Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 22. Okt. 2018 - W 8 K 17.502

bei uns veröffentlicht am22.10.2018

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Die Nr. 1.3 des Bescheides des Landratsamtes W. vom 13. April 2018 und die entsprechende Zwangsgeldandrohung in Nr. 4, soweit sie sich auf die Nr. 1.3 bezieht, und die Nr. 2 des Bescheides werden aufgehoben.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Von den Kosten des Verfahrens haben die Klägerin 2/3, der Beklagte 1/3 zu tragen.

III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen den Bescheid des Landratsamts W. vom 13. April 2017, in dem bestimmte Anordnungen wegen lebensmittelrechtlicher Verstöße getroffen werden.

1. Am 5. April 2017 wurde der Präsentationsstand der Klägerin, einer Promotionsfirma, im E … - Markt D … in … K … durch die Lebensmittelüberwachung des Landratsamtes W. kontrolliert. Der Stand befand sich in der Obst- und Gemüseabteilung des Marktes. Als Promoterin war Frau S. anwesend, die vor Ort Ananas in mundgerechte Stücke schnitt und den Kunden anbot. Im Rahmen der Kontrolle beanstandete das Landratsamt W. einige strukturelle und hygienische Mängel. Festgestellt wurde insbesondere das Fehlen einer hygienischen Handwascheinrichtung mit Flüssigseife und Handtrocknungseinrichtungen in unmittelbarer Nähe des Standes in der Obstabteilung. Unterhalb des Standes sei nur ein 10 l-Eimer für die Oberflächenreinigung bereit gestellt gewesen. Das nächste Handwaschbecken sei im Lager- bzw. Gebäckaufsetzraum des Marktes gewesen. Weiterhin habe es für die Bereitung und Portionierung des Obstes keine Arbeitsanweisungen der Zentrale gegeben. Die Reinigung der Gerätschaften sei zum Zeitpunkt der Kontrolle nicht geregelt gewesen. Das Wasser des Eimers zur Zwischenreinigung der Oberflächen sei zum Zeitpunkt der Kontrolle bereits eingetrübt gewesen. Ferner habe Frau S. zum Zeitpunkt der Kontrolle keine Bescheinigung der Erstbelehrung nach Infektionsschutzgesetz (IfSG) oder Gesundheitszeugnis per Dokument und auch keine Hygieneschulung im Umgang mit fein zerkleinertem Obst, insbesondere eine auf den Präsentationsstand abgestimmte Schulung vorweisen können. Zudem habe kein HACCP-Konzept mit den Dokumenten vorgelegt werden können.

Mit Bescheid vom 13. April 2017, der Klägerin zugestellt am 20. April 2017, trug das Landratsamt W. der Klägerin auf, im gesamten Landkreis W. bei entsprechenden Präsentationen die nachfolgend genannten Anforderungen zu erfüllen und die beschriebenen Mängel in den in der Übersicht genannten Fristen zu beseitigen bzw. die Anforderungen einzuhalten (Nr. 1). Es wurden im Wesentlichen folgende Anordnungen getroffen: An geeigneten Orten müssen näher beschriebene hygienische Waschvorrichtungen zum Händewaschen eingerichtet werden. Am Stand bzw. in unmittelbarer Nähe muss eine Handwaschmöglichkeit für das Personal erstellt werden. Dies kann auch durch ein mobiles Handwaschbecken für die Zeit der Präsentation erfolgen. Eine Verwendung von lediglich Einweghandschuhen ist nicht ausreichend (lfd. Nr. 1.1). Das fein zerkleinerte Obst ist vor der Gefahr von Kontaminationen bei der Bereitung in mundgerechte Stücke zu schützen. Im Umgang mit fein zerkleinertem Obst sind die Leitlinien der „Guten Hygienepraxis des Einzelhandels“ anzuwenden. Des Weiteren bestehen von der QM-Abteilung der Fa. E … Hygieneregeln im Umgang mit fein zerkleinertem Obst. Auch bei einer zweitägigen Präsentation sind diese Vorgaben anzuwenden und auf die Gegebenheiten des Marktes anzupassen (lfd. Nr. 1.2). Für Personen, die gewerbsmäßig die im § 42 Abs. 1 IfSG bezeichneten Tätigkeiten ausüben, muss durch eine nicht mehr als drei Monate alte Bescheinigung des Gesundheitsamtes oder eines vom Gesundheitsamt beauftragten Arztes nachgewiesen sein, dass sie 1. über die in § 42 Abs. 1 genannten Tätigkeitsverbote und über die Verpflichtungen nach den Absätzen 2, 4 und 5 in mündlicher und schriftlicher Form vom Gesundheitsamt oder von einem durch das Gesundheitsamt beauftragten Arzt belehrt wurden, und 2. nach der Belehrung im Sinne Nr. 1 schriftlich erklärt haben, dass ihnen keine Tatsachen für ein Tätigkeitsverbot bei Ihnen bekannt sind. Die Dokumente sind auf Verlangen der Behörde vorzulegen (lfd. Nr. 1.3). Die Mitarbeiter müssen fachgerecht geschult werden. Die erworbenen Fachkenntnisse sind nachzuweisen. Die Bescheinigung ist auf Verlangen der Behörde vorzulegen (lfd. Nr. 1.4). Es sind ein oder mehrere ständige, dokumentierte Verfahren, die auf den HACCP-Grundsätzen beruhen, einzurichten, durchzuführen und aufrecht zu erhalten. Die Dokumente sind auf die jeweiligen Marktgegebenheiten abzustimmen und der Behörde auf Verlangen vorzulegen (lfd. Nr. 1.5). Als Frist für die unter den lfd. Nrn. 1.1 bis 1.5 genannten Anordnungen wurde jeweils „unverzüglich nach Erhalt dieses Bescheids“ bestimmt. Auf die Ausführungen im Bescheid unter lfd. Nrn. 1.1 bis 1.5 wird ergänzend verwiesen. Die Klägerin wurde verpflichtet, an ihrem jeweiligen Präsentationsstand das Betreten dieses Bereichs durch die Mitarbeiter des Landratsamtes W. - Verbraucherschutz - bzw. hinzugezogene beauftragte Fachpersonen zu dulden, und die Durchsetzung durch unmittelbaren Zwang, wenn das genannte Recht auf Betreuung und Untersuchung nicht gewährt wird, wurde angedroht (Nr. 2). Die sofortige Vollziehung der Ziffern 1. und 2. dieses Bescheides wurde angeordnet (Nr. 3). Für den Fall eines Verstoßes gegen die in Ziffer 1. genannte Anordnung wurde ein Zwangsgeld für die Ziffern 1.2, 1.4 und 1.5 in Höhe von je 50,00 EUR, für die Ziffer 1.3 in Höhe von 100,00 EUR und für die Ziffer 1.1 in Höhe von 150,00 EUR festgesetzt und angedroht. Ferner wurde darauf hingewiesen, dass im Falle einer Nichtzahlung des Zwangsgeldes Ersatzzwangshaft durch das Verwaltungsgericht angeordnet werden kann. Der Klägerin wurden als Verursacherin die Kosten des Verfahrens auferlegt (Nr. 5). Für diesen Bescheid wurde eine Gebühr von 104,52 EUR festgesetzt sowie Auslagen in Höhe von 14,17 EUR (Nr. 5).

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, im Gesamteindruck hätten sich Mängel in der Umsetzung eines Hygieneverständnisses offenbart. Zu ändern wären diese Mängel u.a. in einer höheren Bereitschaft des Betriebes, in den genannten Punkten Verbesserungen konsequent herbeizuführen und auch durchzusetzen. Die Anordnungen in Ziffer 1.1 bis 1.5 des Bescheides beruhten auf Art. 54 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 vom 29. April 2004, zuletzt geändert durch Verordnung (EU) Nr. 652/2014 vom 15. Mai 2014 (Kontrollverordnung), i.V.m. § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB. Hiernach träfen die zuständigen Behörden bei Verstößen die notwendigen Anordnungen um Abhilfe zu schaffen, die insbesondere zur Beseitigung festgestellter oder zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit erforderlich seien. Die bei der Kontrolle am 5. April 2017 vorgefundenen Zustände verstießen insbesondere gegen die Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene, in jeweils geltender Fassung und der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel vom 25. Oktober 2011 in jeweils geltender Fassung (genaue Rechtsgrundlagen siehe Tenor Ziffer 1.1 bis 1.5) und des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches (LFGB) (genaue Rechtsgrundlagen s. Tenor Ziffer 1.1 bis 1.5). Die Klägerin sei Lebensmittelunternehmerin im Sinne des Art. 3 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, für die die Hygienebestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 und Nr. 853/2004 gelten würden. Gemäß Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 hätten Lebensmittelunternehmer, die auf Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen von Lebensmitteln tätig seien, die den Arbeitsgängen gemäß Abs. 1 nachgeordnet seien, die allgemeinen Hygienevorschriften gemäß Anhang II sowie etwaige spezielle Anforderungen der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 zu erfüllen. Gemäß den genannten Vorschriften habe der Betrieb des Betriebsinhabers die Pflicht, die Ablaufprozesse und die baulichen Vorrichtungen so zu konzipieren und anzulegen, dass eine gute Lebensmittelhygiene gewährleistet sei und Kontaminationen zwischen und während der Arbeitsgänge vermieden werden (Art. 1, 2, 3 Anhang II Verordnung (EG) Nr. 852/2004). Das Ergebnis der Überprüfung vom 5. April 2017 habe gezeigt, dass die betrieblichen Bedingungen den Anforderungen teilweise nicht gerecht würden. Neben den Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 bestünden Forderungen an die allgemeine Hygiene, wie unter Ziffer 1.1 bis 1.5 beschrieben, ebenso wie die Anforderungen an das HACCP-Konzept (s. Art. 5 Abs. 2 VO (EG) 852/2004). Alle Vorschriften hätten das ausschließliche Ziel, ein Höchstmaß an Lebensmittelsicherheit gegenüber der Bevölkerung zu erzielen. Daher sei es erforderlich, Räume, Geräte, Arbeitsmittel und Einrichtungsgegenstände der Betriebsstätten nachhaltig so herzurichten, dass eine nachteilige Beeinflussung von Lebensmitteln sicher ausgeschlossen werden könne. In der Gesamtbetrachtung widerspreche die vorgefundene Situation in einigen wesentlichen Punkten den geltenden lebensmittelrechtlichen Vorschriften und könne aus Gründen der Lebensmittelsicherheit und der Lebensmittelhygiene so nicht weiter hingenommen oder toleriert werden. Aufgrund der Anzahl sowie der Art und dem Ausmaß der einzelnen Mängel und Beanstandungen sei unter Berücksichtigung pflichtgemäßen Ermessens der Erlass der getroffenen Anordnungen geboten. Sie seien ferner notwendig, um den Betriebsinhaber zur Schaffung und Aufrechterhaltung gesetzmäßiger Zustände bei der Behandlung von Lebensmitteln zu veranlassen. Die Anordnungen seien darüber hinaus zumutbar und angemessen, dass sie den Betroffenen nicht über Gebühr in seinen Rechten beeinträchtigten und eine Gefährdung der Gesundheit der Verbraucher nicht durch mildere Maßnahmen vorgebeugt werden könne. Die im Bescheid genannten Fristen seien angemessen, um Hygienemaßnahmen (auch die baulichen) umzusetzen. Das Landratsamt W. mache von dem ihm eingeräumten Ermessenspielraum pflichtgemäß Gebrauch, wenn es die in Ziffer 1.1 bis 1.5 aufgeführten Maßnahmen zur Beseitigung festgestellter Verstöße anordne. Dabei räumten Art. 54 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 882/2004 und § 39 Abs. 2 LFGB angesichts der Formulierung „…trifft…“ kein Entschließungsermessen, also kein Ermessen hinsichtlich der Frage, ob überhaupt eingegriffen werden solle, ein, sondern würden die zuständige Behörde bei Vorliegen der tatbestandlichen Merkmale zum Eingreifen verpflichten. Ein Auswahlermessen bestehe lediglich hinsichtlich der Wahl der zur Verfügung stehenden Handlungsmittel. Die angeordneten Maßnahmen seien geeignet, die festgestellten Verstöße zu beseitigen. Sie seien hierzu auch erforderlich, ein milderes Mittel käme dabei nicht in Betracht. Das an der Einhaltung lebensmittelrechtlichen Vorschriften zum Schutze des Verbrauchers bestehende öffentliche Interesse überwiege zweifellos das wirtschaftliche Interesse der Klägerin als Lebensmittelunternehmerin, von der Anwendung solcher Vorschriften verschont zu bleiben. Gemäß §§ 42, 43 und 44 LFGB dürften Personen, die von der zuständigen Behörde beauftragt seien, zum Zwecke der Nachschau und Überwachung oder der Probenahme Grundstücke, Geschäftsräume und Wirtschaftsgebäude des Auskunftspflichtigen betreten. Deshalb sei es erforderlich, geeignet und angemessen, vorsorglich die Duldung der Betretung und der erforderlichen Maßnahmen anzuordnen. Um bei Weigerung das Betretungsrecht für die Mitarbeiter des Landratsamtes und der Polizeibehörden durchzusetzen, sei die Anwendung des unmittelbaren Zwangs erforderlich, geeignet und angemessen. Mildere Zwangsmittel würden ins Leere laufen. Die Androhung des Zwangsgeldes in Ziffer 4 des Bescheides stütze sich auf Art. 29, 30,31 und 36 VwZVG. Die in Ziffer 1.1 bis 1.5 eingeräumten Fristen seien im Hinblick auf Art und Umfang der geforderten Handlungen angemessen und ausreichend für die Fristbestimmung nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG. Es werde nach Art. 28 BayVwVfG von der Anhörung abgesehen, da eine sofortige Entscheidung im öffentlichen Interesse notwendig erscheine. Die Kostenentscheidung für die Routinekontrolle stütze sich auf Art. 54 Abs. 5 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über amtliche Kontrollen zu Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz, Art. 1 und 2 KG. Stelle hiernach die zuständige Behörde einen Verstoß fest, so treffe sie die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schaffe. Alle infolge dieser Maßnahmen anfallenden Kosten seien von dem betreffenden Lebensmittelunternehmer zu tragen. Daher seien die vollen Kosten der Betriebskontrolle am 5. April 2017, die zum Erlass der Anordnungen Ziffer 1.1 bis 1.5 des Bescheides geführt hätten, bei der Bemessung der Gebühr mit zu berücksichtigen.

2. Die Klägerin ließ mit Schriftsatz vom 22. Mai 2017, eingegangen bei Gericht per Telefax am selben Tag, Klage erheben und beantragen,

den Anordnungsbescheid des Landratsamtes W. vom 13. April 2017, Aktenzeichen: FB 14-514/200 A 008/2017 Ma, aufzuheben.

Zur Begründung wurde im Schriftsatz vom 2. Februar 2018 im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei schon die falsche Adressatin. Entgegen der Annahme des Beklagten sei die Klägerin nicht Verursacherin. Bei der im Bescheid genannten Frau S. handle es sich entgegen der Annahme des Beklagten nicht um eine Mitarbeiterin der Klägerin, sondern um eine von der Klägerin beauftragte Subunternehmerin, die die Einhaltung der hygienerechtlichen Vorschriften selbst- bzw. eigenverantwortlich zu beachten habe. Irrig habe der Beklagte die Klägerin als Lebensmittelunternehmerin im Sinne des Art. 3 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 angesehen. Lebensmittelunternehmerin im Sinne der vorgenannten Vorschrift seien natürliche und juristische Personen, die dafür verantwortlich seien, dass die Anforderungen des Lebensmittelrechts in dem ihrer Kontrolle unterstehenden Lebensmittelunternehmen erfüllt werden. Die Klägerin werde über die E … AG von den jeweiligen E …-Marktinhabern mit der Organisation unterschiedlichster verkaufsfördernder Veranstaltungen, wie zum Beispiel Verkostungen, beauftragt, so auch hier. Am 5. April 2017 sei im E …-Markt D … eine Obst- bzw. Ananas-Verkostung durchgeführt worden. Mit dieser sei die im Bescheid erwähnte Frau S. beauftragt worden, wobei es sich bei Frau S. nicht um eine Mitarbeiterin der Klägerin handle, sondern um eine selbstständige Promoterin, die nicht ausschließlich für die Klägerin tätig sei und von dieser nur gelegentlich und im Bedarfsfall beauftragt werde. Ein Anstellungsverhältnis bestehe nicht. Für die Einhaltung der hygienerechtlichen Vorschriften sei mithin allein Frau S. und/oder der/die Inhaber(in) des betroffenen E …-Marktes D … verantwortlich gewesen, jedoch nicht die Klägerin. Die Klägerin sei folglich die falsche Adressatin des angegriffenen Bescheids.

Dessen ungeachtet sei dem Bescheid auch inhaltlich entgegenzutreten. Gemäß Ziff. 1.1 des angegriffenen Bescheids sei beanstandet worden, dass sich am Stand in der Obstabteilung kein Handwaschbecken in unmittelbarer Nähe befunden habe. Entsprechendes sei gesetzlich jedoch nicht vorgegeben. Gemäß Art. 4 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 852/2004 in Verbindung mit Anhang II Kapitel I Nr. 4 müssten Handwaschbecken an geeigneten Standorten vorhanden sein. Eine unmittelbare Nähe fordere das Gesetz nicht. Der Gesetzgeber habe auch keine konkreten Vorgaben in Metern gemacht. Die Handwaschbecken müssten lediglich an geeigneten Standorten vorhanden sein. Dies sei der Fall gewesen. Ziff. 1.2 des Bescheides beinhalte einen vermeintlichen Verstoß der Klägerin gegen Art. 4 Abs. 2 Verordnung (EG) Nr. 852/2004 in Verbindung mit Anhang II Kapitel IX Nr. 3. Beanstandet werde, dass keine Arbeitsanweisungen für das Personal für das Reinigen von Gerätschaften und Arbeitspflichten bestanden hätten. Bei Frau S. handle es sich nicht um Personal der Klägerin. Frau S. habe in Eigenverantwortung die Beachtung der gesundheits- und hygienerechtlichen Vorschriften zu beachten gehabt. Auch für die gemäß Ziff. 1.3 des Bescheides beanstandete Nichtvorlage der Bescheinigung der Erstbelehrung nach dem Infektionsschutzgesetz sei Frau S. verantwortlich (gewesen). Dessen ungeachtet werde hier neben der entsprechende Nachweis überreicht. Ein Gesundheitszeugnis könne im Bedarfsfall nachgereicht werden. Entsprechendes gelte bezüglich Ziff. 1.4 des Bescheides. Die Klägerin sei insoweit nicht verantwortlich. Auch Ziff. 1.5 sei zu Unrecht verfügt worden. Mangels Lebensmittelunternehmer/in-Eigenschaft der Klägerin im Sinne des Art. 3 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 habe die Klägerin die durch Art. 5 Abs. 1 Verordnung (EG) Nr. 852/2004 gemachten Vorgaben nicht zu beachten.

3. Der Beklagte führte mit Schriftsatz vom 26. Februar 2018 zur Begründung der Klageerwiderung im Wesentlichen aus, bei der Kontrolle des Präsentationsstandes der Klägerin am „11“. April 2017 (richtig: 5. April 2017) im E …-Markt D … sei durch die Lebensmittelüberwachung des Landkreises W. Frau S. als Promoterin angetroffen worden. Frau S. habe gegenüber dem Lebensmittelkontrolleur angegeben, Mitarbeiterin der Klägerin zu sein und auf ihren Chef bei der Klägerin, Herrn L. G., verwiesen. Es habe für die Lebensmittelüberwachung somit kein Anlass zu der Annahme bestanden, dass Frau S. selbstständige Subunternehmerin sei. Diesbezüglich seien bis heute auch keine Unterlagen vorgelegt worden. Durch den stellvertretenden Marktleiter des E …-Marktes D …, Herr H., sei außerdem angegeben worden, dass die Klägerin mit der Durchführung beauftragt gewesen sei, nicht Frau S. Es werde daher weiterhin davon ausgegangen, dass Frau S. als weisungsgebundene Mitarbeiterin der Klägerin tätig geworden sei. Somit sei die Klägerin als Lebensmittelunternehmerin im Sinne des Art. 3 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 die richtige Adressatin des Anordnungsbescheides vom 13. April 2017.

Entsprechend der „HDE-Leitlinie für eine gute Lebensmittelhygienepraxis“ müssten „(i) n Räumen, in denen unverpackte Lebensmittel bearbeitet und behandelt werden, (…) sich im Arbeitsumfeld leicht erreichbare Handwaschbecken befinden“. Diese decke sich mit der „Leitlinie für eine gute Lebensmittelhygienepraxis in ortsveränderlichen Betriebsstätten“, wonach „mindestens ein leicht erreichbares Waschbecken für die hygienische Händereinigung vorhanden sein“ müsse. Der Stand der Klägerin habe sich in der Obst- und Gemüseabteilung des E …-Marktes D … befunden. Das nächstgelegene Handwaschbecken habe hinter der Metzgereitheke am anderen Ende des Supermarktes gelegen. Um dieses zu erreichen müsste der Supermarkt einmal fast komplett durchquert werden. Es habe sich also nicht im Arbeitsumfeld befunden und sei auch nicht leicht zu erreichen gewesen. Im Übrigen habe sich Frau S. bei der stellvertretenden Marktleitung, Herrn H., überhaupt nicht danach erkundigt, wo sich im Supermarkt ein für sie leicht erreichbares Handwaschbecken befinde und ob sie dieses nutzen könne. Sie habe also überhaupt nicht gewusst, wo sich ein solches befinde und ob sie es nutzen könne.

Gemäß § 43 Abs. 5 IfSG seien die Bescheinigung nach § 43 Abs. 1 IfSG und die Dokumentation nach § 43 Abs. 4 IfSG beim Arbeitgeber aufzubewahren, bzw. bei Tätigkeiten an wechselnden Standorten eine beglaubigte Abschrift oder Kopie verfügbar zu halten und der zuständigen Behörde auf Verlangen vorzulegen. Frau S. habe keines der vorgenannten Dokumente mit sich geführt. Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 und 2 LMHV dürften leicht verderbliche Lebensmittel, wie hier Ananas, von Personen hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht werden, die eine entsprechende Schulung erhalten haben. „Die Fachkenntnisse nach Satz 1 sind auf Verlangen der zuständigen Behörde nachzuweisen.“ Frau S. habe kein entsprechendes Dokument mit sich geführt. Bis heute sei auch keine Dokumentation vorgelegt worden.

4. In der mündlichen Verhandlung am 22. Oktober 2018 ist die Klägerin trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen. In einem Schreiben vom 19. Oktober 2018, per Telefax eingegangen am 19. Oktober 2018, teilte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit, aufgrund eines Büroversehens sei vergessen worden, für eine Terminsvertretung durch unterbevollmächtigte Rechtsanwälte Sorge zu tragen, was bedauerlicherweise erst heute aufgefallen sei. Angesichts des bereits am Montag anstehenden Verhandlungstermins hätten sie für keine Terminsvertretung mehr sorgen können, es werde um Terminverlegung gebeten.

Der Beklagtenvertreter beantragte,

die Klage abzuweisen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Das Gericht konnte über die Klage trotz des Ausbleibens von Beteiligten entscheiden, da hierauf in der Ladung zur mündlichen Verhandlung hingewiesen worden war (§ 102 Abs. 2 VwGO). Die Klägerin war zur mündlichen Verhandlung laut Empfangsbekenntnis vom 9. Juli 2018 rechtzeitig und ordnungsgemäß geladen worden. Anlass für eine Terminverlegung aufgrund des am 19. Oktober 2018 eingegangenen Schreibens des Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 19. Oktober 2018, in dem dieser mitteilte, dass aufgrund eines Büroversehens vergessen worden sei, für eine Terminsvertretung durch unterbevollmächtigte Rechtsanwälte Sorge zu tragen, bestand nicht.

Nach § 173 VwGO i. V. m. § 227 ZPO kann aus erheblichen Gründen ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Nach § 173 VwGO i.V.m. § 227 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 ZPO sind erhebliche Gründe insbesondere nicht das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist. Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen glaubhaft zu machen (§ 227 Abs. 2 ZPO). Die Entscheidung steht im Ermessen des Gerichts.

Bei Berücksichtigung des Beschleunigungs- und Konzentrationsgebots (§ 87b, § 87 Abs. 1 VwGO) sowie bei Berücksichtigung des verfassungsrechtlichen Erfordernisses des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 2 GG, § 108 Abs. 2 VwGO) war eine Verlegung des Termins zur mündlichen Verhandlung nicht erforderlich. Der Antrag auf Terminsverlegung wurde lediglich damit begründet, dass es aufgrund eines Büroversehens versäumt wurde, für eine Terminsvertretung durch unterbevollmächtigte Rechtsanwälte zu sorgen. Es wurde jedoch nicht vorgetragen, dass der Prozessbevollmächtigte selbst oder ein Vertreter der Klägerin selbst an dem - erst in drei Tagen stattfindenden - Termin verhindert gewesen wäre. Es bestehen somit keine Anhaltspunkte, dass ein Vertreter der Klägerin bzw. ihr Bevollmächtigter ohne Verschulden am Erscheinen am Termin verhindert war.

Die zulässige Klage ist teilweise begründet. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Aufhebung des Bescheids vom 13. April 2017 hinsichtlich der Anordnungen in Nr. 1.3 sowie hinsichtlich der Zwangsgeldandrohung in Nr. 4, soweit sich diese auf einen Verstoß gegen die Anordnung in Nr. 1.3 bezieht. Der Bescheid ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Im Übrigen ist die Klage unbegründet.

Maßgeblicher Zeitpunkt zur Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist der des Erlasses des streitgegenständlichen Bescheids als der letzten behördlichen Handlung in diesem Verfahren.

Rechtsgrundlage der lebensmittelrechtlichen Anordnungen ist Art. 54 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 vom 29. April 2004 (ABl. L 165/1) i.V.m. den Vorschriften der Verordnung (EU) 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl L 327/1). Danach trifft die zuständige Behörde, wenn sie einen Verstoß gegen das Lebensmittelrecht festgestellt hat, die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft.

Als unmittelbar in allen Mitgliedstaaten geltendes EU-Recht hat Art. 54 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 in seinem Anwendungsbereich Vorrang vor nationalem Recht. Insoweit ist daher § 39 des Lebensmittel-, Bedarfsgegenstände- und Futtermittelgesetzbuchs - LFGB - als Eingriffsgrundlage des nationalen Rechts unanwendbar (vgl. OVG NRW, B.v. 26.11.2014 - 13 B 1250/14 - juris Rn. 10 ff; VGH BW, U.v. 16.6.2014 - 9 S 1273/13 - juris Rn. 22 ff; OVG HH, B.v. 5.9.2009 - 5 Bs 139/11 - juris; VG Berlin, U.v. 14.3.2018 - 14 K 328.16 - juris Rn. 22; Zipfel/ Rathke, Lebensmittelrecht, § 39 LFGB Rn. 10 f.). Der Umstand, dass der Beklagte den streitgegenständlichen Bescheid (auch) auf § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB gestützt hat, ist rechtlich gleichwohl unschädlich, denn das Auswechseln der Rechtsgrundlage ist hier zulässig (Art. 47 BayVwVfG). Wegen der identischen Zielrichtung, strukturellen Vergleichbarkeit sowie des Gleichlaufs von Befugnisrahmen und Rechtsfolgen lässt der Austausch von § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB gegen Art. 54 Abs. 1 und 2 Buchst. b) der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 den Regelungsgehalt (Tenor) der Grundverfügung unberührt und sind zur Begründung auch keine wesentlich anderen oder zusätzlichen Erwägungen erforderlich (vgl. OVG NRW, B.v. 26.11.2014, a.a.O., Rn. 18 m.w.N.).

1. Der streitgegenständliche Bescheid vom 13. April 2017 ist formell rechtmäßig.

Ein durchgreifender Anhörungsmangel gem. Art. 28 BayVwVfG ist nicht gegeben. Zwar ist vorliegend eine Anhörung der Klägerin nach Art. 28 BayVwVfG seitens der Kontrollbehörde unterblieben, wobei offenbleiben kann, ob von einer Anhörung ermessensfehlerfrei nach Art. 28 Abs. 2 BayVwVfG abgesehen werden konnte. Jedenfalls ist eine Heilung nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Art. 45 BayVwVfG durch Nachholung im verwaltungsgerichtlichen Verfahren eingetreten (vgl. BVerwG, U.v. 12.4.2005 - 1 C 9/04 - BverwGE 123, 90 - juris Rn. 39; BayVGH, B.v. 7.10.2014 - 22 ZB 14.1062 - juris Rn. 9 f.).

2. Die Nr. 1.3 des Anordnungsbescheids vom 13. April 2017 und die entsprechende Zwangsgeldandrohung in Nr. 4, soweit sie sich auf die Nr. 1.3 bezieht, und die Nr. 2 sind materiell rechtswidrig und verletzen dadurch die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Im Übrigen ist der Bescheid materiell rechtmäßig.

2.1 Entgegen den Ausführungen der Klägerseite ist die Klägerin die richtige Adressatin des Bescheids. Die Klägerin war mit der Durchführung der Präsentation beauftragt. Zudem erklärte die bei der Kontrolle des Präsentationsstandes vor Ort angetroffene Promoterin Frau S. nach den Angaben des Beklagten, Mitarbeiterin der Klägerin zu sein. Unterlagen zum Nachweis der behaupteten Subunternehmerschaft von Frau S., die geeignet sind, den nach außen erzeugten Schein der Mitarbeiterschaft von Frau S. bei der Klägerin zu widerlegen, wurden seitens der Klägerin dagegen nicht vorgelegt.

