Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 14. Juni 2013 - 2 S 246/11

published on 14/06/2013 00:00
Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 14. Juni 2013 - 2 S 246/11
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Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25. Oktober 2010 - 12 K 527/09 - geändert.

Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger für die mit Antrag vom 21.9.2006 geltend gemachten Aufwendungen weitere Kassenleistungen i.H.v. 30,35 EUR zu gewähren. Der Bescheid der Beklagten vom 29.9.2006 und deren Widerspruchsbescheid vom 8.2.2007 werden aufgehoben, soweit sie dieser Verpflichtung entgegenstehen.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger ist B1-Mitglied der Beklagten mit einem Bemessungssatz von 30 %. Er begehrt Kassenleistungen für eine bei seiner Ehefrau durchgeführte Operation, bei der die Brüste verkleinert und zwei Hauttumore an Hals und Gesicht entfernt wurden.
Am 29.7.2005 bat die Ehefrau des Klägers die Beklagte um die Kostenübernahme für eine Brustverkleinerungsoperation (Mammareduktionsplastik). Nach einem von ihr vorgelegten vorläufigen Arztbrief des Klinikums Neustadt vom 4.5.2004 klage sie seit Jahren über bestehende Rückenschmerzen, Kopfschmerzen und submammäre Ekzeme in den Sommermonaten infolge übergroßer Brüste. Es lägen deutliche Einschnürungen der BH-Träger an den Schultern und ekzemartig veränderte Haut submammär vor. Im Laufe des Verwaltungsverfahrens legte sie des Weiteren die ärztliche Bescheinigung eines Facharztes für Orthopädie vom 7.12.2005 vor, in der ausgeführt wird: Aufgrund der anhaltenden Beschwerden im Bereich der gesamten Wirbelsäule verbunden mit Cephalgien werde aus orthopädischer Sicht dringend eine Brustverkleinerung beidseits empfohlen. Die erheblich vergrößerten Brüste zwängen die Ehefrau des Klägers in eine Zwangshaltung, durch die erhebliche Schmerzen und Verspannungen hervorgerufen würden. Falls eine Verkleinerung abgelehnt werde, sei mit einer dauerhaften Behandlungsbedürftigkeit im Bereich der Brustwirbelsäule zu rechnen. Der Erfolg einer konservativen Therapie sei aufgrund der großen Brüste fraglich.
Die Beklagte holte mehrere Privatgutachten bei der Gesellschaft für Medizinische Gutachten - IMB Consult - ein. In dem Gutachten vom 7.9.2005 heißt es zusammenfassend: Die vorgelegten fotografischen Abbildungen zeigten zwar eine große Brustform beidseits, jedoch keine Anhaltspunkte für das Vorliegen entzündlicher Veränderungen. Eine Entstellung liege nicht vor. Intertriginalekzembildungen könnten ausweislich des vorliegenden Bildmaterials nicht nachvollzogen werden. Das kritische Studium der vorgelegten fotografischen Abbildungen zeige im Bereich der Auflageflächen der BH-Träger allenfalls geringfügige Ausmuldungen, jedoch nicht die zur Beurteilung erforderlichen messerrückenscharfen Schnürfurchenbildungen. Das Argument, eine Gewichtsbelastung durch große Brustentwicklung belastete die Wirbelsäule und löse damit ursächlich eine Schmerzhaftigkeit oder Fehlstellung aus, sei nachgewiesenermaßen falsch.
Am 22.3.2006 ließ die Ehefrau des Klägers die Brustverkleinerungsoperation durchführen. Dabei wurden auch zwei Hauttumore an Gesicht und Hals entfernt.
Am 21.9.2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten Kassenleistungen für die aufgrund der Rechnungen der Klinikums Neustadt vom 3.4.2006, 15.5.2006 und 17.7.2006 über insgesamt 3.329,94 EUR und der Rechnung einer Arztpraxis über 48,20 EUR getätigten Aufwendungen. Von der durch das Klinikum Neustadt geltend gemachten Rechnungssumme entfielen 346,68 EUR auf die Entfernung der zwei Hauttumore; im Übrigen bezog sie sich auf die Brustverkleinerungsoperation.
Mit Bescheid vom 29.9.2006 lehnte die Beklagte die Gewährung von Kassenleistungen für die geltend gemachten Aufwendungen ab. Den Widerspruch des Klägers wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 8.2.2007 zurück.
Die am 19.2.2007 erhobene Klage des Klägers hat das Verwaltungsgericht Stuttgart mit Urteil vom 25.10.2010 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Die Ehefrau des Klägers habe nicht an einer Erkrankung der Brüste gelitten. Die diagnostizierte Makromastie sei als solche keine Krankheit. Die Brustgröße oder -schwere als solche könne nicht als Krankheit eingestuft werden; ein „Normalgewicht“ der weiblichen Brust gebe es nicht. Eine Krankheit liege aber im Hinblick auf die diagnostizierten orthopädischen Leiden vor. Darüber hinaus seien vereinzelt intertriginöse Veränderungen submammär und BH-Schnürfurchen diagnostiziert worden. Die durchgeführte Operation habe mittelbar der Bekämpfung dieser Krankheiten dienen sollen. Eine solche mittelbare Behandlung bedürfe jedoch einer besonderen Rechtfertigung. Werde in ein funktionell intaktes Organ eingegriffen, seien besonders strenge Anforderungen zu stellen. Darüber hinaus müssten alle anderen Behandlungsalternativen ausgeschöpft sein. Erforderlich hierfür seien grundsätzlich konzentriert durchgeführte und ärztlich begleitete umfassende Bemühungen, die zeitnah zur Operation erfolgten. Hierzu gehöre von Krankengymnasten durchgeführte und ärztlich begleitete Krankengymnastik, die über einen längeren Zeitraum durchgeführt werde. Solche ausreichenden Bemühungen seien bei der Ehefrau des Klägers nicht festzustellen. In zeitlicher Nähe zur durchgeführten Operation seien lediglich leichte Wirbelsäulengymnastik, Schulter-Arm-Gymnastik, Wirbelsäulengymnastik und Schulter-Arm-Gymnastik im Bewegungsbad während des Aufenthalts in der Paracelsius-Harz-Klinikum vom 14.2. bis zum 7.3.2005, einzelne krankengymnastische Teilbehandlungen am 30.9., 27.10. und 7.12.2005, die Teilnahme an der Mammakarzinomgymnastik und Einzelkrankengymnastik für die Wirbelsäule im Rahmen medizinischer Rehabilitation während des Aufenthalts in der Klinik Tecklenburger Land vom 14.2.2006 und 17.3.2006 nachgewiesen. Darüber hinaus habe es Massagen, Drainagen, Reizstrombehandlung, Extensionsbehandlung, Mikrowellenbehandlung und weitere ähnliche Behandlungen gegeben. Diese Behandlungen beträfen aber nur die Symptome und nicht die Ursachen der Beschwerden.
