttee“, der über eine Zulassung als Arzneimittel nach § 109a AMG verfügt, weist die gleiche stoffliche Zusammensetzung auf und wird ebenfalls in Filterbeuteln a 2,0 g angeboten. Die Untersuchung der Proben durch das CVUA Karlsruhe ergab etwas geringere Füllmengen, wobei der Arzneitee „... Mistelkrauttee“ mit 1,96 g pro Teebeutel sogar noch etwas weniger Mistelkraut enthielt als das Produkt der Klägerin mit 1,97 g pro Teebeutel. Ob Mistelkraut in dieser Darreichungsform als Teebeutel mit etwas weniger als 2,0 g tatsächlich pharmakologische Wirkungen entfaltet oder nicht, kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, weil eine ganze Reihen anderer Produkte mit der gleichen stofflichen Zusammensetzung als traditionell angewandte Arzneimittel zugelassen und damit auch zur Verwendung als solche bestimmt sind.
27 
cc) Die Listung von Mistelkraut in der „Inventarliste Lebensmitteldrogen“ des Wirtschaftsverbandes Kräuter- und Früchtetee e.V. (WKF) führt noch nicht zu einer überwiegenden Verkehrsauffassung als Lebensmittel, weil es sich um eine Einordnung von Seiten der Hersteller handelt und nicht etwa um die Erwartung des Verbrauchers. In einer Anmerkung des WKF zu dieser Liste (DLR 2000, 172ff) wird ausgeführt, dass sie zur Einordnung von Inhaltsstoffen beitragen soll, die in Deutschland zumindest in der Ernährung noch keine oder kaum eine Rolle gespielt haben, und dass die Zweckbestimmung speziell bei Kräutertees von den Umständen abhängt, unter denen sie in Verkehr gebracht werden. Die Inventarliste wird in Fachkreisen kontrovers diskutiert, wobei eine Verkehrsauffassung für Mistelkrauttee als Lebensmittel teilweise ausdrücklich verneint wird (vgl. Gründig/Hey, DLR 2002, 35ff; Streit, internistische praxis 41 [2001], 449-462; a.A. etwa Schneider, DLR 2002, 125ff). Andererseits lässt sich aus den „Leitsätzen für Tee, teeähnliche Erzeugnisse, deren Extrakte und Zubereitungen“ vom 02.12.1998 (BAnz. Nr. 66a vom 09.04.1999) kein Umkehrschluss ziehen, wie der Beklagte es tut. Die Leitsätze enthalten unter II. nur besondere Beurteilungsmerkmale für einige übliche teeähnliche Erzeugnisse, aber keine abschließende Aufzählung aller üblichen teeähnlichen Erzeugnisse.
28 
dd) Die Aufmachung und Verpackung, mit der die Klägerin das Produkt auf den Markt bringt, ermöglicht keine klare Zuordnung des Produkts: Die Abbildung auf der Verpackung zeigt eine Mistelpflanze mit Blättern und Beeren und unterscheidet sich insoweit nicht von dem zum Vergleich herangezogenen Arzneitee „... Mistelkrauttee“. Die Angabe „verwendbar bis“ als Verfallsdatum stellt einen Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Kennzeichnungsvorschriften dar (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 7 Abs. 2 Lebensmittel-Kennzeichnungsverordnung - LMKV), entspricht aber ebenso wie die Verwendung einer Chargenbezeichnung (Ch.-B.) der für Fertigarzneimittel vorgeschriebenen Kennzeichnung (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 9 AMG). Daraus alleine ergibt sich allerdings noch keine Aussage über einen Verwendungszweck als Arzneimittel, zumal sich beide Angaben nur ganz untergeordnet auf der Unterseite der Verpackung bzw. auf der Umhüllung der Teebeutel in der Umverpackung wiederfinden. Die Anpreisung „wohlschmeckend und aromatisch mit arttypischer Note“ deutet wiederum auf eine Bestimmung zum Verzehr als Lebensmittel hin, ausdrückliche Hinweise auf kreislauffördernde oder -unterstützende Wirkungen enthält die Verpackung des Produkts nicht. Andererseits ist die aufgedruckte Dosierungsempfehlung, morgens und abends 1 Glas/ 1 Tasse zu trinken, bei einem wohlschmeckenden und aromatischen Lebens- oder Genussmittel nicht nachvollziehbar. Dass die Klägerin sich bereit erklärt hat, auf diese Empfehlung künftig zu verzichten, ist für die Entscheidung des Gerichts nicht maßgeblich, da sie jedenfalls zum Zeitpunkt der Entscheidung des Regierungspräsidiums verwendet wurde; auch die während des Klageverfahrens von der CVUA Karlsruhe erhobene Warenprobe enthält noch diesen Aufdruck. Die gleiche Dosierungsempfehlung und die gleichen Hinweise zur Zubereitung durch Ansetzen mit kaltem Wasser über mehrere Stunden hinweg finden sich z.B. auch in Fachbüchern über Heilpflanzen, die Misteltee als Hausmittel gegen leichte nervöse Herzstörungen empfehlen (vgl. Manfred Pahlow, Heilpflanzen, S. 233, 234, AS 46/47 der Gerichtsakte; ebenso DAB 1999, Monographie Mistelkraut, AS 120-122 der Gerichtsakte). Das Gericht geht deshalb davon aus, dass sich die aufgedruckten Dosierungsempfehlung an Personen richtet, denen diese Verwendungsmöglichkeit bekannt ist. Die Angabe „Aus der Natur – Für ihre Gesundheit“ dürfte sich nach der Anordnung auf der Verpackung sowohl allgemein auf die Klägerin als auch auf das konkrete Produkt beziehen, so dass es als gesundheitsfördernd angepriesen wird.
29 
ee) Der apothekenexklusive Vertrieb des Produkts, die Bezeichnung als „Apothekentee“, „Qualität aus ihrer Apotheke“ und der Aufdruck „Dieser Tee ist nur in Apotheken erhältlich“ weisen ebenfalls eher auf einen Verwendungszweck als Arzneimittel hin als auf ein wohlschmeckendes und aromatisches Lebensmittel. Soweit die Klägerin auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes verweist, wonach vom Vertrieb über Apotheken noch nicht auf eine Zweckbestimmung als Arzneimittel geschlossen werden könne (vgl. BGH, Urt.v. 10.02.2000, - I ZR 97/98 – „L-Carnitin“, GRUR 2000, 528-530; Urteil v. 11.07.2002, - I ZR 273/99 -, ZLR 2002, 660-666 m.w.N.), beziehen sich diese auf Nahrungsergänzungsmittel, die in § 25 Nr. 6 Apothekenbetriebsordnung i.d.F. vom 26.09.1995 (BGBl. I, 1195ff – ApBetrO) ausdrücklich als apothekenübliche Ware aufgeführt waren. Dazu gehörten auch Tee und teeähnliche Erzeugnisse, allerdings nur, soweit sie nicht überwiegend dazu bestimmt sind, zum Genuss verzehrt zu werden. Daraus folgt für das Gericht, dass die von der Klägerin angestrebte Einordnung ihres Mistelkrauttees als wohlschmeckendes und aromatisches Lebensmittel, das überwiegend zum Genuss bestimmt ist, und eine Einstufung als apothekenübliche Ware i.S.d. § 25 Nr. 6 ApBetrO a.F. sich gegenseitig ausschließen. Dies gilt umso mehr, nachdem § 25 ApBetrO durch das GKV-Modernisierungsgesetz (vom 14.11.2003, BGBl. I, 2190, - GMG) geändert wurde: Apothekenüblich sind nunmehr nach § 25 Nr. 2 ApBetrO n.F. Mittel, die der Gesundheit von Menschen mittelbar oder unmittelbar dienen oder diese fördern. Daraus folgt für das Gericht, dass für den Mistelkrauttee der Klägerin, der ausschließlich in Apotheken verkauft wird, eine überwiegende Zweckbestimmung bestehen muss, der Gesundheit zu dienen oder diese zu fördern. Ansonsten wäre der gewählte Vertriebsweg als exklusiver „Apothekentee“ weder nachvollziehbar noch rechtlich zulässig.
30 
Dies wird belegt durch die Ergebnisse einer Umfrage „Mistel in der Krebsmedizin und Beratungsapotheke“ (DAZ 2003, 67ff, AS 41-45 der Gerichtsakte.) Die Umfrage richtete sich an Apotheker und Apothekerinnen, also jenen Personenkreis, über den der Mistelkrauttee der Klägerin ausschließlich verkauft wird, der die Erwartungshaltung seiner Kunden kennt und der sie ggf. zum Verwendungszweck des Produkts beraten wird. Im Themenblock „Allgemeine Fragen zum Anwendungskontext der Mistel“ wurde unter C.1 die Frage gestellt, welcher Kategorie die Mistel zugeordnet wird. 40% der Befragten ordneten sie als Immunmodulator ein, 28% als anthroposophisches Heilmittel, 20% als klassisches Phytopräparat, 10% als Zytostatikum und lediglich 1% als unspezifisches Additivum. Die Verwendung als aromatisches und wohlschmeckendes Getränk wurde dagegen überhaupt nicht genannt. Daraus ist zu schließen, dass die Befragten keine Verbrauchererwartung oder besondere Nachfrage nach Mistelkrauttee als Lebensmittel mit besonderen geschmacklichen Eigenschaften registriert und ihre Kunden auch nicht in dieser Richtung beraten haben.
31 
ff) Schließlich ergibt sich auch aus den umfangreichen Publikationen und Internetrecherchen, die von den Beteiligten vorgelegt wurden, eine überwiegende Verkehrsauffassung, dass Mistelkrauttee zur Verwendung als Arzneimittel bestimmt ist. In den Sachverständigengutachten des CVUA Karlsruhe und des BfArM wird darauf hingewiesen, dass Misteltee in der Volksmedizin u.a. gegen Bluthochdruck, Schwindelgefühl, Blutandrang im Kopf, ausbleibende Menstruation, Gelenkerkrankungen, Epilepsie, Arteriosklerose empfohlen wird. Das ergibt sich auch aus den vom Beklagten vorgelegten Publikationen und Internetrecherchen (vgl. z.B. AS 53, 55, 56, 58, 60 der Gerichtsakte; ebenso Manfred Pahlow, Heilpflanzen, S. 233, 234, AS 46/47 der Gerichtsakte). Im Deutschen Arzneimittelbuch (DAB), das üblicherweise in Apotheken als Nachschlagewerk bereitgehalten wird, ist Mistelkraut ebenfalls als Teedroge zur unterstützenden Behandlung von milden Formen der Hypertonie und Bluthochdruck, bei Schwindelgefühl und Blutandrang zum Kopf aufgeführt; dabei wird allerdings betont, dass die Anwendung rein empirisch erfolgt und eine rationale Begründung bisher nicht vorliegt (vgl. Auszüge aus dem DAB 1999 und 2004, AS 120-122 und 132-134 der Gerichtsakte). Dies ergibt sich auch aus den Monografien der Kommission E „Visci albi stipites“ vom 03.05.1994 und „Visci albi herba“ vom 05.12.1984, auf die sich die Klägerin bezieht; dort wird ausgeführt, dass die blutdrucksenkenden Wirkungen und die therapeutische Wirksamkeit von Mistelkraut als Tee bei milden Formen der Hypertonie nicht belegt sind bzw. einer Überprüfung bedürfen. Ein solcher klinischer Wirksamkeitsnachweis ist für das Bestehen einer Verkehrsauffassung zum Verwendungszweck als Arzneimittel aber - entgegen der Auffassung der Klägerin - nicht erforderlich. Im Gegenteil war es anderen Herstellern sogar möglich, aufgrund dieser Verkehrsauffassung für Mistelkrauttee eine Zulassung als traditionell angewandtes Arzneimittel nach § 109a AMG zu erhalten, ohne dass ein klinischer Wirksamkeitsnachweis vorliegt. Die Anforderungen an die Wirksamkeit sind nach § 109a Abs. 3 Satz 1 und 2 AMG auch erfüllt, wenn das Mittel bestimmte Anwendungsgebiete beansprucht, die von einer eigens dafür berufenen Kommission unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Mittels und der tradierten und dokumentierten Erfahrung festgelegt werden. Für Mistelkrauttee ist in der Aufstellung dieser Anwendungsgebiete unter Nr. 257 ausgeführt (vgl. Anlage 3 zum Gutachten des BfArM, AS 123-125 der Gerichtsakte):
32 
„zur Unterstützung der Kreislauffunktion. Diese Angabe beruht ausschließlich auf Überlieferung und langjähriger Erfahrung.“
33 
Für das Gericht folgt aus dem Umstand, dass Mistelkrauttee aufgrund langjähriger Erfahrung und Überlieferung ein Anwendungsgebiet als Mittel zur Kreislaufunterstützung beansprucht, auch eine entsprechende langjährige und gefestigte Verkehrsauffassung. Nach der Überzeugung des Gerichts ist sie jedenfalls für das Produkt der Klägerin auch die überwiegende. Ob für die zahlreichen Mistelkrauttees anderer Anbieter, die in Lebensmittelmärkten, Teeläden oder in Internetshops verkauft werden, eine Verkehrserwartung als Lebensmittel besteht, kann in diesem Zusammenhang offen bleiben, weil die Klägerin sich von diesen Tees bewusst und gezielt abgrenzt, indem sie ihren Mistelkrauttee als „Apothekentee“ ausschließlich in Apotheken in Verkehr bringt. Wie oben bereits ausgeführt, überwiegt jedenfalls dort die Verkehrserwartung, dass Mistelkrauttee nicht dem Genuss und der Ernährung, sondern der Gesundheit dient und damit zur Verwendung als Arzneimittel bestimmt ist.
34 
Nach alldem ist das Produkt der Klägerin als Arzneimittel anzusehen, das einer arzneimittelrechtlichen Zulassung bedarf, sie aber nicht besitzt.
35 
c) Ermessensfehler sind bei der Verfügung, mit der das Inverkehrbringen des Produktes bis zum Vorliegen einer arzneimittelrechtlichen Zulassung untersagt wird, nicht ersichtlich. Es ist auch nicht erkennbar, dass ein Rückruf oder eine Sicherstellung der Ware die Klägerin weniger belasten würde. Soweit das Regierungspräsidium fälschlicherweise von der Verwendung einer Chargenbezeichnung und des Aufdrucks „verwendbar bis...“ anstelle eines Mindesthaltbarkeitsdatums auf eine Einordnung als Arzneimittel geschlossen oder dies im Umkehrschluss aus den „Leitsätzen für Tee, teeähnliche Erzeugnisse, deren Extrakte und Zubereitungen“ gefolgert hat, handelt es sich um die Beurteilung des gesetzlichen Tatbestandes und nicht um Ermessenserwägungen zur Auswahl unter den in § 69 Abs. 1 genannten Maßnahmen.
36 
Soweit die Klägerin geltend macht, sie habe gar nicht die Möglichkeit, für ihr Produkt eine Zulassung als Arzneimittel zu erlangen, weil die erforderlichen Wirksamkeitsnachweise nicht zu erbringen seien, ist darauf hinzuweisen, dass sie aus eigenem Entschluss im Jahr 1992 auf die Zulassung als Arzneimittel verzichtet hat. Damit hat die Klägerin damals darauf verzichtet, dieses Produkt als Arzneimittel in Verkehr zu bringen. Als im Jahr 1994 die Zulassung als traditionell angewandtes Arzneimittel nach § 109a AMG ermöglicht wurde, konnte sie davon nicht mehr profitieren, weil die fiktive Zulassung des Produkts nach § 105 AMG bereits erloschen war. Im Rahmen eines neuen Antrags hätte die Klägerin möglicherweise schon damals eine Gleichbehandlung mit anderen Herstellern erreichen können, die ihren Antrag aufrechterhalten und eine Zulassung für Mistelkrauttee nach § 109a AMG erhalten hatten. Mit Inkrafttreten des 14. Gesetzes zur Änderung des Arzneimittelgesetzes vom 29.08.2005 (verkündet am 05.09.2005, BGBl. I, 2570) wird jetzt auch ein vereinfachtes Verfahren zur Registrierung traditioneller pflanzlicher Arzneimittel eingeführt (vgl. § 39a - 39d AMG n.F.), das die Klägerin für ihren Mistelkrauttee ohne weiteres wahrnehmen kann. Dabei handelt es sich aber um Fragen, die im Rahmen der arzneimittelrechtlichen Zulassung zu klären sind; für die hier angefochtene Untersagungsverfügung, die lediglich das arzneimittelrechtliche Zulassungsverfahren sicherstellen soll, kommt es darauf nicht an.
37 
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Die zuständigen Behörden treffen die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie können insbesondere das Inverkehrbringen von Arzneimitteln oder Wirkstoffen untersagen, deren Rückruf anordnen und diese sicherstellen, wenn

1.
die erforderliche Zulassung oder Registrierung für das Arzneimittel nicht vorliegt oder deren Ruhen angeordnet ist,
2.
das Arzneimittel oder der Wirkstoff nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt ist oder nicht die nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln angemessene Qualität aufweist,
2a.
der begründete Verdacht besteht, dass es sich um ein gefälschtes Arzneimittel oder einen gefälschten Wirkstoff handelt,
3.
dem Arzneimittel die therapeutische Wirksamkeit fehlt,
4.
der begründete Verdacht besteht, dass das Arzneimittel schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen,
5.
die vorgeschriebenen Qualitätskontrollen nicht durchgeführt sind,
6.
die erforderliche Erlaubnis für das Herstellen des Arzneimittels oder des Wirkstoffes oder das Verbringen in den Geltungsbereich des Gesetzes nicht vorliegt oder ein Grund zur Rücknahme oder zum Widerruf der Erlaubnis nach § 18 Abs. 1 gegeben ist oder
7.
die erforderliche Erlaubnis zum Betreiben eines Großhandels nach § 52a nicht vorliegt oder ein Grund für die Rücknahme oder den Widerruf der Erlaubnis nach § 52a Abs. 5 gegeben ist.

(1a) Bei Arzneimitteln, für die eine Genehmigung für das Inverkehrbringen oder Zulassung

1.
gemäß der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 oder
2.
im Verfahren der Anerkennung gemäß Kapitel 4 der Richtlinie 2001/83/EG oder
3.
auf Grund eines Gutachtens des Ausschusses gemäß Artikel 4 der Richtlinie 87/22/EWG vom 22. Dezember 1986 vor dem 1. Januar 1995
erteilt worden ist, unterrichtet die zuständige Bundesoberbehörde den Ausschuss für Humanarzneimittel über festgestellte Verstöße gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften nach Maßgabe der in den genannten Rechtsakten vorgesehenen Verfahren unter Angabe einer eingehenden Begründung und des vorgeschlagenen Vorgehens. Bei diesen Arzneimitteln können die zuständigen Behörden vor der Unterrichtung des Ausschusses nach Satz 1 die zur Beseitigung festgestellter und zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen treffen, sofern diese zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zum Schutz der Umwelt dringend erforderlich sind. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 unterrichten die zuständigen Behörden die Europäische Kommission und die anderen Mitgliedstaaten, in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 die Europäische Kommission und die Europäische Arzneimittel-Agentur über die zuständige Bundesoberbehörde spätestens am folgenden Arbeitstag über die Gründe dieser Maßnahmen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2, 2a und 4 kann auch die zuständige Bundesoberbehörde das Ruhen der Zulassung anordnen oder den Rückruf eines Arzneimittels anordnen, sofern ihr Tätigwerden zum Schutz der in Satz 2 genannten Rechtsgüter dringend erforderlich ist; in diesem Fall gilt Satz 3 entsprechend.

(1b) Bei anderen als den in Absatz 1a Satz 1 genannten Arzneimitteln kann die zuständige Bundesoberbehörde im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2, 2a und 4 den Rückruf eines Arzneimittels anordnen, sofern ihr Tätigwerden zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zum Schutz der Umwelt geboten ist. Erfolgt der Rückruf nach Satz 1 im Zusammenhang mit Maßnahmen nach den §§ 28, 30, 31 Absatz 4 Satz 2 oder nach § 32 Absatz 5, ist die Entscheidung der zuständigen Bundesoberbehörde sofort vollziehbar.

(2) Die zuständigen Behörden können das Sammeln von Arzneimitteln untersagen, wenn eine sachgerechte Lagerung der Arzneimittel nicht gewährleistet ist oder wenn der begründete Verdacht besteht, dass die gesammelten Arzneimittel mißbräuchlich verwendet werden. Gesammelte Arzneimittel können sichergestellt werden, wenn durch unzureichende Lagerung oder durch ihre Abgabe die menschliche Gesundheit gefährdet wird.

(2a) (weggefallen)

(3) Die zuständigen Behörden können Werbematerial sicherstellen, das den Vorschriften über den Verkehr mit Arzneimitteln und über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens nicht entspricht.

(4) Im Fall eines Rückrufs eines Arzneimittels nach Absatz 1a Satz 4 oder nach Absatz 1b Satz 1 kann auch eine öffentliche Warnung durch die zuständige Bundesoberbehörde erfolgen.

(5) Die zuständige Behörde kann im Benehmen mit der zuständigen Bundesoberbehörde bei einem Arzneimittel, dessen Abgabe untersagt wurde oder das aus dem Verkehr gezogen wurde, weil

1.
die Voraussetzungen für das Inverkehrbringen nicht oder nicht mehr vorliegen,
2.
das Arzneimittel nicht die angegebene Zusammensetzung nach Art und Menge aufweist oder
3.
die Kontrollen der Arzneimittel oder der Bestandteile und der Zwischenprodukte nicht durchgeführt worden sind oder ein anderes Erfordernis oder eine andere Voraussetzung für die Erteilung der Herstellungserlaubnis nicht erfüllt worden ist,
in Ausnahmefällen seine Abgabe an Patienten, die bereits mit diesem Arzneimittel behandelt werden, während einer Übergangszeit gestatten, wenn dies medizinisch vertretbar und für die betroffene Person angezeigt ist.

(1) Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt hat. Satz 1 gilt auch in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 1; L 201 vom 27.7.2012, S. 28), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 oder in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007.

(2) Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die

1.
auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind,
1a.
Arzneimittel sind, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehene Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne von § 4 Absatz 4,
1b.
andere als die in Nummer 1a genannten Arzneimittel sind und für Apotheken, denen für einen Patienten eine Verschreibung vorliegt, aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln
a)
als Zytostatikazubereitung oder für die parenterale Ernährung sowie in anderen medizinisch begründeten besonderen Bedarfsfällen, sofern es für die ausreichende Versorgung des Patienten erforderlich ist und kein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht, hergestellt werden oder
b)
als Blister aus unveränderten Arzneimitteln hergestellt werden oder
c)
in unveränderter Form abgefüllt werden,
1c.
antivirale oder antibakterielle Wirksamkeit haben und zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, aus Wirkstoffen hergestellt werden, die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen für diese Zwecke bevorratet wurden, soweit ihre Herstellung in einer Apotheke zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis oder zur Abgabe an andere Apotheken erfolgt,
1d.
Gewebezubereitungen sind, die der Pflicht zur Genehmigung nach den Vorschriften des § 21a Abs. 1 unterliegen,
1e.
Heilwässer, Bademoore oder andere Peloide sind, die nicht im Voraus hergestellt und nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden, oder die ausschließlich zur äußeren Anwendung oder zur Inhalation vor Ort bestimmt sind,
1f.
medizinische Gase sind und die für einzelne Personen aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln durch Abfüllen und Kennzeichnen in Unternehmen, die nach § 50 zum Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken befugt sind, hergestellt werden,
1g.
als Therapieallergene für einzelne Patienten auf Grund einer Rezeptur hergestellt werden,
2.
zur klinischen Prüfung bestimmt sind oder
3.
unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimittel; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung ist vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen. Für ein Fertigarzneimittel, das in Apotheken oder sonstigen Einzelhandelsbetrieben auf Grund einheitlicher Vorschriften hergestellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben wird, ist die Zulassung vom Herausgeber der Herstellungsvorschrift zu beantragen. Wird ein Fertigarzneimittel für mehrere Apotheken oder sonstige Einzelhandelsbetriebe hergestellt und soll es unter deren Namen und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben werden, so hat der Hersteller die Zulassung zu beantragen.

(4) Die zuständige Bundesoberbehörde entscheidet ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3 oder von einem Genehmigungsantrag nach § 21a Absatz 1 oder § 42 Absatz 2, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels, die Genehmigungspflicht einer Gewebezubereitung oder über die Genehmigungspflicht einer klinischen Prüfung. Dem Antrag hat die zuständige Landesbehörde eine begründete Stellungnahme zur Einstufung des Arzneimittels oder der klinischen Prüfung beizufügen.

(1) Die zuständigen Behörden treffen die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie können insbesondere das Inverkehrbringen von Arzneimitteln oder Wirkstoffen untersagen, deren Rückruf anordnen und diese sicherstellen, wenn

1.
die erforderliche Zulassung oder Registrierung für das Arzneimittel nicht vorliegt oder deren Ruhen angeordnet ist,
2.
das Arzneimittel oder der Wirkstoff nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt ist oder nicht die nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln angemessene Qualität aufweist,
2a.
der begründete Verdacht besteht, dass es sich um ein gefälschtes Arzneimittel oder einen gefälschten Wirkstoff handelt,
3.
dem Arzneimittel die therapeutische Wirksamkeit fehlt,
4.
der begründete Verdacht besteht, dass das Arzneimittel schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen,
5.
die vorgeschriebenen Qualitätskontrollen nicht durchgeführt sind,
6.
die erforderliche Erlaubnis für das Herstellen des Arzneimittels oder des Wirkstoffes oder das Verbringen in den Geltungsbereich des Gesetzes nicht vorliegt oder ein Grund zur Rücknahme oder zum Widerruf der Erlaubnis nach § 18 Abs. 1 gegeben ist oder
7.
die erforderliche Erlaubnis zum Betreiben eines Großhandels nach § 52a nicht vorliegt oder ein Grund für die Rücknahme oder den Widerruf der Erlaubnis nach § 52a Abs. 5 gegeben ist.

(1a) Bei Arzneimitteln, für die eine Genehmigung für das Inverkehrbringen oder Zulassung

1.
gemäß der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 oder
2.
im Verfahren der Anerkennung gemäß Kapitel 4 der Richtlinie 2001/83/EG oder
3.
auf Grund eines Gutachtens des Ausschusses gemäß Artikel 4 der Richtlinie 87/22/EWG vom 22. Dezember 1986 vor dem 1. Januar 1995
erteilt worden ist, unterrichtet die zuständige Bundesoberbehörde den Ausschuss für Humanarzneimittel über festgestellte Verstöße gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften nach Maßgabe der in den genannten Rechtsakten vorgesehenen Verfahren unter Angabe einer eingehenden Begründung und des vorgeschlagenen Vorgehens. Bei diesen Arzneimitteln können die zuständigen Behörden vor der Unterrichtung des Ausschusses nach Satz 1 die zur Beseitigung festgestellter und zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen treffen, sofern diese zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zum Schutz der Umwelt dringend erforderlich sind. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 unterrichten die zuständigen Behörden die Europäische Kommission und die anderen Mitgliedstaaten, in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 die Europäische Kommission und die Europäische Arzneimittel-Agentur über die zuständige Bundesoberbehörde spätestens am folgenden Arbeitstag über die Gründe dieser Maßnahmen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2, 2a und 4 kann auch die zuständige Bundesoberbehörde das Ruhen der Zulassung anordnen oder den Rückruf eines Arzneimittels anordnen, sofern ihr Tätigwerden zum Schutz der in Satz 2 genannten Rechtsgüter dringend erforderlich ist; in diesem Fall gilt Satz 3 entsprechend.

(1b) Bei anderen als den in Absatz 1a Satz 1 genannten Arzneimitteln kann die zuständige Bundesoberbehörde im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2, 2a und 4 den Rückruf eines Arzneimittels anordnen, sofern ihr Tätigwerden zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zum Schutz der Umwelt geboten ist. Erfolgt der Rückruf nach Satz 1 im Zusammenhang mit Maßnahmen nach den §§ 28, 30, 31 Absatz 4 Satz 2 oder nach § 32 Absatz 5, ist die Entscheidung der zuständigen Bundesoberbehörde sofort vollziehbar.

(2) Die zuständigen Behörden können das Sammeln von Arzneimitteln untersagen, wenn eine sachgerechte Lagerung der Arzneimittel nicht gewährleistet ist oder wenn der begründete Verdacht besteht, dass die gesammelten Arzneimittel mißbräuchlich verwendet werden. Gesammelte Arzneimittel können sichergestellt werden, wenn durch unzureichende Lagerung oder durch ihre Abgabe die menschliche Gesundheit gefährdet wird.

(2a) (weggefallen)

(3) Die zuständigen Behörden können Werbematerial sicherstellen, das den Vorschriften über den Verkehr mit Arzneimitteln und über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens nicht entspricht.

(4) Im Fall eines Rückrufs eines Arzneimittels nach Absatz 1a Satz 4 oder nach Absatz 1b Satz 1 kann auch eine öffentliche Warnung durch die zuständige Bundesoberbehörde erfolgen.

(5) Die zuständige Behörde kann im Benehmen mit der zuständigen Bundesoberbehörde bei einem Arzneimittel, dessen Abgabe untersagt wurde oder das aus dem Verkehr gezogen wurde, weil

1.
die Voraussetzungen für das Inverkehrbringen nicht oder nicht mehr vorliegen,
2.
das Arzneimittel nicht die angegebene Zusammensetzung nach Art und Menge aufweist oder
3.
die Kontrollen der Arzneimittel oder der Bestandteile und der Zwischenprodukte nicht durchgeführt worden sind oder ein anderes Erfordernis oder eine andere Voraussetzung für die Erteilung der Herstellungserlaubnis nicht erfüllt worden ist,
in Ausnahmefällen seine Abgabe an Patienten, die bereits mit diesem Arzneimittel behandelt werden, während einer Übergangszeit gestatten, wenn dies medizinisch vertretbar und für die betroffene Person angezeigt ist.

(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

(1) Die zuständigen Behörden treffen die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie können insbesondere das Inverkehrbringen von Arzneimitteln oder Wirkstoffen untersagen, deren Rückruf anordnen und diese sicherstellen, wenn

1.
die erforderliche Zulassung oder Registrierung für das Arzneimittel nicht vorliegt oder deren Ruhen angeordnet ist,
2.
das Arzneimittel oder der Wirkstoff nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt ist oder nicht die nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln angemessene Qualität aufweist,
2a.
der begründete Verdacht besteht, dass es sich um ein gefälschtes Arzneimittel oder einen gefälschten Wirkstoff handelt,
3.
dem Arzneimittel die therapeutische Wirksamkeit fehlt,
4.
der begründete Verdacht besteht, dass das Arzneimittel schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen,
5.
die vorgeschriebenen Qualitätskontrollen nicht durchgeführt sind,
6.
die erforderliche Erlaubnis für das Herstellen des Arzneimittels oder des Wirkstoffes oder das Verbringen in den Geltungsbereich des Gesetzes nicht vorliegt oder ein Grund zur Rücknahme oder zum Widerruf der Erlaubnis nach § 18 Abs. 1 gegeben ist oder
7.
die erforderliche Erlaubnis zum Betreiben eines Großhandels nach § 52a nicht vorliegt oder ein Grund für die Rücknahme oder den Widerruf der Erlaubnis nach § 52a Abs. 5 gegeben ist.

(1a) Bei Arzneimitteln, für die eine Genehmigung für das Inverkehrbringen oder Zulassung

1.
gemäß der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 oder
2.
im Verfahren der Anerkennung gemäß Kapitel 4 der Richtlinie 2001/83/EG oder
3.
auf Grund eines Gutachtens des Ausschusses gemäß Artikel 4 der Richtlinie 87/22/EWG vom 22. Dezember 1986 vor dem 1. Januar 1995
erteilt worden ist, unterrichtet die zuständige Bundesoberbehörde den Ausschuss für Humanarzneimittel über festgestellte Verstöße gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften nach Maßgabe der in den genannten Rechtsakten vorgesehenen Verfahren unter Angabe einer eingehenden Begründung und des vorgeschlagenen Vorgehens. Bei diesen Arzneimitteln können die zuständigen Behörden vor der Unterrichtung des Ausschusses nach Satz 1 die zur Beseitigung festgestellter und zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen treffen, sofern diese zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zum Schutz der Umwelt dringend erforderlich sind. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 unterrichten die zuständigen Behörden die Europäische Kommission und die anderen Mitgliedstaaten, in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 die Europäische Kommission und die Europäische Arzneimittel-Agentur über die zuständige Bundesoberbehörde spätestens am folgenden Arbeitstag über die Gründe dieser Maßnahmen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2, 2a und 4 kann auch die zuständige Bundesoberbehörde das Ruhen der Zulassung anordnen oder den Rückruf eines Arzneimittels anordnen, sofern ihr Tätigwerden zum Schutz der in Satz 2 genannten Rechtsgüter dringend erforderlich ist; in diesem Fall gilt Satz 3 entsprechend.

(1b) Bei anderen als den in Absatz 1a Satz 1 genannten Arzneimitteln kann die zuständige Bundesoberbehörde im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2, 2a und 4 den Rückruf eines Arzneimittels anordnen, sofern ihr Tätigwerden zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zum Schutz der Umwelt geboten ist. Erfolgt der Rückruf nach Satz 1 im Zusammenhang mit Maßnahmen nach den §§ 28, 30, 31 Absatz 4 Satz 2 oder nach § 32 Absatz 5, ist die Entscheidung der zuständigen Bundesoberbehörde sofort vollziehbar.

(2) Die zuständigen Behörden können das Sammeln von Arzneimitteln untersagen, wenn eine sachgerechte Lagerung der Arzneimittel nicht gewährleistet ist oder wenn der begründete Verdacht besteht, dass die gesammelten Arzneimittel mißbräuchlich verwendet werden. Gesammelte Arzneimittel können sichergestellt werden, wenn durch unzureichende Lagerung oder durch ihre Abgabe die menschliche Gesundheit gefährdet wird.

(2a) (weggefallen)

(3) Die zuständigen Behörden können Werbematerial sicherstellen, das den Vorschriften über den Verkehr mit Arzneimitteln und über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens nicht entspricht.

(4) Im Fall eines Rückrufs eines Arzneimittels nach Absatz 1a Satz 4 oder nach Absatz 1b Satz 1 kann auch eine öffentliche Warnung durch die zuständige Bundesoberbehörde erfolgen.

(5) Die zuständige Behörde kann im Benehmen mit der zuständigen Bundesoberbehörde bei einem Arzneimittel, dessen Abgabe untersagt wurde oder das aus dem Verkehr gezogen wurde, weil

1.
die Voraussetzungen für das Inverkehrbringen nicht oder nicht mehr vorliegen,
2.
das Arzneimittel nicht die angegebene Zusammensetzung nach Art und Menge aufweist oder
3.
die Kontrollen der Arzneimittel oder der Bestandteile und der Zwischenprodukte nicht durchgeführt worden sind oder ein anderes Erfordernis oder eine andere Voraussetzung für die Erteilung der Herstellungserlaubnis nicht erfüllt worden ist,
in Ausnahmefällen seine Abgabe an Patienten, die bereits mit diesem Arzneimittel behandelt werden, während einer Übergangszeit gestatten, wenn dies medizinisch vertretbar und für die betroffene Person angezeigt ist.

(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

(1) Für die in § 109 Abs. 3 genannten Arzneimittel sowie für Arzneimittel, die nicht verschreibungspflichtig und nicht durch eine Rechtsverordnung auf Grund des § 45 oder des § 46 wegen ihrer Inhaltsstoffe, wegen ihrer Darreichungsform oder weil sie chemische Verbindungen mit bestimmten pharmakologischen Wirkungen sind oder ihnen solche zugesetzt sind, vom Verkehr außerhalb der Apotheken ausgeschlossen sind, kann die Verlängerung der Zulassung nach § 105 Abs. 3 und sodann nach § 31 nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 erteilt werden.

(2) Die Anforderungen an die erforderliche Qualität sind erfüllt, wenn die Unterlagen nach § 22 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 sowie das analytische Gutachten nach § 24 Abs. 1 vorliegen und von Seiten des pharmazeutischen Unternehmers eidesstattlich versichert wird, dass das Arzneimittel nach Maßgabe der allgemeinen Verwaltungsvorschrift nach § 26 geprüft ist und die erforderliche pharmazeutische Qualität aufweist. Form und Inhalt der eidesstattlichen Versicherung werden durch die zuständige Bundesoberbehörde festgelegt.

(3) Die Anforderungen an die Wirksamkeit sind erfüllt, wenn das Arzneimittel Anwendungsgebiete beansprucht, die in einer von der zuständigen Bundesoberbehörde nach Anhörung von einer vom Bundesministerium berufenen Kommission, für die § 25 Abs. 6 Satz 4 bis 6 entsprechende Anwendung findet, erstellten Aufstellung der Anwendungsgebiete für Stoffe oder Stoffkombinationen anerkannt sind. Diese Anwendungsgebiete werden unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Arzneimittel und der tradierten und dokumentierten Erfahrung festgelegt und erhalten den Zusatz: "Traditionell angewendet". Solche Anwendungsgebiete sind: "Zur Stärkung oder Kräftigung des ...", "Zur Besserung des Befindens ...", "Zur Unterstützung der Organfunktion des ...", "Zur Vorbeugung gegen ...", "Als mild wirkendes Arzneimittel bei ...". Anwendungsgebiete, die zur Folge haben, dass das Arzneimittel vom Verkehr außerhalb der Apotheken ausgeschlossen ist, dürfen nicht anerkannt werden.

(4) Die Absätze 1 bis 3 finden nur dann Anwendung, wenn Unterlagen nach § 105 Abs. 4a nicht eingereicht worden sind und der Antragsteller schriftlich erklärt, dass er eine Verlängerung der Zulassung nach § 105 Abs. 3 nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anstrebt.

