Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss, 10. Aug. 2009 - 9 S 1624/09

bei uns veröffentlicht am10.08.2009

Tenor

Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 1. Juli 2009 - 12 K 2334/09 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert des Verfahrens wird unter Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für beide Rechtszüge auf jeweils 5.000,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit dem die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des am 02.09.1994 geborenen Antragstellers gegen die kraft Gesetzes sofort vollziehbare Erziehungs- und Ordnungsmaßnahme (vgl. § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 90 Abs. 3 Satz 3 des Schulgesetzes für Baden-Württemberg in der Fassung vom 01.08.1983, GBl. S. 397, zuletzt geändert durch Gesetz vom 18.11.2008, GBl. S. 387 - SchG -) angeordnet wurde, ist gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig erhoben. Sie ist aber nicht begründet, weil das Verwaltungsgericht zur Recht entschieden hat, dass an der Rechtmäßigkeit des angeordneten Schulausschlusses ernstliche Zweifel bestehen und das Suspensivinteresse des Antragstellers daher überwiegt (vgl. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO analog). Die mit der Beschwerde vorgetragenen Rügen, auf deren Prüfung das Beschwerdegericht durch § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO beschränkt ist, rechtfertigen keine andere Beurteilung.
Schulische Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen dienen der Verwirklichung des Erziehungs- und Bildungsauftrags der Schule, der Erfüllung der Schulbesuchspflicht, der Einhaltung der Schulordnung und dem Schutz von Personen und Sachen innerhalb der Schule (§ 90 Abs. 1 SchG). Der Ausschluss aus der Schule - als die schärfste schulordnungsrechtliche Maßnahme - ist gemäß § 90 Abs. 6 Satz 2 SchG dabei nur zulässig, wenn ein Schüler durch schweres oder wiederholtes Fehlverhalten seine Pflichten verletzt hat und sein Verbleiben in der Schule eine Gefahr für die Erziehung und Unterrichtung, die sittliche Entwicklung, Gesundheit oder Sicherheit der Mitschüler befürchten lässt.
Diese Voraussetzungen können entgegen der Auffassung des Antragsgegners grundsätzlich nicht bereits alleine aus der Mitwirkung an einem Eigentumsdelikt begründet werden. Zwar trifft zu, dass für die Aufrechterhaltung einer Klassengemeinschaft eine Vertrauensgrundlage unabdingbar ist, die auch die Achtung fremden Eigentums beinhaltet. Hieraus folgt indes nicht, dass Verstöße hiergegen stets und zwingend mit einem Schulausschluss geahndet werden müssten (vgl. zum Erfordernis einer „mit erheblichen Strafen bedrohten“ Tat auch Holfelder/Bosse/Reip, Schulrecht Baden-Württemberg, 13. Aufl. 2005, § 90 Rn. 10). Vielmehr ist es zunächst und primär Aufgabe der Schule, auf ein entsprechendes Fehlverhalten mit pädagogischen Mitteln zu reagieren und erzieherisch auf die Täter (und ggf. das Klassenumfeld) einzuwirken. Dies schließt die Verhängung angemessener „Strafen“ durchaus ein, weil deren Beitrag zu der angestrebten und erforderlichen Verhaltensänderung nicht unterschätzt werden darf. Der Abbruch des Schulverhältnisses kann angesichts der damit verbundenen Auswirkungen für den Betroffenen indes nur aufgrund von schwerwiegenden, anders nicht zu behebenden Störungen des Schulfriedens gerechtfertigt werden, um den Schutz der Rechte anderer Schüler und Lehrkräfte sowie die Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Schulbetriebs und damit die Erfüllung der verfassungsmäßigen Aufgaben der Schule gewährleisten zu können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 27.01.1976 - 1 BvR 2325/73 -, BVerfGE 41, 251 [260]; Beschluss vom 20.10.1981 - 1 BvR 640/80 -, BVerfGE 58, 257 [282]; dazu auch Niehues/Rux, Schul- und Prüfungsrecht, Band 1, 4. Aufl. 2006, Rn. 408; Lambert/Müller/Sutor, Schulrecht Baden-Württemberg, Stand: 11/08, § 90 Rn. 7).