Die Frage, ob Frau S. eine Mitarbeiterin der Klägerin war, ist jedoch letztlich nicht entscheidungserheblich. Denn selbst wenn man davon ausgeht, dass Frau S. eine von der Klägerin beauftragte Subunternehmerin ist, ist verantwortliche Lebensmittelunternehmerin i.S.v. § 3 Nr. 7 LFGB i.V.m. Art. 3 Nr. 3 VO (EG) Nr. 178/2002 vorliegend (auch) die Klägerin. Gemäß § 3 Nr. 7 LFGB i.V.m. Art. 3 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 bezeichnet der Ausdruck „Lebensmittelunternehmer“ die natürlichen oder juristischen Personen, die dafür verantwortlich sind, dass die Anforderungen des Lebensmittelrechts in dem ihrer Kontrolle unterstehenden Lebensmittelunternehmen erfüllt werden. Nach Art. 17 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 sorgen die Lebensmittel- und Futtermittelunternehmer auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen in den ihrer Kontrolle unterstehenden Unternehmen dafür, dass die Lebensmittel oder Futtermittel die Anforderungen des Lebensmittelrechts erfüllen, die für ihre Tätigkeit gelten, und überprüfen die Einhaltung dieser Anforderungen. Der Betriebsinhaber eines Unternehmens kann die ihn insbesondere hinsichtlich der Sorgfaltspflichten treffenden Aufgaben sowohl an Mitarbeiter als auch an Externe (Berater) delegieren, die dann in erster Linie für die Einhaltung lebensmittelrechtlicher Vorschriften verantwortlich sind. Die eigene Verantwortlichkeit des Betriebsleiters wird allerdings nicht dadurch aufgehoben, dass auch ein anderer eine Prüfungspflicht hat (Meyer/Streinz, LFGB - BasisVO, 2. Auflage 2012, Art. 17 Rn. 10 m.w.N.). Der Betriebsinhaber ist im Fall der Delegation nicht schlechthin entlastet, denn er haftet (weiterhin) u.a. für eine eingehende und ausreichende Belehrung sowie die Überwachung der Aufsichtspersonen und ist für Organisationsmängel, die in einer unzureichenden Kontrolle die Ursache haben, verantwortlich (Meyer/Streinz, a.a.O. Rn. 14, 17). Ein Subunternehmer ist insoweit vielmehr als Erfüllungsgehilfe i.S.v. § 278 BGB für den Hauptunternehmer anzusehen, wobei etwaiges Verschulden des Erfüllungsgehilfen dem Hauptunternehmer zugerechnet wird. Somit war die vom Supermarkt mit der Durchführung eines Präsentationsstandes beauftragte Klägerin auch bei einer Delegation auf eine andere Person nicht von ihrer Organisations- und Aufsichtspflicht entbunden. Die Klägerin trug die Letztverantwortung für den Präsentationsstand und hätte mit dem Supermarktleiter die Gegebenheiten vor Ort besprechen müssen.

Die Adressierung des streitgegenständlichen Anordnungsbescheids an die Klägerin und nicht an die etwaige Subunternehmerin Frau S. muss zudem dem Grundsatz der effektiven Gefahrenabwehr und Störerauswahl entsprechen. Hiernach ist die Maßnahme an den zu richten, der den Verstoß effektiv beseitigen kann. Wie bereits ausgeführt war die Klägerin mit der Präsentation beauftragt und insoweit Ansprechpartnerin für den Auftraggeber. Ihr war und ist es damit im Hinblick auf die im streitgegenständlichen Bescheid getroffenen Anordnungen am einfachsten und effektivsten möglich, die Bedingungen der Präsentation zu klären und gegebenenfalls erforderliche Maßnahmen zu klären bzw. zu organisieren. Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen die oben genannten Grundsätze bestehen demnach nicht.

2. 2.1 Der Beklagte hat zutreffend Verstöße gegen die Vorschrift des Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 vom 29. April 2004 (ABl L 139) festgestellt und die Klägerin unter Nr. 1.1 und 1.2 des streitgegenständlichen Bescheids zur Beseitigung dieser Mängel verpflichtet.

2.1.1 Nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 haben Lebensmittelunternehmer, die auf Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen tätig sind, die den Arbeitsgängen gemäß Abs. 1 (Primärproduktion) nachgeordnet sind, die allgemeinen Hygienevorschriften gemäß Anhang II zu erfüllen. Nach Anhang II Kap. I Nr. 4 müssen an geeigneten Standorten genügend Handwaschbecken vorhanden sein. Diese müssen Warm- und Kaltwasserzufuhr haben; darüber hinaus müssen Mittel zum Händewaschen und zum hygienischen Händetrocknen vorhanden sein. Soweit erforderlich, müssen die Vorrichtungen zum Waschen der Lebensmittel von den Handwaschbecken getrennt angeordnet sein.

Bei dem Begriff „geeignet“ handelt es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der der Konkretisierung im Einzelfall bedarf und dessen Anwendung auf den jeweiligen Sachverhalt der vollen gerichtlichen Kontrolle unterliegt (VG Berlin, U.v. 20.1.2011 - 14 A 91.08 - juris). Die Geeignetheit des Standorts eines Handwaschbeckens ergibt sich nicht aus der vom Beklagten angewendeten HDE-Leitlinie für eine gute Verfahrenspraxis, wonach sich insbesondere in Räumen, in denen unverpackte Lebensmittel bearbeitet und behandelt werden, im Arbeitsumfeld „leicht erreichbare“ Handwaschbecken befinden müssen. Vielmehr ist auf Sinn und Zweck der zugrundeliegenden Verordnung (EG) Nr. 852/2004 abzustellen. Dieser liegt darin, die Sicherheit der Lebensmittel auf allen Stufen der Lebensmittelkette zu gewährleisten (Art. 1 Abs. 1 lit. b) der Verordnung (EG) Nr. 852/2004) und - wie aus Nr. 4 und 7 der Erwägungsgründe der Verordnung folgt - hinsichtlich der Sicherheit von Lebensmitteln ein hohes Verbraucherschutzniveau und den Schutz der öffentlichen Gesundheit sicherzustellen, (vgl. VG Berlin, a.a.O.).

Unter Berücksichtigung dieser Ausführungen ist im vorliegenden Fall das Vorhandensein eines Waschbeckens an einem geeigneten Standort zu verneinen. Wie sich aus dem Ergebnisprotokoll des Landratsamtes W. ergibt, war am Kontrolltag 5. April 2017 am Stand in der Obstabteilung kein Handwaschbecken in unmittelbarer Nähe mit Flüssigseife und Handtrocknungseinrichtungen. Das nächstmögliche Handwaschbecken war hinter der Metzgereitheke im Lager- bzw. Gebäckaufsetzraum des Marktes. In der mündlichen Verhandlung führte der Beklagtenvertreter aus, Frau S. hätte durch mehrere Türen und Räumlichkeiten hindurchgehen müssen, um das Handwaschbecken zu erreichen. Nach der allgemeinen Lebenserfahrung erscheint es deshalb unwahrscheinlich, dass ein Promoter dieses vorhandene Handwaschbecken so oft aufsucht, wie eine Reinigung der Hände angezeigt ist, da sonst der Stand häufig verwaist wäre, was nicht gewollt ist und im Übrigen auch die Gefahr von Kontaminationen durch Dritte mit sich bringt (vgl. hinsichtlich eines Handwaschbeckens in einer Bäckereifiliale VG Düsseldorf, U.v. 17.3.2010 - 16 K 4105/09 - juris Rn. 13). Auch wenn - wie von der Klägerin vorgetragen - eine unmittelbare Nähe durch das Gesetz nicht gefordert wird und vom Gesetz auch keine konkrete Vorgabe in Metern gemacht wird, ist damit vorliegend mangels Sicherstellung des oben aufgezeigten Schutzniveaus ein geeigneter Standort i.S.v. Anhang II Kap.I Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 eindeutig zu verneinen. Ein Verstoß gegen Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anhang II Kapitel I Nr. 4 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 ist vorliegend folglich gegeben.

Die Anforderung, dass an geeigneten Orten hygienische Waschvorrichtungen zum Händewaschen eingerichtet werden ist auch nicht unverhältnismäßig. Andere, die Klägerin weniger belastende Maßnahmen sind nicht ersichtlich. Insbesondere sind Einweghandschuhe alleine nicht ausreichend, sondern kommen laut Angaben des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung nur zusätzlich zu den gewaschenen Händen in Betracht. Schließlich wird der Klägerin durch die im streitgegenständlichen Bescheid genannte Möglichkeit eines mobilen Handwaschbeckens nichts Unmögliches abverlangt.

2.1.2 Die unter Nr. 1.2 des Bescheides getroffene Anordnung hinsichtlich der Betriebshygiene ist ebenfalls rechtmäßig. Nach Anhang II Kap. IX Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 sind Lebensmittel auf allen Stufen der Erzeugung, der Verarbeitung und des Vertriebs vor Kontaminationen zu schützen, die sie für den menschlichen Verzehr ungeeignet oder gesundheitsschädlich machen bzw. derart kontaminieren, dass ein Verzehr in diesem Zustand nicht zu erwarten wäre. Im vorliegenden Fall gab es weder Arbeitsanweisungen der Zentrale noch war die Reinigung der Gerätschaften zum Zeitpunkt der Kontrolle geregelt. Das Wasser des Eimers zur Zwischenreinigung der Gerätschaften war bereits eingetrübt.

2.2 Weiter ist die unter Nr. 1.4 des Bescheids getroffene Anordnung hinsichtlich des Hygienemanagements rechtmäßig. Nach § 4 Abs. 1 Sätze 1 und 2 LMHV (Lebensmittelhygiene-Verordnung) dürfen leicht verderbliche Lebensmittel nur von Personen hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht werden, die auf Grund einer Schulung nach Anhang II Kapitel XII Nummer 1 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 über ihrer jeweiligen Tätigkeit entsprechende Fachkenntnisse auf den in Anlage 1 genannten Sachgebieten verfügen. Die Fachkenntnisse nach Satz 1 sind auf Verlangen der zuständigen Behörde nachzuweisen. Ein leicht verderbliches Lebensmittel ist nach § 2 Abs. 1 Nr. 2 LMHV ein Lebensmittel, das in mikrobiologischer Hinsicht in kurzer Zeit leicht verderblich ist und dessen Verkehrsfähigkeit nur bei Einhaltung bestimmter Temperaturen oder sonstiger Bedingungen erhalten werden kann.

In der Regel kann davon ausgegangen werden, dass Lebensmittel leicht verderblich sind, wenn sie nicht durch Konservierung, Art der Verpackung oder auf andere Weise (tiefgefrieren) für einen längeren Zeitraum haltbar sind und deshalb in kurzer Zeit verderben. Dazu gehören insbesondere viele Frischwaren wie bestimmte Obstarten (Erdbeeren, Himbeeren), wobei dagegen Lebensmittel nicht leicht verderblich sind, die von Natur aus länger haltbar sind; auch dazu gehören bestimmte Obstarten (z.B. Bananen, Apfelsinen) (Rathke/Sosnitza, in Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, 170. EL März 2018, Rn. 30), so dass die unbearbeitete Ananas an sich als nicht leicht verderblich anzusehen wäre.

Abzustellen ist hier jedoch auf den Prozess der Zerkleinerung der Ananas bzw. auf die geschnittene Ananas, da am Präsentationsstand der Umgang mit der zerkleinerten Ananas in der Form erfolgte, dass diese den Kunden in mundgerechten Stücken mit dem Zweck der Verkostung angeboten worden ist. Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 LMHV sind damit vorliegend zu bejahen.

2.3 Der Beklagte hat die Klägerin unter Nr. 1.5 des Bescheides zu Recht verpflichtet, ein HACCP-Konzept zu erstellen und der Behörde auf Verlangen vorzulegen. Nach Art. 5 Abs. 1 der Verodnung (EG) Nr. 852/2004 haben die Lebensmittelunternehmer ein oder mehrere ständige Verfahren, die auf den HACCP-Grundsätzen beruhen, einzurichten, durchzuführen und aufrechtzuerhalten. Nach Art. 5 Abs. 4 lit.a der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 haben die Lebensmittelunternehmen gegenüber der zuständigen Behörde den Nachweis zu erbringen, dass sie Absatz 1 entsprechen; dieser Nachweis erfolgt in der von der zuständigen Behörde unter Berücksichtigung der Art und Größe des Lebensmittelunternehmens verlangten Form. Ein solches Konzept wurde hier jedoch nicht vorgelegt.

Der Beklagtenvertreter erklärte im Rahmen der mündlichen Verhandlung, das Konzept könne auch sehr einfach ausfallen. Es müsse nur ersichtlich sein, dass sich der/die Betreffende Gedanken gemacht habe, welche Maßnahmen er/sie zu welchem Zeitpunkt vornehme, um den Hygieneschutz zu gewährleisten. Anhaltspunkte für eine Unverhältnismäßigkeit bestehen insoweit folglich nicht.

2.4 Die genannten Anordnungen unter Nr. 1.1, 1.2, 1.4 und 1.5 des streitgegenständlichen Bescheids waren zudem erforderlich zur Sicherstellung, dass die Klägerin Abhilfe schafft, und begegnen auch im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken. Ein Entschließungsermessen steht der Behörde im Rahmen einer Anordnung nach Art. 54 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 nicht zu. Vielmehr besteht bei Vorliegen eines Verstoßes die Pflicht, erforderliche Maßnahmen zu treffen (vgl. BayVGH, U.v. 9.7.2015 - 20 BV 14.1490 - juris). Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit sind nicht ersichtlich. Soweit hierzu im Rahmen der obigen Ausführungen zu den einzelnen Anordnungen schon Ausführungen gemacht wurden, wird hierauf verwiesen.

2.5 Rechtswidrig ist dagegen die Anordnung unter Nr. 1.3 des streitgegenständlichen Bescheids hinsichtlich der fehlenden Bescheinigung der Erstbelehrung nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) bzw. eines Gesundheitszeugnisses.

Rechtsgrundlage ist hier § 39 Abs. 2 LFGB i.V.m. § 43 Abs. 5 IfSG. § 39 Abs. 2 LFGB wird insoweit nicht durch die Verordnung (EG) Nr. 882/2004 verdrängt, da das Infektionsschutzgesetz einen anderen Zweck verfolgt (vgl. §§ 1ff. IfSG) als diese (VG Ansbach, U.v. 6.10.2017 - AN 14 K 16.02519 - juris Rn. 30).

Das Erfordernis einer Belehrung bzw. Bescheinigung des Gesundheitsamtes für Personen, die gewerbsmäßig die in § 42 Abs. 1 bezeichneten Tätigkeiten erstmalig ausüben und mit diesen Tätigkeiten erstmalig beschäftigt werden, ergibt sich aus § 43 Abs. 1 IfSG. Einschlägige Tätigkeit i.S.v. § 42 Abs. 1 IfSG könnte vorliegend das Herstellen, Behandeln oder Inverkehrbringen der in Absatz 2 genannten Lebensmittel sein (Satz 1 lit. a). (Geschnittene) Ananas ist jedoch schon nach dem Wortlaut kein Lebensmittel i.S.v. § 42 Abs. 2 IfSG. Auch eine Subsumtion unter § 42 Abs. 2 Nr. 8 IfSG nach Sinn und Zweck der Norm kommt wegen des entgegenstehenden eindeutigen Wortlauts, der auf Salat und nicht z.B. auf Rohkost an sich abstellt, nicht in Betracht.

Ein Verstoß gegen § 43 IfSG liegt damit mangels einer Tätigkeit, die eine Belehrung bzw. eine Bescheinigung des Gesundheitsamtes in diesem Sinn erfordert, nicht vor.

3. Die unter Nr. 2 des Bescheids enthaltene Duldungsanordnung gegenüber der Klägerin und die Androhung unmittelbaren Zwangs für den Fall der Nichtgewährung des Rechts auf Betretung und Untersuchung sind ebenfalls rechtswidrig und verletzen die Klägerin dadurch in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Das Betretungsrecht der für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Behörde ergibt sich aus § 42 Abs. 2 LFGB, die entsprechenden Duldungs- und Mitwirkungspflichten sind in § 44 Abs. 1 LFGB geregelt. Im streitgegenständlichen Fall ist weder dargetan noch ersichtlich, dass sich Frau S. dem Vollzug des Betretungsrechts widersetzt hat noch dass die Klägerin sich entsprechend eingelassen hat, sich dem Betretungsrecht zukünftig entgegenzustellen. Eine Duldungsverfügung als belastender Verwaltungsakt darf jedoch nicht rein vorsorglich ausgesprochen werden (vgl. HessVGH, B.v. 15.9.1994 - 4 TH 655/94 - juris, Orientierungssatz). Der Erlass einer Duldungsanordnung war damit unverhältnismäßig.

In der Folge ist auch die Androhung unmittelbaren Zwangs für den Fall der Nichtgewährung des Rechts auf Betretung und Untersuchung rechtswidrig und verletzt die Klägerin dadurch in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Zudem ergibt sich die Rechtswidrigkeit der Androhung unmittelbaren Zwangs aus folgenden Überlegungen: Nach Art. 29 Abs. 1 VwZVG können Verwaltungsakte, mit denen eine Duldung gefordert wird, mit Zwangsmitteln vollstreckt werden. Bei der Wahl des Zwangsmittels ist der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu beachten, wobei in der Regel das Mittel des Zwangsgeldes als am wenigsten einschneidende Maßnahme anzuwenden ist. Die Androhung unmittelbaren Zwanges ist dagegen regelmäßig nur dann verhältnismäßig, wenn die Androhung von Zwangsgeld von vorneherein als aussichtslos erscheint (VG Augsburg, U.v. 26.4.2010 - Au K 09.1474 - juris). Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin in der Vergangenheit Anordnungen der Behörde trotz erfolgter Zwangsgeldandrohung nicht nachgekommen ist, bestehen vorliegend jedoch nicht.

4. Gegen die Androhung der Zwangsgelder in Nr. 4 des Bescheids (Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, 31, 36 VwZVG) bestehen keine rechtlichen Bedenken, soweit damit die rechtmäßigen Anordnungen unter Nr.1.1, 1.2, 1.4 und 1.5 durchgesetzt werden sollen. Insbesondere sind die Anordnungen unter Nr. 1 mit einer Frist für die Erfüllung der Verpflichtung versehen (Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG). Die Androhung ist auch bestimmt genug (Art. 36 Abs. 3 VwZVG), da für die Klägerin hinreichend erkennbar ist, welche Handlungen von ihr verlangt werden und welche Zwangsgeldandrohung an die jeweilige Nichterfüllung gekoppelt ist. Das angedrohte Zwangsgeld von 50,00 EUR (je Nr. 1.2, 1.4 und 1.5) bzw. 150,00 EUR (Nr. 1.1) ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Es entspricht Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG, wonach das Zwangsgeld mindestens 15,00 und höchstens 50.000,00 EUR beträgt.

Soweit sich die Zwangsgeldandrohung auf die rechtswidrige Anordnung unter Nr. 1.3 des streitgegenständlichen Bescheids bezieht, ist sie infolge der Aufhebung des Grundverwaltungsakts ebenfalls aufzuheben.

5. Die Kostenentscheidung in Nr. 5 und 6 des Bescheids vom 13. April 2017 ist rechtmäßig. Die Kosten für den Verwaltungsaufwand waren der Klägerin trotz teilweiser unrichtiger Sachbehandlung aufzuerlegen. Nach Art. 16 Abs. 5 KG sind unter anderem die Kosten, die bei richtiger Sachbehandlung durch die Behörde nicht entstanden wären, nicht zu erheben. Vorliegend wären die Kosten auch bei vollständig richtiger Sachbehandlung entstanden. Denn zur Prüfung bezüglich der anderen Mängel und zum Erlass des Bescheides hätte die Behörde voraussichtlich im Wesentlichen den gleichen Zeitaufwand gehabt. Gegenteilige Anhaltspunkte sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

6. Die Kostenentscheidung des gerichtlichen Verfahrens beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 VwGO. Da von den sechs Anordnungen in Nr. 1 und Nr. 2 des Bescheids zwei rechtswidrig sind und die Klägerin insoweit obsiegt, sind die Kosten verhältnismäßig in 2/3 zu 1/3 zu teilen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

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Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch - LFGB

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3.
die Krankheitserreger Shigellen, Salmonellen, enterohämorrhagische Escherichia coli oder Choleravibrionen ausscheiden,
dürfen nicht tätig sein oder beschäftigt werden
a)
beim Herstellen, Behandeln oder Inverkehrbringen der in Absatz 2 genannten Lebensmittel, wenn sie dabei mit diesen in Berührung kommen, oder
b)
in Küchen von Gaststätten und sonstigen Einrichtungen mit oder zur Gemeinschaftsverpflegung.
Satz 1 gilt entsprechend für Personen, die mit Bedarfsgegenständen, die für die dort genannten Tätigkeiten verwendet werden, so in Berührung kommen, dass eine Übertragung von Krankheitserregern auf die Lebensmittel im Sinne des Absatzes 2 zu befürchten ist. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für den privaten hauswirtschaftlichen Bereich.

(2) Lebensmittel im Sinne des Absatzes 1 sind

1.
Fleisch, Geflügelfleisch und Erzeugnisse daraus
2.
Milch und Erzeugnisse auf Milchbasis
3.
Fische, Krebse oder Weichtiere und Erzeugnisse daraus
4.
Eiprodukte
5.
Säuglings- und Kleinkindernahrung
6.
Speiseeis und Speiseeishalberzeugnisse
7.
Backwaren mit nicht durchgebackener oder durcherhitzter Füllung oder Auflage
8.
Feinkost-, Rohkost- und Kartoffelsalate, Marinaden, Mayonnaisen, andere emulgierte Soßen, Nahrungshefen
9.
Sprossen und Keimlinge zum Rohverzehr sowie Samen zur Herstellung von Sprossen und Keimlingen zum Rohverzehr.

(3) Personen, die in amtlicher Eigenschaft, auch im Rahmen ihrer Ausbildung, mit den in Absatz 2 bezeichneten Lebensmitteln oder mit Bedarfsgegenständen im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 in Berührung kommen, dürfen ihre Tätigkeit nicht ausüben, wenn sie an einer der in Absatz 1 Nr. 1 genannten Krankheiten erkrankt oder dessen verdächtig sind, an einer der in Absatz 1 Nr. 2 genannten Krankheiten erkrankt sind oder die in Absatz 1 Nr. 3 genannten Krankheitserreger ausscheiden.

(4) Das Gesundheitsamt kann Ausnahmen von den Verboten nach dieser Vorschrift zulassen, wenn Maßnahmen durchgeführt werden, mit denen eine Übertragung der aufgeführten Erkrankungen und Krankheitserreger verhütet werden kann.

(5) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates den Kreis der in Absatz 1 Nr. 1 und 2 genannten Krankheiten, der in Absatz 1 Nr. 3 genannten Krankheitserreger und der in Absatz 2 genannten Lebensmittel einzuschränken, wenn epidemiologische Erkenntnisse dies zulassen, oder zu erweitern, wenn dies zum Schutz der menschlichen Gesundheit vor einer Gefährdung durch Krankheitserreger erforderlich ist. In dringenden Fällen kann zum Schutz der Bevölkerung die Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates erlassen werden. Eine auf der Grundlage des Satzes 2 erlassene Verordnung tritt ein Jahr nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft; ihre Geltungsdauer kann mit Zustimmung des Bundesrates verlängert werden.

(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

(2) Unbeschadet des Artikels 137 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/625 können die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes

1.
anordnen, dass derjenige, der ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
a)
eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Behörde mitteilt und
b)
der zuständigen Behörde den Eingang eines solchen Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dieses Erzeugnis den Vorschriften nach Absatz 1 nicht entspricht, oder
2.
vorübergehend verbieten, dass ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt.

(3) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe d und g der Verordnung (EU) 2017/625 können entsprechend auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 können entsprechend auch zur Verhütung eines künftigen Verstoßes sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung ergehen.

(5) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von durch Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Nummer 7 oder § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 festgesetzten Auslösewerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium, im Fall einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(6) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von festgesetzten Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen oder Aktionsgrenzwerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

1.
Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
2.
Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
3.
Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b erster oder zweiter Spiegelstrich der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 oder
4.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht aufgrund der Absätze 1 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, aufgrund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

(1) Die Überwachung der Einhaltung dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes ist durch fachlich ausgebildete Personen durchzuführen. Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
vorzuschreiben, dass bestimmte Überwachungsmaßnahmen einer wissenschaftlich ausgebildeten Person obliegen und dabei andere fachlich ausgebildete Personen nach Weisung der zuständigen Behörde und unter der fachlichen Aufsicht einer wissenschaftlich ausgebildeten Person eingesetzt werden können,
2.
vorzuschreiben, dass abweichend von Satz 1 bestimmte Überwachungsmaßnahmen von sachkundigen Personen durchgeführt werden können,
3.
Vorschriften zu erlassen über
a)
die Anforderungen an die Sachkunde, die an die in Nummer 1 genannte wissenschaftlich ausgebildete Person und die in Nummer 2 genannten sachkundigen Personen zu stellen sind und
b)
die fachlichen Anforderungen, die an die in Satz 1 genannten Personen zu stellen sind,
sowie das Verfahren des Nachweises der Sachkunde und der Erfüllung der fachlichen Anforderungen zu regeln.
Die Landesregierungen werden ermächtigt, Rechtsverordnungen nach Satz 2 Nummer 3 zu erlassen, soweit das Bundesministerium von seiner Befugnis keinen Gebrauch macht. Die Landesregierungen sind befugt, die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf andere Behörden zu übertragen.

(2) Soweit es zur Überwachung der Einhaltung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union, dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen erforderlich ist, sind die mit der Überwachung beauftragten Personen, bei Gefahr im Verzug auch alle Beamten der Polizei, befugt,

1.
Grundstücke, Betriebsräume und Transportmittel, in oder auf denen
a)
Erzeugnisse hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht werden,
b)
sich lebende Tiere im Sinne des § 4 Absatz 1 Nummer 1 befinden oder
c)
Futtermittel verfüttert werden,
sowie die dazugehörigen Geschäftsräume während der üblichen Betriebs- oder Geschäftszeit zu betreten;
2.
zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung
a)
die in Nummer 1 bezeichneten Grundstücke, Betriebsräume und Räume auch außerhalb der dort genannten Zeiten zu betreten,
b)
Wohnräume der nach Nummer 5 zur Auskunft Verpflichteten zu betreten;
das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt;
3.
alle geschäftlichen Schrift- und Datenträger, insbesondere Aufzeichnungen, Frachtbriefe, Herstellungsbeschreibungen und Unterlagen über die bei der Herstellung verwendeten Stoffe, einzusehen und hieraus Abschriften, Auszüge, Ausdrucke oder sonstige Vervielfältigungen, auch von Datenträgern, anzufertigen oder Ausdrucke von elektronisch gespeicherten Daten zu verlangen sowie Mittel, Einrichtungen und Geräte zur Beförderung von Erzeugnissen oder lebenden Tieren im Sinne des § 4 Absatz 1 Nummer 1 zu besichtigen;
4.
von Mitteln, Einrichtungen oder Geräten zur Beförderung von Erzeugnissen oder lebenden Tieren im Sinne des § 4 Absatz 1 Nummer 1 sowie von den in Nummer 1 bezeichneten Grundstücken, Betriebsräumen oder Räumen Bildaufnahmen oder -aufzeichnungen anzufertigen;
5.
von natürlichen und juristischen Personen und nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen alle erforderlichen Auskünfte, insbesondere solche über die Herstellung, das Behandeln, die zur Verarbeitung gelangenden Stoffe und deren Herkunft, das Inverkehrbringen und das Verfüttern zu verlangen;
6.
entsprechend § 43 oder § 43a Proben zu fordern oder zu entnehmen.
Im Falle des Satzes 1 Nummer 4 dürfen folgende personenbezogene Daten aufgenommen oder aufgezeichnet werden, soweit dies zur Sicherung von Beweisen erforderlich ist:
1.
Name, Anschrift und Markenzeichen des Unternehmers,
2.
Namen von Beschäftigten.
Die Aufnahmen oder Aufzeichnungen sind zu vernichten, soweit sie nicht mehr erforderlich sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Jahres nach ihrer Aufnahme oder Aufzeichnung. Die Frist des Satzes 3 gilt nicht, wenn wegen eines anhängigen Bußgeldverfahrens, staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens oder gerichtlichen Verfahrens eine längere Aufbewahrung erforderlich ist, in diesem Falle sind die Aufnahmen oder Aufzeichnungen mit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens zu vernichten.

(3) Erhält eine für die Überwachung nach § 38 Absatz 1 Satz 1 zuständige Behörde von Tatsachen Kenntnis, die Grund zu der Annahme geben, dass durch das Verzehren eines Lebensmittels, das in den Verkehr gebracht worden ist, eine übertragbare Krankheit im Sinne des § 2 Nummer 3 des Infektionsschutzgesetzes verursacht werden kann oder verursacht worden ist, so unterrichtet die nach § 38 Absatz 1 Satz 1 zuständige Behörde unverzüglich die für Ermittlungen nach § 25 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes zuständige Behörde. Dabei stellt die nach § 38 Absatz 1 Satz 1 zuständige Behörde der nach § 25 des Infektionsschutzgesetzes zuständigen Behörde die Angaben

1.
zu dem Lebensmittel,
2.
zu der an Endverbraucher abgegebenen Menge des Lebensmittels,
3.
zu dem Namen oder der Firma und der Anschrift sowie zu den Kontaktdaten
a)
des Lebensmittelunternehmers, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel hergestellt oder behandelt worden oder in den Verkehr gelangt ist, und
b)
der in § 4 Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten Unternehmen oder Personen, an die das Lebensmittel geliefert wurde,
c)
der Endverbraucher, die das Lebensmittel verzehrt haben und der zuständigen Behörde von einer möglichen Erkrankung Mitteilung gemacht haben,
4.
zu dem Ort unter Angabe der Anschrift und zu dem Zeitraum der Abgabe sowie
5.
zu dem festgestellten Krankheitserreger
zur Verfügung. Die Angaben nach Satz 2 sind um die Proben, Isolate und Nachweise über die Feststellung des Krankheitserregers zu ergänzen und nur mitzuteilen, sofern sie
1.
der nach § 38 Absatz 1 Satz 1 zuständigen Behörde vorliegen und
2.
für die Behörde, die für die Ermittlungen nach § 25 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes zuständig ist, erforderlich sind.

(4) Soweit es zur Durchführung von Vorschriften, die durch Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union, dieses Gesetz oder durch aufgrund dieses Gesetzes erlassene Rechtsverordnungen geregelt sind, erforderlich ist, sind auch die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, der Kommission und der EFTA-Überwachungsbehörde in Begleitung der mit der Überwachung beauftragten Personen berechtigt, Befugnisse nach Absatz 2 Nummer 1, 3, 4 und 5 wahrzunehmen und Proben nach Maßgabe des § 43 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 4 zu entnehmen. Die Befugnisse nach Absatz 2 Nummer 1, 3 und 4 gelten auch für diejenigen, die sich in der Ausbildung zu einer die Überwachung durchführenden Person befinden.

(5) Die Zollbehörden können den Verdacht von Verstößen gegen Verbote und Beschränkungen dieses Gesetzes oder der nach diesem Gesetz erlassenen Rechtsverordnungen, der sich bei der Durchführung des Alkoholsteuergesetzes ergibt, den zuständigen Verwaltungsbehörden mitteilen.