(4a) Abweichend von Absatz 4 finden die Absätze 2 und 3 auf Arzneimittel nach Absatz 1 Anwendung, wenn die Verlängerung der Zulassung zu versagen wäre, weil ein nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachtes Ergebnis zum Nachweis der Wirksamkeit nicht mehr anerkannt werden kann.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 158/98 Verkündet am:
7. Dezember 2000
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Franzbranntwein-Gel
LMBG § 4

a) Die für die Einordnung eines Mittels als Arzneimittel oder Kosmetikum maßgebliche
Verkehrsanschauung wird regelmäßig - insbesondere wenn bereits
vergleichbare Erzeugnisse auf dem Markt sind - nicht allein durch das konkret
in Rede stehende Produkt, sondern in erster Linie durch die gattungsgemäße
allgemeine Zweckbestimmung des Mittels geprägt.

b) Zu der Frage, inwieweit die durch Hinweise auf den (Haupt-)Inhaltsstoff in
Richtung auf ein Arzneimittel hingelenkte allgemeine Verkehrsauffassung
durch die konkrete Ausstattung des Erzeugnisses verändert oder überlagert
wird.
BGH, Urt. v. 7. Dezember 2000 - I ZR 158/98 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm,
Pokrant und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 23. April 1998 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I, 9. Kammer für Handelssachen, vom 13. Mai 1997 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittel hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte, ein Unternehmen der pharmazeutischen Industrie, vertreibt in der nachstehend (verkleinert) wiedergegebenen Kunststofftube das
nicht als Arzneimittel zugelassene Erzeugnis "R.", ein zu 97 % aus Franzbranntwein bestehendes Gel:

Der Kläger, ein Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, erblickt in dem Vertrieb des Präparats ohne arzneimittelrechtliche Zulassung
nach § 21 AMG einen Verstoß gegen § 1 UWG. Er hat von der Beklagten die Unterlassung des Vertriebs sowie die Erstattung von Abmahnkosten verlangt.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten.
Das Landgericht hat die Beklagte (unter dem Gesichtspunkt irreführender Werbung) verurteilt,
1. es zu unterlassen, das oben abgebildete Produkt "R. Activ-Gel mit Franzbranntwein" in Verkehr zu bringen, ohne daß hierfür eine arzneimittelrechtliche Zulassung des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte vorliegt;
2. an den Kläger 207 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. Juli 1995 zu zahlen.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen (OLG München OLG-Rep 1999, 80 = PharmaRecht 1999, 15).
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klageansprüche für unbegründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
Ansprüche wegen des Fehlens einer arzneimittelrechtlichen Zulassung stünden dem Kläger nicht zu, weil das Franzbranntwein-Gel der Beklagten nach der Verkehrsanschauung überwiegend zur Pflege in äußerlicher Anwendung diene und damit nicht als Arzneimittel, sondern als kosmetisches Mittel einzuordnen sei.
Franzbranntwein sei zwar schlechthin als Einreibemittel bekannt, das Muskel- und Gelenkschmerzen lindere und ein Wundliegen verhüte. Er möge daher als solcher auch dazu dienen, krankhafte Beschwerden zu lindern oder zu beseitigen, und damit überwiegend mit medizinischen Vorstellungen besetzt sein. Es komme jedoch nicht darauf an, welche Vorstellungen Franzbranntwein oder Franzbranntwein-Gel schlechthin beim Verkehr erwecke; vielmehr sei allein auf das konkrete Produkt in der konkreten Aufmachung abzustellen. Für dieses habe das vom Landgericht eingeholte Meinungsforschungsgutachten keine überwiegende arzneiliche Zweckbestimmung ergeben und es lasse sich eine solche auch anderweit nicht feststellen. Die Aufmachung, namentlich die Hinweise auf eine entspannende, belebende Einreibung und die Verbesserung der Hautdurchblutung, der Produktname, die Herstellerangabe sowie das Tannenzapfenbild , führten den Verkehr - auch wegen der ausdrücklichen Bezeichnung als "Kosmetikum" - eher von der Vorstellung einer überwiegenden arzneilichen Zweckbestimmung weg.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Wiederherstellung des der Klage stattgebenden Urteils des Landgerichts.
1. Das in Rede stehende Franzbranntwein-Gel "R." ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht als Kosmetikum, sondern als Arzneimittel anzusehen.

a) Arzneimittel sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG u.a. Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen. Zu den Arzneimitteln gehören darüber hinaus Stoffe und Stoffzubereitungen mit den in § 2 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 AMG genannten Anwendungszwecken. Eine Einschränkung des Arzneimittelbegriffs ergibt sich allerdings daraus, daß gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 3 AMG kosmetische Mittel im Sinne des § 4 LMBG nicht zugleich Arzneimittel sein können, und zwar auch dann nicht, wenn sie die Voraussetzungen des Arzneimittelbegriffs nach § 2 Abs. 1 AMG erfüllen (vgl. BVerwGE 106, 90, 93 = NJW 1998, 3433).
Nach § 4 Abs. 1 LMBG sind kosmetische Mittel u.a. Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, äußerlich am Menschen zur Reinigung, zur Pflege oder zur Vermittlung von Geruchseindrücken angewendet zu werden, sofern sie nicht überwiegend dazu bestimmt sind, Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu lindern oder zu beseitigen.
Maßgebend für die Einordnung eines Produkts als Arzneimittel oder Kosmetikum ist seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsbetrachter darstellt (vgl. für die Abgrenzung von Arzneimitteln und Lebensmitteln: BGH, Urt. v. 10.2.2000 - I ZR 97/98, GRUR 2000, 528, 529 = WRP 2000, 510 - L-Carnitin). Die Verkehrsanschauung wird regelmäßig durch eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und deren Anwendung geprägt. Diese hängt ihrerseits davon ab, welche Verwendungsmöglichkeiten solche Mittel ihrer Art nach haben. Dabei kann die Vorstellung der Verbraucher auch durch die Auffassungen der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaft beeinflußt sein, ferner durch die dem Mittel beigefügten oder in Werbeprospekten enthaltenen Indikationshinweise und Gebrauchsanweisungen sowie die Aufmachung , in der das Mittel dem Verkehr allgemein entgegentritt (BGH, Urt. v. 19.1.1995 - I ZR 209/92, GRUR 1995, 419, 420 f. = WRP 1995, 386 - Knoblauchkapseln ; BGH GRUR 2000, 528, 529 f. - L-Carnitin; BGHSt 43, 336, 339 = NJW 1998, 836; BVerwGE 106, 90, 92; 97, 132, 135 f.; VGH München NJW 1998, 845). Von dieser Begriffsbestimmung ist auch das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen.

b) Bei der Anwendung dieser Grundsätze auf den konkreten Fall hat das Berufungsgericht, wie die Revision mit Recht rügt, den maßgebenden Kriterien für die Einordnung als kosmetisches Mittel oder als Arzneimittel keine hinreichende Beachtung geschenkt.
aa) Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist Franzbranntwein dem Verkehr schlechthin als Einreibe-
mittel bekannt, das Muskel- und Gelenkschmerzen lindern, aber auch ein Wundliegen verhüten soll. Diese Verkehrsanschauung über den allgemeinen Verwendungszweck von Franzbranntwein hat das Berufungsgericht mit der Begründung als nicht entscheidungserheblich angesehen, daß ausschließlich auf das konkrete Produkt in der konkreten Aufmachung abzustellen sei. Dem kann nicht beigetreten werden.
(1) Das Berufungsgericht ist allerdings ohne Rechtsverstoß davon ausgegangen , daß ein der Verhütung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden dienender Zweck für die Einordnung als Arzneimittel nicht ausschlaggebend sein kann, wenn es sich dabei - wie vorliegend der Schutz vor Wundliegen - nicht um die einzige Verwendungsmöglichkeit des Mittels handelt. Nach § 4 Abs. 1 2. Hs. LMBG schließt nur eine überwiegende Zweckbestimmung zur Linderung und Beseitigung, nicht aber zur Verhütung (oder Erkennung ) von Krankheiten die Annahme eines kosmetischen Mittels aus (vgl. Kloesel/Cyran, AMG, 3. Aufl., Stand Mai 2000, § 2 Anm. 92).
(2) Mit Recht wendet sich die Revision aber gegen die mangelnde Berücksichtigung des Umstandes, daß Franzbranntwein nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Verkehr allgemein als äußerlich anzuwendendes Hausmittel zur Linderung von Muskel- und Gelenkschmerzen bekannt und dieser Begriff deshalb überwiegend mit medizinischen Vorstellungen besetzt ist (vgl. OLG Köln GRUR 1988, 852). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts wird die allgemeine Verkehrsauffassung keineswegs allein durch das konkret von der Beklagten vertriebene Produkt, sondern zunächst einmal durch die generelle Vorstellung des Verkehrs von den Verwendungsmöglichkeiten eines Erzeugnisses der vorliegenden Art geprägt (BGH, Urt. v. 6.2.1976
- I ZR 125/74, GRUR 1976, 430, 432 - Fencheltee; BGH GRUR 1995, 419, 421 - Knoblauchkapseln). Entscheidend ist, wie bereits ausgeführt wurde und worauf auch das Berufungsgericht an anderer Stelle selbst zutreffend hingewiesen hat, die allgemeine Zweckbestimmung, die das Mittel nach der Verkehrsanschauung gattungsgemäß besitzt. Das Berufungsgericht hätte daher seine Feststellungen, wonach derartige Mittel allgemein zur Linderung von Muskelund Gelenkbeschwerden verwendet werden, nicht außer Betracht lassen dürfen.
(3) Das Berufungsgericht durfte die Vorstellung von einem überwiegend medizinischen Verwendungszweck auch nicht deshalb unberücksichtigt lassen, weil es sich bei dem Produkt der Beklagten nicht um ein ausschließlich aus Franzbranntwein bestehendes Erzeugnis, sondern um ein "Activ-Gel mit 97 % Franzbranntwein" handelt. Allerdings kann der Verwendungszweck eines einzelnen Wirkstoffes grundsätzlich nicht ohne weiteres mit dem Anwendungszweck einer aus mehreren Stoffen bestehenden Zubereitung gleichgesetzt werden, und es ist auch nicht zulässig, einen einzelnen Bestandteil herauszugreifen und allein ihn darauf zu untersuchen, ob er nach der Verkehrsauffassung krankheitsheilende oder -lindernde Wirkung besitzt (vgl. BGH, Urt. v. 29.10.1992 - I ZR 89/91, GRUR 1993, 403 = WRP 1993, 474 - Bronchocedin; BVerwGE 106, 90, 96). Das schließt es aber nicht aus, daß die heilende Wirkung eines einzelnen Stoffes nach der Verbrauchererwartung bei der Würdigung des Gesamtprodukts so im Vordergrund steht, daß für dieses ebenfalls von einer überwiegend krankheitsheilenden bzw. beschwerdelindernden Zweckbestimmung auszugehen ist (vgl. BGH, Urt. v. 16.5.1991 - I ZR 207/89, GRUR 1991, 701 = WRP 1993, 465 - Fachliche Empfehlung I; BVerwGE 106, 90, 96 f.). So verhält es sich hier.

Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, daß der Anteil des Wirkstoffes Franzbranntwein in dem zu beurteilenden Gel mit 97 % "sehr hoch" ist. Außerdem ist weder vorgetragen worden noch ersichtlich, daß den weiteren von den Parteien in den Vorinstanzen nicht erörterten und vom Berufungsgericht auch nicht näher festgestellten Bestandteilen mit einem Anteil von insgesamt 3 % nach der Verkehrsauffassung eine für die Einordnung als Arzneimittel oder Kosmetikum maßgebliche Bedeutung zukommt. Dementsprechend ist davon auszugehen, daß der Verkehr mit dem Franzbranntwein-Gel der Beklagten - nicht anders als mit reinem Franzbranntwein - in erster Linie die Vorstellung arzneilicher Anwendungszwecke verbindet.
bb) Die durch die deutlichen Hinweise auf den Hauptinhaltsstoff Franzbranntwein in Richtung auf ein Arzneimittel hingelenkte allgemeine Verkehrsauffassung wird, wie der Senat auf der Grundlage der vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei getroffenen weiteren Tatsachenfeststellungen sowie der allgemeinen Lebenserfahrung selbst beurteilen kann, durch die konkrete Ausstattung des Erzeugnisses nicht wesentlich verändert oder überlagert.
(1) Das Fehlen eines - vom Berufungsgericht vermißten - ausdrücklichen Hinweises auf eine Anwendung zur Linderung körperlicher Beschwerden steht der Annahme eines überwiegenden heilenden oder lindernden Wirkungszwecks nicht entgegen (vgl. BGH GRUR 1995, 419, 421 - Knoblauchkapseln). Wenn der Verkehr schon mit dem Hinweis auf den Hauptbestandteil des Mittels - hier: Franzbranntwein - die Vorstellung einer arzneilichen Zweckbestimmung des Gesamtprodukts verbindet, bedarf es nicht zwangsläufig noch weiterer Anzeichen für einen solchen Verwendungszweck. Dies gilt jedenfalls dann, wenn,
wie im vorliegenden Fall, keine von der Vorstellung eines Arzneimittels eindeutig wegführenden Ausstattungsmerkmale vorliegen.
(2) Nach den zutreffenden Feststellungen des Berufungsgerichts ist der auf der Vorderseite der Verpackung angegebene Gebrauch zur entspannenden und belebenden Einreibung "auch bei pflegerischer Anwendung" möglich. Dieser Hinweis hebt den Eindruck einer überwiegenden arzneilichen Zweckbestimmung allerdings nicht auf, sondern weist lediglich auf eine zusätzliche Bestimmung zu kosmetischen Zwecken hin.
(3) Dasselbe gilt für die Anwendungshinweise auf der Rückseite des Produkts. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts deuten zwar eine Verbesserung der Hautdurchblutung, Entspannung und belebende Frische eher auf Körperpflege als auf Schmerzlinderung hin. Eine Verbesserung der Hautdurchblutung dient aber unabhängig von einer Bekämpfung schmerzhafter Zustände der Linderung bzw. Beseitigung von Durchblutungsstörungen der Haut und hat daher eine arzneiliche Wirkung (vgl. zum Krankheitscharakter von Durchblutungsstörungen: BGHZ 89, 78, 81 - Heilpraktikerwerbung III; OLG Düsseldorf ES-HWG, § 12 Nr. 44; Doepner, HWG, 2. Aufl., § 1 Rdn. 56). Die Angabe, eine Einreibung oder Massage mit "R." entspanne und schenke wohltuend belebende Frische, hat das Berufungsgericht bereits im Zusammenhang mit dem fast identischen Hinweis auf der Vorderseite der Verpackung ohne Rechtsverstoß dahingehend beurteilt, daß sich aus ihr auch, d.h. nicht ausschließlich , ein pflegerischer Anwendungszweck entnehmen läßt. Abgespanntheit kann allerdings in bestimmten Fällen ein Anzeichen krankhafter Beschwerden sein (vgl. BGHZ 23, 184, 192 - Spalttabletten; Doepner aaO § 1 Rdn. 56), so daß die Linderung dieses Zustandes durch Entspannung und Be-
lebung jedenfalls auch einem arzneilichen Zweck dient. Die weiteren Hinweise zur Anwendung des Mittels ("Ideal zum Einmassieren nach dem Sport oder nach einem anstrengenden Tag, z.B. durch Einreiben von Schultern, Nacken und Waden. Besonders angenehm auch an heißen Tagen durch leichtes Betupfen von Schläfen, Nacken und Stirn. Anwendung: Mehrmals täglich in die Haut einmassieren.") hat das Berufungsgericht von der Revision unbeanstandet als neutral bewertet.
(4) Der Nennung von Gegenanzeigen ("Nicht in die Augen, auf offene Wunden oder auf Schleimhäute bringen.") hat das Berufungsgericht keine auf ein Arzneimittel hindeutende Indizwirkung beigemessen, weil diese nicht - wie bei Arzneimitteln üblich - als solche bezeichnet seien und ihre Angabe auch bei kosmetischen Mitteln vorgeschrieben sei (vgl. § 4 Nr. 3, § 5 a KosmetikVO). Auch diese Ausführungen sind von der Revision nicht beanstandet worden und lassen keine Rechtsfehler erkennen. Ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken begegnen die von der Revision ferner nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts, wonach weder dem Namen des Produkts noch seiner Aufmachung eine auf einen arzneilichen Zweck des Mittels hindeutende Wirkung zu entnehmen ist, allerdings auch nichts für das Vorliegen eines kosmetischen Mittels. Dagegen kommt, worauf die Revision zutreffend hinweist, der Angabe des im Verkehr bekannten Herstellernamens (vgl. BGH, Urt. v. 18.6.1998 - I ZR 15/96, GRUR 1998, 942, 943 = WRP 1998, 990 - ALKA-SELTZER) nach der Lebenserfahrung eine gewisse Indizwirkung für das Vorliegen eines Arzneimittels zu; denn die Beklagte ist mit dieser Unternehmensbezeichnung häufig als Arzneimittelhersteller in Erscheinung getreten.
(5) Mit Recht wendet sich die Revision ferner gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Abbildung eines Tannenzapfens auf der Vorderseite der Tube erwecke die Assoziation pflegender Badezusätze und spreche daher ebenso wie die Bezeichnung "Münchner Kosmetikum" für das Vorliegen eines Körperpflegemittels.
Pflanzenteile wie Fichten- oder Tannenzweige und -zapfen können mit den vom Verkehr erfahrungsgemäß damit in Verbindung gebrachten ätherischen Ölen sowohl heilende als auch kosmetische, nämlich pflegende oder Geruchseindrücke vermittelnde Wirkungen entfalten. Soweit sie an Heilkräuter denken lassen, legen sie die Annahme eines Arzneimittels nahe (vgl. OLG Köln GRUR 1988, 852).
Ebensowenig kommt dem Hinweis "Münchner Kosmetikum" eine maßgebliche Bedeutung zu. Da es für die Einordnung als Arzneimittel oder als Kosmetikum vor allem auf die allgemeine Verwendung durch den Verbraucher ankommt (vgl. BGH GRUR 1995, 419, 421 - Knoblauchkapseln), darf nicht außer acht gelassen werden, daß dieser nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ganz überwiegend wegen der bekannten lindernden Wirkung bei Muskel- und Gelenkschmerzen und angesichts der Anwendungshinweise auf der Verpackung möglicherweise auch zur Förderung der Hautdurchblutung und zur Entspannung und Belebung zu Franzbranntwein und Franzbranntwein-Gel greift. Die Anwendung zur Körperpflege steht dabei aber ungeachtet der Bezeichnung des Mittels als Kosmetikum nicht im Vordergrund und überlagert damit die Zweckbestimmung als Arzneimittel auch nicht in dem Sinn, daß ein überwiegender arzneilicher Zweck nicht mehr vorliegt.
cc) Die vorstehende Beurteilung wird durch das Ergebnis des vom Landgericht eingeholten Meinungsforschungsgutachtens nicht in Frage gestellt.
Mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß sich das Berufungsgericht bei der Einordnung von "R." als Arzneimittel oder Kosmetikum u.a. auf das Befragungsergebnis zur sogenannten geschlossenen Fragestellung Ziffer 4 ("Würden Sie dieses Produkt als Arzneimittel oder als Körperpflegemittel bezeichnen oder können Sie dies so präzise momentan nicht sagen?") gestützt und danach eine überwiegende Zweckbestimmung als Arzneimittel mit der Begründung abgelehnt hat, dem Anteil von 40 % der Befragten, der die Antwort "ist ein Heilmittel" gegeben habe, stehe ein Anteil von 60 % der Befragten gegenüber , der entweder - nämlich 35 % der Befragten - die Antwort "ist ein Körperpflegemittel" gegeben habe oder - 25 % der Befragten - sich nicht habe entscheiden können. Die Revision rügt mit Recht, daß die Angaben derjenigen Befragten, die sich insoweit nicht entscheiden konnten, nicht zur Begründung dafür herangezogen werden konnten, daß es sich bei dem Mittel der Beklagten um ein Körperpflegemittel handelt. Somit steht ein Anteil von 40 % der Befragten , der "R." als Arzneimittel ansieht, einem Anteil von 35 % gegenüber, der das Gel für ein Körperpflegemittel hält, was das vorstehend gewonnene Ergebnis bestätigt.
Demgegenüber stellt sich das Ergebnis bei der sogenannten offenen Befragung, bei der jeweils etwa jeder fünfte Befragte "R." mit arzneilichen Eigenschaften oder aber mit Eigenschaften eines Körperpflegemittels in Verbindung gebracht hat, als nicht hinreichend aussagekräftig dar. Denn bei der Auswertung der Antworten auf die offenen bzw. ungestützten Fragen bedurfte
es auch einer - vom Sachverständigen nicht näher erläuterten - Bewertung und Gewichtung der Antworten dahin, ob sie dem einen oder anderen Zweck zugeordnet werden.
2. Nach dem Vorstehenden kommt es auf Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 76/768/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel vom 27. Juli 1976 (ABl. Nr. L 262/169) in der Fassung der Ä nderungsrichtlinie 93/35/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 (ABl. Nr. L 151/32), auf den sich die Revision ergänzend stützt, nicht mehr an.
3. Die Beklagte verstößt durch den Vertrieb des Mittels "R." ohne die nach dem Arzneimittelgesetz vorgeschriebene Zulassung gegen § 1 UWG, weil sie sich damit über Vorschriften hinwegsetzt, die zum Gesundheitsschutz der Bevölkerung erlassen worden sind (BGHZ 44, 208, 209 - Novo-Petrin; BGH GRUR 1995, 419, 421 - Knoblauchkapseln).
Das beanstandete Verhalten der Beklagten ist auch geeignet, den Wettbewerb wesentlich zu beeinträchtigen (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG). Im Bereich der Gesundheitswerbung ist ein wettbewerbswidriges Verhalten regelmäßig auch als wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs zu beurteilen (vgl. BGH, Urt. v. 9.10.1997 - I ZR 92/95, GRUR 1998, 487, 488 = WRP 1998, 172 - Professorenbezeichnung in der Arztwerbung III; Urt. v. 9.7.1998 - I ZR 72/96, GRUR 1999, 179, 182 f. = WRP 1998, 1071 - Patientenwerbung; Urt. v. 21.9.2000 - I ZR 12/98, GRUR 2001, 176, 178 = WRP 2000, 1410 - Myalgien).
4. Der Kläger hat unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 677, 670 BGB) ferner einen Anspruch auf Erstattung seiner
der Höhe nach unstreitigen Abmahnkosten (st. Rspr.; vgl. BGHZ 115, 210, 212 - Abmahnkostenverjährung; BGH, Urt. v. 24.11.1999 - I ZR 171/97, WRP 2000, 633, 636 - Sicherungsschein; Urt. v. 15.12.1999 - I ZR 159/97, GRUR 2000, 337, 338 = WRP 2000, 386 - Preisknaller).
Der geltend gemachte Zinsanspruch rechtfertigt sich aus § 291 BGB.
III. Danach war auf die Revision des Klägers das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 97/98 Verkündet am:
10. Februar 2000
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
L-Carnitin
Zur Frage der Arzneimitteleigenschaft eines L-Carnitin enthaltenden Präparats,
das vom Hersteller als diätetisches Lebensmittel bezeichnet wird, aber - in
Kapselform und verpackt in Faltschachteln mit Blisterstreifen - ausschließlich
über Apotheken vertrieben wird.
BGH, Urt. v. 10. Februar 2000 - I ZR 97/98 - OLG Hamm
LG Hagen
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant und
Dr. Büscher

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 5. Februar 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist ein pharmazeutisches Unternehmen, das u.a. ein Präparat mit der Bezeichnung "B. " herstellt und vertreibt. Das nicht als Arzneimittel zugelassene Präparat wird in Packungen mit 20 bzw. 50 sogenannten Capsetten vertrieben, die jeweils 500 mg L-Carnitin enthalten.
L-Carnitin ist eine körpereigene Substanz. Der tägliche Bedarf des Menschen wird durch eine "normale" Ernährung gedeckt, während bei vegetarischer Ernährung Mängel auftreten können.
Die Beklagte bewarb "B. " in der Zeitschrift "G. " (Ausgabe Juli/August 1995) u.a. mit den Worten:
"Ob im Beruf, in der Freizeit oder im Sport. Immer ist der Grad Ihrer Gesundheit die Grundlage für Ihre Leistungsfähigkeit. "B. " unterstützt die Leistungsbereitschaft Ihres Organismus, erhöht die Ausschöpfung Ihres Energie-Potentials und optimiert Ihre Ausdauerleistungsfähigkeit. Darüber hinaus gleicht "B. " (L-Carnitin) einen gesteigerten Energiebedarf durch berufliche oder sportliche Belastung schnell wieder aus."
Der damals verwendete Beipackzettel enthält u.a. den Hinweis "LCarnitin ist eine Transportsubstanz (Biocarrier) zur Erhaltung der muskulären Ausdauerleistungsfähigkeit und der Pumpleistung des Herzens" sowie die Angabe "B. mit dem wichtigen L-Carnitin optimiert den Fettstoffwechsel, verstärkt die körpereigene Leistungsfähigkeit, verkürzt die Regeneration, stimuliert das Immunsystem, unterstützt die Herzleistung". Als "Verzehrempfehlung" ist dort u.a. ausgeführt: "Täglich 1-2 Capsetten lutschen oder langsam kauen. Die Einnahme geschieht am besten kurweise, d.h. über mehrere Wochen, mit anschließender Einnahmepause. So wird einer nachteiligen Beeinflussung der körpereigenen L-Carnitin-Produktion vorgebeugt". Weiterhin werden dort Hinweise zur Einnahme bei sportlichen Belastungen sowie zum Zweck der "Mobilisation körpereigener Abwehrkräfte während der kalten Jahreszeiten und in der Rekonvaleszenz (Genesungsphase)" gegeben.

In der Folgezeit änderte die Beklagte ihren Beipackzettel. Die Beipackzettel mit dem Stand Januar 1996 und Oktober 1997 weisen nicht mehr darauf hin, daß "B. " (L-Carnitin) die Pumpleistung des Herzens erhalte und die Herzleistung unterstütze. Die Beklagte hat nach ihrer Darstellung auch ihre Werbung für "B. " verändert.
Der klagende Wettbewerbsverein ist der Ansicht, daß "B. " ein Arzneimittel sei. Die Beklagte handele deshalb wettbewerbswidrig, wenn sie das Präparat in den Verkehr bringe und bewerbe, ohne daß es als Arzneimittel zugelassen sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken für das Mittel "B. " mit einer Tagesdosis von 500 mg L-Carnitin pro Capsette zu werben und/oder dieses Mittel zu vertreiben, solange es nicht als Arzneimittel zugelassen ist.
Die Beklagte hat demgegenüber vorgebracht, "B. " sei kein Arzneimittel , sondern ein Nahrungsergänzungsmittel. Die Klage sei auch deshalb unbegründet , weil der Kläger mit seinem Unterlassungsantrag ein abstraktes Werbe- und Vertriebsverbot anstrebe, das nur begründet wäre, wenn L-Carnitin seiner Natur nach nur als Arzneimittel verwendet werden könnte. Dies sei jedoch nicht der Fall.
Das Landgericht hat mit seinem ersten Urteil die Klage abgewiesen, weil der Kläger nicht nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG prozeßführungsbefugt sei. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht diese Entscheidung mit der Begründung aufgehoben, daß der Kläger die erforderliche Prozeßführungsbefugnis besitze, und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen.
Auch mit seinem zweiten Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger hat gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat er neben seinem Hauptantrag einen Hilfsantrag gestellt, nach dem - unter den Voraussetzungen des Hauptantrags - die Werbung und der Vertrieb des Mittels "B. " verboten werden sollen, falls dabei zusätzlich bestimmte, im einzelnen aufgeführte Angaben verwendet werden.
Das Berufungsgericht hat die Beklagte nach dem Hauptantrag verurteilt.
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei verpflichtet , es zu unterlassen, ihr L-Carnitin-Präparat "B. " zu bewerben und zu vertreiben, wenn dieses nicht als Fertigarzneimittel zugelassen sei.

Der Kläger erstrebe mit seiner Klage nicht ein abstraktes Werbe- und Vertriebsverbot für L-Carnitin-Präparate der Beklagten. Sein Antrag beziehe sich vielmehr auf das - pro Capsette 500 mg L-Carnitin enthaltende - Präparat "B. " mit seinem konkreten Erscheinungsbild, wie es sich unverändert aus den als Anlage eingereichten Abbildungen der Verpackung und den vorgelegten Packungen selbst ergebe.
Die Beklagte handele wettbewerbswidrig, weil sie in Kenntnis der maßgebenden Umstände das Präparat"B. " bewerbe und vertreibe, ohne daß dieses als Arzneimittel zugelassen sei. "B. " sei ein Arzneimittel, kein diätetisches Lebensmittel. Das darin enthaltene L-Carnitin sei eine Substanz ohne eigenen Brennwert, die beim Stoffwechsel für den Transport aktiver langkettiger Fettsäuren an den Ort benötigt werde, an dem die Fettsäuren "verbrannt" würden. Nach der Auskunft des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 14. Januar 1997 sei "B. " unter die Produkte einzuordnen, die als "Designer-food" angeboten würden. Solche Produkte würden - ungeachtet ihrer Aufmachung als diätetische Lebensmittel - wegen der ihnen zugeschriebenen Wirkungen auf Fitneß und Leistungssteigerung angewendet und wiesen pharmakologische Wirkungen auf. Selbst wenn dieser - nicht begründeten - Behördenäußerung keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden sollte, ergebe sich aus den sonstigen Stellungnahmen keine andere Zuordnung des Präparats "B. ". Dies gelte auch für die Allgemeinverfügung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 26. Januar 1994 (BAnz. Nr. 25 v. 5.2.1994 S. 995) über die Einfuhr und das Inverkehrbringen carnitinhaltiger Nahrungsergänzungsmittel und die Monographie "L-Carnitin" des Bundesgesundheitsamts (BAnz. Nr. 11 v. 17.1.1990 S. 247 f.). Die Problematik, ob es aus gesundheitli-
chen Gründen eine absolute Grenze für den Zusatz von L-Carnitin bei Lebensmitteln gebe, sei ersichtlich noch nicht gelöst.
Die Einordnung von "B. " als Arzneimittel oder als Lebensmittel könne demnach lediglich anhand seiner Verwendungsmöglichkeiten, der Indikationshinweise , der Gebrauchsanweisung und der Aufmachung vorgenommen werden. Danach sei das Präparat als Arzneimittel anzusehen.
Die Verpackung, insbesondere die für Arzneimittel übliche Art der Abpackung der Capsetten, und der Hinweis, die Capsetten sollten gelutscht werden , deuteten eher auf ein Arzneimittel hin. Die Bezeichnung als "diätetisches Lebensmittel" stehe dem nicht entgegen. Entscheidend sei jedoch, daß die Beklagte in ihrer - in "G. " erschienenen - Werbeanzeige ihrem Produkt eine Zielrichtung gegeben habe, die auf die Beeinflussung des Zustands und der Funktionen des Körpers, nicht auf den Ausgleich von Ernährungsdefiziten, hinweise. Der dadurch hervorgerufene Eindruck werde durch die Hinweise im (alten) Beipackzettel unterstützt. Die einmal gewählte Festlegung des Produkts als Arzneimittel durch die Art der Werbung und die Gestaltung des Beipackzettels werde nicht dadurch aufgehoben, daß die Beklagte sich nunmehr verstärkt an Sportler wende und die früheren Hinweise auf die Erhaltung der Pumpleistung des Herzens usw. nicht mehr wiederhole. Nach wie vor werde auf die Einordnung von "B. " als Arzneimittel durch Angaben hingewiesen wie "aktiviert das Immunsystem" und "erhöht die Streßtoleranz bei sportlicher Belastung". Bei dieser Sachlage sei es nicht mehr erheblich, in welchem Umfang ein Mangel von L-Carnitin im menschlichen Körper ersetzt werden dürfe, ohne daß es zu einer Überdosierung komme.
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, daß ein Verstoß gegen die Vorschriften des § 21 AMG und des § 3a HWG einen Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG begründen kann (vgl. BGH, Urt. v. 19.1.1995 - I ZR 209/92, GRUR 1995, 419, 421 = WRP 1995, 386 - Knoblauchkapseln). Seine Ansicht, daß dem Kläger ein solcher Anspruch zustehe, weil "B. " ein Arzneimittel sei, das nicht ohne Zulassung in den Verkehr gebracht und beworben werden dürfe, beruht jedoch auf unzureichenden Feststellungen.
1. Nach dem Klageantrag soll die Beklagte verurteilt werden, es zu unterlassen , im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken für das Mittel "B. " mit einer Tagesdosis von 500 mg L-Carnitin zu werben und/oder dieses Mittel zu vertreiben, solange es nicht als Arzneimittel zugelassen ist. Wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend entschieden hat, ist Gegenstand des Klageantrags nur der Vertrieb des Präparats"B. " in Verpakkungen , wie sie der Kläger vorgelegt hat, d.h. in Faltschachteln, die Blisterstreifen für 20 bzw. 50 Capsetten mit jeweils 500 mg L-Carnitin enthalten. Bereits nach dem Wortlaut des Antrags, aber auch nach der Klagebegründung ist die mit dem Antrag angegriffene konkrete Verletzungsform nicht durch weitere Umstände wie einen bestimmten Inhalt des Beipackzettels oder eine bestimmte Produktwerbung der Beklagten gekennzeichnet. Der Kläger hat es vielmehr ausdrücklich abgelehnt, seinen Klageantrag auch auf einzelne Werbeaussagen der Beklagten zu stützen. Der Klageantrag wäre auch nicht hinreichend bestimmt i.S. des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn zur Umschreibung der angegriffenen konkreten Verletzungsform allgemein auf die Werbung der Beklagten für ihr Präparat abzustellen wäre, ohne daß die zu beurteilenden Werbeaussagen konkret benannt würden. Das Berufungsgericht hat deshalb zutreffend zu Beginn seiner Entscheidungsgründe darauf hingewiesen, daß es für die Ent-
scheidung ohne Bedeutung ist, daß die Beklagte im Laufe des Rechtsstreits die Angaben im Beipackzettel geändert hat und das Präparat nunmehr auch mit anderen Aussagen bewirbt.
Diese Bestimmung des Gegenstands des Klageantrags wird bestätigt durch den Hilfsantrag, nach dem ein Verbot, wie es mit dem Hauptantrag begehrt wird, von der zusätzlichen Voraussetzung abhängen soll, daß in der Werbung oder beim Vertrieb bestimmte Angaben über das Präparat einzeln oder in Kombination gemacht werden.
2. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen seine Beurteilung nicht, daß "B. " kein Lebensmittel, sondern ein Arzneimittel ist.

a) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG sind Arzneimittel u.a. Stoffe, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung im menschlichen Körper Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern oder zu verhüten. Darüber hinaus fallen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG auch Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen unter den Arzneimittelbegriff, die die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers beeinflussen. Allerdings wird der Arzneimittelbegriff durch § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG dahin eingeschränkt, daß Lebensmittel i.S. des § 1 LMBG keine Arzneimittel sind. Derselbe Stoff kann danach nicht gleichzeitig Lebensmittel und Arzneimittel sein.
Nach § 1 Abs. 1 LMBG sind Lebensmittel Stoffe, die dazu bestimmt sind, in unverändertem, zubereitetem oder verarbeitetem Zustand von Menschen verzehrt zu werden; ausgenommen sind Stoffe, die überwiegend dazu bestimmt sind, zu anderen Zwecken als zur Ernährung oder zum Genuß verzehrt zu werden.

Entscheidend für die Einordnung eines Produkts als Arzneimittel oder Lebensmittel ist seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und v erständigen Durchschnittsverbraucher darstellt. Die Verkehrsanschauung knüpft regelmäßig an eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und ihre Anwendung an, die wiederum davon abhängt, welche Verwendungsmöglichkeiten solche Mittel ihrer Art nach haben. Die Vorstellung der Verbraucher von der Zweckbestimmung eines Produkts kann weiter durch die Auffassung der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaft beeinflußt sein, ebenso durch die dem Mittel beigefügten oder in Werbeprospekten enthaltenen Indikationshinweise und Gebrauchsanweisungen sowie die Aufmachung, in der das Mittel dem Verbraucher allgemein entgegentritt (vgl. BGH GRUR 1995, 419, 420 - Knoblauchkapseln; BGH, Urt. v. 3.12.1997 - 2 StR 270/97, NJW 1998, 836, 837; BVerwGE 97, 132, 135 f.; VGH München NJW 1998, 845).

b) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht keine Feststellungen dazu getroffen , ob das Präparat "B. " mit dem in ihm enthaltenen Stoff L-Carnitin, gerade auch in der Dosierung von 500 mg pro Tag, wie sie Gegenstand des Klageantrags ist, aus der Sicht der Verbraucher die objektive Zweckbestimmung eines Arzneimittels hat. Denn ein verständiger Durchschnittsverbraucher wird im allgemeinen nicht annehmen, daß ein als Nahrungsergänzungsmittel angebotenes Präparat tatsächlich ein Arzneimittel ist, wenn es in der empfohlenen Dosierung keine pharmakologischen Wirkungen hat.
Das Berufungsgericht hat selbst gesehen, daß die Auskunft des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 14. Januar 1997 die Arz-
neimitteleigenschaft von "B. " lediglich behauptet, aber nicht begründet, und daß auch die sonstigen vorgelegten behördlichen Stellungnahmen keine hinreichende Grundlage für die Beurteilung bilden, ob ein Präparat mit dem Stoff L-Carnitin in der Dosierung von 500 mg pro Capsette nach seiner objektiven Zweckbestimmung als Arzneimittel anzusehen ist. Die Allgemeinverfügung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 26. Januar 1994 enthält lediglich die - nicht begründete - Entscheidung, daß L-Carnitin enthaltende Nahrungsergänzungsmittel , die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft oder einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind, im Inland vertrieben werden dürfen, wenn auf dem Etikett deutlich darauf hingewiesen wird, daß pro Tag nicht mehr als 200 mg LCarnitin verzehrt werden sollen. Die Monographie "L-Carnitin" des Bundesgesundheitsamts behandelt bei der Frage der medizinischen Verwendung von LCarnitin nur den Einsatz dieses Stoffes in Dosierungen, die bei weitem die Dosierung von 500 mg pro Tag übersteigen. Das Berufungsgericht hat dementsprechend in den Entscheidungsgründen ausdrücklich davon abgesehen, eine Feststellung dazu zu treffen, ob das Präparat "B. " nach wissenschaftlicher Beurteilung in der Dosierung von 500 mg pro Tag pharmakologische Wirkungen hat. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ergibt sich dazu auch nichts aus der Darstellung des unstreitigen Sachverhalts im Tatbestand der angegriffenen Entscheidung. Ohne Feststellungen zu den pharmakologischen Wirkungen von "B. ", die nicht ohne die beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens möglich sein werden, kann jedoch nicht beurteilt werden , ob das Präparat mit seinem Inhaltsstoff L-Carnitin in der vorgeschlagenen Dosierung nicht lediglich ein Nahrungsergänzungsmittel ist, das einen - sich bei besonderer sportlicher Betätigung ergebenden - Mangel an gewöhnlich mit der allgemeinen Nahrung aufgenommenen Nährstoffen ausgleichen soll.
Auf die Frage, ob L-Carnitin in Dosierungen, die weit über der Einnahme von 500 mg pro Tag liegen, pharmakologische Wirkungen hat, kommt es nach dem Sachvorbringen der Parteien nicht an. Denn es ist nicht vorgetragen worden , daß die angesprochenen Verkehrskreise in erheblichem Umfang das Präparat "B. " auch bei einer Verzehrempfehlung von nur 500 mg pro Tag in der Annahme besonderer arzneilicher Wirkungen in weit höheren Dosierungen zu sich nehmen könnten.

c) Die Feststellungen des Berufungsgerichts zum Erscheinungsbild des Präparats "B. " genügen nicht als Grundlage für seine Annahme, es handele sich um ein Arzneimittel. Auf die Frage, ob ein Präparat, das keine pharmakologischen Wirkungen besitzt, allein wegen der Art und Weise seiner Präsentation im Vertrieb als Arzneimittel zu behandeln sein könnte, kommt es daher hier nicht an.
(1) Das Berufungsgericht hat allerdings zutreffend angenommen, daß die Bezeichnung von "B. " als diätetisches Lebensmittel auf der Verpackung für sich genommen noch nicht bewirkt, daß es als Lebensmittel einzustufen ist (vgl. BVerwGE 97, 132, 135). Wie das Berufungsgericht dargelegt hat, stehen dem auch die Werbeangabe auf der Verpackung "Biocarrier für die Ausdauerleistung" und die Bezeichnung des Präparats "B. " entgegen, die - wenn auch in recht unbestimmter Form - nicht auf Ernährungszwecke, sondern auf irgendeine Transportfunktion des Präparats hinweisen.
(2) Umgekehrt sind - wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat - die Darreichungsform (Capsetten) und die Verpackung (Blisterstreifen in einer Faltschachtel) sowie der Vertrieb über Apotheken kein ausreichender Hinweis auf ein Arzneimittel. Es ist üblich geworden, daß Nahrungsergänzungsmittel,
die der Ergänzung der Nahrung durch die gezielte Zufuhr von bestimmten Stoffen wie z.B. Vitaminen, Mineralstoffen, essentiellen Fettsäuren oder bestimmten Eiweißstoffen oder Kohlehydraten dienen (vgl. Amtliche Begründung zu § 1 Abs. 3 Nährwert-Kennzeichnungsverordnung [NKV], BR-Drucks. 796/94 S. 20), wie Arzneimittel in Tabletten-, Kapsel- oder Pulverform angeboten werden. Solche Darreichungsformen sind bedarfsgerecht und schließen als solche nicht aus, daß die Stoffe oder Zubereitungen als Nahrungsergänzungsmittel angesehen werden (vgl. Amtliche Begründung zu § 1 Abs. 3 NKV aaO S. 20). Dementsprechend kann der Anwendungshinweis auf der Verpackung ("Im allgemeinen täglich 1 Capsette lutschen oder kauen"), der in dieser Art auch bei einem Arzneimittel gegeben werden könnte, für die Einordnung von "B. " als Arzneimittel oder Lebensmittel nicht ausschlaggebend sein. Auch bei einem Nahrungsergänzungsmittel kann ein Bedürfnis des Verkehrs nach einem Hinweis darauf bestehen, welche Mengen pro Tag sinnvollerweise eingenommen werden sollten (vgl. OVG Berlin Pharma Recht 1995, 263, 270; VGH München NJW 1998, 845, 846).
Ebenso ist der ausschließliche Vertrieb über Apotheken kein sicheres Indiz für eine Zweckbestimmung als Arzneimittel. Nahrungsergänzungsmittel, die - wie dargelegt - vielfach wie Arzneimittel verpackt werden, gehören zu den apothekenüblichen Waren (§ 25 Nr. 6 ApBetrO). Aus dem Vertrieb über Apotheken kann deshalb nicht auf ein Arzneimittel geschlossen werden (vgl. OVG Berlin Pharma Recht 1995, 263, 270 und 1995, 403, 410; Köhler, ZLR 1999, 599, 606 f., m.w.N.).
(3) Bei der Einordnung des Präparats "B. " als Arzneimittel hat das Berufungsgericht letztlich entscheidend darauf abgestellt, wie die Beklagte das Produkt früher in ihrer Werbung und im Beipackzettel gekennzeichnet hat. Dem
kann nicht zugestimmt werden. Das Berufungsgericht hat bei dieser Beurteilung seine eigene - zutreffende - Ausgangsüberlegung nicht mehr beachtet, daß Gegenstand des Klageantrags nur der Vertrieb des Präparats"B. " als solcher ist, so wie es sich dem Verbraucher in den vorgelegten Verpackungen darstellt. Auf Werbeangaben, die nicht auf den Faltschachteln selbst zu finden sind, kann deshalb bei der Entscheidung über den als Hauptantrag gestellten Klageantrag nicht abgestellt werden.
III. Auf die Revision der Beklagten war danach das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck
Pokrant Büscher