Die Schnürfurchen, die vereinzelt festgestellt worden seien, rechtfertigten keine andere Entscheidung. Auch insoweit seien andere Maßnahmen vorrangig, insbesondere das Tragen von BHs mit breiten Trägern. Dem von der Beklagten eingeholten Privatgutachten vom 9.8.2005 zufolge zeigten die dort vorgelegten fotografischen Abbildungen, dass die Auflageflächen der BH-Träger im Schulterbereich nur flach ausgemuldet seien. Auch die intertrigrinösen Veränderungen und das reizlose Ekzem submammär rechtfertigten keine andere Entscheidung. Da diese Ekzeme nur in den Sommermonaten bestünden bzw. reizlos seien, liege keine Erkrankung vor, die nach ihrer Art und Schwere einen Eingriff in die funktionell intakten Brüste rechtfertige. Dies gelte umso mehr, als nach den von der Beklagten eingeholten Privatgutachten keine Ekzeme festgestellt und Intertriginalekzembildungen ausweislich des Bildmaterials nicht nachvollzogen werden könnten.
Soweit orthopädische Beschwerden vorhanden seien, sei das Gericht darüber hinaus nicht zur Überzeugung gekommen, dass zwischen Größe und Gewicht der Brüste und den von der Ehefrau des Klägers beklagten Beschwerden ein Ursachenzusammenhang bestehe. Zur Begründung werde auf die Ausführungen im Urteil der Kammer vom 22.9.2010 - 12 K 3008/07 - verwiesen, das den Beteiligten bekannt sei. In diesem Urteil wird ausgeführt: Zwar komme der im vorliegenden Fall vom Gericht herangezogene Gutachter Prof. Dr. B. in seinem fachärztlichen Gutachten vom 28.7.2009 zum Ergebnis, es gebe eine Vielzahl von Studien, die die Korrelation zwischen Größe bzw. Schwere der Brust und orthopädischen Beschwerden bejahten und belegten. Diese Gutachten beruhten jedoch in beträchtlichem Umfang auf den subjektiven Einschätzungen der betroffenen Frauen. Darüber hinaus seien die Befragungen häufig retrospektiv, also nach Durchführung der Brustverkleinerung, durchgeführt worden. Alle diese Studien seien damit für die Annahme eines Ursachenzusammenhangs zwischen Größe bzw. Schwere der Brüste und orthopädischen Beschwerden nur von begrenzter Überzeugungskraft.
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Gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts richtet sich die vom Senat mit Beschluss vom 26.1.2011 zugelassene Berufung des Klägers.
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Der Senat hat ein Gutachten des Oberarztes der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie des Universitätsklinikums Heidelberg Dr. W. - Leiter der Sektion Wirbelsäulenchirurgie, spezielle orthopädische Chirurgie, Chirotherapie und Kinderorthopädie - eingeholt, das unter dem 10.10.2012 erstattet worden ist. Darin heißt es zusammenfassend: Die zum Zeitpunkt der Operation bekannte Literatur ergebe keine direkt messbaren ursächlichen Zusammenhänge zwischen Größe und Gewicht der Brust und dem Auftreten orthopädischer Leiden, insbesondere im Bereich der Wirbelsäule. In der Literatur fänden sich keine spezifischen Gewichte oder Größenangaben, die statistisch signifikant korrelierbar seien mit dem Auftreten von degenerativen Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule. Zwar seien statische Überlegungen genauso wie biomechanische Fragen des Gewichts in ihrer Auswirkung auf die genannten anatomischen Strukturen nachvollziehbar; eine eindeutige biomechanische Verbindung sei aber nicht ableitbar. Es gebe multiple Beeinflussungsgrößen des Rückenschmerzes, die nicht restlos morphologisch-anatomisch fassbar seien. Relevante Belastungen im Sinne psychosozialer Stressoren wie z.B. eine massive Belastung durch das empfundene Stigma einer großen Brust, aber auch die im Falle der Ehefrau des Klägers im Entlassungsbericht der Rehabilitationsklinik dargestellten Rezidivängste seien relevante, einen Rückenschmerz potenziell mitverursachende Fakten.
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Die bei der Ehefrau des Klägers festgestellte Pathologie der Wirbelsäule sei keinesfalls sicher mit der Größe der Brüste zu korrelieren. Eine entsprechende degenerative Pathologie trete unabhängig von der Größe des Brustvolumens regelmäßig im Alter der Ehefrau des Klägers auf. Die Ehefrau des Klägers habe sich nach Aktenlage zumindest im Jahre 2005 in kontinuierlicher orthopädischer konservativer Behandlung befunden. Das Behandlungsjournal gebe jedoch keinen Hinweis darauf, dass es sich bei einer der vorliegenden Behandlungsdiagnosen um eine spezifische Wirbelsäulenpathologie im Sinne eines Bandscheibenvorfalls oder einer Rückenmarkskanalenge oder einer Entzündung im Bereich der Wirbelsäule handle. Daraus ergebe sich, dass die Beschwerden eher unspezifischer Natur gewesen seien, die nicht eindeutig mit der Brustgröße korreliert werden könnten. Eine behandlungsbedürftige orthopädische Erkrankung habe jedoch vorgelegen. Es müsse davon ausgegangen werden, dass im konkreten Fall die Mammareduktionsplastik zu einer relevanten Beschwerdelinderung bei der Ehefrau des Klägers geführt habe.
