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Im Berufungsverfahren begehrt die Klägerin die Feststellung, dass ihr bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans „Neuordnung T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ der Stadt R. ein Anspruch auf baurechtliche Genehmigung für den Neubau eines Lebensmittelmarktes auf ihrem Grundstück zugestanden habe.
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Am 15.06.2000 beantragte die Klägerin bei der Beklagten die Erteilung einer Baugenehmigung zum Neubau eines Lebensmittelmarktes auf dem Grundstück Flst.Nr. ... in R., F.-Sch.-Straße 20, mit 97 oberirdischen Stellplätzen. Der damals geltende Bebauungsplan „Neuwiesenstraße, Schillerstraße und Ziegelstraße“ (Änderung vom 28.06.1965) setzte für das Baugrundstück ein Gewerbegebiet fest. Bis Ende 1999 befand sich dort die Betriebstätte der Süßwarenbäckerei T.-Werk GmbH & Co. KG; die Betriebsgebäude stehen nach wie vor. Mit Schreiben des Bauordnungsamts der Beklagten vom 27.06.2000 wurde die Klägerin darauf hingewiesen, dass die Stellplätze und die Zufahrt zu den Stellplätzen 87 bis 97 teilweise außerhalb der Baulinie und der überbaubaren Fläche lägen, eine Befreiung hierfür nicht in Aussicht gestellt werde und die Planung zu ändern sei. In der Folgezeit hat die Klägerin ihren Antrag nicht dahin gehend geändert.
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Am 27.07.2000 kaufte die Klägerin das Grundstück. Zuvor war mit Verfügung vom 21.07.2000 die Entscheidung über den Baugenehmigungsantrag um zwölf Monate zurückgestellt worden; die Verfügung wurde der Klägerin am 28.07.2000 zugestellt.
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Am 02.07.2001 beschloss der Gemeinderat der Beklagten eine Veränderungssperre für das Baugrundstück, in der als Planziel unter anderem die „Unterbringung der Stellplätze in erdüberdeckten Tiefgaragen“ angegeben wird (öffentliche Bekanntmachung: 13.07.2001). Am 10.06.2002 beschloss der Gemeinderat, die Veränderungssperre um ein Jahr zu verlängern (öffentliche Bekanntmachung: 18.06.2002). Am 14.07.2003 beschloss der Gemeinderat mit Zustimmung des Regierungspräsidiums Tübingen, die Veränderungssperre um ein weiteres Jahr auf dann insgesamt vier Jahre zu verlängern (öffentliche Bekanntmachung: 18.07.2003).
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Die Beklagte lehnte den Baugenehmigungsantrag mit Bescheid vom 20.8.2002 mit der Begründung ab, das Vorhaben widerspreche den mit der Veränderungssperre gesicherten Planungszielen. Das Regierungspräsidium Tübingen wies den Widerspruch der Klägerin mit Bescheid vom 21.01.2004 aus denselben Gründen zurück; der Widerspruchsbescheid wurde der Klägerin am 23.01.2004 zugestellt.
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Am 24.01.2004 hat die Klägerin Klage erhoben mit dem Antrag,
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die baurechtliche Entscheidung der Stadt Ravensburg vom 20. August 2002 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21. Januar 2004 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die mit Antrag vom 9. Juni 2000 begehrte Baugenehmigung für den Neubau eines Lebensmittelmarktes zu erteilen, hilfsweise, über den Antrag erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden.
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Am 01.12.2003 beschloss der Gemeinderat den Bebauungsplan „Neuordnung T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ als Satzung, dessen Festsetzungen etwa zur Unterbringung von Stellplätzen in Tiefgaragen dem Vorhaben der Klägerin widerspricht. Der Bebauungsplan wurde am 17.04.2004 ortsüblich bekannt gemacht.
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Daraufhin stellte die Klägerin den - weiteren - Hilfsantrag
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festzustellen, dass ihr in der Zeit vom 28. Juli 2003 bis zum 14. April 2004 ein Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung zustand.