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 19. Februar 2008 - 3 K 2149/06 - geändert. Die Untersagungsverfügung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 7. November 2006 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Rechtstreit betrifft insbesondere die Frage, ob eine Kräutertee-Mischung durch ihre Internetpräsentation als Arzneimittel eingestuft werden kann. Die Klägerin wendet sich gegen ein vom Beklagten verfügtes Verkaufsverbot.
Die Klägerin vertreibt das in Kanada hergestellte Produkt „F... ...“ auf dem deutschen Markt. Dabei handelt es sich um eine in Portionsbeutel von 21 g abgefüllte Kräuterteemischung. Die Zutaten (Klettenwurzel, kleiner Sauerampfer, Ulmenrinde, Brunnenkresse, Benediktenkraut, Braunalge, Rotkleeblüten und Rhabarberwurzel) sind üblicherweise in Kräuter- oder Früchtetees nicht enthalten und führen zu einem leicht bitteren Geschmack. Ausweislich des Beipackzettels ist für die Zubereitung ein Beutel mit 1 ¼ l Trinkwasser aufzukochen und für 10 bis 12 Stunden ziehen zu lassen. Von dem so gewonnenen Teeauszug sollen 30 bis 60 ml (2 bis 4 Esslöffel) mit der gleichen oder doppelten Menge Trinkwasser verdünnt und am besten morgens vor dem Frühstück und abends vor dem Schlafengehen getrunken werden. Die Klägerin bietet die drei Beutel enthaltende Verkaufspackung, die nach ihren Angaben für 7-9 Wochen ausreicht, zum Preis von 25,90 EUR zum Verkauf an.
Durch verbindliche Zolltarifauskunft der Oberfinanzdirektion Nürnberg vom 13.08.1999 ist das Produkt in die Zollnomenklatur 2106909280 eingereiht und damit als Lebensmittel eingestuft worden. Auch der Beklagte bewertete das Produkt nach einer Begutachtung durch das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Freiburg vom 04.07.2000 als Lebensmittel, weil ihm eine therapeutische Wirkung nicht zukomme. Angesichts der Produktaufmachung und Bewerbung kam es im Folgenden jedoch zu Unstimmigkeiten hinsichtlich der zutreffenden Einordnung der Kräuterteemischung. Auch über die pharmakologische Wirkung der Rhabarberwurzel konnte zwischen den Beteiligten keine Einigkeit erzielt werden. Ihre ursprünglich auf heilende Wirkung bezogene Werbung hat die Klägerin eingestellt. Auch der auf ihrer Homepage enthaltene Link auf die Website des kanadischen Herstellers ist entfernt worden. Dieser weist in englischer Sprache darauf hin, dass der Tee bedenkenlos während einer Strahlenbehandlung oder einer Chemotherapie eingenommen werden könne. In verschiedenen Internetforen wird „F... ...“ heilende Wirkung insbesondere in Bezug auf Krebserkrankung zugeschrieben. In einem Gutachten vom 13.05.2005 kam das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe zu dem Ergebnis, dass es sich bei „F... ...“ nach der materiellen Zusammensetzung, den Angaben im Beipackzettel, den Werbeaussagen auf der Website und der damit verbundenen überwiegenden objektiven Zweckbestimmung um ein Arzneimittel handele.
Mit Verfügung vom 07.11.2006 untersagte das Regierungspräsidium Freiburg der Klägerin daraufhin das In-Verkehr-Bringen von „F... ...“ gemäß § 69 Abs. 1 Nr. 1 des Arzneimittelgesetzes - AMG -. Zwar handele es sich bei dem Produkt nicht um ein Funktionsarzneimittel. Angesichts der Bestandteile, für die in Deutschland eine arzneilich geprägte Vorstellung bestehe, der Aussagen auf der Packungsbeilage sowie der Bewerbung im Internet müsse „F... ...“ jedoch als Präsentationsarzneimittel betrachtet werden. Dies folge auch daraus, dass im Zweifelsfall nach dem Strengegrundsatz der gemeinschaftsrechtlichen Arzneimittel-Richtlinie das Arzneimittelrecht Anwendung finde. Im Übrigen sei das Produkt auch als Lebensmittel nicht verkehrsfähig, weil die krankheitsbezogene Werbung gegen § 12 Abs. 1 Nr. 1 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches - LFGB - verstoße und mit der Rhabarberwurzel einen nicht zugelassenen Lebensmittelzusatzstoff enthalte.
Die hiergegen erhobene Anfechtungsklage wies das Verwaltungsgericht Freiburg mit Urteil vom 19.02.2008 ab. Angesichts der Häufung verschiedener Kriterien und deren Zusammenwirken sei der Beklagte zu Recht vom Vorliegen eines Präsentationsarzneimittels ausgegangen. Dem stehe nicht entgegen, dass die - insbesondere auf die Krebsbekämpfung bezogene - Bewerbung Dritter der Klägerin nicht zugerechnet werden könne. Denn durch die ursprüngliche Bewerbung der Klägerin und von Dritten verfasste Internetbeiträge habe sich zwischenzeitlich eine Meinung des durchschnittlichen Verbrauchers gebildet, dass „F... ...“ Heilzwecken diene.
Die Klägerin hat hiergegen die vom Verwaltungsgerichtshof durch Beschluss vom 17.12.2008 (- 9 S 991/08 -) zugelassene Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, „F... ...“ erfülle nicht die Tatbestandsmerkmale eines Arzneimittels. Dies ergebe sich bereits daraus, dass der Beklagte den rechtlichen Anknüpfungspunkt verkannt habe. Denn die Zweifelsregelung in Art. 2 Abs. 2 der Arzneimittelrichtlinie setze den positiven Nachweis der Arzneimitteleigenschaft voraus. Dieser liege im vorliegenden Fall jedoch gerade nicht vor. Eine entsprechende Verkehrsauffassung des durchschnittlich informierten, verständigen und aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers könne nicht festgestellt werden. Entgegen der Auffassung des Beklagten und des Verwaltungsgerichts könne aus gesundheitsbezogenen Aussagen nicht auf eine Arzneimitteleigenschaft geschlossen werden. Dementsprechend habe der EuGH im Knoblauchkapsel-Urteil klargestellt, dass auch Lebensmittel der Gesundheitserhaltung dienen könnten. Selbst der Anschein eines Arzneimittels stehe der Lebensmitteleigenschaft nicht entgegen, wie sich aus § 11 Abs. 1 Nr. 4 LFGB ergebe. Folgerichtig könne aus den Anwendungs- und Dosierungsempfehlungen ebenfalls nicht auf das Vorliegen eines Arzneimittels geschlossen werden. Vielmehr seien entsprechende Verzehrempfehlungen etwa in § 4 Abs. 2 Nr. 2 der Nahrungsergänzungsmittel-Verordnung sogar gesetzlich vorgeschrieben. Schließlich seien auch Warnhinweise für Lebensmittel nicht untypisch, wie sich etwa aus § 13 Abs. 1 Nr. 6 LFGB, §§ 20a, 21a Abs. 5 Nr. 2, 23 Abs. 3 Nr. 2, 24 Nr. 2 Diätverordnung, § 8 Abs. 8 Nr. 3 Mineral- und Tafelwasserverordnung oder § 2 Abs. 1 Satz 2 Essigverordnung ergebe. Schließlich folge auch aus dem verwendeten Begriff der „Charge“ kein Arzneimittelbezug, die Formulierung werde vielmehr auch im Lebensmittelbereich verwendet. Insgesamt lasse sich der Produktaufmachung daher nichts für eine arzneiliche Zweckbestimmung von „F...-...“ entnehmen.
Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht darüber hinaus die Arzneimittelqualifikation aus einer krankheitsbezogenen Bewerbung geschlossen. Dabei habe das Verwaltungsgericht bereits verkannt, dass eine Aussage nur dann krankheitsbezogen sei, wenn sie sich tatsächlich auf eine Krankheit beziehe. Die in der Urteilsbegründung herangezogenen Passagen, wonach „F... ...“ der Steigerung der körpereigenen Abwehrkräfte, der Regulierung des Stoffwechsels und der Entschlackung diene, bezögen sich jedoch gerade nicht auf krankhafte Zustände. Es handele es sich daher lediglich um gesundheitsbezogene Aussagen, die dem Tatbestand des § 12 Abs. 1 LFGB nicht zugeordnet werden könnten. Die in der Vergangenheit teilweise krankheitsbezogen erfolgte Bewerbung habe die Klägerin längst eingestellt. Schließlich ergebe sich aus §§ 11 Abs. 1 Nr. 4, 12 LFGB, dass aus krankheitsbezogenen Angaben allein eine Qualifikation als Arzneimittel nicht geschlossen werden könne. Soweit zur Rechtfertigung der Arzneimitteleigenschaft auf Internetaussagen Dritter verwiesen worden sei, werde verkannt, dass derartige Beiträge der Klägerin nicht zugerechnet werden könnten. Den Link zur Hersteller-Hompage habe die Klägerin aber von ihrer eigenen Website entfernt, nachdem sie auf dort anzutreffende krankheitsbezogene Angaben aufmerksam gemacht worden sei.
Soweit der Beklagte auf die stoffliche Zusammensetzung des Produkts - und insbesondere die Beifügung der Rhabarberwurzel - verwiesen habe, werde übersehen, dass die enthaltene Menge weit unter der pharmakologisch wirksamen Standarddosis liege. Angesichts der viel zu geringen Konzentration des Inhaltsstoffs könne daher selbst die enthaltene Rhabarberwurzel nicht mehr als Arzneimittel klassifiziert werden. Insbesondere aber verkenne der Beklagte, dass die Zutat Rhabarberwurzel nicht den Gesamtcharakter des beanstandeten Kräutertees präge. Insgesamt erfülle der von der Klägerin vertriebene Kräutertee „F... ...“ daher nicht die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen für die Annahme eines Arzneimittels, sodass die Untersagungsverfügung keinen Bestand haben könne. Dies ergebe sich im Übrigen auch aus europarechtlichen Erwägungen, weil das Produkt in Belgien zulässigerweise als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werde. Schließlich verstoße die Untersagungsverfügung auch gegen die Grundsätze der Welthandelsabkommen. Denn das streitgegenständliche Produkt „F...-...“ werde in Kanada zulässiger Weise hergestellt und in den Verkehr gebracht, sodass eine Untersagungsverfügung auch an Art. 2 Abs. 2 und 3 des sog. SPS-Übereinkommens zu messen sei. Den danach für eine Verbotsverfügung zu leistenden Erforderlichkeitsnachweis habe der Beklagte nicht geführt.
Die Klägerin beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 19. Februar 2008 - 3 K 2149/06 - zu ändern und die Verfügung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 7. November 2006 aufzuheben.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er hält das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts für zutreffend und verweist auf den gemeinschaftsrechtlichen Strengegrundsatz, wonach im Zweifelsfall die strengeren Vorschriften des Arzneimittelrechts zur Anwendung gelangen müssten. Die vorgetragenen Rügen der Klägerin würden dem erstinstanzlichen Urteil nicht gerecht, weil verkannt werde, dass sich die rechtliche Einordnung des von der Klägerin vertriebenen Produktes erst aus der Gesamtheit des vom Verwaltungsgericht beschriebenen Indizienbündels ergebe. Soweit sich die Klägerin gegen eine Zurechnung der Aussagen Dritter wende, sei diese vom Verwaltungsgericht gar nicht vorgenommen worden. Vielmehr habe das Verwaltungsgericht - zutreffend - die im Internet auffindliche Werbung und Produktbeschreibung lediglich als Indiz für eine bestehende Verkehrsanschauung herangezogen. Unabhängig hiervon gehe diese Einordnung jedoch auch auf ein unmittelbares Verhalten der Klägerin zurück. Insoweit könne bereits auf die Produktaufmachung verwiesen werden, in der beispielsweise auf eine „Wirkung“ von „F... ...“ verwiesen werde, die nur für Arzneimittel typisch sei. Unstreitig habe auch die Klägerin selbst den von ihr vertriebenen Kräutertee krankheitsbezogen beworben. Entgegen ihrer Darstellung propagiere sie auch heute noch die Heilwirkung des Kräutertees bei Krebs, die sie durch die Berufung auf die O...-Indianer und die Krankenschwester R... ... zu belegen suche. Gebe man in der Suchmaschine Google den Begriff „Krebs“ ein, so sei lange Zeit auf der rechten Seite sogar eine gewerbliche Anzeige der Klägerin erschienen. Auch heute noch finde sich ein Link auf Buchempfehlungen, in denen von krebsheilenden Wirkungen berichtet werde.
14 
Soweit die Klägerin darauf verweise, dass die verwendete Menge an Rhabarberwurzel eine pharmakologische Wirksamkeit nicht entfalten könne, verkenne sie, dass es vorliegend nicht um die Einstufung als Funktionsarzneimittel gehe. Für die Einstufung als Präsentationsarzneimittel reiche es indes aus, dass der Inhaltsstoff zu einer arzneilich geprägten Verkehrsanschauung führe. Angesichts der Tatsache, dass der Tee unstreitig bitter und nicht wohlschmeckend sei, und unter Berücksichtigung des ungewöhnlich hohen Preises präsentiere sich „F... ...“ im Verständnis des Verbrauchers als Arzneimittel. Aus der von der Klägerin zitierten Rechtsprechung ergebe sich nichts anderes, weil diese durchgängig anders gelagerte Konstellationen betreffe.
15 
Dem Senat liegen die Behördenakten des Beklagten (2 Bände), die Akten des Verwaltungsgerichts sowie die Senatsakten vor, auf die wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene und den Anforderungen des § 124a Abs. 6 VwGO entsprechend erhobene Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, da es sich bei dem von der Klägerin vertriebenen Produkt „F... ...“ nicht um ein Arzneimittel handelt. Die als Anfechtungsklage gegen einen belastenden Verwaltungsakt eines Regierungspräsidiums gemäß § 6a Satz 1 (jetzt § 15 Abs. 1 Satz 1) AG-VwGO a.F. ohne Durchführung eines Widerspruchsverfahrens zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg.
I.
17 
Grundlage der ergangenen Untersagungsverfügung ist § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Arzneimittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 12.12.2005 (BGBl. I S. 3394; zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.07.2009, BGBl. I S. 1990, berichtigt durch Gesetz vom 09.10.2009, BGBl. I S. 3578 - AMG -). Danach können die zuständigen Behörden - und damit das gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 der Pharmazie- und Medizinprodukte-Zuständigkeitsverordnung vom 17.10.2000 (GBl. S. 694; zuletzt geändert durch Verordnung vom 21.07.2006, GBl. S. 277) zuständige Regierungspräsidium - das Inverkehrbringen von Arzneimitteln untersagen, wenn die erforderliche Zulassung oder Registrierung nicht vorliegt. Da eine Zulassung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG für das von der Klägerin vertriebene Produkt nicht erteilt worden ist, lägen die Voraussetzungen der auf § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG gestützten Untersagungsverfügung deshalb vor, wenn es sich bei dem streitigen Kräutertee um ein Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 AMG handeln würde.
18 
Das Verwaltungsgericht hat diese Frage bejaht und das von der Klägerin vertriebene Produkt als Präsentationsarzneimittel eingestuft. Dieser Feststellung vermag sich der erkennende Senat in dem für die Entscheidung über einen Dauerverwaltungsakt nach § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2004 - 3 C 16/03 -, NVwZ 2005, 87; Bay. VGH, Beschluss vom 24.08.2009 - 9 CS 09.1023 -, GewArch 2009, 497) nicht anzuschließen. Weder aus der Zweifelsfallregelung (1.) oder der Beigabe von Rhabarberwurzel (2.) noch aus der Bezeichnung, Produktgestaltung und Bewerbung durch die Klägerin (3.) oder durch Internetbeiträge Dritter (4.) lässt sich die Arzneimitteleigenschaft des von der Klägerin auf dem deutschen Markt in den Verkauf gebrachten Produktes begründen.
19 
1. Die hier streitige Abgrenzung der Arzneimittel von den Lebensmitteln ist an Hand der gemeinschaftsrechtlichen Begriffsbestimmung des Arzneimittels in Art. 1 Nr. 2 der „Arzneimittel“-Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel vom 06.11.2001 (ABl. EG Nr. L 311 S. 67 in der Fassung der Änderungsrichtlinie 2004/27/EG vom 31.03.2004, ABl. EG Nr. L 136 S. 34) vorzunehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5/09 -, NVwZ 2009, 1038), die auch dem Arzneimittelbegriff des § 2 Abs. 1 AMG in der Neufassung des Änderungsgesetzes vom 17.07.2009 - trotz der teilweise unterschiedlichen sprachlichen Fassung - zu Grunde liegt (vgl. die Gesetzesbegründung in BR-Drs. 171/09, S. 65: „in das deutsche Recht überführt“; dazu auch Müller, NVwZ 2009, 425 [428]).
20 
Entgegen der vom Beklagten vertretenen Auffassung führt die Zweifelsfallregelung aus Art. 2 Abs. 2 der Arzneimittel-Richtlinie 2001/83/EG - nach der in Zweifelsfällen, in denen ein Erzeugnis unter Berücksichtigung aller seiner Eigenschaften sowohl unter die Definition von Arzneimitteln als auch unter die Definition eines Erzeugnisses fallen kann, das durch andere gemeinschaftliche Rechtsvorschriften geregelt ist, die Arzneimittel-Richtlinie gilt - nicht dazu, dass die Anforderungen für eine Einordnung des Produkts als Arzneimittel abgesenkt würden. Vielmehr ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die Vorrangregelung für das Arzneimittelrecht nur zur Anwendung kommt, wenn die Arzneimitteleigenschaft des Produktes festgestellt ist. Andernfalls würden die strengeren Vorschriften des Arzneimittelregimes auf Sachverhalte erstreckt und der freie Warenverkehr damit behindert, ohne dass hierfür eine ausreichende Rechtfertigung aus Gründen des Gesundheitsschutzes vorliegen würde (vgl. EuGH, Urteil vom 15.01.2009 - C-140/07 -, NVwZ 2009, 439).
21 
Auch in der Begründung zur Neufassung des Arzneimittelgesetzes ist ausdrücklich klargesellt: „Die Anwendung der Zweifelsfallregelung setzt die positive Feststellung der Arzneimitteleigenschaft des betreffenden Mittels voraus“ (BR-Drs. 171/09, S. 66). Dementsprechend setzt die Umsetzung der Zweifelsfallregelung in § 2 Abs. 3a AMG bereits tatbestandlich ein Arzneimittel voraus.
22 
Die Einordnung eines Produktes als Arzneimittel „auf Verdacht“ verbietet sich damit (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5/09 -, NVwZ 2009, 1038; ebenso bereits Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 22/06 -, ZLR 2008, 80).
23 
2. „F... ...“ kann nicht bereits durch die Beigabe von Rhabarberwurzel (oder anderer stofflicher Bestandteile) als Arzneimittel bewertet werden.
24 
a) Art. 1 Nr. 2 der Arzneimittel-Richtlinie 2001/83/EG und § 2 Abs. 1 AMG enthalten für den Begriff des Arzneimittels alternativ zwei Definitionen. Zum einen sind Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bestimmt sind. Zum anderen sind Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen. Diese zweifache Definition nimmt die seit langem das Arzneimittelrecht kennzeichnende Unterscheidung zwischen den sog. Präsentationsarzneimitteln (Arzneimittel nach Bezeichnung) und den Funktionsarzneimitteln (Arzneimittel nach Funktion) auf.
25 
b) Dass dem Kräutertee eine pharmakologische Wirkung zukommen würde - die Voraussetzung für die Einordnung als Funktionsarzneimittel nach Art. 1 Nr. 2 Buchst. b) der Richtlinie 2001/83/EG wäre -, hat der Beklagte selbst nicht behauptet.
26 
Anhaltspunkte hierfür sind trotz der in „F... ...“ enthaltenen Bestandteile von Rhabarberwurzel auch nicht ersichtlich. Nach den vorhandenen Erkenntnissen unterschreitet die in dem Produkt enthaltene Menge vielmehr den zur Erzielung einer nennenswerten physiologischen Wirkung erforderlichen Grenzwert erheblich. Auf die Frage, ob das Erzeugnis in einer höheren als der auf dem Beipackzettel angegebenen Dosierung pharmakologische Wirksamkeit entfaltet, kommt es für die Beurteilung der Arzneimitteleigenschaft aber nicht an (vgl. EuGH, Urteil vom 30.04.2009 - C-27/08 -, NVwZ 2009, 967). Weitere Sachverhaltsermittlungen zur Frage der pharmakologischen Wirkung des Produkts sind damit nicht angezeigt.
27 
c) Ob für Rhabarberwurzel in Deutschland eine arzneilich geprägte Verkehrsanschauung besteht, wie vom Beklagten vorgetragen, oder der Stoff überwiegend als geschmacksbildende Lebensmittelzutat im Umlauf ist, wie von der Klägerin behauptet, kann im Ergebnis offen bleiben.
28 
Denn eine entsprechende Verkehrsanschauung für Rhabarberwurzel könnte nur dann zur Einstufung von „F... ...“ als Präsentationsarzneimittel herangezogen werden, wenn die heilende Wirkung des Bestandteils nach der Verbrauchererwartung bei der Würdigung des Gesamtprodukts so im Vordergrund stehen würde, dass für dieses ebenfalls von einer krankheitsheilenden Zweckbestimmung auszugehen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 07.12.2000 - I ZR 158/98 -, NJW-RR 2001, 1329, Rn. 32). Der Verwendungszweck eines einzelnen Wirkstoffes kann daher grundsätzlich nicht mit dem Anwendungszweck einer aus mehreren Stoffen bestehenden Zubereitung gleichgesetzt werden, so dass es sich als unzulässige Verfahrensweise erweist, einen einzelnen Bestandteil herauszugreifen und allein ihn darauf zu untersuchen, ob er nach der Verkehrsauffassung krankheitsheilende Wirkung besitzt.
29 
Eine Tatsachengrundlage für die Annahme, trotz der geringen Dosierung und der nicht im Vordergrund stehenden Bewerbung mit dem Inhaltsstoff der Rhabarberwurzel präge dieser Bestandteil das Gesamtprodukt (vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 16.05.2007 - 3 C 34/06 -, NVwZ-RR 2007, 771, Rn. 24 f.), ist indes weder vom Beklagten vorgetragen noch sonst ersichtlich.
30 
3. Entgegen der vom Beklagten und dem Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung kann das von der Klägerin vertriebene Produkt auch nicht wegen der Etikettierung, Produktaufmachung oder Bewerbung als Präsentationsarzneimittel eingeordnet werden.
31 
Ein Produkt erfüllt diese Voraussetzungen, wenn es entweder ausdrücklich als ein Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bezeichnet wird oder aber sonst bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass es in Anbetracht seiner Aufmachung die betreffenden Eigenschaften haben müsse (vgl. EuGH, Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 -, Slg. 2007, I-9811, Rn. 46; BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5/09 -, NVwZ 2009, 1038).
32 
a) Der Tatsache, dass „F... ...“ in Belgien als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden kann, kommt für den vorliegenden Rechtsstreit keine Bedeutung zu. Denn eine europaweite Vollharmonisierung hat im Arzneimittelsektor noch nicht stattgefunden, so dass unterschiedliche Einstufungen eines Erzeugnisses durch verschiedene Mitgliedstaaten im gegenwärtigen Stand durchaus möglich sind (vgl. EuGH, Urteil vom 15.01.2009 - C-140/07 -, NVwZ 2009, 439 Rn. 28). Im Übrigen knüpft die Einordnung eines Produkts als Präsentationsarzneimittel an die jeweiligen Verkaufsmodalitäten an, die sich einzelfallbezogen unterscheiden können.
33 
Ebenso wenig kommt der Einstufung im Rahmen des Gemeinsamen Zolltarifs präjudizierende Wirkung zu. Denn entscheidende Kriterien für die tarifliche Einordnung sind (im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit) grundsätzlich objektive Eigenschaften und Merkmale; Aussagen über die für die Zuordnung zum Präsentationsarzneimittel maßgebliche Vermarktung enthält eine Zolltarifauskunft dagegen nicht (vgl. Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Stand: 03/09, § 2 Rn. 14).
34 
b) Von der Klägerin selbst wird „F... ...“ nicht als Arzneimittel, sondern als „Kräutertee“ bezeichnet. Es ist daher nicht davon auszugehen, ein verständiger Durchschnittsverbraucher werde annehmen, dass ein als Tee angebotenes Produkt tatsächlich ein Arzneimittel sei, wenn ihm in der empfohlenen Dosis keine pharmakologische Wirkung zukommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 21/06 -, Rn. 40 für Nahrungsergänzungsmittel).
35 
Trotz der Bezeichnung können aber andere Umstände hinzutreten, die ein Produkt gleichwohl als Arzneimittel erscheinen lassen, namentlich die Art der Bewerbung oder die preisende Nennung von (vermeintlich) arzneilich wirksamen Bestandteilen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.2007 - 3 C 34/06 -; Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Stand: 03/09, § 2 Rn. 22).
36 
c) Für ein arzneimittelartiges „Erscheinungsbild“ (vgl. Rennert, NVwZ 2008, 1179 [1182]) reicht es entgegen der Auffassung des Beklagten indes nicht aus, dass einem Produkt nach allgemeiner Verkehrsanschauung gesundheitsbezogene Wirkungen zugeschrieben werden. Vielmehr wird ein Produkt nur dann als Arzneimittel „präsentiert“, wenn es auf dem Etikett, durch die Angaben auf der Verpackung oder in sonstiger Weise den Eindruck erweckt, dass es Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung von menschlichen Krankheiten besitzt. Für den erforderlichen Heilmittelbezug genügt es daher nicht, dass einem Erzeugnis Eigenschaften zugeschrieben werden, die der Gesundheit im Allgemeinen förderlich sind. Es muss vielmehr gerade um die Funktion der Verhütung oder Heilung von menschlichen Krankheiten gehen (vgl. EuGH, Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 -, Slg. 2007, I-9811, Rn. 45 und 64). Bezugspunkt der Arzneimitteleigenschaft ist damit eine Abweichung vom normgemäßen Funktionieren des Organismus und damit eine angestrebte Wirkungsweise, die zu einer Veränderung führt, die außerhalb der normalen im menschlichen Körper ablaufenden Lebensvorgänge liegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 22/06 -, ZLR 2008, 80, Rn. 22).
37 
Ein derartiger Heilmittelbezug ist den Angaben auf der Verpackung nicht zu entnehmen. Auf dem Etikett wird „F... ...“ nicht als Arzneimittel, sondern als „Kräutertee-Auszug“ bezeichnet. Irgendwie geartete Anhaltspunkte für eine Heilmittelwirkung enthält die Verpackung nicht. Dass die bloße Wiedergabe des Fotos einer Pflanze auf der Verpackung eines Erzeugnisses nicht genügt, um bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher ein Vertrauen wie dasjenige hervorzurufen, das Arzneimittel normalerweise erwecken, hat der Europäische Gerichtshof bereits ausdrücklich entschieden (EuGH, Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 -, Slg. 2007, I-9811 Rn. 50). Gleiches gilt aber auch für die Berufung auf die „uralte Kräuterweisheit der O...-Indianer Kanadas“ und die „lange Beschäftigung auf dem Gebiet der Kräuter und Pflanzen“ von C... ... und R... .... Denn die Inanspruchnahme dieses Erfahrungsschatzes ist nicht auf heilende oder verfügende Funktionen bezogen, die Verpackung verweist insoweit lediglich auf „wohltuende Kräutertees“. Die Bezugnahme auf Erfahrungen und Autoritäten weist daher keinen Bezug zu arzneimittelbezogenen Eigenschaften auf (vgl. hierzu auch Senatsbeschluss vom 13.12.2007 - 9 S 509/07 -, GewArch 2008, 318). Im Übrigen sind die in Kanada offenbar populären Persönlichkeiten, die den Tee erfolgreich bei der Krebsbehandlung eingesetzt haben sollen, hier zu Lande wenig bekannt.
38 
Entsprechendes gilt für den dem Produkt beigefügten Beipackzettel. Hier wird „F... ...“ zwar als „wichtiger Beitrag zur täglichen Gesundheitspflege“ angepriesen und eine Förderung des gesunden Stoffwechsels und die Steigerung der körpereigenen Abwehrkräfte in Aussicht gestellt. Mit diesen Anpreisungen wird eine den Arzneimitteln vorbehaltene Wirkungsweise jedoch nicht in Anspruch genommen. Vielmehr wird lediglich eine der Gesundheit im Allgemeinen förderliche Wirkung behauptet, die zur Begründung der Arzneimitteleigenschaft gerade nicht ausreicht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem im Beipackzettel angebrachten Warnhinweis, wonach es erfahrungsgemäß vorkommen könne, dass manche Personen stark auf die Wirkung von „F... ...“ reagieren und es daher zu empfehlen sei, mit geringeren Mengen zu beginnen. Zu Recht hat die Klägerin vielmehr darauf hingewiesen, dass derartige Warnungen - insbesondere in Bezug auf die Dosierung - für Lebensmittel nicht untypisch und damit nicht geeignet sind, den Anschein eines Arzneimittels hervorzurufen. Auch die Verwendung des Begriffs der „Charge“ führt insoweit nicht zu einer abweichenden Beurteilung, weil keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher hierdurch der Eindruck erweckt werde, es müsse sich um ein Arzneimittel handeln. Dies gilt umso mehr, als in der konkreten Verwendungsweise der Begriff „Charge“ unmittelbar auf „Kräutertees“ bezogen wurde und ein direkter Arzneimittelbezug daher nicht suggeriert worden ist. Im Übrigen wird die Formulierung auch in lebensmittelrechtlichen Vorschriften und - wie dem Senat gerichtsbekannt - durch den Beklagten selbst in lebensmittelrechtlichen Verfügungen verwendet.
39 
Ohne Arzneimittelbezug ist schließlich der Internetauftritt der Klägerin. Auch hier wird lediglich auf die „Gesunderhaltung“ und das „Wohlbefinden“ abgestellt und eine krankheitsbezogene Heilungs- oder Verhütungswirkung damit nicht in Aussicht gestellt. Verlinkungen zu anderen Websites, die das von der Klägerin vertriebene Produkt in einen Heilmittelkontext stellen würden, sind auf der Homepage gegenwärtig nicht enthalten. Auch die vom Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Buchempfehlungen - die einen Stand vom 05.05.2008 aufweisen - sind in der aktuellen Fassung nicht mehr enthalten.
40 
d) Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin Aufmachung und Gestaltung des Beipackzettels noch im vorgerichtlichen Verfahren geändert und krankheitsbezogene Angaben aus der Etikettierung entfernt hat (vgl. dazu auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.11.2008 - 5 B 18/06 -; Kloesel/ Cyran, Arzneimittelrecht, Stand: 03/09, § 2 Rn. 22).
41 
Während auf der ursprünglichen Packungsbeilage (Bl. 3 der Behördenakte) noch von einem „alten, indianischen Heilmittel-Rezept“, von „Heilpflanzen“ und von einem „heilenden Stoff“ gesprochen und eine „Entgiftung auf allen Körperebenen“ angepriesen worden ist, sind diese heilbezogenen Aussagen in der gegenwärtigen Vermarktung durch die Klägerin durchgängig vermieden. Die Produktgestaltung bietet in ihrer gegenwärtigen Aufmachung daher keine hinreichenden Anknüpfungspunkte für eine spezifisch arzneimittelartige Verbrauchererwartung.
42 
Im für die Beurteilung der auf § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG gestützten Verfügung maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung geben die Umstände der Vermarktung des Produktes durch die Klägerin daher - auch in ihrer Gesamtheit - keinen hinreichenden Anlass, vom Vorliegen eines Arzneimittels nach der Präsentation auszugehen. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin ihre Bewerbung künftig ändern könnte, sind nicht ersichtlich. Im Übrigen stünden dem Beklagten insofern auch auf lebensmittelrechtlicher Grundlage Verbotsanordnungen nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 oder § 11 Abs. 1 Nr. 4 LFGB zur Verfügung.
43 
4. Die vorhandenen Erkenntnismittel lassen auch nicht den Schluss zu, dass durch die vorhandenen Internetbeiträge Dritter - unabhängig von Produktaufmachung und Bewerbung durch die Klägerin - bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher der Eindruck entsteht, „F... ...“ müsse arzneimittelartige Eigenschaften haben.
44 
a) Allerdings muss sich die Klägerin „Verhaltensweisen, Initiativen und Maßnahmen des Herstellers“, die bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher den Eindruck hervorrufen, bei dem in den Verkehr gebrachten Erzeugnis handle es sich um eine Arzneimittel, zurechnen lassen. Dies gilt selbst dann, wenn entsprechende Mitteilungen vom Hersteller erst auf Anfrage zugesandt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 28.10.1992 - C-219/91 -, Slg. 1992, I-5485, Rn. 26 und 28). Auch wenn ein Link zum Hersteller auf der Homepage der Klägerin nicht mehr gesetzt und die Internetadresse des Herstellers auf der Produktverpackung nicht mehr angebracht ist, sind die auf der Homepage des Herstellers auffindbaren Produkthinweise deshalb zu berücksichtigen. Denn auf der Verpackung ist der Name des Herstellers angegeben und damit ein ausreichender Hinweis gegeben, um sich bei diesem Informationen über die Eigenschaften des Erzeugnisses zu beschaffen. Das Aufrufen der Internet-Website des Herstellers steht der vom Europäischen Gerichtshof ausdrücklich entschiedenen Fallkonstellation der schriftlichen Nachfrage beim Hersteller insoweit gleich.
45 
Die damit bei der Beurteilung zu berücksichtigenden Herstellerhinweise geben indes nichts für die Einordnung von „F... ...“ als Präsentationsarzneimittel her. Heileigenschaften oder arzneimittelartige Wirkungen werden dort nicht beansprucht. Vielmehr findet sich bei der „Label Information“ lediglich der Hinweis, dass „F... ...“ auch bei einer Chemotherapie oder Strahlenbehandlung eingenommen werden könne („F... ... can safely be taken during chemotherapy or radiation treatment“). Damit sind zwar Assoziationen zu Krebskrankheiten verbunden, heilende Wirkung wird dem Tee indes nicht zugeschrieben. Auf die Frage, inwieweit die in englischer Sprache verfassten Internet-Beiträge geeignet sind, Verbrauchererwartungen deutscher Kunden zu begründen, kommt es daher nicht an.
46 
b) Darüber hinausgehende Aussagen Dritter in Internetforen oder ähnlichem, auf die die Klägerin weder Bezug nimmt noch Einfluss hat, können ihr dagegen nicht zugerechnet werden.
47 
Zwar ist die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hierzu nicht ganz eindeutig, weil es lediglich ausgeführt hat, der Einwand, nicht für beliebige Veröffentlichungen in die Verantwortung genommen werden zu können, gelte „jedenfalls“ nicht für die eigenen und die Produktbeschreibungen des Herstellers, dessen Internetadresse auf dem Verpackungsetikett angegeben sei (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5/09 -, NVwZ 2009, 1038, Rn. 23). Die Beschränkung auf ein zurechenbares Verhalten des Herstellers oder Verkäufers lässt sich aber aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ableiten. Denn Anknüpfungspunkt für die Verkehrsanschauung des durchschnittlich informierten Verbrauchers ist danach, dass das fragliche Erzeugnis „in Anbetracht seiner Aufmachung“ eine arzneimittelartige Wirkung haben müsse (ständige Rechtsprechung seit EuGH, Urteil vom 30.11.1983 - C-227/82 -, Slg. 1983, 3883, Rn. 18). Bezugspunkt der „Präsentation“ oder „Bestimmung“ ist demnach die „Aufmachung“ und damit ein dem Hersteller oder Verkäufer zurechenbares Verhalten.
48 
Eine andere Interpretation hätte zur Folge, dass dem Produkt die Verkehrsfähigkeit genommen würde, ohne dass der Klägerin eine unmittelbare Reaktion hierauf möglich wäre. Denn angesichts der fehlenden therapeutischen Wirksamkeit könnte eine Arzneimittelzulassung wohl nicht erreicht werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 22/06 -, ZLR 2008, 80, Rn. 26), die Beseitigung des arzneimittelartigen Erscheinungsbildes - die für den Vertrieb als Lebensmittel erforderlich wäre - steht der Klägerin mangels eigener Veranlassung oder Beherrschbarkeit aber ebenfalls nicht zur Verfügung. Sie wäre deshalb allein darauf verwiesen, durch entsprechende Werbeaussagen oder Produktgestaltungen dem - unabhängig von ihrem Verhalten - entstandenen Erscheinungsbild eines Arzneimittels entgegenzutreten. Ob eine derartige Obliegenheit als verhältnismäßige Ausgestaltung ihres Rechts auf berufliche Betätigung erachtet werden könnte, erscheint fraglich. Jedenfalls bis zum Erfolg derartiger Maßnahmen unterfiele das Produkt einem Verkaufsverbot, dessen Rechtfertigung Mühe bereiten würde. Der Zweck der Einbeziehung wirkungsloser Produkte in den Arzneimittelbegriff besteht gerade in dem Risiko der Verwendung eines wirkungslosen Präparates anstelle der geeigneten Heilmittel (vgl. Senatsbeschluss vom 13.12.2007 - 9 S 509/07 -, GewArch 2008, 318). Durch die Inanspruchnahme heilender Wirkungen kann zur Verwendung des vermeintlichen Arzneimittels angeregt und der Verbraucher damit in die Irre geführt werden, wenn die Erzeugnisse nicht die Wirksamkeit besitzen, welche die Verbraucher nach ihrer „Präsentation“ von ihnen erwarten dürfen (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 15.01.2009 - C-140/07 -, NVwZ 2009, 439, Rn. 25). Derartiges steht beim Konsum eines Kräutertees bei Krebserkrankungen aber kaum zu befürchten.
49 
Die Frage bedarf vorliegend aber keiner abschließenden Entscheidung. Denn selbst bei Berücksichtigung der allgemein zu „F... ...“ im Internet auffindbaren Beiträge kann nicht davon ausgegangen werden, dass bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher „mit Gewissheit“ der Eindruck einer krankheitsheilenden oder -verhütenden Wirkung des Produkts entsteht. Zwar finden sich im Internet durchaus Einträge, in denen „F... ...“ krebsheilende oder jedenfalls förderliche Wirkung im Rahmen einer Krebsbehandlung zugeschrieben wird. Diesen stehen jedoch nicht minder zahlreiche Veröffentlichungen gegenüber, in denen eine entsprechende Wirksamkeit bestritten oder jedenfalls in Zweifel gezogen wird. Bei einer von einem durchschnittlich informierten Verbraucher durchgeführten Internetrecherche zur krebsheilenden Wirkung von „F... ...“ müsste daher der Eindruck entstehen, dass stichhaltige Belege und Studien für eine entsprechende Wirksamkeit fehlen, in einzelnen Fällen gleichwohl von einer positiven Wirkung berichtet wird, die andere Berichte in Abrede stellen. Auch bei Berücksichtigung der allgemein im Internet auffindbaren Beiträge zu „F... ...“ entsteht daher nicht „mit Gewissheit“ der Eindruck einer heilenden oder krankheitsverhütenden Wirkung. Trotz gelegentlicher anpreisender oder „heilversprechender“ Beiträge erscheint das bei einer Internetrecherche anzutreffende Bild vielmehr hinreichend differenziert, so dass von einem mit Gewissheit entstehenden Eindruck einer arzneimittelartigen Wirkung nicht gesprochen werden kann.
50 
Angesichts der damit fehlenden Arzneimitteleigenschaft des von der Klägerin vertriebenen Produktes „F... ...“ liegen die Tatbestandsvoraussetzungen für die auf § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG gestützte Untersagungsverfügung nicht vor. Dies gilt auch angesichts des Beklagtenvortrags in der mündlichen Verhandlung, wonach krebskranke Menschen in ihrer Not besonders leicht zu beeinflussen seien und ihre Hoffnung in unwirksame „Heilmittel“ setzten.
II.
51 
Die Untersagungsverfügung erweist sich auch nicht im Hinblick auf die hilfsweise angestellten Erwägungen zum Lebensmittelrecht als rechtmäßig.
52 
Dies folgt zunächst schon daraus, dass diese Ausführungen den ausdrücklich auf § 69 Abs. 1 Nr. 1 AMG bezogenen Tenorausspruch der Untersagungsverfügung nicht zu tragen vermögen. Auch die Bezeichnung der Erwägungen als „Hilfsgutachten“ lässt nicht erkennen, dass der Behörde ein vom Arzneimittelrecht unabhängiger Regelungswille zukam. Aus der maßgeblichen Sicht des objektivierten Empfängerhorizontes erweisen sich die Darlegungen nicht als alternative und eigenständig tragende Begründung einer ausschließlich auf das Lebensmittelrecht gestützten Verfügung, sondern nur als ergänzende Abstützung einer arzneimittelrechtlichen Entscheidung. Hierfür spricht auch, dass in dem Bescheid nur ausgeführt wurde, das Inverkehrbringen des Produkts „könnte“ im Falle der Lebensmitteleigenschaft auch gemäß § 39 Abs. 2 LFGB verboten werden. Eine bereits getroffene Regelung lässt sich hieraus nicht entnehmen.
53 
Dementsprechend finden sich in dem Bescheid auch keine Ausführungen zur Zuständigkeit des Regierungspräsidiums. Grundsätzlich sind zum Vollzug des Lebensmittelrechts aber gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 LFGB i.V.m. §§ 19 Abs. 1, 18 Abs. 4 AG-LMBG und § 15 Abs. 1 LVG die Landratsämter und Stadtkreise berufen. Das Regierungspräsidium könnte nach §§ 19 Abs. 2, 18 Abs. 3 AG-LMBG nur dann zur Entscheidung befugt sein, wenn die Aufgabe in die Dienstbezirke mehrerer nachgeordneter Lebensmittelüberwachungsbehörden fiele und daher sachgerecht nur einheitlich wahrgenommen werden könnte. Hierzu ist indes nichts vorgetragen.
54 
Jedenfalls aber rechtfertigen die hilfsgutachtlich angestellten Erwägungen auch keine auf § 39 Abs. 2 LFGB gestützte Untersagung. Selbst wenn eine gegen § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB verstoßende krankheitsbezogene Werbung vorliegen sollte, rechtfertigte diese in Ansehung des in § 39 Abs. 2 LFGB ausdrücklich aufgenommenen („notwendige Anordnungen“ soweit sie „erforderlich“ sind) Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kein Inverkehrbringens-Verbot. Auch die Voraussetzungen der §§ 6 Abs. 1 Nr. 2, 2 Abs. 3 LFGB sind jedenfalls nicht fehlerfrei dargelegt. Denn die Tatbestandsvoraussetzungen würden den Nachweis verlangen, dass die Rhabarberwurzel in „F... ...“ nicht zu Würzzwecken, sondern aus technologischen Gründen zugesetzt wird. Substantiierte Anhaltspunkte hierfür enthält der Bescheid indes nicht.
55 
Der angefochtene Bescheid des Regierungspräsidiums ist daher aufzuheben und das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern.
III.
56 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
57 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil im Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgte Klärung des Arzneimittelbegriffs und der Zweifelsfallregelung in der obergerichtlichen Rechtsprechung keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.
58 
Beschluss vom 11. Februar 2010
59 
Der Streitwert des Verfahrens in beiden Instanzen wird - hinsichtlich der Streitwertfestsetzung für das Verfahren erster Instanz unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses vom 26. März 2008 - auf jeweils 86.500,-- EUR festgesetzt.
60 
Nach § 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 25.1 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327) und ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Senatsbeschluss vom 13.12.2007 - 9 S 1958/07 -, NVwZ-RR 2008, 430) wird der Streitwert für Verkaufsverbote und ähnliche Maßnahmen im Lebens- und Arzneimittelrecht anhand des Verkaufswerts der betroffenen Waren bestimmt. Diesen hat die Klägerin mit rund 86.500,-- EUR beziffert, ohne dass vom Beklagten gegen die Höhe des Verkaufserlöses Einwände erhoben worden sind oder Bedenken ersichtlich wären.
61 
Der Senat sieht sich angesichts der im Berufungsverfahren vorgelegten Angaben zum Verkaufswert der betroffenen Waren auch veranlasst, die Streitwertfestsetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG von Amts wegen zu ändern. Es sind keine Ermessensgesichtspunkte ersichtlich, die es sachgerecht erscheinen lassen könnten, die zwischenzeitlich vorhandenen Anhaltspunkte für die sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebende Bedeutung der Sache nicht zu berücksichtigen (vgl. auch hierzu bereits Senatsbeschluss vom 13.12.2007 - 9 S 1958/07 -, NVwZ-RR 2008, 430).
62 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene und den Anforderungen des § 124a Abs. 6 VwGO entsprechend erhobene Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, da es sich bei dem von der Klägerin vertriebenen Produkt „F... ...“ nicht um ein Arzneimittel handelt. Die als Anfechtungsklage gegen einen belastenden Verwaltungsakt eines Regierungspräsidiums gemäß § 6a Satz 1 (jetzt § 15 Abs. 1 Satz 1) AG-VwGO a.F. ohne Durchführung eines Widerspruchsverfahrens zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg.
I.
17 
Grundlage der ergangenen Untersagungsverfügung ist § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Arzneimittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 12.12.2005 (BGBl. I S. 3394; zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.07.2009, BGBl. I S. 1990, berichtigt durch Gesetz vom 09.10.2009, BGBl. I S. 3578 - AMG -). Danach können die zuständigen Behörden - und damit das gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 der Pharmazie- und Medizinprodukte-Zuständigkeitsverordnung vom 17.10.2000 (GBl. S. 694; zuletzt geändert durch Verordnung vom 21.07.2006, GBl. S. 277) zuständige Regierungspräsidium - das Inverkehrbringen von Arzneimitteln untersagen, wenn die erforderliche Zulassung oder Registrierung nicht vorliegt. Da eine Zulassung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG für das von der Klägerin vertriebene Produkt nicht erteilt worden ist, lägen die Voraussetzungen der auf § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG gestützten Untersagungsverfügung deshalb vor, wenn es sich bei dem streitigen Kräutertee um ein Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 AMG handeln würde.
18 
Das Verwaltungsgericht hat diese Frage bejaht und das von der Klägerin vertriebene Produkt als Präsentationsarzneimittel eingestuft. Dieser Feststellung vermag sich der erkennende Senat in dem für die Entscheidung über einen Dauerverwaltungsakt nach § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2004 - 3 C 16/03 -, NVwZ 2005, 87; Bay. VGH, Beschluss vom 24.08.2009 - 9 CS 09.1023 -, GewArch 2009, 497) nicht anzuschließen. Weder aus der Zweifelsfallregelung (1.) oder der Beigabe von Rhabarberwurzel (2.) noch aus der Bezeichnung, Produktgestaltung und Bewerbung durch die Klägerin (3.) oder durch Internetbeiträge Dritter (4.) lässt sich die Arzneimitteleigenschaft des von der Klägerin auf dem deutschen Markt in den Verkauf gebrachten Produktes begründen.
19 
1. Die hier streitige Abgrenzung der Arzneimittel von den Lebensmitteln ist an Hand der gemeinschaftsrechtlichen Begriffsbestimmung des Arzneimittels in Art. 1 Nr. 2 der „Arzneimittel“-Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel vom 06.11.2001 (ABl. EG Nr. L 311 S. 67 in der Fassung der Änderungsrichtlinie 2004/27/EG vom 31.03.2004, ABl. EG Nr. L 136 S. 34) vorzunehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5/09 -, NVwZ 2009, 1038), die auch dem Arzneimittelbegriff des § 2 Abs. 1 AMG in der Neufassung des Änderungsgesetzes vom 17.07.2009 - trotz der teilweise unterschiedlichen sprachlichen Fassung - zu Grunde liegt (vgl. die Gesetzesbegründung in BR-Drs. 171/09, S. 65: „in das deutsche Recht überführt“; dazu auch Müller, NVwZ 2009, 425 [428]).
20 
Entgegen der vom Beklagten vertretenen Auffassung führt die Zweifelsfallregelung aus Art. 2 Abs. 2 der Arzneimittel-Richtlinie 2001/83/EG - nach der in Zweifelsfällen, in denen ein Erzeugnis unter Berücksichtigung aller seiner Eigenschaften sowohl unter die Definition von Arzneimitteln als auch unter die Definition eines Erzeugnisses fallen kann, das durch andere gemeinschaftliche Rechtsvorschriften geregelt ist, die Arzneimittel-Richtlinie gilt - nicht dazu, dass die Anforderungen für eine Einordnung des Produkts als Arzneimittel abgesenkt würden. Vielmehr ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die Vorrangregelung für das Arzneimittelrecht nur zur Anwendung kommt, wenn die Arzneimitteleigenschaft des Produktes festgestellt ist. Andernfalls würden die strengeren Vorschriften des Arzneimittelregimes auf Sachverhalte erstreckt und der freie Warenverkehr damit behindert, ohne dass hierfür eine ausreichende Rechtfertigung aus Gründen des Gesundheitsschutzes vorliegen würde (vgl. EuGH, Urteil vom 15.01.2009 - C-140/07 -, NVwZ 2009, 439).
21 
Auch in der Begründung zur Neufassung des Arzneimittelgesetzes ist ausdrücklich klargesellt: „Die Anwendung der Zweifelsfallregelung setzt die positive Feststellung der Arzneimitteleigenschaft des betreffenden Mittels voraus“ (BR-Drs. 171/09, S. 66). Dementsprechend setzt die Umsetzung der Zweifelsfallregelung in § 2 Abs. 3a AMG bereits tatbestandlich ein Arzneimittel voraus.
22 
Die Einordnung eines Produktes als Arzneimittel „auf Verdacht“ verbietet sich damit (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5/09 -, NVwZ 2009, 1038; ebenso bereits Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 22/06 -, ZLR 2008, 80).
23 
2. „F... ...“ kann nicht bereits durch die Beigabe von Rhabarberwurzel (oder anderer stofflicher Bestandteile) als Arzneimittel bewertet werden.
24 
a) Art. 1 Nr. 2 der Arzneimittel-Richtlinie 2001/83/EG und § 2 Abs. 1 AMG enthalten für den Begriff des Arzneimittels alternativ zwei Definitionen. Zum einen sind Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bestimmt sind. Zum anderen sind Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen. Diese zweifache Definition nimmt die seit langem das Arzneimittelrecht kennzeichnende Unterscheidung zwischen den sog. Präsentationsarzneimitteln (Arzneimittel nach Bezeichnung) und den Funktionsarzneimitteln (Arzneimittel nach Funktion) auf.
25 
b) Dass dem Kräutertee eine pharmakologische Wirkung zukommen würde - die Voraussetzung für die Einordnung als Funktionsarzneimittel nach Art. 1 Nr. 2 Buchst. b) der Richtlinie 2001/83/EG wäre -, hat der Beklagte selbst nicht behauptet.
26 
Anhaltspunkte hierfür sind trotz der in „F... ...“ enthaltenen Bestandteile von Rhabarberwurzel auch nicht ersichtlich. Nach den vorhandenen Erkenntnissen unterschreitet die in dem Produkt enthaltene Menge vielmehr den zur Erzielung einer nennenswerten physiologischen Wirkung erforderlichen Grenzwert erheblich. Auf die Frage, ob das Erzeugnis in einer höheren als der auf dem Beipackzettel angegebenen Dosierung pharmakologische Wirksamkeit entfaltet, kommt es für die Beurteilung der Arzneimitteleigenschaft aber nicht an (vgl. EuGH, Urteil vom 30.04.2009 - C-27/08 -, NVwZ 2009, 967). Weitere Sachverhaltsermittlungen zur Frage der pharmakologischen Wirkung des Produkts sind damit nicht angezeigt.
27 
c) Ob für Rhabarberwurzel in Deutschland eine arzneilich geprägte Verkehrsanschauung besteht, wie vom Beklagten vorgetragen, oder der Stoff überwiegend als geschmacksbildende Lebensmittelzutat im Umlauf ist, wie von der Klägerin behauptet, kann im Ergebnis offen bleiben.
28 
Denn eine entsprechende Verkehrsanschauung für Rhabarberwurzel könnte nur dann zur Einstufung von „F... ...“ als Präsentationsarzneimittel herangezogen werden, wenn die heilende Wirkung des Bestandteils nach der Verbrauchererwartung bei der Würdigung des Gesamtprodukts so im Vordergrund stehen würde, dass für dieses ebenfalls von einer krankheitsheilenden Zweckbestimmung auszugehen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 07.12.2000 - I ZR 158/98 -, NJW-RR 2001, 1329, Rn. 32). Der Verwendungszweck eines einzelnen Wirkstoffes kann daher grundsätzlich nicht mit dem Anwendungszweck einer aus mehreren Stoffen bestehenden Zubereitung gleichgesetzt werden, so dass es sich als unzulässige Verfahrensweise erweist, einen einzelnen Bestandteil herauszugreifen und allein ihn darauf zu untersuchen, ob er nach der Verkehrsauffassung krankheitsheilende Wirkung besitzt.
29 
Eine Tatsachengrundlage für die Annahme, trotz der geringen Dosierung und der nicht im Vordergrund stehenden Bewerbung mit dem Inhaltsstoff der Rhabarberwurzel präge dieser Bestandteil das Gesamtprodukt (vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 16.05.2007 - 3 C 34/06 -, NVwZ-RR 2007, 771, Rn. 24 f.), ist indes weder vom Beklagten vorgetragen noch sonst ersichtlich.
30 
3. Entgegen der vom Beklagten und dem Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung kann das von der Klägerin vertriebene Produkt auch nicht wegen der Etikettierung, Produktaufmachung oder Bewerbung als Präsentationsarzneimittel eingeordnet werden.
31 
Ein Produkt erfüllt diese Voraussetzungen, wenn es entweder ausdrücklich als ein Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bezeichnet wird oder aber sonst bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass es in Anbetracht seiner Aufmachung die betreffenden Eigenschaften haben müsse (vgl. EuGH, Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 -, Slg. 2007, I-9811, Rn. 46; BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5/09 -, NVwZ 2009, 1038).
32 
a) Der Tatsache, dass „F... ...“ in Belgien als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden kann, kommt für den vorliegenden Rechtsstreit keine Bedeutung zu. Denn eine europaweite Vollharmonisierung hat im Arzneimittelsektor noch nicht stattgefunden, so dass unterschiedliche Einstufungen eines Erzeugnisses durch verschiedene Mitgliedstaaten im gegenwärtigen Stand durchaus möglich sind (vgl. EuGH, Urteil vom 15.01.2009 - C-140/07 -, NVwZ 2009, 439 Rn. 28). Im Übrigen knüpft die Einordnung eines Produkts als Präsentationsarzneimittel an die jeweiligen Verkaufsmodalitäten an, die sich einzelfallbezogen unterscheiden können.
33 
Ebenso wenig kommt der Einstufung im Rahmen des Gemeinsamen Zolltarifs präjudizierende Wirkung zu. Denn entscheidende Kriterien für die tarifliche Einordnung sind (im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit) grundsätzlich objektive Eigenschaften und Merkmale; Aussagen über die für die Zuordnung zum Präsentationsarzneimittel maßgebliche Vermarktung enthält eine Zolltarifauskunft dagegen nicht (vgl. Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Stand: 03/09, § 2 Rn. 14).
34 
b) Von der Klägerin selbst wird „F... ...“ nicht als Arzneimittel, sondern als „Kräutertee“ bezeichnet. Es ist daher nicht davon auszugehen, ein verständiger Durchschnittsverbraucher werde annehmen, dass ein als Tee angebotenes Produkt tatsächlich ein Arzneimittel sei, wenn ihm in der empfohlenen Dosis keine pharmakologische Wirkung zukommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 21/06 -, Rn. 40 für Nahrungsergänzungsmittel).
35 
Trotz der Bezeichnung können aber andere Umstände hinzutreten, die ein Produkt gleichwohl als Arzneimittel erscheinen lassen, namentlich die Art der Bewerbung oder die preisende Nennung von (vermeintlich) arzneilich wirksamen Bestandteilen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.2007 - 3 C 34/06 -; Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Stand: 03/09, § 2 Rn. 22).
36 
c) Für ein arzneimittelartiges „Erscheinungsbild“ (vgl. Rennert, NVwZ 2008, 1179 [1182]) reicht es entgegen der Auffassung des Beklagten indes nicht aus, dass einem Produkt nach allgemeiner Verkehrsanschauung gesundheitsbezogene Wirkungen zugeschrieben werden. Vielmehr wird ein Produkt nur dann als Arzneimittel „präsentiert“, wenn es auf dem Etikett, durch die Angaben auf der Verpackung oder in sonstiger Weise den Eindruck erweckt, dass es Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung von menschlichen Krankheiten besitzt. Für den erforderlichen Heilmittelbezug genügt es daher nicht, dass einem Erzeugnis Eigenschaften zugeschrieben werden, die der Gesundheit im Allgemeinen förderlich sind. Es muss vielmehr gerade um die Funktion der Verhütung oder Heilung von menschlichen Krankheiten gehen (vgl. EuGH, Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 -, Slg. 2007, I-9811, Rn. 45 und 64). Bezugspunkt der Arzneimitteleigenschaft ist damit eine Abweichung vom normgemäßen Funktionieren des Organismus und damit eine angestrebte Wirkungsweise, die zu einer Veränderung führt, die außerhalb der normalen im menschlichen Körper ablaufenden Lebensvorgänge liegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 22/06 -, ZLR 2008, 80, Rn. 22).
37 
Ein derartiger Heilmittelbezug ist den Angaben auf der Verpackung nicht zu entnehmen. Auf dem Etikett wird „F... ...“ nicht als Arzneimittel, sondern als „Kräutertee-Auszug“ bezeichnet. Irgendwie geartete Anhaltspunkte für eine Heilmittelwirkung enthält die Verpackung nicht. Dass die bloße Wiedergabe des Fotos einer Pflanze auf der Verpackung eines Erzeugnisses nicht genügt, um bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher ein Vertrauen wie dasjenige hervorzurufen, das Arzneimittel normalerweise erwecken, hat der Europäische Gerichtshof bereits ausdrücklich entschieden (EuGH, Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 -, Slg. 2007, I-9811 Rn. 50). Gleiches gilt aber auch für die Berufung auf die „uralte Kräuterweisheit der O...-Indianer Kanadas“ und die „lange Beschäftigung auf dem Gebiet der Kräuter und Pflanzen“ von C... ... und R... .... Denn die Inanspruchnahme dieses Erfahrungsschatzes ist nicht auf heilende oder verfügende Funktionen bezogen, die Verpackung verweist insoweit lediglich auf „wohltuende Kräutertees“. Die Bezugnahme auf Erfahrungen und Autoritäten weist daher keinen Bezug zu arzneimittelbezogenen Eigenschaften auf (vgl. hierzu auch Senatsbeschluss vom 13.12.2007 - 9 S 509/07 -, GewArch 2008, 318). Im Übrigen sind die in Kanada offenbar populären Persönlichkeiten, die den Tee erfolgreich bei der Krebsbehandlung eingesetzt haben sollen, hier zu Lande wenig bekannt.
38 
Entsprechendes gilt für den dem Produkt beigefügten Beipackzettel. Hier wird „F... ...“ zwar als „wichtiger Beitrag zur täglichen Gesundheitspflege“ angepriesen und eine Förderung des gesunden Stoffwechsels und die Steigerung der körpereigenen Abwehrkräfte in Aussicht gestellt. Mit diesen Anpreisungen wird eine den Arzneimitteln vorbehaltene Wirkungsweise jedoch nicht in Anspruch genommen. Vielmehr wird lediglich eine der Gesundheit im Allgemeinen förderliche Wirkung behauptet, die zur Begründung der Arzneimitteleigenschaft gerade nicht ausreicht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem im Beipackzettel angebrachten Warnhinweis, wonach es erfahrungsgemäß vorkommen könne, dass manche Personen stark auf die Wirkung von „F... ...“ reagieren und es daher zu empfehlen sei, mit geringeren Mengen zu beginnen. Zu Recht hat die Klägerin vielmehr darauf hingewiesen, dass derartige Warnungen - insbesondere in Bezug auf die Dosierung - für Lebensmittel nicht untypisch und damit nicht geeignet sind, den Anschein eines Arzneimittels hervorzurufen. Auch die Verwendung des Begriffs der „Charge“ führt insoweit nicht zu einer abweichenden Beurteilung, weil keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher hierdurch der Eindruck erweckt werde, es müsse sich um ein Arzneimittel handeln. Dies gilt umso mehr, als in der konkreten Verwendungsweise der Begriff „Charge“ unmittelbar auf „Kräutertees“ bezogen wurde und ein direkter Arzneimittelbezug daher nicht suggeriert worden ist. Im Übrigen wird die Formulierung auch in lebensmittelrechtlichen Vorschriften und - wie dem Senat gerichtsbekannt - durch den Beklagten selbst in lebensmittelrechtlichen Verfügungen verwendet.
39 
Ohne Arzneimittelbezug ist schließlich der Internetauftritt der Klägerin. Auch hier wird lediglich auf die „Gesunderhaltung“ und das „Wohlbefinden“ abgestellt und eine krankheitsbezogene Heilungs- oder Verhütungswirkung damit nicht in Aussicht gestellt. Verlinkungen zu anderen Websites, die das von der Klägerin vertriebene Produkt in einen Heilmittelkontext stellen würden, sind auf der Homepage gegenwärtig nicht enthalten. Auch die vom Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Buchempfehlungen - die einen Stand vom 05.05.2008 aufweisen - sind in der aktuellen Fassung nicht mehr enthalten.
40 
d) Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin Aufmachung und Gestaltung des Beipackzettels noch im vorgerichtlichen Verfahren geändert und krankheitsbezogene Angaben aus der Etikettierung entfernt hat (vgl. dazu auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.11.2008 - 5 B 18/06 -; Kloesel/ Cyran, Arzneimittelrecht, Stand: 03/09, § 2 Rn. 22).
41 
Während auf der ursprünglichen Packungsbeilage (Bl. 3 der Behördenakte) noch von einem „alten, indianischen Heilmittel-Rezept“, von „Heilpflanzen“ und von einem „heilenden Stoff“ gesprochen und eine „Entgiftung auf allen Körperebenen“ angepriesen worden ist, sind diese heilbezogenen Aussagen in der gegenwärtigen Vermarktung durch die Klägerin durchgängig vermieden. Die Produktgestaltung bietet in ihrer gegenwärtigen Aufmachung daher keine hinreichenden Anknüpfungspunkte für eine spezifisch arzneimittelartige Verbrauchererwartung.
42 
Im für die Beurteilung der auf § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG gestützten Verfügung maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung geben die Umstände der Vermarktung des Produktes durch die Klägerin daher - auch in ihrer Gesamtheit - keinen hinreichenden Anlass, vom Vorliegen eines Arzneimittels nach der Präsentation auszugehen. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin ihre Bewerbung künftig ändern könnte, sind nicht ersichtlich. Im Übrigen stünden dem Beklagten insofern auch auf lebensmittelrechtlicher Grundlage Verbotsanordnungen nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 oder § 11 Abs. 1 Nr. 4 LFGB zur Verfügung.
43 
4. Die vorhandenen Erkenntnismittel lassen auch nicht den Schluss zu, dass durch die vorhandenen Internetbeiträge Dritter - unabhängig von Produktaufmachung und Bewerbung durch die Klägerin - bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher der Eindruck entsteht, „F... ...“ müsse arzneimittelartige Eigenschaften haben.
44 
a) Allerdings muss sich die Klägerin „Verhaltensweisen, Initiativen und Maßnahmen des Herstellers“, die bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher den Eindruck hervorrufen, bei dem in den Verkehr gebrachten Erzeugnis handle es sich um eine Arzneimittel, zurechnen lassen. Dies gilt selbst dann, wenn entsprechende Mitteilungen vom Hersteller erst auf Anfrage zugesandt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 28.10.1992 - C-219/91 -, Slg. 1992, I-5485, Rn. 26 und 28). Auch wenn ein Link zum Hersteller auf der Homepage der Klägerin nicht mehr gesetzt und die Internetadresse des Herstellers auf der Produktverpackung nicht mehr angebracht ist, sind die auf der Homepage des Herstellers auffindbaren Produkthinweise deshalb zu berücksichtigen. Denn auf der Verpackung ist der Name des Herstellers angegeben und damit ein ausreichender Hinweis gegeben, um sich bei diesem Informationen über die Eigenschaften des Erzeugnisses zu beschaffen. Das Aufrufen der Internet-Website des Herstellers steht der vom Europäischen Gerichtshof ausdrücklich entschiedenen Fallkonstellation der schriftlichen Nachfrage beim Hersteller insoweit gleich.
45 
Die damit bei der Beurteilung zu berücksichtigenden Herstellerhinweise geben indes nichts für die Einordnung von „F... ...“ als Präsentationsarzneimittel her. Heileigenschaften oder arzneimittelartige Wirkungen werden dort nicht beansprucht. Vielmehr findet sich bei der „Label Information“ lediglich der Hinweis, dass „F... ...“ auch bei einer Chemotherapie oder Strahlenbehandlung eingenommen werden könne („F... ... can safely be taken during chemotherapy or radiation treatment“). Damit sind zwar Assoziationen zu Krebskrankheiten verbunden, heilende Wirkung wird dem Tee indes nicht zugeschrieben. Auf die Frage, inwieweit die in englischer Sprache verfassten Internet-Beiträge geeignet sind, Verbrauchererwartungen deutscher Kunden zu begründen, kommt es daher nicht an.
46 
b) Darüber hinausgehende Aussagen Dritter in Internetforen oder ähnlichem, auf die die Klägerin weder Bezug nimmt noch Einfluss hat, können ihr dagegen nicht zugerechnet werden.
47 
Zwar ist die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hierzu nicht ganz eindeutig, weil es lediglich ausgeführt hat, der Einwand, nicht für beliebige Veröffentlichungen in die Verantwortung genommen werden zu können, gelte „jedenfalls“ nicht für die eigenen und die Produktbeschreibungen des Herstellers, dessen Internetadresse auf dem Verpackungsetikett angegeben sei (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5/09 -, NVwZ 2009, 1038, Rn. 23). Die Beschränkung auf ein zurechenbares Verhalten des Herstellers oder Verkäufers lässt sich aber aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ableiten. Denn Anknüpfungspunkt für die Verkehrsanschauung des durchschnittlich informierten Verbrauchers ist danach, dass das fragliche Erzeugnis „in Anbetracht seiner Aufmachung“ eine arzneimittelartige Wirkung haben müsse (ständige Rechtsprechung seit EuGH, Urteil vom 30.11.1983 - C-227/82 -, Slg. 1983, 3883, Rn. 18). Bezugspunkt der „Präsentation“ oder „Bestimmung“ ist demnach die „Aufmachung“ und damit ein dem Hersteller oder Verkäufer zurechenbares Verhalten.
48 
Eine andere Interpretation hätte zur Folge, dass dem Produkt die Verkehrsfähigkeit genommen würde, ohne dass der Klägerin eine unmittelbare Reaktion hierauf möglich wäre. Denn angesichts der fehlenden therapeutischen Wirksamkeit könnte eine Arzneimittelzulassung wohl nicht erreicht werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 22/06 -, ZLR 2008, 80, Rn. 26), die Beseitigung des arzneimittelartigen Erscheinungsbildes - die für den Vertrieb als Lebensmittel erforderlich wäre - steht der Klägerin mangels eigener Veranlassung oder Beherrschbarkeit aber ebenfalls nicht zur Verfügung. Sie wäre deshalb allein darauf verwiesen, durch entsprechende Werbeaussagen oder Produktgestaltungen dem - unabhängig von ihrem Verhalten - entstandenen Erscheinungsbild eines Arzneimittels entgegenzutreten. Ob eine derartige Obliegenheit als verhältnismäßige Ausgestaltung ihres Rechts auf berufliche Betätigung erachtet werden könnte, erscheint fraglich. Jedenfalls bis zum Erfolg derartiger Maßnahmen unterfiele das Produkt einem Verkaufsverbot, dessen Rechtfertigung Mühe bereiten würde. Der Zweck der Einbeziehung wirkungsloser Produkte in den Arzneimittelbegriff besteht gerade in dem Risiko der Verwendung eines wirkungslosen Präparates anstelle der geeigneten Heilmittel (vgl. Senatsbeschluss vom 13.12.2007 - 9 S 509/07 -, GewArch 2008, 318). Durch die Inanspruchnahme heilender Wirkungen kann zur Verwendung des vermeintlichen Arzneimittels angeregt und der Verbraucher damit in die Irre geführt werden, wenn die Erzeugnisse nicht die Wirksamkeit besitzen, welche die Verbraucher nach ihrer „Präsentation“ von ihnen erwarten dürfen (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 15.01.2009 - C-140/07 -, NVwZ 2009, 439, Rn. 25). Derartiges steht beim Konsum eines Kräutertees bei Krebserkrankungen aber kaum zu befürchten.
49 
Die Frage bedarf vorliegend aber keiner abschließenden Entscheidung. Denn selbst bei Berücksichtigung der allgemein zu „F... ...“ im Internet auffindbaren Beiträge kann nicht davon ausgegangen werden, dass bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher „mit Gewissheit“ der Eindruck einer krankheitsheilenden oder -verhütenden Wirkung des Produkts entsteht. Zwar finden sich im Internet durchaus Einträge, in denen „F... ...“ krebsheilende oder jedenfalls förderliche Wirkung im Rahmen einer Krebsbehandlung zugeschrieben wird. Diesen stehen jedoch nicht minder zahlreiche Veröffentlichungen gegenüber, in denen eine entsprechende Wirksamkeit bestritten oder jedenfalls in Zweifel gezogen wird. Bei einer von einem durchschnittlich informierten Verbraucher durchgeführten Internetrecherche zur krebsheilenden Wirkung von „F... ...“ müsste daher der Eindruck entstehen, dass stichhaltige Belege und Studien für eine entsprechende Wirksamkeit fehlen, in einzelnen Fällen gleichwohl von einer positiven Wirkung berichtet wird, die andere Berichte in Abrede stellen. Auch bei Berücksichtigung der allgemein im Internet auffindbaren Beiträge zu „F... ...“ entsteht daher nicht „mit Gewissheit“ der Eindruck einer heilenden oder krankheitsverhütenden Wirkung. Trotz gelegentlicher anpreisender oder „heilversprechender“ Beiträge erscheint das bei einer Internetrecherche anzutreffende Bild vielmehr hinreichend differenziert, so dass von einem mit Gewissheit entstehenden Eindruck einer arzneimittelartigen Wirkung nicht gesprochen werden kann.
50 
Angesichts der damit fehlenden Arzneimitteleigenschaft des von der Klägerin vertriebenen Produktes „F... ...“ liegen die Tatbestandsvoraussetzungen für die auf § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG gestützte Untersagungsverfügung nicht vor. Dies gilt auch angesichts des Beklagtenvortrags in der mündlichen Verhandlung, wonach krebskranke Menschen in ihrer Not besonders leicht zu beeinflussen seien und ihre Hoffnung in unwirksame „Heilmittel“ setzten.
II.
51 
Die Untersagungsverfügung erweist sich auch nicht im Hinblick auf die hilfsweise angestellten Erwägungen zum Lebensmittelrecht als rechtmäßig.
52 
Dies folgt zunächst schon daraus, dass diese Ausführungen den ausdrücklich auf § 69 Abs. 1 Nr. 1 AMG bezogenen Tenorausspruch der Untersagungsverfügung nicht zu tragen vermögen. Auch die Bezeichnung der Erwägungen als „Hilfsgutachten“ lässt nicht erkennen, dass der Behörde ein vom Arzneimittelrecht unabhängiger Regelungswille zukam. Aus der maßgeblichen Sicht des objektivierten Empfängerhorizontes erweisen sich die Darlegungen nicht als alternative und eigenständig tragende Begründung einer ausschließlich auf das Lebensmittelrecht gestützten Verfügung, sondern nur als ergänzende Abstützung einer arzneimittelrechtlichen Entscheidung. Hierfür spricht auch, dass in dem Bescheid nur ausgeführt wurde, das Inverkehrbringen des Produkts „könnte“ im Falle der Lebensmitteleigenschaft auch gemäß § 39 Abs. 2 LFGB verboten werden. Eine bereits getroffene Regelung lässt sich hieraus nicht entnehmen.
53 
Dementsprechend finden sich in dem Bescheid auch keine Ausführungen zur Zuständigkeit des Regierungspräsidiums. Grundsätzlich sind zum Vollzug des Lebensmittelrechts aber gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 LFGB i.V.m. §§ 19 Abs. 1, 18 Abs. 4 AG-LMBG und § 15 Abs. 1 LVG die Landratsämter und Stadtkreise berufen. Das Regierungspräsidium könnte nach §§ 19 Abs. 2, 18 Abs. 3 AG-LMBG nur dann zur Entscheidung befugt sein, wenn die Aufgabe in die Dienstbezirke mehrerer nachgeordneter Lebensmittelüberwachungsbehörden fiele und daher sachgerecht nur einheitlich wahrgenommen werden könnte. Hierzu ist indes nichts vorgetragen.
54 
Jedenfalls aber rechtfertigen die hilfsgutachtlich angestellten Erwägungen auch keine auf § 39 Abs. 2 LFGB gestützte Untersagung. Selbst wenn eine gegen § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB verstoßende krankheitsbezogene Werbung vorliegen sollte, rechtfertigte diese in Ansehung des in § 39 Abs. 2 LFGB ausdrücklich aufgenommenen („notwendige Anordnungen“ soweit sie „erforderlich“ sind) Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kein Inverkehrbringens-Verbot. Auch die Voraussetzungen der §§ 6 Abs. 1 Nr. 2, 2 Abs. 3 LFGB sind jedenfalls nicht fehlerfrei dargelegt. Denn die Tatbestandsvoraussetzungen würden den Nachweis verlangen, dass die Rhabarberwurzel in „F... ...“ nicht zu Würzzwecken, sondern aus technologischen Gründen zugesetzt wird. Substantiierte Anhaltspunkte hierfür enthält der Bescheid indes nicht.
55 
Der angefochtene Bescheid des Regierungspräsidiums ist daher aufzuheben und das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern.
III.
56 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
57 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil im Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgte Klärung des Arzneimittelbegriffs und der Zweifelsfallregelung in der obergerichtlichen Rechtsprechung keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.
58 
Beschluss vom 11. Februar 2010
59 
Der Streitwert des Verfahrens in beiden Instanzen wird - hinsichtlich der Streitwertfestsetzung für das Verfahren erster Instanz unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses vom 26. März 2008 - auf jeweils 86.500,-- EUR festgesetzt.
60 
Nach § 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 25.1 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327) und ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Senatsbeschluss vom 13.12.2007 - 9 S 1958/07 -, NVwZ-RR 2008, 430) wird der Streitwert für Verkaufsverbote und ähnliche Maßnahmen im Lebens- und Arzneimittelrecht anhand des Verkaufswerts der betroffenen Waren bestimmt. Diesen hat die Klägerin mit rund 86.500,-- EUR beziffert, ohne dass vom Beklagten gegen die Höhe des Verkaufserlöses Einwände erhoben worden sind oder Bedenken ersichtlich wären.
61 
Der Senat sieht sich angesichts der im Berufungsverfahren vorgelegten Angaben zum Verkaufswert der betroffenen Waren auch veranlasst, die Streitwertfestsetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG von Amts wegen zu ändern. Es sind keine Ermessensgesichtspunkte ersichtlich, die es sachgerecht erscheinen lassen könnten, die zwischenzeitlich vorhandenen Anhaltspunkte für die sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebende Bedeutung der Sache nicht zu berücksichtigen (vgl. auch hierzu bereits Senatsbeschluss vom 13.12.2007 - 9 S 1958/07 -, NVwZ-RR 2008, 430).
62 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die zuständigen Behörden treffen die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie können insbesondere das Inverkehrbringen von Arzneimitteln oder Wirkstoffen untersagen, deren Rückruf anordnen und diese sicherstellen, wenn

