Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 18. Mai 2018 - W 9 K 16.636

published on 18/05/2018 00:00
Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 18. Mai 2018 - W 9 K 16.636
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Gericht

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Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Feststellung, dass die Anordnung ihrer erkennungsdienstlichen Behandlung rechtswidrig war, und die Löschung polizeilich gespeicherter Daten.

1. Mit Bescheid vom 26. Mai 2016 ordnete die Polizeiinspektion L. ... gegenüber der Klägerin die erkennungsdienstliche Behandlung an (Ziffer 1 des Bescheids) und lud sie unter Androhung und Festsetzung eines Zwangsgeldes in Höhe von 250,00 EUR zu Terminen am …2016 um 17:00 Uhr oder am …2016 um 10:00 Uhr vor (Ziffer 2, 3 und 4). Für den Fall der Nichtbeachtung dieser Vorladung wurde die Klägerin zu Ersatzterminen am …2016 um 17:00 Uhr oder am …2016 um 10:00 Uhr vorgeladen (Ziffer 5). Für den Fall, dass sie der erneuten Vorladung wiederum nicht Folge leisten würde, wurde der unmittelbare Zwang angedroht (Ziffer 6). Hinsichtlich der Ziffern 1, 2 und 5 des Bescheids wurde die sofortige Vollziehung angeordnet (Ziffer 7).

Zur Begründung des Bescheids wurde ausgeführt, die Klägerin habe am Mittwoch, den …2016 als Fahrerin des Pkw Audi mit dem amtlichen Kennzeichen … vier Beutel Kräutermischung „M1.“ mit einem Bruttogewicht von 14 g (einschließlich Verpackung) ins Bezirkskrankenhaus L. transportiert. Die Kräutermischung werde als Betäubungsmittel eingestuft und sei unter der oben genannten Bezeichnung „M1.“ bisher bereits mehrfach chemisch untersucht worden. Letztmals sei am 18. August 2014 durch das Landeskriminalamt B.-W. festgestellt worden, dass die Substanz die Wirkstoffe STS-135 und EAM-2201 enthalte. Diese würden unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. Das Rauschgift hätte im Bezirkskrankenhaus an einen Kurier weitergegeben werden sollen, der dieses wiederum in die Forensik der Klinik hätte schmuggeln sollen. Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Würzburg habe die Klägerin am …2015 ebenfalls als Fahrerin des oben genannten Fahrzeugs, Metamphetamin aus Tschechien nach Deutschland eingeführt. Es sei deshalb durch die Staatsanwaltschaft Würzburg gegen die Klägerin ein Verfahren wegen des Verdachts der Beihilfe zur Einfuhr beziehungsweise des Handelns mit Betäubungsmitteln gemäß § 29 Abs. 1 Nr. 1 BtMG eingeleitet worden.