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Die recht großen Brüste seien als Faktoren der Verschiebung des Körperschwerpunkts nach vorne wahrscheinlich. Die von Prof. Dr. B. dargestellten Studien könnten den guten Erfolg des Verfahrens der Mammareduktionsplas- tik auf das Schmerzempfinden und die funktionellen Fähigkeiten der Patientinnen darstellen. Daraus ergebe sich, dass gemäß der vorliegenden Literaturdatenlage eine Brustverkleinerungsoperation i.S.d. Mammareduktionsplas- tik in der Lage sei, Rückenschmerzen als orthopädisches Leiden suffizient zu therapieren. Daraus ergebe sich jedoch nicht grundsätzlich eine Kontraindikation zur Durchführung von konservativen Therapien. Das Problem der Beurteilung konservativer Therapien in der wissenschaftlichen Literatur liege in ihrer extrem heterogenen Anwendung. Es sei bereits schwierig, bestimmte konservative Therapien untereinander zu vergleichen. Nicht weniger schwierig sei es, in Studien konservative Therapien mit operativen Therapien zu vergleichen. Die multimodale Schmerztherapie sei in ihrer Effizienz als ein sehr erfolgreiches Therapieinstrument anzusehen und als alternative Behandlung denkbar. Bei der multimodalen Schmerztherapie handle es sich um ein etabliertes und auch erfolgversprechendes konservatives Therapieinstrument. Eine spezifische Multimodalschmerztherapie mit Fokus auf den Rückenschmerzen sei nicht durchgeführt worden.
14 
Der Kläger trägt zur Begründung seiner Berufung vor: Seine Ehefrau habe auch an Schnürfurchen und Hautekzemen gelitten. Das Verwaltungsgericht gehe zu Unrecht davon aus, dass die Schnürfurchen auf andere Weise als die Brustverkleinerungsoperation hätten verhindert werden können. Sie habe selbstverständlich BHs mit breitem Träger getragen. Selbst die breiten Träger hätten die entsprechenden Schnürfurchen verursacht. Die Einschnürungen der BH-Träger an den Schultern seien durch konservative Maßnahmen nicht dauerhaft zu behandeln gewesen.
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Das vom Senat eingeholte Sachverständigengutachten sei in seinen wissenschaftlichen Grundlagen zu Unrecht auf den Wissensstand des Jahres 2005/2006 beschränkt. Bei einer Verpflichtungsklage sei der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung maßgeblich. Daher gehe das Gutachten von teilweise veralteten, jedenfalls aber unvollständigen wissenschaftlichen Grundlagen aus. Inhaltlich behaupte der Sachverständige zwar, dass es keine direkt messbaren ursächlichen Zusammenhänge zwischen Größe und Gewicht der Brust und dem Auftreten orthopädischer Leiden gebe. Er schließe Ursachenzusammenhänge jedoch auch nicht aus, sondern halte statische Überlegungen genauso wie biomechanische Fragen des Gewichts in ihrer Auswirkung für nachvollziehbar. Er habe ausgeführt, dass es statisch-anatomisch durch die vermehrte Last zu einer Verschiebung des Körperschwerpunktes, des sog. „sagittalen Profils“ nach vorne komme. Im Falle der Ehefrau des Klägers benenne der Sachverständige keine alternativen Ursachen, die für das festgestellte orthopädische Leiden verantwortlich sein könnten. Gehe man von einer Beschwerdelinderung durch die Brustverkleinerungsoperation aus, folge daraus denknotwendigerweise, dass die Brust in ihrer ursprünglichen Größe und ihrem Volumen für die Beschwerden zumindest mitverantwortlich gewesen sei. Die Nichtdurchführung der multimodalen Schmerztherapie könne nicht zu Lasten der Ehefrau des Klägers gehen. Die Ehefrau des Klägers habe sämtliche ihr angebotenen konservativen Behandlungsmöglichkeiten wahrgenommen und durchgeführt. Die multimodale Schmerztherapie sei ihr nicht angeboten worden.
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Soweit sich der Sachverständige mit dem Gutachten von Prof. Dr. B. auseinandersetze, gehe er anscheinend fälschlicherweise davon aus, dass es sich um ein Gutachten handle, das die Ehefrau des Klägers betreffe. Tatsächlich sei dieses Gutachten in einem Parallelverfahren eingeholt worden. Die Ausführungen des Gutachters zu psychosozialen Stressoren, wonach eine große Brust als Stigma empfunden werde, gingen am Sachverhalt vorbei. Die Ehefrau des Klägers habe über einen längeren Zeitraum orthopädische Beschwerden im gesamten Bereich der Wirbelsäule gehabt, die nach der Brustverkleinerungsoperation nicht wieder aufgetreten seien. Die Überlegungen des Sachverständigen zur psychosomatischen Ursache für den Wunsch einer Brustverkleinerung seien möglicherweise bei jüngeren Patientinnen nachvollziehbar. Die Ehefrau des Klägers habe jedoch Jahrzehnte mit ihren großen Brüsten gelebt, bis die orthopädischen Beschwerden sie veranlasst hätten, die Brustverkleinerungsoperation durchzuführen. Sie habe sich in psychischer Hinsicht von ihrer Brustgröße nicht beeinträchtigt gesehen.
17 
Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 25.10.2010 - 12 K 527/09 - zu ändern und ihm für die mit Antrag vom 21.9.2006 geltend gemachten Aufwendungen weitere Kassenleistungen i.H.v. 998,44 EUR zu bewilligen sowie den Bescheid der Beklagten vom 29.9.2006 und deren Widerspruchsbescheid vom 8.2.2007 aufzuheben, soweit sie dieser Verpflichtung entgegenstehen.