1.
die erforderliche Zulassung oder Registrierung für das Arzneimittel nicht vorliegt oder deren Ruhen angeordnet ist,
2.
das Arzneimittel oder der Wirkstoff nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt ist oder nicht die nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln angemessene Qualität aufweist,
2a.
der begründete Verdacht besteht, dass es sich um ein gefälschtes Arzneimittel oder einen gefälschten Wirkstoff handelt,
3.
dem Arzneimittel die therapeutische Wirksamkeit fehlt,
4.
der begründete Verdacht besteht, dass das Arzneimittel schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen,
5.
die vorgeschriebenen Qualitätskontrollen nicht durchgeführt sind,
6.
die erforderliche Erlaubnis für das Herstellen des Arzneimittels oder des Wirkstoffes oder das Verbringen in den Geltungsbereich des Gesetzes nicht vorliegt oder ein Grund zur Rücknahme oder zum Widerruf der Erlaubnis nach § 18 Abs. 1 gegeben ist oder
7.
die erforderliche Erlaubnis zum Betreiben eines Großhandels nach § 52a nicht vorliegt oder ein Grund für die Rücknahme oder den Widerruf der Erlaubnis nach § 52a Abs. 5 gegeben ist.

(1a) Bei Arzneimitteln, für die eine Genehmigung für das Inverkehrbringen oder Zulassung

1.
gemäß der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 oder
2.
im Verfahren der Anerkennung gemäß Kapitel 4 der Richtlinie 2001/83/EG oder
3.
auf Grund eines Gutachtens des Ausschusses gemäß Artikel 4 der Richtlinie 87/22/EWG vom 22. Dezember 1986 vor dem 1. Januar 1995
erteilt worden ist, unterrichtet die zuständige Bundesoberbehörde den Ausschuss für Humanarzneimittel über festgestellte Verstöße gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften nach Maßgabe der in den genannten Rechtsakten vorgesehenen Verfahren unter Angabe einer eingehenden Begründung und des vorgeschlagenen Vorgehens. Bei diesen Arzneimitteln können die zuständigen Behörden vor der Unterrichtung des Ausschusses nach Satz 1 die zur Beseitigung festgestellter und zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen treffen, sofern diese zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zum Schutz der Umwelt dringend erforderlich sind. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 unterrichten die zuständigen Behörden die Europäische Kommission und die anderen Mitgliedstaaten, in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 die Europäische Kommission und die Europäische Arzneimittel-Agentur über die zuständige Bundesoberbehörde spätestens am folgenden Arbeitstag über die Gründe dieser Maßnahmen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2, 2a und 4 kann auch die zuständige Bundesoberbehörde das Ruhen der Zulassung anordnen oder den Rückruf eines Arzneimittels anordnen, sofern ihr Tätigwerden zum Schutz der in Satz 2 genannten Rechtsgüter dringend erforderlich ist; in diesem Fall gilt Satz 3 entsprechend.

(1b) Bei anderen als den in Absatz 1a Satz 1 genannten Arzneimitteln kann die zuständige Bundesoberbehörde im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2, 2a und 4 den Rückruf eines Arzneimittels anordnen, sofern ihr Tätigwerden zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zum Schutz der Umwelt geboten ist. Erfolgt der Rückruf nach Satz 1 im Zusammenhang mit Maßnahmen nach den §§ 28, 30, 31 Absatz 4 Satz 2 oder nach § 32 Absatz 5, ist die Entscheidung der zuständigen Bundesoberbehörde sofort vollziehbar.

(2) Die zuständigen Behörden können das Sammeln von Arzneimitteln untersagen, wenn eine sachgerechte Lagerung der Arzneimittel nicht gewährleistet ist oder wenn der begründete Verdacht besteht, dass die gesammelten Arzneimittel mißbräuchlich verwendet werden. Gesammelte Arzneimittel können sichergestellt werden, wenn durch unzureichende Lagerung oder durch ihre Abgabe die menschliche Gesundheit gefährdet wird.

(2a) (weggefallen)

(3) Die zuständigen Behörden können Werbematerial sicherstellen, das den Vorschriften über den Verkehr mit Arzneimitteln und über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens nicht entspricht.

(4) Im Fall eines Rückrufs eines Arzneimittels nach Absatz 1a Satz 4 oder nach Absatz 1b Satz 1 kann auch eine öffentliche Warnung durch die zuständige Bundesoberbehörde erfolgen.

(5) Die zuständige Behörde kann im Benehmen mit der zuständigen Bundesoberbehörde bei einem Arzneimittel, dessen Abgabe untersagt wurde oder das aus dem Verkehr gezogen wurde, weil

1.
die Voraussetzungen für das Inverkehrbringen nicht oder nicht mehr vorliegen,
2.
das Arzneimittel nicht die angegebene Zusammensetzung nach Art und Menge aufweist oder
3.
die Kontrollen der Arzneimittel oder der Bestandteile und der Zwischenprodukte nicht durchgeführt worden sind oder ein anderes Erfordernis oder eine andere Voraussetzung für die Erteilung der Herstellungserlaubnis nicht erfüllt worden ist,
in Ausnahmefällen seine Abgabe an Patienten, die bereits mit diesem Arzneimittel behandelt werden, während einer Übergangszeit gestatten, wenn dies medizinisch vertretbar und für die betroffene Person angezeigt ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 02. Februar 2007 - 11 K 1924/06 - wird zurückgewiesen.

Die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts wird von Amts wegen geändert: der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht wird auf 150.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde, mit der der Antragsgegner die Herabsetzung des vom Verwaltungsgericht auf 50.000,-- EUR festgesetzten Streitwerts auf den in § 52 Abs. 2 GKG festgelegten Wert von 5.000,-- EUR begehrt, ist zulässig. Insbesondere würde die erstrebte Reduzierung für den kostenpflichtigen Antragsgegner zu einem Beschwerdegegenstand führen, dessen Wert die in § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG benannten 200,-- EUR übersteigt. Die Beschwerde ist aber nicht begründet, weil das Verwaltungsgericht den Streitwert nicht zu hoch festgesetzt hat. Der Senat nimmt das Vorbringen im Beschwerdeverfahren zum Anlass, die Streitwertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG von Amts wegen zu ändern.
Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu be-stimmen. Dies gilt auch in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO (vgl. § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG). Maßgeblich für diese Bedeutung ist regelmäßig der wirtschaftliche Wert des Klageziels, das der Kläger mit seinem Antrag unmittelbar erreichen will (vgl. BVerwG, Beschluss vom 09.04.2003 - 7 KSt 4/03 -, NVwZ-RR 2003, 904). Diesen Wert darf und muss das Gericht nach seinem pflichtgemäßen Ermessen bestimmen. Der sogenannte „Auffangstreitwert“ in Höhe von 5.000,-- EUR dagegen ist gemäß § 52 Abs. 2 GKG nur anzunehmen, wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwertes keine genügenden Anhaltspunkte bietet.
Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze scheidet die vom Antragsgegner begehrte Festsetzung des Streitwerts auf Grundlage des Auffangwerts aus § 52 Abs. 2 GKG aus. Es entspricht ständiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, den Streitwert für Verkaufsverbote und Sicherstellungen im Lebensmittel- und Arzneimittelrecht anhand des Verkaufswerts der betroffenen Waren zu bestimmen (vgl. etwa Senatsbeschluss 02.01.2002 - 9 S 2458/01 -; OVG Saarland, Urteil vom 03.02.2006 - 3 R 7/05 -). Diese, den Vorgaben aus Nr. 25.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 07./ 08.07.2004 folgende Einordnung ermöglicht eine einheitliche Praxis und dient damit den Grundsätzen der Rechtssicherheit und der Gleichbehandlung.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners bietet das Vorbringen der Antragstellerin genügende Anhaltspunkte für eine Streitwertfestsetzung nach § 52 Abs. 1 GKG, auch wenn diese einen konkreten Streitwert nicht angegeben hat. Dies ergibt sich bereits aus den von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Zahlen zum Umsatzausfall. Die Beschwerde übersieht jedoch auch, dass das Verwaltungsgericht befugt war, den Wert der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache auf Basis des vorhandenen Tatsachenmaterials zu schätzen (vgl. etwa Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, § 52 GKG Rdnr. 14; Meyer, Gerichtskostengesetz, 8. Aufl. 2006, § 52 Rdnr. 16). Soweit mit der Beschwerde vorgetragen worden ist, es könne nur auf die sichergestellten Produkte abgestellt werden, verkennt dies den Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens. Denn angegriffen hatte die Antragstellerin nicht nur die Sicherstellung der von der Stadt Mannheim in Verwahrung genommenen Flaschen, sondern (insbesondere) auch die Untersagung, die streitigen Vitamin K 1-Produkte in den Verkehr zu bringen. Diese Anordnung bezog sich aber nicht nur auf die bereits sichergestellten Produkte; vielmehr sind alle - auch künftig zu produzierenden - Produkte betroffen. Die wirtschaftliche Bedeutung der Verfügung bestimmt sich somit anhand des Verkaufswerts der betroffenen Waren, der sich in dem von der Antragstellerin vorgetragenen Umsatzausfall widerspiegelt.
Der Senat sieht sich angesichts der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Aufstellungen zum Umsatzausfall veranlasst, die Streitwertfestsetzung (auch) für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG von Amts wegen zu ändern. Es sind keine Ermessensgesichtspunkte ersichtlich, die es sachgerecht erscheinen lassen würden, die zwischenzeitlich vorhandenen und konkretisierten Anhaltspunkte für die sich aus dem Antrag der Antragstellerin für sie ergebende Bedeutung der Sache nicht zu berücksichtigen. Dies gilt um so mehr, als der Senat den Wert des Beschwerdeverfahrens auf Basis dieser Grundlage festzusetzen hat (vgl. hierzu den Senatsbeschluss vom heutigen Tage im Verfahren der Beschwerde - 9 S 509/07 -). Grundlage für die Festsetzung ist daher der von der Antragstellerin dargelegte Umsatzausfall von ca. 300.000,-- EUR/Jahr, der für das hier vorliegende Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO zu halbieren ist (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 07./ 08.07.2004).
Kostenentscheidung und Streitwertfestsetzung bezüglich des Beschwerdeverfahrens sind entbehrlich, weil das Verfahren gerichtsgebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden (vgl. § 68 Abs. 3 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 02. Februar 2007 - 11 K 1924/06 - wird zurückgewiesen.

Die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts wird von Amts wegen geändert: der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht wird auf 150.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde, mit der der Antragsgegner die Herabsetzung des vom Verwaltungsgericht auf 50.000,-- EUR festgesetzten Streitwerts auf den in § 52 Abs. 2 GKG festgelegten Wert von 5.000,-- EUR begehrt, ist zulässig. Insbesondere würde die erstrebte Reduzierung für den kostenpflichtigen Antragsgegner zu einem Beschwerdegegenstand führen, dessen Wert die in § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG benannten 200,-- EUR übersteigt. Die Beschwerde ist aber nicht begründet, weil das Verwaltungsgericht den Streitwert nicht zu hoch festgesetzt hat. Der Senat nimmt das Vorbringen im Beschwerdeverfahren zum Anlass, die Streitwertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG von Amts wegen zu ändern.
Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu be-stimmen. Dies gilt auch in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO (vgl. § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG). Maßgeblich für diese Bedeutung ist regelmäßig der wirtschaftliche Wert des Klageziels, das der Kläger mit seinem Antrag unmittelbar erreichen will (vgl. BVerwG, Beschluss vom 09.04.2003 - 7 KSt 4/03 -, NVwZ-RR 2003, 904). Diesen Wert darf und muss das Gericht nach seinem pflichtgemäßen Ermessen bestimmen. Der sogenannte „Auffangstreitwert“ in Höhe von 5.000,-- EUR dagegen ist gemäß § 52 Abs. 2 GKG nur anzunehmen, wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwertes keine genügenden Anhaltspunkte bietet.
Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze scheidet die vom Antragsgegner begehrte Festsetzung des Streitwerts auf Grundlage des Auffangwerts aus § 52 Abs. 2 GKG aus. Es entspricht ständiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, den Streitwert für Verkaufsverbote und Sicherstellungen im Lebensmittel- und Arzneimittelrecht anhand des Verkaufswerts der betroffenen Waren zu bestimmen (vgl. etwa Senatsbeschluss 02.01.2002 - 9 S 2458/01 -; OVG Saarland, Urteil vom 03.02.2006 - 3 R 7/05 -). Diese, den Vorgaben aus Nr. 25.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 07./ 08.07.2004 folgende Einordnung ermöglicht eine einheitliche Praxis und dient damit den Grundsätzen der Rechtssicherheit und der Gleichbehandlung.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners bietet das Vorbringen der Antragstellerin genügende Anhaltspunkte für eine Streitwertfestsetzung nach § 52 Abs. 1 GKG, auch wenn diese einen konkreten Streitwert nicht angegeben hat. Dies ergibt sich bereits aus den von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Zahlen zum Umsatzausfall. Die Beschwerde übersieht jedoch auch, dass das Verwaltungsgericht befugt war, den Wert der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache auf Basis des vorhandenen Tatsachenmaterials zu schätzen (vgl. etwa Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, § 52 GKG Rdnr. 14; Meyer, Gerichtskostengesetz, 8. Aufl. 2006, § 52 Rdnr. 16). Soweit mit der Beschwerde vorgetragen worden ist, es könne nur auf die sichergestellten Produkte abgestellt werden, verkennt dies den Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens. Denn angegriffen hatte die Antragstellerin nicht nur die Sicherstellung der von der Stadt Mannheim in Verwahrung genommenen Flaschen, sondern (insbesondere) auch die Untersagung, die streitigen Vitamin K 1-Produkte in den Verkehr zu bringen. Diese Anordnung bezog sich aber nicht nur auf die bereits sichergestellten Produkte; vielmehr sind alle - auch künftig zu produzierenden - Produkte betroffen. Die wirtschaftliche Bedeutung der Verfügung bestimmt sich somit anhand des Verkaufswerts der betroffenen Waren, der sich in dem von der Antragstellerin vorgetragenen Umsatzausfall widerspiegelt.
Der Senat sieht sich angesichts der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Aufstellungen zum Umsatzausfall veranlasst, die Streitwertfestsetzung (auch) für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG von Amts wegen zu ändern. Es sind keine Ermessensgesichtspunkte ersichtlich, die es sachgerecht erscheinen lassen würden, die zwischenzeitlich vorhandenen und konkretisierten Anhaltspunkte für die sich aus dem Antrag der Antragstellerin für sie ergebende Bedeutung der Sache nicht zu berücksichtigen. Dies gilt um so mehr, als der Senat den Wert des Beschwerdeverfahrens auf Basis dieser Grundlage festzusetzen hat (vgl. hierzu den Senatsbeschluss vom heutigen Tage im Verfahren der Beschwerde - 9 S 509/07 -). Grundlage für die Festsetzung ist daher der von der Antragstellerin dargelegte Umsatzausfall von ca. 300.000,-- EUR/Jahr, der für das hier vorliegende Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO zu halbieren ist (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 07./ 08.07.2004).
Kostenentscheidung und Streitwertfestsetzung bezüglich des Beschwerdeverfahrens sind entbehrlich, weil das Verfahren gerichtsgebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden (vgl. § 68 Abs. 3 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Die zuständigen Behörden treffen die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie können insbesondere das Inverkehrbringen von Arzneimitteln oder Wirkstoffen untersagen, deren Rückruf anordnen und diese sicherstellen, wenn

1.
die erforderliche Zulassung oder Registrierung für das Arzneimittel nicht vorliegt oder deren Ruhen angeordnet ist,
2.
das Arzneimittel oder der Wirkstoff nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt ist oder nicht die nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln angemessene Qualität aufweist,
2a.
der begründete Verdacht besteht, dass es sich um ein gefälschtes Arzneimittel oder einen gefälschten Wirkstoff handelt,
3.
dem Arzneimittel die therapeutische Wirksamkeit fehlt,
4.
der begründete Verdacht besteht, dass das Arzneimittel schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen,
5.
die vorgeschriebenen Qualitätskontrollen nicht durchgeführt sind,
6.
die erforderliche Erlaubnis für das Herstellen des Arzneimittels oder des Wirkstoffes oder das Verbringen in den Geltungsbereich des Gesetzes nicht vorliegt oder ein Grund zur Rücknahme oder zum Widerruf der Erlaubnis nach § 18 Abs. 1 gegeben ist oder
7.
die erforderliche Erlaubnis zum Betreiben eines Großhandels nach § 52a nicht vorliegt oder ein Grund für die Rücknahme oder den Widerruf der Erlaubnis nach § 52a Abs. 5 gegeben ist.