Die Voraussetzungen für eine derartig gravierende Störung des Schulbetriebs, die die Verhängung eines Schulausschlusses als ultima ratio erforderlich macht, können nicht abstrakt und pauschal beschrieben werden. Maßgeblich hierfür ist vielmehr eine Würdigung der konkreten Umstände des jeweiligen Einzelfalls (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 23.06.2009 - 9 S 938/09 -). Ausreichend gewichtige Umstände sind in der Senatsrechtsprechung insbesondere bei Gewalttätigkeiten angenommen worden (vgl. Senatsbeschluss vom 22.10.2003 - 9 S 2277/03 -, NJW 2004, 89), bei anhaltendem und qualifiziertem Ausgrenzen eines Mitschülers (vgl. Senatsbeschluss vom 28.07.2009 - 9 S 1077/09 -) sowie in Fällen, in denen auch eine Vielzahl vorangegangener Schulordnungsmaßnahmen nicht zu einer Verhaltensänderung geführt hatten (vgl. Senatsbeschluss vom 18.07.2007 - 9 S 1481/07 -). Eigentumsdelikte dagegen erreichen für sich genommen grundsätzlich nicht unmittelbar die Schwelle eines Schulausschlusses; der vom Antragsgegner benannte Senatsbeschluss vom 08.12.2006 (- 9 S 2590/06 -, VBlBW 2007, 194) betraf einem Ausnahmefall, in dem es nicht lediglich um einen Diebstahl ging, sondern darum, mit dem zuvor entwendeten Schlüssel nachts in die Schule einzudringen und dort Schülerausweisvordrucke zu entwenden und mit falschen Angaben zu versehen.
Ein mit diesen Fällen vergleichbares Gewicht weisen die dem 14 Jahre alten Antragsteller vorgeworfenen Taten - soweit sich dies im summarischen Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO feststellen lässt - nicht auf. Dies gilt um so mehr, als der Antragsteller selbst den seinem Mitschüler von der Schule zur Verfügung gestellten grafikfähigen Taschenrechner im Wert von ca. 70,-- EUR nicht entwendet, sein Tatbeitrag vielmehr nur darin bestanden hat, den sich bei ihm vergewissernden Täter durch ein zustimmendes Kopfnicken in seinem Tun zu bestärken und ihm nachfolgend bei der Veräußerung, u.a. durch die Zurverfügungstellung seines Accounts, behilflich zu sein. Dass auch diese Verhaltensweisen ein zu missbilligendes Fehlverhalten darstellen, steht außer Zweifel. Zu Recht hat der Antragsgegner auch darauf hingewiesen, dass ein Kopfschütteln des Antragstellers eher geeignet gewesen wäre, die Tat seines Klassenkameraden zu verhindern und dass die Wahrscheinlichkeit derartiger Delikte bei Schülern dieser Altersgruppe (8. Klasse) in nicht unerheblicher Weise davon abhängt, ob die Tat durch andere Mitschüler gutgeheißen und unterstützt wird. Gleichwohl machen die benannten Umstände aber deutlich, dass Ausmaß und Gewicht des Vorfalls nicht an die Schwelle heranreichen, die für die Verhängung eines Schulausschlusses nach den oben dargelegten Maßstäben erforderlich wäre. Vielmehr ist davon auszugehen, dass auch mildere Maßnahmen - insbesondere der bereits vollzogene Unterrichtsausschluss sowie die untersagte Teilnahme am Wintersportschullandheim - geeignet sind, mit dem gebotenen Nachdruck auf den Antragsteller einzuwirken. Anhaltspunkte dafür, dass der Schulausschluss zur Aufrechterhaltung eines funktionsfähigen Schulbetriebs erforderlich wäre, sind bei der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO allein möglichen vorläufigen Betrachtung der Sach- und Rechtslage dagegen nicht ersichtlich.
Insgesamt überwiegt daher auch bei Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens das Suspensivinteresse des Antragstellers, so dass das Verwaltungsgericht zu Recht die aufschiebende Wirkung des vom Antragsteller eingelegten Widerspruchs gegen den verfügten Schulausschluss angeordnet hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG i.V.m. Nr. 38.3 des Streitwertkatalogs der Verwaltungsgerichtsbarkeit 2004. Der danach anzusetzende Ausgangswert von 5.000,-- EUR ist vorliegend nicht im Hinblick auf den vorläufigen Charakter des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens zu halbieren, weil die Entscheidung über den Eilantrag in Verfahren über einen Schulausschluss eine Hauptsacheentscheidung angesichts der erforderlichen organisatorischen Vorkehrungen für einen Schulwechsel vielfach faktisch und für den Zwischenzeitraum bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens auch endgültig vorwegnimmt (vgl. Senatsbeschluss vom 28.07.2009 - 9 S 1077/09 -). Der Senat ändert daher auch die Streitwertfestsetzung für das Verfahren vor dem Verwaltungsgericht gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 GKG von Amts wegen, weil keine Gesichtspunkte ersichtlich sind, die für eine Aufrechterhaltung der unterschiedlichen Streitwertfestsetzungen sprechen könnten.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG hinsichtlich der Streitwertfestsetzung).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