Die Polizeiinspektion L. ... habe die erkennungsdienstliche Behandlung angeordnet, um mit den gewonnenen Unterlagen durch die Klägerin möglicherweise begangene Straftaten, insbesondere weitere Verstöße nach dem Betäubungsmittelgesetz, aufklären zu können. Die Notwendigkeit der Anfertigung und Aufbewahrung von erkennungsdienstlichen Maßnahmen nach § 81b Alt. 2 StPO bemesse sich nach ständiger Rechtsprechung danach, ob der festgestellte den Betroffenen belastende Sachverhalt nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalles - insbesondere angesichts der Art, Schwere und der Begehungsweise der dem Betroffenen zur Last gelegten Straftaten, angesichts seiner Persönlichkeit sowie unter Berücksichtigung des Zeitraums, während dessen er strafrechtlich nicht in Erscheinung getreten sei - Anhaltspunkte für die Annahme biete, dass der Betroffene künftig oder gegenwärtig mit guten Gründen als Verdächtiger in den Kreis potentieller Beteiligter an einer strafbaren Handlung einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen fördern könnten, indem sie den Betroffenen überführen oder entlasten. Der Transport von Betäubungsmitteln in ein Bezirkskrankenhaus, um diese dort zu verkaufen sowie die Fahrt im Jahr 2015 nach Tschechien, um von dort aus Betäubungsmittel nach Deutschland einzuführen, würden darauf schließen lassen, dass die Klägerin auch weiterhin Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz begehen werde. Aufgrund der getätigten Ermittlung bestehe der Verdacht, dass die Klägerin die Fahrten auch deshalb durchführe, um damit die vorhandene Sucht ihres Ehemannes zu befriedigen. Die kriminalistische Erfahrung zeige, dass gerade bei Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz von einer permanenten Wiederholungsgefahr auszugehen sei. Eine gewerbs- oder gewohnheitsmäßige Straffälligkeit sei keinesfalls erforderlich. Insbesondere bei der Bekämpfung der Drogenkriminalität komme der polizeilichen Arbeit im präventiven Bereich besondere Bedeutung zu, um entsprechende Straftaten aufklären und eindämmen zu können. Die angeordnete erkennungsdienstliche Behandlung erscheine gut geeignet, präventive Wirkung zu entfalten, insbesondere durch ihre Warnfunktion und die Erleichterung im Hinblick auf weitere Ermittlungsarbeiten in zukünftigen Fällen. Die Unterlagen, welche durch die erkennungsdienstliche Behandlung gewonnen würden, seien für die Aufklärung von Straftaten geeignet, welche die Klägerin möglicherweise in Zukunft begehen könnte. Durch die Lichtbilder und Personenbeschreibungen könnte die Klägerin zukünftig von Zeugen identifiziert werden, gegebenenfalls könnte auch mit dem Bildmaterial nach der Klägerin gefahndet werden. Auch die Fingerabdrücke seien notwendig, um einen Tatnachweis führen zu können. Diese könnten mit Fingerspuren am Tatort, an Tatmitteln/-werkzeugen oder an Gegenständen des Tatopfers verglichen werden. Aus kriminalistischer Erfahrung sei weiterhin zu beachten, dass sich gerade bei Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz Beschuldigte vor Kontrollen durch die Polizei häufig kurzfristig ihrer Betäubungsmittel entledigten. Anhand der Fingerabdrücke der Klägerin könne in solchen Fällen der Besitz des weggeworfenen Betäubungsmittels zweifelsfrei aufgeklärt werden. Weiterhin dienten so genannte Wahlbildvorlagen regelmäßig der Identifizierung von Tatverdächtigen durch Zeugen. Aufgrund der bei Betäubungsmitteln prinzipiell latent vorhandenen Wiederholungsgefahr und den damit einhergehenden Verbindungen zur Rauschgiftszene sei das Vorhandensein von Lichtbildern und Fingerabdrücken Grundvoraussetzung für eine polizeiliche Gefahrenabwehr in diesem Deliktsbereich und diene der Aufklärung von möglichen künftigen Straftaten der Klägerin. Die erkennungsdienstlichen Unterlagen könnten die Klägerin somit beaber auch entlasten. Ohne diese Unterlagen würden durch die Klägerin in Zukunft möglicherweise begangene Straftaten nur sehr schwer oder gar nicht aufzuklären seien. Auf Grund des Verhaltens der Klägerin und der dadurch auch zukünftig bestehenden Gefahr für die Gemeinschaft sei der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Klägerin deutlich weniger schwer zu beurteilen als das Interesse der Allgemeinheit, vor solchen Straftaten geschützt zu werden. Für die Klägerin gehe es bei der Anfertigung der Unterlagen lediglich um eine kurzfristige Freiheitsbeschränkung. Die Persönlichkeitsrechte der Klägerin würden nur in geringer Weise beeinträchtigt werden durch die Speicherung der Unterlagen bei der Polizei. Die Unterlagen seien nicht für die Öffentlichkeit zugänglich. Außerdem würden die Unterlagen auch nur in dem Fall verwendet werden, dass die Klägerin nochmals strafrechtlich in Erscheinung trete und dass erkennungsdienstliches Material zur Tataufklärung benötigt werde. Dem stehe gegenüber, dass ohne erkennungsdienstliches Material über die Person der Klägerin die Strafverfolgungsbehörden Straftaten, welche die Klägerin zukünftig begehen könnte, nur schwer oder gar nicht aufzuklären in der Lage wären. Zudem gehe man davon aus, dass die Klägerin, da sie Kenntnis von der polizeilichen Verfügbarkeit ihrer erkennungsdienstlichen Unterlagen habe, von weiteren Straftaten abgehalten werde. Der vorliegende Verstoß lasse sich in der Gesamtschau nicht als Bagatelldelikt einstufen, bei dem die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung unverhältnismäßig wäre. Aufgrund der Wiederholungsgefahr, der Gefährlichkeit des Handelns der Klägerin und der bestehenden Gefahr der Unaufklärbarkeit einer weiteren Tat könne hier auch nicht von der erkennungsdienstlichen Behandlung abgesehen werden.