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Das Verwaltungsgericht Sigmaringen hat die Klage mit Urteil vom 16.03.2005 - 4 K 200/04 - abgewiesen. Zur Begründung wird ausgeführt:
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Die Verpflichtungsklage bleibe erfolglos, weil der Bebauungsplan „Neuordnung T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ wirksam sei und dem Vorhaben entgegenstehe. Der Hilfsantrag auf Feststellung der Genehmigungsfähigkeit des Lebensmittelmarktes sei als Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig. Der ursprüngliche Streitgegenstand werde nicht ausgewechselt und im Hinblick auf den geplanten Amtshaftungsprozess bestehe auch ein Feststellungsinteresse. Der Klägerin habe jedoch in der Zeit vom 28.07.2003 bis zum 17.04.2004 kein Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung für den Lebensmittelmarkt zugestanden, weil die am 02.07.2001 erlassene und am 10.06.2002 sowie nochmals am 14.07.2003 verlängerte Veränderungssperre für das Grundstück Flst.Nr. ... dem entgegengestanden habe. Die Voraussetzungen für den Erlass der Veränderungssperre hätten vorgelegen. Formelle Mängel seien nicht ersichtlich. Die Veränderungssperre beziehe sich auch auf eine hinreichend konkretisierte Planung.
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Die weitere (zweite) Verlängerung der Veränderungssperre am 14.07.2003 stelle keine unwirksame „Vorratsplanung“ dar. Zwar habe die allgemeine Geltungsdauer der am 02.07.2001 beschlossenen und am 14.07.2001 bekannt gegebenen Veränderungssperre gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BauGB am 14.07.2003 und die allgemeine Geltungsdauer der ersten Verlängerung um ein Jahr gemäß § 17 Abs. 1 Satz 3 BauGB erst am 15.07.2004 geendet. Gleichwohl sei die weitere Verlängerung bereits am 14.07.2003 erforderlich gewesen. Denn hinsichtlich des Grundstücks der Klägerin habe die einjährige Zurückstellung des Baugesuchs gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 BauGB auf die Geltungsdauer angerechnet werden müssen, so dass der Klägerin die beantragte Baugenehmigung ohne die erneute Verlängerung hätte erteilt werden müssen mit der Folge, dass die Planung der Beklagten gescheitert wäre. Es sei nicht auf die allgemeine Geltungsdauer der Veränderungssperre abzustellen sondern allein darauf, ob besondere Umstände im Sinne des § 17 Abs. 2 BauGB eine weitere Verlängerung der Veränderungssperre gegenüber der Klägerin auf insgesamt vier Jahre gerechtfertigt hätten. Das sei der Fall. Es hätten außergewöhnliche, von der Beklagten nicht zu vertretende Umstände vorgelegen, die zu einer Verzögerung des Verfahrensablaufs geführt und die weitere Verlängerung notwendig gemacht hätten. Die ursprüngliche Eigentümerin des Grundstücks, die T.-Werk KG, habe nach Aufgabe von Produktion und Standort zunächst eine Wohnnutzung angestrebt. Diesen Vorstellungen habe der Aufstellungsbeschluss vom 14.06.2000 entsprochen, der die Ausweisung eines allgemeinen Wohngebietes vorgesehen habe. Die Klägerin, die das Grundstück am 27.07.2000 gekauft habe, habe abweichend hiervon jedoch eine rein gewerbliche Nutzung realisieren wollen, und zwar in einer Weise, die mit den städtebaulichen Zielsetzungen der Beklagten zumindest teilweise nicht zu vereinbaren gewesen sei. Somit habe geprüft werden müssen, ob die zunächst geplante und vom ursprünglichen Eigentümer mitgetragene völlige Entziehung der gewerblichen Nutzungsmöglichkeit noch habe durchgesetzt werden können. Erst nachdem insofern die rechtlichen Grenzen durch das Gutachten B. aufgezeigt worden seien, habe eine Umplanung unter Berücksichtigung der Belange der Klägerin in Angriff genommen werden können. Diese Umplanung habe sich dann dadurch verzögert, dass die Klägerin bereit gewesen sei, von ihren auf eine rein gewerbliche Nutzung zielenden Vorstellungen abzugehen und eine Bebauung des Grundstücks durch einen Dritten zu akzeptieren, wenn ihr im Gegenzug die Beklagte einen Ersatzstandort für den Lebensmittelmarkt in der Jahnstraße ermögliche. Die Beklagte habe die weitere Planung für das Baugrundstück von der Klärung dieser alternativen Lösung abhängig machen dürfen, weil diese eine Wohnnutzung des Baugrundstücks als möglich habe erscheinen lassen, was ihren städtebaulichen Vorstellungen weit eher entsprochen hätte. Ohne den Grundstückskauf der Klägerin hätte das Planverfahren mithin in wesentlich kürzerer Frist abgewickelt werden können. Der Beklagten könnten auch keine vermeidbaren Verzögerungen vorgeworfen werden. Das gelte insbesondere für den Zeitraum zwischen der Vorlage des schalltechnischen Gutachtens am 09.10.2002 und dem Auslegungsbeschluss vom 19.03.2003, während dessen ein weiteres Rechtsgutachten von Prof. B. eingeholt worden sei, das an die Planer zur „themenbezogenen Überprüfung“ habe übersandt werden müssen. Denn der komplett veränderte Planentwurf sei noch nicht rechtlich beurteilt worden. Außerdem habe Prof. B. in seiner ersten Stellungnahme die vorliegenden Erkenntnisse als unzureichend bemängelt. Zudem habe am 30.01.2003 eine weitere Besprechung zwischen der Klägerin und der Beklagten zur Frage einer Alternativlösung stattgefunden.