(6) Die Staatsanwaltschaft hat die nach § 38 Absatz 1 Satz 1 zuständige Behörde unverzüglich über die Einleitung des Strafverfahrens, soweit es sich auf Verstöße gegen Verbote und Beschränkungen dieses Gesetzes, der nach diesem Gesetz erlassenen Rechtsverordnungen oder der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes bezieht, unter Angabe der Rechtsvorschriften zu unterrichten. Satz 1 gilt nicht, wenn das Verfahren aufgrund einer Abgabe der Verwaltungsbehörde nach § 41 Absatz 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten eingeleitet worden ist. Eine Übermittlung personenbezogener Daten nach Satz 1 unterbleibt, wenn ihr besondere bundesgesetzliche oder entsprechende landesgesetzliche Verwendungsregelungen entgegenstehen; eine Übermittlung nach Satz 1 unterbleibt ferner in der Regel, solange und soweit ihr Zwecke des Strafverfahrens entgegenstehen.

(7) Absatz 2 Nummer 1 gilt nicht für Wohnräume.

(1) Die mit der Überwachung beauftragten Personen und, bei Gefahr im Verzug, die Beamten der Polizei sind befugt, gegen Empfangsbescheinigung Proben nach ihrer Auswahl zum Zweck der Untersuchung zu fordern oder zu entnehmen. Soweit in unmittelbar geltenden Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union oder in Rechtsverordnungen nach diesem Gesetz nichts anderes bestimmt ist, ist ein Teil der Probe oder, sofern die Probe nicht oder ohne Gefährdung des Untersuchungszwecks nicht in Teile von gleicher Beschaffenheit teilbar ist, ein zweites Stück der gleichen Art und, soweit vorhanden aus demselben Los, und von demselben Hersteller wie das als Probe entnommene, zurückzulassen, um das Recht des Unternehmers auf ein zweites Sachverständigengutachten zu gewährleisten; der Hersteller kann auf die Zurücklassung einer Probe verzichten.

(2) Zurückzulassende Proben sind amtlich zu verschließen oder zu versiegeln. Sie sind mit dem Datum der Probenahme und dem Datum des Tages zu versehen, nach dessen Ablauf der Verschluss oder die Versiegelung als aufgehoben gilt.

(3) Derjenige, bei dem die Probe zurückgelassen worden ist und der nicht der Hersteller ist, hat die Probe sachgerecht zu lagern und aufzubewahren und sie auf Verlangen des Herstellers auf dessen Kosten und Gefahr dem Hersteller oder einer vom Hersteller beauftragten Person zur anschließenden Untersuchung durch einen nach lebensmittelrechtlichen Vorschriften zugelassenen privaten Sachverständigen auszuhändigen.

(4) Für Proben, die im Rahmen der amtlichen Überwachung nach diesem Gesetz entnommen werden, wird grundsätzlich keine Entschädigung geleistet. Im Einzelfall ist eine Entschädigung bis zur Höhe des Verkaufspreises zu leisten, wenn andernfalls eine unbillige Härte eintreten würde.

(5) Absatz 1 Satz 2 und die Absätze 2 und 3 gelten nicht für Proben von Futtermitteln.

(1) Die Inhaberinnen oder Inhaber der in § 42 Absatz 2 bezeichneten Grundstücke, Räume, Einrichtungen und Geräte und die von ihnen bestellten Vertreter sind verpflichtet, die Maßnahmen nach den §§ 42 bis 43a sowie der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 zu dulden und die in der Überwachung tätigen Personen bei der Erfüllung ihrer Aufgabe zu unterstützen, insbesondere ihnen auf Verlangen

1.
die Räume und Geräte zu bezeichnen,
2.
Räume und Behältnisse zu öffnen und
3.
die Entnahme der Proben zu ermöglichen.

(2) Die in § 42 Absatz 2 Nummer 5 genannten Personen und Personenvereinigungen sind verpflichtet, den in der Überwachung tätigen Personen auf Verlangen unverzüglich die dort genannten Auskünfte zu erteilen. Vorbehaltlich des Absatzes 3 kann der zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in § 383 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde.

(3) Ein Lebensmittelunternehmer oder ein Futtermittelunternehmer ist verpflichtet, den in der Überwachung tätigen Personen auf Verlangen Informationen, die

1.
er aufgrund eines nach Artikel 18 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, auch in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 767/2009, eingerichteten Systems oder Verfahrens besitzt und
2.
zur Rückverfolgbarkeit bestimmter Lebensmittel oder Futtermittel erforderlich sind,
zu übermitteln. Die in
1.
Satz 1 oder
2.
Artikel 18 Absatz 3 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, auch in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 767/2009,
genannten Informationen sind so vorzuhalten, dass sie der zuständigen Behörde spätestens 24 Stunden nach Aufforderung in einem strukturierten, gängigen und maschinenlesbaren Format elektronisch übermittelt werden können. Die zuständige Behörde kann im Einzelfall Ausnahmen von den Anforderungen des Satzes 2 zulassen, soweit dies zur Vermeidung unbilliger Härten für den Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmer geboten erscheint und es mit den in § 1 Absatz 1 Nummer 1 genannten Zwecken vereinbar ist.

(4) Ergänzend zu Artikel 19 Absatz 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 hat ein Lebensmittelunternehmer, der Grund zu der Annahme hat, dass

1.
ein ihm angeliefertes Lebensmittel oder
2.
ein von ihm erworbenes Lebensmittel, über das er die tatsächliche unmittelbare Sachherrschaft erlangt hat,
einem Verkehrsverbot nach Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 unterliegt, unverzüglich die zuständige Behörde schriftlich oder elektronisch unter Angabe seines Namens und seiner Anschrift darüber unter Angabe des Namens und der Anschrift desjenigen, von dem ihm das Lebensmittel angeliefert worden ist oder von dem er das Lebensmittel erworben hat, und des Datums der Anlieferung oder des Erwerbs zu unterrichten. Er unterrichtet dabei auch über von ihm hinsichtlich des Lebensmittels getroffene oder beabsichtigte Maßnahmen. Eine Unterrichtung nach Satz 1 ist nicht erforderlich bei einem Lebensmittel pflanzlicher Herkunft, das der Lebensmittelunternehmer
1.
unschädlich beseitigt hat oder
2.
so hergestellt oder behandelt hat oder nachvollziehbar so herzustellen oder zu behandeln beabsichtigt, dass es einem Verkehrsverbot nach Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 nicht mehr unterliegt.

(4a) Hat der Verantwortliche eines Labors, das Analysen bei Lebensmitteln durchführt, aufgrund einer von dem Labor erstellten Analyse einer im Inland von einem Lebensmittel gezogenen Probe Grund zu der Annahme, dass das Lebensmittel einem Verkehrsverbot nach Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 unterliegen würde, so hat er die zuständige Behörde von dem Zeitpunkt und dem Ergebnis der Analyse, der angewandten Analysenmethode und dem Auftraggeber der Analyse unverzüglich schriftlich oder elektronisch zu unterrichten. Die Befugnisse nach § 42 Absatz 2 gelten auch im Fall des Satzes 1.

(5) Ergänzend zu Artikel 20 Absatz 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, auch in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 767/2009, hat ein Futtermittelunternehmer, der Grund zu der Annahme hat, dass

1.
ein ihm angeliefertes Futtermittel oder
2.
ein von ihm erworbenes Futtermittel, über das er die tatsächliche unmittelbare Sachherrschaft erlangt hat,
einem Verkehrsverbot nach Artikel 15 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, auch in Verbindung mit Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 767/2009, unterliegt, unverzüglich die zuständige Behörde schriftlich oder elektronisch unter Angabe seines Namens und seiner Anschrift darüber unter Angabe des Namens und der Anschrift desjenigen, von dem ihm das Futtermittel angeliefert worden ist oder von dem er das Futtermittel erworben hat, und des Datums der Anlieferung oder des Erwerbs zu unterrichten. Er unterrichtet dabei auch über von ihm hinsichtlich des Futtermittels getroffene oder beabsichtigte Maßnahmen. Eine Unterrichtung nach Satz 1 ist nicht erforderlich bei
1.
einem Futtermittel, das der Futtermittelunternehmer unschädlich beseitigt hat,
2.
einem Futtermittel pflanzlicher Herkunft, das der Futtermittelunternehmer so hergestellt oder behandelt hat oder nachvollziehbar so herzustellen oder zu behandeln beabsichtigt, dass es einem Verkehrsverbot nach Artikel 15 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, auch in Verbindung mit Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 767/2009, nicht mehr unterliegt.

(5a) Hat der Verantwortliche eines Labors, das Analysen bei Futtermitteln durchführt, aufgrund einer von dem Labor erstellten Analyse einer im Inland von einem Futtermittel gezogenen Probe Grund zu der Annahme, dass das Futtermittel einem Verbot nach Artikel 15 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 unterliegen würde, so hat er die zuständige Behörde von dem Zeitpunkt und dem Ergebnis der Analyse, der angewandten Analysenmethode und dem Auftraggeber der Analyse unverzüglich schriftlich oder elektronisch zu unterrichten. Die Befugnisse nach § 42 Absatz 2 gelten auch im Fall des Satzes 1.

(6) Eine

1.
Unterrichtung nach Artikel 19 Absatz 1 oder 3 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 oder Artikel 20 Absatz 1 oder 3 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, auch in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 767/2009, oder nach Absatz 4a oder Absatz 5a,
2.
Übermittlung nach Absatz 3 Satz 1 oder nach Artikel 18 Absatz 3 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, auch in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 767/2009,
3.
Übermittlung nach Artikel 17 Absatz 2 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004
darf nicht zur strafrechtlichen Verfolgung des Unterrichtenden oder Übermittelnden oder für ein Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten gegen den Unterrichtenden oder Übermittelnden verwendet werden. Satz 1 Nummer 1 gilt auch, wenn der Unterrichtung eine Unterrichtung nach Absatz 4 Satz 1 oder Absatz 5 Satz 1 vorausgegangen ist. Die durch eine Unterrichtung nach Artikel 19 Absatz 1 oder 3 Satz 1 oder Artikel 20 Absatz 1 oder 3 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, auch in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 767/2009, erlangten Informationen dürfen von der für die Überwachung zuständigen Behörde nur für Maßnahmen zur Erfüllung der in
1.
§ 1 Absatz 1 Nummer 1,
2.
§ 1 Absatz 1 Nummer 2, soweit ein Fall des § 1 Absatz 1a Nummer 1 vorliegt,
3.
§ 1 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa oder
4.
§ 1 Absatz 2
genannten Zwecke verwendet werden.

(1) Personen dürfen gewerbsmäßig die in § 42 Abs. 1 bezeichneten Tätigkeiten erstmalig nur dann ausüben und mit diesen Tätigkeiten erstmalig nur dann beschäftigt werden, wenn durch eine nicht mehr als drei Monate alte Bescheinigung des Gesundheitsamtes oder eines vom Gesundheitsamt beauftragten Arztes nachgewiesen ist, dass sie

1.
über die in § 42 Abs. 1 genannten Tätigkeitsverbote und über die Verpflichtungen nach den Absätzen 2, 4 und 5 vom Gesundheitsamt oder von einem durch das Gesundheitsamt beauftragten Arzt belehrt wurden und
2.
nach der Belehrung im Sinne der Nummer 1 in Textform erklärt haben, dass ihnen keine Tatsachen für ein Tätigkeitsverbot bei ihnen bekannt sind.
Liegen Anhaltspunkte vor, dass bei einer Person Hinderungsgründe nach § 42 Abs. 1 bestehen, so darf die Bescheinigung erst ausgestellt werden, wenn durch ein ärztliches Zeugnis nachgewiesen ist, dass Hinderungsgründe nicht oder nicht mehr bestehen.

(2) Treten bei Personen nach Aufnahme ihrer Tätigkeit Hinderungsgründe nach § 42 Abs. 1 auf, sind sie verpflichtet, dies ihrem Arbeitgeber oder Dienstherrn unverzüglich mitzuteilen.

(3) Werden dem Arbeitgeber oder Dienstherrn Anhaltspunkte oder Tatsachen bekannt, die ein Tätigkeitsverbot nach § 42 Abs. 1 begründen, so hat dieser unverzüglich die zur Verhinderung der Weiterverbreitung der Krankheitserreger erforderlichen Maßnahmen einzuleiten.

(4) Der Arbeitgeber hat Personen, die eine der in § 42 Abs. 1 Satz 1 oder 2 genannten Tätigkeiten ausüben, nach Aufnahme ihrer Tätigkeit und im Weiteren alle zwei Jahre über die in § 42 Abs. 1 genannten Tätigkeitsverbote und über die Verpflichtung nach Absatz 2 zu belehren. Die Teilnahme an der Belehrung ist zu dokumentieren. Die Sätze 1 und 2 finden für Dienstherren entsprechende Anwendung.

(5) Die Bescheinigung nach Absatz 1 und die letzte Dokumentation der Belehrung nach Absatz 4 sind beim Arbeitgeber aufzubewahren. Der Arbeitgeber hat die Nachweise nach Satz 1 und, sofern er eine in § 42 Abs. 1 bezeichnete Tätigkeit selbst ausübt, die ihn betreffende Bescheinigung nach Absatz 1 Satz 1 an der Betriebsstätte verfügbar zu halten und der zuständigen Behörde und ihren Beauftragten auf Verlangen vorzulegen. Bei Tätigkeiten an wechselnden Standorten genügt die Vorlage einer beglaubigten Abschrift oder einer beglaubigten Kopie.

(6) Im Falle der Geschäftsunfähigkeit oder der beschränkten Geschäftsfähigkeit treffen die Verpflichtungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 und Absatz 2 denjenigen, dem die Sorge für die Person zusteht. Die gleiche Verpflichtung trifft auch den Betreuer, soweit die Sorge für die Person zu seinem Aufgabenkreis gehört. Die den Arbeitgeber oder Dienstherrn betreffenden Verpflichtungen nach dieser Vorschrift gelten entsprechend für Personen, die die in § 42 Abs. 1 genannten Tätigkeiten selbständig ausüben.

(7) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Untersuchungen und weitergehende Anforderungen vorzuschreiben oder Anforderungen einzuschränken, wenn Rechtsakte der Europäischen Union dies erfordern.

(1) Leicht verderbliche Lebensmittel dürfen nur von Personen hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht werden, die auf Grund einer Schulung nach Anhang II Kapitel XII Nummer 1 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 über ihrer jeweiligen Tätigkeit entsprechende Fachkenntnisse auf den in Anlage 1 genannten Sachgebieten verfügen. Die Fachkenntnisse nach Satz 1 sind auf Verlangen der zuständigen Behörde nachzuweisen. Satz 1 gilt nicht, soweit ausschließlich verpackte Lebensmittel gewogen, gemessen, gestempelt, bedruckt oder in den Verkehr gebracht werden. Satz 1 gilt nicht für die Primärproduktion und die Abgabe kleiner Mengen von Primärerzeugnissen nach § 5.

(2) Bei Personen, die eine wissenschaftliche Ausbildung oder eine Berufsausbildung abgeschlossen haben, in der Kenntnisse und Fertigkeiten auf dem Gebiet des Verkehrs mit Lebensmitteln einschließlich der Lebensmittelhygiene vermittelt werden, wird vermutet, dass sie für eine der jeweiligen Ausbildung entsprechende Tätigkeit

1.
nach Anhang II Kapitel XII Nummer 1 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 in Fragen der Lebensmittelhygiene geschult sind und
2.
über nach Absatz 1 erforderliche Fachkenntnisse verfügen.

(1) Sobald der Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt ist, sind die Beteiligten mit einer Ladungsfrist von mindestens zwei Wochen, bei dem Bundesverwaltungsgericht von mindestens vier Wochen, zu laden. In dringenden Fällen kann der Vorsitzende die Frist abkürzen.

(2) Bei der Ladung ist darauf hinzuweisen, daß beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann.

(3) Die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit können Sitzungen auch außerhalb des Gerichtssitzes abhalten, wenn dies zur sachdienlichen Erledigung notwendig ist.

(4) § 227 Abs. 3 Satz 1 der Zivilprozeßordnung ist nicht anzuwenden.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht

1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist;
2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt;
3.
das Einvernehmen der Parteien allein.

(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für

1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen,
2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
(weggefallen)
4.
Wechsel- oder Scheckprozesse,
5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird,
6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist,
7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder
8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
dabei genügt es, wenn nur einer von mehreren Ansprüchen die Voraussetzungen erfüllt. Wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, ist dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen.

(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.

Soweit dieses Gesetz keine Bestimmungen über das Verfahren enthält, sind das Gerichtsverfassungsgesetz und die Zivilprozeßordnung einschließlich § 278 Absatz 5 und § 278a entsprechend anzuwenden, wenn die grundsätzlichen Unterschiede der beiden Verfahrensarten dies nicht ausschließen; Buch 6 der Zivilprozessordnung ist nicht anzuwenden. Die Vorschriften des Siebzehnten Titels des Gerichtsverfassungsgesetzes sind mit der Maßgabe entsprechend anzuwenden, dass an die Stelle des Oberlandesgerichts das Oberverwaltungsgericht, an die Stelle des Bundesgerichtshofs das Bundesverwaltungsgericht und an die Stelle der Zivilprozessordnung die Verwaltungsgerichtsordnung tritt. Gericht im Sinne des § 1062 der Zivilprozeßordnung ist das zuständige Verwaltungsgericht, Gericht im Sinne des § 1065 der Zivilprozeßordnung das zuständige Oberverwaltungsgericht.

(1) Aus erheblichen Gründen kann ein Termin aufgehoben oder verlegt sowie eine Verhandlung vertagt werden. Erhebliche Gründe sind insbesondere nicht

1.
das Ausbleiben einer Partei oder die Ankündigung, nicht zu erscheinen, wenn nicht das Gericht dafür hält, dass die Partei ohne ihr Verschulden am Erscheinen verhindert ist;
2.
die mangelnde Vorbereitung einer Partei, wenn nicht die Partei dies genügend entschuldigt;
3.
das Einvernehmen der Parteien allein.

(2) Die erheblichen Gründe sind auf Verlangen des Vorsitzenden, für eine Vertagung auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen.

(3) Ein für die Zeit vom 1. Juli bis 31. August bestimmter Termin, mit Ausnahme eines Termins zur Verkündung einer Entscheidung, ist auf Antrag innerhalb einer Woche nach Zugang der Ladung oder Terminsbestimmung zu verlegen. Dies gilt nicht für

1.
Arrestsachen oder die eine einstweilige Verfügung oder einstweilige Anordnung betreffenden Sachen,
2.
Streitigkeiten wegen Überlassung, Benutzung, Räumung oder Herausgabe von Räumen oder wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs,
3.
(weggefallen)
4.
Wechsel- oder Scheckprozesse,
5.
Bausachen, wenn über die Fortsetzung eines angefangenen Baues gestritten wird,
6.
Streitigkeiten wegen Überlassung oder Herausgabe einer Sache an eine Person, bei der die Sache nicht der Pfändung unterworfen ist,
7.
Zwangsvollstreckungsverfahren oder
8.
Verfahren der Vollstreckbarerklärung oder zur Vornahme richterlicher Handlungen im Schiedsverfahren;
dabei genügt es, wenn nur einer von mehreren Ansprüchen die Voraussetzungen erfüllt. Wenn das Verfahren besonderer Beschleunigung bedarf, ist dem Verlegungsantrag nicht zu entsprechen.

(4) Über die Aufhebung sowie Verlegung eines Termins entscheidet der Vorsitzende ohne mündliche Verhandlung; über die Vertagung einer Verhandlung entscheidet das Gericht. Die Entscheidung ist kurz zu begründen. Sie ist unanfechtbar.

(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann dem Kläger eine Frist setzen zur Angabe der Tatsachen, durch deren Berücksichtigung oder Nichtberücksichtigung im Verwaltungsverfahren er sich beschwert fühlt. Die Fristsetzung nach Satz 1 kann mit der Fristsetzung nach § 82 Abs. 2 Satz 2 verbunden werden.

(2) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann einem Beteiligten unter Fristsetzung aufgeben, zu bestimmten Vorgängen

1.
Tatsachen anzugeben oder Beweismittel zu bezeichnen,
2.
Urkunden oder andere bewegliche Sachen vorzulegen sowie elektronische Dokumente zu übermitteln, soweit der Beteiligte dazu verpflichtet ist.

(3) Das Gericht kann Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückweisen und ohne weitere Ermittlungen entscheiden, wenn

1.
ihre Zulassung nach der freien Überzeugung des Gerichts die Erledigung des Rechtsstreits verzögern würde und
2.
der Beteiligte die Verspätung nicht genügend entschuldigt und
3.
der Beteiligte über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.
Der Entschuldigungsgrund ist auf Verlangen des Gerichts glaubhaft zu machen. Satz 1 gilt nicht, wenn es mit geringem Aufwand möglich ist, den Sachverhalt auch ohne Mitwirkung des Beteiligten zu ermitteln.

(4) Abweichend von Absatz 3 hat das Gericht in Verfahren nach § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3 bis 15 und § 50 Absatz 1 Nummer 6 Erklärungen und Beweismittel, die erst nach Ablauf einer nach den Absätzen 1 und 2 gesetzten Frist vorgebracht werden, zurückzuweisen und ohne weitere Ermittlungen zu entscheiden, wenn der Beteiligte

1.
die Verspätung nicht genügend entschuldigt und
2.
über die Folgen einer Fristversäumung belehrt worden ist.
Absatz 3 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(1) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter hat schon vor der mündlichen Verhandlung alle Anordnungen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen. Er kann insbesondere

1.
die Beteiligten zur Erörterung des Sach- und Streitstandes und zur gütlichen Beilegung des Rechtsstreits laden und einen Vergleich entgegennehmen;
2.
den Beteiligten die Ergänzung oder Erläuterung ihrer vorbereitenden Schriftsätze, die Vorlegung von Urkunden, die Übermittlung von elektronischen Dokumenten und die Vorlegung von anderen zur Niederlegung bei Gericht geeigneten Gegenständen aufgeben, insbesondere eine Frist zur Erklärung über bestimmte klärungsbedürftige Punkte setzen;
3.
Auskünfte einholen;
4.
die Vorlage von Urkunden oder die Übermittlung von elektronischen Dokumenten anordnen;
5.
das persönliche Erscheinen der Beteiligten anordnen; § 95 gilt entsprechend;
6.
Zeugen und Sachverständige zur mündlichen Verhandlung laden.
7.
(weggefallen)

(2) Die Beteiligten sind von jeder Anordnung zu benachrichtigen.

(3) Der Vorsitzende oder der Berichterstatter kann einzelne Beweise erheben. Dies darf nur insoweit geschehen, als es zur Vereinfachung der Verhandlung vor dem Gericht sachdienlich und von vornherein anzunehmen ist, daß das Gericht das Beweisergebnis auch ohne unmittelbaren Eindruck von dem Verlauf der Beweisaufnahme sachgemäß zu würdigen vermag.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

(2) Unbeschadet des Artikels 137 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/625 können die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes

1.
anordnen, dass derjenige, der ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
a)
eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Behörde mitteilt und
b)
der zuständigen Behörde den Eingang eines solchen Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dieses Erzeugnis den Vorschriften nach Absatz 1 nicht entspricht, oder
2.
vorübergehend verbieten, dass ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt.

(3) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe d und g der Verordnung (EU) 2017/625 können entsprechend auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 können entsprechend auch zur Verhütung eines künftigen Verstoßes sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung ergehen.

(5) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von durch Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Nummer 7 oder § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 festgesetzten Auslösewerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium, im Fall einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(6) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von festgesetzten Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen oder Aktionsgrenzwerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