2. Mit Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 21. Juni 2016, bei Gericht eingegangen am 24. Juni 2016, ließ die Klägerin Klage erheben und zuletzt beantragen,

festzustellen, dass der Bescheid vom 26. Mai 2016, Aktenzeichen: …, und die damit verbundene durchgeführte erkennungsdienstliche Maßnahme rechtswidrig war,

die gewonnenen erkennungsdienstlichen Maßnahmen zu löschen und zu vernichten.

Zur Begründung der Klage wurde vorgebracht, die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung der Klägerin sei rechtswidrig und verletze sie in ihren Rechten. Es liege keine erkennungsdienstliche Maßnahme gemäß § 81b 2. Alt. StPO vor. Die Klägerin habe von der Kräutermischung, die der Ehemann bei sich gehabt habe, nichts gewusst. Sie habe sich daher nicht wegen Beihilfe strafbar gemacht. Daher könne es sich nicht um eine erkennungsdienstliche Maßnahme gemäß § 81b 2. Alt. StPO handeln. Es liege auch keine Wiederholungsgefahr vor, denn das Verfahren aus dem Jahr 2015 der Staatsanwaltschaft Würzburg, Aktenzeichen: … … …, wegen Beihilfe zur Einfuhr beziehungsweise des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln, sei vollumfänglich eingestellt worden. Es liege daher keine rechtskräftige Verurteilung vor. Die Klägerin sei zu keinem Zeitpunkt einer Straftat überführt worden. Eine Anklage gegen sie sei nicht erhoben worden. Bezüglich des Verfahrens vom …2016 müsse der Grundsatz „in dubio pro reo“ gelten, da dieses Verfahren noch nicht rechtshängig sei. Folglich sei die durchgeführte erkennungsdienstliche Maßnahme mangels Wiederholungsgefahr nicht veranlasst gewesen. Es entspreche nicht dem Rechtsstaatlichkeitsprinzip, wenn erkennungsdienstliche Maßnahmen durchzuführen seien aufgrund von Vermutungen und Spekulationen. Eine Wiederholungsgefahr bestehe erst dann, wenn eine rechtskräftige Straftat vorliege und ein einschlägiges Ermittlungsverfahren gegen die Person erneut vorliege. Die Maßnahme sei ermessensfehlerhaft ausgeübt worden und die Klägerin sei dadurch in ihren Rechten verletzt. Dass bei Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz eine permanente Wiederholungsgefahr vorliegen solle, sei eine pauschale Bewertung und gerade keine Einzelabwägung. Nach Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung am …2016 werde die Klage in der Gestalt umgestellt, dass nicht mehr die Aufhebung des Bescheids begehrt werde, sondern die Feststellung, dass der erlassene und durchgeführte Bescheid rechtswidrig gewesen sei.