(1a) Bei Arzneimitteln, für die eine Genehmigung für das Inverkehrbringen oder Zulassung

1.
gemäß der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 oder
2.
im Verfahren der Anerkennung gemäß Kapitel 4 der Richtlinie 2001/83/EG oder
3.
auf Grund eines Gutachtens des Ausschusses gemäß Artikel 4 der Richtlinie 87/22/EWG vom 22. Dezember 1986 vor dem 1. Januar 1995
erteilt worden ist, unterrichtet die zuständige Bundesoberbehörde den Ausschuss für Humanarzneimittel über festgestellte Verstöße gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften nach Maßgabe der in den genannten Rechtsakten vorgesehenen Verfahren unter Angabe einer eingehenden Begründung und des vorgeschlagenen Vorgehens. Bei diesen Arzneimitteln können die zuständigen Behörden vor der Unterrichtung des Ausschusses nach Satz 1 die zur Beseitigung festgestellter und zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen treffen, sofern diese zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zum Schutz der Umwelt dringend erforderlich sind. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 unterrichten die zuständigen Behörden die Europäische Kommission und die anderen Mitgliedstaaten, in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 die Europäische Kommission und die Europäische Arzneimittel-Agentur über die zuständige Bundesoberbehörde spätestens am folgenden Arbeitstag über die Gründe dieser Maßnahmen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2, 2a und 4 kann auch die zuständige Bundesoberbehörde das Ruhen der Zulassung anordnen oder den Rückruf eines Arzneimittels anordnen, sofern ihr Tätigwerden zum Schutz der in Satz 2 genannten Rechtsgüter dringend erforderlich ist; in diesem Fall gilt Satz 3 entsprechend.

(1b) Bei anderen als den in Absatz 1a Satz 1 genannten Arzneimitteln kann die zuständige Bundesoberbehörde im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2, 2a und 4 den Rückruf eines Arzneimittels anordnen, sofern ihr Tätigwerden zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zum Schutz der Umwelt geboten ist. Erfolgt der Rückruf nach Satz 1 im Zusammenhang mit Maßnahmen nach den §§ 28, 30, 31 Absatz 4 Satz 2 oder nach § 32 Absatz 5, ist die Entscheidung der zuständigen Bundesoberbehörde sofort vollziehbar.

(2) Die zuständigen Behörden können das Sammeln von Arzneimitteln untersagen, wenn eine sachgerechte Lagerung der Arzneimittel nicht gewährleistet ist oder wenn der begründete Verdacht besteht, dass die gesammelten Arzneimittel mißbräuchlich verwendet werden. Gesammelte Arzneimittel können sichergestellt werden, wenn durch unzureichende Lagerung oder durch ihre Abgabe die menschliche Gesundheit gefährdet wird.

(2a) (weggefallen)

(3) Die zuständigen Behörden können Werbematerial sicherstellen, das den Vorschriften über den Verkehr mit Arzneimitteln und über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens nicht entspricht.

(4) Im Fall eines Rückrufs eines Arzneimittels nach Absatz 1a Satz 4 oder nach Absatz 1b Satz 1 kann auch eine öffentliche Warnung durch die zuständige Bundesoberbehörde erfolgen.

(5) Die zuständige Behörde kann im Benehmen mit der zuständigen Bundesoberbehörde bei einem Arzneimittel, dessen Abgabe untersagt wurde oder das aus dem Verkehr gezogen wurde, weil

1.
die Voraussetzungen für das Inverkehrbringen nicht oder nicht mehr vorliegen,
2.
das Arzneimittel nicht die angegebene Zusammensetzung nach Art und Menge aufweist oder
3.
die Kontrollen der Arzneimittel oder der Bestandteile und der Zwischenprodukte nicht durchgeführt worden sind oder ein anderes Erfordernis oder eine andere Voraussetzung für die Erteilung der Herstellungserlaubnis nicht erfüllt worden ist,
in Ausnahmefällen seine Abgabe an Patienten, die bereits mit diesem Arzneimittel behandelt werden, während einer Übergangszeit gestatten, wenn dies medizinisch vertretbar und für die betroffene Person angezeigt ist.

(1) Fertigarzneimittel dürfen im Geltungsbereich dieses Gesetzes nur in den Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde zugelassen sind oder wenn für sie die Europäische Gemeinschaft oder die Europäische Union eine Genehmigung für das Inverkehrbringen nach Artikel 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 erteilt hat. Satz 1 gilt auch in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1901/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 über Kinderarzneimittel und zur Änderung der Verordnung (EWG) Nr. 1768/92, der Richtlinie 2001/83/EG und der Verordnung (EU) Nr. 536/2014, der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 (ABl. L 378 vom 27.12.2006, S. 1; L 201 vom 27.7.2012, S. 28), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/5 (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 24) geändert worden ist, in Verbindung mit der Verordnung (EU) Nr. 536/2014 oder in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 1394/2007.

(2) Einer Zulassung bedarf es nicht für Arzneimittel, die

1.
auf Grund nachweislich häufiger ärztlicher oder zahnärztlicher Verschreibung in den wesentlichen Herstellungsschritten in einer Apotheke in einer Menge bis zu hundert abgabefertigen Packungen an einem Tag im Rahmen des üblichen Apothekenbetriebs hergestellt werden und zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis bestimmt sind,
1a.
Arzneimittel sind, bei deren Herstellung Stoffe menschlicher Herkunft eingesetzt werden und die entweder zur autologen oder gerichteten, für eine bestimmte Person vorgesehene Anwendung bestimmt sind oder auf Grund einer Rezeptur für einzelne Personen hergestellt werden, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne von § 4 Absatz 4,
1b.
andere als die in Nummer 1a genannten Arzneimittel sind und für Apotheken, denen für einen Patienten eine Verschreibung vorliegt, aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln
a)
als Zytostatikazubereitung oder für die parenterale Ernährung sowie in anderen medizinisch begründeten besonderen Bedarfsfällen, sofern es für die ausreichende Versorgung des Patienten erforderlich ist und kein zugelassenes Arzneimittel zur Verfügung steht, hergestellt werden oder
b)
als Blister aus unveränderten Arzneimitteln hergestellt werden oder
c)
in unveränderter Form abgefüllt werden,
1c.
antivirale oder antibakterielle Wirksamkeit haben und zur Behandlung einer bedrohlichen übertragbaren Krankheit, deren Ausbreitung eine sofortige und das übliche Maß erheblich überschreitende Bereitstellung von spezifischen Arzneimitteln erforderlich macht, aus Wirkstoffen hergestellt werden, die von den Gesundheitsbehörden des Bundes oder der Länder oder von diesen benannten Stellen für diese Zwecke bevorratet wurden, soweit ihre Herstellung in einer Apotheke zur Abgabe im Rahmen der bestehenden Apothekenbetriebserlaubnis oder zur Abgabe an andere Apotheken erfolgt,
1d.
Gewebezubereitungen sind, die der Pflicht zur Genehmigung nach den Vorschriften des § 21a Abs. 1 unterliegen,
1e.
Heilwässer, Bademoore oder andere Peloide sind, die nicht im Voraus hergestellt und nicht in einer zur Abgabe an den Verbraucher bestimmten Packung in den Verkehr gebracht werden, oder die ausschließlich zur äußeren Anwendung oder zur Inhalation vor Ort bestimmt sind,
1f.
medizinische Gase sind und die für einzelne Personen aus im Geltungsbereich dieses Gesetzes zugelassenen Arzneimitteln durch Abfüllen und Kennzeichnen in Unternehmen, die nach § 50 zum Einzelhandel mit Arzneimitteln außerhalb von Apotheken befugt sind, hergestellt werden,
1g.
als Therapieallergene für einzelne Patienten auf Grund einer Rezeptur hergestellt werden,
2.
zur klinischen Prüfung bestimmt sind oder
3.
unter den in Artikel 83 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 genannten Voraussetzungen kostenlos für eine Anwendung bei Patienten zur Verfügung gestellt werden, die an einer zu einer schweren Behinderung führenden Erkrankung leiden oder deren Krankheit lebensbedrohend ist, und die mit einem zugelassenen Arzneimittel nicht zufrieden stellend behandelt werden können; dies gilt auch für die nicht den Kategorien des Artikels 3 Absatz 1 oder 2 der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 zugehörigen Arzneimittel; Verfahrensregelungen werden in einer Rechtsverordnung nach § 80 bestimmt.

(2a) (weggefallen)

(3) Die Zulassung ist vom pharmazeutischen Unternehmer zu beantragen. Für ein Fertigarzneimittel, das in Apotheken oder sonstigen Einzelhandelsbetrieben auf Grund einheitlicher Vorschriften hergestellt und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben wird, ist die Zulassung vom Herausgeber der Herstellungsvorschrift zu beantragen. Wird ein Fertigarzneimittel für mehrere Apotheken oder sonstige Einzelhandelsbetriebe hergestellt und soll es unter deren Namen und unter einer einheitlichen Bezeichnung an Verbraucher abgegeben werden, so hat der Hersteller die Zulassung zu beantragen.

(4) Die zuständige Bundesoberbehörde entscheidet ferner, unabhängig von einem Zulassungsantrag nach Absatz 3 oder von einem Genehmigungsantrag nach § 21a Absatz 1 oder § 42 Absatz 2, auf Antrag einer zuständigen Landesbehörde über die Zulassungspflicht eines Arzneimittels, die Genehmigungspflicht einer Gewebezubereitung oder über die Genehmigungspflicht einer klinischen Prüfung. Dem Antrag hat die zuständige Landesbehörde eine begründete Stellungnahme zur Einstufung des Arzneimittels oder der klinischen Prüfung beizufügen.

(1) Die zuständigen Behörden treffen die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie können insbesondere das Inverkehrbringen von Arzneimitteln oder Wirkstoffen untersagen, deren Rückruf anordnen und diese sicherstellen, wenn

1.
die erforderliche Zulassung oder Registrierung für das Arzneimittel nicht vorliegt oder deren Ruhen angeordnet ist,
2.
das Arzneimittel oder der Wirkstoff nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt ist oder nicht die nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln angemessene Qualität aufweist,
2a.
der begründete Verdacht besteht, dass es sich um ein gefälschtes Arzneimittel oder einen gefälschten Wirkstoff handelt,
3.
dem Arzneimittel die therapeutische Wirksamkeit fehlt,
4.
der begründete Verdacht besteht, dass das Arzneimittel schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen,
5.
die vorgeschriebenen Qualitätskontrollen nicht durchgeführt sind,
6.
die erforderliche Erlaubnis für das Herstellen des Arzneimittels oder des Wirkstoffes oder das Verbringen in den Geltungsbereich des Gesetzes nicht vorliegt oder ein Grund zur Rücknahme oder zum Widerruf der Erlaubnis nach § 18 Abs. 1 gegeben ist oder
7.
die erforderliche Erlaubnis zum Betreiben eines Großhandels nach § 52a nicht vorliegt oder ein Grund für die Rücknahme oder den Widerruf der Erlaubnis nach § 52a Abs. 5 gegeben ist.

(1a) Bei Arzneimitteln, für die eine Genehmigung für das Inverkehrbringen oder Zulassung

1.
gemäß der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 oder
2.
im Verfahren der Anerkennung gemäß Kapitel 4 der Richtlinie 2001/83/EG oder
3.
auf Grund eines Gutachtens des Ausschusses gemäß Artikel 4 der Richtlinie 87/22/EWG vom 22. Dezember 1986 vor dem 1. Januar 1995
erteilt worden ist, unterrichtet die zuständige Bundesoberbehörde den Ausschuss für Humanarzneimittel über festgestellte Verstöße gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften nach Maßgabe der in den genannten Rechtsakten vorgesehenen Verfahren unter Angabe einer eingehenden Begründung und des vorgeschlagenen Vorgehens. Bei diesen Arzneimitteln können die zuständigen Behörden vor der Unterrichtung des Ausschusses nach Satz 1 die zur Beseitigung festgestellter und zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen treffen, sofern diese zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zum Schutz der Umwelt dringend erforderlich sind. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 unterrichten die zuständigen Behörden die Europäische Kommission und die anderen Mitgliedstaaten, in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 die Europäische Kommission und die Europäische Arzneimittel-Agentur über die zuständige Bundesoberbehörde spätestens am folgenden Arbeitstag über die Gründe dieser Maßnahmen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2, 2a und 4 kann auch die zuständige Bundesoberbehörde das Ruhen der Zulassung anordnen oder den Rückruf eines Arzneimittels anordnen, sofern ihr Tätigwerden zum Schutz der in Satz 2 genannten Rechtsgüter dringend erforderlich ist; in diesem Fall gilt Satz 3 entsprechend.

(1b) Bei anderen als den in Absatz 1a Satz 1 genannten Arzneimitteln kann die zuständige Bundesoberbehörde im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2, 2a und 4 den Rückruf eines Arzneimittels anordnen, sofern ihr Tätigwerden zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zum Schutz der Umwelt geboten ist. Erfolgt der Rückruf nach Satz 1 im Zusammenhang mit Maßnahmen nach den §§ 28, 30, 31 Absatz 4 Satz 2 oder nach § 32 Absatz 5, ist die Entscheidung der zuständigen Bundesoberbehörde sofort vollziehbar.

(2) Die zuständigen Behörden können das Sammeln von Arzneimitteln untersagen, wenn eine sachgerechte Lagerung der Arzneimittel nicht gewährleistet ist oder wenn der begründete Verdacht besteht, dass die gesammelten Arzneimittel mißbräuchlich verwendet werden. Gesammelte Arzneimittel können sichergestellt werden, wenn durch unzureichende Lagerung oder durch ihre Abgabe die menschliche Gesundheit gefährdet wird.

(2a) (weggefallen)

(3) Die zuständigen Behörden können Werbematerial sicherstellen, das den Vorschriften über den Verkehr mit Arzneimitteln und über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens nicht entspricht.

(4) Im Fall eines Rückrufs eines Arzneimittels nach Absatz 1a Satz 4 oder nach Absatz 1b Satz 1 kann auch eine öffentliche Warnung durch die zuständige Bundesoberbehörde erfolgen.

(5) Die zuständige Behörde kann im Benehmen mit der zuständigen Bundesoberbehörde bei einem Arzneimittel, dessen Abgabe untersagt wurde oder das aus dem Verkehr gezogen wurde, weil

1.
die Voraussetzungen für das Inverkehrbringen nicht oder nicht mehr vorliegen,
2.
das Arzneimittel nicht die angegebene Zusammensetzung nach Art und Menge aufweist oder
3.
die Kontrollen der Arzneimittel oder der Bestandteile und der Zwischenprodukte nicht durchgeführt worden sind oder ein anderes Erfordernis oder eine andere Voraussetzung für die Erteilung der Herstellungserlaubnis nicht erfüllt worden ist,
in Ausnahmefällen seine Abgabe an Patienten, die bereits mit diesem Arzneimittel behandelt werden, während einer Übergangszeit gestatten, wenn dies medizinisch vertretbar und für die betroffene Person angezeigt ist.

(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

(1) Die zuständigen Behörden treffen die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie können insbesondere das Inverkehrbringen von Arzneimitteln oder Wirkstoffen untersagen, deren Rückruf anordnen und diese sicherstellen, wenn

1.
die erforderliche Zulassung oder Registrierung für das Arzneimittel nicht vorliegt oder deren Ruhen angeordnet ist,
2.
das Arzneimittel oder der Wirkstoff nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt ist oder nicht die nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln angemessene Qualität aufweist,
2a.
der begründete Verdacht besteht, dass es sich um ein gefälschtes Arzneimittel oder einen gefälschten Wirkstoff handelt,
3.
dem Arzneimittel die therapeutische Wirksamkeit fehlt,
4.
der begründete Verdacht besteht, dass das Arzneimittel schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen,
5.
die vorgeschriebenen Qualitätskontrollen nicht durchgeführt sind,
6.
die erforderliche Erlaubnis für das Herstellen des Arzneimittels oder des Wirkstoffes oder das Verbringen in den Geltungsbereich des Gesetzes nicht vorliegt oder ein Grund zur Rücknahme oder zum Widerruf der Erlaubnis nach § 18 Abs. 1 gegeben ist oder
7.
die erforderliche Erlaubnis zum Betreiben eines Großhandels nach § 52a nicht vorliegt oder ein Grund für die Rücknahme oder den Widerruf der Erlaubnis nach § 52a Abs. 5 gegeben ist.

(1a) Bei Arzneimitteln, für die eine Genehmigung für das Inverkehrbringen oder Zulassung

1.
gemäß der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 oder
2.
im Verfahren der Anerkennung gemäß Kapitel 4 der Richtlinie 2001/83/EG oder
3.
auf Grund eines Gutachtens des Ausschusses gemäß Artikel 4 der Richtlinie 87/22/EWG vom 22. Dezember 1986 vor dem 1. Januar 1995
erteilt worden ist, unterrichtet die zuständige Bundesoberbehörde den Ausschuss für Humanarzneimittel über festgestellte Verstöße gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften nach Maßgabe der in den genannten Rechtsakten vorgesehenen Verfahren unter Angabe einer eingehenden Begründung und des vorgeschlagenen Vorgehens. Bei diesen Arzneimitteln können die zuständigen Behörden vor der Unterrichtung des Ausschusses nach Satz 1 die zur Beseitigung festgestellter und zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen treffen, sofern diese zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zum Schutz der Umwelt dringend erforderlich sind. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 unterrichten die zuständigen Behörden die Europäische Kommission und die anderen Mitgliedstaaten, in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 die Europäische Kommission und die Europäische Arzneimittel-Agentur über die zuständige Bundesoberbehörde spätestens am folgenden Arbeitstag über die Gründe dieser Maßnahmen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2, 2a und 4 kann auch die zuständige Bundesoberbehörde das Ruhen der Zulassung anordnen oder den Rückruf eines Arzneimittels anordnen, sofern ihr Tätigwerden zum Schutz der in Satz 2 genannten Rechtsgüter dringend erforderlich ist; in diesem Fall gilt Satz 3 entsprechend.

(1b) Bei anderen als den in Absatz 1a Satz 1 genannten Arzneimitteln kann die zuständige Bundesoberbehörde im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2, 2a und 4 den Rückruf eines Arzneimittels anordnen, sofern ihr Tätigwerden zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zum Schutz der Umwelt geboten ist. Erfolgt der Rückruf nach Satz 1 im Zusammenhang mit Maßnahmen nach den §§ 28, 30, 31 Absatz 4 Satz 2 oder nach § 32 Absatz 5, ist die Entscheidung der zuständigen Bundesoberbehörde sofort vollziehbar.

(2) Die zuständigen Behörden können das Sammeln von Arzneimitteln untersagen, wenn eine sachgerechte Lagerung der Arzneimittel nicht gewährleistet ist oder wenn der begründete Verdacht besteht, dass die gesammelten Arzneimittel mißbräuchlich verwendet werden. Gesammelte Arzneimittel können sichergestellt werden, wenn durch unzureichende Lagerung oder durch ihre Abgabe die menschliche Gesundheit gefährdet wird.

(2a) (weggefallen)

(3) Die zuständigen Behörden können Werbematerial sicherstellen, das den Vorschriften über den Verkehr mit Arzneimitteln und über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens nicht entspricht.

(4) Im Fall eines Rückrufs eines Arzneimittels nach Absatz 1a Satz 4 oder nach Absatz 1b Satz 1 kann auch eine öffentliche Warnung durch die zuständige Bundesoberbehörde erfolgen.

(5) Die zuständige Behörde kann im Benehmen mit der zuständigen Bundesoberbehörde bei einem Arzneimittel, dessen Abgabe untersagt wurde oder das aus dem Verkehr gezogen wurde, weil

1.
die Voraussetzungen für das Inverkehrbringen nicht oder nicht mehr vorliegen,
2.
das Arzneimittel nicht die angegebene Zusammensetzung nach Art und Menge aufweist oder
3.
die Kontrollen der Arzneimittel oder der Bestandteile und der Zwischenprodukte nicht durchgeführt worden sind oder ein anderes Erfordernis oder eine andere Voraussetzung für die Erteilung der Herstellungserlaubnis nicht erfüllt worden ist,
in Ausnahmefällen seine Abgabe an Patienten, die bereits mit diesem Arzneimittel behandelt werden, während einer Übergangszeit gestatten, wenn dies medizinisch vertretbar und für die betroffene Person angezeigt ist.

(1) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind Arzneimittel, die zur Anwendung bei Menschen bestimmt sind. Dies sind Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,

1.
die zur Anwendung im oder am menschlichen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2.
die im oder am menschlichen Körper angewendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder
a)
die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b)
eine medizinische Diagnose zu erstellen.

(2) Als Arzneimittel gelten Gegenstände, die ein Arzneimittel nach Absatz 1 enthalten oder auf die ein Arzneimittel nach Absatz 1 aufgebracht ist und die dazu bestimmt sind, dauernd oder vorübergehend mit dem menschlichen Körper in Berührung gebracht zu werden.

(3) Arzneimittel im Sinne dieses Gesetzes sind nicht

1.
Tierarzneimittel im Sinne des Artikels 4 Nummer 1 der Verordnung (EU) 2019/6 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Dezember 2018 über Tierarzneimittel und zur Aufhebung der Richtlinie 2001/82/EG (ABl. L 4 vom 7.1.2019, S. 43; L 163 vom 20.6.2019, S. 112; L 326 vom 8.10.2020, S. 15; L 241 vom 8.7.2021, S. 17) und veterinärmedizintechnische Produkte nach § 3 Absatz 3 des Tierarzneimittelgesetzes,
2.
Lebensmittel im Sinne des Artikels 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit (ABl. L 31 vom 1.2.2002, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1381 (ABl. L 231 vom 6.9.2019, S. 1) geändert worden ist,
3.
kosmetische Mittel im Sinne des Artikels 2 Absatz 1 Buchstabe a auch in Verbindung mit Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. November 2009 über kosmetische Mittel (ABl. L 342 vom 22.12.2009, S. 59; L 318 vom 15.11.2012, S. 74; L 72 vom 15.3.2013, S. 16; L 142 vom 29.5.2013, S. 10; L 254 vom 28.8.2014, S. 39; L 17 vom 21.1.2017, S. 52; L 326 vom 9.12.2017, S. 55; L 183 vom 19.7.2018, S. 27; L 324 vom 13.12.2019, S. 80; L 76 vom 12.3.2020, S. 36), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2019/1966 (ABl. L 307 vom 28.11.2019, S. 15) geändert worden ist,
4.
Erzeugnisse im Sinne des § 2 Nummer 1 des Tabakerzeugnisgesetzes,
5.
Biozid-Produkte nach Artikel 3 Absatz 1 Buchstabe a der Verordnung (EU) Nr. 528/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Mai 2012 über die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten (ABl. L 167 vom 27.6.2012, S. 1; L 303 vom 20.11.2015, S. 109; L 305 vom 21.11.2015, S. 55; L 280 vom 28.10.2017, S. 57), die zuletzt durch die Delegierte Verordnung (EU) 2021/407 (ABl. L 81 vom 9.3.2021, S. 15) geändert worden ist,
6.
Futtermittel im Sinne des Artikels 3 Nummer 4 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
7.
Medizinprodukte und Zubehör für Medizinprodukte im Sinne von Artikel 2 Nummer 1 und 2 der Verordnung (EU) 2017/745 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über Medizinprodukte, zur Änderung der Richtlinie 2001/83/EG, der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 und der Verordnung (EG) Nr. 1223/2009 und zur Aufhebung der Richtlinien 90/385/EWG und 93/42/EWG des Rates (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 1; L 117 vom 3.5.2019, S. 9; L 334 vom 27.12.2019, S. 165), die durch die Verordnung (EU) 2020/561 (ABl. L 130 vom 24.4.2020, S. 18) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung und im Sinne von Artikel 2 Nummer 2 und 4 der Verordnung (EU) 2017/746 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2017 über In-vitro-Diagnostika und zur Aufhebung der Richtlinie 98/79/EG und des Beschlusses 2010/227/EU der Kommission (ABl. L 117 vom 5.5.2017, S. 176; L 117 vom 3.5.2019, S. 11; L 334 vom 27.12.2019, S. 167) in der jeweils geltenden Fassung, es sei denn, es handelt sich um Arzneimittel im Sinne des Absatzes 1 Nummer 2 Buchstabe b,
8.
Organe im Sinne des § 1a Nr. 1 des Transplantationsgesetzes, wenn sie zur Übertragung auf menschliche Empfänger bestimmt sind.

(3a) Arzneimittel sind auch Erzeugnisse, die Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen sind oder enthalten, die unter Berücksichtigung aller Eigenschaften des Erzeugnisses unter eine Begriffsbestimmung des Absatzes 1 fallen und zugleich unter die Begriffsbestimmung eines Erzeugnisses nach Absatz 3 fallen können.

(4) Solange ein Mittel nach diesem Gesetz als Arzneimittel zugelassen oder registriert oder durch Rechtsverordnung von der Zulassung oder Registrierung freigestellt ist, gilt es als Arzneimittel. Hat die zuständige Bundesoberbehörde die Zulassung oder Registrierung eines Mittels mit der Begründung abgelehnt, dass es sich um kein Arzneimittel handelt, so gilt es nicht als Arzneimittel.

(1) Für die in § 109 Abs. 3 genannten Arzneimittel sowie für Arzneimittel, die nicht verschreibungspflichtig und nicht durch eine Rechtsverordnung auf Grund des § 45 oder des § 46 wegen ihrer Inhaltsstoffe, wegen ihrer Darreichungsform oder weil sie chemische Verbindungen mit bestimmten pharmakologischen Wirkungen sind oder ihnen solche zugesetzt sind, vom Verkehr außerhalb der Apotheken ausgeschlossen sind, kann die Verlängerung der Zulassung nach § 105 Abs. 3 und sodann nach § 31 nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 erteilt werden.

(2) Die Anforderungen an die erforderliche Qualität sind erfüllt, wenn die Unterlagen nach § 22 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 sowie das analytische Gutachten nach § 24 Abs. 1 vorliegen und von Seiten des pharmazeutischen Unternehmers eidesstattlich versichert wird, dass das Arzneimittel nach Maßgabe der allgemeinen Verwaltungsvorschrift nach § 26 geprüft ist und die erforderliche pharmazeutische Qualität aufweist. Form und Inhalt der eidesstattlichen Versicherung werden durch die zuständige Bundesoberbehörde festgelegt.

(3) Die Anforderungen an die Wirksamkeit sind erfüllt, wenn das Arzneimittel Anwendungsgebiete beansprucht, die in einer von der zuständigen Bundesoberbehörde nach Anhörung von einer vom Bundesministerium berufenen Kommission, für die § 25 Abs. 6 Satz 4 bis 6 entsprechende Anwendung findet, erstellten Aufstellung der Anwendungsgebiete für Stoffe oder Stoffkombinationen anerkannt sind. Diese Anwendungsgebiete werden unter Berücksichtigung der Besonderheiten der Arzneimittel und der tradierten und dokumentierten Erfahrung festgelegt und erhalten den Zusatz: "Traditionell angewendet". Solche Anwendungsgebiete sind: "Zur Stärkung oder Kräftigung des ...", "Zur Besserung des Befindens ...", "Zur Unterstützung der Organfunktion des ...", "Zur Vorbeugung gegen ...", "Als mild wirkendes Arzneimittel bei ...". Anwendungsgebiete, die zur Folge haben, dass das Arzneimittel vom Verkehr außerhalb der Apotheken ausgeschlossen ist, dürfen nicht anerkannt werden.

(4) Die Absätze 1 bis 3 finden nur dann Anwendung, wenn Unterlagen nach § 105 Abs. 4a nicht eingereicht worden sind und der Antragsteller schriftlich erklärt, dass er eine Verlängerung der Zulassung nach § 105 Abs. 3 nach Maßgabe der Absätze 2 und 3 anstrebt.

(4a) Abweichend von Absatz 4 finden die Absätze 2 und 3 auf Arzneimittel nach Absatz 1 Anwendung, wenn die Verlängerung der Zulassung zu versagen wäre, weil ein nach § 25 Abs. 7 Satz 1 in der vor dem 17. August 1994 geltenden Fassung bekannt gemachtes Ergebnis zum Nachweis der Wirksamkeit nicht mehr anerkannt werden kann.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 158/98 Verkündet am:
7. Dezember 2000
Walz
Justizamtsinspektor
als Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
Franzbranntwein-Gel
LMBG § 4

a) Die für die Einordnung eines Mittels als Arzneimittel oder Kosmetikum maßgebliche
Verkehrsanschauung wird regelmäßig - insbesondere wenn bereits
vergleichbare Erzeugnisse auf dem Markt sind - nicht allein durch das konkret
in Rede stehende Produkt, sondern in erster Linie durch die gattungsgemäße
allgemeine Zweckbestimmung des Mittels geprägt.

b) Zu der Frage, inwieweit die durch Hinweise auf den (Haupt-)Inhaltsstoff in
Richtung auf ein Arzneimittel hingelenkte allgemeine Verkehrsauffassung
durch die konkrete Ausstattung des Erzeugnisses verändert oder überlagert
wird.
BGH, Urt. v. 7. Dezember 2000 - I ZR 158/98 - OLG München
LG München I
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 7. Dezember 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Prof. Dr. Bornkamm,
Pokrant und Dr. Schaffert

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 6. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 23. April 1998 aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts München I, 9. Kammer für Handelssachen, vom 13. Mai 1997 wird zurückgewiesen.
Die Kosten der Rechtsmittel hat die Beklagte zu tragen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte, ein Unternehmen der pharmazeutischen Industrie, vertreibt in der nachstehend (verkleinert) wiedergegebenen Kunststofftube das
nicht als Arzneimittel zugelassene Erzeugnis "R.", ein zu 97 % aus Franzbranntwein bestehendes Gel:

Der Kläger, ein Verein zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, erblickt in dem Vertrieb des Präparats ohne arzneimittelrechtliche Zulassung
nach § 21 AMG einen Verstoß gegen § 1 UWG. Er hat von der Beklagten die Unterlassung des Vertriebs sowie die Erstattung von Abmahnkosten verlangt.
Die Beklagte ist dem entgegengetreten.
Das Landgericht hat die Beklagte (unter dem Gesichtspunkt irreführender Werbung) verurteilt,
1. es zu unterlassen, das oben abgebildete Produkt "R. Activ-Gel mit Franzbranntwein" in Verkehr zu bringen, ohne daß hierfür eine arzneimittelrechtliche Zulassung des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte vorliegt;
2. an den Kläger 207 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 6. Juli 1995 zu zahlen.
Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht die Klage abgewiesen (OLG München OLG-Rep 1999, 80 = PharmaRecht 1999, 15).
Mit der Revision, deren Zurückweisung die Beklagte beantragt, erstrebt der Kläger die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:


I. Das Berufungsgericht hat die Klageansprüche für unbegründet erachtet. Hierzu hat es ausgeführt:
Ansprüche wegen des Fehlens einer arzneimittelrechtlichen Zulassung stünden dem Kläger nicht zu, weil das Franzbranntwein-Gel der Beklagten nach der Verkehrsanschauung überwiegend zur Pflege in äußerlicher Anwendung diene und damit nicht als Arzneimittel, sondern als kosmetisches Mittel einzuordnen sei.
Franzbranntwein sei zwar schlechthin als Einreibemittel bekannt, das Muskel- und Gelenkschmerzen lindere und ein Wundliegen verhüte. Er möge daher als solcher auch dazu dienen, krankhafte Beschwerden zu lindern oder zu beseitigen, und damit überwiegend mit medizinischen Vorstellungen besetzt sein. Es komme jedoch nicht darauf an, welche Vorstellungen Franzbranntwein oder Franzbranntwein-Gel schlechthin beim Verkehr erwecke; vielmehr sei allein auf das konkrete Produkt in der konkreten Aufmachung abzustellen. Für dieses habe das vom Landgericht eingeholte Meinungsforschungsgutachten keine überwiegende arzneiliche Zweckbestimmung ergeben und es lasse sich eine solche auch anderweit nicht feststellen. Die Aufmachung, namentlich die Hinweise auf eine entspannende, belebende Einreibung und die Verbesserung der Hautdurchblutung, der Produktname, die Herstellerangabe sowie das Tannenzapfenbild , führten den Verkehr - auch wegen der ausdrücklichen Bezeichnung als "Kosmetikum" - eher von der Vorstellung einer überwiegenden arzneilichen Zweckbestimmung weg.
II. Die gegen diese Beurteilung gerichteten Angriffe der Revision haben Erfolg. Sie führen zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Wiederherstellung des der Klage stattgebenden Urteils des Landgerichts.
1. Das in Rede stehende Franzbranntwein-Gel "R." ist entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts nicht als Kosmetikum, sondern als Arzneimittel anzusehen.

a) Arzneimittel sind nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG u.a. Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung am menschlichen Körper Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern, zu verhüten oder zu erkennen. Zu den Arzneimitteln gehören darüber hinaus Stoffe und Stoffzubereitungen mit den in § 2 Abs. 1 Nr. 2 bis 5 AMG genannten Anwendungszwecken. Eine Einschränkung des Arzneimittelbegriffs ergibt sich allerdings daraus, daß gemäß § 2 Abs. 3 Nr. 3 AMG kosmetische Mittel im Sinne des § 4 LMBG nicht zugleich Arzneimittel sein können, und zwar auch dann nicht, wenn sie die Voraussetzungen des Arzneimittelbegriffs nach § 2 Abs. 1 AMG erfüllen (vgl. BVerwGE 106, 90, 93 = NJW 1998, 3433).
Nach § 4 Abs. 1 LMBG sind kosmetische Mittel u.a. Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen, die dazu bestimmt sind, äußerlich am Menschen zur Reinigung, zur Pflege oder zur Vermittlung von Geruchseindrücken angewendet zu werden, sofern sie nicht überwiegend dazu bestimmt sind, Krankheiten, Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu lindern oder zu beseitigen.
Maßgebend für die Einordnung eines Produkts als Arzneimittel oder Kosmetikum ist seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und verständigen Durchschnittsbetrachter darstellt (vgl. für die Abgrenzung von Arzneimitteln und Lebensmitteln: BGH, Urt. v. 10.2.2000 - I ZR 97/98, GRUR 2000, 528, 529 = WRP 2000, 510 - L-Carnitin). Die Verkehrsanschauung wird regelmäßig durch eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und deren Anwendung geprägt. Diese hängt ihrerseits davon ab, welche Verwendungsmöglichkeiten solche Mittel ihrer Art nach haben. Dabei kann die Vorstellung der Verbraucher auch durch die Auffassungen der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaft beeinflußt sein, ferner durch die dem Mittel beigefügten oder in Werbeprospekten enthaltenen Indikationshinweise und Gebrauchsanweisungen sowie die Aufmachung , in der das Mittel dem Verkehr allgemein entgegentritt (BGH, Urt. v. 19.1.1995 - I ZR 209/92, GRUR 1995, 419, 420 f. = WRP 1995, 386 - Knoblauchkapseln ; BGH GRUR 2000, 528, 529 f. - L-Carnitin; BGHSt 43, 336, 339 = NJW 1998, 836; BVerwGE 106, 90, 92; 97, 132, 135 f.; VGH München NJW 1998, 845). Von dieser Begriffsbestimmung ist auch das Berufungsgericht zutreffend ausgegangen.

b) Bei der Anwendung dieser Grundsätze auf den konkreten Fall hat das Berufungsgericht, wie die Revision mit Recht rügt, den maßgebenden Kriterien für die Einordnung als kosmetisches Mittel oder als Arzneimittel keine hinreichende Beachtung geschenkt.
aa) Nach den von der Revision nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist Franzbranntwein dem Verkehr schlechthin als Einreibe-
mittel bekannt, das Muskel- und Gelenkschmerzen lindern, aber auch ein Wundliegen verhüten soll. Diese Verkehrsanschauung über den allgemeinen Verwendungszweck von Franzbranntwein hat das Berufungsgericht mit der Begründung als nicht entscheidungserheblich angesehen, daß ausschließlich auf das konkrete Produkt in der konkreten Aufmachung abzustellen sei. Dem kann nicht beigetreten werden.
(1) Das Berufungsgericht ist allerdings ohne Rechtsverstoß davon ausgegangen , daß ein der Verhütung von Krankheiten oder krankhaften Beschwerden dienender Zweck für die Einordnung als Arzneimittel nicht ausschlaggebend sein kann, wenn es sich dabei - wie vorliegend der Schutz vor Wundliegen - nicht um die einzige Verwendungsmöglichkeit des Mittels handelt. Nach § 4 Abs. 1 2. Hs. LMBG schließt nur eine überwiegende Zweckbestimmung zur Linderung und Beseitigung, nicht aber zur Verhütung (oder Erkennung ) von Krankheiten die Annahme eines kosmetischen Mittels aus (vgl. Kloesel/Cyran, AMG, 3. Aufl., Stand Mai 2000, § 2 Anm. 92).
(2) Mit Recht wendet sich die Revision aber gegen die mangelnde Berücksichtigung des Umstandes, daß Franzbranntwein nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Verkehr allgemein als äußerlich anzuwendendes Hausmittel zur Linderung von Muskel- und Gelenkschmerzen bekannt und dieser Begriff deshalb überwiegend mit medizinischen Vorstellungen besetzt ist (vgl. OLG Köln GRUR 1988, 852). Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts wird die allgemeine Verkehrsauffassung keineswegs allein durch das konkret von der Beklagten vertriebene Produkt, sondern zunächst einmal durch die generelle Vorstellung des Verkehrs von den Verwendungsmöglichkeiten eines Erzeugnisses der vorliegenden Art geprägt (BGH, Urt. v. 6.2.1976
- I ZR 125/74, GRUR 1976, 430, 432 - Fencheltee; BGH GRUR 1995, 419, 421 - Knoblauchkapseln). Entscheidend ist, wie bereits ausgeführt wurde und worauf auch das Berufungsgericht an anderer Stelle selbst zutreffend hingewiesen hat, die allgemeine Zweckbestimmung, die das Mittel nach der Verkehrsanschauung gattungsgemäß besitzt. Das Berufungsgericht hätte daher seine Feststellungen, wonach derartige Mittel allgemein zur Linderung von Muskelund Gelenkbeschwerden verwendet werden, nicht außer Betracht lassen dürfen.
(3) Das Berufungsgericht durfte die Vorstellung von einem überwiegend medizinischen Verwendungszweck auch nicht deshalb unberücksichtigt lassen, weil es sich bei dem Produkt der Beklagten nicht um ein ausschließlich aus Franzbranntwein bestehendes Erzeugnis, sondern um ein "Activ-Gel mit 97 % Franzbranntwein" handelt. Allerdings kann der Verwendungszweck eines einzelnen Wirkstoffes grundsätzlich nicht ohne weiteres mit dem Anwendungszweck einer aus mehreren Stoffen bestehenden Zubereitung gleichgesetzt werden, und es ist auch nicht zulässig, einen einzelnen Bestandteil herauszugreifen und allein ihn darauf zu untersuchen, ob er nach der Verkehrsauffassung krankheitsheilende oder -lindernde Wirkung besitzt (vgl. BGH, Urt. v. 29.10.1992 - I ZR 89/91, GRUR 1993, 403 = WRP 1993, 474 - Bronchocedin; BVerwGE 106, 90, 96). Das schließt es aber nicht aus, daß die heilende Wirkung eines einzelnen Stoffes nach der Verbrauchererwartung bei der Würdigung des Gesamtprodukts so im Vordergrund steht, daß für dieses ebenfalls von einer überwiegend krankheitsheilenden bzw. beschwerdelindernden Zweckbestimmung auszugehen ist (vgl. BGH, Urt. v. 16.5.1991 - I ZR 207/89, GRUR 1991, 701 = WRP 1993, 465 - Fachliche Empfehlung I; BVerwGE 106, 90, 96 f.). So verhält es sich hier.

