Mit seiner Beschwerde verfolgt der Kläger seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für ein Klageverfahren gegen den Bescheid der Polizeiinspektion S. vom 8. Dezember 2014 weiter. Mit diesem Bescheid war die erkennungsdienstliche Behandlung des Klägers angeordnet worden.
Die zulässige Beschwerde ist unbegründet, denn die Voraussetzung für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO liegen nicht vor.
Das Verwaltungsgericht hat die für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe erforderliche hinreichende Aussicht auf Erfolg der beabsichtigten Rechtsverfolgung zu Recht verneint, weil die beabsichtigte Klage des Klägers auf Aufhebung des Bescheides vom 8. Dezember 2014, mit dem seine erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO angeordnet wurde, voraussichtlich keinen Erfolg haben wird.
Zunächst ist der Beklagte zu Recht davon ausgegangen, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Ergehens der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung vom 8. Dezember 2014 Beschuldigter eines Strafverfahrens und damit zulässiger Adressat der angefochtenen Maßnahme gemäß § 81b Alt. 2 StPO war.
Soweit es für die Rechtmäßigkeit der Anordnung erkennungsdienstlicher Maßnahmen auf die Eigenschaft als Beschuldigter ankommt, ist auf den Zeitpunkt des Erlasses des Bescheides abzustellen (BVerwG, B. v. 14.7.2014 - BVerwG 6 B 2.14 - juris Rn. 4). Beschuldigter i. S. d. § 81 Alt. 2 StPO ist, gegen wen aufgrund zureichender tatsächlicher Anhaltspunkte (§ 152 Abs. 2 StPO) das Strafverfahren betrieben wird. Die Beschuldigteneigenschaft wird durch die erste Ermittlungshandlung begründet, die sich gegen eine bestimmte Person richtet. Die ersten Ermittlungshandlungen gegen den Kläger wurden nach der Anzeige wegen des Vorfalls vom 23. April 2014 eingeleitet. Unerheblich für die Beschuldigteneigenschaft des Klägers ist, dass inzwischen wegen dieses Vorfalls am 20. Oktober 2014 Anklage zum Amtsgericht S. wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern erhoben wurde. Denn § 81b Alt. 2 StPO ermächtigt zu präventiv-polizeilichen Maßnahmen der Strafverfolgungsvorsorge und dient, ohne unmittelbaren Bezug zu einem konkreten Strafverfahren, der vorsorgenden Bereitstellung von Hilfsmitteln für die künftige Erforschung und Aufklärung von Straftaten. Dass die erkennungsdienstliche Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO nur gegen einen Beschuldigten angeordnet werden darf, besagt lediglich, dass deren Anordnung nicht an beliebige Tatsachen anknüpfen und zu einem beliebigen Zeitpunkt ergehen kann, sondern dass sie aus einem konkret gegen den Betroffenen als Beschuldigten geführten Strafverfahren hervorgehen und sich jedenfalls auch aus den Ergebnissen dieses Verfahrens die gesetzlich geforderte Notwendigkeit der erkennungsdienstlichen Behandlung herleiten muss (BVerwG, U. v. 23.11.2005 - 6 C 2.05 - juris Rn. 20). Für die Beschuldigteneigenschaft kommt es somit allein darauf an, dass der Kläger zum Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheides formell betrachtet Beschuldigter eines Strafverfahrens war. Die Beschuldigteneigenschaft i. S. d. § 81b Alt. 2 StPO entfällt nicht rückwirkend, wie der Kläger wohl meint, wenn das Ermittlungsverfahren abgeschlossen ist und Anklage erhoben wird.