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Die Beklagte beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
21 
Bezüglich der geltend gemachten Aufwendungen für die bei der Ehefrau des Klägers durchgeführte Brustverkleinerungsoperation beruft sich die Beklagte auf das eingeholte Sachverständigengutachten. Für die Exzision der Hauttumore sei der Gebührenansatz des behandelnden Arztes überhöht. Es seien nur kleinere und keine größeren Geschwülste entfernt worden, zudem habe es sich nur um einfache und nicht um schwierige Hautlappenplastiken gehandelt. Daher ergebe sich unter Berücksichtigung des 25%-igen Pauschalabzugs nach „§ 6 GOÄ“ (gemeint ist wohl § 6a Abs. 1 Satz 1 GOÄ) ein erstattungsfähiger Betrag von 101,15 EUR, unter Zugrundelegung des Bemessungssatzes von 30 % also ein möglicher Abhilfebetrag i.H.v. 30,35 EUR.
22 
Der Kläger räumt (mittlerweile) ein, dass die Auffassung der Beklagten bezüglich der Berechnung des für die Entfernung der beiden Hauttumore in Rechnung gestellten Betrags zutrifft.
23 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie die dem Senat vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
24 
Nach §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO entscheidet der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
25 
Die zulässige Berufung des Klägers ist nur zu einem geringen Teil begründet. Er kann keine Kassenleistungen für die bei seiner Ehefrau durchgeführte Brustverkleinerungsoperation (Mammaraduktionsplastik) beanspruchen (I., vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Lediglich soweit die Beklagte auch die Gewährung von Kassenleistungen für die Entfernung zweier Hauttumore bei seiner Ehefrau abgelehnt hat, ist der angefochtene Bescheid teilweise rechtswidrig (II.)
26 
I. Dem Kläger stehen keine Kassenleistungen für die bei seiner Ehefrau durchgeführte Brustverkleinerung zu, denn diese Operation war medizinisch nicht notwendig.
27 
1. Nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung ist für die Beurteilung der Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Aufwendungen das im Zeitpunkt der Entstehung der Aufwendungen geltende Recht anzuwenden. Die hier zu beurteilende Brustverkleinerungsoperation fand am 22.3.2006 statt. Abzustellen ist deshalb auf die Satzung der Beklagten in der Fassung vom 1.3.2006. Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 der Satzung haben die Mitglieder der Beklagten für sich und die mitversicherten Angehörigen Anspruch auf die in den §§ 31 bis 48 festgelegten Leistungen. Nach § 30 Abs. 1 Satz 2 der Satzung sind Aufwendungen erstattungsfähig, wenn sie beihilfefähig und Leistungen dafür in der Satzung vorgesehen sind. Aufwendungen sind jedoch nur erstattungsfähig, wenn die zugrunde liegenden Maßnahmen medizinisch dem Grunde nach notwendig waren und soweit sie wirtschaftlich angemessen sind (vgl. § 30 Abs. 3 der Satzung). Die Entscheidung darüber unterliegt uneingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Kontrolle (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.3.2008 - 2 C 19.06 - NVwZ-RR 2008, 713 zu der ähnlichen Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 1 BhV).
28 
2. Die hier bei der Ehefrau des Klägers durchgeführte Brustverkleinerungsoperation (Mammareduktionsplastik) hat unstreitig nicht der (unmittelbaren) Behandlung einer Erkrankung der Brüste gedient. Sie bezweckte vielmehr (mittelbar) die Bekämpfung orthopädischer Leiden und submammärer Ekzeme sowie die Vermeidung von durch die BH-Träger verursachten Schnürfurchen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil vom 19.2.2003 - B 1 KR 1/02 R - BSGE 90, 289), der der Senat folgt (Urteil vom 17.2.2011 - 2 S 2242/10 - juris), kann die Leistungspflicht für eine chirurgische Therapie dieser Leiden nicht allein mit der Erwägung verneint werden, dass die operative Verkleinerung der Brüste keine kausale Behandlung darstellt. Auch eine solche mittelbare Therapie kann grundsätzlich vom Leistungsanspruch umfasst sein.
29 
Wird durch eine Operation jedoch in ein funktionell intaktes Organ eingegriffen und dieses regelwidrig verändert, bedarf diese mittelbare Behandlung einer speziellen Rechtfertigung, wobei die Art und Schwere der Erkrankung, die Dringlichkeit der Intervention, die Risiken und der zu erwartende Nutzen der Therapie sowie etwaige Folgekosten für die Krankenversicherung gegeneinander abzuwägen sind (BSG, Urteil vom 19.2.2003 - B 1 KR 1/02 R - BSGE 90, 289; LSG Schleswig-Holst., Urteil vom 25.3.2010 - L 5 KR 118/08 - SchlHA 2010, 363; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 14.12.2010 - 4 S 2331/08 - und vom 17.2.2011 - 2 S 2242/10 -). Deshalb darf eine chirurgische Behandlung in Form der Brustverkleinerung nur die ultima ratio sein, zumal ein operativer Eingriff stets mit einem erheblichen Risiko (Narkose, Operationsfolgen wie z.B. Entzündungen, Thrombose bzw. Lungenembolie, operationsspezifische Komplikationen) verbunden ist. Ein solcher Eingriff kommt daher nur dann in Betracht, wenn alle konservativen Behandlungsmethoden vollständig ausgeschöpft worden sind. Dazu gehören jedenfalls zeitnah zur Operation durchgeführte krankengymnastische Behandlungen, evtl. auch sportliche Betätigung. Darüber hinaus spricht Vieles dafür, vor der Operation noch den Versuch einer ambulanten und erforderlichenfalls sogar einer stationären Rehabilitation unter ärztlicher Aufsicht zu fordern (LSG Bad.-Württ., Urteil vom 20.4.2004 - L 11 KR 1886/03 - juris).
30 
3. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass im Falle der hier vorgenommenen Brustverkleinerungsoperation diese Anforderungen nicht erfüllt sind.
31 
a) Schon die Abwägung von Art und Schwere der orthopädischen Erkrankung einerseits mit dem zu erwartenden Nutzen der Therapie andererseits fällt zu Lasten des Klägers (bzw. seiner Ehefrau) aus.