Das Berufungsgericht hat zutreffend ausgeführt, daß der Anteil des Wirkstoffes Franzbranntwein in dem zu beurteilenden Gel mit 97 % "sehr hoch" ist. Außerdem ist weder vorgetragen worden noch ersichtlich, daß den weiteren von den Parteien in den Vorinstanzen nicht erörterten und vom Berufungsgericht auch nicht näher festgestellten Bestandteilen mit einem Anteil von insgesamt 3 % nach der Verkehrsauffassung eine für die Einordnung als Arzneimittel oder Kosmetikum maßgebliche Bedeutung zukommt. Dementsprechend ist davon auszugehen, daß der Verkehr mit dem Franzbranntwein-Gel der Beklagten - nicht anders als mit reinem Franzbranntwein - in erster Linie die Vorstellung arzneilicher Anwendungszwecke verbindet.
bb) Die durch die deutlichen Hinweise auf den Hauptinhaltsstoff Franzbranntwein in Richtung auf ein Arzneimittel hingelenkte allgemeine Verkehrsauffassung wird, wie der Senat auf der Grundlage der vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei getroffenen weiteren Tatsachenfeststellungen sowie der allgemeinen Lebenserfahrung selbst beurteilen kann, durch die konkrete Ausstattung des Erzeugnisses nicht wesentlich verändert oder überlagert.
(1) Das Fehlen eines - vom Berufungsgericht vermißten - ausdrücklichen Hinweises auf eine Anwendung zur Linderung körperlicher Beschwerden steht der Annahme eines überwiegenden heilenden oder lindernden Wirkungszwecks nicht entgegen (vgl. BGH GRUR 1995, 419, 421 - Knoblauchkapseln). Wenn der Verkehr schon mit dem Hinweis auf den Hauptbestandteil des Mittels - hier: Franzbranntwein - die Vorstellung einer arzneilichen Zweckbestimmung des Gesamtprodukts verbindet, bedarf es nicht zwangsläufig noch weiterer Anzeichen für einen solchen Verwendungszweck. Dies gilt jedenfalls dann, wenn,
wie im vorliegenden Fall, keine von der Vorstellung eines Arzneimittels eindeutig wegführenden Ausstattungsmerkmale vorliegen.
(2) Nach den zutreffenden Feststellungen des Berufungsgerichts ist der auf der Vorderseite der Verpackung angegebene Gebrauch zur entspannenden und belebenden Einreibung "auch bei pflegerischer Anwendung" möglich. Dieser Hinweis hebt den Eindruck einer überwiegenden arzneilichen Zweckbestimmung allerdings nicht auf, sondern weist lediglich auf eine zusätzliche Bestimmung zu kosmetischen Zwecken hin.
(3) Dasselbe gilt für die Anwendungshinweise auf der Rückseite des Produkts. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts deuten zwar eine Verbesserung der Hautdurchblutung, Entspannung und belebende Frische eher auf Körperpflege als auf Schmerzlinderung hin. Eine Verbesserung der Hautdurchblutung dient aber unabhängig von einer Bekämpfung schmerzhafter Zustände der Linderung bzw. Beseitigung von Durchblutungsstörungen der Haut und hat daher eine arzneiliche Wirkung (vgl. zum Krankheitscharakter von Durchblutungsstörungen: BGHZ 89, 78, 81 - Heilpraktikerwerbung III; OLG Düsseldorf ES-HWG, § 12 Nr. 44; Doepner, HWG, 2. Aufl., § 1 Rdn. 56). Die Angabe, eine Einreibung oder Massage mit "R." entspanne und schenke wohltuend belebende Frische, hat das Berufungsgericht bereits im Zusammenhang mit dem fast identischen Hinweis auf der Vorderseite der Verpackung ohne Rechtsverstoß dahingehend beurteilt, daß sich aus ihr auch, d.h. nicht ausschließlich , ein pflegerischer Anwendungszweck entnehmen läßt. Abgespanntheit kann allerdings in bestimmten Fällen ein Anzeichen krankhafter Beschwerden sein (vgl. BGHZ 23, 184, 192 - Spalttabletten; Doepner aaO § 1 Rdn. 56), so daß die Linderung dieses Zustandes durch Entspannung und Be-
lebung jedenfalls auch einem arzneilichen Zweck dient. Die weiteren Hinweise zur Anwendung des Mittels ("Ideal zum Einmassieren nach dem Sport oder nach einem anstrengenden Tag, z.B. durch Einreiben von Schultern, Nacken und Waden. Besonders angenehm auch an heißen Tagen durch leichtes Betupfen von Schläfen, Nacken und Stirn. Anwendung: Mehrmals täglich in die Haut einmassieren.") hat das Berufungsgericht von der Revision unbeanstandet als neutral bewertet.
(4) Der Nennung von Gegenanzeigen ("Nicht in die Augen, auf offene Wunden oder auf Schleimhäute bringen.") hat das Berufungsgericht keine auf ein Arzneimittel hindeutende Indizwirkung beigemessen, weil diese nicht - wie bei Arzneimitteln üblich - als solche bezeichnet seien und ihre Angabe auch bei kosmetischen Mitteln vorgeschrieben sei (vgl. § 4 Nr. 3, § 5 a KosmetikVO). Auch diese Ausführungen sind von der Revision nicht beanstandet worden und lassen keine Rechtsfehler erkennen. Ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken begegnen die von der Revision ferner nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts, wonach weder dem Namen des Produkts noch seiner Aufmachung eine auf einen arzneilichen Zweck des Mittels hindeutende Wirkung zu entnehmen ist, allerdings auch nichts für das Vorliegen eines kosmetischen Mittels. Dagegen kommt, worauf die Revision zutreffend hinweist, der Angabe des im Verkehr bekannten Herstellernamens (vgl. BGH, Urt. v. 18.6.1998 - I ZR 15/96, GRUR 1998, 942, 943 = WRP 1998, 990 - ALKA-SELTZER) nach der Lebenserfahrung eine gewisse Indizwirkung für das Vorliegen eines Arzneimittels zu; denn die Beklagte ist mit dieser Unternehmensbezeichnung häufig als Arzneimittelhersteller in Erscheinung getreten.
(5) Mit Recht wendet sich die Revision ferner gegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Abbildung eines Tannenzapfens auf der Vorderseite der Tube erwecke die Assoziation pflegender Badezusätze und spreche daher ebenso wie die Bezeichnung "Münchner Kosmetikum" für das Vorliegen eines Körperpflegemittels.
Pflanzenteile wie Fichten- oder Tannenzweige und -zapfen können mit den vom Verkehr erfahrungsgemäß damit in Verbindung gebrachten ätherischen Ölen sowohl heilende als auch kosmetische, nämlich pflegende oder Geruchseindrücke vermittelnde Wirkungen entfalten. Soweit sie an Heilkräuter denken lassen, legen sie die Annahme eines Arzneimittels nahe (vgl. OLG Köln GRUR 1988, 852).
Ebensowenig kommt dem Hinweis "Münchner Kosmetikum" eine maßgebliche Bedeutung zu. Da es für die Einordnung als Arzneimittel oder als Kosmetikum vor allem auf die allgemeine Verwendung durch den Verbraucher ankommt (vgl. BGH GRUR 1995, 419, 421 - Knoblauchkapseln), darf nicht außer acht gelassen werden, daß dieser nach den Feststellungen des Berufungsgerichts ganz überwiegend wegen der bekannten lindernden Wirkung bei Muskel- und Gelenkschmerzen und angesichts der Anwendungshinweise auf der Verpackung möglicherweise auch zur Förderung der Hautdurchblutung und zur Entspannung und Belebung zu Franzbranntwein und Franzbranntwein-Gel greift. Die Anwendung zur Körperpflege steht dabei aber ungeachtet der Bezeichnung des Mittels als Kosmetikum nicht im Vordergrund und überlagert damit die Zweckbestimmung als Arzneimittel auch nicht in dem Sinn, daß ein überwiegender arzneilicher Zweck nicht mehr vorliegt.
cc) Die vorstehende Beurteilung wird durch das Ergebnis des vom Landgericht eingeholten Meinungsforschungsgutachtens nicht in Frage gestellt.
Mit Erfolg wendet sich die Revision dagegen, daß sich das Berufungsgericht bei der Einordnung von "R." als Arzneimittel oder Kosmetikum u.a. auf das Befragungsergebnis zur sogenannten geschlossenen Fragestellung Ziffer 4 ("Würden Sie dieses Produkt als Arzneimittel oder als Körperpflegemittel bezeichnen oder können Sie dies so präzise momentan nicht sagen?") gestützt und danach eine überwiegende Zweckbestimmung als Arzneimittel mit der Begründung abgelehnt hat, dem Anteil von 40 % der Befragten, der die Antwort "ist ein Heilmittel" gegeben habe, stehe ein Anteil von 60 % der Befragten gegenüber , der entweder - nämlich 35 % der Befragten - die Antwort "ist ein Körperpflegemittel" gegeben habe oder - 25 % der Befragten - sich nicht habe entscheiden können. Die Revision rügt mit Recht, daß die Angaben derjenigen Befragten, die sich insoweit nicht entscheiden konnten, nicht zur Begründung dafür herangezogen werden konnten, daß es sich bei dem Mittel der Beklagten um ein Körperpflegemittel handelt. Somit steht ein Anteil von 40 % der Befragten , der "R." als Arzneimittel ansieht, einem Anteil von 35 % gegenüber, der das Gel für ein Körperpflegemittel hält, was das vorstehend gewonnene Ergebnis bestätigt.
Demgegenüber stellt sich das Ergebnis bei der sogenannten offenen Befragung, bei der jeweils etwa jeder fünfte Befragte "R." mit arzneilichen Eigenschaften oder aber mit Eigenschaften eines Körperpflegemittels in Verbindung gebracht hat, als nicht hinreichend aussagekräftig dar. Denn bei der Auswertung der Antworten auf die offenen bzw. ungestützten Fragen bedurfte
es auch einer - vom Sachverständigen nicht näher erläuterten - Bewertung und Gewichtung der Antworten dahin, ob sie dem einen oder anderen Zweck zugeordnet werden.
2. Nach dem Vorstehenden kommt es auf Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 76/768/EWG des Rates zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über kosmetische Mittel vom 27. Juli 1976 (ABl. Nr. L 262/169) in der Fassung der Ä nderungsrichtlinie 93/35/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 (ABl. Nr. L 151/32), auf den sich die Revision ergänzend stützt, nicht mehr an.
3. Die Beklagte verstößt durch den Vertrieb des Mittels "R." ohne die nach dem Arzneimittelgesetz vorgeschriebene Zulassung gegen § 1 UWG, weil sie sich damit über Vorschriften hinwegsetzt, die zum Gesundheitsschutz der Bevölkerung erlassen worden sind (BGHZ 44, 208, 209 - Novo-Petrin; BGH GRUR 1995, 419, 421 - Knoblauchkapseln).
Das beanstandete Verhalten der Beklagten ist auch geeignet, den Wettbewerb wesentlich zu beeinträchtigen (§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG). Im Bereich der Gesundheitswerbung ist ein wettbewerbswidriges Verhalten regelmäßig auch als wesentliche Beeinträchtigung des Wettbewerbs zu beurteilen (vgl. BGH, Urt. v. 9.10.1997 - I ZR 92/95, GRUR 1998, 487, 488 = WRP 1998, 172 - Professorenbezeichnung in der Arztwerbung III; Urt. v. 9.7.1998 - I ZR 72/96, GRUR 1999, 179, 182 f. = WRP 1998, 1071 - Patientenwerbung; Urt. v. 21.9.2000 - I ZR 12/98, GRUR 2001, 176, 178 = WRP 2000, 1410 - Myalgien).
4. Der Kläger hat unter dem Gesichtspunkt der Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 677, 670 BGB) ferner einen Anspruch auf Erstattung seiner
der Höhe nach unstreitigen Abmahnkosten (st. Rspr.; vgl. BGHZ 115, 210, 212 - Abmahnkostenverjährung; BGH, Urt. v. 24.11.1999 - I ZR 171/97, WRP 2000, 633, 636 - Sicherungsschein; Urt. v. 15.12.1999 - I ZR 159/97, GRUR 2000, 337, 338 = WRP 2000, 386 - Preisknaller).
Der geltend gemachte Zinsanspruch rechtfertigt sich aus § 291 BGB.
III. Danach war auf die Revision des Klägers das angefochtene Urteil aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Bornkamm
Pokrant Schaffert

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
I ZR 97/98 Verkündet am:
10. Februar 2000
Führinger
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ : nein
BGHR : ja
L-Carnitin
Zur Frage der Arzneimitteleigenschaft eines L-Carnitin enthaltenden Präparats,
das vom Hersteller als diätetisches Lebensmittel bezeichnet wird, aber - in
Kapselform und verpackt in Faltschachteln mit Blisterstreifen - ausschließlich
über Apotheken vertrieben wird.
BGH, Urt. v. 10. Februar 2000 - I ZR 97/98 - OLG Hamm
LG Hagen
Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 10. Februar 2000 durch den Vorsitzenden Richter Prof.
Dr. Erdmann und die Richter Dr. v. Ungern-Sternberg, Starck, Pokrant und
Dr. Büscher

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 5. Februar 1998 aufgehoben.
Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:


Die Beklagte ist ein pharmazeutisches Unternehmen, das u.a. ein Präparat mit der Bezeichnung "B. " herstellt und vertreibt. Das nicht als Arzneimittel zugelassene Präparat wird in Packungen mit 20 bzw. 50 sogenannten Capsetten vertrieben, die jeweils 500 mg L-Carnitin enthalten.
L-Carnitin ist eine körpereigene Substanz. Der tägliche Bedarf des Menschen wird durch eine "normale" Ernährung gedeckt, während bei vegetarischer Ernährung Mängel auftreten können.
Die Beklagte bewarb "B. " in der Zeitschrift "G. " (Ausgabe Juli/August 1995) u.a. mit den Worten:
"Ob im Beruf, in der Freizeit oder im Sport. Immer ist der Grad Ihrer Gesundheit die Grundlage für Ihre Leistungsfähigkeit. "B. " unterstützt die Leistungsbereitschaft Ihres Organismus, erhöht die Ausschöpfung Ihres Energie-Potentials und optimiert Ihre Ausdauerleistungsfähigkeit. Darüber hinaus gleicht "B. " (L-Carnitin) einen gesteigerten Energiebedarf durch berufliche oder sportliche Belastung schnell wieder aus."
Der damals verwendete Beipackzettel enthält u.a. den Hinweis "LCarnitin ist eine Transportsubstanz (Biocarrier) zur Erhaltung der muskulären Ausdauerleistungsfähigkeit und der Pumpleistung des Herzens" sowie die Angabe "B. mit dem wichtigen L-Carnitin optimiert den Fettstoffwechsel, verstärkt die körpereigene Leistungsfähigkeit, verkürzt die Regeneration, stimuliert das Immunsystem, unterstützt die Herzleistung". Als "Verzehrempfehlung" ist dort u.a. ausgeführt: "Täglich 1-2 Capsetten lutschen oder langsam kauen. Die Einnahme geschieht am besten kurweise, d.h. über mehrere Wochen, mit anschließender Einnahmepause. So wird einer nachteiligen Beeinflussung der körpereigenen L-Carnitin-Produktion vorgebeugt". Weiterhin werden dort Hinweise zur Einnahme bei sportlichen Belastungen sowie zum Zweck der "Mobilisation körpereigener Abwehrkräfte während der kalten Jahreszeiten und in der Rekonvaleszenz (Genesungsphase)" gegeben.

In der Folgezeit änderte die Beklagte ihren Beipackzettel. Die Beipackzettel mit dem Stand Januar 1996 und Oktober 1997 weisen nicht mehr darauf hin, daß "B. " (L-Carnitin) die Pumpleistung des Herzens erhalte und die Herzleistung unterstütze. Die Beklagte hat nach ihrer Darstellung auch ihre Werbung für "B. " verändert.
Der klagende Wettbewerbsverein ist der Ansicht, daß "B. " ein Arzneimittel sei. Die Beklagte handele deshalb wettbewerbswidrig, wenn sie das Präparat in den Verkehr bringe und bewerbe, ohne daß es als Arzneimittel zugelassen sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Androhung von Ordnungsmitteln zu verurteilen, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken für das Mittel "B. " mit einer Tagesdosis von 500 mg L-Carnitin pro Capsette zu werben und/oder dieses Mittel zu vertreiben, solange es nicht als Arzneimittel zugelassen ist.
Die Beklagte hat demgegenüber vorgebracht, "B. " sei kein Arzneimittel , sondern ein Nahrungsergänzungsmittel. Die Klage sei auch deshalb unbegründet , weil der Kläger mit seinem Unterlassungsantrag ein abstraktes Werbe- und Vertriebsverbot anstrebe, das nur begründet wäre, wenn L-Carnitin seiner Natur nach nur als Arzneimittel verwendet werden könnte. Dies sei jedoch nicht der Fall.
Das Landgericht hat mit seinem ersten Urteil die Klage abgewiesen, weil der Kläger nicht nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG prozeßführungsbefugt sei. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht diese Entscheidung mit der Begründung aufgehoben, daß der Kläger die erforderliche Prozeßführungsbefugnis besitze, und den Rechtsstreit an das Landgericht zurückverwiesen.
Auch mit seinem zweiten Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger hat gegen diese Entscheidung Berufung eingelegt. Im Berufungsverfahren hat er neben seinem Hauptantrag einen Hilfsantrag gestellt, nach dem - unter den Voraussetzungen des Hauptantrags - die Werbung und der Vertrieb des Mittels "B. " verboten werden sollen, falls dabei zusätzlich bestimmte, im einzelnen aufgeführte Angaben verwendet werden.
Das Berufungsgericht hat die Beklagte nach dem Hauptantrag verurteilt.
Mit ihrer Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, verfolgt die Beklagte ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe:


Die Revision führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Berufungsgericht.
I. Das Berufungsgericht hat die Ansicht vertreten, die Beklagte sei verpflichtet , es zu unterlassen, ihr L-Carnitin-Präparat "B. " zu bewerben und zu vertreiben, wenn dieses nicht als Fertigarzneimittel zugelassen sei.

Der Kläger erstrebe mit seiner Klage nicht ein abstraktes Werbe- und Vertriebsverbot für L-Carnitin-Präparate der Beklagten. Sein Antrag beziehe sich vielmehr auf das - pro Capsette 500 mg L-Carnitin enthaltende - Präparat "B. " mit seinem konkreten Erscheinungsbild, wie es sich unverändert aus den als Anlage eingereichten Abbildungen der Verpackung und den vorgelegten Packungen selbst ergebe.
Die Beklagte handele wettbewerbswidrig, weil sie in Kenntnis der maßgebenden Umstände das Präparat"B. " bewerbe und vertreibe, ohne daß dieses als Arzneimittel zugelassen sei. "B. " sei ein Arzneimittel, kein diätetisches Lebensmittel. Das darin enthaltene L-Carnitin sei eine Substanz ohne eigenen Brennwert, die beim Stoffwechsel für den Transport aktiver langkettiger Fettsäuren an den Ort benötigt werde, an dem die Fettsäuren "verbrannt" würden. Nach der Auskunft des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 14. Januar 1997 sei "B. " unter die Produkte einzuordnen, die als "Designer-food" angeboten würden. Solche Produkte würden - ungeachtet ihrer Aufmachung als diätetische Lebensmittel - wegen der ihnen zugeschriebenen Wirkungen auf Fitneß und Leistungssteigerung angewendet und wiesen pharmakologische Wirkungen auf. Selbst wenn dieser - nicht begründeten - Behördenäußerung keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden sollte, ergebe sich aus den sonstigen Stellungnahmen keine andere Zuordnung des Präparats "B. ". Dies gelte auch für die Allgemeinverfügung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 26. Januar 1994 (BAnz. Nr. 25 v. 5.2.1994 S. 995) über die Einfuhr und das Inverkehrbringen carnitinhaltiger Nahrungsergänzungsmittel und die Monographie "L-Carnitin" des Bundesgesundheitsamts (BAnz. Nr. 11 v. 17.1.1990 S. 247 f.). Die Problematik, ob es aus gesundheitli-
chen Gründen eine absolute Grenze für den Zusatz von L-Carnitin bei Lebensmitteln gebe, sei ersichtlich noch nicht gelöst.
Die Einordnung von "B. " als Arzneimittel oder als Lebensmittel könne demnach lediglich anhand seiner Verwendungsmöglichkeiten, der Indikationshinweise , der Gebrauchsanweisung und der Aufmachung vorgenommen werden. Danach sei das Präparat als Arzneimittel anzusehen.
Die Verpackung, insbesondere die für Arzneimittel übliche Art der Abpackung der Capsetten, und der Hinweis, die Capsetten sollten gelutscht werden , deuteten eher auf ein Arzneimittel hin. Die Bezeichnung als "diätetisches Lebensmittel" stehe dem nicht entgegen. Entscheidend sei jedoch, daß die Beklagte in ihrer - in "G. " erschienenen - Werbeanzeige ihrem Produkt eine Zielrichtung gegeben habe, die auf die Beeinflussung des Zustands und der Funktionen des Körpers, nicht auf den Ausgleich von Ernährungsdefiziten, hinweise. Der dadurch hervorgerufene Eindruck werde durch die Hinweise im (alten) Beipackzettel unterstützt. Die einmal gewählte Festlegung des Produkts als Arzneimittel durch die Art der Werbung und die Gestaltung des Beipackzettels werde nicht dadurch aufgehoben, daß die Beklagte sich nunmehr verstärkt an Sportler wende und die früheren Hinweise auf die Erhaltung der Pumpleistung des Herzens usw. nicht mehr wiederhole. Nach wie vor werde auf die Einordnung von "B. " als Arzneimittel durch Angaben hingewiesen wie "aktiviert das Immunsystem" und "erhöht die Streßtoleranz bei sportlicher Belastung". Bei dieser Sachlage sei es nicht mehr erheblich, in welchem Umfang ein Mangel von L-Carnitin im menschlichen Körper ersetzt werden dürfe, ohne daß es zu einer Überdosierung komme.
II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Das Berufungsgericht ist zwar zutreffend davon ausgegangen, daß ein Verstoß gegen die Vorschriften des § 21 AMG und des § 3a HWG einen Unterlassungsanspruch nach § 1 UWG begründen kann (vgl. BGH, Urt. v. 19.1.1995 - I ZR 209/92, GRUR 1995, 419, 421 = WRP 1995, 386 - Knoblauchkapseln). Seine Ansicht, daß dem Kläger ein solcher Anspruch zustehe, weil "B. " ein Arzneimittel sei, das nicht ohne Zulassung in den Verkehr gebracht und beworben werden dürfe, beruht jedoch auf unzureichenden Feststellungen.
1. Nach dem Klageantrag soll die Beklagte verurteilt werden, es zu unterlassen , im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken für das Mittel "B. " mit einer Tagesdosis von 500 mg L-Carnitin zu werben und/oder dieses Mittel zu vertreiben, solange es nicht als Arzneimittel zugelassen ist. Wie das Berufungsgericht im Ausgangspunkt zutreffend entschieden hat, ist Gegenstand des Klageantrags nur der Vertrieb des Präparats"B. " in Verpakkungen , wie sie der Kläger vorgelegt hat, d.h. in Faltschachteln, die Blisterstreifen für 20 bzw. 50 Capsetten mit jeweils 500 mg L-Carnitin enthalten. Bereits nach dem Wortlaut des Antrags, aber auch nach der Klagebegründung ist die mit dem Antrag angegriffene konkrete Verletzungsform nicht durch weitere Umstände wie einen bestimmten Inhalt des Beipackzettels oder eine bestimmte Produktwerbung der Beklagten gekennzeichnet. Der Kläger hat es vielmehr ausdrücklich abgelehnt, seinen Klageantrag auch auf einzelne Werbeaussagen der Beklagten zu stützen. Der Klageantrag wäre auch nicht hinreichend bestimmt i.S. des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, wenn zur Umschreibung der angegriffenen konkreten Verletzungsform allgemein auf die Werbung der Beklagten für ihr Präparat abzustellen wäre, ohne daß die zu beurteilenden Werbeaussagen konkret benannt würden. Das Berufungsgericht hat deshalb zutreffend zu Beginn seiner Entscheidungsgründe darauf hingewiesen, daß es für die Ent-
scheidung ohne Bedeutung ist, daß die Beklagte im Laufe des Rechtsstreits die Angaben im Beipackzettel geändert hat und das Präparat nunmehr auch mit anderen Aussagen bewirbt.
Diese Bestimmung des Gegenstands des Klageantrags wird bestätigt durch den Hilfsantrag, nach dem ein Verbot, wie es mit dem Hauptantrag begehrt wird, von der zusätzlichen Voraussetzung abhängen soll, daß in der Werbung oder beim Vertrieb bestimmte Angaben über das Präparat einzeln oder in Kombination gemacht werden.
2. Die vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen seine Beurteilung nicht, daß "B. " kein Lebensmittel, sondern ein Arzneimittel ist.

a) Nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 AMG sind Arzneimittel u.a. Stoffe, die dazu bestimmt sind, durch Anwendung im menschlichen Körper Leiden, Körperschäden oder krankhafte Beschwerden zu heilen, zu lindern oder zu verhüten. Darüber hinaus fallen gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 5 AMG auch Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen unter den Arzneimittelbegriff, die die Beschaffenheit, den Zustand oder die Funktionen des Körpers beeinflussen. Allerdings wird der Arzneimittelbegriff durch § 2 Abs. 3 Nr. 1 AMG dahin eingeschränkt, daß Lebensmittel i.S. des § 1 LMBG keine Arzneimittel sind. Derselbe Stoff kann danach nicht gleichzeitig Lebensmittel und Arzneimittel sein.
Nach § 1 Abs. 1 LMBG sind Lebensmittel Stoffe, die dazu bestimmt sind, in unverändertem, zubereitetem oder verarbeitetem Zustand von Menschen verzehrt zu werden; ausgenommen sind Stoffe, die überwiegend dazu bestimmt sind, zu anderen Zwecken als zur Ernährung oder zum Genuß verzehrt zu werden.

Entscheidend für die Einordnung eines Produkts als Arzneimittel oder Lebensmittel ist seine an objektive Merkmale anknüpfende überwiegende Zweckbestimmung, wie sie sich für einen durchschnittlich informierten, aufmerksamen und v erständigen Durchschnittsverbraucher darstellt. Die Verkehrsanschauung knüpft regelmäßig an eine schon bestehende Auffassung über den Zweck vergleichbarer Mittel und ihre Anwendung an, die wiederum davon abhängt, welche Verwendungsmöglichkeiten solche Mittel ihrer Art nach haben. Die Vorstellung der Verbraucher von der Zweckbestimmung eines Produkts kann weiter durch die Auffassung der pharmazeutischen oder medizinischen Wissenschaft beeinflußt sein, ebenso durch die dem Mittel beigefügten oder in Werbeprospekten enthaltenen Indikationshinweise und Gebrauchsanweisungen sowie die Aufmachung, in der das Mittel dem Verbraucher allgemein entgegentritt (vgl. BGH GRUR 1995, 419, 420 - Knoblauchkapseln; BGH, Urt. v. 3.12.1997 - 2 StR 270/97, NJW 1998, 836, 837; BVerwGE 97, 132, 135 f.; VGH München NJW 1998, 845).

b) Das Berufungsgericht hat zu Unrecht keine Feststellungen dazu getroffen , ob das Präparat "B. " mit dem in ihm enthaltenen Stoff L-Carnitin, gerade auch in der Dosierung von 500 mg pro Tag, wie sie Gegenstand des Klageantrags ist, aus der Sicht der Verbraucher die objektive Zweckbestimmung eines Arzneimittels hat. Denn ein verständiger Durchschnittsverbraucher wird im allgemeinen nicht annehmen, daß ein als Nahrungsergänzungsmittel angebotenes Präparat tatsächlich ein Arzneimittel ist, wenn es in der empfohlenen Dosierung keine pharmakologischen Wirkungen hat.
Das Berufungsgericht hat selbst gesehen, daß die Auskunft des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte vom 14. Januar 1997 die Arz-
neimitteleigenschaft von "B. " lediglich behauptet, aber nicht begründet, und daß auch die sonstigen vorgelegten behördlichen Stellungnahmen keine hinreichende Grundlage für die Beurteilung bilden, ob ein Präparat mit dem Stoff L-Carnitin in der Dosierung von 500 mg pro Capsette nach seiner objektiven Zweckbestimmung als Arzneimittel anzusehen ist. Die Allgemeinverfügung des Bundesministeriums für Gesundheit vom 26. Januar 1994 enthält lediglich die - nicht begründete - Entscheidung, daß L-Carnitin enthaltende Nahrungsergänzungsmittel , die in einem Mitgliedstaat der Europäischen Gemeinschaft oder einem Vertragsstaat des Europäischen Wirtschaftsraumes rechtmäßig in Verkehr gebracht worden sind, im Inland vertrieben werden dürfen, wenn auf dem Etikett deutlich darauf hingewiesen wird, daß pro Tag nicht mehr als 200 mg LCarnitin verzehrt werden sollen. Die Monographie "L-Carnitin" des Bundesgesundheitsamts behandelt bei der Frage der medizinischen Verwendung von LCarnitin nur den Einsatz dieses Stoffes in Dosierungen, die bei weitem die Dosierung von 500 mg pro Tag übersteigen. Das Berufungsgericht hat dementsprechend in den Entscheidungsgründen ausdrücklich davon abgesehen, eine Feststellung dazu zu treffen, ob das Präparat "B. " nach wissenschaftlicher Beurteilung in der Dosierung von 500 mg pro Tag pharmakologische Wirkungen hat. Entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung ergibt sich dazu auch nichts aus der Darstellung des unstreitigen Sachverhalts im Tatbestand der angegriffenen Entscheidung. Ohne Feststellungen zu den pharmakologischen Wirkungen von "B. ", die nicht ohne die beantragte Einholung eines Sachverständigengutachtens möglich sein werden, kann jedoch nicht beurteilt werden , ob das Präparat mit seinem Inhaltsstoff L-Carnitin in der vorgeschlagenen Dosierung nicht lediglich ein Nahrungsergänzungsmittel ist, das einen - sich bei besonderer sportlicher Betätigung ergebenden - Mangel an gewöhnlich mit der allgemeinen Nahrung aufgenommenen Nährstoffen ausgleichen soll.
Auf die Frage, ob L-Carnitin in Dosierungen, die weit über der Einnahme von 500 mg pro Tag liegen, pharmakologische Wirkungen hat, kommt es nach dem Sachvorbringen der Parteien nicht an. Denn es ist nicht vorgetragen worden , daß die angesprochenen Verkehrskreise in erheblichem Umfang das Präparat "B. " auch bei einer Verzehrempfehlung von nur 500 mg pro Tag in der Annahme besonderer arzneilicher Wirkungen in weit höheren Dosierungen zu sich nehmen könnten.

c) Die Feststellungen des Berufungsgerichts zum Erscheinungsbild des Präparats "B. " genügen nicht als Grundlage für seine Annahme, es handele sich um ein Arzneimittel. Auf die Frage, ob ein Präparat, das keine pharmakologischen Wirkungen besitzt, allein wegen der Art und Weise seiner Präsentation im Vertrieb als Arzneimittel zu behandeln sein könnte, kommt es daher hier nicht an.
(1) Das Berufungsgericht hat allerdings zutreffend angenommen, daß die Bezeichnung von "B. " als diätetisches Lebensmittel auf der Verpackung für sich genommen noch nicht bewirkt, daß es als Lebensmittel einzustufen ist (vgl. BVerwGE 97, 132, 135). Wie das Berufungsgericht dargelegt hat, stehen dem auch die Werbeangabe auf der Verpackung "Biocarrier für die Ausdauerleistung" und die Bezeichnung des Präparats "B. " entgegen, die - wenn auch in recht unbestimmter Form - nicht auf Ernährungszwecke, sondern auf irgendeine Transportfunktion des Präparats hinweisen.
(2) Umgekehrt sind - wie das Berufungsgericht nicht verkannt hat - die Darreichungsform (Capsetten) und die Verpackung (Blisterstreifen in einer Faltschachtel) sowie der Vertrieb über Apotheken kein ausreichender Hinweis auf ein Arzneimittel. Es ist üblich geworden, daß Nahrungsergänzungsmittel,
die der Ergänzung der Nahrung durch die gezielte Zufuhr von bestimmten Stoffen wie z.B. Vitaminen, Mineralstoffen, essentiellen Fettsäuren oder bestimmten Eiweißstoffen oder Kohlehydraten dienen (vgl. Amtliche Begründung zu § 1 Abs. 3 Nährwert-Kennzeichnungsverordnung [NKV], BR-Drucks. 796/94 S. 20), wie Arzneimittel in Tabletten-, Kapsel- oder Pulverform angeboten werden. Solche Darreichungsformen sind bedarfsgerecht und schließen als solche nicht aus, daß die Stoffe oder Zubereitungen als Nahrungsergänzungsmittel angesehen werden (vgl. Amtliche Begründung zu § 1 Abs. 3 NKV aaO S. 20). Dementsprechend kann der Anwendungshinweis auf der Verpackung ("Im allgemeinen täglich 1 Capsette lutschen oder kauen"), der in dieser Art auch bei einem Arzneimittel gegeben werden könnte, für die Einordnung von "B. " als Arzneimittel oder Lebensmittel nicht ausschlaggebend sein. Auch bei einem Nahrungsergänzungsmittel kann ein Bedürfnis des Verkehrs nach einem Hinweis darauf bestehen, welche Mengen pro Tag sinnvollerweise eingenommen werden sollten (vgl. OVG Berlin Pharma Recht 1995, 263, 270; VGH München NJW 1998, 845, 846).
Ebenso ist der ausschließliche Vertrieb über Apotheken kein sicheres Indiz für eine Zweckbestimmung als Arzneimittel. Nahrungsergänzungsmittel, die - wie dargelegt - vielfach wie Arzneimittel verpackt werden, gehören zu den apothekenüblichen Waren (§ 25 Nr. 6 ApBetrO). Aus dem Vertrieb über Apotheken kann deshalb nicht auf ein Arzneimittel geschlossen werden (vgl. OVG Berlin Pharma Recht 1995, 263, 270 und 1995, 403, 410; Köhler, ZLR 1999, 599, 606 f., m.w.N.).
(3) Bei der Einordnung des Präparats "B. " als Arzneimittel hat das Berufungsgericht letztlich entscheidend darauf abgestellt, wie die Beklagte das Produkt früher in ihrer Werbung und im Beipackzettel gekennzeichnet hat. Dem
kann nicht zugestimmt werden. Das Berufungsgericht hat bei dieser Beurteilung seine eigene - zutreffende - Ausgangsüberlegung nicht mehr beachtet, daß Gegenstand des Klageantrags nur der Vertrieb des Präparats"B. " als solcher ist, so wie es sich dem Verbraucher in den vorgelegten Verpackungen darstellt. Auf Werbeangaben, die nicht auf den Faltschachteln selbst zu finden sind, kann deshalb bei der Entscheidung über den als Hauptantrag gestellten Klageantrag nicht abgestellt werden.
III. Auf die Revision der Beklagten war danach das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Erdmann v. Ungern-Sternberg Starck
Pokrant Büscher

Tenor

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 19. Februar 2008 - 3 K 2149/06 - geändert. Die Untersagungsverfügung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 7. November 2006 wird aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Rechtstreit betrifft insbesondere die Frage, ob eine Kräutertee-Mischung durch ihre Internetpräsentation als Arzneimittel eingestuft werden kann. Die Klägerin wendet sich gegen ein vom Beklagten verfügtes Verkaufsverbot.
Die Klägerin vertreibt das in Kanada hergestellte Produkt „F... ...“ auf dem deutschen Markt. Dabei handelt es sich um eine in Portionsbeutel von 21 g abgefüllte Kräuterteemischung. Die Zutaten (Klettenwurzel, kleiner Sauerampfer, Ulmenrinde, Brunnenkresse, Benediktenkraut, Braunalge, Rotkleeblüten und Rhabarberwurzel) sind üblicherweise in Kräuter- oder Früchtetees nicht enthalten und führen zu einem leicht bitteren Geschmack. Ausweislich des Beipackzettels ist für die Zubereitung ein Beutel mit 1 ¼ l Trinkwasser aufzukochen und für 10 bis 12 Stunden ziehen zu lassen. Von dem so gewonnenen Teeauszug sollen 30 bis 60 ml (2 bis 4 Esslöffel) mit der gleichen oder doppelten Menge Trinkwasser verdünnt und am besten morgens vor dem Frühstück und abends vor dem Schlafengehen getrunken werden. Die Klägerin bietet die drei Beutel enthaltende Verkaufspackung, die nach ihren Angaben für 7-9 Wochen ausreicht, zum Preis von 25,90 EUR zum Verkauf an.
Durch verbindliche Zolltarifauskunft der Oberfinanzdirektion Nürnberg vom 13.08.1999 ist das Produkt in die Zollnomenklatur 2106909280 eingereiht und damit als Lebensmittel eingestuft worden. Auch der Beklagte bewertete das Produkt nach einer Begutachtung durch das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Freiburg vom 04.07.2000 als Lebensmittel, weil ihm eine therapeutische Wirkung nicht zukomme. Angesichts der Produktaufmachung und Bewerbung kam es im Folgenden jedoch zu Unstimmigkeiten hinsichtlich der zutreffenden Einordnung der Kräuterteemischung. Auch über die pharmakologische Wirkung der Rhabarberwurzel konnte zwischen den Beteiligten keine Einigkeit erzielt werden. Ihre ursprünglich auf heilende Wirkung bezogene Werbung hat die Klägerin eingestellt. Auch der auf ihrer Homepage enthaltene Link auf die Website des kanadischen Herstellers ist entfernt worden. Dieser weist in englischer Sprache darauf hin, dass der Tee bedenkenlos während einer Strahlenbehandlung oder einer Chemotherapie eingenommen werden könne. In verschiedenen Internetforen wird „F... ...“ heilende Wirkung insbesondere in Bezug auf Krebserkrankung zugeschrieben. In einem Gutachten vom 13.05.2005 kam das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt Karlsruhe zu dem Ergebnis, dass es sich bei „F... ...“ nach der materiellen Zusammensetzung, den Angaben im Beipackzettel, den Werbeaussagen auf der Website und der damit verbundenen überwiegenden objektiven Zweckbestimmung um ein Arzneimittel handele.
Mit Verfügung vom 07.11.2006 untersagte das Regierungspräsidium Freiburg der Klägerin daraufhin das In-Verkehr-Bringen von „F... ...“ gemäß § 69 Abs. 1 Nr. 1 des Arzneimittelgesetzes - AMG -. Zwar handele es sich bei dem Produkt nicht um ein Funktionsarzneimittel. Angesichts der Bestandteile, für die in Deutschland eine arzneilich geprägte Vorstellung bestehe, der Aussagen auf der Packungsbeilage sowie der Bewerbung im Internet müsse „F... ...“ jedoch als Präsentationsarzneimittel betrachtet werden. Dies folge auch daraus, dass im Zweifelsfall nach dem Strengegrundsatz der gemeinschaftsrechtlichen Arzneimittel-Richtlinie das Arzneimittelrecht Anwendung finde. Im Übrigen sei das Produkt auch als Lebensmittel nicht verkehrsfähig, weil die krankheitsbezogene Werbung gegen § 12 Abs. 1 Nr. 1 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuches - LFGB - verstoße und mit der Rhabarberwurzel einen nicht zugelassenen Lebensmittelzusatzstoff enthalte.
Die hiergegen erhobene Anfechtungsklage wies das Verwaltungsgericht Freiburg mit Urteil vom 19.02.2008 ab. Angesichts der Häufung verschiedener Kriterien und deren Zusammenwirken sei der Beklagte zu Recht vom Vorliegen eines Präsentationsarzneimittels ausgegangen. Dem stehe nicht entgegen, dass die - insbesondere auf die Krebsbekämpfung bezogene - Bewerbung Dritter der Klägerin nicht zugerechnet werden könne. Denn durch die ursprüngliche Bewerbung der Klägerin und von Dritten verfasste Internetbeiträge habe sich zwischenzeitlich eine Meinung des durchschnittlichen Verbrauchers gebildet, dass „F... ...“ Heilzwecken diene.
Die Klägerin hat hiergegen die vom Verwaltungsgerichtshof durch Beschluss vom 17.12.2008 (- 9 S 991/08 -) zugelassene Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, „F... ...“ erfülle nicht die Tatbestandsmerkmale eines Arzneimittels. Dies ergebe sich bereits daraus, dass der Beklagte den rechtlichen Anknüpfungspunkt verkannt habe. Denn die Zweifelsregelung in Art. 2 Abs. 2 der Arzneimittelrichtlinie setze den positiven Nachweis der Arzneimitteleigenschaft voraus. Dieser liege im vorliegenden Fall jedoch gerade nicht vor. Eine entsprechende Verkehrsauffassung des durchschnittlich informierten, verständigen und aufmerksamen Durchschnittsverbrauchers könne nicht festgestellt werden. Entgegen der Auffassung des Beklagten und des Verwaltungsgerichts könne aus gesundheitsbezogenen Aussagen nicht auf eine Arzneimitteleigenschaft geschlossen werden. Dementsprechend habe der EuGH im Knoblauchkapsel-Urteil klargestellt, dass auch Lebensmittel der Gesundheitserhaltung dienen könnten. Selbst der Anschein eines Arzneimittels stehe der Lebensmitteleigenschaft nicht entgegen, wie sich aus § 11 Abs. 1 Nr. 4 LFGB ergebe. Folgerichtig könne aus den Anwendungs- und Dosierungsempfehlungen ebenfalls nicht auf das Vorliegen eines Arzneimittels geschlossen werden. Vielmehr seien entsprechende Verzehrempfehlungen etwa in § 4 Abs. 2 Nr. 2 der Nahrungsergänzungsmittel-Verordnung sogar gesetzlich vorgeschrieben. Schließlich seien auch Warnhinweise für Lebensmittel nicht untypisch, wie sich etwa aus § 13 Abs. 1 Nr. 6 LFGB, §§ 20a, 21a Abs. 5 Nr. 2, 23 Abs. 3 Nr. 2, 24 Nr. 2 Diätverordnung, § 8 Abs. 8 Nr. 3 Mineral- und Tafelwasserverordnung oder § 2 Abs. 1 Satz 2 Essigverordnung ergebe. Schließlich folge auch aus dem verwendeten Begriff der „Charge“ kein Arzneimittelbezug, die Formulierung werde vielmehr auch im Lebensmittelbereich verwendet. Insgesamt lasse sich der Produktaufmachung daher nichts für eine arzneiliche Zweckbestimmung von „F...-...“ entnehmen.
Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht darüber hinaus die Arzneimittelqualifikation aus einer krankheitsbezogenen Bewerbung geschlossen. Dabei habe das Verwaltungsgericht bereits verkannt, dass eine Aussage nur dann krankheitsbezogen sei, wenn sie sich tatsächlich auf eine Krankheit beziehe. Die in der Urteilsbegründung herangezogenen Passagen, wonach „F... ...“ der Steigerung der körpereigenen Abwehrkräfte, der Regulierung des Stoffwechsels und der Entschlackung diene, bezögen sich jedoch gerade nicht auf krankhafte Zustände. Es handele es sich daher lediglich um gesundheitsbezogene Aussagen, die dem Tatbestand des § 12 Abs. 1 LFGB nicht zugeordnet werden könnten. Die in der Vergangenheit teilweise krankheitsbezogen erfolgte Bewerbung habe die Klägerin längst eingestellt. Schließlich ergebe sich aus §§ 11 Abs. 1 Nr. 4, 12 LFGB, dass aus krankheitsbezogenen Angaben allein eine Qualifikation als Arzneimittel nicht geschlossen werden könne. Soweit zur Rechtfertigung der Arzneimitteleigenschaft auf Internetaussagen Dritter verwiesen worden sei, werde verkannt, dass derartige Beiträge der Klägerin nicht zugerechnet werden könnten. Den Link zur Hersteller-Hompage habe die Klägerin aber von ihrer eigenen Website entfernt, nachdem sie auf dort anzutreffende krankheitsbezogene Angaben aufmerksam gemacht worden sei.
Soweit der Beklagte auf die stoffliche Zusammensetzung des Produkts - und insbesondere die Beifügung der Rhabarberwurzel - verwiesen habe, werde übersehen, dass die enthaltene Menge weit unter der pharmakologisch wirksamen Standarddosis liege. Angesichts der viel zu geringen Konzentration des Inhaltsstoffs könne daher selbst die enthaltene Rhabarberwurzel nicht mehr als Arzneimittel klassifiziert werden. Insbesondere aber verkenne der Beklagte, dass die Zutat Rhabarberwurzel nicht den Gesamtcharakter des beanstandeten Kräutertees präge. Insgesamt erfülle der von der Klägerin vertriebene Kräutertee „F... ...“ daher nicht die gesetzlichen Tatbestandsvoraussetzungen für die Annahme eines Arzneimittels, sodass die Untersagungsverfügung keinen Bestand haben könne. Dies ergebe sich im Übrigen auch aus europarechtlichen Erwägungen, weil das Produkt in Belgien zulässigerweise als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werde. Schließlich verstoße die Untersagungsverfügung auch gegen die Grundsätze der Welthandelsabkommen. Denn das streitgegenständliche Produkt „F...-...“ werde in Kanada zulässiger Weise hergestellt und in den Verkehr gebracht, sodass eine Untersagungsverfügung auch an Art. 2 Abs. 2 und 3 des sog. SPS-Übereinkommens zu messen sei. Den danach für eine Verbotsverfügung zu leistenden Erforderlichkeitsnachweis habe der Beklagte nicht geführt.
Die Klägerin beantragt,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 19. Februar 2008 - 3 K 2149/06 - zu ändern und die Verfügung des Regierungspräsidiums Freiburg vom 7. November 2006 aufzuheben.
11 
Der Beklagte beantragt,
12 
die Berufung zurückzuweisen.
13 
Er hält das angegriffene Urteil des Verwaltungsgerichts für zutreffend und verweist auf den gemeinschaftsrechtlichen Strengegrundsatz, wonach im Zweifelsfall die strengeren Vorschriften des Arzneimittelrechts zur Anwendung gelangen müssten. Die vorgetragenen Rügen der Klägerin würden dem erstinstanzlichen Urteil nicht gerecht, weil verkannt werde, dass sich die rechtliche Einordnung des von der Klägerin vertriebenen Produktes erst aus der Gesamtheit des vom Verwaltungsgericht beschriebenen Indizienbündels ergebe. Soweit sich die Klägerin gegen eine Zurechnung der Aussagen Dritter wende, sei diese vom Verwaltungsgericht gar nicht vorgenommen worden. Vielmehr habe das Verwaltungsgericht - zutreffend - die im Internet auffindliche Werbung und Produktbeschreibung lediglich als Indiz für eine bestehende Verkehrsanschauung herangezogen. Unabhängig hiervon gehe diese Einordnung jedoch auch auf ein unmittelbares Verhalten der Klägerin zurück. Insoweit könne bereits auf die Produktaufmachung verwiesen werden, in der beispielsweise auf eine „Wirkung“ von „F... ...“ verwiesen werde, die nur für Arzneimittel typisch sei. Unstreitig habe auch die Klägerin selbst den von ihr vertriebenen Kräutertee krankheitsbezogen beworben. Entgegen ihrer Darstellung propagiere sie auch heute noch die Heilwirkung des Kräutertees bei Krebs, die sie durch die Berufung auf die O...-Indianer und die Krankenschwester R... ... zu belegen suche. Gebe man in der Suchmaschine Google den Begriff „Krebs“ ein, so sei lange Zeit auf der rechten Seite sogar eine gewerbliche Anzeige der Klägerin erschienen. Auch heute noch finde sich ein Link auf Buchempfehlungen, in denen von krebsheilenden Wirkungen berichtet werde.
14 
Soweit die Klägerin darauf verweise, dass die verwendete Menge an Rhabarberwurzel eine pharmakologische Wirksamkeit nicht entfalten könne, verkenne sie, dass es vorliegend nicht um die Einstufung als Funktionsarzneimittel gehe. Für die Einstufung als Präsentationsarzneimittel reiche es indes aus, dass der Inhaltsstoff zu einer arzneilich geprägten Verkehrsanschauung führe. Angesichts der Tatsache, dass der Tee unstreitig bitter und nicht wohlschmeckend sei, und unter Berücksichtigung des ungewöhnlich hohen Preises präsentiere sich „F... ...“ im Verständnis des Verbrauchers als Arzneimittel. Aus der von der Klägerin zitierten Rechtsprechung ergebe sich nichts anderes, weil diese durchgängig anders gelagerte Konstellationen betreffe.
15 
Dem Senat liegen die Behördenakten des Beklagten (2 Bände), die Akten des Verwaltungsgerichts sowie die Senatsakten vor, auf die wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes Bezug genommen wird.