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(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

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Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

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(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn 1. der Verwaltungsakt von einer ob

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(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 9. April 2009 - 6 K 672/09 - geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 19. März 2009 gegen den vom Schulleiter des T.-Gymnasiums Rastatt am 16. März 2009 verfügten Unterrichtsausschluss wird angeordnet.

Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde des 1995 geborenen Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit dem die begehrte Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die kraft Gesetzes sofort vollziehbare Erziehungs- und Ordnungsmaßnahme (vgl. § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 90 Abs. 3 Satz 3 des Schulgesetzes für Baden-Württemberg in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 11.12.2002, GBl. S. 476 - SchG -) abgelehnt wurde, ist gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist auch begründet, weil an der Rechtmäßigkeit des angeordneten Ausschlusses vom Unterricht für fünf Unterrichtstage derzeit ernstliche Zweifel bestehen und das Suspensivinteresse des Antragstellers daher überwiegt (vgl. § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO analog).
Schulische Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen dienen der Verwirklichung des Erziehungs- und Bildungsauftrags der Schule, der Erfüllung der Schulbesuchspflicht, der Einhaltung der Schulordnung und dem Schutz von Personen und Sachen innerhalb der Schule (§ 90 Abs. 1 SchG). Der zeitweilige Ausschluss vom Unterricht ist nur zulässig, wenn ein Schüler durch schweres oder wiederholtes Fehlverhalten seine Pflichten verletzt und dadurch die Erfüllung der Aufgabe der Schule oder die Rechte anderer gefährdet (§ 90 Abs. 6 Satz 1 SchG). Angesichts der vom Antragsgegner vorgelegten Unterlagen bestehen ernstliche Zweifel daran, dass ausreichende Tatsachenermittlungen für eine ordnungsgemäße Ermessensentscheidung vorgelegen haben.
Soweit sich dies im summarischen Verfahren auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO und im Hinblick auf die ausgesprochen dürftige Dokumentation des Sachverhalts feststellen lässt, haben Antragsgegner und Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt, dass das Verhalten des Antragstellers vom 12.03.2009 ein Fehlverhalten darstellt. Die gegenüber der Mitschülerin aus der 5. Klasse abgegebenen Äußerungen besaßen beleidigenden und ehrverletzenden Charakter. Dies stellt auch der Antragsteller nicht in Zweifel; er hat sich für sein Verhalten auch entschuldigt.
Nach gegenwärtiger Erkenntnislage können die Äußerungen indes nicht als „schweres“ Fehlverhalten im Sinne des § 90 Abs. 6 Satz 1 SchG bewertet werden. Denn auch beleidigende Äußerungen und Verhaltensweisen rechtfertigen einen Unterrichtsauschluss nicht in jedem Falle, vielmehr sind zur Einordnung des Gewichts der jeweiligen Verfehlung die konkreten Einzelfallumstände heranzuziehen (vgl. zuletzt Senatsbeschluss vom 02.01.2008 - 9 S 2908/07 -). Insoweit sind etwa das Alter des betroffenen Schülers, der allgemeine Sprachgebrauch unter seiner Altersgenossen und Schulkameraden sowie Anlass und Kontext der Äußerungen in den Blick zu nehmen (vgl. dazu auch BVerfG, Beschluss vom 05.12.2008 - 1 BvR 1318/07 -, NJW 2009, 749).
Diesen Anforderungen genügen weder die Verfügung des Schulleiters vom 16.03.2009 noch der angegriffene Beschluss des Verwaltungsgerichts. Dies ergibt sich bereits daraus, dass eine Aufklärung des vom Antragsteller tatsächlich Gesagten und des Kontextes, in dem die Äußerungen gefallen sind, nur in rudimentärer Weise stattgefunden hat (vgl. zu den Aufklärungsanforderungen Senatsbeschluss vom 24.04.2009 - 9 S 901/09 - sowie BVerfG, Beschluss vom 08.12.2004 - 2 BvR 52/02 -, BVerfGK 4, 243 [252 ff.] für das Disziplinarverfahren).
Der Schulleiter selbst hat vor Erlass des Unterrichtsauschlusses lediglich zwei DIN-A 5 Blätter angefertigt, auf denen sich einige, angeblich vom Antragsteller abgegebene Behauptungen finden. Dabei ist nur hinsichtlich weniger Äußerungen erkennbar, auf wessen Zeugnis die Beschuldigung zurückgeht. Für die Mehrzahl der auf den Blättern aufgelisteten Beleidigungen ist keine Bestätigung durch einen der angehörten Mitschüler vermerkt. In der Verfügung des Schulleiters vom 16.03.2009 schließlich ist eine konkrete Äußerung nicht benannt, vielmehr rekurriert die Begründung auf Beleidigungen, „die ich hier nicht wiedergeben möchte“. Damit sind ausreichende (und nachvollziehbare) Anhaltspunkte für die Erforderlichkeit der verfügten Erziehungs- und Ordnungsmaßnahme nicht dargelegt.
Unklar ist damit bereits, welche Aussagen dem Antragsteller vorgehalten werden. Der Beschluss des Verwaltungsgerichts nimmt ausschließlich auf den auch vom Antragsteller eingeräumten Satz: „Dein Vater lässt abends das Fenster offen, dass der Wind besser blasen kann“ Bezug. Warum hierin eine „äußerst herabwürdigende“ Beleidigung „übelster Art und Weise“ liegen soll, bleibt indes offen. Die Einschätzung erhellt sich erst bei Hinzuziehung der (im Beschluss indes nicht ausgeführten) Stellungnahme des Schulleiters vom 20.03.2009. In dieser werden die dem Antragsteller konkret vorgeworfenen Beleidigungen benannt, u.a. auch der Satz: „Dein Vater kann es nicht mehr, deswegen macht deine Mutter das Fenster auf, damit der Wind ihr einen bläst“.
Diese Aussage ist vom Antragsteller indes - auch durch Vorlage einer eidesstattlichen Versicherung - bestritten worden. Schriftliche Aussagen der betroffenen Mädchen oder von unbeteiligten Mitschülern liegen nicht vor, so dass keinerlei nachprüfbare Belege für die weitergehenden Belastungen vorhanden sind. Dokumentiert ist allein die Aussage des Schulleiters, der naturgemäß aber nur mittelbare Angaben über die ihm gegenüber abgegebenen Zeugenaussagen machen kann. Insoweit fällt überdies auf, dass der Umfang der in der Stellungnahme vom 20.03.2009 behaupteten Bestätigung durch einen Schüler der Parallelklasse mit den unmittelbar angefertigten Vermerken nicht in Übereinstimmung steht. Denn ausweislich der handschriftlichen Blätter vom 13.03.2009 ist diese Äußerung von dem befragten Schüler nicht bestätigt worden; dieser gab - dem Vermerk zufolge - vielmehr nur den Satz: „Du kannst mir einen im Stehen blasen“ an.