32 
aa) Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 10.10.2012 schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass bereits keine besonders schwerwiegende orthopädische Erkrankung bei der Ehefrau des Klägers vorlag. Eine behandlungsbedürftige orthopädische Erkrankung habe zwar vorgelegen. Eine entsprechende degenerative Pathologie trete jedoch unabhängig von der Größe des Brustvolumens regelmäßig im Alter der Ehefrau des Klägers auf. Es gebe keinen Hinweis darauf, dass es sich um eine spezifische Wirbelsäulenpathologie im Sinne eines Bandscheibenvorfalls oder einer Rückenmarkskanalenge oder einer Entzündung im Bereich der Wirbelsäule gehandelt habe; daraus ergebe sich, dass die Beschwerden eher unspezifischer Natur gewesen seien, die nicht eindeutig mit der Brustgröße korreliert werden könnten.
33 
bb) Des Weiteren ist der Nutzen der Brustverkleinerungsoperation sowohl im allgemeinen als auch im besonderen Fall der Ehefrau des Klägers nicht hinreichend nachgewiesen. Nach den schlüssigen und widerspruchsfreien Ausführungen des Sachverständigen, denen der Senat folgt, werden in der zum Zeitpunkt der Operation bekannten Literatur keine direkt messbaren ursächlichen Zusammenhänge zwischen Größe und Gewicht der Brust und dem Auftreten orthopädischer Leiden, insbesondere im Bereich der Wirbelsäule, aufgezeigt. Es finden sich mit anderen Worten keine spezifischen Gewichte oder Größenangaben, die statistisch signifikant korrelierbar mit dem Auftreten von degenerativen Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule sind.
34 
Zwar hat der Sachverständige nicht ausgeschlossen, dass die Behandlung im Falle der Ehefrau des Klägers möglicherweise zu einer Beschwerdelinderung geführt hat. Auch hält er statische Überlegungen genauso wie biomechanische Fragen des Gewichts in ihrer Auswirkung auf die Orthopädie der Wirbelsäule für nachvollziehbar. Damit zeigt er aber letztlich nur auf, dass ein Nutzen der Brustverkleinerungsoperation sowohl allgemein als auch im Falle der Ehefrau des Klägers durchaus als möglich erscheint. Dies allein genügt nach den oben unter II.2. dargestellten Grundsätzen jedoch nicht zur Rechtfertigung der durchgeführten Mammareduktionsplastik. Dazu müsste ihr Nutzen nachgewiesen oder zumindest mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit feststellbar sein. Dies lässt sich dem Sachverständigengutachten indes nicht entnehmen. Der Sachverständige hat im Gegenteil betont, dass weder im Falle der Ehefrau des Klägers noch allgemein betrachtet eine Verbindung zwischen dem Gewicht der Brüste und orthopädischen Beschwerden der Wirbelsäule nachgewiesen sei.
35 
Entgegen der Ansicht des Klägers werden diese Ausführungen des Sachverständigen nicht dadurch relativiert, dass er nur den wissenschaftlichen Erkenntnisstand bis zum Zeitpunkt der Durchführung der Operation berücksichtigt hat. Zum einen ist die Erstattungsfähigkeit von Aufwendungen für eine ärztliche Behandlung grundsätzlich anhand des Erkenntnisstands zu beurteilen, der „ex ante“, also unmittelbar vor Durchführung des streitbefangenen Eingriffs, gegeben war (Senatsurteil vom 4.2.2013 - 2 S 1903/12 - juris). Zum anderen zeigt der Kläger nicht auf, dass sich nach dem heutigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand eine andere Beurteilung ergeben könnte. Auch in neueren Gerichtsentscheidungen wird betont, dass es bislang immer noch keine wissenschaftlich anerkannte, valide und evidenzbasierte Studie gibt, die einen Zusammenhang zwischen einer definierten Brustgröße und ebenso definierten morphologischen Veränderungen der Wirbelsäule aufzeigen könnte (LSG Nordrh.-Westf., Urteil vom 24.1.2013 - L 16 KR 226/11 - juris - Rn. 28 unter Bezugnahme auf ein Sachverständigengutachten).
36 
b) Unabhängig hiervon lässt sich auch nicht feststellen, dass sich die durchgeführte Operation im Hinblick auf die orthopädische Erkrankung der Ehefrau des Klägers als ultima ratio darstellt und alle konservativen Behandlungsmethoden vollständig ausgeschöpft worden sind. Der Sachverständige hat - auch insoweit überzeugend - insbesondere auf die Möglichkeit einer multimodalen Schmerztherapie hingewiesen, die in ihrer Effizienz als ein sehr erfolgreiches Therapieinstrument anzusehen und als alternative Behandlung denkbar sei; es handle sich hierbei um ein etabliertes und erfolgversprechendes konservatives Therapieinstrument. Eine derartige spezifische Multimodalschmerztherapie mit Fokus auf den Rückenschmerzen ist aber bei der Ehefrau des Klägers nicht durchgeführt worden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ihr eine solche Therapie angeboten worden ist, denn die Frage, ob sich die Brustverkleinerungsoperation als ultima ratio dargestellt hat, ist nach objektiven Kriterien und nicht nach dem jeweiligen subjektiven Kenntnisstand der betroffenen Patientinnen zu beurteilen. Unabhängig davon hat der Kläger auch nicht vorgetragen, dass seine Ehefrau eigenverantwortlich jede ihr zumutbare Möglichkeit der Information erfolglos genutzt haben könnte.
37 
c) In Bezug auf die Schnürfurchen ist schon fraglich, ob diese überhaupt ein eigenständiges Krankheitsbild darstellen und für sich allein genommen eine Brustverkleinerungsoperation rechtfertigen können (vgl. LSG Bad.-Württ., Urteil vom 18.10.2002 - L 4 KR 4692/01 - juris Rn. 24). Dies dürfte höchstens in besonders schwerwiegenden Fällen denkbar sein. Ein solcher schwerer Fall ist hier aber nicht dargetan. Auch wenn gelegentlich Schnürfurchen von den behandelnden Ärzten festgestellt worden sind, ist von jedenfalls von besonders gravierenden Schnürfurchen nicht die Rede; der von der Beklagten beauftragte Arzt hat anhand der vorgelegten Fotodokumentation, die den Zustand der Ehefrau des Klägers vor der Operation zeigt, sogar überhaupt keine Schnürfurchen, sondern lediglich flache Ausmuldungen der BH-Träger im Schulterbereich feststellen können. Dieser Wertung ist anhand der vorliegenden Fotografien ohne Weiteres nachvollziehbar.