Entscheidungsgründe

 
16 
Die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene und den Anforderungen des § 124a Abs. 6 VwGO entsprechend erhobene Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, da es sich bei dem von der Klägerin vertriebenen Produkt „F... ...“ nicht um ein Arzneimittel handelt. Die als Anfechtungsklage gegen einen belastenden Verwaltungsakt eines Regierungspräsidiums gemäß § 6a Satz 1 (jetzt § 15 Abs. 1 Satz 1) AG-VwGO a.F. ohne Durchführung eines Widerspruchsverfahrens zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg.
I.
17 
Grundlage der ergangenen Untersagungsverfügung ist § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Arzneimittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 12.12.2005 (BGBl. I S. 3394; zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.07.2009, BGBl. I S. 1990, berichtigt durch Gesetz vom 09.10.2009, BGBl. I S. 3578 - AMG -). Danach können die zuständigen Behörden - und damit das gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 der Pharmazie- und Medizinprodukte-Zuständigkeitsverordnung vom 17.10.2000 (GBl. S. 694; zuletzt geändert durch Verordnung vom 21.07.2006, GBl. S. 277) zuständige Regierungspräsidium - das Inverkehrbringen von Arzneimitteln untersagen, wenn die erforderliche Zulassung oder Registrierung nicht vorliegt. Da eine Zulassung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG für das von der Klägerin vertriebene Produkt nicht erteilt worden ist, lägen die Voraussetzungen der auf § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG gestützten Untersagungsverfügung deshalb vor, wenn es sich bei dem streitigen Kräutertee um ein Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 AMG handeln würde.
18 
Das Verwaltungsgericht hat diese Frage bejaht und das von der Klägerin vertriebene Produkt als Präsentationsarzneimittel eingestuft. Dieser Feststellung vermag sich der erkennende Senat in dem für die Entscheidung über einen Dauerverwaltungsakt nach § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2004 - 3 C 16/03 -, NVwZ 2005, 87; Bay. VGH, Beschluss vom 24.08.2009 - 9 CS 09.1023 -, GewArch 2009, 497) nicht anzuschließen. Weder aus der Zweifelsfallregelung (1.) oder der Beigabe von Rhabarberwurzel (2.) noch aus der Bezeichnung, Produktgestaltung und Bewerbung durch die Klägerin (3.) oder durch Internetbeiträge Dritter (4.) lässt sich die Arzneimitteleigenschaft des von der Klägerin auf dem deutschen Markt in den Verkauf gebrachten Produktes begründen.
19 
1. Die hier streitige Abgrenzung der Arzneimittel von den Lebensmitteln ist an Hand der gemeinschaftsrechtlichen Begriffsbestimmung des Arzneimittels in Art. 1 Nr. 2 der „Arzneimittel“-Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel vom 06.11.2001 (ABl. EG Nr. L 311 S. 67 in der Fassung der Änderungsrichtlinie 2004/27/EG vom 31.03.2004, ABl. EG Nr. L 136 S. 34) vorzunehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5/09 -, NVwZ 2009, 1038), die auch dem Arzneimittelbegriff des § 2 Abs. 1 AMG in der Neufassung des Änderungsgesetzes vom 17.07.2009 - trotz der teilweise unterschiedlichen sprachlichen Fassung - zu Grunde liegt (vgl. die Gesetzesbegründung in BR-Drs. 171/09, S. 65: „in das deutsche Recht überführt“; dazu auch Müller, NVwZ 2009, 425 [428]).
20 
Entgegen der vom Beklagten vertretenen Auffassung führt die Zweifelsfallregelung aus Art. 2 Abs. 2 der Arzneimittel-Richtlinie 2001/83/EG - nach der in Zweifelsfällen, in denen ein Erzeugnis unter Berücksichtigung aller seiner Eigenschaften sowohl unter die Definition von Arzneimitteln als auch unter die Definition eines Erzeugnisses fallen kann, das durch andere gemeinschaftliche Rechtsvorschriften geregelt ist, die Arzneimittel-Richtlinie gilt - nicht dazu, dass die Anforderungen für eine Einordnung des Produkts als Arzneimittel abgesenkt würden. Vielmehr ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die Vorrangregelung für das Arzneimittelrecht nur zur Anwendung kommt, wenn die Arzneimitteleigenschaft des Produktes festgestellt ist. Andernfalls würden die strengeren Vorschriften des Arzneimittelregimes auf Sachverhalte erstreckt und der freie Warenverkehr damit behindert, ohne dass hierfür eine ausreichende Rechtfertigung aus Gründen des Gesundheitsschutzes vorliegen würde (vgl. EuGH, Urteil vom 15.01.2009 - C-140/07 -, NVwZ 2009, 439).
21 
Auch in der Begründung zur Neufassung des Arzneimittelgesetzes ist ausdrücklich klargesellt: „Die Anwendung der Zweifelsfallregelung setzt die positive Feststellung der Arzneimitteleigenschaft des betreffenden Mittels voraus“ (BR-Drs. 171/09, S. 66). Dementsprechend setzt die Umsetzung der Zweifelsfallregelung in § 2 Abs. 3a AMG bereits tatbestandlich ein Arzneimittel voraus.
22 
Die Einordnung eines Produktes als Arzneimittel „auf Verdacht“ verbietet sich damit (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5/09 -, NVwZ 2009, 1038; ebenso bereits Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 22/06 -, ZLR 2008, 80).
23 
2. „F... ...“ kann nicht bereits durch die Beigabe von Rhabarberwurzel (oder anderer stofflicher Bestandteile) als Arzneimittel bewertet werden.
24 
a) Art. 1 Nr. 2 der Arzneimittel-Richtlinie 2001/83/EG und § 2 Abs. 1 AMG enthalten für den Begriff des Arzneimittels alternativ zwei Definitionen. Zum einen sind Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bestimmt sind. Zum anderen sind Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen. Diese zweifache Definition nimmt die seit langem das Arzneimittelrecht kennzeichnende Unterscheidung zwischen den sog. Präsentationsarzneimitteln (Arzneimittel nach Bezeichnung) und den Funktionsarzneimitteln (Arzneimittel nach Funktion) auf.
25 
b) Dass dem Kräutertee eine pharmakologische Wirkung zukommen würde - die Voraussetzung für die Einordnung als Funktionsarzneimittel nach Art. 1 Nr. 2 Buchst. b) der Richtlinie 2001/83/EG wäre -, hat der Beklagte selbst nicht behauptet.
26 
Anhaltspunkte hierfür sind trotz der in „F... ...“ enthaltenen Bestandteile von Rhabarberwurzel auch nicht ersichtlich. Nach den vorhandenen Erkenntnissen unterschreitet die in dem Produkt enthaltene Menge vielmehr den zur Erzielung einer nennenswerten physiologischen Wirkung erforderlichen Grenzwert erheblich. Auf die Frage, ob das Erzeugnis in einer höheren als der auf dem Beipackzettel angegebenen Dosierung pharmakologische Wirksamkeit entfaltet, kommt es für die Beurteilung der Arzneimitteleigenschaft aber nicht an (vgl. EuGH, Urteil vom 30.04.2009 - C-27/08 -, NVwZ 2009, 967). Weitere Sachverhaltsermittlungen zur Frage der pharmakologischen Wirkung des Produkts sind damit nicht angezeigt.
27 
c) Ob für Rhabarberwurzel in Deutschland eine arzneilich geprägte Verkehrsanschauung besteht, wie vom Beklagten vorgetragen, oder der Stoff überwiegend als geschmacksbildende Lebensmittelzutat im Umlauf ist, wie von der Klägerin behauptet, kann im Ergebnis offen bleiben.
28 
Denn eine entsprechende Verkehrsanschauung für Rhabarberwurzel könnte nur dann zur Einstufung von „F... ...“ als Präsentationsarzneimittel herangezogen werden, wenn die heilende Wirkung des Bestandteils nach der Verbrauchererwartung bei der Würdigung des Gesamtprodukts so im Vordergrund stehen würde, dass für dieses ebenfalls von einer krankheitsheilenden Zweckbestimmung auszugehen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 07.12.2000 - I ZR 158/98 -, NJW-RR 2001, 1329, Rn. 32). Der Verwendungszweck eines einzelnen Wirkstoffes kann daher grundsätzlich nicht mit dem Anwendungszweck einer aus mehreren Stoffen bestehenden Zubereitung gleichgesetzt werden, so dass es sich als unzulässige Verfahrensweise erweist, einen einzelnen Bestandteil herauszugreifen und allein ihn darauf zu untersuchen, ob er nach der Verkehrsauffassung krankheitsheilende Wirkung besitzt.
29 
Eine Tatsachengrundlage für die Annahme, trotz der geringen Dosierung und der nicht im Vordergrund stehenden Bewerbung mit dem Inhaltsstoff der Rhabarberwurzel präge dieser Bestandteil das Gesamtprodukt (vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 16.05.2007 - 3 C 34/06 -, NVwZ-RR 2007, 771, Rn. 24 f.), ist indes weder vom Beklagten vorgetragen noch sonst ersichtlich.
30 
3. Entgegen der vom Beklagten und dem Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung kann das von der Klägerin vertriebene Produkt auch nicht wegen der Etikettierung, Produktaufmachung oder Bewerbung als Präsentationsarzneimittel eingeordnet werden.
31 
Ein Produkt erfüllt diese Voraussetzungen, wenn es entweder ausdrücklich als ein Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bezeichnet wird oder aber sonst bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass es in Anbetracht seiner Aufmachung die betreffenden Eigenschaften haben müsse (vgl. EuGH, Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 -, Slg. 2007, I-9811, Rn. 46; BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5/09 -, NVwZ 2009, 1038).
32 
a) Der Tatsache, dass „F... ...“ in Belgien als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden kann, kommt für den vorliegenden Rechtsstreit keine Bedeutung zu. Denn eine europaweite Vollharmonisierung hat im Arzneimittelsektor noch nicht stattgefunden, so dass unterschiedliche Einstufungen eines Erzeugnisses durch verschiedene Mitgliedstaaten im gegenwärtigen Stand durchaus möglich sind (vgl. EuGH, Urteil vom 15.01.2009 - C-140/07 -, NVwZ 2009, 439 Rn. 28). Im Übrigen knüpft die Einordnung eines Produkts als Präsentationsarzneimittel an die jeweiligen Verkaufsmodalitäten an, die sich einzelfallbezogen unterscheiden können.
33 
Ebenso wenig kommt der Einstufung im Rahmen des Gemeinsamen Zolltarifs präjudizierende Wirkung zu. Denn entscheidende Kriterien für die tarifliche Einordnung sind (im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit) grundsätzlich objektive Eigenschaften und Merkmale; Aussagen über die für die Zuordnung zum Präsentationsarzneimittel maßgebliche Vermarktung enthält eine Zolltarifauskunft dagegen nicht (vgl. Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Stand: 03/09, § 2 Rn. 14).
34 
b) Von der Klägerin selbst wird „F... ...“ nicht als Arzneimittel, sondern als „Kräutertee“ bezeichnet. Es ist daher nicht davon auszugehen, ein verständiger Durchschnittsverbraucher werde annehmen, dass ein als Tee angebotenes Produkt tatsächlich ein Arzneimittel sei, wenn ihm in der empfohlenen Dosis keine pharmakologische Wirkung zukommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 21/06 -, Rn. 40 für Nahrungsergänzungsmittel).
35 
Trotz der Bezeichnung können aber andere Umstände hinzutreten, die ein Produkt gleichwohl als Arzneimittel erscheinen lassen, namentlich die Art der Bewerbung oder die preisende Nennung von (vermeintlich) arzneilich wirksamen Bestandteilen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.2007 - 3 C 34/06 -; Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Stand: 03/09, § 2 Rn. 22).
36 
c) Für ein arzneimittelartiges „Erscheinungsbild“ (vgl. Rennert, NVwZ 2008, 1179 [1182]) reicht es entgegen der Auffassung des Beklagten indes nicht aus, dass einem Produkt nach allgemeiner Verkehrsanschauung gesundheitsbezogene Wirkungen zugeschrieben werden. Vielmehr wird ein Produkt nur dann als Arzneimittel „präsentiert“, wenn es auf dem Etikett, durch die Angaben auf der Verpackung oder in sonstiger Weise den Eindruck erweckt, dass es Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung von menschlichen Krankheiten besitzt. Für den erforderlichen Heilmittelbezug genügt es daher nicht, dass einem Erzeugnis Eigenschaften zugeschrieben werden, die der Gesundheit im Allgemeinen förderlich sind. Es muss vielmehr gerade um die Funktion der Verhütung oder Heilung von menschlichen Krankheiten gehen (vgl. EuGH, Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 -, Slg. 2007, I-9811, Rn. 45 und 64). Bezugspunkt der Arzneimitteleigenschaft ist damit eine Abweichung vom normgemäßen Funktionieren des Organismus und damit eine angestrebte Wirkungsweise, die zu einer Veränderung führt, die außerhalb der normalen im menschlichen Körper ablaufenden Lebensvorgänge liegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 22/06 -, ZLR 2008, 80, Rn. 22).
37 
Ein derartiger Heilmittelbezug ist den Angaben auf der Verpackung nicht zu entnehmen. Auf dem Etikett wird „F... ...“ nicht als Arzneimittel, sondern als „Kräutertee-Auszug“ bezeichnet. Irgendwie geartete Anhaltspunkte für eine Heilmittelwirkung enthält die Verpackung nicht. Dass die bloße Wiedergabe des Fotos einer Pflanze auf der Verpackung eines Erzeugnisses nicht genügt, um bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher ein Vertrauen wie dasjenige hervorzurufen, das Arzneimittel normalerweise erwecken, hat der Europäische Gerichtshof bereits ausdrücklich entschieden (EuGH, Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 -, Slg. 2007, I-9811 Rn. 50). Gleiches gilt aber auch für die Berufung auf die „uralte Kräuterweisheit der O...-Indianer Kanadas“ und die „lange Beschäftigung auf dem Gebiet der Kräuter und Pflanzen“ von C... ... und R... .... Denn die Inanspruchnahme dieses Erfahrungsschatzes ist nicht auf heilende oder verfügende Funktionen bezogen, die Verpackung verweist insoweit lediglich auf „wohltuende Kräutertees“. Die Bezugnahme auf Erfahrungen und Autoritäten weist daher keinen Bezug zu arzneimittelbezogenen Eigenschaften auf (vgl. hierzu auch Senatsbeschluss vom 13.12.2007 - 9 S 509/07 -, GewArch 2008, 318). Im Übrigen sind die in Kanada offenbar populären Persönlichkeiten, die den Tee erfolgreich bei der Krebsbehandlung eingesetzt haben sollen, hier zu Lande wenig bekannt.
38 
Entsprechendes gilt für den dem Produkt beigefügten Beipackzettel. Hier wird „F... ...“ zwar als „wichtiger Beitrag zur täglichen Gesundheitspflege“ angepriesen und eine Förderung des gesunden Stoffwechsels und die Steigerung der körpereigenen Abwehrkräfte in Aussicht gestellt. Mit diesen Anpreisungen wird eine den Arzneimitteln vorbehaltene Wirkungsweise jedoch nicht in Anspruch genommen. Vielmehr wird lediglich eine der Gesundheit im Allgemeinen förderliche Wirkung behauptet, die zur Begründung der Arzneimitteleigenschaft gerade nicht ausreicht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem im Beipackzettel angebrachten Warnhinweis, wonach es erfahrungsgemäß vorkommen könne, dass manche Personen stark auf die Wirkung von „F... ...“ reagieren und es daher zu empfehlen sei, mit geringeren Mengen zu beginnen. Zu Recht hat die Klägerin vielmehr darauf hingewiesen, dass derartige Warnungen - insbesondere in Bezug auf die Dosierung - für Lebensmittel nicht untypisch und damit nicht geeignet sind, den Anschein eines Arzneimittels hervorzurufen. Auch die Verwendung des Begriffs der „Charge“ führt insoweit nicht zu einer abweichenden Beurteilung, weil keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher hierdurch der Eindruck erweckt werde, es müsse sich um ein Arzneimittel handeln. Dies gilt umso mehr, als in der konkreten Verwendungsweise der Begriff „Charge“ unmittelbar auf „Kräutertees“ bezogen wurde und ein direkter Arzneimittelbezug daher nicht suggeriert worden ist. Im Übrigen wird die Formulierung auch in lebensmittelrechtlichen Vorschriften und - wie dem Senat gerichtsbekannt - durch den Beklagten selbst in lebensmittelrechtlichen Verfügungen verwendet.
39 
Ohne Arzneimittelbezug ist schließlich der Internetauftritt der Klägerin. Auch hier wird lediglich auf die „Gesunderhaltung“ und das „Wohlbefinden“ abgestellt und eine krankheitsbezogene Heilungs- oder Verhütungswirkung damit nicht in Aussicht gestellt. Verlinkungen zu anderen Websites, die das von der Klägerin vertriebene Produkt in einen Heilmittelkontext stellen würden, sind auf der Homepage gegenwärtig nicht enthalten. Auch die vom Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Buchempfehlungen - die einen Stand vom 05.05.2008 aufweisen - sind in der aktuellen Fassung nicht mehr enthalten.
40 
d) Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin Aufmachung und Gestaltung des Beipackzettels noch im vorgerichtlichen Verfahren geändert und krankheitsbezogene Angaben aus der Etikettierung entfernt hat (vgl. dazu auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.11.2008 - 5 B 18/06 -; Kloesel/ Cyran, Arzneimittelrecht, Stand: 03/09, § 2 Rn. 22).
41 
Während auf der ursprünglichen Packungsbeilage (Bl. 3 der Behördenakte) noch von einem „alten, indianischen Heilmittel-Rezept“, von „Heilpflanzen“ und von einem „heilenden Stoff“ gesprochen und eine „Entgiftung auf allen Körperebenen“ angepriesen worden ist, sind diese heilbezogenen Aussagen in der gegenwärtigen Vermarktung durch die Klägerin durchgängig vermieden. Die Produktgestaltung bietet in ihrer gegenwärtigen Aufmachung daher keine hinreichenden Anknüpfungspunkte für eine spezifisch arzneimittelartige Verbrauchererwartung.
42 
Im für die Beurteilung der auf § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG gestützten Verfügung maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung geben die Umstände der Vermarktung des Produktes durch die Klägerin daher - auch in ihrer Gesamtheit - keinen hinreichenden Anlass, vom Vorliegen eines Arzneimittels nach der Präsentation auszugehen. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin ihre Bewerbung künftig ändern könnte, sind nicht ersichtlich. Im Übrigen stünden dem Beklagten insofern auch auf lebensmittelrechtlicher Grundlage Verbotsanordnungen nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 oder § 11 Abs. 1 Nr. 4 LFGB zur Verfügung.
43 
4. Die vorhandenen Erkenntnismittel lassen auch nicht den Schluss zu, dass durch die vorhandenen Internetbeiträge Dritter - unabhängig von Produktaufmachung und Bewerbung durch die Klägerin - bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher der Eindruck entsteht, „F... ...“ müsse arzneimittelartige Eigenschaften haben.
44 
a) Allerdings muss sich die Klägerin „Verhaltensweisen, Initiativen und Maßnahmen des Herstellers“, die bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher den Eindruck hervorrufen, bei dem in den Verkehr gebrachten Erzeugnis handle es sich um eine Arzneimittel, zurechnen lassen. Dies gilt selbst dann, wenn entsprechende Mitteilungen vom Hersteller erst auf Anfrage zugesandt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 28.10.1992 - C-219/91 -, Slg. 1992, I-5485, Rn. 26 und 28). Auch wenn ein Link zum Hersteller auf der Homepage der Klägerin nicht mehr gesetzt und die Internetadresse des Herstellers auf der Produktverpackung nicht mehr angebracht ist, sind die auf der Homepage des Herstellers auffindbaren Produkthinweise deshalb zu berücksichtigen. Denn auf der Verpackung ist der Name des Herstellers angegeben und damit ein ausreichender Hinweis gegeben, um sich bei diesem Informationen über die Eigenschaften des Erzeugnisses zu beschaffen. Das Aufrufen der Internet-Website des Herstellers steht der vom Europäischen Gerichtshof ausdrücklich entschiedenen Fallkonstellation der schriftlichen Nachfrage beim Hersteller insoweit gleich.
45 
Die damit bei der Beurteilung zu berücksichtigenden Herstellerhinweise geben indes nichts für die Einordnung von „F... ...“ als Präsentationsarzneimittel her. Heileigenschaften oder arzneimittelartige Wirkungen werden dort nicht beansprucht. Vielmehr findet sich bei der „Label Information“ lediglich der Hinweis, dass „F... ...“ auch bei einer Chemotherapie oder Strahlenbehandlung eingenommen werden könne („F... ... can safely be taken during chemotherapy or radiation treatment“). Damit sind zwar Assoziationen zu Krebskrankheiten verbunden, heilende Wirkung wird dem Tee indes nicht zugeschrieben. Auf die Frage, inwieweit die in englischer Sprache verfassten Internet-Beiträge geeignet sind, Verbrauchererwartungen deutscher Kunden zu begründen, kommt es daher nicht an.
46 
b) Darüber hinausgehende Aussagen Dritter in Internetforen oder ähnlichem, auf die die Klägerin weder Bezug nimmt noch Einfluss hat, können ihr dagegen nicht zugerechnet werden.
47 
Zwar ist die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hierzu nicht ganz eindeutig, weil es lediglich ausgeführt hat, der Einwand, nicht für beliebige Veröffentlichungen in die Verantwortung genommen werden zu können, gelte „jedenfalls“ nicht für die eigenen und die Produktbeschreibungen des Herstellers, dessen Internetadresse auf dem Verpackungsetikett angegeben sei (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5/09 -, NVwZ 2009, 1038, Rn. 23). Die Beschränkung auf ein zurechenbares Verhalten des Herstellers oder Verkäufers lässt sich aber aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ableiten. Denn Anknüpfungspunkt für die Verkehrsanschauung des durchschnittlich informierten Verbrauchers ist danach, dass das fragliche Erzeugnis „in Anbetracht seiner Aufmachung“ eine arzneimittelartige Wirkung haben müsse (ständige Rechtsprechung seit EuGH, Urteil vom 30.11.1983 - C-227/82 -, Slg. 1983, 3883, Rn. 18). Bezugspunkt der „Präsentation“ oder „Bestimmung“ ist demnach die „Aufmachung“ und damit ein dem Hersteller oder Verkäufer zurechenbares Verhalten.
48 
Eine andere Interpretation hätte zur Folge, dass dem Produkt die Verkehrsfähigkeit genommen würde, ohne dass der Klägerin eine unmittelbare Reaktion hierauf möglich wäre. Denn angesichts der fehlenden therapeutischen Wirksamkeit könnte eine Arzneimittelzulassung wohl nicht erreicht werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 22/06 -, ZLR 2008, 80, Rn. 26), die Beseitigung des arzneimittelartigen Erscheinungsbildes - die für den Vertrieb als Lebensmittel erforderlich wäre - steht der Klägerin mangels eigener Veranlassung oder Beherrschbarkeit aber ebenfalls nicht zur Verfügung. Sie wäre deshalb allein darauf verwiesen, durch entsprechende Werbeaussagen oder Produktgestaltungen dem - unabhängig von ihrem Verhalten - entstandenen Erscheinungsbild eines Arzneimittels entgegenzutreten. Ob eine derartige Obliegenheit als verhältnismäßige Ausgestaltung ihres Rechts auf berufliche Betätigung erachtet werden könnte, erscheint fraglich. Jedenfalls bis zum Erfolg derartiger Maßnahmen unterfiele das Produkt einem Verkaufsverbot, dessen Rechtfertigung Mühe bereiten würde. Der Zweck der Einbeziehung wirkungsloser Produkte in den Arzneimittelbegriff besteht gerade in dem Risiko der Verwendung eines wirkungslosen Präparates anstelle der geeigneten Heilmittel (vgl. Senatsbeschluss vom 13.12.2007 - 9 S 509/07 -, GewArch 2008, 318). Durch die Inanspruchnahme heilender Wirkungen kann zur Verwendung des vermeintlichen Arzneimittels angeregt und der Verbraucher damit in die Irre geführt werden, wenn die Erzeugnisse nicht die Wirksamkeit besitzen, welche die Verbraucher nach ihrer „Präsentation“ von ihnen erwarten dürfen (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 15.01.2009 - C-140/07 -, NVwZ 2009, 439, Rn. 25). Derartiges steht beim Konsum eines Kräutertees bei Krebserkrankungen aber kaum zu befürchten.
49 
Die Frage bedarf vorliegend aber keiner abschließenden Entscheidung. Denn selbst bei Berücksichtigung der allgemein zu „F... ...“ im Internet auffindbaren Beiträge kann nicht davon ausgegangen werden, dass bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher „mit Gewissheit“ der Eindruck einer krankheitsheilenden oder -verhütenden Wirkung des Produkts entsteht. Zwar finden sich im Internet durchaus Einträge, in denen „F... ...“ krebsheilende oder jedenfalls förderliche Wirkung im Rahmen einer Krebsbehandlung zugeschrieben wird. Diesen stehen jedoch nicht minder zahlreiche Veröffentlichungen gegenüber, in denen eine entsprechende Wirksamkeit bestritten oder jedenfalls in Zweifel gezogen wird. Bei einer von einem durchschnittlich informierten Verbraucher durchgeführten Internetrecherche zur krebsheilenden Wirkung von „F... ...“ müsste daher der Eindruck entstehen, dass stichhaltige Belege und Studien für eine entsprechende Wirksamkeit fehlen, in einzelnen Fällen gleichwohl von einer positiven Wirkung berichtet wird, die andere Berichte in Abrede stellen. Auch bei Berücksichtigung der allgemein im Internet auffindbaren Beiträge zu „F... ...“ entsteht daher nicht „mit Gewissheit“ der Eindruck einer heilenden oder krankheitsverhütenden Wirkung. Trotz gelegentlicher anpreisender oder „heilversprechender“ Beiträge erscheint das bei einer Internetrecherche anzutreffende Bild vielmehr hinreichend differenziert, so dass von einem mit Gewissheit entstehenden Eindruck einer arzneimittelartigen Wirkung nicht gesprochen werden kann.
50 
Angesichts der damit fehlenden Arzneimitteleigenschaft des von der Klägerin vertriebenen Produktes „F... ...“ liegen die Tatbestandsvoraussetzungen für die auf § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG gestützte Untersagungsverfügung nicht vor. Dies gilt auch angesichts des Beklagtenvortrags in der mündlichen Verhandlung, wonach krebskranke Menschen in ihrer Not besonders leicht zu beeinflussen seien und ihre Hoffnung in unwirksame „Heilmittel“ setzten.
II.
51 
Die Untersagungsverfügung erweist sich auch nicht im Hinblick auf die hilfsweise angestellten Erwägungen zum Lebensmittelrecht als rechtmäßig.
52 
Dies folgt zunächst schon daraus, dass diese Ausführungen den ausdrücklich auf § 69 Abs. 1 Nr. 1 AMG bezogenen Tenorausspruch der Untersagungsverfügung nicht zu tragen vermögen. Auch die Bezeichnung der Erwägungen als „Hilfsgutachten“ lässt nicht erkennen, dass der Behörde ein vom Arzneimittelrecht unabhängiger Regelungswille zukam. Aus der maßgeblichen Sicht des objektivierten Empfängerhorizontes erweisen sich die Darlegungen nicht als alternative und eigenständig tragende Begründung einer ausschließlich auf das Lebensmittelrecht gestützten Verfügung, sondern nur als ergänzende Abstützung einer arzneimittelrechtlichen Entscheidung. Hierfür spricht auch, dass in dem Bescheid nur ausgeführt wurde, das Inverkehrbringen des Produkts „könnte“ im Falle der Lebensmitteleigenschaft auch gemäß § 39 Abs. 2 LFGB verboten werden. Eine bereits getroffene Regelung lässt sich hieraus nicht entnehmen.
53 
Dementsprechend finden sich in dem Bescheid auch keine Ausführungen zur Zuständigkeit des Regierungspräsidiums. Grundsätzlich sind zum Vollzug des Lebensmittelrechts aber gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 LFGB i.V.m. §§ 19 Abs. 1, 18 Abs. 4 AG-LMBG und § 15 Abs. 1 LVG die Landratsämter und Stadtkreise berufen. Das Regierungspräsidium könnte nach §§ 19 Abs. 2, 18 Abs. 3 AG-LMBG nur dann zur Entscheidung befugt sein, wenn die Aufgabe in die Dienstbezirke mehrerer nachgeordneter Lebensmittelüberwachungsbehörden fiele und daher sachgerecht nur einheitlich wahrgenommen werden könnte. Hierzu ist indes nichts vorgetragen.
54 
Jedenfalls aber rechtfertigen die hilfsgutachtlich angestellten Erwägungen auch keine auf § 39 Abs. 2 LFGB gestützte Untersagung. Selbst wenn eine gegen § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB verstoßende krankheitsbezogene Werbung vorliegen sollte, rechtfertigte diese in Ansehung des in § 39 Abs. 2 LFGB ausdrücklich aufgenommenen („notwendige Anordnungen“ soweit sie „erforderlich“ sind) Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kein Inverkehrbringens-Verbot. Auch die Voraussetzungen der §§ 6 Abs. 1 Nr. 2, 2 Abs. 3 LFGB sind jedenfalls nicht fehlerfrei dargelegt. Denn die Tatbestandsvoraussetzungen würden den Nachweis verlangen, dass die Rhabarberwurzel in „F... ...“ nicht zu Würzzwecken, sondern aus technologischen Gründen zugesetzt wird. Substantiierte Anhaltspunkte hierfür enthält der Bescheid indes nicht.
55 
Der angefochtene Bescheid des Regierungspräsidiums ist daher aufzuheben und das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern.
III.
56 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
57 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil im Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgte Klärung des Arzneimittelbegriffs und der Zweifelsfallregelung in der obergerichtlichen Rechtsprechung keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.
58 
Beschluss vom 11. Februar 2010
59 
Der Streitwert des Verfahrens in beiden Instanzen wird - hinsichtlich der Streitwertfestsetzung für das Verfahren erster Instanz unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses vom 26. März 2008 - auf jeweils 86.500,-- EUR festgesetzt.
60 
Nach § 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 25.1 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327) und ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Senatsbeschluss vom 13.12.2007 - 9 S 1958/07 -, NVwZ-RR 2008, 430) wird der Streitwert für Verkaufsverbote und ähnliche Maßnahmen im Lebens- und Arzneimittelrecht anhand des Verkaufswerts der betroffenen Waren bestimmt. Diesen hat die Klägerin mit rund 86.500,-- EUR beziffert, ohne dass vom Beklagten gegen die Höhe des Verkaufserlöses Einwände erhoben worden sind oder Bedenken ersichtlich wären.
61 
Der Senat sieht sich angesichts der im Berufungsverfahren vorgelegten Angaben zum Verkaufswert der betroffenen Waren auch veranlasst, die Streitwertfestsetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG von Amts wegen zu ändern. Es sind keine Ermessensgesichtspunkte ersichtlich, die es sachgerecht erscheinen lassen könnten, die zwischenzeitlich vorhandenen Anhaltspunkte für die sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebende Bedeutung der Sache nicht zu berücksichtigen (vgl. auch hierzu bereits Senatsbeschluss vom 13.12.2007 - 9 S 1958/07 -, NVwZ-RR 2008, 430).
62 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
16 
Die vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene und den Anforderungen des § 124a Abs. 6 VwGO entsprechend erhobene Berufung ist begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen, da es sich bei dem von der Klägerin vertriebenen Produkt „F... ...“ nicht um ein Arzneimittel handelt. Die als Anfechtungsklage gegen einen belastenden Verwaltungsakt eines Regierungspräsidiums gemäß § 6a Satz 1 (jetzt § 15 Abs. 1 Satz 1) AG-VwGO a.F. ohne Durchführung eines Widerspruchsverfahrens zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg.
I.
17 
Grundlage der ergangenen Untersagungsverfügung ist § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 des Arzneimittelgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 12.12.2005 (BGBl. I S. 3394; zuletzt geändert durch Gesetz vom 17.07.2009, BGBl. I S. 1990, berichtigt durch Gesetz vom 09.10.2009, BGBl. I S. 3578 - AMG -). Danach können die zuständigen Behörden - und damit das gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 der Pharmazie- und Medizinprodukte-Zuständigkeitsverordnung vom 17.10.2000 (GBl. S. 694; zuletzt geändert durch Verordnung vom 21.07.2006, GBl. S. 277) zuständige Regierungspräsidium - das Inverkehrbringen von Arzneimitteln untersagen, wenn die erforderliche Zulassung oder Registrierung nicht vorliegt. Da eine Zulassung nach § 21 Abs. 1 Satz 1 AMG für das von der Klägerin vertriebene Produkt nicht erteilt worden ist, lägen die Voraussetzungen der auf § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG gestützten Untersagungsverfügung deshalb vor, wenn es sich bei dem streitigen Kräutertee um ein Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 AMG handeln würde.
18 
Das Verwaltungsgericht hat diese Frage bejaht und das von der Klägerin vertriebene Produkt als Präsentationsarzneimittel eingestuft. Dieser Feststellung vermag sich der erkennende Senat in dem für die Entscheidung über einen Dauerverwaltungsakt nach § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsgericht (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.03.2004 - 3 C 16/03 -, NVwZ 2005, 87; Bay. VGH, Beschluss vom 24.08.2009 - 9 CS 09.1023 -, GewArch 2009, 497) nicht anzuschließen. Weder aus der Zweifelsfallregelung (1.) oder der Beigabe von Rhabarberwurzel (2.) noch aus der Bezeichnung, Produktgestaltung und Bewerbung durch die Klägerin (3.) oder durch Internetbeiträge Dritter (4.) lässt sich die Arzneimitteleigenschaft des von der Klägerin auf dem deutschen Markt in den Verkauf gebrachten Produktes begründen.
19 
1. Die hier streitige Abgrenzung der Arzneimittel von den Lebensmitteln ist an Hand der gemeinschaftsrechtlichen Begriffsbestimmung des Arzneimittels in Art. 1 Nr. 2 der „Arzneimittel“-Richtlinie 2001/83/EG zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel vom 06.11.2001 (ABl. EG Nr. L 311 S. 67 in der Fassung der Änderungsrichtlinie 2004/27/EG vom 31.03.2004, ABl. EG Nr. L 136 S. 34) vorzunehmen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5/09 -, NVwZ 2009, 1038), die auch dem Arzneimittelbegriff des § 2 Abs. 1 AMG in der Neufassung des Änderungsgesetzes vom 17.07.2009 - trotz der teilweise unterschiedlichen sprachlichen Fassung - zu Grunde liegt (vgl. die Gesetzesbegründung in BR-Drs. 171/09, S. 65: „in das deutsche Recht überführt“; dazu auch Müller, NVwZ 2009, 425 [428]).
20 
Entgegen der vom Beklagten vertretenen Auffassung führt die Zweifelsfallregelung aus Art. 2 Abs. 2 der Arzneimittel-Richtlinie 2001/83/EG - nach der in Zweifelsfällen, in denen ein Erzeugnis unter Berücksichtigung aller seiner Eigenschaften sowohl unter die Definition von Arzneimitteln als auch unter die Definition eines Erzeugnisses fallen kann, das durch andere gemeinschaftliche Rechtsvorschriften geregelt ist, die Arzneimittel-Richtlinie gilt - nicht dazu, dass die Anforderungen für eine Einordnung des Produkts als Arzneimittel abgesenkt würden. Vielmehr ist in der Rechtsprechung geklärt, dass die Vorrangregelung für das Arzneimittelrecht nur zur Anwendung kommt, wenn die Arzneimitteleigenschaft des Produktes festgestellt ist. Andernfalls würden die strengeren Vorschriften des Arzneimittelregimes auf Sachverhalte erstreckt und der freie Warenverkehr damit behindert, ohne dass hierfür eine ausreichende Rechtfertigung aus Gründen des Gesundheitsschutzes vorliegen würde (vgl. EuGH, Urteil vom 15.01.2009 - C-140/07 -, NVwZ 2009, 439).
21 
Auch in der Begründung zur Neufassung des Arzneimittelgesetzes ist ausdrücklich klargesellt: „Die Anwendung der Zweifelsfallregelung setzt die positive Feststellung der Arzneimitteleigenschaft des betreffenden Mittels voraus“ (BR-Drs. 171/09, S. 66). Dementsprechend setzt die Umsetzung der Zweifelsfallregelung in § 2 Abs. 3a AMG bereits tatbestandlich ein Arzneimittel voraus.
22 
Die Einordnung eines Produktes als Arzneimittel „auf Verdacht“ verbietet sich damit (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5/09 -, NVwZ 2009, 1038; ebenso bereits Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 22/06 -, ZLR 2008, 80).
23 
2. „F... ...“ kann nicht bereits durch die Beigabe von Rhabarberwurzel (oder anderer stofflicher Bestandteile) als Arzneimittel bewertet werden.
24 
a) Art. 1 Nr. 2 der Arzneimittel-Richtlinie 2001/83/EG und § 2 Abs. 1 AMG enthalten für den Begriff des Arzneimittels alternativ zwei Definitionen. Zum einen sind Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bestimmt sind. Zum anderen sind Arzneimittel alle Stoffe oder Stoffzusammensetzungen, die im oder am menschlichen Körper verwendet oder einem Menschen verabreicht werden können, um entweder die menschlichen physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder eine medizinische Diagnose zu erstellen. Diese zweifache Definition nimmt die seit langem das Arzneimittelrecht kennzeichnende Unterscheidung zwischen den sog. Präsentationsarzneimitteln (Arzneimittel nach Bezeichnung) und den Funktionsarzneimitteln (Arzneimittel nach Funktion) auf.
25 
b) Dass dem Kräutertee eine pharmakologische Wirkung zukommen würde - die Voraussetzung für die Einordnung als Funktionsarzneimittel nach Art. 1 Nr. 2 Buchst. b) der Richtlinie 2001/83/EG wäre -, hat der Beklagte selbst nicht behauptet.
26 
Anhaltspunkte hierfür sind trotz der in „F... ...“ enthaltenen Bestandteile von Rhabarberwurzel auch nicht ersichtlich. Nach den vorhandenen Erkenntnissen unterschreitet die in dem Produkt enthaltene Menge vielmehr den zur Erzielung einer nennenswerten physiologischen Wirkung erforderlichen Grenzwert erheblich. Auf die Frage, ob das Erzeugnis in einer höheren als der auf dem Beipackzettel angegebenen Dosierung pharmakologische Wirksamkeit entfaltet, kommt es für die Beurteilung der Arzneimitteleigenschaft aber nicht an (vgl. EuGH, Urteil vom 30.04.2009 - C-27/08 -, NVwZ 2009, 967). Weitere Sachverhaltsermittlungen zur Frage der pharmakologischen Wirkung des Produkts sind damit nicht angezeigt.
27 
c) Ob für Rhabarberwurzel in Deutschland eine arzneilich geprägte Verkehrsanschauung besteht, wie vom Beklagten vorgetragen, oder der Stoff überwiegend als geschmacksbildende Lebensmittelzutat im Umlauf ist, wie von der Klägerin behauptet, kann im Ergebnis offen bleiben.
28 
Denn eine entsprechende Verkehrsanschauung für Rhabarberwurzel könnte nur dann zur Einstufung von „F... ...“ als Präsentationsarzneimittel herangezogen werden, wenn die heilende Wirkung des Bestandteils nach der Verbrauchererwartung bei der Würdigung des Gesamtprodukts so im Vordergrund stehen würde, dass für dieses ebenfalls von einer krankheitsheilenden Zweckbestimmung auszugehen wäre (vgl. BGH, Urteil vom 07.12.2000 - I ZR 158/98 -, NJW-RR 2001, 1329, Rn. 32). Der Verwendungszweck eines einzelnen Wirkstoffes kann daher grundsätzlich nicht mit dem Anwendungszweck einer aus mehreren Stoffen bestehenden Zubereitung gleichgesetzt werden, so dass es sich als unzulässige Verfahrensweise erweist, einen einzelnen Bestandteil herauszugreifen und allein ihn darauf zu untersuchen, ob er nach der Verkehrsauffassung krankheitsheilende Wirkung besitzt.
29 
Eine Tatsachengrundlage für die Annahme, trotz der geringen Dosierung und der nicht im Vordergrund stehenden Bewerbung mit dem Inhaltsstoff der Rhabarberwurzel präge dieser Bestandteil das Gesamtprodukt (vgl. dazu auch BVerwG, Urteil vom 16.05.2007 - 3 C 34/06 -, NVwZ-RR 2007, 771, Rn. 24 f.), ist indes weder vom Beklagten vorgetragen noch sonst ersichtlich.
30 
3. Entgegen der vom Beklagten und dem Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung kann das von der Klägerin vertriebene Produkt auch nicht wegen der Etikettierung, Produktaufmachung oder Bewerbung als Präsentationsarzneimittel eingeordnet werden.
31 
Ein Produkt erfüllt diese Voraussetzungen, wenn es entweder ausdrücklich als ein Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung menschlicher Krankheiten bezeichnet wird oder aber sonst bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher auch nur schlüssig, aber mit Gewissheit der Eindruck entsteht, dass es in Anbetracht seiner Aufmachung die betreffenden Eigenschaften haben müsse (vgl. EuGH, Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 -, Slg. 2007, I-9811, Rn. 46; BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5/09 -, NVwZ 2009, 1038).
32 
a) Der Tatsache, dass „F... ...“ in Belgien als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden kann, kommt für den vorliegenden Rechtsstreit keine Bedeutung zu. Denn eine europaweite Vollharmonisierung hat im Arzneimittelsektor noch nicht stattgefunden, so dass unterschiedliche Einstufungen eines Erzeugnisses durch verschiedene Mitgliedstaaten im gegenwärtigen Stand durchaus möglich sind (vgl. EuGH, Urteil vom 15.01.2009 - C-140/07 -, NVwZ 2009, 439 Rn. 28). Im Übrigen knüpft die Einordnung eines Produkts als Präsentationsarzneimittel an die jeweiligen Verkaufsmodalitäten an, die sich einzelfallbezogen unterscheiden können.
33 
Ebenso wenig kommt der Einstufung im Rahmen des Gemeinsamen Zolltarifs präjudizierende Wirkung zu. Denn entscheidende Kriterien für die tarifliche Einordnung sind (im Interesse der Rechtssicherheit und der leichten Nachprüfbarkeit) grundsätzlich objektive Eigenschaften und Merkmale; Aussagen über die für die Zuordnung zum Präsentationsarzneimittel maßgebliche Vermarktung enthält eine Zolltarifauskunft dagegen nicht (vgl. Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Stand: 03/09, § 2 Rn. 14).
34 
b) Von der Klägerin selbst wird „F... ...“ nicht als Arzneimittel, sondern als „Kräutertee“ bezeichnet. Es ist daher nicht davon auszugehen, ein verständiger Durchschnittsverbraucher werde annehmen, dass ein als Tee angebotenes Produkt tatsächlich ein Arzneimittel sei, wenn ihm in der empfohlenen Dosis keine pharmakologische Wirkung zukommt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 21/06 -, Rn. 40 für Nahrungsergänzungsmittel).
35 
Trotz der Bezeichnung können aber andere Umstände hinzutreten, die ein Produkt gleichwohl als Arzneimittel erscheinen lassen, namentlich die Art der Bewerbung oder die preisende Nennung von (vermeintlich) arzneilich wirksamen Bestandteilen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.05.2007 - 3 C 34/06 -; Kloesel/Cyran, Arzneimittelrecht, Stand: 03/09, § 2 Rn. 22).
36 
c) Für ein arzneimittelartiges „Erscheinungsbild“ (vgl. Rennert, NVwZ 2008, 1179 [1182]) reicht es entgegen der Auffassung des Beklagten indes nicht aus, dass einem Produkt nach allgemeiner Verkehrsanschauung gesundheitsbezogene Wirkungen zugeschrieben werden. Vielmehr wird ein Produkt nur dann als Arzneimittel „präsentiert“, wenn es auf dem Etikett, durch die Angaben auf der Verpackung oder in sonstiger Weise den Eindruck erweckt, dass es Eigenschaften zur Heilung oder zur Verhütung von menschlichen Krankheiten besitzt. Für den erforderlichen Heilmittelbezug genügt es daher nicht, dass einem Erzeugnis Eigenschaften zugeschrieben werden, die der Gesundheit im Allgemeinen förderlich sind. Es muss vielmehr gerade um die Funktion der Verhütung oder Heilung von menschlichen Krankheiten gehen (vgl. EuGH, Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 -, Slg. 2007, I-9811, Rn. 45 und 64). Bezugspunkt der Arzneimitteleigenschaft ist damit eine Abweichung vom normgemäßen Funktionieren des Organismus und damit eine angestrebte Wirkungsweise, die zu einer Veränderung führt, die außerhalb der normalen im menschlichen Körper ablaufenden Lebensvorgänge liegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 22/06 -, ZLR 2008, 80, Rn. 22).
37 
Ein derartiger Heilmittelbezug ist den Angaben auf der Verpackung nicht zu entnehmen. Auf dem Etikett wird „F... ...“ nicht als Arzneimittel, sondern als „Kräutertee-Auszug“ bezeichnet. Irgendwie geartete Anhaltspunkte für eine Heilmittelwirkung enthält die Verpackung nicht. Dass die bloße Wiedergabe des Fotos einer Pflanze auf der Verpackung eines Erzeugnisses nicht genügt, um bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher ein Vertrauen wie dasjenige hervorzurufen, das Arzneimittel normalerweise erwecken, hat der Europäische Gerichtshof bereits ausdrücklich entschieden (EuGH, Urteil vom 15.11.2007 - C-319/05 -, Slg. 2007, I-9811 Rn. 50). Gleiches gilt aber auch für die Berufung auf die „uralte Kräuterweisheit der O...-Indianer Kanadas“ und die „lange Beschäftigung auf dem Gebiet der Kräuter und Pflanzen“ von C... ... und R... .... Denn die Inanspruchnahme dieses Erfahrungsschatzes ist nicht auf heilende oder verfügende Funktionen bezogen, die Verpackung verweist insoweit lediglich auf „wohltuende Kräutertees“. Die Bezugnahme auf Erfahrungen und Autoritäten weist daher keinen Bezug zu arzneimittelbezogenen Eigenschaften auf (vgl. hierzu auch Senatsbeschluss vom 13.12.2007 - 9 S 509/07 -, GewArch 2008, 318). Im Übrigen sind die in Kanada offenbar populären Persönlichkeiten, die den Tee erfolgreich bei der Krebsbehandlung eingesetzt haben sollen, hier zu Lande wenig bekannt.
38 
Entsprechendes gilt für den dem Produkt beigefügten Beipackzettel. Hier wird „F... ...“ zwar als „wichtiger Beitrag zur täglichen Gesundheitspflege“ angepriesen und eine Förderung des gesunden Stoffwechsels und die Steigerung der körpereigenen Abwehrkräfte in Aussicht gestellt. Mit diesen Anpreisungen wird eine den Arzneimitteln vorbehaltene Wirkungsweise jedoch nicht in Anspruch genommen. Vielmehr wird lediglich eine der Gesundheit im Allgemeinen förderliche Wirkung behauptet, die zur Begründung der Arzneimitteleigenschaft gerade nicht ausreicht. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem im Beipackzettel angebrachten Warnhinweis, wonach es erfahrungsgemäß vorkommen könne, dass manche Personen stark auf die Wirkung von „F... ...“ reagieren und es daher zu empfehlen sei, mit geringeren Mengen zu beginnen. Zu Recht hat die Klägerin vielmehr darauf hingewiesen, dass derartige Warnungen - insbesondere in Bezug auf die Dosierung - für Lebensmittel nicht untypisch und damit nicht geeignet sind, den Anschein eines Arzneimittels hervorzurufen. Auch die Verwendung des Begriffs der „Charge“ führt insoweit nicht zu einer abweichenden Beurteilung, weil keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich sind, dass bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher hierdurch der Eindruck erweckt werde, es müsse sich um ein Arzneimittel handeln. Dies gilt umso mehr, als in der konkreten Verwendungsweise der Begriff „Charge“ unmittelbar auf „Kräutertees“ bezogen wurde und ein direkter Arzneimittelbezug daher nicht suggeriert worden ist. Im Übrigen wird die Formulierung auch in lebensmittelrechtlichen Vorschriften und - wie dem Senat gerichtsbekannt - durch den Beklagten selbst in lebensmittelrechtlichen Verfügungen verwendet.
39 
Ohne Arzneimittelbezug ist schließlich der Internetauftritt der Klägerin. Auch hier wird lediglich auf die „Gesunderhaltung“ und das „Wohlbefinden“ abgestellt und eine krankheitsbezogene Heilungs- oder Verhütungswirkung damit nicht in Aussicht gestellt. Verlinkungen zu anderen Websites, die das von der Klägerin vertriebene Produkt in einen Heilmittelkontext stellen würden, sind auf der Homepage gegenwärtig nicht enthalten. Auch die vom Beklagten im Termin zur mündlichen Verhandlung vorgelegten Buchempfehlungen - die einen Stand vom 05.05.2008 aufweisen - sind in der aktuellen Fassung nicht mehr enthalten.
40 
d) Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass die Klägerin Aufmachung und Gestaltung des Beipackzettels noch im vorgerichtlichen Verfahren geändert und krankheitsbezogene Angaben aus der Etikettierung entfernt hat (vgl. dazu auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 19.11.2008 - 5 B 18/06 -; Kloesel/ Cyran, Arzneimittelrecht, Stand: 03/09, § 2 Rn. 22).
41 
Während auf der ursprünglichen Packungsbeilage (Bl. 3 der Behördenakte) noch von einem „alten, indianischen Heilmittel-Rezept“, von „Heilpflanzen“ und von einem „heilenden Stoff“ gesprochen und eine „Entgiftung auf allen Körperebenen“ angepriesen worden ist, sind diese heilbezogenen Aussagen in der gegenwärtigen Vermarktung durch die Klägerin durchgängig vermieden. Die Produktgestaltung bietet in ihrer gegenwärtigen Aufmachung daher keine hinreichenden Anknüpfungspunkte für eine spezifisch arzneimittelartige Verbrauchererwartung.
42 
Im für die Beurteilung der auf § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG gestützten Verfügung maßgeblichen Zeitpunkt der letzten Tatsachenverhandlung geben die Umstände der Vermarktung des Produktes durch die Klägerin daher - auch in ihrer Gesamtheit - keinen hinreichenden Anlass, vom Vorliegen eines Arzneimittels nach der Präsentation auszugehen. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin ihre Bewerbung künftig ändern könnte, sind nicht ersichtlich. Im Übrigen stünden dem Beklagten insofern auch auf lebensmittelrechtlicher Grundlage Verbotsanordnungen nach § 12 Abs. 1 Nr. 1 oder § 11 Abs. 1 Nr. 4 LFGB zur Verfügung.
43 
4. Die vorhandenen Erkenntnismittel lassen auch nicht den Schluss zu, dass durch die vorhandenen Internetbeiträge Dritter - unabhängig von Produktaufmachung und Bewerbung durch die Klägerin - bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher der Eindruck entsteht, „F... ...“ müsse arzneimittelartige Eigenschaften haben.
44 
a) Allerdings muss sich die Klägerin „Verhaltensweisen, Initiativen und Maßnahmen des Herstellers“, die bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher den Eindruck hervorrufen, bei dem in den Verkehr gebrachten Erzeugnis handle es sich um eine Arzneimittel, zurechnen lassen. Dies gilt selbst dann, wenn entsprechende Mitteilungen vom Hersteller erst auf Anfrage zugesandt werden (vgl. EuGH, Urteil vom 28.10.1992 - C-219/91 -, Slg. 1992, I-5485, Rn. 26 und 28). Auch wenn ein Link zum Hersteller auf der Homepage der Klägerin nicht mehr gesetzt und die Internetadresse des Herstellers auf der Produktverpackung nicht mehr angebracht ist, sind die auf der Homepage des Herstellers auffindbaren Produkthinweise deshalb zu berücksichtigen. Denn auf der Verpackung ist der Name des Herstellers angegeben und damit ein ausreichender Hinweis gegeben, um sich bei diesem Informationen über die Eigenschaften des Erzeugnisses zu beschaffen. Das Aufrufen der Internet-Website des Herstellers steht der vom Europäischen Gerichtshof ausdrücklich entschiedenen Fallkonstellation der schriftlichen Nachfrage beim Hersteller insoweit gleich.
45 
Die damit bei der Beurteilung zu berücksichtigenden Herstellerhinweise geben indes nichts für die Einordnung von „F... ...“ als Präsentationsarzneimittel her. Heileigenschaften oder arzneimittelartige Wirkungen werden dort nicht beansprucht. Vielmehr findet sich bei der „Label Information“ lediglich der Hinweis, dass „F... ...“ auch bei einer Chemotherapie oder Strahlenbehandlung eingenommen werden könne („F... ... can safely be taken during chemotherapy or radiation treatment“). Damit sind zwar Assoziationen zu Krebskrankheiten verbunden, heilende Wirkung wird dem Tee indes nicht zugeschrieben. Auf die Frage, inwieweit die in englischer Sprache verfassten Internet-Beiträge geeignet sind, Verbrauchererwartungen deutscher Kunden zu begründen, kommt es daher nicht an.
46 
b) Darüber hinausgehende Aussagen Dritter in Internetforen oder ähnlichem, auf die die Klägerin weder Bezug nimmt noch Einfluss hat, können ihr dagegen nicht zugerechnet werden.
47 
Zwar ist die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hierzu nicht ganz eindeutig, weil es lediglich ausgeführt hat, der Einwand, nicht für beliebige Veröffentlichungen in die Verantwortung genommen werden zu können, gelte „jedenfalls“ nicht für die eigenen und die Produktbeschreibungen des Herstellers, dessen Internetadresse auf dem Verpackungsetikett angegeben sei (vgl. BVerwG, Urteil vom 26.05.2009 - 3 C 5/09 -, NVwZ 2009, 1038, Rn. 23). Die Beschränkung auf ein zurechenbares Verhalten des Herstellers oder Verkäufers lässt sich aber aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ableiten. Denn Anknüpfungspunkt für die Verkehrsanschauung des durchschnittlich informierten Verbrauchers ist danach, dass das fragliche Erzeugnis „in Anbetracht seiner Aufmachung“ eine arzneimittelartige Wirkung haben müsse (ständige Rechtsprechung seit EuGH, Urteil vom 30.11.1983 - C-227/82 -, Slg. 1983, 3883, Rn. 18). Bezugspunkt der „Präsentation“ oder „Bestimmung“ ist demnach die „Aufmachung“ und damit ein dem Hersteller oder Verkäufer zurechenbares Verhalten.
48 
Eine andere Interpretation hätte zur Folge, dass dem Produkt die Verkehrsfähigkeit genommen würde, ohne dass der Klägerin eine unmittelbare Reaktion hierauf möglich wäre. Denn angesichts der fehlenden therapeutischen Wirksamkeit könnte eine Arzneimittelzulassung wohl nicht erreicht werden (vgl. hierzu BVerwG, Urteil vom 25.07.2007 - 3 C 22/06 -, ZLR 2008, 80, Rn. 26), die Beseitigung des arzneimittelartigen Erscheinungsbildes - die für den Vertrieb als Lebensmittel erforderlich wäre - steht der Klägerin mangels eigener Veranlassung oder Beherrschbarkeit aber ebenfalls nicht zur Verfügung. Sie wäre deshalb allein darauf verwiesen, durch entsprechende Werbeaussagen oder Produktgestaltungen dem - unabhängig von ihrem Verhalten - entstandenen Erscheinungsbild eines Arzneimittels entgegenzutreten. Ob eine derartige Obliegenheit als verhältnismäßige Ausgestaltung ihres Rechts auf berufliche Betätigung erachtet werden könnte, erscheint fraglich. Jedenfalls bis zum Erfolg derartiger Maßnahmen unterfiele das Produkt einem Verkaufsverbot, dessen Rechtfertigung Mühe bereiten würde. Der Zweck der Einbeziehung wirkungsloser Produkte in den Arzneimittelbegriff besteht gerade in dem Risiko der Verwendung eines wirkungslosen Präparates anstelle der geeigneten Heilmittel (vgl. Senatsbeschluss vom 13.12.2007 - 9 S 509/07 -, GewArch 2008, 318). Durch die Inanspruchnahme heilender Wirkungen kann zur Verwendung des vermeintlichen Arzneimittels angeregt und der Verbraucher damit in die Irre geführt werden, wenn die Erzeugnisse nicht die Wirksamkeit besitzen, welche die Verbraucher nach ihrer „Präsentation“ von ihnen erwarten dürfen (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 15.01.2009 - C-140/07 -, NVwZ 2009, 439, Rn. 25). Derartiges steht beim Konsum eines Kräutertees bei Krebserkrankungen aber kaum zu befürchten.
49 
Die Frage bedarf vorliegend aber keiner abschließenden Entscheidung. Denn selbst bei Berücksichtigung der allgemein zu „F... ...“ im Internet auffindbaren Beiträge kann nicht davon ausgegangen werden, dass bei einem durchschnittlich informierten Verbraucher „mit Gewissheit“ der Eindruck einer krankheitsheilenden oder -verhütenden Wirkung des Produkts entsteht. Zwar finden sich im Internet durchaus Einträge, in denen „F... ...“ krebsheilende oder jedenfalls förderliche Wirkung im Rahmen einer Krebsbehandlung zugeschrieben wird. Diesen stehen jedoch nicht minder zahlreiche Veröffentlichungen gegenüber, in denen eine entsprechende Wirksamkeit bestritten oder jedenfalls in Zweifel gezogen wird. Bei einer von einem durchschnittlich informierten Verbraucher durchgeführten Internetrecherche zur krebsheilenden Wirkung von „F... ...“ müsste daher der Eindruck entstehen, dass stichhaltige Belege und Studien für eine entsprechende Wirksamkeit fehlen, in einzelnen Fällen gleichwohl von einer positiven Wirkung berichtet wird, die andere Berichte in Abrede stellen. Auch bei Berücksichtigung der allgemein im Internet auffindbaren Beiträge zu „F... ...“ entsteht daher nicht „mit Gewissheit“ der Eindruck einer heilenden oder krankheitsverhütenden Wirkung. Trotz gelegentlicher anpreisender oder „heilversprechender“ Beiträge erscheint das bei einer Internetrecherche anzutreffende Bild vielmehr hinreichend differenziert, so dass von einem mit Gewissheit entstehenden Eindruck einer arzneimittelartigen Wirkung nicht gesprochen werden kann.
50 
Angesichts der damit fehlenden Arzneimitteleigenschaft des von der Klägerin vertriebenen Produktes „F... ...“ liegen die Tatbestandsvoraussetzungen für die auf § 69 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG gestützte Untersagungsverfügung nicht vor. Dies gilt auch angesichts des Beklagtenvortrags in der mündlichen Verhandlung, wonach krebskranke Menschen in ihrer Not besonders leicht zu beeinflussen seien und ihre Hoffnung in unwirksame „Heilmittel“ setzten.
II.
51 
Die Untersagungsverfügung erweist sich auch nicht im Hinblick auf die hilfsweise angestellten Erwägungen zum Lebensmittelrecht als rechtmäßig.
52 
Dies folgt zunächst schon daraus, dass diese Ausführungen den ausdrücklich auf § 69 Abs. 1 Nr. 1 AMG bezogenen Tenorausspruch der Untersagungsverfügung nicht zu tragen vermögen. Auch die Bezeichnung der Erwägungen als „Hilfsgutachten“ lässt nicht erkennen, dass der Behörde ein vom Arzneimittelrecht unabhängiger Regelungswille zukam. Aus der maßgeblichen Sicht des objektivierten Empfängerhorizontes erweisen sich die Darlegungen nicht als alternative und eigenständig tragende Begründung einer ausschließlich auf das Lebensmittelrecht gestützten Verfügung, sondern nur als ergänzende Abstützung einer arzneimittelrechtlichen Entscheidung. Hierfür spricht auch, dass in dem Bescheid nur ausgeführt wurde, das Inverkehrbringen des Produkts „könnte“ im Falle der Lebensmitteleigenschaft auch gemäß § 39 Abs. 2 LFGB verboten werden. Eine bereits getroffene Regelung lässt sich hieraus nicht entnehmen.
53 
Dementsprechend finden sich in dem Bescheid auch keine Ausführungen zur Zuständigkeit des Regierungspräsidiums. Grundsätzlich sind zum Vollzug des Lebensmittelrechts aber gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 LFGB i.V.m. §§ 19 Abs. 1, 18 Abs. 4 AG-LMBG und § 15 Abs. 1 LVG die Landratsämter und Stadtkreise berufen. Das Regierungspräsidium könnte nach §§ 19 Abs. 2, 18 Abs. 3 AG-LMBG nur dann zur Entscheidung befugt sein, wenn die Aufgabe in die Dienstbezirke mehrerer nachgeordneter Lebensmittelüberwachungsbehörden fiele und daher sachgerecht nur einheitlich wahrgenommen werden könnte. Hierzu ist indes nichts vorgetragen.
54 
Jedenfalls aber rechtfertigen die hilfsgutachtlich angestellten Erwägungen auch keine auf § 39 Abs. 2 LFGB gestützte Untersagung. Selbst wenn eine gegen § 12 Abs. 1 Nr. 1 LFGB verstoßende krankheitsbezogene Werbung vorliegen sollte, rechtfertigte diese in Ansehung des in § 39 Abs. 2 LFGB ausdrücklich aufgenommenen („notwendige Anordnungen“ soweit sie „erforderlich“ sind) Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kein Inverkehrbringens-Verbot. Auch die Voraussetzungen der §§ 6 Abs. 1 Nr. 2, 2 Abs. 3 LFGB sind jedenfalls nicht fehlerfrei dargelegt. Denn die Tatbestandsvoraussetzungen würden den Nachweis verlangen, dass die Rhabarberwurzel in „F... ...“ nicht zu Würzzwecken, sondern aus technologischen Gründen zugesetzt wird. Substantiierte Anhaltspunkte hierfür enthält der Bescheid indes nicht.
55 
Der angefochtene Bescheid des Regierungspräsidiums ist daher aufzuheben und das Urteil des Verwaltungsgerichts zu ändern.
III.
56 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
57 
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil im Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgte Klärung des Arzneimittelbegriffs und der Zweifelsfallregelung in der obergerichtlichen Rechtsprechung keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe vorliegt.
58 
Beschluss vom 11. Februar 2010
59 
Der Streitwert des Verfahrens in beiden Instanzen wird - hinsichtlich der Streitwertfestsetzung für das Verfahren erster Instanz unter Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses vom 26. März 2008 - auf jeweils 86.500,-- EUR festgesetzt.
60 
Nach § 47 Abs. 1 Satz 1, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 25.1 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit (NVwZ 2004, 1327) und ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. Senatsbeschluss vom 13.12.2007 - 9 S 1958/07 -, NVwZ-RR 2008, 430) wird der Streitwert für Verkaufsverbote und ähnliche Maßnahmen im Lebens- und Arzneimittelrecht anhand des Verkaufswerts der betroffenen Waren bestimmt. Diesen hat die Klägerin mit rund 86.500,-- EUR beziffert, ohne dass vom Beklagten gegen die Höhe des Verkaufserlöses Einwände erhoben worden sind oder Bedenken ersichtlich wären.
61 
Der Senat sieht sich angesichts der im Berufungsverfahren vorgelegten Angaben zum Verkaufswert der betroffenen Waren auch veranlasst, die Streitwertfestsetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG von Amts wegen zu ändern. Es sind keine Ermessensgesichtspunkte ersichtlich, die es sachgerecht erscheinen lassen könnten, die zwischenzeitlich vorhandenen Anhaltspunkte für die sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebende Bedeutung der Sache nicht zu berücksichtigen (vgl. auch hierzu bereits Senatsbeschluss vom 13.12.2007 - 9 S 1958/07 -, NVwZ-RR 2008, 430).
62 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Die zuständigen Behörden treffen die zur Beseitigung festgestellter Verstöße und die zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen. Sie können insbesondere das Inverkehrbringen von Arzneimitteln oder Wirkstoffen untersagen, deren Rückruf anordnen und diese sicherstellen, wenn