Ein Aufklärungsdefizit liegt damit bereits hinsichtlich der konkreten Äußerung vor, die dem Antragsteller als Fehlverhalten vorgeworfen wird. Dies wirkt umso schwerer, als der Antragsteller in seiner eidesstattlichen Versicherung angegeben hatte, auch das von ihm beleidigte Mädchen habe ihm gegenüber eingestanden, dass die Beschuldigungen nicht zuträfen. Im Rahmen des Entschuldigungsgesprächs vom 13.03.2009 habe das Mädchen auf seine Vorhaltungen ausgeführt:
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„Ja, ich habe ein paar Beleidigungen von anderen gehört, die Du gesagt hättest. Die hast Du nicht an dem Tag gesagt, aber ich habe Herrn B. einfach alles gesagt, was ich von anderen gehört habe, also was Du insgesamt gesagt haben sollst“.
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Unverständlich ist insoweit auch, warum die Klassenkameraden des Antragstellers, die bei dem Vorfall anwesend waren, nie zu den tatsächlich geäußerten Bemerkungen oder zum Hergang befragt worden sind. Soweit das Verwaltungsgericht insofern meint, es sei Sache des Antragstellers, schriftliche Erklärungen der Schülerinnen vorzulegen, wird die bestehende Beweislast verkannt. Denn es ist Aufgabe der Schulverwaltung, die Voraussetzungen der in Anspruch genommenen Eingriffsermächtigung - und damit das dem Antragsteller zur Last gelegte Fehlverhalten - zu belegen (vgl. auch Niehues/Rux, Schul- und Prüfungsrecht, Band 1, 4. Aufl. 2006, Rn. 388; Lambert/Müller/Sutor, Schulrecht Baden-Württemberg, Stand: 11/08, § 90 Rn. 1.2.2).
12 
Insbesondere aber ist eine Aufklärung des Kontexts der getätigten Äußerungen unterblieben. Hierzu hätte schon deshalb Anlass bestanden, weil der Schulleiter selbst in der Verfügung ausgeführt hat: „Offenbar provoziert durch zwei Schülerinnen der Klasse 5 beleidigte er diese und deren Eltern in einer Art und Weise, die ich hier nicht wiedergeben möchte“. Wenn aber der Umstand einer Provokation als zutreffend oder jedenfalls möglich erkannt worden ist, sind weitere Ermittlungen unabdingbar, um den Bedeutungsgehalt der Äußerungen einschätzen und insbesondere das Gewicht des Fehlverhaltens zutreffend einordnen zu können. Der Antragsteller hat hierzu in seiner eidesstattlichen Versicherung vom 22.03.2009 ausgeführt:
13 
„Ich saß in der Mittagspause am 12.03.2009 gemeinsam mit meinen Klassenkameraden J., H. und S. auf den Bänken im T.-...-Gymnasium. 5 Meter von uns entfernt saßen Mädchen aus der 5. Klasse auf einer Couch. Sie waren ziemlich laut. Der Schüler H. rief den Mädchen deshalb zu: 'Könnt Ihr bitte mal leiser sein, wir wollen lernen'. Nach 5 min. wurde dann eine der 3 Couchen frei. Wir gingen dorthin und setzten uns auf die freie Couch. Als wir Platz genommen hatten, kam eines der Mädchen aus der 5. Klasse zu uns und sagte: 'Verpisst Euch, das ist unsere Couch!' und trat mir gegen das Schienbein. Ich ließ mir das nicht gefallen und sagte: ’Dein Vater lässt abends das Fenster offen, dass der Wind besser blasen kann’. Mehr Beleidigungen habe ich nicht gesagt, was alle Anwesenden bestätigen können. Etwa 5 min. später kam dasselbe Mädchen dann wieder zu mir und schüttete eine volle Tüte Chips über mich aus. Sodann schmiss sie mir die Tüte ins Gesicht.“
14 
Eine Stellungnahme oder Einschätzung hierzu findet sich in den Verwaltungsakten nicht. Geht man aber davon aus, dass das Vorgeschehen jedenfalls ungefähr in der beschriebenen Weise stattgefunden hat, kann die eingeräumte Äußerung bei Berücksichtigung des Gesamtgeschehens nicht als schweres Fehlverhalten bewertet werden, das den Schulleiter dazu ermächtigt hätte, mit einem fünftägigen Unterrichtsausschluss den Rahmen der ihm in alleiniger Kompetenz zustehenden Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen voll auszuschöpfen (vgl. § 90 Abs. 3 Nr. 2d SchG). Einer derartig schweren Sanktion stünde jedenfalls der im Schulgesetz für alle Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen ausdrücklich angeordnete Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entgegen (§ 90 Abs. 2 Satz 2 SchG).
15 
Ob der Unterrichtsausschluss unter dem Gesichtspunkt eines „wiederholten Fehlverhaltens“ gerechtfertigt werden könnte - wofür angesichts des schulischen Fehlverhaltens des Antragstellers in der zurückliegenden Zeit einiges spricht -, kann offenbleiben. Denn jedenfalls die mit dem Widerspruch angegriffene Verfügung vom 16.03.2009 stellt eine ausreichende Grundlage hierfür nicht dar. Dies ergibt sich zunächst bereits daraus, dass dort ausschließlich auf das konkrete Geschehen vom 12.03.2009 Bezug genommen wird und andere Verfehlungen, die insgesamt den Schluss zulassen würden, dass der Antragsteller „seine Pflichten verletzt und dadurch die Erfüllung der Aufgabe der Schule oder die Rechte anderer gefährdet“ (§ 90 Abs. 6 Satz 1 SchG), nicht benannt sind. Insbesondere aber leidet die Entscheidung des Schulleiters auch insoweit an einem Fehlgebrauch des in § 90 Abs. 3 Satz 1 SchG eingeräumten Ermessens, weil die Umstände des konkreten Einzelfalls und damit das Gewicht des dem Antragsteller zur Last gelegten Fehlverhaltens nicht zutreffend ermittelt und gewürdigt worden ist. Dieser Mangel ist im bisherigen Widerspruchsverfahren nicht behoben worden; vielmehr hat das Regierungspräsidium im Rahmen der Beschwerdeerwiderung ausdrücklich die Auffassung vertreten, die Maßnahme sei auf ausreichende Ermittlungen gestützt.
16 
Insgesamt überwiegt daher bei der im Anordnungsverfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO allein möglichen vorläufigen Betrachtung der Sach- und Rechtslage das Suspensivinteresse des Antragstellers, so dass die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs anzuordnen und der Beschluss des Verwaltungsgerichts abzuändern ist.
17 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG, wobei nach ständiger Rechtsprechung des Senats für Verfahren auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung eines Widerspruchs gegen einen Unterrichtsausschluss nur die Hälfte des Auffangwertes festzusetzen ist (vgl. etwa Senatsbeschluss vom 23.01.2004 - 9 S 95/04 -, NJW 2004, 1058).
18 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 152 Abs. 1 VwGO sowie § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG hinsichtlich der Streitwertfestsetzung).