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Gegen das am 08.07.2005 zugestellte Urteil legte die Klägerin am 08.08.2005 Berufung ein. Auf Antrag vom 05.09.2005 wurde die Berufungsbegründungsfrist zunächst bis 24.10.2005 und auf weiteren Antrag vom 10.10.2005 bis 15.11.2005 verlängert. Am 04.11.2005/24.03.2006 hat die Klägerin den Antrag gestellt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 16. März 2005 - 4 K 200/04 - zu ändern und festzustellen, dass ihr in der Zeit vom 30. Juli 2003 bis zum 14. April 2004 ein Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung zustand,
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hilfsweise festzustellen,
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dass ihr in der Zeit vom 30. Juli 2003 bis zum 14. April 2004 ein Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung mit Ausnahme der Stellplätze Nr. 46 bis 69 zustand.
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Sie begründet die Berufung wie folgt: Es komme nicht darauf an, ob das Feststellungsinteresse dadurch entfallen sei, dass das Verwaltungsgericht die Frage der Genehmigungsfähigkeit des Lebensmittelmarktes im fraglichen Zeitraum als Kollegialorgan verneint habe und es daher offensichtlich am Verschulden der zuständigen Behörde fehle. Denn sie könne diese negative Feststellung des Verwaltungsgerichts nur im Wege der Berufung beseitigen und dürfe nicht rechtsschutzlos gestellt werden. Vor diesem Hintergrund müsse das Feststellungsinteresse gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als besondere Ausprägung des allgemeinen Rechtsschutzinteresses bejaht werden. Im Übrigen sei das Feststellungsinteresse auch unabhängig davon nicht entfallen, weil die Beklagte selbst um die unangemessen lange Verfahrensdauer gewusst habe. Außerdem bestehe Wiederholungsgefahr, weil die Beklagte im Bebauungsplanverfahren „Gewerbegebiet zwischen Jahnstraße und Bahnlinie“ in derselben Weise vorgehen werde wie hier, falls sie dort einen Lebensmittelmarkt realisieren wolle.
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In dem zur Überprüfung gestellten Zeitraum habe keine wirksame Veränderungssperre mehr bestanden. In den Sitzungsvorlagen zur Verlängerung der Veränderungssperre sei als Zeitpunkt des Außerkrafttretens der bisherigen Veränderungssperre jeweils der Tag genannt worden, an dem die Frist gegenüber der Klägerin wegen der individuellen Anrechnung der Zurückstellung des Baugesuchs abgelaufen sei, obwohl die Veränderungssperre nach ihrer allgemeinen Geltungsdauer noch ein Jahr länger in Kraft gewesen sei, was auch im Satzungstext selbst zum Ausdruck komme. Mithin habe sich der Normsetzungswille des Gemeinderats nicht auf den - maßgeblichen - Zeitraum der allgemeinen (objektiven) Geltungsdauer der Veränderungssperre bezogen. An der Unwirksamkeit der Verlängerungen würde sich auch für den Fall nichts ändern, dass der Gemeinderat die längere, allgemeine Geltungsdauer zwar erkannt, die Veränderungssperre jedoch bewusst ein Jahr vor deren Ablauf habe verlängern wollen. Denn dann wäre der Satzungsbeschluss verfrüht „auf´s Geratewohl“ erfolgt, ohne dass der Gemeinderat die Erforderlichkeit der Verlängerung zu dem Zeitpunkt hätte beurteilen können, zu dem sie infolge Ablaufs der allgemeinen Geltungsdauer erst notwendig geworden wäre. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die vorzeitige Verlängerung der Veränderungssperre entsprechend der individuellen Geltungsdauer auch nicht zur effektiven Sicherung der Bebauungsplanung erforderlich gewesen. Denn nach ständiger Rechtsprechung könne sich der einzelne Grundstückseigentümer solange nicht auf einen nur ihm gegenüber eingetretenen Ablauf der Geltungsdauer der Veränderungssperre infolge individueller Anrechnung von Zurückstellungszeiten berufen, als die Möglichkeit zur Verlängerung ihm gegenüber bestehe.