Nicht erheblich ist insoweit, ob die Einleitung des Strafverfahrens nach materiellem Recht ordnungsgemäß erfolgt ist, oder die Rechte des Betroffenen im Ermittlungsverfahren gewahrt wurden. Mit § 81 Alt. 2 StPO und Art. 14 Abs. 1 Nr. 2 PAG stehen zwei Befugnisnormen für die Vornahme erkennungsdienstlicher Maßnahmen durch die Polizei zur Verfügung, deren Anwendungsbereich sich nur durch die Beschuldigteneigenschaft des Betroffenen abgrenzen lässt und die zueinander in Gesetzeskonkurrenz stehen (Berner/Köhler/Käß, PAG, 20. Aufl. 2010, Art. 14 Rn. 2 und 9), so dass ausschließlich auf die formelle Einleitung des Strafverfahrens abzustellen ist, weil sonst die Polizeibehörden in jedem Einzelfall überprüfen müssten, ob das Strafverfahren gegen einen Beschuldigten zu Recht eingeleitet worden ist (vgl. BayVGH, U. v. 12.11.2013 - 10 B 12.2078 - Rn. 19; BayVGH, B. v. 6.11.2011 - 10 ZB 11.365 - juris Rn. 3; NdsOVG, B. v. 20.11.2014 - 11 LC 232/13 - juris Rn. 25; NdsOVG, U. v. 28.9.2006 - 11 LB 53/6 - juris Rn. 23). Somit kommt es nicht darauf an, ob der Kläger wegen von ihm behaupteten Verfahrensfehlers im Ermittlungsverfahren tatsächlich verurteilt werden könnte. Selbst wenn im Rahmen des Ermittlungsverfahrens das rechtliche Gehör des Klägers verletzt worden wäre, wäre dies allenfalls im Strafverfahren zu berücksichtigen. Auf die Beschuldigteneigenschaft i. S. d. § 81b Alt. 2 StPO wäre dies aber ohne Einfluss. Die Rechtmäßigkeit der Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung bezogen auf das Tatbestandsmerkmal der Beschuldigteneigenschaft entfällt nämlich selbst bei einem späteren Freispruch oder der Einstellung des Verfahrens nicht (BVerwG, U. v. 23.11.2005 - 6 C 2.05 - juris Rn. 20; BayVGH, U. v. 12.11.2013 - 10 B 12.2078 - juris Rn. 19; NdsOVG, B. v. 20.11.2014 - 11 LC 232/13 - juris Rn. 25 jeweils m. w. N.).
Die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81 Alt. 2 StPO zu einem Zeitpunkt, in dem der Betroffene noch nicht wegen der ihm zur Last gelegten Straftat rechtskräftig verurteilt ist, widerspricht auch nicht der im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Unschuldsvermutung (Art. 6 Abs. 2 EMRK). Nach ständiger Rechtsprechung ist die erkennungsdienstliche Behandlung als präventiv-polizeiliche Maßnahme zur vorbeugenden Straftatenbekämpfung zwar von einem fortbestehenden hinreichenden Tatverdacht, nicht aber von einer (rechtskräftigen) strafgerichtlichen Schuldfeststellung abhängig. Die Feststellung eines Tatverdachts ist vielmehr etwas substanziell anderes als eine Schuldfeststellung (vgl. BayVGH, B. v. 29.10.2014 - 10 ZB 14.1355 - juris Rn. 7 m. w. N.). Aufgrund der präventiv-polizeilichen Ausrichtung der Anordnung nach § 81b Alt. 2 StPO als Maßnahme zur Strafverfolgungsvorsorge ist vielmehr unter Würdigung der gesamten Umstände des Falles der Frage nachzugehen, ob mit der Einstellung des Strafverfahrens bzw. mit dem Freispruch der Tatverdacht gegen den Beteiligten vollständig entfallen ist, oder ob ein „Restverdacht“ verbleibt. Widerspricht die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 81b Alt. 2 StPO selbst dann nicht der Unschuldsvermutung nach Art. 6 Abs. 2 EMRK, wenn die Beschuldigteneigenschaft nach Erlass der Anordnung durch Verfahrenseinstellung oder Freispruch entfällt und ein Restverdacht verbleibt, so gilt dies erst recht für den Zeitraum, in dem das Strafverfahren noch nicht endgültig abgeschlossen ist.