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragsgegners wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 6. April 2009 - 2 K 686/09 - geändert. Der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen die Entscheidung des ...-Gymnasiums ... vom 16.03.2009 wird abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

Der Streitwert wird unter Abänderung des Streitwerts des Ausgangsverfahrens in beiden Rechtszügen auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde des Antragsgegners gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts, mit dem die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen die kraft Gesetzes sofort vollziehbare Erziehungs- und Ordnungsmaßnahme (vgl. § 80 Abs. 2 Nr. 3 VwGO i.V.m. § 90 Abs. 3 Satz 3 des Schulgesetzes Baden-Württemberg in der Fassung des Änderungsgesetzes vom 11.12.2002 [GBl. S. 476] - SchG -) angeordnet wurde, ist unter Beachtung der Voraussetzungen der §§ 146 Abs. 4 Satz 1, 147 VwGO erhoben und somit zulässig. Sie ist auch begründet. Unter Berücksichtigung der vom Antragsgegner dargelegten Gründe und der vorgelegten Akten bestehen aus Sicht des Senats keine durchgreifenden ernstlichen Zweifel an der vom Antragsgegner und Beschwerdeführer getroffenen Maßnahme des Schulausschlusses. Die gebotene eigene Interessenabwägung des Gerichts (vgl. bereits BVerfG, Beschluss vom 13.06.1979 - 1 BvR 699/77 -, BVerfGE 51, 268 [286] für den schulischen Bereich) führt vielmehr dazu, dass im vorliegenden Fall das Vollzugsinteresse des Antragsgegners das Suspensivinteresse des Antragstellers überwiegt.
Fehler im äußeren Ablauf des Verfahrens, das zum Schulausschluss des 1991 geborenen Antragstellers durch Bescheid vom 16.03.2009 geführt hat, sind vom Verwaltungsgericht nicht festgestellt worden und auch nicht ersichtlich. Ob die Anhörung der Mutter des Antragstellers den gesetzlichen Anforderungen des § 90 Abs. 7 Satz 2 SchG in jeder Hinsicht entsprochen hat, braucht vorliegend nicht entschieden zu werden, denn das Verfahren bot jedenfalls im weiteren Verlauf hinreichend Gelegenheit, die Sicht des Antragstellers und seiner gesetzlichen Vertreterin zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen „sachgemäß und erschöpfend“ (vgl. zu diesem Umfang des Anspruchs auf rechtliches Gehör BVerwG, Urteil vom 25.01.1974 - VI C 7.73 -, BVerwGE 44, 307 [309 f.]) darzustellen. Jedenfalls damit ist den verfassungsrechtlich gebotenen Anforderungen (vgl. Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 10. Aufl. 2008, § 28 Rdnr. 3a m. w. Nachw.) an eine ordnungsgemäße Anhörung, zu der wie in jedem Verwaltungsverfahren mit ordnungsrechtlichem Charakter so auch im Schulrecht die Mitteilung aller entscheidungserheblichen Tatsachen (vgl. den Wortlaut des § 28 Abs. 1 LVwVfG und grundsätzlich schon BVerwG, Beschluss vom 09.12.1969 - I WB 101.69 -, BVerwGE 43, 38 [40]), sowie die Möglichkeit der Akteneinsicht und einer angemessenen Vorbereitung gehören (vgl. Kopp/Ramsauer a.a.O. Rdnr. 13 unter Hinweis auf OVG Lüneburg, Beschluss vom 03.06.1971 - II OVG B 32-, DVBl. 1973, 505 [506]), genügt. Die Heilbarkeit eines möglichen Anhörungsfehlers (vgl. § 45 Abs. 1 Nr. 3 LVwVfG) folgt daraus, dass seit der Änderung des § 90 SchG mit Wirkung vom 28.12.2002 durch Gesetz vom 11.12.2002 (GBl. S. 476) über den Schulausschluss nicht mehr von der Klassenkonferenz, sondern nur noch durch den Schulleiter entschieden wird und somit ein Verstoß gegen das Gebot der Anhörung nicht dazu führen kann, dass die im Widerspruchsverfahren in dieser Form nicht mehr nachholbare Entscheidung eines zuständigen Gremiums auf einer unzureichenden Grundlage getroffen worden wäre.
Schulische Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen dienen der Verwirklichung des Erziehungs- und Bildungsauftrags der Schule, der Erfüllung der Schulbesuchspflicht, der Einhaltung der Schulordnung und dem Schutz von Personen und Sachen innerhalb der Schule (§ 90 Abs. 1 SchG). Ein Ausschluss von der Schule ist nur zulässig, wenn ein Schüler zum einen durch schweres oder wiederholtes Fehlverhalten seine Pflichten verletzt und dadurch die Erfüllung der Aufgabe der Schule oder die Rechte anderer gefährdet (§ 90 Abs. 6 Satz 1 SchG) und zum anderen darüber hinaus sein Verbleiben in der Schule eine Gefahr für die Erziehung und Unterrichtung, die sittliche Entwicklung, Gesundheit oder Sicherheit der Mitschüler befürchten lässt (§ 90 Abs. 6 Satz 2 SchG).
Mit dem Verwaltungsgericht teilt der Senat die Ansicht, dass in der angefochtenen Entscheidung vom 16.03.2009 dem Antragsteller Vorfälle und Verhaltensweisen zugerechnet wurden, die von ihm bestritten und durch Dritte nicht belegt sind und daher einer rechtlichen Überprüfung so nicht standhalten dürften. Dies gilt nicht nur für die behauptete Anstiftung von Schülern der Unterstufe, den Betroffenen „Türkenjude“ zu nennen, sondern allgemein für die antijüdischen Konnotationen der Vorkommnisse in der Schule (Werfen mit Kreide mit Rufen „auf den Juden“, entsprechende Kommentare in den Hofpausen, Nähe zu beleidigenden Aktivitäten im Internet). Da der angefochtene Bescheid ausdrücklich und tragend auf „Ereignisse und Vorkommnisse über einen längeren Zeitraum“ gestützt wird, die „den Schulfrieden in hohem Maße erschüttert“ hätten, bestehen nicht geringe Zweifel an der Rechtmäßigkeit dieses Bescheids.
Diesen Zweifeln stehen jedoch bereits nach Aktenlage mögliche und vom Antragsgegner in seiner Beschwerdeschrift aufgegriffene Feststellungen gegenüber, die dazu führen, dass der Senat im Rahmen seiner eigenen rechtlich gebotenen Ermessensentscheidung ungeachtet der im Eilverfahren eingeschränkten Möglichkeiten der Sachverhaltsaufklärung und dessen rechtlicher Prüfung gleichwohl ein Überwiegen des Vollzugsinteresses der Schule gegenüber dem Interesse des Antragstellers an einer aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs bejaht.
Aus der Summe der vorliegenden schulischen wie polizeilichen Akten geht der Senat davon aus, dass es sich beim Geschehen am 26./27.12.2008 vor dem Haus des Betroffenen nicht um eine singuläre Aktion gehandelt hat, sondern dass diesem Geschehen eine monatelange Phase innerschulischer Aktivitäten gegen den Betroffenen voranging, von denen der Antragsteller wusste und an denen er auch beteiligt war. Es ist unbestritten, dass der Antragsteller - wie auch andere - den betroffenen Mitschüler nicht mochte und ihn wiederholt durch Kreidewerfen, Anrempeln u.a. belästigte. Dabei war ihm bewusst, dass der Betroffene jüdischen Glaubens war, dass er auch mit Hinweis hierauf - möglicherweise nicht vom Antragsteller selbst - in der Schule attackiert wurde und dies nach dem Vorstellungsbild der Handelnden sein „schwacher Punkt“ war, an dem man ihn treffen konnte. Das Geschehen vom 26.12.2008 stellt sich somit nicht als ein isolierter Vorgang sondern als Höhepunkt einer über einen längeren Zeitraum andauernden - wenngleich bis dahin qualitativ nicht derart gravierenden - Abfolge von Belästigungen dar.