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Auch hätten die Voraussetzungen des § 17 Abs. 2 BauGB für eine weitere Verlängerung der Veränderungssperre nicht vorgelegen. Die Notwendigkeit einer Umplanung unter Berücksichtigung geänderter Nutzungsvorstellungen des neuen Eigentümers stelle keine Besonderheit dar. Die Planung sei auch nicht durch eine „im Raum stehende“ Alternativlösung - Bau des Lebensmittelmarktes an der Jahnstraße und im Gegenzug Wohnbebauung auf dem Baugrundstück - erschwert worden. Hierzu habe bereits am 11.04.2001 ein Gespräch stattgefunden. Die Beklagte habe die Alternativlösung jedoch dann nicht mehr näher geprüft, sondern stattdessen mit dem Aufstellungsbeschluss vom 21.11.2001 für den Bebauungsplan „Gewerbegebiet zwischen Jahnstraße und Bahnlinie“ reagiert. Ziel sei bereits damals die Verhinderung von Einzelhandelsbetrieben an der Jahnstraße gewesen, wie sich dem Artikel in der Schwäbischen Zeitung vom 24.11.2001 entnehmen lasse. In der Folgezeit sei sie mit ihren Bemühungen um eine Alternativlösung dann nur noch hingehalten worden. Tatsächlich sei längst entschieden gewesen, dass eine Umsiedlung des Lebensmittelmarktes auf das Grundstück Jahnstraße nicht in Betracht komme. Dementsprechend heiße es auch in der Begründung des Planentwurfs vom 23.04.2002, dass der Ersatzstandort Jahnstraße/Goethestraße als „nicht integrierter“ Standort nicht im Einklang mit den Zielen des Einzelhandelskonzeptes vom 06.03.2002 stehe. Zwar habe auf ihre Veranlassung am 30.01.2003 nochmals ein Gespräch über eine Alternativlösung stattgefunden. Auf Seiten der Beklagten habe dazu jedoch ernsthaft keine Bereitschaft mehr bestanden. Dementsprechend sei ihr Alternativvorschlag auch in der Begründung des vom 31.03. bis 02.05.2003 öffentlich ausgelegten Planentwurfs erneut abgelehnt worden. Gleichwohl habe die Beklagte mit Schreiben vom 03.06.2003 das Regierungspräsidium um Zustimmung zur weiteren Verlängerung der Veränderungssperre gebeten mit der - wahrheitswidrigen - Begründung, dies sei für die Erarbeitung einer Lösung erforderlich, die sowohl die Errichtung eines Lebensmittelmarktes als auch die Wahrung der städtebaulichen Zielsetzungen ermögliche. Tatsächlich sei in dieser Richtung in der Folgezeit nichts geschehen. Im Übrigen sei es mit dem Eigentumsrecht nicht vereinbar, dass eine Stadt mit 50.000 Einwohnern, die über einen eigenen, auf dem Gebiet des Bauplanungsrechts geschulten Volljuristen verfüge, zu Lasten eines von der Veränderungssperre betroffenen Grundstückseigentümers einen externen Gutachter mit der Prüfung der Frage beauftrage, ob es möglich sei, im Plangebiet statt der bisher zulässigen gewerblichen Nutzung Wohnnutzung festzusetzen, und in welchem Umfang gegebenenfalls Entschädigungsansprüche entstehen könnten. Es komme hinzu, dass das Gutachten dann erst am 27.02.2001, also acht Monate nach dem Aufstellungsbeschluss, erstellt worden sei. Es gehe nicht an, zu Lasten des in der Ausnutzung seines Grundeigentums blockierten Eigentümers einen - überlasteten - Gutachter zu beauftragen, der allein für die Prüfung planungsrechtlicher Vorfragen ein Drittel der Regeldauer einer Veränderungssperre benötige. Ähnlich verhalte es sich mit dem im Mai 2001 in Auftrag gegebenen Einzelhandelsgutachten für die Stadt Ravensburg vom 06.03.2002; die Beklagte habe bereits