Die Notwendigkeit einer erkennungsdienstlichen Behandlung i. S. d. § 81b Alt. 2 StPO bestimmt sich danach, ob der Sachverhalt, der anlässlich des gegen den Betroffenen gerichteten Strafverfahrens festgestellt wurde, nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalles Anhaltspunkte für die Annahme bietet, dass der Betroffene in den Kreis der Verdächtigen einer noch aufzuklärenden anderen Straftat einbezogen werden könnte und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen, den Betroffenen letztlich überführend oder entlastend, fördern könnten (BVerwG, U. v. 23.11.2005 - 6 C 2.05 - juris Rn. 22 m. w. N.). Es hat stets eine Abwägung zu erfolgen, in die einerseits das Interesse der Öffentlichkeit an einer effektiven Verhinderung bzw. Aufklärung von Straftaten und andererseits das Interesse des Betroffenen einzustellen ist, entsprechend dem Menschenbild des Grundgesetzes nicht bereits deshalb als potentieller Rechtsbrecher behandelt zu werden, weil er sich irgendwie verdächtig gemacht hat oder angezeigt worden ist. Im Falle des Klägers hat der der Anzeige der Großmutter der Geschädigten zugrunde liegende Sachverhalt zur Erhebung der öffentlichen Klage durch die Staatsanwaltschaft und inzwischen wohl auch zur Eröffnung des Hauptverfahrens durch das Amtsgericht geführt. Dieser Sachverhalt rechtfertigt auch die Prognose des Beklagten, der Kläger werde auch in Zukunft Straftaten auf sexueller Basis begehen. Für die Prognose der Wiederholungsgefahr sind alle Umstände des Einzelfalls, insbesondere die Art, Schwere und Begehensweise der dem Beschuldigten zur Last gelegten Straftaten, seine Persönlichkeit und der Zeitraum, während dem er strafrechtlich nicht mehr in Erscheinung getreten ist, als Anhaltspunkte heranzuziehen. Gemessen an diesen Grundsätzen erweist sich die Einschätzung des Beklagten, dass nach sachgerechter und vertretbarer kriminalistischer Erfahrung tragfähige Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, der Kläger könne als Beschuldigter einer Sexualstraftat künftig in den Kreis möglicher Tatverdächtiger einer aufzuklärenden strafbaren Handlung einbezogen werden und die Durchführung erkennungsdienstlicher Maßnahmen könne dann ermittlungsfördernd sein, als zutreffend. Sexualdelikte sind regelmäßig von einer besonderen Veranlagung oder Neigung des Täters geprägt und bergen damit statistisch betrachtet eine signifikant höhere Rückfallgefahr, wenn nicht die Tatumstände und alle weiteren bedeutsamen Faktoren auf eine zu erwartende Einmaligkeit der Tat hindeuten (OVG Saarland, B. v. 13.3.2009 - 3 B 34.09 - juris Rn. 33 ff.; BayVGH, U. v. 22.11.2013 - 10 B 12.278 - juris Rn. 25). Gegen die Einmaligkeit der Anlasstat spricht vorliegend bereits, dass die Geschädigte der Tat vom 23. April 2014 ausgesagt hat, dass sie den Kläger bereits im Januar oder Februar 2014 ebenfalls im Hallenbad in S. bei exhibitionistischen Handlungen beobachtet habe. Auch die Begehensweise der Tat in einem Schwimmbad, in dem die anderen Schwimmer nur mit Badekleidung bekleidet sind und sich in unmittelbarer Nähe des Klägers im Schwimmbecken aufhalten, spricht gegen den Kläger. Das von den Stadtwerken S. ausgesprochene Hausverbot in dem Schwimmbad in S. lässt die Wiederholungsgefahr nicht entfallen. Es ist nicht außerhalb jeglicher Lebenserfahrung, dass der Kläger aufgrund seiner Veranlagung andere Bäder aufsuchen könnte, um dort exhibitionistische Handlungen zu begehen, nachdem ihm für das Hallenbad in S. ein Hausverbot erteilt worden ist.