1.
Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
2.
Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
3.
Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b erster oder zweiter Spiegelstrich der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 oder
4.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht aufgrund der Absätze 1 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, aufgrund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16.11.2011 - 5 K 1869/10 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich gegen die Untersagung der Abgabe von Rohmilch an seiner Betriebsstätte in der Hauptstraße ... ...
Der Kläger führt zusammen mit seiner Ehefrau einen landwirtschaftlichen Vollerwerbsbetrieb mit dem Schwerpunkt Milcherzeugung. Der Stammbetrieb befindet sich in der Hauptstraße ... und umfasst die Betriebswohnung der Familie, das landwirtschaftliche Büro, den Notstall, mehrere Maschinenhallen, ein Getreidelager, die Werkstatt für Landtechnik sowie das Spritzmittellager. Dort hat der Kläger auch einen Milchautomaten zur Abgabe von Rohmilch an Kunden aufgestellt. Die in ca. zwei Kilometern Entfernung hiervon im Gewann „W...“ im Jahr 1996 errichtete weitere Betriebsstätte umfasst im Wesentlichen den neuen Stall für die Unterbringung von ca. 50 Milchkühen mit Nachzucht sowie die Melk-Technik.
Mit Verfügung vom 15.01.2010 untersagte das Landratsamt Neckar-Odenwald-Kreis dem Kläger, Rohmilch aus dem Milchautomaten (Standort: ..., Hauptstr. ...) abzugeben und in Verkehr zu bringen. Die sofortige Vollziehung dieser Verfügung wurde angeordnet. Da die Abgabe der Rohmilch nicht im Milcherzeugungsbetrieb erfolge, liege ein Verstoß gegen § 17 der Verordnung über Anforderungen an die Hygiene beim Herstellen, Behandeln und Inverkehrbringen von bestimmten Lebensmitteln tierischen Ursprungs (Tier-LMHV) vor.
Am 20.01.2010 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein. Am 05.02.2010 beantragte er beim Verwaltungsgericht Karlsruhe, die aufschiebende Wirkung seines Widerspruchs wiederherzustellen. Mit Beschluss vom 29.03.2010 lehnte das Verwaltungsgericht diesen Antrag ab (10 K 312/10). Der Beschluss ist rechtskräftig.
Mit Bescheid vom 06.07.2010 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Widerspruch des Klägers zurück: Nach § 17 Abs. 1 Tier-LMHV sei es verboten, Rohmilch oder Rohrahm an den Verbraucher abzugeben. Das Verbot bestehe aus Gründen des vorbeugenden gesundheitlichen Verbraucherschutzes. Eine Ausnahme vom Verbot sei in § 17 Abs. 4 Tier-LMHV für die Abgabevon Milcherzeugungsbetrieben unter den strengen Bedingungen der Ziffern 1 bis 5 dieses Absatzes möglich. Nach Ziffer 1 der Vorschrift müsse die Abgabe im Milcherzeugungsbetrieb erfolgen. Dies sei auch in der Vorgängerregelung, § 8 der Milchverordnung, im sog. „Milch-ab-Hof-Abgabe"-Paragrafen so geregelt gewesen. Der Verordnungsgeber habe schon durch die Wortwahl Abgabe „von Milcherzeugungsbetrieben“ nur „im Milcherzeugungsbetrieb“ in Halbsatz 1 und 2 von § 17 Abs. 4 Tier-LMHV die spezifische Regelungsabsicht deutlich gemacht. Der Milcherzeugungsbetrieb sei in Anhang I Nr. 4.2 der Verordnung (EG) 853/2004 definiert als Betrieb, in dem ein oder mehrere Nutztiere zur Erzeugung von Milch, die als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden soll, gehalten werden. Diese rechtliche Vorgabe erfülle der Kläger nicht, da die Abgabe der Rohmilch an seiner Betriebsstätte in der Hauptstraße ... und nicht in der zwei Kilometer entfernten Betriebsstätte, in welchem die Rohmilch gewonnen werde, stattfinde. Außerhalb des Erzeugerbetriebes liegende Räumlichkeiten dürften zur Milch-ab-Hof-Abgabe nicht verwendet werden, selbst wenn sie in der Verfügungsgewalt des Milcherzeugers lägen. Der Kläger könne sich nicht darauf berufen, sein Milcherzeugungsbetrieb bestehe aus zwei Betriebsstätten. Im Hygienerecht sei es unabdingbar, jede Betriebsstätte unabhängig voneinander zu betrachten. Eine enge und einheitliche rechtliche Auslegung der Vorschrift sei auch deshalb geboten, da der Verbraucher so durch den unmittelbaren Kontakt mit dem Erzeugungsbetrieb eine eigene Beurteilung der Hygiene bei der Milchviehhaltung und der Milchgewinnung treffen könne. In der Vergangenheit seien mehrere Fälle mit zum Teil tödlichem Verlauf des HUS-Syndroms (hämolytisch-urämisches Syndrom) aufgetreten, das auf Enterohämorrhagische E-Coli (EHEC) in Rohmilch zurückzuführen gewesen sei. Dies sei zwar ein seltenes, aber mitunter sehr gravierendes Erkrankungsrisiko beim Verzehr von Rohmilch oder nach einer Kontamination von Küchengegenständen und anderen Speisen beim Umgang im privaten Bereich. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 09.07.2010 zugestellt.
Der Kläger hat am 03.08.2010 Klage beim Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben und die Aufhebung der Verfügung des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 15.01.2010 sowie des Widerspruchsbescheids des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 06.07.2010 beantragt.
Mit Urteil vom 16.11.2011 hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen der auf § 39 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) i.V.m. § 17 Tier-LMHV gestützten Untersagungsverfügung lägen vor. Die Abgabe von Rohmilch durch den Rohmilchautomaten am Standort ..., Hauptstraße ... verstoße gegen § 17 Tier-LMHV. Der Anwendung der Bestimmung stehe nicht der Inhalt der Verordnung (EG) 853/2004 entgegen. Denn Art. 10 Abs. 8a dieser Verordnung überlasse es ausdrücklich dem einzelnen Mitgliedstaat, insoweit aus eigener Initiative und unter Einhaltung der allgemeinen Bestimmungen des Primärrechts einzelstaatliche Vorschriften beizubehalten oder einzuführen. Aufgrund dieser Öffnungsklausel könne der Kläger sich auch nicht mit Erfolg auf die unterschiedliche Handhabung der Abgabe von Rohmilch oder Rohrahm in anderen Mitgliedstaaten berufen. Die Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV lägen nicht vor. Bei der Abgabe von Rohmilch aus einem Rohmilchautomaten am Standort Hauptstraße ... handele es sich nicht um eine Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb" im Sinne der Vorschrift. § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV begrenze die Rohmilchabgabe auf den eigentlichen Milcherzeugungsbetrieb, somit auf den Ort, an dem die Milch gewonnen wird. Bei der in der Nr. 1 aufgestellten Anforderung, der Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb", handele es sich um ein eigenständiges Tatbestandsmerkmal. Aus der Systematik folge, dass die einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV als Ausnahmetatbestand zu dem grundsätzlichen Rohmilchabgabeverbot in Absatz 1 eng auszulegen seien. Auch die Verwendung des unter Nr. 4.1. des Anhang I der Verordnung (EG) 853/2004 definierten Begriffs des „Milcherzeugungsbetriebs" stehe einem engen Verständnis des Begriffs „im Milcherzeugungsbetrieb" nicht entgegen. Sinn und Zweck der Regelung sei der Schutz der Verbraucher vor den gesundheitlichen Risiken durch den Verzehr von Rohmilch. Rohmilch könne Krankheitserreger wie EHEC-Bakterien oder Campylobacter enthalten, die insbesondere bei kleinen Kindern zu Infektionen mit schweren gesundheitlichen Schäden führen könnten. § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV begrenze die Rohmilchabgabe dementsprechend räumlich auf den eigentlichen Milcherzeugungsbetrieb als den Ort, wo die Milch gewonnen werde. Die Existenz der Strafbestimmung gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 6 Tier-LMHV i.V.m. § 58 Abs. 1 Nr. 18, Abs. 4 bis 6 LFGB und die Höhe der Strafandrohung verdeutlichten die hohe Wertigkeit, die der Gesetzgeber dem Rechtsgut der Gesundheit des Verbrauchers beimesse. Auf die Erfüllung der sonstigen - insbesondere der hygienerechtlichen - Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV durch den Kläger komme es nicht an.
Gegen das Urteil hat der Kläger die durch Senatsbeschluss vom 17.06.2013 (9 S 347/12) zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er insbesondere vor:
Das Verwaltungsgericht habe ausgehend von dem Begriff des „Milcherzeugungsbetriebs“ in Anhang I Ziff. 4.2 der Verordnung (EG) 853/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27.04.2004 die Einengung des Begriffs „Milcherzeugungsbetrieb“ in der vorgenannten Vorschrift des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV in europarechtswidriger Weise vorgenommen. Der nationale Gesetzgeber dürfe entsprechend Art. 10 Abs. 8 der EG-Verordnung einschränkende Regelungen treffen, die jedoch eines Sachgrunds bedürften, der zwingend mit den Zielvorstellungen der zugrundeliegenden Normen, nämlich mit hygienerechtlichen Bestimmungen, in Einklang zu bringen sein müsse. Hygienerechtliche Belange spielten indes für das Merkmal der „Örtlichkeit“ keine Rolle. Europarechtlich sei kein Anhaltspunkt dafür zu erkennen, dass die Tiere nicht an einer anderen Stelle gehalten werden könnten als am Ort der Milchabgabe. Ansonsten hätte der Verordnungsgeber sinngemäß regeln können, dass der „Milcherzeugungsbetrieb“ nur dahin zu verstehen sei, dass der Ort des Betriebs gemeint sei, an dem gleichzeitig die Milch in den Verkehr gebracht werden soll. § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV habe keinerlei hygienerechtliche Komponente, aber eine Schutzfunktion zu Gunsten der landwirtschaftlichen bzw. milcherzeugenden Betriebe. Die hygiene- und gesundheitsrechtlichen Aspekte würden in § 17 Abs. 4 Tier-LMHV abgedeckt, jedoch gerade nicht in Nr. 1 dieser Regelung. Das Verwaltungsgericht habe sich mit den primärrechtlichen Grundlagen nicht auseinandergesetzt (Zielsetzungen des Binnenmarkts, Vorschriften der Landwirtschaft in Art. 38 Abs. 1 AEUV, Ziele der gemeinsamen Agrarpolitik, Art. 39 Abs. 1b AEUV, Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen, Art. 39 Abs. 1e AEUV, Wettbewerbsfreiheit, Art. 40 Abs. 1a AEUV, Berufsfreiheit des Klägers, Art. 15 der Europäischen Grundrechtscharta sowie Gleichheitsgrundsatz, Art. 20 der Europäischen Grundrechtscharta). Jedenfalls sei § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV nicht verfassungskonform und auch nicht europarechtskonform. Wäre gesetzgeberisches Ziel die Einhaltung von Hygienebestimmungen, so wäre die Regelung in der Ziff. 1 hierfür untauglich. Die Einhaltung von Hygienebestimmungen bzw. die Vermeidung von Gefährdungslagen werde nicht dadurch gefördert bzw. beseitigt, dass die Milch unmittelbar an der „Stalltür“ abzugeben sei. Somit sei kein legitimer verfassungsrechtlicher Zweck erkennbar. Bis heute seien seitens der zuständigen Behörden keine hygienerechtlichen Bedenken erhoben worden und lägen auch keinerlei negative Kontrollergebnisse vor. Die Einhaltung hygienerechtlicher Bestimmungen und damit die Gewährleistung von Gesundheits- und Lebensmittelschutz werde auch dann nicht garantiert, wenn die Milch an der Stalltüre abgegeben werde, in dem Betrieb aber zum Beispiel unsachgemäß gearbeitet werde oder eine hohe Keimzahl vorhanden sei. Die Einhaltung der hygienerechtlichen Bestimmungen und nicht der Standort der Abgabe sei der entscheidende Ansatz. Der Kläger halte indes alle diesbezüglichen Vorschriften an seinem Hof ein. Dies belege der konkrete Ablauf der Milchproduktion (wird im Einzelnen unter Vorlage einer Foto-Dokumentation dargelegt). Wäre gesetzgeberische Intention die Möglichkeit einer besseren Kontrolle durch den Betriebsinhaber bzw. Milcherzeuger, wäre dies an dem Standort des Milchautomaten am Stammbetrieb gerade gewährleistet. Nach alledem sei die Beschränkung des Begriffs des „Milcherzeugungsbetriebs“ im Sinne der unmittelbaren Verbindung zwischen Kuhstall und Abgabeort gemessen am Maßstab der normgeberischen Zielsetzung hygienerechtlicher Anforderungen nicht nur verfehlt, sondern auch untauglich. Entgegen der Auffassung des Regierungspräsidiums könne ein Verbraucher auch in einer vermeintlich sauberen Umgebung gerade nicht abschätzen bzw. erkennen, ob die von ihm abgeholte Rohmilch hygienerechtlich beanstandungsfrei sei oder nicht. Auch die Formulierung in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 4 Tier-LMHV bezüglich des Hinweises auf das Abkochen der Rohmilch und auf die Anbringung des Schildes an der „Abgabestelle“ spreche dafür, dass der nationale Verordnungsgeber die hier gegenständliche restriktive Handhabung nicht gewollt habe. Der Begriff der „Abgabestelle“ sei nämlich ein anderer als der Begriff des „Milcherzeugungsbetriebs“. Im Übrigen verstoße die Regelung gegen den verfassungsrechtlich verankerten Bestimmtheitsgrundsatz. Aus der Norm könnte weder der jeweils betroffene Landwirt noch die rechtsanwendende Behörde ableiten, wie weit die konkrete Abgabestelle vom Stallgebäude entfernt sein dürfe. Auch die Ermessensausübung der Behörde sei zu beanstanden. Der Zweck der Ermächtigung sei in der Überwachung und Einhaltung der Vorschriften zum Schutz vor Gesundheitsgefahren für Verbraucher zu sehen. Der Bereich sei im weitesten Sinne der Gefahrenabwehr und dem Gesundheitsschutz zuzuordnen. In dem gesamten Verfahren sei jedoch verkannt worden, dass die Hygienebestimmungen überhaupt nicht verletzt seien. § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV in der Form der vom Beklagten vorgenommenen engen Auslegung sei vor dem Hintergrund der hygienerechtlichen Bestimmungen zur Zweckerreichung schlechthin ungeeignet und verletze ihn deshalb in seinem Grundrecht der Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG liege vor, weil zwei gleichgelagerte Sachverhalte in W. und in N. anders behandelt würden als sein Fall. Auch Art. 14 Abs. 1 GG sei verletzt. Ein Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit liege vor. Die Regelung sei ungeeignet, weil mit der Abgabe von Rohmilch am Stallgebäude keine Verbesserung der hygienerechtlichen Situation einhergehe. Außerdem gebe es mildere Mittel gegenüber der vollständigen Untersagung der Milchabgabe. Jedenfalls falle eine Güterabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse des Gesundheits- und Lebensmittelschutzes und den Rechtsgütern des Klägers zu dessen Gunsten aus. Es sei nicht ersichtlich, dass irgendein Fall der Rohmilchabgabe zu ernsthaften Problemen geführt habe. Es werde nicht ausreichen, lediglich auf abstrakte/potentielle Gefahren hinzuweisen, die sich in keinem einzigen Fall realisiert hätten. Auf der Grundlage der vorstehenden Ausführungen sei gegebenenfalls eine Aussetzung des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens und eine Vorlage an den EuGH geboten.
10 
Der Kläger beantragt,
11 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 16.11.2011 - 5 K 1869/10 - zu ändern und die Verfügung des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 15.01.2010 sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 06.07.2010 aufzuheben.
12 
Der Beklagte beantragt,
13 
die Berufung zurückzuweisen.
14 
Er verteidigt das angegriffene Urteil und trägt ergänzend vor: Bei der näheren Bestimmung der Bedeutung der Formulierung „Abgabe im Milcherzeugungsbetrieb“ sei zunächst auf Sinn und Zweck der Vorschriften abzustellen. Regelungsziel der Tier-LMHV sei es, durch Hygienevorschriften die Gefahren, die im Umgang mit Lebensmitteln tierischen Ursprungs für die öffentliche Gesundheit ausgingen, auf ein Mindestmaß zu reduzieren. Die in § 17 Abs. 4 Tier-LMHV kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen für die unmittelbare Rohmilchabgabe vom Erzeuger an den Endverbraucher seien allesamt in diesem Sinnzusammenhang zu sehen. Es handele sich hierbei ausschließlich um Hygieneanforderungen im Umgang mit Rohmilch, die dem Schutz der öffentlichen Gesundheit dienten. Dies gelte ausdrücklich auch für die Voraussetzung der Milchabgabe im Milcherzeugungsbetrieb. Dies könne unter Berücksichtigung des hygienerechtlichen Hintergrundes nur als dahingehendes Verbot verstanden werden, Rohmilch weg vom Milcherzeugungsbetrieb an einen anderen Abgabeort zu transportieren. Mit dem Transport der Rohmilch steige das Risiko einer Belastung der Milch mit Krankheitserregern und damit auch die Infektionsgefahr für den Menschen. Rohmilch als solche berge immer die potentielle Gefahr, mit Krankheitserregern belastet zu sein. Ein Anfangskeimgehalt der Milch, auch wenn dieser noch nicht die infektiöse Dosis darstellen sollte, könne sich aufgrund des für diese Bakterien gut geeigneten Nährmediums Milch bei weiterer Lagerung und Handhabung vermehren. Bearbeitungsschritte wie Umfüllen, Lagern und Transportieren erhöhten die Kontaminationsgefahr in Form eines zusätzlichen Bakterienantrags. Außerdem könnte die damit einhergehenden Unterbrechung der Kühlkette zu Bakterienwachstum führen. Der Verordnungsgeber habe in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV deshalb diese durch zusätzliche Bearbeitungsschritte bedingten Risiken von vornherein ausgeschlossen. Er habe den Transport als abstrakt risikoerhöhenden Umstand gänzlich verboten. Die Auslegung, dass die Regelung keine hygienerechtliche Komponente enthalte, sondern nur bezwecke, einen Ankauf von Rohmilch durch Dritte zu verhindern, sei mit dem hygienerechtlichen Schutzzweck der Tier-LMHV nicht zu vereinbaren. Auch das Verbot des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Tier-LMHV, andere als im eigenen Betrieb gewonnene Rohmilch zu verkaufen, bezwecke nicht, die landwirtschaftlichen milcherzeugenden Betriebe vor Konkurrenz durch Zwischenhändler zu schützen. Im Rahmen der Wortauslegung werde der Ortsbezug deutlich, wenn man die vollständige Formulierung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV „die Abgabe im Milcherzeugungsbetrieb erfolgt“, betrachtet. Die Örtlichkeit müsse mit der Milcherzeugung in einem räumlichen Zusammenhang stehen, ein rein betriebswirtschaftlicher Zusammenhang reiche nicht aus. Festzuhalten sei, dass eine Wortlautauslegung ergebe, dass die Milchabgabe an dem Ort zu erfolgen habe, an dem ein Betrieb - bestehend aus einem oder mehreren Nutztieren, die vom Erzeuger zum Zweck der Erzeugung von Milch, die als Lebensmittel in Verkehr gebracht werden soll, gehalten werden - tatsächlich Milch erzeuge. Auch eine systematische Auslegung führe zu keinem anderen Ergebnis. Im Gegensatz zu der unmittelbaren Abgabe von Rohmilch sei die Abgabe von Vorzugsmilch an den Verbraucher nicht örtlich auf den Erzeugerbetrieb beschränkt. Vorzugsmilch könne vielmehr gehandelt werden; der Verbraucher könne Vorzugsmilch auch im Einzelhandel erwerben. Im Unterschied zur Rohmilchabgabe unterliege die Vorzugsmilchabgabe jedoch deutlich strengeren Hygieneanforderungen. Mit § 17 Abs. 4 Tier-LMHV habe der Verordnungsgeber den früher gängigen Vorgang - das Abholen frischer Milch direkt vom Bauernhof regelmäßig mit eigens mitgebrachten Flaschen und Kannen - weiterhin zugelassen. Mit § 17 Abs. 2 und Abs. 3 Tier-LMHV habe der Verordnungsgeber hingegen dem Verbraucher den Zugang zu dem Produkt „(nahezu) unbehandelte Milch“ ermöglichen wollen. Außerdem sei zu beachten, dass die den Ausnahmetatbestand begründenden Tatbestandsvoraussetzungen eng auszulegen seien. Ausweislich der Begründung habe der deutsche Verordnungsgeber die in der Milchverordnung in § 8 ehemals geregelte „Milch-ab-Hof-Abgabe“ inhaltsgleich in den neuen § 17 Tier-LMHV übernehmen wollen. Eindeutig in der Begründung nachzulesen sei, dass ausschließlicher Zweck der nur als Ausnahme zugelassenen direkten Rohmilchabgabe sei, die Gesundheit der Verbraucher vor potentiellen Risiken, die mit dem Verzehr von Rohmilch verbunden seien, zu schützen. Entgegen der Ansicht des Klägers sei § 17 Tier-LMHV in jeglicher Hinsicht verfassungsgemäß. Insbesondere werde nicht in rechtswidriger Weise in Art. 12 Abs. 1 GG eingegriffen. Die Vorgabe der Abgabe von Rohmilch nur im Milcherzeugungsbetrieb stelle eine Berufsausübungsregelung dar, die zum Schutz der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt sei. Da der Transport der Rohmilch das Risiko erhöhe, dass diese mit Krankheitserregern kontaminiert sei, sei das Transportverbot geeignet, den angestrebten Zweck zu erfüllen. Die klägerseits vorgebrachten Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des § 17 Tier-LMHV mit Europarecht könnten nicht geteilt werden. Bei § 17 Tier-LMHV handele es sich um eine nationale Regelung, die - neben europarechtlichen Vorschriften - den Umgang mit Rohmilch regele. In Art. 10 Abs. 3, Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 ermächtige der europäische Gesetzgeber die Mitgliedstaaten dazu, weitergehende einzelstaatliche Vorschriften zu erlassen, die das Inverkehrbringen von Rohmilch, die für den unmittelbaren menschlichen Verzehr bestimmt sei, in seinem Hoheitsgebiet untersagen oder einschränken. In Absatz 11 der Präambel heiße es darüber hinaus, dass es bei der direkten Abgabe kleiner Mengen von Primärerzeugnissen durch den Erzeuger an den Endverbraucher angezeigt sei, die öffentliche Gesundheit durch einzelstaatliche Rechtsvorschriften zu schützen. Dadurch werde deutlich, dass der europäische Gesetzgeber die Thematik der Rohmilchabgabe nicht abschließend habe regeln wollen. Der europäische Gesetzgeber räume seinen Mitgliedstaaten dabei einen gewissen Spielraum ein. Durch die hier in Rede stehende Anforderung, Rohmilch nur im Milcherzeugungsbetrieb abzugeben, habe der deutsche Gesetzgeber eine solche - im Vergleich zum Europarecht - weitergehende Hygieneanforderung geschaffen und hierbei im Rahmen des ihm zuerkannten Spielraums gehandelt. Die Abgabestelle ... ..., Hauptstraße ... könne nicht als Milcherzeugungsbetrieb qualifiziert werden. Der Abgabeort stehe in keinem räumlichen Zusammenhang mit dem Erzeugungsort. Auch der seitens des Klägers beschriebene Vorgang der Rohmilcherzeugung und Abgabe zeige deutlich, dass es hier - nach Ende des Melkvorgangs bis zur Abgabe an den Verbraucher - zu weiteren Behandlungsschritten der Milch komme. Der Transport gehöre aber nach Sinn und Zweck des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV nicht mehr zum Milcherzeugungsprozess und solle nach dieser Vorschrift aufgrund der damit einhergehenden Risikoerhöhung der abstrakten Gesundheitsgefahr gerade verhindert werden. Diese abstrakte Gefahr sei nach dem Willen des Verordnungsgebers maßgebliches Untersagungskriterium. Der Kläger könne die abstrakte Gefahr, die der Transport als solches mit sich bringe, nicht dadurch beseitigen, dass er die gesetzlichen Hygienevorgaben genauestens einhalte. Im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung habe sie zu berücksichtigen gehabt, dass es sich bei § 17 Abs. 1 Tier-LMHV um ein Verbot zum vorbeugenden Schutz der öffentlichen Gesundheit handele. Die Untersagungsverfügung sei auch nicht wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ermessensfehlerhaft. Insbesondere seien dem Kläger alternative Möglichkeiten, seine erzeugte Milch zu vermarkten, aufgezeigt worden. Ob die Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV bei den angeführten, im...-Kreis gelegenen Höfen eingehalten würden, könne offenbleiben. Selbst wenn eine Ungleichbehandlung zu bejahen wäre, könne sich der Kläger auf eine Gleichbehandlung im Unrecht nicht berufen.
15 
Die am 15.05.2014 durchgeführte mündliche Verhandlung ist mit Beschluss vom 27.05.2014 wiedereröffnet worden, um die Beteiligten zur Frage der maßgeblichen Rechtsgrundlage der gegenständlichen Verfügung anzuhören.
16 
Dem Senat liegen die Akten des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis (1 Band, 1 Aktenvermerk), des Regierungspräsidiums Karlsruhe (1 Band) und des Verwaltungsgerichts vor. Darauf und auf die gewechselten Schriftsätze wird wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
17 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
18 
Die zulässige, insbesondere fristgerecht (§ 124a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO) eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist nicht begründet. Das angegriffene Urteil ist nicht zu ändern. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
19 
Eine Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) nach Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung der Bekanntmachung vom 09.05.2008 (ABl. Nr. C 115 S. 47) - AEUV - hält der Senat nicht für erforderlich. Denn er hat weder Zweifel hinsichtlich der Auslegung von Bestimmungen des Primärrechts noch der Verordnungen (EG) 882/2004 oder 853/2004. Im Übrigen kann das Urteil des Senats mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden (vgl. Art. 267 Abs. 3 AEUV). Ein solches Rechtsmittel stellt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde bei Nichtzulassung der Revision gemäß § 133 VwGO dar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.10.1997 - 6 B 32/97 -, NVwZ-RR 1998, 752/754; siehe auch Borchardt in Lenz/Borchardt, EU-Verträge, 5. Aufl., Art. 267 AEUV Rn. 41).
20 
Die als Anfechtungsklage statthafte (vgl. § 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO) und auch sonst zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 15.01.2010 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 06.07.2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Untersagungsverfügung stellt ihrem Inhalt nach einen Dauerverwaltungsakt dar. Sie verbietet dem Kläger generell für die Zukunft die Abgabe von Rohmilch am Standort des Stammbetriebs und erschöpft sich damit nicht im Verlangen eines einmaligen Tuns oder Unterlassens. Der Senat hat deshalb die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen, da das materielle Recht nicht die Maßgeblichkeit eines anderen Zeitpunkts bestimmt (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 22.01.1998 - 3 C 6/97 -, BVerwGE 106, 141).
I.
21 
Der Beklagte hat die Untersagungsverfügung auf § 39 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) in der derzeit gültigen Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung des LFGB vom 28.05.2014 (BGBl. I 2014, 698) i.V.m. § 17 Tier-LMHV gestützt. Nach § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB trifft die zuständige Behörde - und damit das gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 LFGB i.V.m. § 19 Abs. 1, § 18 Abs. 4 AG-LMGB, § 15 Abs. 1 Nr. 1 LVG zur Lebensmittelüberwachung berufene Landratsamt - die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung erforderlich sind. Sie kann dabei u.a. das Herstellen, Behandeln oder das Inverkehrbringen von Erzeugnissen verbieten oder beschränken (vgl. § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LFGB).
22 
Nach Auffassung des Senats ist § 39 Abs. 2 LFGB allerdings nicht anwendbar. Vielmehr ergibt sich im Falle der Feststellung eines Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften die Befugnisnorm für auf Abhilfe gerichtete Maßnahmen der Lebensmittelbehörde, wie etwa ein Verkehrsverbot, aus Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. b) der Verordnung (EG) 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz vom 29.04.2004 (ABl. L Nr. 165, 1 ff.) .
23 
Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004, zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 517/2013 des Rates vom 13.05.2013, ABl. L 158, 1, lautet: Stellt die zuständige Behörde einen Verstoß fest, so trifft sie die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft. Nach Art. 54 Abs. 2 Nr. b) dieser Verordnung kann dazu (u.a.) die Maßnahme der Einschränkung oder Untersagung des Inverkehrbringens von Futtermitteln, Lebensmitteln oder Tieren gehören. Nach der Legaldefinition in Art. 2 Nr. 10 der Verordnung handelt es sich bei einem Verstoß um die „Nichteinhaltung des Futtermittel- oder Lebensmittelrechts und der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz“.
24 
Art. 54 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) 882/2004 gilt unmittelbar und verdrängt wegen des Anwendungsvorrangs des Unionrechts (vgl. Art. 288 AEUV sowie Nettesheim, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Band 3, Stand: August 2012, Art. 288 Rn. 53; Streinz, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: Juli 2011, B Einführung Rn. 38b) in seinem Anwendungsbereich die nationale Rechtsgrundlage des § 39 Abs. 2 LFGB (vgl. auch § 39 Abs. 2 Satz 3 LFGB sowie die diesbezügliche Gesetzesbegründung, BTDrucks. 16/8100, 20: „Diese Regelungen [= Art. 54 Abs. 1 und 2 Verordnung (EG) 882/2004] sind als unmittelbar geltendes Gemeinschaftsrecht von den zuständigen Behörden vorrangig anzuwenden“). Hier liegt ein den Anwendungsvorrang auslösender Kollisionsfall vor (zu diesem Erfordernis vgl. Nettesheim, a.a.O., Art. 288 Rn. 52; Streinz/Herrmann, BayVBl. 2008, 1, 3 f.). In den Erwägungsgründen 2 und 3 der Verordnung (EG) 882/2004 stellt der Verordnungsgeber fest, dass das europäische Futtermittel- und Lebensmittelrecht sowohl in der grundlegenden Verordnung (EG) 178/2002 als auch in speziellen Vorschriften für Bereiche wie Futtermittel- und Lebensmittelhygiene kodifiziert sei. Die Mitgliedstaaten sollten das Futtermittel- und Lebensmittelrecht durchsetzen sowie überwachen und überprüfen, dass die entsprechenden Anforderungen von den Unternehmern auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen eingehalten werden, wofür auf Gemeinschaftsebene ein einheitlicher Rahmen in Form allgemeiner Vorschriften für die Organisation von Kontrollen geschaffen werden sollte (Erwägungsgründe 6 und 7). In Umsetzung der vorstehenden Erwägungsgründe bestimmt Art. 1 der Verordnung (EG) 882/2004 deren Anwendungsbereich dahingehend, dass in der Verordnung allgemeine Regeln für die Durchführung amtlicher Kontrollen u.a. zur Vermeidung, Beseitigung oder Senkung von unmittelbar oder über die Umwelt auftretenden Risiken für Mensch und Tier festgelegt würden. Aus den Erwägungsgründen 41, 42 und 43 ergibt sich, dass Verstöße gegen das Futtermittel- und Lebensmittelrecht „in der gesamten Gemeinschaft Gegenstand wirksamer, abschreckender und angemessener Maßnahmen sein“ sollten. Unter dem Titel VII „Durchsetzungsmaßnahmen“ der Verordnung ist das Kapitel I mit „Nationale Durchsetzungsmaßnahmen“ überschrieben. Der hier normierte Art. 54 („Maßnahmen im Fall eines Verstoßes“) sieht in seinem zweiten Absatz einen konkreten Maßnahmenkatalog vor. Angesichts des aufgezeigten umfassenden Regelungsanspruchs der Verordnung (EG) 882/2004 und der Zielsetzung, den nationalen Behörden für die Durchsetzung des Lebensmittelrechts unmittelbare rechtliche Vorgaben zu machen, hat der Senat keine Zweifel, dass die Mitgliedstaaten bei festgestellten lebensmittelrechtlichen Verstößen Maßnahmen mit dem Ziel der Abhilfe nunmehr auf Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 stützen können (so auch Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: Juli/November 2012, C 102, § 39 LFGB Rn. 10 f., 21, 63 ff.; Meyer/Streinz, LFGB, 2. Aufl. 2012, § 39 Rn. 1, 10, 23; Wehlau, LFGB, 2010, § 39 Rn. 10 ff.; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243 ff.; OVG Hamburg, Beschluss vom 05.09.2011 - 5 Bs 139/11 -, NVwZ-RR 2012, 92; unklar: BayVGH, Beschluss vom 26.11.2011 - 9 ZB 09.2116 -, Juris; zum Verbot, unmittelbar geltende Vorschriften des EU-Rechts im Recht der Mitgliedstaaten zu wiederholen vgl. König in: Schulze/Zuleeg/Kadelbach, Europarecht, 2. Aufl. 2010, § 2 Rn. 41 m.w.N.; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243, 247; zur Problematik der Rechtsunsicherheit in der deutschen Überwachungspraxis vgl. dies., ZLR 2010, 243, 246; Meyer/Streinz, a.a.O., § 39 Rn. 1). Ob bzw. inwieweit § 39 Abs. 2 LFGB etwa bei Maßnahmen zur Feststellung oder zur Ausräumung eines bestimmten Verdachts über die unionsrechtliche Ermächtigung in Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 hinausgeht und deshalb insoweit weiter anwendbar bleibt, bedarf hier keiner Entscheidung (vgl. dazu Zipfel/Rathke, a.a.O., § 39 LFGB Rn. 10; Meyer/Streinz, a.a.O., § 39 Rn. 1; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243 ff.).
25 
Ungeachtet der anders lautenden behördlichen Begründung kann die angefochtene Verfügung auf Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 gestützt werden.
26 
§ 39 Abs. 2 LFGB und Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 sind ähnlich aufgebaut, sie bestehen aus einer Generalklausel (§ 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB bzw. Art. 54 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) 882/2004) und einer beispielartigen, nicht abschließenden Aufzählung möglicher Maßnahmen (§ 39 Abs. 2 Satz 2 LFGB sowie Art. 54 Abs. 2 der Verordnung (EG) 882/2004; vgl. Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 10). Weder in Bezug auf die Tatbestandsvoraussetzungen noch die Rechtsfolgen weisen die Bestimmungen relevante Unterschiede auf: Beide setzen die Feststellung eines Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften voraus und verpflichten die Behörde („trifft die zuständige Behörde“ bzw. „trifft sie“) zu notwendigen bzw. erforderlichen Maßnahmen (kein Entschließungsermessen; zu Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 vgl. VG Hannover, Urteil vom 27.06.2012 - 9 A 50/12 -, Juris, zu § 39 Abs. 2 LFGB vgl. Senatsurteil vom 02.03.2010 - 9 S 171/09 -, VBlBW 2010, 314, sowie Senatsbeschluss vom 12.11.1997 - 9 S 2530/97 -, VBlBW 1998, 186; Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 40; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 102 § 39 Rn. 17 f.). Diese können insbesondere auch in dem Verbot bzw. der Untersagung des Inverkehrbringens von Erzeugnissen bzw. Lebensmitteln bestehen. Allenfalls im Hinblick auf die im Einzelfall konkret zu ergreifende Maßnahme ist der Behörde im Grundsatz ein Auswahlermessen eingeräumt. Angesichts der Parallelität beider Normen ist nicht erkennbar, weshalb diese vom Senat zu § 39 Abs. 2 LFGB vertretene Auffassung (vgl. Senatsurteil vom 02.03.2010, a.a.O.; Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 40) nicht auch für die unionsrechtliche Rechtsgrundlage zu gelten hätte. Im Rahmen ihrer Entscheidung hat die Behörde schließlich den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: März 2013, C 102, § 39 Rn. 17 f.; 73).
27 
Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist ein Auswechseln der Rechtsgrundlage zulässig. Denn dies führt weder zu einer Wesensveränderung des angefochtenen Verwaltungsakts noch wird die Rechtsverfolgung des Klägers in beachtlicher Weise erschwert (zu diesem Maßstab vgl. BVerwG, Urteil vom 27.01.1982 - 8 C 127/81 -, BVerwGE 64, 356; Urteil vom 21.11.1989 - 9 C 28/89 -, NVwZ 1990, 673). Angesichts des identischen Befugnisrahmens und der gleich gerichteten Ermessensdirektiven würde dies selbst dann gelten, wenn der Behörde im konkreten Fall ein Auswahlermessen bezüglich der konkret zu treffenden Maßnahmen eingeräumt gewesen wäre (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.05.1994 - 5 S 2637/93 -, NVwZ 1995, 397; Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 23. Ergänzungslieferung 2013, § 113 Rn. 21; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 54). Dies war indes nicht der Fall (dazu noch unten unter II. 3.). Handelte es sich mithin bei der gegenständlichen Maßnahme um eine gebundene Entscheidung, war der Senat berechtigt und verpflichtet, die unionsrechtliche Rechtsgrundlage zu berücksichtigen (vgl. nur Schmidt, in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 113 Rn. 17, 22).
II.
28 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004liegen vor. Die Abgabe von Rohmilch durch den am Stammbetrieb des Klägers aufgestellten Rohmilchautomaten begründet einen Verstoß gegen § 17 Abs. 1 Tier-LMHV; der Inhalt der Verordnung (EG) 853/2004 (ABI. L 139 vom 30.04.2004, S. 55) steht einer Anwendung dieser Vorschrift nicht entgegen (hierzu unter 1.). Die Voraussetzungen der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV sind nicht gegeben (hierzu unter 2.). Zur Beseitigung des festgestellten Verstoßes und zur Verhütung künftiger Verstöße war die Untersagung der Rohmilchabgabe „erforderlich“ im Sinne Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft; auch mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit war die gegenständliche Maßnahme nicht zu beanstanden (dazu unter 3.).
29 
1. Nach § 17 Abs. 1 Tier-LMHV ist es verboten, Rohmilch oder Rohrahm an Verbraucher abzugeben.
30 
a) Auch eine Nichteinhaltung dieser nationalen Vorschrift des Lebensmittelrechts ist geeignet, einen „Verstoß“ im Sinne des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 zu begründen (zu diesem Begriff vgl. Art. 2 Nr. 10 der Verordnung). Nach Art. 2 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 gelten für die Zwecke der vorliegenden Verordnung die Begriffsbestimmungen der Artikel 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002. Gemäß Art. 3 dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck „Lebensmittelrecht“ die Rechts- und Verwaltungsvorschriften für Lebensmittel im Allgemeinen und die Lebensmittelsicherheit im Besonderen, sei es auf gemeinschaftlicheroder auf einzelstaatlicher Ebene (Hervorhebung nur hier). Mithin ist dieses Verständnis auch der Auslegung des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 zugrunde zu legen (so ausdrücklich auch Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243, 249; vgl. auch Zipfel/Rathke, a.a.O., § 39 LFGB Rn. 67 und C 101, Art. 3 Verordnung (EG) Nr. 178/2002, Rn. 6).
31 
b) § 17 Abs. 1 Tier-LMHV beruht auf einer eigenständigen nationalen Rechtsgrundlage. Der Verordnungsgeber hat sich hierbei ausdrücklich auf die spezielle Ermächtigung in Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 (ABI. L 139 vom 30.4.2004, S. 55) gestützt, die es dem einzelnen Mitgliedstaat überlässt, aus eigener Initiative und unter Einhaltung der allgemeinen Bestimmungen des Primärrechts einzelstaatliche Vorschriften beizubehalten oder einzuführen, mit denen das Inverkehrbringen von Rohmilch oder Rohrahm, die für den unmittelbaren menschlichen Verzehr bestimmt sind, in seinem Hoheitsgebiet untersagt oder eingeschränkt wird (vgl. BRDrucks. 327/07, Amtliche Begründung zu § 17; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 178 § 17 Tier-LMHV Rn. 3 ff.). Da es sich um eine spezielle, rein mitgliedstaatliche Regelung handelt, dürfte auch der vom Kläger aufgeworfenen Frage, ob mit Blick auf Art. 1 Abs. 3 c) der Verordnung (EG) 853/2004 (danach gilt die Verordnung nicht für die direkte Abgabe kleiner Mengen von Primärerzeugnissen durch den Erzeuger an den Endverbraucher oder an örtliche Einzelhandelsunternehmen, die die Erzeugnisse direkt an den Endverbraucher abgeben) der Anwendungsbereich der Verordnung überhaupt eröffnet ist, keine maßgebliche Bedeutung zukommen (vgl. auch die Stellungnahme des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg vom 19.07.2007, Seite 23 c der Behördenakte).
32 
Dass der Verordnungsgeber die Grenzen des Unionsrechts überschritten hätte, vermag der Senat nicht festzustellen. Zwar wird die Ermächtigung der Mitgliedstaaten durch Art. 10 Abs. 3 und 4 Verordnung (EG) 853/2004 eingeschränkt. Nach Art. 10 Abs. 3 dürfen diese beim Erlass einzelstaatlicher Vorschriften nach den Absätzen 4 bis 8 „die Erreichung der Ziele dieser Verordnung“ nicht gefährden. Dass dies der Fall wäre, ist indes nicht ersichtlich. Das grundsätzliche Verbot des Inverkehrbringens von Rohmilch zum unmittelbaren menschlichen Verzehr dient gerade den primären Zielen der Verordnung (EG) 853/2004, ein hohes Gesundheitsschutz- und Verbraucherschutzniveau sicherzustellen (vgl. die Erwägungsgründe 3 und 9 der Verordnung (EG) 853/2004). Mithin kann von einer Gefährdung der Erreichung der Ziele der Verordnung keine Rede sein. Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, die in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV aufgestellte Voraussetzung diene überhaupt keinen hygienerechtlichen Zwecken. Zur Begründung kann auf die nachfolgenden Ausführungen unter 2.a) verwiesen werden. Soweit nach Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004 die einzelstaatlichen Vorschiften u.a. zum Ziel haben, die weitere Anwendung traditioneller Methoden auf allen Produktions-, Verarbeitungs- oder Vertriebsstufen von Lebensmitteln zu ermöglichen, könnte ein generelles Verbot des Inverkehrbringens von Rohmilch zum unmittelbaren menschlichen Verzehr möglicherweise unionsrechtliche Fragen aufwerfen, soweit in dem betreffenden Mitgliedstaat eine entsprechende Tradition bestand (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., C 178 § 17 Tier-LMHV Rn. 5 f.). Hier hat der deutsche Verordnungsgeber indes kein generelles Abgabeverbot erlassen, sondern das grundsätzliche Abgabeverbot nach § 17 Abs. 1 mit den Ausnahmeregelungen in § 17 Abs. 2 bis 4 Tier-LMHV verknüpft. Indem er in Abs. 4 Satz 1 weiterhin ausdrücklich die sog. „Milch-ab-Hof-Abgabe“ zulässt (vgl. die ähnliche Vorgängerregelung in § 8 Abs. 1 Milchverordnung), hat er dieser traditionellen Vertriebsform explizit Rechnung getragen und damit auch Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004 berücksichtigt.
33 
Der Kläger meint ferner, mit § 17 habe der Verordnungsgeber gegen die nach Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 einzuhaltenden „allgemeinen Bestimmungen des Vertrags“ verstoßen. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden.
34 
Soweit er sich auf Art. 38 Abs. 1, Art. 39 Abs. 1 b), Art. 39 Abs. 1 e) und Art. 40 Abs. 1 a) AEUV beruft, ist bereits weder dargetan noch sonst für den Senat erkennbar, inwieweit diese Normen geeignet sind, bezogen auf die hier einschlägige Fallgestaltung subjektive Rechte des Klägers zu begründen (vgl. Priebe, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Stand: März 2011, Art. 38 AEUV Rn. 100; Art. 39 Rn. 2, 6).
35 
Dass die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Zulässigkeit der Abgabe von Rohmilch für den unmittelbaren menschlichen Verzehr unterschiedliche Regelungen treffen dürfen und getroffen haben, ist im Übrigen ersichtlich unionsrechtlich bezweckte, notwendige Folge der speziellen Öffnungsklausel des Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004, die auch mit Blick auf ihren Wortlaut („in seinem Hoheitsgebiet untersagt oder eingeschränkt“) mit einem nicht unerheblichen Gestaltungsspielraum für die Mitgliedstaaten verbunden ist. Schon deshalb scheidet sowohl der behauptete Verstoß gegen die vom Kläger auf Art. 40 Abs. 1 a) AEUV gestützte „Wettbewerbsfreiheit“ wie auch eine Verletzung des Gleichheitssatzes gemäß Art. 20 GRCh aus. Im Übrigen findet die auf einen engen Anwendungsbereich beschränkte Regelung ihre sachliche Rechtfertigung - wie bereits dargelegt - vor allem in den Zielen, ein hohes Gesundheitsschutz- und Verbraucherschutzniveau sicherzustellen (vgl. Erwägungsgründe 3 und 9 der Verordnung (EG) 853/2004) sowie die weitere Anwendung traditioneller Methoden auf allen Produktions-, Verarbeitungs- oder Vertriebsstufen von Lebensmitteln zu ermöglichen (vgl. Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004). Vor diesem Hintergrund erfährt auch der vom Kläger geltend gemachte Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 15 Abs. 1 GRCh seine Rechtfertigung jedenfalls durch Art. 52 Abs. 1 Satz 1 und 2 GRCh. Zur weiteren Begründung insbesondere zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit wird auf die Ausführungen unter 2. b) verwiesen.
36 
Bei alledem kann dahingestellt bleiben, ob es beim Gebrauchmachen der Bundesrepublik Deutschland von der Öffnungsklausel des Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 um die Durchführung des Rechts der Union durch einen Mitgliedstaat im Sinne des Art. 51 Abs. 1 GRCh geht (vgl. dazu Jarass, Charta der Grundrechte, 2. Aufl. 2013, Art. 51 Rn. 11 ff., 16 ff.; Borowsky, in: Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Auf. 2011, Art. 51 Rn. 24 ff.) und damit der Anwendungsbereich der Grundrechte Charta überhaupt eröffnet ist. Ebenso kann offen bleiben, welche rechtliche Bedeutung insoweit dem Umstand zukommt, dass hier kein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt.
37 
2. Die Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV greift nicht zugunsten des Klägers ein.
38 
a) Nach § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV darf Rohmilch abweichend von Absatz 1 von Milcherzeugungsbetrieben unmittelbar an Verbraucher abgegeben werden, wenn
39 
1. die Abgabe im Milcherzeugungsbetrieb erfolgt,
2. die Rohmilch im eigenen Betrieb gewonnen und behandelt worden ist,
3. die Rohmilch am Tag der Abgabe oder am Tag zuvor gewonnen worden ist,
4. an der Abgabestelle gut sichtbar und lesbar der Hinweis „Rohmilch, vor dem Verzehr abkochen" angebracht ist und
5. die Abgabe von Rohmilch zuvor der zuständigen Behörde angezeigt worden ist.
40 
Nach der Überzeugung des Senats begrenzt § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV in Fällen, in denen ein landwirtschaftlicher Betrieb mehrere Betriebsstätten aufweist und etwa - wie hier - das Milchvieh nicht am Standort des Stammbetriebs gehalten wird, die Rohmilchabgabe räumlich auf die Örtlichkeit, an der die Milch tatsächlich gewonnen wird. Rohmilch wird nur dann in zulässiger Weise „im Milcherzeugungsbetrieb“ im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV abgegeben, wenn die Abgabe am Standort der Milchgewinnung erfolgt.
41 
Dies legt bereits der Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV nahe. Die normative Aufzählung von fünf Voraussetzungen, die alle kumulativ für das Vorliegen einer Ausnahme erfüllt sein müssen, spricht dafür, dass es sich bei der Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb" nach Nr. 1 um ein Tatbestandsmerkmal mit eigenständiger Aussagekraft handelt. Anders als die wenig ergiebige Legaldefinition des Begriffs „Milcherzeugungsbetrieb“ in § 2 Abs. 2 Nr. 3 Tier-LMHV in Verbindung mit 4.2 des Anhangs 1 der Verordnung (EG) 853/2004 („Betrieb mit einem oder mehreren Nutztieren, die zur Erzeugung von Milch, die als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden, gehalten werden“) deutet die mit der lokalen Präposition verbundene Wendung „im Milcherzeugungsbetrieb“ darauf hin, dass hier eine Aussage über den zulässigen Ort der Rohmilchabgabe getroffen wird. Dies wird durch das Bestehen eines unternehmerischen bzw. betriebswirtschaftlichen Zusammenhangs mit dem Stammbetrieb nicht in Frage gestellt. Denn nach der allgemeinen Definition in Art. 2 Abs. 1 Buchstabe c Verordnung (EG) Nr. 852/2004 ist unter Betrieb jede Einheit eines Lebensmittelunternehmens zu verstehen. Im Gegensatz zu dem in der Verordnung (EG) 178/2002 selbständig definierten Begriff des Lebensmittelunternehmens dürfte der Begriff des Betriebs hier nicht als unternehmerische Zusammenfassung einer Tätigkeit, sondern als eine organisatorische und/oder örtliche Zusammenfassung der Herstellung oder des Inverkehrbringens von Lebensmitteln zu verstehen sein; dabei ist - gerade auch im hygienerechtlichen Kontext - in der Regel davon auszugehen, dass ein Betrieb durch die örtliche Zusammenfassung gebildet wird (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: März 2008, C 170, Art. 2 Verordnung (EG) Nr. 852/2004 Rn. 14). Mithin kann der Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs, an dem Milch gewonnen wird, als Milcherzeugungsbetrieb im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV angesehen werden.
42 
Erhärtet wird diese Auslegung durch den Sinn und Zweck der Regelung, der darin besteht, die Gesundheit der Verbraucher vor den potentiellen Risiken zu schützen, die mit dem Verzehr von Rohmilch verbunden sind (vgl. hierzu die amtliche Begründung BRDrucks. 327/07, S. 170; Zipfel/Rathke, a.a.O., C 178, § 17 Tier-LMHV Rn. 1). Alle in Nr. 1 bis 5 kumulativ verlangten Voraussetzungen haben eine hygienerechtliche Komponente. Entgegen der Ansicht des Klägers wird auch mit dem räumlichen Erfordernis der Nr. 1 ein hygienerechtlicher Schutzzweck verfolgt. Zu Recht hat der Beklagte insoweit darauf verwiesen, dass es in der Natur der Rohmilch liegt, dass sie Bakterien enthalten könne, die geeignet seien, die Verbrauchergesundheit zu schädigen, wie zum Beispiel Salmonellen, EHEC, Campylobacter, Listerien etc. (vgl. auch Bundesinstitut für Risikobewertung, Mitteilung vom 29.05.2009 unter http://www.bfr.bund.de/cd/29651; aktueller Bericht Anlage 1 zum Schriftsatz des Beklagten vom 19.09.2013). Zur Vermeidung lebensmittelbedingter Infektionskrankheiten empfiehlt die WHO in einer ihrer „Zehn Goldenen Regeln“: „always buy pasteurized as opposed to raw milk“. Unstreitig kann sich ein Anfangskeimgehalt der Milch, auch wenn dieser noch nicht die infektiöse Dosis darstellen sollte, aufgrund des für diese Bakterien gut geeigneten Nährmediums Rohmilch bei weiterer Lagerung und Handhabung vermehren. Behandlungsschritte wie Umfüllen, Lagern und Transportieren erhöhen die Kontaminationsgefahr in Form eines zusätzlichen Bakterienantrags. Darüber hinaus kann eine damit einhergehende Unterbrechung der Kühlkette zu Bakterienwachstum führen.
43 
Angesichts der nach Abschluss der Rohmilchgewinnung im Falle zusätzlicher Behandlungsschritte typischerweise auftretenden vermehrten Risiken hat der Verordnungsgeber in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV die Abgabe der Rohmilch mithin der Sache nach räumlich auf den Standort der tatsächlichen Milchgewinnung beschränkt und damit den Transport der Rohmilch als abstrakt risikoerhöhenden Umstand untersagt. An anderen Örtlichkeiten kommt deshalb eine Rohmilchabgabe nicht in Betracht, selbst wenn sie sich in der Verfügungsgewalt des Milcherzeugers befinden (so auch Zipfel/Rathke, a.a.O., § 17 Tier-LMHV Rn. 41).
44 
Diese enge Auslegung wird bestätigt durch die verordnungsrechtliche Systematik. Bei der in § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV geregelten Möglichkeit der „Milch-ab-Hof-Abgabe“ handelt es sich um eine Ausnahme von dem Grundsatz des Rohmilchabgabeverbots in Absatz 1. Allgemeinen Grundsätzen entsprechend legt dies eine restriktive Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale in § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV nahe. Das spricht dagegen, die Abgabe von Rohmilch an Örtlichkeiten zuzulassen, die zwar Teil des landwirtschaftlichen Betriebs sind, aber mit der eigentlichen Milcherzeugung in keinem räumlichen Zusammenhang stehen. Auch die Vorgaben für die sog. Vorzugsmilch legen einen hygienerechtlichen Schutzzweck der in § 17 Abs. 4 Nr. 1 Tier-LMHV normierten Voraussetzungen nahe. Vorzugsmilch ist Rohmilch, die in Fertigpackungen oder sonst in verschlossene Behältnisse abgefüllt wurde, die aber gehandelt und deshalb vom Verbraucher auch im Einzelhandel erworben werden kann. Im Gegensatz zur unmittelbaren Abgabe von Rohmilch nach § 17 Abs. 4 Tier-LMHV ist die Abgabe von Vorzugsmilch an den Verbraucher örtlich nicht auf den Erzeugungsbetrieb beschränkt, vielmehr erfolgen hier im Anschluss an die Milchgewinnung typischerweise weitere Behandlungsschritte einschließlich des Transports. Allerdings stellt der Verordnungsgeber an Vorzugsmilch auch deutlich strengere Hygieneanforderungen. Während für die unmittelbar abzugebende Rohmilch nach § 17 Abs. 4 Satz 2 Tier-LMHV lediglich die Anforderungen nach Anlage 2 der LMHV entsprechend gelten, muss die Vorzugsmilch insbesondere in einem Milcherzeugungsbetrieb, für den die zuständige Behörde eine vorherige Genehmigung nach § 18 Abs. 1 Tier-LMHV erteilt hat, unter Einhaltung der Anforderungen der (sehr detaillierten) Anlage 9 Kapitel I Nr. 1 und 2 gewonnen und behandelt worden sein (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Tier-LMHV). Wenn der Verordnungsgeber derart strenge hygienische Anforderungen im Falle der Milch-ab-Hof-Abgabe nach § 17 Abs. 4 Tier-LMHV für verzichtbar hält, zeigt dies, dass er von einem engen Anwendungsbereich der Bestimmung ausgeht und der räumlichen Begrenzung des Ausnahmetatbestands auf eine Abgabe am Standort der tatsächlichen Milchgewinnung eine maßgebliche Bedeutung für einen wirksamen gesundheitlichen Verbraucherschutz zuschreibt.
45 
b) In dieser Auslegung begegnet § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
46 
Insbesondere vermag der Senat nicht festzustellen, dass das Erfordernis betroffene Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe in ihrer durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Freiheit der Berufsausübung verletzt.
47 
Eine hinreichende normative Grundlage im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG liegt vor. Die verordnungsrechtliche Bestimmung findet ihre Ermächtigung in § 13 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 6, § 34 Satz 1 Nr. 1 und 4 LFGB, mithin ist hier die Berufsausübung auf Grund eines Gesetzes geregelt worden.
48 
Auch ein Verstoß gegen den rechtstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz lässt sich nicht feststellen. Das Erfordernis, den Anwendungsbereich der Norm im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln, bedeutet noch keine Verletzung des Bestimmtheitsgebots, solange eine solche Auslegung mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.05.1988 - 2 BvR 579/84 -, BVerfGE 78, 205, 212 ff.; BVerfG, Beschluss vom 14.12.2000 - 2 BvR 1741/99, 2 BvR 276/00, 2 BvR 2061/00 -, NJW 2001, 879, 880).
49 
Hiervon ausgehend hat der Senat an der ausreichenden Bestimmtheit der Bestimmung keine durchgreifenden Zweifel. Aus dem Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV geht für den Betroffenen erkennbar hervor, dass die Milchabgabe in räumlicher Hinsicht an den „Milcherzeugungsbetrieb“ geknüpft ist. Zwar bedarf es einer weitergehenden Eingrenzung und Konkretisierung der örtlichen Voraussetzungen, diesem Erfordernis kann indes - wie oben dargelegt - im Wege der Auslegung insbesondere anhand der Systematik und des Zwecks der Regelung jedenfalls im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle Rechnung getragen werden. Dabei weist der Senat darauf hin, dass die vom Kläger befürwortete weite Interpretation der Vorschrift mit erheblich größeren Bestimmtheitsdefiziten verbunden wäre. Denn sollte die Regelung nicht an den Ort der tatsächlichen Milchgewinnung anknüpfen, müsste bestimmt werden, ab welcher Distanz zwischen verschiedenen Teilen eines landwirtschaftlichen Betriebs noch von einer Abgabe im „Milcherzeugungsbetrieb“ ausgegangen werden kann. Hierfür sind greifbare Maßstäbe nicht ersichtlich.
50 
Darüber hinaus muss die Regelung durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt werden und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010 - 1 BvR 1789/10 -, NVwZ 2011, 355; BVerfG, Beschluss vom 26.02.1997 - 1 BvR 1864/94, 1 BvR 1102/95 -, BVerfGE 95, 193, 214). Ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz liegt indes nicht vor.
51 
Mit der Beschränkung der Abgabe von Rohmilch auf den Standort der Milchgewinnung regelt der Verordnungsgeber lediglich die Modalitäten der Berufsausübung des Inhabers eines landwirtschaftlichen Betriebs. Selbst wenn die Bestimmung die Ebene der Rentabilität einer beruflichen Tätigkeit berühren sollte, sind Bedrohungen der wirtschaftlichen Existenz der Betreiber derartiger Abgabestellen nicht dessen typische Folge. Denn regelmäßig - wie auch im vorliegenden Fall - gelangt lediglich ein Teil der gewonnenen Milch als Rohmilch zum unmittelbaren Verkauf; außerdem wird der Rohmilchverkauf nicht generell untersagt, sondern lediglich auf den Standort der Milchgewinnung beschränkt.
52 
Mit dem oben dargestellten Zweck der Regelung, die Gesundheit der Verbraucher vor den potentiellen Risiken zu schützen, die mit dem Verzehr von Rohmilch verbunden sind, verfolgt der Verordnungsgeber ein legitimes Anliegen des Gemeinwohls.
53 
Die Regelung ist auch zur Zweckerreichung geeignet, weil mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.). Dem Normgeber kommt auch insoweit ein Einschätzungs- und Prognosevorrang zu; ihm obliegt es, unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will (BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.). Wird der Normgeber zur Verhütung von Gefahren für die Allgemeinheit tätig, so belässt ihm die Verfassung bei der Prognose und Einschätzung der in den Blick genommenen Gefährdung einen Beurteilungsspielraum, der auch von den Fachgerichten bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung zu beachten ist. Der Beurteilungsspielraum ist erst dann überschritten, wenn die Erwägungen des Gesetzgebers so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffenen gesetzgeberischen Maßnahmen sein können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.07.2003 - 1 S 377/02 -, VBlBW 2004, 20-28).
54 
Bei Zugrundelegung dieses Maßstabs ist die Annahme des Verordnungsgebers, dass die in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV vorgenommene räumliche Beschränkung der Abgabe der Rohmilch auf den Standort der tatsächlichen Milchgewinnung zu einer Verringerung der mit einer Rohmilchabgabe einhergehenden Gefahren führt, nicht zu beanstanden. Insbesondere erscheint die Einschätzung naheliegend, der Transport der Rohmilch im Anschluss an die Milchgewinnung sei typischerweise mit einem erhöhten Infektionsrisiko verbunden. Entgegen der Ansicht des Klägers reicht diese durch sachverständiger Stellungnahmen hinreichend verlässlich abgesicherte abstrakte Gefährdungslage aus.
55 
Ebenso wie bei der Frage der Geeignetheit verfügt der Normgeber auch bei der Einschätzung der Erforderlichkeit über einen Beurteilungs- und Prognosespielraum (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.07.2000 - 1 BvR 539/96 -, BVerfGE 102, 197, 218; Urteil vom 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, BVerfGE 115, 276, 309). Infolge dieser Einschätzungsprärogative können Maßnahmen, die der Normgeber zum Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsguts wie der Eindämmung von Gefahren, die mit der Abgabe von Rohmilch verbunden sind, für erforderlich hält, verfassungsrechtlich nur beanstandet werden, wenn nach den dem Normgeber bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisher gemachten Erfahrungen feststellbar ist, dass Beschränkungen, die als Alternativen in Betracht kommen, zwar die gleiche Wirksamkeit versprechen, indessen die Betroffenen weniger belasten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.).
56 
Derartige mildere, aber vergleichbar wirksame Mittel sind vorliegend weder dargetan noch sonst ersichtlich. Dabei kommt auch der Entstehungsgeschichte der Vorschrift Bedeutung zu. Denn der Verordnungsgeber wollte mit der Bestimmung erkennbar die traditionell praktizierte, inhaltsgleich bereits in der Milchverordnung geregelte „Milch-ab-Hof-Abgabe“ weiter ermöglichen. Damit trug er auch der Regelung in Art. 10 Abs. 4a i) Verordnung (EG) 853/2004 Rechnung. Insoweit lag es nicht fern, auf die Vorgabe besonders strenger hygienerechtlicher Anforderungen nach Art der Vorzugsmilch zu verzichten, aber den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift auf den typischen Fall der „Milch-ab-Hof-Abgabe“ zu begrenzen.
57 
Schließlich ergibt eine Abwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe, dass die Grenze der Zumutbarkeit und damit der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne gewahrt ist. Die räumliche Beschränkung der Rohmilchabgabe dient dem Schutz hochrangiger Gemeinschaftsgüter, nämlich der Gesundheit von Konsumenten vor möglicherweise gravierenden gesundheitlichen Risiken. Auf der anderen Seite beschränken sich die Auswirkungen des Eingriffs, der auf der Ebene der Berufsausübung verbleibt, auf eine Verringerung des Umsatzes aus dem Verkauf der Rohmilch, den der Inhaber eines aus mehreren Teilen bestehenden landwirtschaftlichen Betriebs tendenziell vermeiden kann, indem er die Abgabestelle an den Standort der Milchgewinnung legt. Dass die Milchabgabe insoweit nicht immer am verkehrsgünstigsten und damit lukrativsten Standort erfolgen kann, erscheint dem Betriebsinhaber zumutbar.
58 
Bei alledem nimmt § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV maßgeblich das Verhalten des für das Inverkehrbringen der Rohmilch lebensmittelrechtlich verantwortlichen Milcherzeugers in den Blick und nicht etwa auch ein potentielles Verhalten des Konsumenten im Anschluss an die erfolgte Abgabe der Rohmilch an diesen. Dies kann nicht beanstandet werden.
59 
c) Gemessen hieran erfüllt die Rohmilchabgabe durch den Rohmilchautomaten am Standort Hauptstraße ... nicht das Tatbestandsmerkmal der Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb". Die Milchgewinnung erfolgt in der zwei Kilometer hiervon entfernten im Jahr 1996 errichteten weiteren Betriebsstätte auf dem Flurstück ... ..., in der der neue Milchviehstall steht und die Melk-Technik vorgehalten wird. Auch der behauptete „Notstall" für z.B. kranke Tiere macht den Standort Hauptstraße ... nicht zum Milcherzeugungsbetrieb im Sinne von § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV. Schließlich ist es nach Sinn und Zweck der vom Verordnungsgeber gewollten Beschränkung auch nicht maßgeblich, dass der gegenwärtige Standort des Rohmilchautomaten verkehrsgünstiger liegt und der Milchviehstall für die Kunden des Klägers demgegenüber schwerer zu erreichen wäre.
60 
Da für eine zulässige Rohmilchabgabe sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV kumulativ erfüllt sein müssen, kommt es auf die Erfüllung der weiteren Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV durch den Kläger nicht an,
61 
3. Die angefochtene Verfügung begegnet auch im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken.
62 
Der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde kam bei der Anordnung nach Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. b) Verordnung (EG) 882/2004 i.V.m. § 17 Tier-LMHV kein Entschließungsermessen zu. Vielmehr war sie verpflichtet, bei Vorliegen eines Verstoßes die erforderlichen Maßnahmen zu treffen (vgl. bereits oben). Das Abgabeverbot zielt auch darauf ab, dass der Unternehmer Abhilfe schafft (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 102 § 39 Rn. 65).
63 
Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Behörde im vorliegenden Fall ein Auswahlermessen eingeräumt war (vgl. ebenfalls bereits oben sowie Senatsurteil vom 02.03.2010, a.a.O., zu § 39 Abs. 2 LFGB). Vielmehr kam als Reaktion auf den Rechtsverstoß allein die Untersagung der Abgabe von Rohmilch am Stammbetrieb des Klägers als zulässige und im Sinne Art. 54 Abs. 1 Verordnung (EG) 882/2004 „erforderliche“ Maßnahme in Betracht (im Ergebnis vergleichbar BayVGH, Beschluss vom 17.01.2011 - 9 ZB 09.2654 -, Juris). Die auf die Fehlerhaftigkeit der Ermessensausübung durch den Beklagten zielenden Angriffe gehen daher ins Leere. Das ergibt sich aus Folgendem:
64 
Nach der Regel-Ausnahme-Systematik des § 17 Tier-LMHV ist das Verbot der Abgabe von Rohmilch klar vorgegeben, wenn keine der Ausnahmen der Absätze 2 bis 4 vorliegt. Zur wirksamen Durchsetzung dieser nach dem eindeutigen Willen des Verordnungsgebers zwingenden Rechtsfolge und in Ansehung des in § 1 Abs. Nr. 1 LFGB normierten Gesetzeszwecks, den Schutz der Verbraucher durch Vorbeugung gegen eine Gefahr für die menschliche Gesundheit sicherzustellen, kommt auch bei Einbeziehung des in Art. 54 Abs. 2 Verordnung (EG) 882/2004 grundsätzlich zur Verfügung stehenden Instrumentariums allein die Untersagung der Abgabe der Rohmilch auf der Grundlage des Art. 54 Abs. 2 Nr. b) Verordnung (EG) 882/2004 in Betracht. Deshalb kann dem Kläger - entgegen seiner Auffassung - die Rohmilchabgabe an seinem Stammbetrieb auch nicht unter Auflagen gestattet werden (Inverkehrbringen unter eigener oder behördlicher Kontrolle, Auflagen der Probenziehung oder der täglichen oder zweitäglichen Leerung des Behälters o.Ä.). Etwas anderes gilt auch nicht mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004). Denn eine Korrektur der Verwaltung im Einzelfall mit Hilfe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kommt nur in Betracht, soweit das Gesetz bzw. die Verordnung dieser einen Spielraum einräumt (vgl. Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 20 Rn. 148; Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl. 2011, Art. 20 Rn. 90a). Dies ist hier indes nicht der Fall. § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV ist verfassungsrechtlich unbedenkliches zwingendes Recht, die Tier-LMHV sieht eine Zulassung der Rohmilchabgabe unter Verzicht auf dieses Erfordernis etwa im Falle einer „Kompensation“ durch hygienerechtliche Auflagen nicht vor. Ein anderes Ergebnis würde zu einer Verwischung der Grenzen zwischen den einzelnen Ausnahmetatbeständen und damit letztlich zu einer Missachtung des Willens des Normgebers führen.
65 
Unabhängig davon erweist sich die Verfügung auch nicht als unverhältnismäßig im Einzelfall. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte - auch ohne das Vorliegen einer konkreten Gesundheitsgefahr - dem mit den zugrunde liegenden Regelungen geschützten öffentlichen Interesse am vorbeugenden (vgl. dazu Zipfel/Rathke, a.a.O., C 170, § 17 Tier-LMHV Rn. 1; § 1 Nr. 1 LFGB sowie Zipfel/Rathke, a.a.O., C 102, § 1 LFGB, Rn. 14 f.) Gesundheits- und Verbraucherschutz potentieller Konsumenten und damit hochrangigen Rechtsgütern den Vorrang eingeräumt hat. Das vom Kläger angeführte wirtschaftliche Interesse am Rohmilchverkauf an einem verkehrsgünstigen Standort im Ortsteil ... an der B ... führt nicht zu einer Unverhältnismäßigkeit der Verfügung. Bei einer Abwägung der gegenläufigen Interessen ist zunächst von Bedeutung, dass der angestrebte unmittelbare Rohmilchverkauf nur einen Teil der vom Kläger produzierten Milch betrifft. Ferner bezieht sich das Verbot lediglich auf den Stammbetrieb in der Hauptstraße. Auch wenn der Kläger dort den Rohmilchverkauf in der Vergangenheit praktiziert haben sollte, kann er sich auf Bestandsschutz nicht berufen. Es ist ihm - ungeachtet weiterer Möglichkeiten, die Rohmilch zu verwerten (etwa Verkauf nach Pasteurisierung, Verkauf als Vorzugsmilch) - unbenommen, den Rohmilchverkauf an den Standort seines lediglich zwei Kilometer entfernten Milchviehstalls zu verlegen. Dass dem unüberwindbare oder nicht zumutbare Hindernisse entgegenstehen, ist für den Senat nicht ersichtlich. Dieser Standort ist angesichts seiner verkehrsmäßigen Erschließung über die L ... und der Entfernung von lediglich zwei Kilometern für potentielle Kunden mit dem PKW oder dem Fahrrad ohne weiteres erreichbar. Das in der mündlichen Verhandlung erwähnte Problem, der Kundenverkehr könne dort das Arbeiten bzw. den Verkehr mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen beeinträchtigen, erscheint durch entsprechende organisatorische und/oder bauliche Maßnahmen lösbar. Dass möglicherweise notwendig werdende bauliche Maßnahmen (etwa auch ein Unterstand für den Milchautomaten) den Kläger in wirtschaftlicher Hinsicht unverhältnismäßig belasten würden, ist nicht erkennbar. Die Äußerung in der mündlichen Verhandlung, der Standort des Milchviehstalls sei aus hygienischen Gründen für einen Kundenverkehr „problematischer“ als der Abgabeort am Stammbetrieb, ist eine Vermutung des Klägers, die indes - soweit alle sonstigen Vorschriften eingehalten werden - die Eignung des Standorts am Milchviehstall nicht ernsthaft in Frage stellt. Um die Folgen der verkehrsungünstigeren Lage zu mindern, könnte der Kläger schließlich an seinem Stammbetrieb einen deutlichen Hinweis auf den neuen Standort der Rohmilchabgabe installieren. Gleichwohl verbleibende Umsatzeinbußen sind mit Blick auf den Rang der mit der Verfügung geschützten Rechtsgüter hinzunehmen. Vor diesem Hintergrund kann sich eine Unverhältnismäßigkeit schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der „Art des Verstoßes“ oder des „bisherigen Verhaltens“ des Klägers „mit Blick auf Verstöße“ (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004) ergeben.
66 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
67 
Die Revision wird nicht zugelassen (§ 132 VwGO). Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind nicht klärungsbedürftig. Sie lassen sich mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Normauslegung ohne weiteres beantworten.
68 
Beschluss vom 16. Juni 2014
69 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. §§ 47 Abs. 1 S. 1, 52 Abs. 2 GKG).
70 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