38 
d) Schließlich begründen auch die von den behandelnden Ärzten bei der Ehefrau des Klägers diagnostizierten submammären Ekzeme nicht die Notwendigkeit der durchgeführten Brustverkleinerungsoperation. Bei dieser Hauterkrankung handelt es sich ersichtlich nicht um ein schwerwiegendes Krankheitsgeschehen, denn insoweit treten wohl vor allem in den Sommermonaten submammäre Ekzeme auf. Den hier vorgenommenen operativen Eingriff kann dieses Krankheitsbild daher nicht rechtfertigen. Es ist vielmehr vorrangig fachärztlich, also durch einen Hautarzt, zu therapieren (vgl. LSG Bad.-Württ., Urteile vom 10.12.2008 - L 5 KR 2638/07 - juris-Rn. 44 und vom 18.10.2002 - L 4 KR 4692/01 - juris-Rn. 22; LSG Sachs.-Anh., Urteil vom 26.2.2009 - L 10 KR 25/06 - juris - Rn. 40). Dass die Ehefrau des Klägers hier den erfolglosen Versuch einer derartigen Behandlung unternommen haben könnte, ist nicht ersichtlich.
39 
II. Soweit die Beklagte auch die Gewährung von Kassenleistungen für die Entfernung zweier Hauttumore bei der Ehefrau des Klägers abgelehnt hat, ist der angefochtene Bescheid teilweise rechtswidrig. Allerdings ist hierbei nicht von dem gesamten in der Rechnung vom 15.4.2006 genannten Betrag für die Exzision der beiden Hauttumore in Höhe von 346,68 EUR auszugehen. Die Beklagte hat überzeugend dargelegt, dass für diesen Teil der Operation nur Aufwendungen in Höhe von 101,15 EUR erstattungsfähig sind; dem tritt auch der Kläger nicht (mehr) entgegen. Danach stehen dem Kläger bei einem Bemessungssatzung von 30% lediglich weitere Kassenleistungen in Höhe von 30,35 EUR zu.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
41 
Beschluss vom 14. Juni 2013
42 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 998,44 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
43 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
24 
Nach §§ 125 Abs. 1, 101 Abs. 2 VwGO entscheidet der Senat mit dem Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
25 
Die zulässige Berufung des Klägers ist nur zu einem geringen Teil begründet. Er kann keine Kassenleistungen für die bei seiner Ehefrau durchgeführte Brustverkleinerungsoperation (Mammaraduktionsplastik) beanspruchen (I., vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Lediglich soweit die Beklagte auch die Gewährung von Kassenleistungen für die Entfernung zweier Hauttumore bei seiner Ehefrau abgelehnt hat, ist der angefochtene Bescheid teilweise rechtswidrig (II.)
26 
I. Dem Kläger stehen keine Kassenleistungen für die bei seiner Ehefrau durchgeführte Brustverkleinerung zu, denn diese Operation war medizinisch nicht notwendig.
27 
1. Nach ständiger verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung ist für die Beurteilung der Erstattungsfähigkeit der geltend gemachten Aufwendungen das im Zeitpunkt der Entstehung der Aufwendungen geltende Recht anzuwenden. Die hier zu beurteilende Brustverkleinerungsoperation fand am 22.3.2006 statt. Abzustellen ist deshalb auf die Satzung der Beklagten in der Fassung vom 1.3.2006. Nach § 30 Abs. 1 Satz 1 der Satzung haben die Mitglieder der Beklagten für sich und die mitversicherten Angehörigen Anspruch auf die in den §§ 31 bis 48 festgelegten Leistungen. Nach § 30 Abs. 1 Satz 2 der Satzung sind Aufwendungen erstattungsfähig, wenn sie beihilfefähig und Leistungen dafür in der Satzung vorgesehen sind. Aufwendungen sind jedoch nur erstattungsfähig, wenn die zugrunde liegenden Maßnahmen medizinisch dem Grunde nach notwendig waren und soweit sie wirtschaftlich angemessen sind (vgl. § 30 Abs. 3 der Satzung). Die Entscheidung darüber unterliegt uneingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Kontrolle (vgl. BVerwG, Urteil vom 20.3.2008 - 2 C 19.06 - NVwZ-RR 2008, 713 zu der ähnlichen Regelung in § 5 Abs. 1 Satz 1 BhV).
28 
2. Die hier bei der Ehefrau des Klägers durchgeführte Brustverkleinerungsoperation (Mammareduktionsplastik) hat unstreitig nicht der (unmittelbaren) Behandlung einer Erkrankung der Brüste gedient. Sie bezweckte vielmehr (mittelbar) die Bekämpfung orthopädischer Leiden und submammärer Ekzeme sowie die Vermeidung von durch die BH-Träger verursachten Schnürfurchen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil vom 19.2.2003 - B 1 KR 1/02 R - BSGE 90, 289), der der Senat folgt (Urteil vom 17.2.2011 - 2 S 2242/10 - juris), kann die Leistungspflicht für eine chirurgische Therapie dieser Leiden nicht allein mit der Erwägung verneint werden, dass die operative Verkleinerung der Brüste keine kausale Behandlung darstellt. Auch eine solche mittelbare Therapie kann grundsätzlich vom Leistungsanspruch umfasst sein.