mit dem Aufstellungsbeschluss vom 28.06.2000 zum Ausdruck gebracht, dass sie auf dem Baugrundstück keinen (Lebensmittel-) Einzelhandelsbetrieb wünsche. Hätte daher die Beklagte zu Beginn des Planverfahrens ihr eigenes Rechtsamt oder jedenfalls einen weniger überlasteten Gutachter mit der Prüfung der planungsrechtlichen Vorfragen beauftragt, hätte sie den geänderten Planentwurf deutlich vor Juli 2002 fassen können mit der Folge, dass das Bauleitplanverfahren innerhalb der bis Ende Juli 2003 währenden Drei-Jahres-Frist hätte abgeschlossen werden können. Zumindest hätte die weitere Verlängerung nicht ohne Weiteres für die gesetzliche Höchstdauer von vier Jahren beschlossen werden dürfen. Dass diese Geltungsdauer zu lange bemessen gewesen sei, zeige sich daran, dass sie nicht habe ausgeschöpft werden müssen.
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Ihrem Anspruch auf Genehmigung des Lebensmittelmarktes habe bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans „Neuordnung T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ auch nicht der bis dahin geltende Bebauungsplan „ Neuwiesenstraße, Schillerstraße und Ziegelstraße“ entgegen gestanden. Zwar habe ihr Vorhaben wohl dessen Festsetzungen widersprochen, weil die in den Bauvorlagen eingetragenen 24 Stellplätze Nrn. 46 bis 69 innerhalb der nicht überbaubaren Grundstücksfläche gelegen hätten. Dieser Bebauungsplan sei jedoch wegen eines Ausfertigungsmangels unwirksam gewesen. Weder der zeichnerische Teil des Plans noch die Satzung noch die Niederschrift über die Sitzung des Gemeinderats seien von dem zur Ausfertigung allein befugten Oberbürgermeister unterzeichnet worden. Selbst wenn die amtliche Bekanntmachung des Plans vom Oberbürgermeister unterzeichnet worden sein sollte, fehle es an der „gedanklichen Schnur“ zum Bebauungsplan selbst. Der diesem Bebauungsplan vorangegangene Plan „Ortsbauplan für das Gebiet zwischen Rudolf-, Olga-, Schiller- und Ziegelstraße“ von 1953 habe keine ihrem Vorhaben entgegen stehende Festsetzungen enthalten. Der geplante Lebensmittelmarkt sei mithin bis zum Inkrafttreten des Bebauungsplans „Neuordnung T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ im April 2004 nach § 34
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Abs. 1 BauGB zu beurteilen gewesen. Bei der näheren Umgebung habe es sich um eine durch Wohnbebauung, Gewerbebetriebe und einen Industriebetrieb (T.-Werk) geprägte Gemengelage gehandelt, in welcher die Wohnbebauung bestenfalls die Schutzwürdigkeit eines Mischgebiets in Anspruch habe nehmen können. In diesen Rahmen habe sich ihr Vorhaben eingefügt.
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Sollte der Bebauungsplan „Neuwiesenstraße, Schillerstraße und Ziegelstraße“ von 1965 wirksam gewesen sein, sei jedenfalls der Hilfsantrag begründet. Denn bei Verzicht auf die Stellplätze Nrn. 46 bis 69 hätte das Vorhaben dessen Festsetzungen nicht widersprochen. Ein solcher Verzicht wäre auch ohne weiteres möglich gewesen, ohne das Bauvorhaben in seiner Identität in Frage zu stellen; die Baurechtsbehörde hätte beachten müssen, dass der Bauantrag insoweit teilbar gewesen sei und der genehmigungsfähige Teil des Vorhabens hätte genehmigt werden müssen.
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die Berufung als unzulässig zu verwerfen oder zurückzuweisen.