Gründe

 
17 
Der Senat entscheidet mit Einverständnis der Beteiligten ohne weitere mündliche Verhandlung (§ 101 Abs. 2 VwGO).
18 
Die zulässige, insbesondere fristgerecht (§ 124a Abs. 2 und Abs. 3 VwGO) eingelegte und mit einer Begründung versehene Berufung ist nicht begründet. Das angegriffene Urteil ist nicht zu ändern. Das Verwaltungsgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
19 
Eine Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) nach Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung der Bekanntmachung vom 09.05.2008 (ABl. Nr. C 115 S. 47) - AEUV - hält der Senat nicht für erforderlich. Denn er hat weder Zweifel hinsichtlich der Auslegung von Bestimmungen des Primärrechts noch der Verordnungen (EG) 882/2004 oder 853/2004. Im Übrigen kann das Urteil des Senats mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden (vgl. Art. 267 Abs. 3 AEUV). Ein solches Rechtsmittel stellt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde bei Nichtzulassung der Revision gemäß § 133 VwGO dar (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10.10.1997 - 6 B 32/97 -, NVwZ-RR 1998, 752/754; siehe auch Borchardt in Lenz/Borchardt, EU-Verträge, 5. Aufl., Art. 267 AEUV Rn. 41).
20 
Die als Anfechtungsklage statthafte (vgl. § 42 Abs. 1 1. Alt. VwGO) und auch sonst zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Landratsamts Neckar-Odenwald-Kreis vom 15.01.2010 sowie der Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 06.07.2010 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Untersagungsverfügung stellt ihrem Inhalt nach einen Dauerverwaltungsakt dar. Sie verbietet dem Kläger generell für die Zukunft die Abgabe von Rohmilch am Standort des Stammbetriebs und erschöpft sich damit nicht im Verlangen eines einmaligen Tuns oder Unterlassens. Der Senat hat deshalb die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung zu berücksichtigen, da das materielle Recht nicht die Maßgeblichkeit eines anderen Zeitpunkts bestimmt (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 22.01.1998 - 3 C 6/97 -, BVerwGE 106, 141).
I.
21 
Der Beklagte hat die Untersagungsverfügung auf § 39 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) in der derzeit gültigen Fassung der Dritten Verordnung zur Änderung des LFGB vom 28.05.2014 (BGBl. I 2014, 698) i.V.m. § 17 Tier-LMHV gestützt. Nach § 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB trifft die zuständige Behörde - und damit das gemäß § 38 Abs. 1 Satz 1 LFGB i.V.m. § 19 Abs. 1, § 18 Abs. 4 AG-LMGB, § 15 Abs. 1 Nr. 1 LVG zur Lebensmittelüberwachung berufene Landratsamt - die notwendigen Anordnungen und Maßnahmen, die zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes oder zur Beseitigung festgestellter Verstöße oder zur Verhütung künftiger Verstöße sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung erforderlich sind. Sie kann dabei u.a. das Herstellen, Behandeln oder das Inverkehrbringen von Erzeugnissen verbieten oder beschränken (vgl. § 39 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 LFGB).
22 
Nach Auffassung des Senats ist § 39 Abs. 2 LFGB allerdings nicht anwendbar. Vielmehr ergibt sich im Falle der Feststellung eines Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften die Befugnisnorm für auf Abhilfe gerichtete Maßnahmen der Lebensmittelbehörde, wie etwa ein Verkehrsverbot, aus Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. b) der Verordnung (EG) 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz vom 29.04.2004 (ABl. L Nr. 165, 1 ff.) .
23 
Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004, zuletzt geändert durch Verordnung (EU) 517/2013 des Rates vom 13.05.2013, ABl. L 158, 1, lautet: Stellt die zuständige Behörde einen Verstoß fest, so trifft sie die erforderlichen Maßnahmen, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft. Nach Art. 54 Abs. 2 Nr. b) dieser Verordnung kann dazu (u.a.) die Maßnahme der Einschränkung oder Untersagung des Inverkehrbringens von Futtermitteln, Lebensmitteln oder Tieren gehören. Nach der Legaldefinition in Art. 2 Nr. 10 der Verordnung handelt es sich bei einem Verstoß um die „Nichteinhaltung des Futtermittel- oder Lebensmittelrechts und der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz“.
24 
Art. 54 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) 882/2004 gilt unmittelbar und verdrängt wegen des Anwendungsvorrangs des Unionrechts (vgl. Art. 288 AEUV sowie Nettesheim, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Band 3, Stand: August 2012, Art. 288 Rn. 53; Streinz, in: Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand: Juli 2011, B Einführung Rn. 38b) in seinem Anwendungsbereich die nationale Rechtsgrundlage des § 39 Abs. 2 LFGB (vgl. auch § 39 Abs. 2 Satz 3 LFGB sowie die diesbezügliche Gesetzesbegründung, BTDrucks. 16/8100, 20: „Diese Regelungen [= Art. 54 Abs. 1 und 2 Verordnung (EG) 882/2004] sind als unmittelbar geltendes Gemeinschaftsrecht von den zuständigen Behörden vorrangig anzuwenden“). Hier liegt ein den Anwendungsvorrang auslösender Kollisionsfall vor (zu diesem Erfordernis vgl. Nettesheim, a.a.O., Art. 288 Rn. 52; Streinz/Herrmann, BayVBl. 2008, 1, 3 f.). In den Erwägungsgründen 2 und 3 der Verordnung (EG) 882/2004 stellt der Verordnungsgeber fest, dass das europäische Futtermittel- und Lebensmittelrecht sowohl in der grundlegenden Verordnung (EG) 178/2002 als auch in speziellen Vorschriften für Bereiche wie Futtermittel- und Lebensmittelhygiene kodifiziert sei. Die Mitgliedstaaten sollten das Futtermittel- und Lebensmittelrecht durchsetzen sowie überwachen und überprüfen, dass die entsprechenden Anforderungen von den Unternehmern auf allen Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen eingehalten werden, wofür auf Gemeinschaftsebene ein einheitlicher Rahmen in Form allgemeiner Vorschriften für die Organisation von Kontrollen geschaffen werden sollte (Erwägungsgründe 6 und 7). In Umsetzung der vorstehenden Erwägungsgründe bestimmt Art. 1 der Verordnung (EG) 882/2004 deren Anwendungsbereich dahingehend, dass in der Verordnung allgemeine Regeln für die Durchführung amtlicher Kontrollen u.a. zur Vermeidung, Beseitigung oder Senkung von unmittelbar oder über die Umwelt auftretenden Risiken für Mensch und Tier festgelegt würden. Aus den Erwägungsgründen 41, 42 und 43 ergibt sich, dass Verstöße gegen das Futtermittel- und Lebensmittelrecht „in der gesamten Gemeinschaft Gegenstand wirksamer, abschreckender und angemessener Maßnahmen sein“ sollten. Unter dem Titel VII „Durchsetzungsmaßnahmen“ der Verordnung ist das Kapitel I mit „Nationale Durchsetzungsmaßnahmen“ überschrieben. Der hier normierte Art. 54 („Maßnahmen im Fall eines Verstoßes“) sieht in seinem zweiten Absatz einen konkreten Maßnahmenkatalog vor. Angesichts des aufgezeigten umfassenden Regelungsanspruchs der Verordnung (EG) 882/2004 und der Zielsetzung, den nationalen Behörden für die Durchsetzung des Lebensmittelrechts unmittelbare rechtliche Vorgaben zu machen, hat der Senat keine Zweifel, dass die Mitgliedstaaten bei festgestellten lebensmittelrechtlichen Verstößen Maßnahmen mit dem Ziel der Abhilfe nunmehr auf Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 stützen können (so auch Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: Juli/November 2012, C 102, § 39 LFGB Rn. 10 f., 21, 63 ff.; Meyer/Streinz, LFGB, 2. Aufl. 2012, § 39 Rn. 1, 10, 23; Wehlau, LFGB, 2010, § 39 Rn. 10 ff.; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243 ff.; OVG Hamburg, Beschluss vom 05.09.2011 - 5 Bs 139/11 -, NVwZ-RR 2012, 92; unklar: BayVGH, Beschluss vom 26.11.2011 - 9 ZB 09.2116 -, Juris; zum Verbot, unmittelbar geltende Vorschriften des EU-Rechts im Recht der Mitgliedstaaten zu wiederholen vgl. König in: Schulze/Zuleeg/Kadelbach, Europarecht, 2. Aufl. 2010, § 2 Rn. 41 m.w.N.; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243, 247; zur Problematik der Rechtsunsicherheit in der deutschen Überwachungspraxis vgl. dies., ZLR 2010, 243, 246; Meyer/Streinz, a.a.O., § 39 Rn. 1). Ob bzw. inwieweit § 39 Abs. 2 LFGB etwa bei Maßnahmen zur Feststellung oder zur Ausräumung eines bestimmten Verdachts über die unionsrechtliche Ermächtigung in Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 hinausgeht und deshalb insoweit weiter anwendbar bleibt, bedarf hier keiner Entscheidung (vgl. dazu Zipfel/Rathke, a.a.O., § 39 LFGB Rn. 10; Meyer/Streinz, a.a.O., § 39 Rn. 1; Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243 ff.).
25 
Ungeachtet der anders lautenden behördlichen Begründung kann die angefochtene Verfügung auf Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 gestützt werden.
26 
§ 39 Abs. 2 LFGB und Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 sind ähnlich aufgebaut, sie bestehen aus einer Generalklausel (§ 39 Abs. 2 Satz 1 LFGB bzw. Art. 54 Abs. 1 Satz 1 der Verordnung (EG) 882/2004) und einer beispielartigen, nicht abschließenden Aufzählung möglicher Maßnahmen (§ 39 Abs. 2 Satz 2 LFGB sowie Art. 54 Abs. 2 der Verordnung (EG) 882/2004; vgl. Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 10). Weder in Bezug auf die Tatbestandsvoraussetzungen noch die Rechtsfolgen weisen die Bestimmungen relevante Unterschiede auf: Beide setzen die Feststellung eines Verstoßes gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften voraus und verpflichten die Behörde („trifft die zuständige Behörde“ bzw. „trifft sie“) zu notwendigen bzw. erforderlichen Maßnahmen (kein Entschließungsermessen; zu Art. 54 der Verordnung (EG) 882/2004 vgl. VG Hannover, Urteil vom 27.06.2012 - 9 A 50/12 -, Juris, zu § 39 Abs. 2 LFGB vgl. Senatsurteil vom 02.03.2010 - 9 S 171/09 -, VBlBW 2010, 314, sowie Senatsbeschluss vom 12.11.1997 - 9 S 2530/97 -, VBlBW 1998, 186; Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 40; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 102 § 39 Rn. 17 f.). Diese können insbesondere auch in dem Verbot bzw. der Untersagung des Inverkehrbringens von Erzeugnissen bzw. Lebensmitteln bestehen. Allenfalls im Hinblick auf die im Einzelfall konkret zu ergreifende Maßnahme ist der Behörde im Grundsatz ein Auswahlermessen eingeräumt. Angesichts der Parallelität beider Normen ist nicht erkennbar, weshalb diese vom Senat zu § 39 Abs. 2 LFGB vertretene Auffassung (vgl. Senatsurteil vom 02.03.2010, a.a.O.; Wehlau, a.a.O., § 39 Rn. 40) nicht auch für die unionsrechtliche Rechtsgrundlage zu gelten hätte. Im Rahmen ihrer Entscheidung hat die Behörde schließlich den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: März 2013, C 102, § 39 Rn. 17 f.; 73).
27 
Vor diesem rechtlichen Hintergrund ist ein Auswechseln der Rechtsgrundlage zulässig. Denn dies führt weder zu einer Wesensveränderung des angefochtenen Verwaltungsakts noch wird die Rechtsverfolgung des Klägers in beachtlicher Weise erschwert (zu diesem Maßstab vgl. BVerwG, Urteil vom 27.01.1982 - 8 C 127/81 -, BVerwGE 64, 356; Urteil vom 21.11.1989 - 9 C 28/89 -, NVwZ 1990, 673). Angesichts des identischen Befugnisrahmens und der gleich gerichteten Ermessensdirektiven würde dies selbst dann gelten, wenn der Behörde im konkreten Fall ein Auswahlermessen bezüglich der konkret zu treffenden Maßnahmen eingeräumt gewesen wäre (vgl. VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 26.05.1994 - 5 S 2637/93 -, NVwZ 1995, 397; Gerhardt, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 23. Ergänzungslieferung 2013, § 113 Rn. 21; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 8. Auflage 2014, § 45 Rn. 54). Dies war indes nicht der Fall (dazu noch unten unter II. 3.). Handelte es sich mithin bei der gegenständlichen Maßnahme um eine gebundene Entscheidung, war der Senat berechtigt und verpflichtet, die unionsrechtliche Rechtsgrundlage zu berücksichtigen (vgl. nur Schmidt, in Eyermann, VwGO, 13. Aufl. 2010, § 113 Rn. 17, 22).
II.
28 
Die tatbestandlichen Voraussetzungen des Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004liegen vor. Die Abgabe von Rohmilch durch den am Stammbetrieb des Klägers aufgestellten Rohmilchautomaten begründet einen Verstoß gegen § 17 Abs. 1 Tier-LMHV; der Inhalt der Verordnung (EG) 853/2004 (ABI. L 139 vom 30.04.2004, S. 55) steht einer Anwendung dieser Vorschrift nicht entgegen (hierzu unter 1.). Die Voraussetzungen der verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV sind nicht gegeben (hierzu unter 2.). Zur Beseitigung des festgestellten Verstoßes und zur Verhütung künftiger Verstöße war die Untersagung der Rohmilchabgabe „erforderlich“ im Sinne Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) 882/2004, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft; auch mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit war die gegenständliche Maßnahme nicht zu beanstanden (dazu unter 3.).
29 
1. Nach § 17 Abs. 1 Tier-LMHV ist es verboten, Rohmilch oder Rohrahm an Verbraucher abzugeben.
30 
a) Auch eine Nichteinhaltung dieser nationalen Vorschrift des Lebensmittelrechts ist geeignet, einen „Verstoß“ im Sinne des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 zu begründen (zu diesem Begriff vgl. Art. 2 Nr. 10 der Verordnung). Nach Art. 2 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 gelten für die Zwecke der vorliegenden Verordnung die Begriffsbestimmungen der Artikel 2 und 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002. Gemäß Art. 3 dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck „Lebensmittelrecht“ die Rechts- und Verwaltungsvorschriften für Lebensmittel im Allgemeinen und die Lebensmittelsicherheit im Besonderen, sei es auf gemeinschaftlicheroder auf einzelstaatlicher Ebene (Hervorhebung nur hier). Mithin ist dieses Verständnis auch der Auslegung des Art. 54 Abs. 1 Satz 1 Verordnung (EG) 882/2004 zugrunde zu legen (so ausdrücklich auch Joh/Krämer/Teufer, ZLR 2010, 243, 249; vgl. auch Zipfel/Rathke, a.a.O., § 39 LFGB Rn. 67 und C 101, Art. 3 Verordnung (EG) Nr. 178/2002, Rn. 6).
31 
b) § 17 Abs. 1 Tier-LMHV beruht auf einer eigenständigen nationalen Rechtsgrundlage. Der Verordnungsgeber hat sich hierbei ausdrücklich auf die spezielle Ermächtigung in Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 (ABI. L 139 vom 30.4.2004, S. 55) gestützt, die es dem einzelnen Mitgliedstaat überlässt, aus eigener Initiative und unter Einhaltung der allgemeinen Bestimmungen des Primärrechts einzelstaatliche Vorschriften beizubehalten oder einzuführen, mit denen das Inverkehrbringen von Rohmilch oder Rohrahm, die für den unmittelbaren menschlichen Verzehr bestimmt sind, in seinem Hoheitsgebiet untersagt oder eingeschränkt wird (vgl. BRDrucks. 327/07, Amtliche Begründung zu § 17; Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 178 § 17 Tier-LMHV Rn. 3 ff.). Da es sich um eine spezielle, rein mitgliedstaatliche Regelung handelt, dürfte auch der vom Kläger aufgeworfenen Frage, ob mit Blick auf Art. 1 Abs. 3 c) der Verordnung (EG) 853/2004 (danach gilt die Verordnung nicht für die direkte Abgabe kleiner Mengen von Primärerzeugnissen durch den Erzeuger an den Endverbraucher oder an örtliche Einzelhandelsunternehmen, die die Erzeugnisse direkt an den Endverbraucher abgeben) der Anwendungsbereich der Verordnung überhaupt eröffnet ist, keine maßgebliche Bedeutung zukommen (vgl. auch die Stellungnahme des Ministeriums für Ernährung und Ländlichen Raum Baden-Württemberg vom 19.07.2007, Seite 23 c der Behördenakte).
32 
Dass der Verordnungsgeber die Grenzen des Unionsrechts überschritten hätte, vermag der Senat nicht festzustellen. Zwar wird die Ermächtigung der Mitgliedstaaten durch Art. 10 Abs. 3 und 4 Verordnung (EG) 853/2004 eingeschränkt. Nach Art. 10 Abs. 3 dürfen diese beim Erlass einzelstaatlicher Vorschriften nach den Absätzen 4 bis 8 „die Erreichung der Ziele dieser Verordnung“ nicht gefährden. Dass dies der Fall wäre, ist indes nicht ersichtlich. Das grundsätzliche Verbot des Inverkehrbringens von Rohmilch zum unmittelbaren menschlichen Verzehr dient gerade den primären Zielen der Verordnung (EG) 853/2004, ein hohes Gesundheitsschutz- und Verbraucherschutzniveau sicherzustellen (vgl. die Erwägungsgründe 3 und 9 der Verordnung (EG) 853/2004). Mithin kann von einer Gefährdung der Erreichung der Ziele der Verordnung keine Rede sein. Dem kann der Kläger nicht entgegenhalten, die in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV aufgestellte Voraussetzung diene überhaupt keinen hygienerechtlichen Zwecken. Zur Begründung kann auf die nachfolgenden Ausführungen unter 2.a) verwiesen werden. Soweit nach Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004 die einzelstaatlichen Vorschiften u.a. zum Ziel haben, die weitere Anwendung traditioneller Methoden auf allen Produktions-, Verarbeitungs- oder Vertriebsstufen von Lebensmitteln zu ermöglichen, könnte ein generelles Verbot des Inverkehrbringens von Rohmilch zum unmittelbaren menschlichen Verzehr möglicherweise unionsrechtliche Fragen aufwerfen, soweit in dem betreffenden Mitgliedstaat eine entsprechende Tradition bestand (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., C 178 § 17 Tier-LMHV Rn. 5 f.). Hier hat der deutsche Verordnungsgeber indes kein generelles Abgabeverbot erlassen, sondern das grundsätzliche Abgabeverbot nach § 17 Abs. 1 mit den Ausnahmeregelungen in § 17 Abs. 2 bis 4 Tier-LMHV verknüpft. Indem er in Abs. 4 Satz 1 weiterhin ausdrücklich die sog. „Milch-ab-Hof-Abgabe“ zulässt (vgl. die ähnliche Vorgängerregelung in § 8 Abs. 1 Milchverordnung), hat er dieser traditionellen Vertriebsform explizit Rechnung getragen und damit auch Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004 berücksichtigt.
33 
Der Kläger meint ferner, mit § 17 habe der Verordnungsgeber gegen die nach Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 einzuhaltenden „allgemeinen Bestimmungen des Vertrags“ verstoßen. Dieser Argumentation kann nicht gefolgt werden.
34 
Soweit er sich auf Art. 38 Abs. 1, Art. 39 Abs. 1 b), Art. 39 Abs. 1 e) und Art. 40 Abs. 1 a) AEUV beruft, ist bereits weder dargetan noch sonst für den Senat erkennbar, inwieweit diese Normen geeignet sind, bezogen auf die hier einschlägige Fallgestaltung subjektive Rechte des Klägers zu begründen (vgl. Priebe, in: Grabitz/Hilf/Nettesheim, Das Recht der Europäischen Union, Stand: März 2011, Art. 38 AEUV Rn. 100; Art. 39 Rn. 2, 6).
35 
Dass die Mitgliedstaaten im Hinblick auf die Zulässigkeit der Abgabe von Rohmilch für den unmittelbaren menschlichen Verzehr unterschiedliche Regelungen treffen dürfen und getroffen haben, ist im Übrigen ersichtlich unionsrechtlich bezweckte, notwendige Folge der speziellen Öffnungsklausel des Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004, die auch mit Blick auf ihren Wortlaut („in seinem Hoheitsgebiet untersagt oder eingeschränkt“) mit einem nicht unerheblichen Gestaltungsspielraum für die Mitgliedstaaten verbunden ist. Schon deshalb scheidet sowohl der behauptete Verstoß gegen die vom Kläger auf Art. 40 Abs. 1 a) AEUV gestützte „Wettbewerbsfreiheit“ wie auch eine Verletzung des Gleichheitssatzes gemäß Art. 20 GRCh aus. Im Übrigen findet die auf einen engen Anwendungsbereich beschränkte Regelung ihre sachliche Rechtfertigung - wie bereits dargelegt - vor allem in den Zielen, ein hohes Gesundheitsschutz- und Verbraucherschutzniveau sicherzustellen (vgl. Erwägungsgründe 3 und 9 der Verordnung (EG) 853/2004) sowie die weitere Anwendung traditioneller Methoden auf allen Produktions-, Verarbeitungs- oder Vertriebsstufen von Lebensmitteln zu ermöglichen (vgl. Art. 10 Abs. 4 a) i) Verordnung (EG) 853/2004). Vor diesem Hintergrund erfährt auch der vom Kläger geltend gemachte Eingriff in die Berufsfreiheit nach Art. 15 Abs. 1 GRCh seine Rechtfertigung jedenfalls durch Art. 52 Abs. 1 Satz 1 und 2 GRCh. Zur weiteren Begründung insbesondere zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit wird auf die Ausführungen unter 2. b) verwiesen.
36 
Bei alledem kann dahingestellt bleiben, ob es beim Gebrauchmachen der Bundesrepublik Deutschland von der Öffnungsklausel des Art. 10 Abs. 8a der Verordnung (EG) 853/2004 um die Durchführung des Rechts der Union durch einen Mitgliedstaat im Sinne des Art. 51 Abs. 1 GRCh geht (vgl. dazu Jarass, Charta der Grundrechte, 2. Aufl. 2013, Art. 51 Rn. 11 ff., 16 ff.; Borowsky, in: Meyer (Hrsg.), Charta der Grundrechte der Europäischen Union, 3. Auf. 2011, Art. 51 Rn. 24 ff.) und damit der Anwendungsbereich der Grundrechte Charta überhaupt eröffnet ist. Ebenso kann offen bleiben, welche rechtliche Bedeutung insoweit dem Umstand zukommt, dass hier kein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt.
37 
2. Die Ausnahmeregelung des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV greift nicht zugunsten des Klägers ein.
38 
a) Nach § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV darf Rohmilch abweichend von Absatz 1 von Milcherzeugungsbetrieben unmittelbar an Verbraucher abgegeben werden, wenn
39 
1. die Abgabe im Milcherzeugungsbetrieb erfolgt,
2. die Rohmilch im eigenen Betrieb gewonnen und behandelt worden ist,
3. die Rohmilch am Tag der Abgabe oder am Tag zuvor gewonnen worden ist,
4. an der Abgabestelle gut sichtbar und lesbar der Hinweis „Rohmilch, vor dem Verzehr abkochen" angebracht ist und
5. die Abgabe von Rohmilch zuvor der zuständigen Behörde angezeigt worden ist.
40 
Nach der Überzeugung des Senats begrenzt § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV in Fällen, in denen ein landwirtschaftlicher Betrieb mehrere Betriebsstätten aufweist und etwa - wie hier - das Milchvieh nicht am Standort des Stammbetriebs gehalten wird, die Rohmilchabgabe räumlich auf die Örtlichkeit, an der die Milch tatsächlich gewonnen wird. Rohmilch wird nur dann in zulässiger Weise „im Milcherzeugungsbetrieb“ im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV abgegeben, wenn die Abgabe am Standort der Milchgewinnung erfolgt.
41 
Dies legt bereits der Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV nahe. Die normative Aufzählung von fünf Voraussetzungen, die alle kumulativ für das Vorliegen einer Ausnahme erfüllt sein müssen, spricht dafür, dass es sich bei der Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb" nach Nr. 1 um ein Tatbestandsmerkmal mit eigenständiger Aussagekraft handelt. Anders als die wenig ergiebige Legaldefinition des Begriffs „Milcherzeugungsbetrieb“ in § 2 Abs. 2 Nr. 3 Tier-LMHV in Verbindung mit 4.2 des Anhangs 1 der Verordnung (EG) 853/2004 („Betrieb mit einem oder mehreren Nutztieren, die zur Erzeugung von Milch, die als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden, gehalten werden“) deutet die mit der lokalen Präposition verbundene Wendung „im Milcherzeugungsbetrieb“ darauf hin, dass hier eine Aussage über den zulässigen Ort der Rohmilchabgabe getroffen wird. Dies wird durch das Bestehen eines unternehmerischen bzw. betriebswirtschaftlichen Zusammenhangs mit dem Stammbetrieb nicht in Frage gestellt. Denn nach der allgemeinen Definition in Art. 2 Abs. 1 Buchstabe c Verordnung (EG) Nr. 852/2004 ist unter Betrieb jede Einheit eines Lebensmittelunternehmens zu verstehen. Im Gegensatz zu dem in der Verordnung (EG) 178/2002 selbständig definierten Begriff des Lebensmittelunternehmens dürfte der Begriff des Betriebs hier nicht als unternehmerische Zusammenfassung einer Tätigkeit, sondern als eine organisatorische und/oder örtliche Zusammenfassung der Herstellung oder des Inverkehrbringens von Lebensmitteln zu verstehen sein; dabei ist - gerade auch im hygienerechtlichen Kontext - in der Regel davon auszugehen, dass ein Betrieb durch die örtliche Zusammenfassung gebildet wird (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: März 2008, C 170, Art. 2 Verordnung (EG) Nr. 852/2004 Rn. 14). Mithin kann der Teil eines landwirtschaftlichen Betriebs, an dem Milch gewonnen wird, als Milcherzeugungsbetrieb im Sinne des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV angesehen werden.
42 
Erhärtet wird diese Auslegung durch den Sinn und Zweck der Regelung, der darin besteht, die Gesundheit der Verbraucher vor den potentiellen Risiken zu schützen, die mit dem Verzehr von Rohmilch verbunden sind (vgl. hierzu die amtliche Begründung BRDrucks. 327/07, S. 170; Zipfel/Rathke, a.a.O., C 178, § 17 Tier-LMHV Rn. 1). Alle in Nr. 1 bis 5 kumulativ verlangten Voraussetzungen haben eine hygienerechtliche Komponente. Entgegen der Ansicht des Klägers wird auch mit dem räumlichen Erfordernis der Nr. 1 ein hygienerechtlicher Schutzzweck verfolgt. Zu Recht hat der Beklagte insoweit darauf verwiesen, dass es in der Natur der Rohmilch liegt, dass sie Bakterien enthalten könne, die geeignet seien, die Verbrauchergesundheit zu schädigen, wie zum Beispiel Salmonellen, EHEC, Campylobacter, Listerien etc. (vgl. auch Bundesinstitut für Risikobewertung, Mitteilung vom 29.05.2009 unter http://www.bfr.bund.de/cd/29651; aktueller Bericht Anlage 1 zum Schriftsatz des Beklagten vom 19.09.2013). Zur Vermeidung lebensmittelbedingter Infektionskrankheiten empfiehlt die WHO in einer ihrer „Zehn Goldenen Regeln“: „always buy pasteurized as opposed to raw milk“. Unstreitig kann sich ein Anfangskeimgehalt der Milch, auch wenn dieser noch nicht die infektiöse Dosis darstellen sollte, aufgrund des für diese Bakterien gut geeigneten Nährmediums Rohmilch bei weiterer Lagerung und Handhabung vermehren. Behandlungsschritte wie Umfüllen, Lagern und Transportieren erhöhen die Kontaminationsgefahr in Form eines zusätzlichen Bakterienantrags. Darüber hinaus kann eine damit einhergehende Unterbrechung der Kühlkette zu Bakterienwachstum führen.
43 
Angesichts der nach Abschluss der Rohmilchgewinnung im Falle zusätzlicher Behandlungsschritte typischerweise auftretenden vermehrten Risiken hat der Verordnungsgeber in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV die Abgabe der Rohmilch mithin der Sache nach räumlich auf den Standort der tatsächlichen Milchgewinnung beschränkt und damit den Transport der Rohmilch als abstrakt risikoerhöhenden Umstand untersagt. An anderen Örtlichkeiten kommt deshalb eine Rohmilchabgabe nicht in Betracht, selbst wenn sie sich in der Verfügungsgewalt des Milcherzeugers befinden (so auch Zipfel/Rathke, a.a.O., § 17 Tier-LMHV Rn. 41).
44 
Diese enge Auslegung wird bestätigt durch die verordnungsrechtliche Systematik. Bei der in § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV geregelten Möglichkeit der „Milch-ab-Hof-Abgabe“ handelt es sich um eine Ausnahme von dem Grundsatz des Rohmilchabgabeverbots in Absatz 1. Allgemeinen Grundsätzen entsprechend legt dies eine restriktive Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale in § 17 Abs. 4 Satz 1 Tier-LMHV nahe. Das spricht dagegen, die Abgabe von Rohmilch an Örtlichkeiten zuzulassen, die zwar Teil des landwirtschaftlichen Betriebs sind, aber mit der eigentlichen Milcherzeugung in keinem räumlichen Zusammenhang stehen. Auch die Vorgaben für die sog. Vorzugsmilch legen einen hygienerechtlichen Schutzzweck der in § 17 Abs. 4 Nr. 1 Tier-LMHV normierten Voraussetzungen nahe. Vorzugsmilch ist Rohmilch, die in Fertigpackungen oder sonst in verschlossene Behältnisse abgefüllt wurde, die aber gehandelt und deshalb vom Verbraucher auch im Einzelhandel erworben werden kann. Im Gegensatz zur unmittelbaren Abgabe von Rohmilch nach § 17 Abs. 4 Tier-LMHV ist die Abgabe von Vorzugsmilch an den Verbraucher örtlich nicht auf den Erzeugungsbetrieb beschränkt, vielmehr erfolgen hier im Anschluss an die Milchgewinnung typischerweise weitere Behandlungsschritte einschließlich des Transports. Allerdings stellt der Verordnungsgeber an Vorzugsmilch auch deutlich strengere Hygieneanforderungen. Während für die unmittelbar abzugebende Rohmilch nach § 17 Abs. 4 Satz 2 Tier-LMHV lediglich die Anforderungen nach Anlage 2 der LMHV entsprechend gelten, muss die Vorzugsmilch insbesondere in einem Milcherzeugungsbetrieb, für den die zuständige Behörde eine vorherige Genehmigung nach § 18 Abs. 1 Tier-LMHV erteilt hat, unter Einhaltung der Anforderungen der (sehr detaillierten) Anlage 9 Kapitel I Nr. 1 und 2 gewonnen und behandelt worden sein (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 Tier-LMHV). Wenn der Verordnungsgeber derart strenge hygienische Anforderungen im Falle der Milch-ab-Hof-Abgabe nach § 17 Abs. 4 Tier-LMHV für verzichtbar hält, zeigt dies, dass er von einem engen Anwendungsbereich der Bestimmung ausgeht und der räumlichen Begrenzung des Ausnahmetatbestands auf eine Abgabe am Standort der tatsächlichen Milchgewinnung eine maßgebliche Bedeutung für einen wirksamen gesundheitlichen Verbraucherschutz zuschreibt.
45 
b) In dieser Auslegung begegnet § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
46 
Insbesondere vermag der Senat nicht festzustellen, dass das Erfordernis betroffene Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe in ihrer durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Freiheit der Berufsausübung verletzt.
47 
Eine hinreichende normative Grundlage im Sinne des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG liegt vor. Die verordnungsrechtliche Bestimmung findet ihre Ermächtigung in § 13 Abs. 1 Nr. 2 und Nr. 6, § 34 Satz 1 Nr. 1 und 4 LFGB, mithin ist hier die Berufsausübung auf Grund eines Gesetzes geregelt worden.
48 
Auch ein Verstoß gegen den rechtstaatlichen Bestimmtheitsgrundsatz lässt sich nicht feststellen. Das Erfordernis, den Anwendungsbereich der Norm im Einzelfall durch Auslegung zu ermitteln, bedeutet noch keine Verletzung des Bestimmtheitsgebots, solange eine solche Auslegung mit herkömmlichen juristischen Methoden bewältigt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18.05.1988 - 2 BvR 579/84 -, BVerfGE 78, 205, 212 ff.; BVerfG, Beschluss vom 14.12.2000 - 2 BvR 1741/99, 2 BvR 276/00, 2 BvR 2061/00 -, NJW 2001, 879, 880).
49 
Hiervon ausgehend hat der Senat an der ausreichenden Bestimmtheit der Bestimmung keine durchgreifenden Zweifel. Aus dem Wortlaut des § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV geht für den Betroffenen erkennbar hervor, dass die Milchabgabe in räumlicher Hinsicht an den „Milcherzeugungsbetrieb“ geknüpft ist. Zwar bedarf es einer weitergehenden Eingrenzung und Konkretisierung der örtlichen Voraussetzungen, diesem Erfordernis kann indes - wie oben dargelegt - im Wege der Auslegung insbesondere anhand der Systematik und des Zwecks der Regelung jedenfalls im Rahmen der gerichtlichen Kontrolle Rechnung getragen werden. Dabei weist der Senat darauf hin, dass die vom Kläger befürwortete weite Interpretation der Vorschrift mit erheblich größeren Bestimmtheitsdefiziten verbunden wäre. Denn sollte die Regelung nicht an den Ort der tatsächlichen Milchgewinnung anknüpfen, müsste bestimmt werden, ab welcher Distanz zwischen verschiedenen Teilen eines landwirtschaftlichen Betriebs noch von einer Abgabe im „Milcherzeugungsbetrieb“ ausgegangen werden kann. Hierfür sind greifbare Maßstäbe nicht ersichtlich.
50 
Darüber hinaus muss die Regelung durch hinreichende, der Art der betroffenen Betätigung und der Intensität des jeweiligen Eingriffs Rechnung tragende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt werden und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit entsprechen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010 - 1 BvR 1789/10 -, NVwZ 2011, 355; BVerfG, Beschluss vom 26.02.1997 - 1 BvR 1864/94, 1 BvR 1102/95 -, BVerfGE 95, 193, 214). Ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz liegt indes nicht vor.
51 
Mit der Beschränkung der Abgabe von Rohmilch auf den Standort der Milchgewinnung regelt der Verordnungsgeber lediglich die Modalitäten der Berufsausübung des Inhabers eines landwirtschaftlichen Betriebs. Selbst wenn die Bestimmung die Ebene der Rentabilität einer beruflichen Tätigkeit berühren sollte, sind Bedrohungen der wirtschaftlichen Existenz der Betreiber derartiger Abgabestellen nicht dessen typische Folge. Denn regelmäßig - wie auch im vorliegenden Fall - gelangt lediglich ein Teil der gewonnenen Milch als Rohmilch zum unmittelbaren Verkauf; außerdem wird der Rohmilchverkauf nicht generell untersagt, sondern lediglich auf den Standort der Milchgewinnung beschränkt.
52 
Mit dem oben dargestellten Zweck der Regelung, die Gesundheit der Verbraucher vor den potentiellen Risiken zu schützen, die mit dem Verzehr von Rohmilch verbunden sind, verfolgt der Verordnungsgeber ein legitimes Anliegen des Gemeinwohls.
53 
Die Regelung ist auch zur Zweckerreichung geeignet, weil mit ihrer Hilfe der gewünschte Erfolg gefördert werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.). Dem Normgeber kommt auch insoweit ein Einschätzungs- und Prognosevorrang zu; ihm obliegt es, unter Beachtung der Sachgesetzlichkeiten zu entscheiden, welche Maßnahmen er im Interesse des Gemeinwohls ergreifen will (BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.). Wird der Normgeber zur Verhütung von Gefahren für die Allgemeinheit tätig, so belässt ihm die Verfassung bei der Prognose und Einschätzung der in den Blick genommenen Gefährdung einen Beurteilungsspielraum, der auch von den Fachgerichten bei der verfassungsrechtlichen Beurteilung zu beachten ist. Der Beurteilungsspielraum ist erst dann überschritten, wenn die Erwägungen des Gesetzgebers so offensichtlich fehlsam sind, dass sie vernünftigerweise keine Grundlage für die angegriffenen gesetzgeberischen Maßnahmen sein können (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 21.07.2003 - 1 S 377/02 -, VBlBW 2004, 20-28).
54 
Bei Zugrundelegung dieses Maßstabs ist die Annahme des Verordnungsgebers, dass die in § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV vorgenommene räumliche Beschränkung der Abgabe der Rohmilch auf den Standort der tatsächlichen Milchgewinnung zu einer Verringerung der mit einer Rohmilchabgabe einhergehenden Gefahren führt, nicht zu beanstanden. Insbesondere erscheint die Einschätzung naheliegend, der Transport der Rohmilch im Anschluss an die Milchgewinnung sei typischerweise mit einem erhöhten Infektionsrisiko verbunden. Entgegen der Ansicht des Klägers reicht diese durch sachverständiger Stellungnahmen hinreichend verlässlich abgesicherte abstrakte Gefährdungslage aus.
55 
Ebenso wie bei der Frage der Geeignetheit verfügt der Normgeber auch bei der Einschätzung der Erforderlichkeit über einen Beurteilungs- und Prognosespielraum (vgl. BVerfG, Beschluss vom 19.07.2000 - 1 BvR 539/96 -, BVerfGE 102, 197, 218; Urteil vom 28.03.2006 - 1 BvR 1054/01 -, BVerfGE 115, 276, 309). Infolge dieser Einschätzungsprärogative können Maßnahmen, die der Normgeber zum Schutz eines wichtigen Gemeinschaftsguts wie der Eindämmung von Gefahren, die mit der Abgabe von Rohmilch verbunden sind, für erforderlich hält, verfassungsrechtlich nur beanstandet werden, wenn nach den dem Normgeber bekannten Tatsachen und im Hinblick auf die bisher gemachten Erfahrungen feststellbar ist, dass Beschränkungen, die als Alternativen in Betracht kommen, zwar die gleiche Wirksamkeit versprechen, indessen die Betroffenen weniger belasten (vgl. BVerfG, Beschluss vom 29.09.2010, a.a.O.).
56 
Derartige mildere, aber vergleichbar wirksame Mittel sind vorliegend weder dargetan noch sonst ersichtlich. Dabei kommt auch der Entstehungsgeschichte der Vorschrift Bedeutung zu. Denn der Verordnungsgeber wollte mit der Bestimmung erkennbar die traditionell praktizierte, inhaltsgleich bereits in der Milchverordnung geregelte „Milch-ab-Hof-Abgabe“ weiter ermöglichen. Damit trug er auch der Regelung in Art. 10 Abs. 4a i) Verordnung (EG) 853/2004 Rechnung. Insoweit lag es nicht fern, auf die Vorgabe besonders strenger hygienerechtlicher Anforderungen nach Art der Vorzugsmilch zu verzichten, aber den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift auf den typischen Fall der „Milch-ab-Hof-Abgabe“ zu begrenzen.
57 
Schließlich ergibt eine Abwägung zwischen der Schwere des Eingriffs und dem Gewicht und der Dringlichkeit der ihn rechtfertigenden Gründe, dass die Grenze der Zumutbarkeit und damit der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne gewahrt ist. Die räumliche Beschränkung der Rohmilchabgabe dient dem Schutz hochrangiger Gemeinschaftsgüter, nämlich der Gesundheit von Konsumenten vor möglicherweise gravierenden gesundheitlichen Risiken. Auf der anderen Seite beschränken sich die Auswirkungen des Eingriffs, der auf der Ebene der Berufsausübung verbleibt, auf eine Verringerung des Umsatzes aus dem Verkauf der Rohmilch, den der Inhaber eines aus mehreren Teilen bestehenden landwirtschaftlichen Betriebs tendenziell vermeiden kann, indem er die Abgabestelle an den Standort der Milchgewinnung legt. Dass die Milchabgabe insoweit nicht immer am verkehrsgünstigsten und damit lukrativsten Standort erfolgen kann, erscheint dem Betriebsinhaber zumutbar.
58 
Bei alledem nimmt § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV maßgeblich das Verhalten des für das Inverkehrbringen der Rohmilch lebensmittelrechtlich verantwortlichen Milcherzeugers in den Blick und nicht etwa auch ein potentielles Verhalten des Konsumenten im Anschluss an die erfolgte Abgabe der Rohmilch an diesen. Dies kann nicht beanstandet werden.
59 
c) Gemessen hieran erfüllt die Rohmilchabgabe durch den Rohmilchautomaten am Standort Hauptstraße ... nicht das Tatbestandsmerkmal der Abgabe „im Milcherzeugungsbetrieb". Die Milchgewinnung erfolgt in der zwei Kilometer hiervon entfernten im Jahr 1996 errichteten weiteren Betriebsstätte auf dem Flurstück ... ..., in der der neue Milchviehstall steht und die Melk-Technik vorgehalten wird. Auch der behauptete „Notstall" für z.B. kranke Tiere macht den Standort Hauptstraße ... nicht zum Milcherzeugungsbetrieb im Sinne von § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV. Schließlich ist es nach Sinn und Zweck der vom Verordnungsgeber gewollten Beschränkung auch nicht maßgeblich, dass der gegenwärtige Standort des Rohmilchautomaten verkehrsgünstiger liegt und der Milchviehstall für die Kunden des Klägers demgegenüber schwerer zu erreichen wäre.
60 
Da für eine zulässige Rohmilchabgabe sämtliche Tatbestandsvoraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV kumulativ erfüllt sein müssen, kommt es auf die Erfüllung der weiteren Voraussetzungen des § 17 Abs. 4 Tier-LMHV durch den Kläger nicht an,
61 
3. Die angefochtene Verfügung begegnet auch im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken.
62 
Der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde kam bei der Anordnung nach Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. b) Verordnung (EG) 882/2004 i.V.m. § 17 Tier-LMHV kein Entschließungsermessen zu. Vielmehr war sie verpflichtet, bei Vorliegen eines Verstoßes die erforderlichen Maßnahmen zu treffen (vgl. bereits oben). Das Abgabeverbot zielt auch darauf ab, dass der Unternehmer Abhilfe schafft (vgl. Zipfel/Rathke, a.a.O., Stand: November 2012, C 102 § 39 Rn. 65).
63 
Es kann auch nicht festgestellt werden, dass der Behörde im vorliegenden Fall ein Auswahlermessen eingeräumt war (vgl. ebenfalls bereits oben sowie Senatsurteil vom 02.03.2010, a.a.O., zu § 39 Abs. 2 LFGB). Vielmehr kam als Reaktion auf den Rechtsverstoß allein die Untersagung der Abgabe von Rohmilch am Stammbetrieb des Klägers als zulässige und im Sinne Art. 54 Abs. 1 Verordnung (EG) 882/2004 „erforderliche“ Maßnahme in Betracht (im Ergebnis vergleichbar BayVGH, Beschluss vom 17.01.2011 - 9 ZB 09.2654 -, Juris). Die auf die Fehlerhaftigkeit der Ermessensausübung durch den Beklagten zielenden Angriffe gehen daher ins Leere. Das ergibt sich aus Folgendem:
64 
Nach der Regel-Ausnahme-Systematik des § 17 Tier-LMHV ist das Verbot der Abgabe von Rohmilch klar vorgegeben, wenn keine der Ausnahmen der Absätze 2 bis 4 vorliegt. Zur wirksamen Durchsetzung dieser nach dem eindeutigen Willen des Verordnungsgebers zwingenden Rechtsfolge und in Ansehung des in § 1 Abs. Nr. 1 LFGB normierten Gesetzeszwecks, den Schutz der Verbraucher durch Vorbeugung gegen eine Gefahr für die menschliche Gesundheit sicherzustellen, kommt auch bei Einbeziehung des in Art. 54 Abs. 2 Verordnung (EG) 882/2004 grundsätzlich zur Verfügung stehenden Instrumentariums allein die Untersagung der Abgabe der Rohmilch auf der Grundlage des Art. 54 Abs. 2 Nr. b) Verordnung (EG) 882/2004 in Betracht. Deshalb kann dem Kläger - entgegen seiner Auffassung - die Rohmilchabgabe an seinem Stammbetrieb auch nicht unter Auflagen gestattet werden (Inverkehrbringen unter eigener oder behördlicher Kontrolle, Auflagen der Probenziehung oder der täglichen oder zweitäglichen Leerung des Behälters o.Ä.). Etwas anderes gilt auch nicht mit Blick auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004). Denn eine Korrektur der Verwaltung im Einzelfall mit Hilfe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kommt nur in Betracht, soweit das Gesetz bzw. die Verordnung dieser einen Spielraum einräumt (vgl. Sachs, GG, 6. Aufl. 2011, Art. 20 Rn. 148; Jarass/Pieroth, GG, 11. Aufl. 2011, Art. 20 Rn. 90a). Dies ist hier indes nicht der Fall. § 17 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 Tier-LMHV ist verfassungsrechtlich unbedenkliches zwingendes Recht, die Tier-LMHV sieht eine Zulassung der Rohmilchabgabe unter Verzicht auf dieses Erfordernis etwa im Falle einer „Kompensation“ durch hygienerechtliche Auflagen nicht vor. Ein anderes Ergebnis würde zu einer Verwischung der Grenzen zwischen den einzelnen Ausnahmetatbeständen und damit letztlich zu einer Missachtung des Willens des Normgebers führen.
65 
Unabhängig davon erweist sich die Verfügung auch nicht als unverhältnismäßig im Einzelfall. Es ist nicht zu beanstanden, dass der Beklagte - auch ohne das Vorliegen einer konkreten Gesundheitsgefahr - dem mit den zugrunde liegenden Regelungen geschützten öffentlichen Interesse am vorbeugenden (vgl. dazu Zipfel/Rathke, a.a.O., C 170, § 17 Tier-LMHV Rn. 1; § 1 Nr. 1 LFGB sowie Zipfel/Rathke, a.a.O., C 102, § 1 LFGB, Rn. 14 f.) Gesundheits- und Verbraucherschutz potentieller Konsumenten und damit hochrangigen Rechtsgütern den Vorrang eingeräumt hat. Das vom Kläger angeführte wirtschaftliche Interesse am Rohmilchverkauf an einem verkehrsgünstigen Standort im Ortsteil ... an der B ... führt nicht zu einer Unverhältnismäßigkeit der Verfügung. Bei einer Abwägung der gegenläufigen Interessen ist zunächst von Bedeutung, dass der angestrebte unmittelbare Rohmilchverkauf nur einen Teil der vom Kläger produzierten Milch betrifft. Ferner bezieht sich das Verbot lediglich auf den Stammbetrieb in der Hauptstraße. Auch wenn der Kläger dort den Rohmilchverkauf in der Vergangenheit praktiziert haben sollte, kann er sich auf Bestandsschutz nicht berufen. Es ist ihm - ungeachtet weiterer Möglichkeiten, die Rohmilch zu verwerten (etwa Verkauf nach Pasteurisierung, Verkauf als Vorzugsmilch) - unbenommen, den Rohmilchverkauf an den Standort seines lediglich zwei Kilometer entfernten Milchviehstalls zu verlegen. Dass dem unüberwindbare oder nicht zumutbare Hindernisse entgegenstehen, ist für den Senat nicht ersichtlich. Dieser Standort ist angesichts seiner verkehrsmäßigen Erschließung über die L ... und der Entfernung von lediglich zwei Kilometern für potentielle Kunden mit dem PKW oder dem Fahrrad ohne weiteres erreichbar. Das in der mündlichen Verhandlung erwähnte Problem, der Kundenverkehr könne dort das Arbeiten bzw. den Verkehr mit landwirtschaftlichen Fahrzeugen beeinträchtigen, erscheint durch entsprechende organisatorische und/oder bauliche Maßnahmen lösbar. Dass möglicherweise notwendig werdende bauliche Maßnahmen (etwa auch ein Unterstand für den Milchautomaten) den Kläger in wirtschaftlicher Hinsicht unverhältnismäßig belasten würden, ist nicht erkennbar. Die Äußerung in der mündlichen Verhandlung, der Standort des Milchviehstalls sei aus hygienischen Gründen für einen Kundenverkehr „problematischer“ als der Abgabeort am Stammbetrieb, ist eine Vermutung des Klägers, die indes - soweit alle sonstigen Vorschriften eingehalten werden - die Eignung des Standorts am Milchviehstall nicht ernsthaft in Frage stellt. Um die Folgen der verkehrsungünstigeren Lage zu mindern, könnte der Kläger schließlich an seinem Stammbetrieb einen deutlichen Hinweis auf den neuen Standort der Rohmilchabgabe installieren. Gleichwohl verbleibende Umsatzeinbußen sind mit Blick auf den Rang der mit der Verfügung geschützten Rechtsgüter hinzunehmen. Vor diesem Hintergrund kann sich eine Unverhältnismäßigkeit schließlich auch nicht unter dem Gesichtspunkt der „Art des Verstoßes“ oder des „bisherigen Verhaltens“ des Klägers „mit Blick auf Verstöße“ (vgl. Art. 54 Abs. 1 Satz 2 Verordnung (EG) 882/2004) ergeben.
66 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
67 
Die Revision wird nicht zugelassen (§ 132 VwGO). Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Die aufgeworfenen Rechtsfragen sind nicht klärungsbedürftig. Sie lassen sich mit Hilfe der üblichen Regeln sachgerechter Normauslegung ohne weiteres beantworten.
68 
Beschluss vom 16. Juni 2014
69 
Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 5.000,-- EUR festgesetzt (vgl. §§ 47 Abs. 1 S. 1, 52 Abs. 2 GKG).
70 
Der Beschluss ist unanfechtbar (vgl. § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).