Der Beklagte hat sich im Bescheid vom 8. Dezember 2014 auch damit auseinandergesetzt, welche erkennungsdienstlichen Unterlagen über den Kläger benötigt werden. Er hat ausgeführt, dass mit Hilfe von Lichtbildern und einer Personenbeschreibung eine Identifizierung möglich ist oder Fahndungsmaßnahmen eingeleitet werden können. Mit Fingerabdrücken könne die Anwesenheit an einem bestimmten Tatort nachgewiesen werden. Die Einwendungen des Klägers, wonach bei Tathandlungen unter Wasser Fingerabdrücke zur Identifizierung nicht geeignet seien und ihm außerdem schon vor ca. 30 Jahren Fingerabdrücke abgenommen worden sein, lassen die im Bescheid vom 8. Dezember 2014 angeordneten erkennungsdienstlichen Maßnahmen nicht unverhältnismäßig erscheinen. Finger- und Handflächenabdrücke unterliegen schon durch den natürlichen Alterungsprozess Veränderungen (vgl. BayVGH, B. v. 20.1.2011 - 10 CS 10.2725 - juris Rn. 12; OVG Lüneburg, U. v. 21.2.2008 - 11 LB 417/97 - juris Rn. 30 ff. m. w. N.). Aus der dem Kläger zur Last gelegten Straftat ergibt sich auch nicht zwangsläufig, dass der Kläger exhibitionistische Handlungen ausschließlich unter Wasser vornehmen würde und daher die Abnahme von Fingerabdrücken zu seiner Überführung nicht notwendig sein könnte. Da es sich bei Sexualstraftaten um Neigungsdelikte handelt, ist durchaus denkbar, dass der Kläger auch außerhalb von Schwimmbädern mit exhibitionistischen Handlungen auffällig wird und dabei Fingerabdrücke hinterlässt.
Bedenken an der Zumutbarkeit der durch den Bescheid vom 8. Dezember 2014 angeordneten Maßnahmen bestehen auch im Hinblick auf die vom Kläger behauptete seelische Belastung durch die erkennungsdienstlichen Maßnahmen nicht. Im konkreten Einzelfall darf zwar die Schwere des mit der konkreten erkennungsdienstlichen Maßnahme verbundenen Grundrechtseingriffs nicht außer Verhältnis zu dem mit der Maßnahme verfolgten öffentlichen Interesse stehen (NdsOVG, U. v. 30.1.2013 - 11 LB 51/12 - juris Rn. 34). Da aber tragfähige Anhaltspunkte für die Annahme bestehen, dass der Kläger auch künftig wieder exhibitionistische Handlungen vornehmen könnte und somit eine Gefahr für ein hohes Schutzgut besteht, und demgegenüber nicht ersichtlich ist, inwieweit die Vornahme der angeordneten er-kennungsdienstlichen Maßnahmen den Kläger wegen der von ihm geschilderten Verfolgung durch das SED-Regime in besonderer Weise belasten würde, überwiegt vorliegend das öffentliche Interesse, ermittlungsfördernde Unterlagen über den Kläger zu erhalten. Insbesondere ergibt sich aus den vorgelegten Unterlagen zu den Opfern des SED-Regimes und dem Vorbringen des Klägers nicht, dass es durch die Vornahme der erkennungsdienstlichen Behandlung beim Kläger zu einer schweren psychischen Krise oder ähnlich schwerwiegenden Folgen kommen könnte.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, weil nach Nr. 5502 des Kostenverzeichnisses (Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG) eine streitwertunabhängige Gebühr anfällt.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).