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Sie führt aus: Die Berufung sei mangels Fortsetzungsfeststellungsinteresses unzulässig. Das Verwaltungsgericht habe als Kammer entschieden, dass sie sich rechtmäßig verhalten habe und der Klägerin kein Anspruch auf Erteilung der Baugenehmigung für den Lebensmittelmarkt zugestanden habe, so dass die beabsichtigte Amtshaftungsklage mangels Verschuldens offensichtlich aussichtslos sei. Unabhängig davon habe der Klägerin im fraglichen Zeitraum wegen der Veränderungssperre auch in der Sache kein Anspruch auf Genehmigungserteilung zugestanden. Der Normsetzungswille des Gemeinderats bei Verlängerung der Veränderungssperre habe sich auf die individuelle Geltungsdauer gegenüber der Klägerin bezogen und decke sich daher mit der in der Begründung angegebenen Geltungsdauer. Da sich die Veränderungssperre nur auf das Baugrundstück der Klägerin bezogen habe, habe auch kein Anlass für eine davon abweichende Bestimmung der allgemeinen Geltungsdauer bestanden. Auch das Regierungspräsidium sei bei seiner Zustimmung zur weiteren Verlängerung zutreffend von einer individuellen Berechnung der Geltungsdauer ausgegangen. Die Erforderlichkeit einer Verlängerung der Veränderungssperre könne zur effektiven Sicherung der Planung auch aus dem individuellen Ablauf der Geltungsdauer hergeleitet werden. Dem stehe nicht entgegen, dass sich ein Grundstückseigentümer nach der Rechtsprechung solange nicht auf eine individuelle Anrechnung des Zeitraums der Zurückstellung auf die Geltungsdauer der Veränderungssperre berufen könne, als diese ihm gegenüber noch verlängert werden könne. Denn zum einen entscheide über diese Möglichkeit einer Verlängerung nicht die Gemeinde, sondern die Baurechtsbehörde. Die Gemeinde könne folglich nur dann sicher sein, dass ein der Planung widersprechendes Vorhaben nicht realisiert werde, wenn sie befugt sei, die Veränderungssperre in Anlehnung an deren individuelle Geltungsdauer zu verlängern. Gemäß dem hier anzuwendenden § 17 Abs. 2 BauGB a.F. habe eine Veränderungssperre zum anderen nur mit Zustimmung des Regierungspräsidiums nochmals bis zu insgesamt vier Jahren verlängert werden dürfen. Dieses Zustimmungserfordernis wäre ausgehöhlt worden, wenn bei individuellem Fristablauf die Möglichkeit einer weiteren Verlängerung durch die Baurechtsbehörde hätte geprüft werden können.
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Die von § 17 Abs. 2 BauGB vorausgesetzten „besonderen Umstände“ für eine weitere Verlängerung der Veränderungssperre hätten vorgelegen. Die Klägerin habe während der öffentlichen Auslegung (bis zum 02.05.2003) sehr umfangreiche Anregungen vorgebracht, die mit ihren städtebaulichen Zielsetzungen nicht ohne Weiteres vereinbar gewesen seien. Deshalb sei eine schwierige und komplexe Beratung in tatsächlicher und rechtlicher Sicht über eventuelle Planänderungen erforderlich gewesen. Es sei daher auch im Hinblick auf die notwendige Genehmigung des Bebauungsplans durch das Regierungspräsidium Tübingen klar gewesen, dass der Bebauungsplan bis zum individuellen Ablauf der Geltungsdauer der Veränderungssperre nicht rechtskräftig verabschiedet werden könne. Für die Unterstellung der Klägerin, sie sei von der Beklagten hingehalten worden, gebe es keine sachliche Grundlage. Das Planverfahren sei von Beginn an gegenüber der Klägerin transparent geführt worden; es sei stets angegeben worden, welche Schritte zur Lösungsfindung - etwa die Einholung von Gutachten - notwendig seien. Sie habe auch über einen langen Zeitraum hinweg ergebnisoffene Verhandlungsgespräche mit der Klägerin geführt. Schließlich könne nicht beanstandet werden, dass die zweite Verlängerung für ein ganzes Jahr erfolgt sei, weil eine kürzere Dauer wegen der noch durchzuführenden Abklärungen nicht abzusehen gewesen sei.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie die Bauakten der Beklagten und des Regierungspräsidiums Tübingen und die Akten zur Veränderungssperre sowie zu den Bebauungsplänen „Bebauungsplanänderung im Gebiet zwischen Neuwiesenstraße, Schillerstraße und Ziegelstraße“ und „Neuordnung T.-Areal/F.-Sch.-Straße“ Bezug genommen.
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