3. Das Polizeipräsidium Unterfranken beantragte für den Beklagten,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung des Klageabweisungsantrags wurde unter Bezugnahme auf die Ausführungen im angegriffenen Bescheid der Polizeiinspektion L. ... vom 26. Mai 2016 ausgeführt, dass die auf der Rechtsgrundlage des § 81b Alt. 2 StPO ergangene Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung der Klägerin formell und materiell rechtmäßig sei und die Klägerin dadurch nicht in ihren Rechten verletzt sei. Eine erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 81b Alt. 2 StPO setze zunächst lediglich voraus, dass sie an einen „Beschuldigten“ gerichtet sei. Der Begriff „Beschuldigter“ besage nur, dass die Anordnung nicht an beliebige Tatsachen anknüpfen oder zu einem beliebigen Zeitpunkt ergehen dürfe, sondern dass sie durch ein gegen den Betroffenen als Beschuldigten geführtes Strafverfahren veranlasst sein müsse und das Ergebnis dieses Verfahrens auch die gesetzlich geforderte Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung begründen müsse. Nicht notwendig für die Beschuldigteneigenschaft sei eine Anzeige durch die Polizei bei der Staatsanwaltschaft. Spätestens mit der Vorladung zur Vernehmung als Beschuldigter werde jemand zum Beschuldigten im prozessualen Sinne. Zum Zeitpunkt der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung am 26. Mai 2016 sei die Klägerin Beschuldigte in einem Strafverfahren gewesen, weil sie mit der Vorladung der Polizeiinspektion Lohr vom 16. April 2016 in der Ermittlungssache „Verstoß gegen Betäubungsmittelgesetz am …2016, 21:00 Uhr in L. ...“ zur Vernehmung als Beschuldigte geladen worden sei. Spätestens zu diesem Zeitpunkt habe sie somit den Status als Beschuldigte erhalten. Die Tatsache, dass § 81b Alt. 2 StPO lediglich die Beschuldigteneigenschaft voraussetze, mache deutlich, dass der in dubio pro reo Grundsatz hier nicht zur Anwendung komme. Dass das andere Strafverfahren gegen die Klägerin wegen des Sachverhalts vom …2015 eingestellt worden sei, ändere an der Wiederholungsgefahr nichts, weil der Tatverdacht gegen die Klägerin dennoch weiterhin fortbestehe. Auch diesbezüglich könne die Klägerin sich nicht auf die Unschuldsvermutung berufen. Im sicherheitsrechtlichen Verfahren gelte eine Unschuldsvermutung für die Frage der möglichen Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen nicht. Weder die Aufnahme der erkennungsdienstlichen Unterlagen noch deren Aufbewahrung treffe eine Aussage über Schuld oder Unschuld des Betroffenen. Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO setze nur ein noch anhängiges Ermittlungsverfahren voraus. Dies zeige, dass hier keine Unschuldsvermutung greife, da zu einem solchen Zeitpunkt die Frage einer strafrechtlichen Sanktion notwendigerweise noch offen sei. Die Ermittlungsbehörden seien selbst bei einem Freispruch noch befugt, weiterhin davon auszugehen, dass der ursprüngliche Tatbestand fortbestehe und eine tragfähige Grundlage für die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen darstelle. Im Übrigen ergebe sich die Wiederholungsgefahr hier bereits aus dem Anlassdelikt. Bei Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz gehe man nach kriminalistischer Erfahrung von einer permanenten Wiederholungsgefahr aus. Es sei gerichtlich anerkannt, dass Betäubungsmitteldelikte aufgrund ihrer statistisch signifikant erhöhten Rückfallgefahr bereits bei der ersten Begehung die Annahme einer Wiederholungsgefahr rechtfertigen würden.

4. Der Antrag der Klägerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe wurde mit Beschluss des Gerichts vom 12. April 2018 abgelehnt.

5. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakte Bezug genommen. Die Akte der Staatsanwaltschaft Würzburg, Aktenzeichen: … … …, wurde beigezogen.

Gründe

1. Die Klage ist unzulässig und unbegründet.

a) Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist unzulässig. Statthafte Klageart ist die Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO, weil es sich bei der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung gemäß § 81b Alt. 2 StPO um einen Verwaltungsakt im Sinne des Art. 35 Satz 1 BayVwVfG handelt, der sich nicht nach Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG erledigt hat.

Mit der Durchführung der erkennungsdienstlichen Behandlung am …2016 hat sich die Anordnung vom 26. Mai 2016 nicht erledigt. Der streitgegenständliche Bescheid, mit dem die Klägerin verpflichtet wird, sich bei der Polizeiinspektion L. ... zur Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen einzufinden, ordnet verbindlich die erkennungsdienstliche Behandlung der Klägerin an und verpflichtet sie zur Duldung dieser Maßnahmen. Daneben enthält die Anordnung aber auch die Feststellung, dass die Voraussetzungen des § 81b Alt. 2 StPO für die Vornahme der erkennungsdienstlichen Maßnahmen vorliegen. Solange der Bescheid über die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung wirksam ist, kann der Betroffene nämlich eine Vernichtung der dabei gewonnenen Unterlagen bzw. eine Löschung der gespeicherten Daten nicht erfolgreich mit der Begründung verlangen, diese Unterlagen bzw. Daten seien bereits nicht rechtmäßig erhoben worden (BayVGH, U.v. 12.11.2013 - 10 B 12.2078 - juris). Wegen dieser fortbestehenden Rechtswirkung und der damit verbundenen Beschwer für den Betroffenen erledigt sich die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO nicht bereits vollständig mit deren Durchführung (BayVGH, U.v. 12.11.2013 - 10 B 12.2078 - juris).

Hierauf hat das erkennende Gericht bereits im Beschluss vom 12. April 2018 im Prozesskostenhilfeverfahren hingewiesen. Eines weiteren richterlichen Hinweises hat es mithin nicht bedurft.