Ebenfalls ergibt sich aus den polizeilichen Ermittlungen wie den glaubhaften Feststellungen des Schulleiters, dass der Betroffene am Abend des 26.12.2008 „so richtig erschreckt“ werden sollte, der Antragsteller zu diesem Zweck zusammen mit anderen vor sein Haus zog, auf dem Weg dorthin rechtsradikale Handlungen („Hitlergruß“) erfolgten und am Haus selbst in der Gruppe eine aufgeladene Stimmung bestand. Der Antragsteller gehörte zu denen aus der Gruppe, die unmittelbar ans Haus traten. Er urinierte gegen die Hauswand oder den Eingang und spuckte in den Briefkasten. Lärm (Schlagen gegen den Rollladen, Abbrennen von Feuerwerkskörpern) und Geschrei und die dadurch ausgelöste Bedrohung waren so groß, dass sich der Betroffene - der eine genaue Vorstellung davon hatte, wer ihn mitten in der Nacht „besuchen“ kam - und seine Eltern nicht aus dem Haus trauten, sondern die Polizei riefen. Diese massive Grenzüberschreitung war maßgeblich auch vom Antragsteller getragen.
Über die konkrete und auch bereits vom Verwaltungsgericht festgestellte Mitwirkung des Antragstellers beim Geschehen am 26.12.2008 hinaus steht für den Senat fest, dass der Antragsteller die antijüdische Tendenz des Auftritts der Gruppe an diesem Abend - unabhängig von seinem eigenen Beitrag - erkannte, ihm diese Tendenz bereits auf dem Weg zum Haus des Betroffenen bewusst geworden ist und er dieses Auftreten zugleich auch als Fortsetzung der in der Schule erfolgten Attacken auf diesen Mitschüler begriff.
Damit dürfte in der Gesamtschau der Ereignisse ein individuelles schweres Fehlverhalten des Antragstellers im Sinne des § 90 Abs. 6 Satz 1 SchG vorliegen, das auch einen Schulausschluss bei fehlerfreier Ausübung des Ermessens und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit rechtfertigt, da sich in diesem Fehlverhalten auch eine Gefahr im Sinne des § 90 Abs. 6 Satz 2 SchG manifestiert hat. Für den Betroffenen und seine Eltern war eine Situation entstanden, die für den Fall des Schulbesuchs am Ende der Ferien eine auch körperliche Gefährdung befürchten ließ. Nach den Feststellungen des Schulleiters gab ein Klassenkamerad des Antragstellers am 18.02.2009 an, dass der Betroffene, wäre er in jener Nacht herausgekommen, „heute bestimmt nicht mehr in der Schule“ wäre.
10 
Die besondere Schwere des Fehlverhaltens, die auch die unmittelbare Konsequenz eines Schulausschlusses ohne vorhergehende mildere Ordnungsmaßnahmen zu rechtfertigen geeignet ist, liegt im vorliegenden Fall darin, dass sich eine Gruppe von Mitschülern und unter ihnen auch mit eigenem Beitrag der Antragsteller nicht auf das bloße Ausgrenzen eines missliebigen Mitschülers in der Schule beschränkt, sondern diese Missachtung darüber hinaus in massiver und bedrohlicher Form zumal mitten in der Nacht buchstäblich „bis vor die Tür“ des Betroffenen trägt und dort kundtut.
11 
Eine Gefahr für Erziehung und Unterrichtung sowie die sittliche Entwicklung von Mitschülern im Sinne des § 90 Abs. 6 Satz 2 SchulG dürfte in dem Umstand zu sehen sein, dass dieser Eskalation lang anhaltende Aversionen gegenüber dem Betroffenen und damit verbundene Hänseleien und gemeine Frotzeleien vorausgingen, die Schulleitung wie Lehrerkollegium unbekannt geblieben sind, zugleich aber eine Stimmung erzeugten (der angefochtene Bescheid stellt ein „Klima der Einschüchterung und Bedrohung“ fest), die es dem Betroffenen augenscheinlich unmöglich machten, sich nachhaltig zu wehren oder sich Lehrern bzw. Schulleitung anzuvertrauen. Diese hinterhältigen Methoden, einen Mitschüler an seiner „schwachen Stelle“ zu treffen und damit fertigzumachen, waren dem Antragsteller bewusst und er hat sie sich jedenfalls am 26.12.2008 zunutze gemacht.
12 
Die dadurch auch vom Antragsteller erzeugte tiefgreifende Gefährdung des Schulfriedens dürfte es auch unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes rechtfertigen, hierauf mit dem Mittel des Schulausschlusses zu reagieren. Dabei ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass der Antragsgegner im Beschwerdeverfahren versichert hat, der Antragsteller werde in einer anderen geeigneten Schule am Ort Aufnahme finden. Dazu gehören dann auch entsprechende Vorkehrungen, dass diese Aufnahme dem Antragsteller einen diskriminierungsfreien Neuanfang erlaubt. Dies gilt insbesondere auch für die Möglichkeit der vor Beginn der Klasse 12 anstehenden Fächerwahl. Zu berücksichtigen ist unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit auch, dass es dem Antragsteller im Verlauf dieses Verfahrens möglich war, das laufende Schuljahr regulär zu beenden.
13 
Da somit auf der Grundlage des nach Aktenlage feststellbaren Sachverhalts auch unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes der Schulausschluss des Antragstellers als ermessensfehlerfreie Entscheidung getroffen werden kann und im Rahmen des noch nicht abgeschlossenen Widerspruchsverfahrens eine solche Entscheidung zu erwarten ist, bewertet der Senat das Vollzugsinteresse des Antragsgegners und Beschwerdeführers höher als das Suspensivinteresse des Antragstellers. Daher ist der Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 06.04.2009 zu ändern und der Antrag des Antragstellers auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 16.03.2009 abzulehnen.
14 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
15 
Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren beruht auf §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 2 GKG. Da die vorliegende Entscheidung in Anbetracht der Klassenstufe des Antragstellers und seines anstehenden Übertritts in die Klasse 12 eine Entscheidung in der Hauptsache faktisch vorwegnimmt, ist auch für das vorliegende Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes der Auffangwert in voller Höhe festzusetzen. Der Streitwert des Ausgangsverfahrens wird entsprechend von Amts wegen geändert (§§ 63 Abs. 3 Satz 1, 47 Abs. 2 Satz 1 GKG).
16 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 Satz 5, 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 16. Oktober 2006 - 9 K 1345/06 - wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500,-- EUR festgesetzt.