29 
Wird durch eine Operation jedoch in ein funktionell intaktes Organ eingegriffen und dieses regelwidrig verändert, bedarf diese mittelbare Behandlung einer speziellen Rechtfertigung, wobei die Art und Schwere der Erkrankung, die Dringlichkeit der Intervention, die Risiken und der zu erwartende Nutzen der Therapie sowie etwaige Folgekosten für die Krankenversicherung gegeneinander abzuwägen sind (BSG, Urteil vom 19.2.2003 - B 1 KR 1/02 R - BSGE 90, 289; LSG Schleswig-Holst., Urteil vom 25.3.2010 - L 5 KR 118/08 - SchlHA 2010, 363; VGH Bad.-Württ., Urteile vom 14.12.2010 - 4 S 2331/08 - und vom 17.2.2011 - 2 S 2242/10 -). Deshalb darf eine chirurgische Behandlung in Form der Brustverkleinerung nur die ultima ratio sein, zumal ein operativer Eingriff stets mit einem erheblichen Risiko (Narkose, Operationsfolgen wie z.B. Entzündungen, Thrombose bzw. Lungenembolie, operationsspezifische Komplikationen) verbunden ist. Ein solcher Eingriff kommt daher nur dann in Betracht, wenn alle konservativen Behandlungsmethoden vollständig ausgeschöpft worden sind. Dazu gehören jedenfalls zeitnah zur Operation durchgeführte krankengymnastische Behandlungen, evtl. auch sportliche Betätigung. Darüber hinaus spricht Vieles dafür, vor der Operation noch den Versuch einer ambulanten und erforderlichenfalls sogar einer stationären Rehabilitation unter ärztlicher Aufsicht zu fordern (LSG Bad.-Württ., Urteil vom 20.4.2004 - L 11 KR 1886/03 - juris).
30 
3. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass im Falle der hier vorgenommenen Brustverkleinerungsoperation diese Anforderungen nicht erfüllt sind.
31 
a) Schon die Abwägung von Art und Schwere der orthopädischen Erkrankung einerseits mit dem zu erwartenden Nutzen der Therapie andererseits fällt zu Lasten des Klägers (bzw. seiner Ehefrau) aus.
32 
aa) Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 10.10.2012 schlüssig und nachvollziehbar ausgeführt, dass bereits keine besonders schwerwiegende orthopädische Erkrankung bei der Ehefrau des Klägers vorlag. Eine behandlungsbedürftige orthopädische Erkrankung habe zwar vorgelegen. Eine entsprechende degenerative Pathologie trete jedoch unabhängig von der Größe des Brustvolumens regelmäßig im Alter der Ehefrau des Klägers auf. Es gebe keinen Hinweis darauf, dass es sich um eine spezifische Wirbelsäulenpathologie im Sinne eines Bandscheibenvorfalls oder einer Rückenmarkskanalenge oder einer Entzündung im Bereich der Wirbelsäule gehandelt habe; daraus ergebe sich, dass die Beschwerden eher unspezifischer Natur gewesen seien, die nicht eindeutig mit der Brustgröße korreliert werden könnten.
33 
bb) Des Weiteren ist der Nutzen der Brustverkleinerungsoperation sowohl im allgemeinen als auch im besonderen Fall der Ehefrau des Klägers nicht hinreichend nachgewiesen. Nach den schlüssigen und widerspruchsfreien Ausführungen des Sachverständigen, denen der Senat folgt, werden in der zum Zeitpunkt der Operation bekannten Literatur keine direkt messbaren ursächlichen Zusammenhänge zwischen Größe und Gewicht der Brust und dem Auftreten orthopädischer Leiden, insbesondere im Bereich der Wirbelsäule, aufgezeigt. Es finden sich mit anderen Worten keine spezifischen Gewichte oder Größenangaben, die statistisch signifikant korrelierbar mit dem Auftreten von degenerativen Veränderungen im Bereich der Wirbelsäule sind.
34 
Zwar hat der Sachverständige nicht ausgeschlossen, dass die Behandlung im Falle der Ehefrau des Klägers möglicherweise zu einer Beschwerdelinderung geführt hat. Auch hält er statische Überlegungen genauso wie biomechanische Fragen des Gewichts in ihrer Auswirkung auf die Orthopädie der Wirbelsäule für nachvollziehbar. Damit zeigt er aber letztlich nur auf, dass ein Nutzen der Brustverkleinerungsoperation sowohl allgemein als auch im Falle der Ehefrau des Klägers durchaus als möglich erscheint. Dies allein genügt nach den oben unter II.2. dargestellten Grundsätzen jedoch nicht zur Rechtfertigung der durchgeführten Mammareduktionsplastik. Dazu müsste ihr Nutzen nachgewiesen oder zumindest mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit feststellbar sein. Dies lässt sich dem Sachverständigengutachten indes nicht entnehmen. Der Sachverständige hat im Gegenteil betont, dass weder im Falle der Ehefrau des Klägers noch allgemein betrachtet eine Verbindung zwischen dem Gewicht der Brüste und orthopädischen Beschwerden der Wirbelsäule nachgewiesen sei.
35 
Entgegen der Ansicht des Klägers werden diese Ausführungen des Sachverständigen nicht dadurch relativiert, dass er nur den wissenschaftlichen Erkenntnisstand bis zum Zeitpunkt der Durchführung der Operation berücksichtigt hat. Zum einen ist die Erstattungsfähigkeit von Aufwendungen für eine ärztliche Behandlung grundsätzlich anhand des Erkenntnisstands zu beurteilen, der „ex ante“, also unmittelbar vor Durchführung des streitbefangenen Eingriffs, gegeben war (Senatsurteil vom 4.2.2013 - 2 S 1903/12 - juris). Zum anderen zeigt der Kläger nicht auf, dass sich nach dem heutigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand eine andere Beurteilung ergeben könnte. Auch in neueren Gerichtsentscheidungen wird betont, dass es bislang immer noch keine wissenschaftlich anerkannte, valide und evidenzbasierte Studie gibt, die einen Zusammenhang zwischen einer definierten Brustgröße und ebenso definierten morphologischen Veränderungen der Wirbelsäule aufzeigen könnte (LSG Nordrh.-Westf., Urteil vom 24.1.2013 - L 16 KR 226/11 - juris - Rn. 28 unter Bezugnahme auf ein Sachverständigengutachten).