Der Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids kann nicht in einen Antrag auf Aufhebung des Bescheids umgedeutet werden. Gemäß § 88 VwGO ist das Gericht zwar grundsätzlich nicht an die Fassung der Anträge gebunden, es darf jedoch nicht über das Klagebegehren hinausgehen. Die Aufhebung des Verwaltungsakts würde über die begehrte Feststellung der Rechtswidrigkeit hinausgehen. Ursprünglich hatte der Bevollmächtigte für die Klägerin beantragt, den Bescheid aufzuheben und mithin die zulässige Anfechtungsklage erhoben. Mit Schreiben vom 4. Oktober 2016 hat der Bevollmächtigte die Klage auf eine Fortsetzungsfeststellungsklage umgestellt, was eine gemäß § 173 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 264 Nr. 2 ZPO stets zulässige Klageänderung darstellt. Zur Begründung führte der Bevollmächtigte aus, dass die erkennungsdienstliche Behandlung durchgeführt worden sei und die Klage in der Gestalt umgestellt werde, dass nicht mehr der Bescheid aufgehoben werden soll, sondern festgestellt werden soll, dass der erlassene und durchgeführte Bescheid rechtwidrig gewesen sei. Davon, dass nun eine erneute Klageänderung begehrt sei, kann das Gericht nicht ausgehen. Ein - wie hier - von einem Rechtsanwalt eindeutig formuliertes Begehren kann nicht in ein anderes umgedeutet werden. Eines richterlichen Hinweises bedurfte es ebenfalls nicht. Spätestens aufgrund des Beschlusses im Prozesskostenhilfeverfahren war den Parteien die Rechtsauffassung des Gerichts bekannt.

Soweit die Klägerin erstmals im Rahmen des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens einen Anspruch auf Vernichtung der bei der erkennungsdienstlichen Behandlung gewonnenen Unterlagen beziehungsweise eine Löschung der gespeicherten Daten geltend macht, ist die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Denn sie hat vor Klageerhebung keinen entsprechenden Löschungsantrag bei der Behörde gestellt.

b) Die Klage ist darüber hinaus auch unbegründet.

Der Bescheid vom 26. Mai 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Voraussetzungen der Rechtsgrundlage § 81b Alt. 2 StPO sind, dass die Klägerin im Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides Beschuldigte eines Strafverfahrens war und die erkennungsdienstliche Behandlung zum maßgeblichen Zeitpunkt der Vornahme dieser Maßnahmen notwendig im Sinne des § 81b Alt. 2 StPO war. Diese Voraussetzungen liegen vor.

Der Betroffene ist bereits dann Beschuldigter im Sinne des Strafprozessrechts, wenn ein Straf- oder Ermittlungsverfahren gegen den Betroffenen schwebt. Entscheidend ist, wie sich bereits aus dem Wort „Beschuldigter“ ergibt, der Zeitpunkt des Bescheiderlasses (BVerwG, B.v. 14.7.2014 - 6 B 2.14 - juris). Die Beschuldigteneigenschaft wird durch die erste Ermittlungshandlung begründet, die sich gegen eine bestimmte Person richtet (BayVGH, B.v. 2.4.2015 - 10 C 15.304 - juris Rn. 5). Nicht notwendig für die Beschuldigteneigenschaft ist eine Anzeige durch die Polizei bei der Staatsanwaltschaft. Diese Voraussetzung war zum maßgeblichen Zeitpunkt der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung am 26. Mai 2016 hinsichtlich der Klägerin erfüllt. Das Ermittlungsverfahren gegen sie mit dem Aktenzeichen … war bereits seit dem …2016 anhängig. Spätestens mit der Ladung der Klägerin zur Vernehmung als Beschuldigte durch die Polizeiinspektion L. ... vom 16. April 2016 in der Ermittlungssache „Verstoß gegen Betäubungsmittelgesetz am …2016, 21:00 Uhr in Lohr a. Main“, war die Klägerin Beschuldigte im Sinne des § 81b Alt. 2 StPO.