1.
die erforderliche Zulassung oder Registrierung für das Arzneimittel nicht vorliegt oder deren Ruhen angeordnet ist,
2.
das Arzneimittel oder der Wirkstoff nicht nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln hergestellt ist oder nicht die nach den anerkannten pharmazeutischen Regeln angemessene Qualität aufweist,
2a.
der begründete Verdacht besteht, dass es sich um ein gefälschtes Arzneimittel oder einen gefälschten Wirkstoff handelt,
3.
dem Arzneimittel die therapeutische Wirksamkeit fehlt,
4.
der begründete Verdacht besteht, dass das Arzneimittel schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen,
5.
die vorgeschriebenen Qualitätskontrollen nicht durchgeführt sind,
6.
die erforderliche Erlaubnis für das Herstellen des Arzneimittels oder des Wirkstoffes oder das Verbringen in den Geltungsbereich des Gesetzes nicht vorliegt oder ein Grund zur Rücknahme oder zum Widerruf der Erlaubnis nach § 18 Abs. 1 gegeben ist oder
7.
die erforderliche Erlaubnis zum Betreiben eines Großhandels nach § 52a nicht vorliegt oder ein Grund für die Rücknahme oder den Widerruf der Erlaubnis nach § 52a Abs. 5 gegeben ist.

(1a) Bei Arzneimitteln, für die eine Genehmigung für das Inverkehrbringen oder Zulassung

1.
gemäß der Verordnung (EG) Nr. 726/2004 oder
2.
im Verfahren der Anerkennung gemäß Kapitel 4 der Richtlinie 2001/83/EG oder
3.
auf Grund eines Gutachtens des Ausschusses gemäß Artikel 4 der Richtlinie 87/22/EWG vom 22. Dezember 1986 vor dem 1. Januar 1995
erteilt worden ist, unterrichtet die zuständige Bundesoberbehörde den Ausschuss für Humanarzneimittel über festgestellte Verstöße gegen arzneimittelrechtliche Vorschriften nach Maßgabe der in den genannten Rechtsakten vorgesehenen Verfahren unter Angabe einer eingehenden Begründung und des vorgeschlagenen Vorgehens. Bei diesen Arzneimitteln können die zuständigen Behörden vor der Unterrichtung des Ausschusses nach Satz 1 die zur Beseitigung festgestellter und zur Verhütung künftiger Verstöße notwendigen Anordnungen treffen, sofern diese zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zum Schutz der Umwelt dringend erforderlich sind. In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 unterrichten die zuständigen Behörden die Europäische Kommission und die anderen Mitgliedstaaten, in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 die Europäische Kommission und die Europäische Arzneimittel-Agentur über die zuständige Bundesoberbehörde spätestens am folgenden Arbeitstag über die Gründe dieser Maßnahmen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2, 2a und 4 kann auch die zuständige Bundesoberbehörde das Ruhen der Zulassung anordnen oder den Rückruf eines Arzneimittels anordnen, sofern ihr Tätigwerden zum Schutz der in Satz 2 genannten Rechtsgüter dringend erforderlich ist; in diesem Fall gilt Satz 3 entsprechend.

(1b) Bei anderen als den in Absatz 1a Satz 1 genannten Arzneimitteln kann die zuständige Bundesoberbehörde im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 2, 2a und 4 den Rückruf eines Arzneimittels anordnen, sofern ihr Tätigwerden zum Schutz der menschlichen Gesundheit oder zum Schutz der Umwelt geboten ist. Erfolgt der Rückruf nach Satz 1 im Zusammenhang mit Maßnahmen nach den §§ 28, 30, 31 Absatz 4 Satz 2 oder nach § 32 Absatz 5, ist die Entscheidung der zuständigen Bundesoberbehörde sofort vollziehbar.

(2) Die zuständigen Behörden können das Sammeln von Arzneimitteln untersagen, wenn eine sachgerechte Lagerung der Arzneimittel nicht gewährleistet ist oder wenn der begründete Verdacht besteht, dass die gesammelten Arzneimittel mißbräuchlich verwendet werden. Gesammelte Arzneimittel können sichergestellt werden, wenn durch unzureichende Lagerung oder durch ihre Abgabe die menschliche Gesundheit gefährdet wird.

(2a) (weggefallen)

(3) Die zuständigen Behörden können Werbematerial sicherstellen, das den Vorschriften über den Verkehr mit Arzneimitteln und über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens nicht entspricht.

(4) Im Fall eines Rückrufs eines Arzneimittels nach Absatz 1a Satz 4 oder nach Absatz 1b Satz 1 kann auch eine öffentliche Warnung durch die zuständige Bundesoberbehörde erfolgen.

(5) Die zuständige Behörde kann im Benehmen mit der zuständigen Bundesoberbehörde bei einem Arzneimittel, dessen Abgabe untersagt wurde oder das aus dem Verkehr gezogen wurde, weil

1.
die Voraussetzungen für das Inverkehrbringen nicht oder nicht mehr vorliegen,
2.
das Arzneimittel nicht die angegebene Zusammensetzung nach Art und Menge aufweist oder
3.
die Kontrollen der Arzneimittel oder der Bestandteile und der Zwischenprodukte nicht durchgeführt worden sind oder ein anderes Erfordernis oder eine andere Voraussetzung für die Erteilung der Herstellungserlaubnis nicht erfüllt worden ist,
in Ausnahmefällen seine Abgabe an Patienten, die bereits mit diesem Arzneimittel behandelt werden, während einer Übergangszeit gestatten, wenn dies medizinisch vertretbar und für die betroffene Person angezeigt ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 02. Februar 2007 - 11 K 1924/06 - wird zurückgewiesen.

Die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts wird von Amts wegen geändert: der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht wird auf 150.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde, mit der der Antragsgegner die Herabsetzung des vom Verwaltungsgericht auf 50.000,-- EUR festgesetzten Streitwerts auf den in § 52 Abs. 2 GKG festgelegten Wert von 5.000,-- EUR begehrt, ist zulässig. Insbesondere würde die erstrebte Reduzierung für den kostenpflichtigen Antragsgegner zu einem Beschwerdegegenstand führen, dessen Wert die in § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG benannten 200,-- EUR übersteigt. Die Beschwerde ist aber nicht begründet, weil das Verwaltungsgericht den Streitwert nicht zu hoch festgesetzt hat. Der Senat nimmt das Vorbringen im Beschwerdeverfahren zum Anlass, die Streitwertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG von Amts wegen zu ändern.
Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu be-stimmen. Dies gilt auch in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO (vgl. § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG). Maßgeblich für diese Bedeutung ist regelmäßig der wirtschaftliche Wert des Klageziels, das der Kläger mit seinem Antrag unmittelbar erreichen will (vgl. BVerwG, Beschluss vom 09.04.2003 - 7 KSt 4/03 -, NVwZ-RR 2003, 904). Diesen Wert darf und muss das Gericht nach seinem pflichtgemäßen Ermessen bestimmen. Der sogenannte „Auffangstreitwert“ in Höhe von 5.000,-- EUR dagegen ist gemäß § 52 Abs. 2 GKG nur anzunehmen, wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwertes keine genügenden Anhaltspunkte bietet.
Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze scheidet die vom Antragsgegner begehrte Festsetzung des Streitwerts auf Grundlage des Auffangwerts aus § 52 Abs. 2 GKG aus. Es entspricht ständiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, den Streitwert für Verkaufsverbote und Sicherstellungen im Lebensmittel- und Arzneimittelrecht anhand des Verkaufswerts der betroffenen Waren zu bestimmen (vgl. etwa Senatsbeschluss 02.01.2002 - 9 S 2458/01 -; OVG Saarland, Urteil vom 03.02.2006 - 3 R 7/05 -). Diese, den Vorgaben aus Nr. 25.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 07./ 08.07.2004 folgende Einordnung ermöglicht eine einheitliche Praxis und dient damit den Grundsätzen der Rechtssicherheit und der Gleichbehandlung.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners bietet das Vorbringen der Antragstellerin genügende Anhaltspunkte für eine Streitwertfestsetzung nach § 52 Abs. 1 GKG, auch wenn diese einen konkreten Streitwert nicht angegeben hat. Dies ergibt sich bereits aus den von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Zahlen zum Umsatzausfall. Die Beschwerde übersieht jedoch auch, dass das Verwaltungsgericht befugt war, den Wert der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache auf Basis des vorhandenen Tatsachenmaterials zu schätzen (vgl. etwa Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, § 52 GKG Rdnr. 14; Meyer, Gerichtskostengesetz, 8. Aufl. 2006, § 52 Rdnr. 16). Soweit mit der Beschwerde vorgetragen worden ist, es könne nur auf die sichergestellten Produkte abgestellt werden, verkennt dies den Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens. Denn angegriffen hatte die Antragstellerin nicht nur die Sicherstellung der von der Stadt Mannheim in Verwahrung genommenen Flaschen, sondern (insbesondere) auch die Untersagung, die streitigen Vitamin K 1-Produkte in den Verkehr zu bringen. Diese Anordnung bezog sich aber nicht nur auf die bereits sichergestellten Produkte; vielmehr sind alle - auch künftig zu produzierenden - Produkte betroffen. Die wirtschaftliche Bedeutung der Verfügung bestimmt sich somit anhand des Verkaufswerts der betroffenen Waren, der sich in dem von der Antragstellerin vorgetragenen Umsatzausfall widerspiegelt.
Der Senat sieht sich angesichts der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Aufstellungen zum Umsatzausfall veranlasst, die Streitwertfestsetzung (auch) für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG von Amts wegen zu ändern. Es sind keine Ermessensgesichtspunkte ersichtlich, die es sachgerecht erscheinen lassen würden, die zwischenzeitlich vorhandenen und konkretisierten Anhaltspunkte für die sich aus dem Antrag der Antragstellerin für sie ergebende Bedeutung der Sache nicht zu berücksichtigen. Dies gilt um so mehr, als der Senat den Wert des Beschwerdeverfahrens auf Basis dieser Grundlage festzusetzen hat (vgl. hierzu den Senatsbeschluss vom heutigen Tage im Verfahren der Beschwerde - 9 S 509/07 -). Grundlage für die Festsetzung ist daher der von der Antragstellerin dargelegte Umsatzausfall von ca. 300.000,-- EUR/Jahr, der für das hier vorliegende Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO zu halbieren ist (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 07./ 08.07.2004).
Kostenentscheidung und Streitwertfestsetzung bezüglich des Beschwerdeverfahrens sind entbehrlich, weil das Verfahren gerichtsgebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden (vgl. § 68 Abs. 3 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen die Streitwertfestsetzung im Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 02. Februar 2007 - 11 K 1924/06 - wird zurückgewiesen.

Die Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts wird von Amts wegen geändert: der Streitwert für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht wird auf 150.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde, mit der der Antragsgegner die Herabsetzung des vom Verwaltungsgericht auf 50.000,-- EUR festgesetzten Streitwerts auf den in § 52 Abs. 2 GKG festgelegten Wert von 5.000,-- EUR begehrt, ist zulässig. Insbesondere würde die erstrebte Reduzierung für den kostenpflichtigen Antragsgegner zu einem Beschwerdegegenstand führen, dessen Wert die in § 68 Abs. 1 Satz 1 GKG benannten 200,-- EUR übersteigt. Die Beschwerde ist aber nicht begründet, weil das Verwaltungsgericht den Streitwert nicht zu hoch festgesetzt hat. Der Senat nimmt das Vorbringen im Beschwerdeverfahren zum Anlass, die Streitwertfestsetzung gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG von Amts wegen zu ändern.
Gemäß § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert in Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit grundsätzlich nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu be-stimmen. Dies gilt auch in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO (vgl. § 53 Abs. 3 Nr. 2 GKG). Maßgeblich für diese Bedeutung ist regelmäßig der wirtschaftliche Wert des Klageziels, das der Kläger mit seinem Antrag unmittelbar erreichen will (vgl. BVerwG, Beschluss vom 09.04.2003 - 7 KSt 4/03 -, NVwZ-RR 2003, 904). Diesen Wert darf und muss das Gericht nach seinem pflichtgemäßen Ermessen bestimmen. Der sogenannte „Auffangstreitwert“ in Höhe von 5.000,-- EUR dagegen ist gemäß § 52 Abs. 2 GKG nur anzunehmen, wenn der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwertes keine genügenden Anhaltspunkte bietet.
Bei Berücksichtigung dieser Grundsätze scheidet die vom Antragsgegner begehrte Festsetzung des Streitwerts auf Grundlage des Auffangwerts aus § 52 Abs. 2 GKG aus. Es entspricht ständiger Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte, den Streitwert für Verkaufsverbote und Sicherstellungen im Lebensmittel- und Arzneimittelrecht anhand des Verkaufswerts der betroffenen Waren zu bestimmen (vgl. etwa Senatsbeschluss 02.01.2002 - 9 S 2458/01 -; OVG Saarland, Urteil vom 03.02.2006 - 3 R 7/05 -). Diese, den Vorgaben aus Nr. 25.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 07./ 08.07.2004 folgende Einordnung ermöglicht eine einheitliche Praxis und dient damit den Grundsätzen der Rechtssicherheit und der Gleichbehandlung.
Entgegen der Auffassung des Antragsgegners bietet das Vorbringen der Antragstellerin genügende Anhaltspunkte für eine Streitwertfestsetzung nach § 52 Abs. 1 GKG, auch wenn diese einen konkreten Streitwert nicht angegeben hat. Dies ergibt sich bereits aus den von der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Zahlen zum Umsatzausfall. Die Beschwerde übersieht jedoch auch, dass das Verwaltungsgericht befugt war, den Wert der wirtschaftlichen Bedeutung der Sache auf Basis des vorhandenen Tatsachenmaterials zu schätzen (vgl. etwa Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl. 2007, § 52 GKG Rdnr. 14; Meyer, Gerichtskostengesetz, 8. Aufl. 2006, § 52 Rdnr. 16). Soweit mit der Beschwerde vorgetragen worden ist, es könne nur auf die sichergestellten Produkte abgestellt werden, verkennt dies den Streitgegenstand des gerichtlichen Verfahrens. Denn angegriffen hatte die Antragstellerin nicht nur die Sicherstellung der von der Stadt Mannheim in Verwahrung genommenen Flaschen, sondern (insbesondere) auch die Untersagung, die streitigen Vitamin K 1-Produkte in den Verkehr zu bringen. Diese Anordnung bezog sich aber nicht nur auf die bereits sichergestellten Produkte; vielmehr sind alle - auch künftig zu produzierenden - Produkte betroffen. Die wirtschaftliche Bedeutung der Verfügung bestimmt sich somit anhand des Verkaufswerts der betroffenen Waren, der sich in dem von der Antragstellerin vorgetragenen Umsatzausfall widerspiegelt.
Der Senat sieht sich angesichts der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Aufstellungen zum Umsatzausfall veranlasst, die Streitwertfestsetzung (auch) für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG von Amts wegen zu ändern. Es sind keine Ermessensgesichtspunkte ersichtlich, die es sachgerecht erscheinen lassen würden, die zwischenzeitlich vorhandenen und konkretisierten Anhaltspunkte für die sich aus dem Antrag der Antragstellerin für sie ergebende Bedeutung der Sache nicht zu berücksichtigen. Dies gilt um so mehr, als der Senat den Wert des Beschwerdeverfahrens auf Basis dieser Grundlage festzusetzen hat (vgl. hierzu den Senatsbeschluss vom heutigen Tage im Verfahren der Beschwerde - 9 S 509/07 -). Grundlage für die Festsetzung ist daher der von der Antragstellerin dargelegte Umsatzausfall von ca. 300.000,-- EUR/Jahr, der für das hier vorliegende Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO zu halbieren ist (vgl. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit vom 07./ 08.07.2004).
Kostenentscheidung und Streitwertfestsetzung bezüglich des Beschwerdeverfahrens sind entbehrlich, weil das Verfahren gerichtsgebührenfrei ist und Kosten nicht erstattet werden (vgl. § 68 Abs. 3 GKG).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.