36 
b) Unabhängig hiervon lässt sich auch nicht feststellen, dass sich die durchgeführte Operation im Hinblick auf die orthopädische Erkrankung der Ehefrau des Klägers als ultima ratio darstellt und alle konservativen Behandlungsmethoden vollständig ausgeschöpft worden sind. Der Sachverständige hat - auch insoweit überzeugend - insbesondere auf die Möglichkeit einer multimodalen Schmerztherapie hingewiesen, die in ihrer Effizienz als ein sehr erfolgreiches Therapieinstrument anzusehen und als alternative Behandlung denkbar sei; es handle sich hierbei um ein etabliertes und erfolgversprechendes konservatives Therapieinstrument. Eine derartige spezifische Multimodalschmerztherapie mit Fokus auf den Rückenschmerzen ist aber bei der Ehefrau des Klägers nicht durchgeführt worden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob ihr eine solche Therapie angeboten worden ist, denn die Frage, ob sich die Brustverkleinerungsoperation als ultima ratio dargestellt hat, ist nach objektiven Kriterien und nicht nach dem jeweiligen subjektiven Kenntnisstand der betroffenen Patientinnen zu beurteilen. Unabhängig davon hat der Kläger auch nicht vorgetragen, dass seine Ehefrau eigenverantwortlich jede ihr zumutbare Möglichkeit der Information erfolglos genutzt haben könnte.
37 
c) In Bezug auf die Schnürfurchen ist schon fraglich, ob diese überhaupt ein eigenständiges Krankheitsbild darstellen und für sich allein genommen eine Brustverkleinerungsoperation rechtfertigen können (vgl. LSG Bad.-Württ., Urteil vom 18.10.2002 - L 4 KR 4692/01 - juris Rn. 24). Dies dürfte höchstens in besonders schwerwiegenden Fällen denkbar sein. Ein solcher schwerer Fall ist hier aber nicht dargetan. Auch wenn gelegentlich Schnürfurchen von den behandelnden Ärzten festgestellt worden sind, ist von jedenfalls von besonders gravierenden Schnürfurchen nicht die Rede; der von der Beklagten beauftragte Arzt hat anhand der vorgelegten Fotodokumentation, die den Zustand der Ehefrau des Klägers vor der Operation zeigt, sogar überhaupt keine Schnürfurchen, sondern lediglich flache Ausmuldungen der BH-Träger im Schulterbereich feststellen können. Dieser Wertung ist anhand der vorliegenden Fotografien ohne Weiteres nachvollziehbar.
38 
d) Schließlich begründen auch die von den behandelnden Ärzten bei der Ehefrau des Klägers diagnostizierten submammären Ekzeme nicht die Notwendigkeit der durchgeführten Brustverkleinerungsoperation. Bei dieser Hauterkrankung handelt es sich ersichtlich nicht um ein schwerwiegendes Krankheitsgeschehen, denn insoweit treten wohl vor allem in den Sommermonaten submammäre Ekzeme auf. Den hier vorgenommenen operativen Eingriff kann dieses Krankheitsbild daher nicht rechtfertigen. Es ist vielmehr vorrangig fachärztlich, also durch einen Hautarzt, zu therapieren (vgl. LSG Bad.-Württ., Urteile vom 10.12.2008 - L 5 KR 2638/07 - juris-Rn. 44 und vom 18.10.2002 - L 4 KR 4692/01 - juris-Rn. 22; LSG Sachs.-Anh., Urteil vom 26.2.2009 - L 10 KR 25/06 - juris - Rn. 40). Dass die Ehefrau des Klägers hier den erfolglosen Versuch einer derartigen Behandlung unternommen haben könnte, ist nicht ersichtlich.
39 
II. Soweit die Beklagte auch die Gewährung von Kassenleistungen für die Entfernung zweier Hauttumore bei der Ehefrau des Klägers abgelehnt hat, ist der angefochtene Bescheid teilweise rechtswidrig. Allerdings ist hierbei nicht von dem gesamten in der Rechnung vom 15.4.2006 genannten Betrag für die Exzision der beiden Hauttumore in Höhe von 346,68 EUR auszugehen. Die Beklagte hat überzeugend dargelegt, dass für diesen Teil der Operation nur Aufwendungen in Höhe von 101,15 EUR erstattungsfähig sind; dem tritt auch der Kläger nicht (mehr) entgegen. Danach stehen dem Kläger bei einem Bemessungssatzung von 30% lediglich weitere Kassenleistungen in Höhe von 30,35 EUR zu.
40 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO. Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
41 
Beschluss vom 14. Juni 2013
42 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 998,44 EUR festgesetzt (§ 52 Abs. 3 GKG).
43 
Der Beschluss ist unanfechtbar.
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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili
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published on 04/02/2013 00:00

Tenor Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 22. Mai 2012 - 6 K 4042/11 - geändert. Die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger für seine Aufwendungen für die am 17.3.2011 durchgeführte Hüftoperation weiter
published on 17/02/2011 00:00

Tenor Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 18. März 2010 - 9 K 4639/08 - geändert. Die Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheids vom 28.06.2007 und des Widerspruchsbescheids vom 12.11.2008 verpflich
published on 25/03/2010 00:00

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Lübeck vom 29. August 2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen. Tat
published on 20/04/2004 00:00

Tenor Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 31. März 2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Tatbestand   1  Zwischen den Beteil
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(1) Bei vollstationären, stationsäquivalenten, tagesstationären, teilstationären sowie vor- und nachstationären privatärztlichen Leistungen sind die nach dieser Verordnung berechneten Gebühren einschließlich der darauf entfallenden Zuschläge um 25 von Hundert zu mindern. Abweichend davon beträgt die Minderung für Leistungen und Zuschläge nach Satz 1 von Belegärzten oder niedergelassenen anderen Ärzten 15 vom Hundert. Ausgenommen von der Minderungspflicht ist der Zuschlag nach Buchstabe J in Abschnitt B V des Gebührenverzeichnisses.

(2) Neben den nach Absatz 1 geminderten Gebühren darf der Arzt Kosten nicht berechnen; die §§ 7 bis 10 bleiben unberührt.

(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.

(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Für das Berufungsverfahren gelten die Vorschriften des Teils II entsprechend, soweit sich aus diesem Abschnitt nichts anderes ergibt. § 84 findet keine Anwendung.

(2) Ist die Berufung unzulässig, so ist sie zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluß ergehen. Die Beteiligten sind vorher zu hören. Gegen den Beschluß steht den Beteiligten das Rechtsmittel zu, das zulässig wäre, wenn das Gericht durch Urteil entschieden hätte. Die Beteiligten sind über dieses Rechtsmittel zu belehren.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.