Unschädlich ist, dass das Verfahren durch Beschluss des Amtsgerichts Gemünden a. Main vom 3. August 2017 gemäß § 153 Abs. 2 StPO eingestellt wurde. Der spätere Wegfall der Beschuldigteneigenschaft infolge der Beendigung des Strafverfahrens durch Einstellung, Verurteilung oder Freispruch lässt die Rechtmäßigkeit der angeordneten Maßnahmen unberührt (st. Rspr.; vgl. BayVGH, B.v. 2.4.2015 - 10 C 15.304 - juris Rn. 6; BayVGH, U.v. 12.11.2013 - 10 B 12.2078 - juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 28.11.2012 - 10 ZB 12.1468 - juris Rn. 6). Erkennungsdienstliche Unterlagen nach § 81b Alt. 2 StPO werden im Unterschied zu § 81b Alt. 1 StPO nicht für die Zwecke eines gegen den Betroffenen gerichteten oder irgendeines anderen konkreten Strafverfahrens erhoben. Ihre Anfertigung, Aufbewahrung und systematische Zusammenstellung in kriminalpolizeilichen Sammlungen dient nach ihrer gesetzlichen Zweckbestimmung vielmehr - ohne unmittelbaren Bezug zu einem konkreten Strafverfahren - der vorsorgenden Bereitstellung von sächlichen Hilfsmitteln für die sachgerechte Wahrnehmung der Aufgaben, die der Kriminalpolizei hinsichtlich der Erforschung und Aufklärung von Straftaten durch § 163 StPO zugewiesen sind (BVerwG, U.v. 19.10.1982 - 1 C 29/79; BayVGH, B.v. 19.5.2005 - 24 CS 05.368 - jeweils juris). Dass eine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO nur gegen einen Beschuldigten angeordnet werden darf, besagt lediglich, dass die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung nicht an beliebige Tatsachen anknüpfen und zu einem beliebigen Zeitpunkt ergehen kann, sondern dass sie aus einem konkret gegen den Betroffenen als Beschuldigten geführten Strafverfahren hervorgehen und jedenfalls auch aus den Ergebnissen dieses Verfahrens die gesetzlich geforderte Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung herleiten muss. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die gesetzlichen Zwecke der Anordnung und der durch sie vorgeschriebenen erkennungsdienstlichen Behandlung außerhalb des Strafverfahrens liegen, das Anlass zur Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung des Beschuldigten gibt (BVerwG, U.v. 23.11.2005 - 6 C 2/05 - juris).

Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin greift auch die Unschuldsvermutung wegen der präventiven Zweckrichtung der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung vorliegend nicht. Nach der Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts (B.v. 16.5.2002 - 1 BvR 2257/01 - juris) stellt selbst die Verwertung verbliebener Verdachtsmomente in Verfahren, die nicht zu einer Strafverfolgung des Betroffenen geführt haben, keinen Verstoß gegen die im Rechtsstaatsprinzip begründete Unschuldsvermutung dar. Denn weder die Aufnahme der erkennungsdienstlichen Unterlagen noch ihre Aufbewahrung enthalten eine Aussage über Schuld oder Unschuld des Betroffenen. Allein die Tatsache, dass die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO nur ein noch anhängiges Ermittlungsverfahren voraussetzt, zeigt, dass die Unschuldsvermutung hier nicht greift. Zu diesem Zeitpunkt ist nämlich die Frage einer strafrechtlichen Sanktion notwendigerweise noch offen.

Sogar bei einem rechtskräftigen Freispruch können die Ermittlungsbehörden noch befugt sein, weiterhin davon auszugehen, dass der ursprüngliche Tatverdacht fortbestehe und weiterhin tragfähige Grundlage für die Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen ist (BVerfG, B.v. 16.5.2002 - 1 BvR 2257/01; VG Ansbach, U.v. 18.5.2010 - AN 1 K 10.00372 - jeweils juris). Die Feststellung des Tatverdachts ist etwas substanziell anderes als eine Schuldfeststellung (BVerfG, B.v. 16.5.2002 - 1 BvR 2257/01 - juris Rn. 9).

Das Anlassverfahren erweist sich danach vorliegend als geeignete Grundlage für die Anordnung. Für die präventiven Zwecken dienende Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung sowie der ihrer Durchführung dienende Hilfsmaßnahme der Vorladung ist keine vollumfängliche und zu absoluter Sicherheit führende Sachverhaltsaufklärung erforderlich (vgl. BayVGH, B.v. 23.11.2009 - 10 CS 09.1854 - juris).

Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung ist auch notwendig im Sinne des § 81b Alt. 2 StPO, weil eine auf der Anlasstat beruhende Wiederholungsgefahr besteht. Entgegen der Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerin bedarf es keiner vorherigen rechtskräftigen Verurteilung. Eine Wiederholungsgefahr ist vielmehr dann anzunehmen, wenn aufgrund eines konkreten Sachverhalts die Prognose angestellt werden kann, der Betroffene werde auch in Zukunft in den Kreis Verdächtiger von noch aufzuklärenden anderen Straftaten einbezogen werden können (BayVGH, B.v. 6.12.2011 - 10 ZB 11.365 - juris, m.w.N.). Hierbei beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle darauf, ob die nach kriminalistischer Erfahrung anzustellende Prognose auf zutreffender Tatsachengrundlage beruht und ob sie nach gegebenem Erkenntnisstand unter Einbeziehung des kriminalistischen Erfahrungswissens sachgerecht und vertretbar ist. Der unbestimmte Rechtsbegriff der „Notwendigkeit“ unterliegt dabei der vollen gerichtlichen Überprüfung durch die Verwaltungsgerichte, während das der polizeilichen Prognose über das künftige Verhalten des Betroffenen zugrundeliegende Wahrscheinlichkeitsurteil einer solchen Kontrolle nur begrenzt zugänglich ist (vgl. VGH BW, U.v. 29.5.2008 - 1 S 1503/07; SächsOVG, B.v. 29.1.2010 - 3 D 91/08 und B.v. 12.10.2010 - 3 A 657/09; jeweils juris).

Unter Zugrundelegung dieses Maßstabs hat die Polizeiinspektion Lohr a. Main die Notwendigkeit im Sinne des § 81b Alt. 2 StPO zu Recht bejaht.

Eine Gesamtschau der strafrechtlich relevanten Vorkommnisse begründet den Verdacht, dass die Klägerin auch künftig Verstöße gegen das Betäubungsmittelstrafrecht begehen wird. Der Ehemann der Klägerin ist wegen der Tat am …2016 am Bezirkskrankenhaus in L. ... seit dem 3. August 2017 rechtskräftig wegen des Besitzes von Betäubungsmitteln verurteilt. Er ist bereits mehrfach einschlägig nach dem Betäubungsmittelstrafrecht vorbestraft. Drogendelikte gehören wegen der damit meistens verbundenen Drogenabhängigkeit zu einem Deliktstypus, bei dem nach kriminalistischem Erfahrungswissen häufig mit Wiederholungstaten zu rechnen ist. Der Ehemann der Klägerin besitzt selbst keine Fahrerlaubnis, weswegen er von ihr herumgefahren wird. Aufgrund der getätigten Ermittlung besteht der Verdacht, dass die Klägerin die Fahrten auch deshalb durchführt, um damit die vorhandene Drogenabhängigkeit ihres Ehemannes zu befriedigen. Tatsache ist, dass die Klägerin am …2016 das Fahrzeug führte, das zum Transport von Betäubungsmitteln in das Bezirkskrankenhaus diente. Auch bei der Fahrt im Jahr 2015 nach Tschechien führte sie das Fahrzeug, das der Einfuhr von Betäubungsmitteln nach Deutschland dienen sollte. Die Einstellung beider Verfahren steht einem Restverdacht nicht entgegen (vgl. BayVGH, B.v. 5.1.2017 - 10 ZB 14.2603 - juris Rn. 13).

Bedenken gegen die Verhältnismäßigkeit der getroffenen Anordnung hat die Kammer nicht.

Die Klage ist auch hinsichtlich des zweiten Antrags unbegründet, da die Löschungsvoraussetzungen des Art. 38 Abs. 2 Satz 2 PAG nicht vorliegen. Wie bereits oben ausgeführt, ist der der Speicherung zugrunde liegende Verdacht nicht entfallen. Dem steht auch die Einstellung des Ermittlungsverfahrens nach § 153 Abs. 2 StPO nicht entgegen.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

3. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kosten ergibt sich aus § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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published on 05/01/2017 00:00

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Annotations

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes

1.
die tatsächlichen oder rechtlichen Anführungen ergänzt oder berichtigt werden;
2.
der Klageantrag in der Hauptsache oder in Bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird;
3.
statt des ursprünglich geforderten Gegenstandes wegen einer später eingetretenen Veränderung ein anderer Gegenstand oder das Interesse gefordert wird.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Der Zustimmung des Gerichtes bedarf es nicht bei einem Vergehen, das nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht ist und bei dem die durch die Tat verursachten Folgen gering sind.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen. Der Zustimmung des Angeschuldigten bedarf es nicht, wenn die Hauptverhandlung aus den in § 205 angeführten Gründen nicht durchgeführt werden kann oder in den Fällen des § 231 Abs. 2 und der §§ 232 und 233 in seiner Abwesenheit durchgeführt wird. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.