Gründe

 
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Mit Recht hat es das Verwaltungsgericht abgelehnt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid des Schulleiters der Grund- und Hauptschule ... vom 29.06.2006, mit dem der Antragsteller vom weiteren Besuch der Schule ausgeschlossen wurde, gemäß § 80 Abs. 5 VwGO anzuordnen.
Denn der gegen diese kraft Gesetzes sofort vollziehbare Verfügung (vgl. § 90 Abs. 3 Satz 3 SchulG) gerichtete Widerspruch wird nach der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage aller Voraussicht nach ohne Erfolg bleiben. Ein dem besonderen Vollzugsinteresse entgegenstehendes Interesse des Antragstellers, gleichwohl von der Vollziehung dieser Verfügung verschont zu bleiben, vermag der Senat - ebenso wie das Verwaltungsgericht - nicht zu erkennen. Die dem Beschwerdegericht obliegende Prüfung der mit der Beschwerde dargelegten Gründe ergibt keine andere Beurteilung (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO).
Soweit der Antragsteller vorträgt, der Schulausschluss sei formell rechtswidrig und in diesem Zusammenhang in Zweifel zieht, ob vor Verfügung des Schulausschlusses die gemäß § 90 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2g SchulG erforderliche Anhörung der Klassenkonferenz erfolgt ist, übersieht er, dass nach seinem eigenen Vortrag (vgl. etwa den erstinstanzlichen Schriftsatz vom 16.10.2006) eine solche Anhörung am 29.06.2006 stattgefunden und an ihr sogar sein Vater teilgenommen hat. Der Umstand, dass hierüber erst am 12.10.2006 ein Protokoll erstellt wurde, ändert daran nichts. Der Antragsteller dringt auch nicht mit der Behauptung durch, seine Erziehungsberechtigten seien vor der Entscheidung über den Schulausschluss nicht ordnungsgemäß im Sinne von § 90 Abs. 7 Satz 2 SchulG angehört worden. Die Einladung zur Klassenkonferenz vom 27.06.2006 ist an die Familie des Antragstellers gerichtet gewesen. Damit hat der Schulleiter gemäß § 90 Abs. 7 Satz 2 SchulG den Erziehungsberechtigten „Gelegenheit zur Anhörung“ gegeben. Wird diese Gelegenheit nicht von allen Erziehungsberechtigten genutzt, stellt dies keinen Verfahrensfehler dar. Ausweislich des Protokolls der Klassenkonferenz war Gegenstand der Erörterung, an der der Vater des Antragstellers teilgenommen hat, auch der mögliche Schulausschluss. Dies ergibt sich ebenfalls daraus, dass der Vater des Antragstellers sich in der Konferenz für dessen Verbleiben an der Schule ausgesprochen hat. Der Antragsteller hat dies nicht substantiiert in Zweifel gezogen. Soweit er in seinem Schriftsatz vom 16.10.2006 ausführt, sein Vater sei „von der Klassenkonferenz verabschiedet“ worden, ohne dass ihm „im einzelnen mitgeteilt worden sei, was seitens der Schule beabsichtigt sei“, begründet dies solche Zweifel nicht. Eine entsprechende „Absicht“, nämlich die Empfehlung, den Antragsteller von der Schule auszuschließen, hat die Klassenkonferenz ausweislich des Protokolls zwar erst gefasst, nachdem der Vater des Antragstellers den Raum verlassen hatte. Eine erneute Anhörung hierzu sieht das Schulgesetz aber nicht vor. Soweit der Antragsteller geltend macht, seine Erziehungsberechtigten seien von der Möglichkeit des § 90 Abs. 4 Satz 1 SchulG, vor dem Schulausschluss die Anhörung der Schulkonferenz zu beantragen, nicht informiert worden, ergibt sich aus einem vom Antragsteller nicht substantiiert angegriffenen Vermerk des Schulleiters (BAS. 21), dass anlässlich der Klassenkonferenz vom 29.06.2006 auch hierüber informiert wurde.
Das Verwaltungsgericht ist auch zu Recht von der materiellen Rechtmäßigkeit der angefochtenen Verfügung ausgegangen. Es hat das von dem zum Zeitpunkt der Tat 12 Jahre alten Antragsteller zusammen mit zwei älteren Mitschülern mittels eines zuvor entwendeten Schlüssels verübte nächtliche Eindringen in die Grund- und Hauptschule ..., das u.a. in der Absicht erfolgt ist, Schülerausweisvordrucke, die mit falschen Angaben versehen werden sollten, zu entwenden, zutreffend als schweres Fehlverhalten im Sinne des § 90 Abs. 6 Satz 1 SchulG (s. dazu auch Senat, Beschl. vom 22.10.2003 - 9 S 2277/03 -, NJW 2004, 89; vom 04.07.2006, - 9 S 1196/06 -) gewertet.
Diese Einschätzung wird insbesondere durch die bloße Behauptung des Antragstellers, es liege ein jugendtypisches Fehlverhalten vor, nicht in Frage gestellt, zumal das Verwaltungsgericht bei seiner Wertung das Alter des Antragstellers und einen gewissen Gruppendruck durchaus berücksichtigt hat. Auch ändert das - zwischen den Beteiligten umstrittene - Nachtatverhalten des Antragstellers entgegen dessen Auffassung an der Schwere des Fehlverhaltens nichts.