(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

(2) Unbeschadet des Artikels 137 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/625 können die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes

1.
anordnen, dass derjenige, der ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
a)
eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Behörde mitteilt und
b)
der zuständigen Behörde den Eingang eines solchen Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dieses Erzeugnis den Vorschriften nach Absatz 1 nicht entspricht, oder
2.
vorübergehend verbieten, dass ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt.

(3) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe d und g der Verordnung (EU) 2017/625 können entsprechend auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 können entsprechend auch zur Verhütung eines künftigen Verstoßes sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung ergehen.

(5) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von durch Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Nummer 7 oder § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 festgesetzten Auslösewerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium, im Fall einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(6) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von festgesetzten Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen oder Aktionsgrenzwerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

1.
Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
2.
Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
3.
Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b erster oder zweiter Spiegelstrich der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 oder
4.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht aufgrund der Absätze 1 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, aufgrund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

Tenor

I.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird für das Antragsverfahren auf 15.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin, eine GmbH, hat seit dem 24. Januar 1975 eine Gewerbeerlaubnis nach § 34c GewO - nachfolgend kurz „Maklererlaubnis“ - zur „a) Vermittlung des Abschlusses von Verträgen über Grundstücke, grundstücksgleiche Rechte, b) Wohnräume und gewerbliche Räume und c) Vorbereitung bzw. Durchführung von Bauvorhaben als Bauherr in eigenem Namen für eigene bzw. fremde Rechnung unter Verwendung von Vermögenswerten von Erwerbern, Mietern, Pächtern, sonstigen Nutzungsberechtigten, von Bewerbern um Erwerbs- oder Nutzungsrechte „.

Mit Bescheid vom 2. August 2013 widerrief das Landratsamt Neustadt a.d. Aisch - Bad Windsheim diese Erlaubnis (Nr. 1 des Bescheids) und ordnete jeweils unter Androhung eines Zwangsgelds (Nrn. 4 und 5) an, dass die gemäß § 34c Abs. 1 GewO ausgeübte Gewerbetätigkeit innerhalb von zwei Wochen nach Bestandskraft des Bescheids einzustellen sei (Nr. 2) und der Geschäftsführer der Klägerin den Erlaubnisbescheid vom 24. Januar 1975 binnen zweier Wochen nach Bestandskraft des Widerrufsbescheids zurück zu geben habe (Nr. 3). Der Bescheid war - zusammengefasst - darauf gestützt, dass der Geschäftsführer der Klägerin aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung vom 20. Oktober 2010 nicht mehr die für die Maklererlaubnis der Klägerin erforderliche Zuverlässigkeit im Sinn des § 34c Abs. 2 Nr. 1 GewO besitze; Umstände, aufgrund derer trotz der noch laufenden Fünfjahresfrist des § 34c Abs. 2 Nr. 1 GewO ein Ausnahmefall anzunehmen sei, lägen nicht vor. Zudem wiesen die Rückstände der Klägerin und auch des Geschäftsführers bei der Stadt Neustadt a.d. Aisch auf ungeordnete Vermögensverhältnisse hin. Die Klägerin biete ebenso wenig wie deren Geschäftsführer die Gewähr für eine ordnungsgemäße und den gesetzlichen Vorschriften entsprechende Führung des Betriebes. Das Nichtbegleichen der Steuerrückstände deute darauf hin, dass weder die Klägerin noch deren Geschäftsführer willens und in der Lage seien, die im Vergleich zur Größe des Gewerbebetriebes vermutlich geringen Schulden bei der Stadt Neustadt zu begleichen. Einem vom Landratsamt vorgeschlagenen Geschäftsführerwechsel bei der Klägerin sei nicht zugestimmt worden. Mildere Mittel, wie die nachträgliche Beschränkung der Maklererlaubnis oder die Erteilung von Auflagen, seien nicht ersichtlich.

Die gegen den Widerrufsbescheid gerichtete Anfechtungsklage wies das Verwaltungsgericht Ansbach durch Urteil vom 25. März 2014 ab. Sie sei unzulässig, soweit sie sich gegen die - nur gegenüber dem Geschäftsführer der Klägerin, nicht aber gegenüber dieser selbst ergangenen - Nrn. 3 und 5 des Bescheids vom 2. August 2013 (Verpflichtung zur Rückgabe des Erlaubnisbescheids und hierauf bezogene Zwangsgeldandrohung) richte. Im Übrigen sei die Klage unbegründet. Die Klägerin müsse sich die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit ihres Geschäftsführers zurechnen lassen. Diese beruhe nach § 34c Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 GewO auf der strafrechtlichen Verurteilung des Geschäftsführers und nach § 34c Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 1 GewO auf seiner finanziellen Leistungsunfähigkeit infolge hoher Schulden. Die finanzielle Notlage der Klägerin selbst (GmbH) rechtfertige die Annahme, dass auch sie unmittelbar nicht mehr gewerberechtlich zuverlässig sei. Die übrigen gesetzlichen Voraussetzungen für den Widerruf seien erfüllt; das Ermessen hierbei sei fehlerfrei ausgeübt worden.

Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter.

Der Beklagte hat beantragt, die Berufung nicht zuzulassen.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsverfahrensakten Bezug genommen.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt erfolglos. Aus den allein maßgeblichen, fristgerecht erfolgten Darlegungen der Klägerin (vgl. zu ihrer Maßgeblichkeit § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) ergeben sich weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) noch besondere rechtliche Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO).

1. Die Klägerin macht im Rahmen des Zulassungsgrunds des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sinngemäß geltend, dass das Verwaltungsgericht einen vom Landratsamt begangenen Anhörungsfehler zu Unrecht als im gerichtlichen Verfahren geheilt angesehen habe. Das Verwaltungsgericht hat einen Anhörungsmangel darin gesehen, dass die Steuerrückstände des Geschäftsführers der Klägerin gegenüber der Stadt Neustadt a.d. Aisch im Anhörungsschreiben vom 18. Juli 2013 nicht genannt, im angefochtenen Bescheid aber verwertet worden seien. Nach der Ansicht des Verwaltungsgerichts soll dieser Mangel gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. Abs. 2 BayVwVfG „im Rahmen des gerichtlichen Verfahrens durch die ausgetauschten Schriftsätze“ geheilt worden sein. Dies mag zweifelhaft sein, ist aber für die Entscheidung über die Zulassung der Berufung ohne Bedeutung, weil der gerügte Verfahrensfehler keinen entscheidungserheblichen Sachverhalt betrifft.

1.1. Die von der Klägerin gegen die Annahme einer Heilung vorgebrachten Bedenken sind nicht von der Hand zu weisen. Geht es um eine rechtsfehlerhaft unterbliebene Anhörung (als „Handlung“ im Sinn des Art. 45 Abs. 2 BayVwVfG), so ist deren Nachholung „bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz“ eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nicht ohne weiteres gleichbedeutend mit einer Anhörung „im Rahmen der Tatsacheninstanz“ eines solchen Verfahrens. Die Vorschrift des Art. 45 Abs. 2 BayVwVfG setzt vornehmlich einen zeitlichen Rahmen, verhält sich aber nicht zu der Art und Weise, wie die unterbliebene Verfahrenshandlung vorzunehmen ist. Sie besagt deshalb auch nicht, dass sich an der - bei fehlender Anhängigkeit eines Gerichtsverfahrens gebotenen - Art und Weise der Nachholung dadurch etwas ändert, dass der Verwaltungsakt, zu dessen Erlass die unterbliebene und nunmehr nachzuholende Verfahrenshandlung eigentlich nötig gewesen wäre, bereits Gegenstand eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist. Wenn für den Verfahrensmangel der unterbliebenen Anhörung in Rechtsprechung und Schrifttum gleichwohl ganz überwiegend die Ansicht vertreten wird, dass dieser Mangel ausnahmsweise auch durch verwaltungsprozessualen Schriftwechsel der Beteiligten geheilt werden könne, so beruht dies u. a. auf den Überlegungen, dass nicht die formelle Zugehörigkeit zu einem Verwaltungs- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahren, sondern die materielle Gleichwertigkeit entscheidend ist, und dass für die Anhörung keine bestimmte Form vorgeschrieben ist (vgl. Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG).