(1) Die Behörden und Beamten des Polizeidienstes haben Straftaten zu erforschen und alle keinen Aufschub gestattenden Anordnungen zu treffen, um die Verdunkelung der Sache zu verhüten. Zu diesem Zweck sind sie befugt, alle Behörden um Auskunft zu ersuchen, bei Gefahr im Verzug auch, die Auskunft zu verlangen, sowie Ermittlungen jeder Art vorzunehmen, soweit nicht andere gesetzliche Vorschriften ihre Befugnisse besonders regeln.

(2) Die Behörden und Beamten des Polizeidienstes übersenden ihre Verhandlungen ohne Verzug der Staatsanwaltschaft. Erscheint die schleunige Vornahme richterlicher Untersuchungshandlungen erforderlich, so kann die Übersendung unmittelbar an das Amtsgericht erfolgen.

(3) Zeugen sind verpflichtet, auf Ladung vor Ermittlungspersonen der Staatsanwaltschaft zu erscheinen und zur Sache auszusagen, wenn der Ladung ein Auftrag der Staatsanwaltschaft zugrunde liegt. Soweit nichts anderes bestimmt ist, gelten die Vorschriften des Sechsten Abschnitts des Ersten Buches entsprechend. Die eidliche Vernehmung bleibt dem Gericht vorbehalten.

(4) Die Staatsanwaltschaft entscheidet

1.
über die Zeugeneigenschaft oder das Vorliegen von Zeugnis- oder Auskunftsverweigerungsrechten, sofern insoweit Zweifel bestehen oder im Laufe der Vernehmung aufkommen,
2.
über eine Gestattung nach § 68 Absatz 3 Satz 1, Angaben zur Person nicht oder nur über eine frühere Identität zu machen,
3.
über die Beiordnung eines Zeugenbeistands nach § 68b Absatz 2 und
4.
bei unberechtigtem Ausbleiben oder unberechtigter Weigerung des Zeugen über die Verhängung der in den §§ 51 und 70 vorgesehenen Maßregeln; dabei bleibt die Festsetzung der Haft dem nach § 162 zuständigen Gericht vorbehalten.
Im Übrigen trifft die erforderlichen Entscheidungen die die Vernehmung leitende Person.

(5) Gegen Entscheidungen von Beamten des Polizeidienstes nach § 68b Absatz 1 Satz 3 sowie gegen Entscheidungen der Staatsanwaltschaft nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 und 4 kann gerichtliche Entscheidung durch das nach § 162 zuständige Gericht beantragt werden. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten jeweils entsprechend. Gerichtliche Entscheidungen nach Satz 1 sind unanfechtbar.

(6) Für die Belehrung des Sachverständigen durch Beamte des Polizeidienstes gelten § 52 Absatz 3 und § 55 Absatz 2 entsprechend. In den Fällen des § 81c Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt § 52 Absatz 3 auch bei Untersuchungen durch Beamte des Polizeidienstes sinngemäß.

(7) § 185 Absatz 1 und 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes gilt entsprechend.

(1) Hat das Verfahren ein Vergehen zum Gegenstand, so kann die Staatsanwaltschaft mit Zustimmung des für die Eröffnung des Hauptverfahrens zuständigen Gerichts von der Verfolgung absehen, wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen wäre und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung besteht. Der Zustimmung des Gerichtes bedarf es nicht bei einem Vergehen, das nicht mit einer im Mindestmaß erhöhten Strafe bedroht ist und bei dem die durch die Tat verursachten Folgen gering sind.

(2) Ist die Klage bereits erhoben, so kann das Gericht in jeder Lage des Verfahrens unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten das Verfahren einstellen. Der Zustimmung des Angeschuldigten bedarf es nicht, wenn die Hauptverhandlung aus den in § 205 angeführten Gründen nicht durchgeführt werden kann oder in den Fällen des § 231 Abs. 2 und der §§ 232 und 233 in seiner Abwesenheit durchgeführt wird. Die Entscheidung ergeht durch Beschluß. Der Beschluß ist nicht anfechtbar.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.