Das Verwaltungsgericht hat durch dieses schwere Fehlverhalten auch zu Recht die Erfüllung der Aufgabe der Schule als gefährdet gesehen und weiter angenommen, dass das Verbleiben des Antragstellers in der Schule eine Gefahr für die Erziehung und Unterrichtung der Mitschüler befürchten lasse (§ 90 Abs. 6 S. 1, 2 SchulG). Es hat diese Gefahren - anders als der Antragsteller - durch dessen Nachtatverhalten nicht abgewendet, sondern verstärkt gesehen und in diesem Zusammenhang angenommen, dass der Antragsteller nach der Tat aus eigenem Antrieb keine Einsicht gezeigt hat. Dies deckt sich mit der Angabe des Antragstellers bei der polizeilichen Vernehmung, er habe gestanden, weil er gewusst habe, dass „es sowieso irgendwann raus kommt“. Dem hat der Antragsteller lediglich entgegengehalten, er habe von sich aus ein Geständnis abgelegt und den von ihm entwendeten Kugelschreiben zurückgegeben. Dies steht jedoch im Widerspruch zu den detaillierten und vom Antragsteller nicht substantiiert in Zweifel gezogenen Angaben des Klassenlehrers des Antragstellers (VG -AS 44/45). Danach hat dieser aus der Mitte der Klasse erfahren, dass der Antragsteller an dem Einbruch beteiligt gewesen sei. Er hat daraufhin zwei Mitglieder der bereits bekannten Gruppe - die weitere Einbrüche in das Schulgebäude verübt hatte - angesprochen und darauf hingewiesen, dass er wisse, dass ein weiterer Schüler, der ihm namentlich bekannt sei, auch noch beteiligt gewesen sei. Dieser solle sich offenbaren. Nachdem keine Reaktion erfolgt war, hat der Klassenlehrer den Antragsteller am darauf folgenden Schultag direkt angesprochen und gefragt, ob er ihm nicht etwas sagen wolle. Daraufhin hat der Antragsteller das Geständnis abgelegt. Die Rückgabe des vom Antragsteller entwendeten Kugelschreibers ist erfolgt, nachdem der Klassenlehrer die ganze Gruppe gemeinsam aufgefordert gehabt hatte, die Sachen innerhalb einer von ihm gesetzten Frist auf seinen Schreibtisch zu legen. Dass der Antragsteller sich - anders als das Verwaltungsgericht angenommen hat - nach Aktenlage im Gegensatz zu den übrigen sechs Gruppenmitgliedern nicht mit seiner polizeilichen Vernehmung gebrüstet hat, begründet kein anderes Ergebnis.
Das Verwaltungsgericht hat auch zu Recht angenommen, die angegriffene Schulausschlussverfügung sei verhältnismäßig, insbesondere erforderlich. Es hat in diesem Zusammenhang ausgeführt, dass rein pädagogische Erziehungsmaßnahmen nicht ausreichend seien, mithin also - anders als der Antragsteller meint - mildere Mittel erwogen. Soweit die Beschwerde „anderweitige Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen“ für ausreichend hält, versäumt sie es, diese konkret zu benennen. Soweit sie schließlich davon ausgeht, der Antragsteller sei „durch die Umstände in ausreichender Weise beeinträchtigt und beeindruckt“, verkennt sie bereits, dass Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen eine weiter gesteckte Zielsetzung haben, also einem anderen legitimen Zweck, nämlich nach § 90 Abs. 1 SchulG der Verwirklichung des Erziehungs- und Bildungsauftrags der Schule, der Erfüllung der Schulbesuchspflicht, der Einhaltung der Schulordnung und dem Schutz von Personen und Sachen innerhalb der Schule dienen.
Soweit die angefochtene Verfügung möglicherweise deshalb ermessensfehlerhaft ergangen ist, weil sie unzutreffend davon ausgeht, dass bei dem streitgegenständlichen Einbruch Geld entwendet worden sei, begründet dies ebenfalls keine Erfolgsaussicht für den Widerspruch, denn der Antragsgegner hat seinen Bescheid in Kenntnis dieser Umstände aufrecht erhalten und damit bestätigt und wird deshalb voraussichtlich bei der zu treffenden Widerspruchsentscheidung den Schulausschluss auch bei diesem Hintergrund weiter aufrecht erhalten (vgl. auch die Ausführungen hierzu im Schriftsatz vom 28.11.2006).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts für das Beschwerdeverfahren folgt aus §§ 63 Abs. 2, 47 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG.
10 
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Vor Erhebung der Anfechtungsklage sind Rechtmäßigkeit und Zweckmäßigkeit des Verwaltungsakts in einem Vorverfahren nachzuprüfen. Einer solchen Nachprüfung bedarf es nicht, wenn ein Gesetz dies bestimmt oder wenn

1.
der Verwaltungsakt von einer obersten Bundesbehörde oder von einer obersten Landesbehörde erlassen worden ist, außer wenn ein Gesetz die Nachprüfung vorschreibt, oder
2.
der Abhilfebescheid oder der Widerspruchsbescheid erstmalig eine Beschwer enthält.

(2) Für die Verpflichtungsklage gilt Absatz 1 entsprechend, wenn der Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts abgelehnt worden ist.

(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.

(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.

(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.

(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.

(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.

(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.

(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.

(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.