Einhellig werden aber Mindestanforderungen in Bezug auf den Vorgang der Anhörung und deren Einfluss auf den (erneuten) behördlichen Prüfungs- und Entscheidungsprozess gestellt, um eine Heilung des Anhörungsmangels durch den Austausch von Schriftsätzen im Verwaltungsgerichtsverfahren annehmen zu können. Notwendig ist demnach, dass die Behörde das - mangels Anhörung - bislang noch nicht Vorgetragene zur Kenntnis nimmt, würdigt und erneut prüft, ob sie unter Berücksichtigung des Vorbringens an ihrer Verfügung festhält oder nicht, und schließlich dem Betroffenen das Ergebnis dieser Prüfung mitteilt (vgl. zum Ganzen: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 45 Rn. 85 bis 87; Kopp/Ramsauer, VwGO, 11. Aufl. 2010, § 45 Rn. 27; OVG Berlin-Bbg, B.v. 9.7.2013 - OVG 7 N 113.13 - juris Rn. 9; OVG NW, B.v. 14.6.2010 - 10 B 270/10 - juris Rn. 7 bis 10 und 14; BayVGH, B.v. 26.1.2009 - 3 CS 09.46 - juris Rn. 23).

Diese Anforderungen waren vorliegend wohl nicht erfüllt. Schon von „ausgetauschten Schriftsätzen“, wie das Verwaltungsgericht formuliert hat, kann kaum gesprochen werden angesichts des Umstands, dass die Klägerin erst mit Schriftsatz vom 24. März 2014 die Klage begründet hatte und dieser Schriftsatz dem Beklagten am folgenden Tag in der mündlichen Verhandlung vom 25. März 2014 zur Kenntnis gebracht wurde. Die weitere „Nachholung der Anhörung“ beschränkte sich darauf, dass der Klägerbevollmächtigte in der Verhandlung u. a. darauf hinwies, dass der „Gewerbebezug“ der gegenüber der Stadt bestehenden Schulden des Geschäftsführers der Klägerin fraglich sei, worauf der Vertreter des Landratsamts erwiderte, „kritisch“ sei diese Frage allenfalls bezüglich der Grundsteuerschulden.

1.2. Der Vertreter des Landratsamts hat allerdings in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht unwidersprochen darauf hingewiesen, dass maßgebend die strafrechtliche Verurteilung gewesen sei, während die Steuerschulden nur ergänzend miteinbezogen worden seien. Dies deutet darauf hin, dass die Steuerschulden des Geschäftsführers der Klägerin zwar im Bescheid aufgeführt worden, gleichwohl aber für die Entscheidung des Landratsamts - den Widerruf der Maklererlaubnis - nicht erheblich gewesen sind. Dies würde bedeuten, dass die Grundsteuerschulden des Geschäftsführers schon nicht als „für die Entscheidung erhebliche Tatsache“ im Sinn des Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG anzusehen wären und ein Anhörungsmangel insoweit gar nicht bestanden hätte. Die in dieser Weise verstandene Erklärung des Beklagtenvertreters wird durch die Begründung der Widerrufsentscheidung maßgeblich gestützt: So befassen sich die beiden ersten Abschnitte auf S. 4 des angefochtenen Bescheids, in denen u. a. von den Grundsteuerrückständen des Geschäftsführers die Rede ist, mit den objektiven Tatbestandsvoraussetzungen für die Versagung einer Maklererlaubnis, während die beiden folgenden Abschnitte die übrigen Voraussetzungen der Widerrufsentscheidung, insbesondere die Ermessensbetätigung betreffen. In diesen beiden Abschnitten kommen die Grundsteuerschulden des Geschäftsführers nicht vor, wogegen seine „Verurteilung wegen Untreue in Tatmehrheit mit Betrug, in Tatmehrheit mit Vorenthalten und Veruntreuen von Arbeitsentgelt als spezieller Art von Untreue“ ausdrücklich genannt und überdies als „widerrufsursächlich“ bezeichnet wird. Diese Begründung liegt außerdem konsequent auf der Linie der vorangegangenen Korrespondenz zwischen dem Landratsamt und den (wechselnden) Klägerbevollmächtigten, in der es stets hauptsächlich um die Verurteilung des Geschäftsführers, nur in einem Satz der letzten Anhörung vom 18. Juli 2013 (Bl. 49 der Behördenakte) um Gewerbesteuerschulden der Klägerin, aber nie um Schulden des Geschäftsführers gegenüber der öffentlichen Hand ging. Abgesehen davon kommt es hinsichtlich der Beurteilung von Steuerschulden als Ausdruck von ungeordneten Vermögensverhältnissen ohnehin nur auf die das Gewerbe betreibende Klägerin, nicht aber auf ihren Geschäftsführer an, soweit die Steuerschulden nicht auf persönliche Unzuverlässigkeit schließen lassen, wozu hier vom Landratsamt nichts Näheres festgestellt worden ist.

2. Soweit die Klägerin bemängelt, das Verwaltungsgericht habe bezüglich der Bedeutung der Steuerschulden der Klägerin (nicht ihres Geschäftsführers) mit den Ausführungen auf S. 14 unten, S. 15 oben des Urteils - rechtsfehlerhaft - seine eigenen Erwägungen an die Stelle der Erwägungen des Landratsamts gesetzt (Nr. I.c.aa.[1], S. 5 unten der Antragsbegründung, Bl. 36 der VGH-Akte; Nr. 2.b auf S. 3 unten des Schriftsatzes vom 29.9.2014), mag dies für sich genommen - soweit es um die Ermessensausübung beim Widerruf der Maklererlaubnis geht - zutreffen. Denn das Landratsamt selbst ist insoweit von einer verhältnismäßig geringen Höhe der Steuerschuld ausgegangen (vgl. S. 4, Abschn. 2 des Bescheids). Ergebnisbezogene ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO lassen sich damit gleichwohl nicht darlegen, weil - wie oben unter 1.2 ausgeführt - nach der unbestrittenen und mit dem Ablauf des Verwaltungsverfahrens sowie der Bescheidsbegründung im Einklang stehenden Bekundung des Vertreters des Landratsamts nicht die Steuerschulden ausschlaggebend für die Widerrufsentscheidung waren, sondern die strafrechtliche Verurteilung des Geschäftsführers der Klägerin wegen zweier Katalogstraftaten des § 34c Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 GewO und die daraus folgende Regelvermutung der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit des Geschäftsführers.

Mit dem Schriftsatz vom 29. September 2014 bringt die Klägerin (unter Nrn. 2.a und 2.b) zwar vor, im angefochtenen Bescheid folgten den Ausführungen zur strafgerichtlichen Verurteilung des Geschäftsführers Ausführungen zu dessen Grundsteuerrückständen sowie zu den Gewerbesteuerschulden der Klägerin; die sprachliche Formulierung der jeweiligen Abschnitte stelle eine auch inhaltliche Verbindung zwischen den verschiedenen Widerrufsgründen her und zeige, dass auch die Steuerrückstände der Klägerin und ihres Geschäftsführers die Ermessensentscheidung zumindest ergänzend beeinflusst hätten. Dass die verschiedenen Begründungen jeweils selbstständig tragend sein könnten, sei nicht ersichtlich. Überdies habe das Landratsamt - vom Verwaltungsgericht unbeanstandet - rechtsfehlerhaft aus den Steuerschulden der Klägerin auf ungeordnete Vermögensverhältnisse im Sinn des § 34c Abs. 2 Nr. 2 GewO geschlossen und den Schulden ermessensfehlerhaft ein ihnen nicht zukommendes Gewicht beigemessen. Damit kann die Klägerin aber nicht durchdringen. Abgesehen von der Frage, ob die nunmehr in Bezug auf das Gewicht unterschiedlicher Widerrufsgründe geltend gemachten Ermessensfehler überhaupt fristgerecht vorgebracht worden sind (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), ergibt sich aus den obigen Darlegungen (Nr. 1.2), dass für den Widerruf der Gewerbeerlaubnis ausschlaggebend - und in diesem Sinn selbstständig tragend - die strafrechtliche Verurteilung des Geschäftsführers der Klägerin gewesen ist und dass sich dies nicht nur aus der Erklärung des Landratsamtsmitarbeiters vor dem Verwaltungsgericht ergibt, sondern auch aus dem Bescheidaufbau und dem Gang des Verwaltungsverfahrens. Der Vortrag der Klägerin im Schriftsatz vom 29. September 2014 vermag diese Beurteilung nicht in Frage zu stellen.

3. Die Klägerin will ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO daraus ableiten, dass das Landratsamt - und ihm folgend das Verwaltungsgericht - es rechtsfehlerhaft unterlassen hätten, herauszuarbeiten, ob eine Ausnahme vom Regelfall vorliege. Eine solche Prüfung sei geboten wegen der - nach Auffassung der Klägerin „ausufernd weit gefassten“ - Tatbestandsvoraussetzungen des § 34c Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 GewO, der nicht nach Strafart, Begehungsform, Strafmaß oder weiteren Kriterien unterscheide. Die für den Widerruf der Gewerbeerlaubnis zuständige Behörde dürfe eine eigene Prüfung der Frage, welcher Sachverhalt den Bestrafungen zugrunde gelegen habe, allenfalls dann unterlassen, wenn das Gesetz bestimmte Rechtsfolgen schon an die Tatsache einer gerichtlichen Bestrafung geknüpft habe (Nr. I.c.aa.[2] auf S. 6 Mitte bis S. 8 oben der Antragsbegründung, Bl. 37 bis 39 der VGH-Akte). Mit diesem Vortrag kann die Klägerin nicht durchdringen.

3.1. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang die Kommentierung von Marcks (Landmann/Rohmer, GewO, § 34c Rn. 78) und dessen Hinweis auf einen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts (B.v. 17.1.1964 - VII B 159/63 - GewArch 1964, 113) anführt, das in diesem Beschluss eigene Feststellungen des Verwaltungsgerichts zu dem mit einer Strafe geahndeten Sachverhalt vermisst hat, vermag dies nicht zu überzeugen. Dass in Fällen wie dem vorliegenden derartige eigene Feststellungen des Gewerbeamts oder des Verwaltungsgerichts nötig wären, ergibt sich aus dem genannten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts nicht. Vielmehr unterscheidet sich diejenige gesetzliche Regelung, die in dem genannten Beschluss (B.v. 17.1.1964, a. a. O.) anzuwenden war, maßgeblich von dem - auch vorliegend einschlägigen - Versagungsgrund nach § 34c Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 GewO. Im dortigen Fall war gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 1, § 12 Abs. 2 Nr. 1 GastG 1930 (Gaststättengesetz vom 28.4.1930, RGBl. I S. 146) für die Versagung oder Zurücknahme einer Schankkonzession als Tatbestandsvoraussetzung erforderlich, dass Tatsachen die Annahme rechtfertigten, der Konzessionsbewerber oder -träger habe nicht die für den Gewerbebetrieb erforderliche Zuverlässigkeit; eine Regelvermutung der Unzuverlässigkeit enthielten § 2 Abs. 1 Nr. 1 GastG 1930 und die hierauf verweisende Rücknahmebefugnis gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 GastG 1930 - anders als § 34c Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 GewO - gerade nicht. Demzufolge hat das Bundesverwaltungsgericht im dort entschiedenen Fall folgerichtig bemängelt, dass das Berufungsgericht nicht auf Tatsachen abgestellt hatte, aus denen auf die Unzuverlässigkeit des Betroffenen geschlossen werden konnte, sondern dass das Gericht die Unzuverlässigkeit ausschließlich aus Eintragungen im Strafregister gefolgert und auch nicht die Strafakten beigezogen hatte. Diese Rechtsauffassung des Bundesverwaltungsgerichts berücksichtigt ersichtlich den Umstand, dass die bloßen Eintragungen im Strafregister den Sachverhalt, der einer Bestrafung zugrunde gelegen hat, somit also die „Tatsachen“, welche die Unzuverlässigkeitsannahme rechtfertigen, nicht erkennen lassen. Das Bundesverwaltungsgericht hat aber - wie auch die Klägerin in ihrer Antragsbegründung nicht verkennt (S. 7, vorletzter Abschnitt der Antragsbegründung, Bl. 38 der VGH-Akte) - im genannten Beschluss vom 17. Januar 1964 (a. a. O.) die im dort entschiedenen Fall maßgebliche gesetzliche Regelung ausdrücklich abgegrenzt von denjenigen Fällen, in denen das Gesetz bestimmte Rechtsfolgen schon an die Tatsache einer gerichtlichen Bestrafung geknüpft hat.

Ein solcher Fall ist hier gegeben. Demgemäß knüpft § 34c Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 GewO bestimmte Rechtsfolgen bereits an die Tatsache einer gerichtlichen Bestrafung insofern, als bei Vorliegen einer der dort genannten Bestrafungen der Betroffene regelmäßig als gewerberechtlich unzuverlässig anzusehen ist. Die Ermittlung und Würdigung zusätzlicher Tatsachen, die gegen die Unzuverlässigkeit des Vorbestraften sprechen, wird der Behörde dann, wenn der Anwendungsbereich des § 34c Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 GewO eröffnet ist, nicht ohne weiteres abverlangt (ihr bekannte, gegen die Regelvermutung sprechende Tatsachen darf sie freilich nicht außer Acht lassen). Vielmehr ist es grundsätzlich Sache des Erlaubnisinhabers, Umstände vorzutragen, die trotz einer einschlägigen Verurteilung eine andere Beurteilung als die Annahme der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit zulassen (Neuhäuser in Pielow, GewO, Rn. 56 zum ähnlich strukturierten § 34d).

Mit ihren Ausführungen zu den verschiedenen rechtlichen Voraussetzungen und Wirkungen eines Strafbefehls einerseits und eines Strafurteils andererseits meint die Klägerin anscheinend, das Landratsamt und - ihm folgend - das Verwaltungsgericht hätten rechtsfehlerhaft einen Ausnahmefall von der Regelunzuverlässigkeit verkannt, der darin liege, dass die Straftat des Geschäftsführers der Klägerin nicht durch Urteil, sondern durch Strafbefehl geahndet worden sei. Dem kann nicht gefolgt werden. Denn § 34c Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 GewO stellt nur auf die rechtskräftige Verurteilung ab, ohne hierbei zwischen der Ahndung durch Strafurteil einerseits oder Strafbefehl andererseits zu unterscheiden. Dies ist insofern konsequent, als ein Strafbefehl, wenn nicht gegen ihn rechtzeitig Einspruch erhoben worden ist, einem rechtskräftigen Urteil gleich steht (§ 410 Abs. 3 StPO). Der Umstand alleine, dass die Verurteilung „nur“ durch Strafbefehl erfolgt ist, kann deshalb keinen Ausnahmefall begründen. Die - für sich genommen zutreffenden - Hinweise der Klägerin (S. 10 unten, S. 11 oben der Antragsbegründung, Bl. 41/42 der VGH-Akte) darauf, dass in der Praxis und nach der gesetzlichen Konzeption (§ 407 Abs. 2 StPO) das Strafbefehlsverfahren sich eher bei leichteren Delikten anbiete und dass die Ahndung durch Strafbefehl nicht die strafrichterliche Überzeugung von der Schuld des Verurteilten erfordere, ändern an der in § 34c Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 GewO zum Ausdruck kommenden Wertung und der klaren strafprozessrechtlichen Regelung (§ 410 Abs. 3 StPO) nichts. Davon abgesehen hat die Klägerin nicht einmal geltend gemacht, dass ihr Geschäftsführer zu Unrecht verurteilt worden oder der Strafbefehl in anderer Weise fehlerhaft sei.

3.2. Den von der Klägerin angedeuteten verfassungsrechtlichen Bedenken gegen § 34c Abs. 2 GewO (sie spricht unter Nr. I.c.aa.[2] auf S. 8 oben der Antragsbegründung, Bl. 39 der VGH-Akte, von „Willkür“, später unter Nr. I.c.cc.b auf S. 11 vom unberechtigten Eingriff in eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetriebe) ist entgegenzuhalten, dass diese Vorschrift entgegen dem Vortrag der Klägerin unter der Voraussetzung des Vorliegens einer gewerbebezogenen Unzuverlässigkeit zu Recht in eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetriebe eingreift. Außerdem verbindet die Vorschrift nicht zwingend eine strafgerichtliche Entscheidung mit einer bestimmten Rechtsfolge und schließt nicht eine Betrachtung des Sachverhalts im Einzelfall aus. Denn mit der Möglichkeit, die Regelvermutung der Unzuverlässigkeit zu widerlegen, kann atypischen Fallgestaltungen hinreichend Rechnung getragen und dadurch verfassungsrechtlichen Anforderungen genügt werden (BVerwG, B.v. 9.7.1993 - 1 B 105/93 - GewArch 1993, 414, juris Rn. 4, unter Hinweis auf BVerfG, Kammerbeschluss v. 25.2.1991 - 1 BvR 1180/90). Vorliegend hat die Klägerin freilich keine Umstände dargetan, die geeignet sind, die Regelvermutung zu widerlegen.

Erstmals im Berufungszulassungsverfahren bemängelt die Klägerin unter Nrn. 4 und 5 des Schriftsatzes vom 29. September 2014, ein - rechtsfehlerhaft vom Landratsamt nicht berücksichtigter - Eingriff in einen eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb liege ungeachtet der Tatsache, dass das streitgegenständliche Gewerbe seit Jahren gar nicht mehr ausgeübt worden sei, jedenfalls in Bezug auf die übrigen, nicht erlaubnispflichtigen gewerblichen Betätigungen der Klägerin vor, die unter der Eintragung des Erlaubniswiderrufs bzw. des Verzichts auf die Zulassung zu dem Gewerbe im Gewerbezentralregister (§ 149 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a bzw. Nr. 2 GewO) gleichfalls leiden würden, z. B. in Bezug auf Kunden und Bankfinanzierungen. Dieser Vortrag liegt aber außerhalb der Begründungsfrist nach § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO; innerhalb der Begründungsfrist hat die Klägerin eine Beeinträchtigung ihrer übrigen, nicht streitgegenständlichen Betätigung unter dem Gesichtspunkt des „Eingriffs in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb“ nicht thematisiert.

4. Ohne Erfolg macht die Klägerin ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO dahingehend geltend, dass das Landratsamt - und ihm folgend das Verwaltungsgericht - bei der Annahme eines Regelfalls zu Unrecht unberücksichtigt gelassen habe, dass die gegen den Geschäftsführer verhängte Freiheitsstrafe zur Bewährung ausgesetzt worden sei und der Ablauf der Bewährungszeit nahe bevorgestanden habe (Nr. I.c.aa.[2], S. 8 unten der Antragsbegründung, Bl. 39 der VGH-Akte). Zum einen wird in § 34c Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 GewO nicht zwischen einer Strafe ohne Bewährung und einer erfolgten Strafaussetzung unterschieden. Zum andern ist ein Wohlverhalten in laufender Bewährungsfrist angesichts der hier vorliegenden besonderen Drucksituation naheliegend und noch kein Beleg für eine „nachgereifte“ Persönlichkeit. Die Strafaussetzung zur Bewährung in Strafurteilen ist für die Gewerbebehörden und die Verwaltungsgerichte grundsätzlich (außerhalb des Anwendungsbereichs des § 35 Abs. 3 GewO) nicht bindend. Wegen der unterschiedlichen Zwecke des § 56 StGB einerseits und des § 34c GewO andererseits liegen beiden Normen verschiedene Gefahrenmaßstäbe zugrunde. Eine näher begründete Prognose des Strafrichters, die zu einer Strafaussetzung zur Bewährung nach § 56 StGB führt, ist für Verwaltungsbehörden und Verwaltungsgerichte lediglich von tatsächlichem Gewicht (zu vergleichbaren Versagungstatbeständen: BVerwG, B.v. 16.6.1987 - 1 B 93/86 - GewArch 1987, 351, juris Rn. 12; BayVGH, B.v. 15.7.2004 - 22 CS 03.2151 - GewArch 2004, 416, B.v. 24.10.2012 - 22 ZB 12.853 - Rn. 24, B.v. 2.7.2014 - 22 CS 14.1186 - PStR 2014, 229, Rn. 16 und B.v. 8.9.2014 - 22 ZB 13.1049 - Rn. 23).

Die bei der Prüfung der Unzuverlässigkeit nach § 34c Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 GewO zu beachtenden Maßstäbe und Ermittlungsanforderungen haben das Bundesverwaltungsgericht im Beschluss vom 9. Juli 1993 - 1 B 105.93 - GewArch 1993, 414 und der Verwaltungsgerichtshof im Beschluss vom 8. September 2014 - 22 ZB 13.1049 - Rn. 14 dargelegt. Sonach ist es nicht ausgeschlossen, die gesetzliche Vermutung der Unzuverlässigkeit als widerlegt anzusehen, wenn die Fünf-Jahres-Frist noch nicht verstrichen ist, die Straftat aber sehr weit zurückliegt und der Betroffene sich seither straffrei geführt hat. Feste Zeiträume hierfür lassen sich aber nicht angeben, sondern es kommt auf die besonderen Umstände des Einzelfalls an. Das Bundesverwaltungsgericht hat zudem auf den - zu der insoweit vergleichbaren Vorschrift des § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WaffG ergangenen - Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts (B.v. 24.6.1992 - 1 B 105.92 - Buchholz 402.5 WaffG Nr. 57 und 65) hingewiesen, wonach sich erst nach einem Zeitraum von zehn Jahren seit der Straftat möglicherweise annehmen lasse, die Regelvermutung greife nicht mehr Platz. Es hat hinzugefügt, dass die zu § 5 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 WaffG entwickelten Grundsätze auch für § 34c Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 GewO gelten und dass es demnach eine Frage des Einzelfalls sei, ob die Zeit straffreier Führung des Betroffenen unter Berücksichtigung etwaiger weiterer relevanter Umstände des Falls die Regelvermutung ausräumen könne.

5. Ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO lassen sich entgegen der Ansicht der Klägerin auch nicht mit der Begründung rechtfertigen, dass das Verwaltungsgericht mit seiner Annahme, die eigenen Steuerrückstände des Geschäftsführers der Klägerin zeigten (zulasten der Klägerin), wie er „zur Begleichung von Steuerrückständen steht“, fehlerhaft seine Anschauung an die Stelle derjenigen des Landratsamts gesetzt habe (Nr. I.c.aa.[3] auf S. 9 oben der Antragsbegründung, Bl. 40 der VGH-Akte). Dies ergibt sich schon daraus, dass das Landratsamt sich auf diesen Umstand - wie ausgeführt - nicht entscheidungserheblich gestützt und sich ohnehin insofern überhaupt keine entscheidungserhebliche Überzeugung gebildet hat. Das Verwaltungsgericht hat insofern lediglich eine zusätzliche Begründung gegeben. Dies ist schon deshalb unbedenklich, weil die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit als unbestimmter Rechtsbegriff gerichtlich voll überprüfbar ist. Inhaltliche Einwände hat die Klägerin gegen diese Würdigung des Sachverhalts nicht vorgebracht.

6. Die Klägerin macht ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO dergestalt geltend, dass das Verwaltungsgericht rechtsfehlerhaft eine Gefährdung des öffentlichen Interesses bei Unterbleiben des Widerrufs angenommen habe (Nr. I.c.bb auf S. 9 unten der Antragsbegründung, Bl. 40/41 der VGH-Akte). Die von der Klägerin vorgebrachten Bedenken greifen im Ergebnis aber nicht durch.

Das Verwaltungsgericht hat zutreffend die gesetzlichen Voraussetzungen des Art. 49 Abs. 2 Nr. 3 BayVwVfG herausgearbeitet und dargelegt: „Nach dieser Regelung genügt es nicht, dass der Widerruf im öffentlichen Interesse liegt. Erforderlich ist vielmehr, dass der Widerruf zur Abwehr einer Gefährdung des öffentlichen Interesses, d. h. zur Beseitigung oder Verhinderung eines sonst drohenden Schadens für wichtige Gemeinschaftsgüter geboten ist (BVerwG, U.v. 24.1.1992 - 7 C 38/90 - NVwZ 1992, 565)“. Es hat auch zutreffend ausgeführt, dass der Zweck von § 34c Abs. 2 GewO, nämlich die Abwehr von Gefahren für die Ordnungsmäßigkeit des Grundstücksverkehrs und der Schutz vor wirtschaftlichen Schäden, die erhebliche Größenordnungen erreichen können, auch im Fall der nachträglichen Verwirklichung der in § 34c Abs. 2 GewO genannten Tatbestände einschlägig ist (Marcks in Landmann/Rohmer, GewO, § 34c Rn. 94).

Soweit die Klägerin meint, es bestehe kein öffentliches Interesse am Widerruf der Gewerbeerlaubnis, weil die Klägerin von der 1975 erteilten Berechtigung seit Jahren keinen Gebrauch gemacht habe, wogegen das Widerrufsverfahren mit nachteiliger Außenwirkung Niederschlag im Gewerbezentralregister fände, setzt sie sich nicht mit dem Argument des Verwaltungsgerichts auseinander, wonach nicht ausgeschlossen werden könne, dass die Klägerin von der Gewerbeerlaubnis künftig Gebrauch machen werde (Urteilsabdruck, S. 15 unten). Diese Annahme liegt nicht fern. Die Klägerin hat in ihrem Zulassungsantrag nicht vorgebracht, dass sie nicht mehr beabsichtige, (ggf. erstmals) die ihr im Jahr 1975 erteilte Gewerbeerlaubnis nach § 34c GewO künftig zu nutzen. Welches mildere Mittel zur Abwehr der o.g. Gefahr für die Ordnungsmäßigkeit des Grundstücksverkehrs und den Schutz des Grundstücksverkehrs vor wirtschaftlichen Schäden in Betracht gekommen wäre, ergibt sich aus den Darlegungen der Klägerin nicht. Darlegungen diesbezüglich wären aber umso mehr geboten gewesen, als das Verwaltungsgericht - zutreffend - ausgeführt hat, dass der Klägerin als milderes Mittel der Wechsel des Geschäftsführers angeboten worden sei (vgl. zu dieser Möglichkeit zur Abwendung des Widerrufs einer Gaststättenerlaubnis wegen Unzuverlässigkeit des Geschäftsführers: BayVGH, B.v. 2.7.2014 - 22 CS 14.1186 - PStR 2014, 229, Rn. 20), was diese aber abgelehnt habe (Urteilsabdruck, S. 16 unten).

Abgesehen davon ist darauf hinzuweisen, dass nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (B.v. 17.8.1993 - 1 B 112/93 - GewArch 1995, 113) aus der Bejahung der Unzuverlässigkeit eines Maklers folgt, dass die durch § 34c Abs. 2 Nr. 1 GewO geschützten Rechtsgüter gerade wegen der Unzuverlässigkeit gefährdet sind und die Entziehung der gewerberechtlichen Erlaubnis auch zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist, mit der Folge, dass die Behörde ohne weiteres zum Widerruf der Erlaubnis berechtigt ist. Die Voraussetzungen, welche die Annahme der gewerberechtlichen Unzuverlässigkeit begründen, sind demnach regelmäßig die selben, die einen Widerruf der Erlaubnis aus Gründen des öffentlichen Interesses rechtfertigen. Die Frage dagegen, wann - vor Ablauf der Fünf-Jahres-Frist - von einem Entfallen der Unzuverlässigkeit und der Möglichkeit, erneut eine Gewerbeerlaubnis zu beantragen, auszugehen ist, betrifft nicht die Rechtmäßigkeit des Widerrufs und ist vorliegend nicht entscheidungserheblich.

Es ergeben sich auch keine ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) daraus, dass das Landratsamt - unbeanstandet durch das Verwaltungsgericht - nicht den Ablauf der strafrechtlichen Bewährungsfrist des Geschäftsführers der Klägerin abgewartet, sondern die Gewerbeerlaubnis 99 Tage vorher widerrufen hat (Nr. I.c.dd.[2] auf S. 12/13 der Antragsbegründung, Bl. 43/44 der VGH-Akte). Auf die unterschiedlichen Zwecke, die § 56 StGB und § 34c GewO verfolgen, und auf die den beiden Normen zugrunde liegenden unterschiedlichen Gefahrenmaßstäbe hat der Verwaltungsgerichtshof bereits hingewiesen (vgl. oben II.4). Ebenso hat der Verwaltungsgerichtshof die mit der Strafaussetzung zur Bewährung verbundene besondere Drucksituation schon erwähnt, die mit dem Ende der Bewährungszeit und dem Erlass der verhängten Strafe endet (§ 56g Abs. 1 Satz 1 StGB). Ein Grund für das Entfallen der Regelvermutung kann daraus nicht abgeleitet werden.

7. Im Ergebnis ohne Erfolg macht die Klägerin auch ernstliche Zweifel im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO mit der Begründung geltend, hinsichtlich der Nrn. 3 und 5 des Bescheids vom 2. August 2013 (der Verpflichtung zur Rückgabe des Erlaubnisbescheids und der hierauf bezogenen Zwangsgeldandrohung) habe das Verwaltungsgericht die Klage zu Unrecht als unzulässig abgewiesen und rechtsfehlerhaft die Sachstation nicht erreicht (Nr. I.b auf S. 3 der Antragsbegründung, Bl. 34 der VGH-Akte).

7.1. Zwar durfte die Klage insoweit wohl nicht als unzulässig abgewiesen werden. Denn eine Reihe von Gesichtspunkten spricht für ein Verständnis des angefochtenen Bescheids dahingehend, dass sich auch dessen Nrn. 3 und 5 - ungeachtet ihrer Formulierung - rechtlich gegen die Klägerin als die vom Verwaltungsakt „Betroffene“ im Sinn von Art. 41 Abs. 1 Satz 1, Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG, und nicht gegen ihren Geschäftsführer als natürliche Person richteten, so dass die Klage zu Recht (allein) von der GmbH erhoben wurde und sich gegen den gesamten Bescheid richtete; solche Gesichtspunkte sind die Adressierung des Bescheids (an den Bevollmächtigten der klagenden GmbH), die Betreffangabe (in der nur die Klägerin genannt ist) und die Rechtslage (Erlaubnisinhaberin und Besitzerin der Erlaubnisurkunde ist die GmbH, diese handelt gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GmbHG rechtserheblich durch ihre[n] Geschäftsführer.

7.2. Der Zulassungsantrag bleibt - soweit er die Nrn. 3 und 5 des angefochtenen Bescheids und die hierauf bezogene Klageabweisung betrifft - dennoch erfolglos, weil insoweit keine Zweifel daran erkennbar sind, dass die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen wurde, da sie sich jedenfalls als unbegründet erwiesen hätte.

Im Berufungszulassungsverfahren darf berücksichtigt werden, dass eine möglicherweise zu Unrecht als unzulässig abgewiesene Klage sich jedenfalls als unbegründet erwiesen hätte. Denn der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) ist nur auf das Ergebnis (den Tenor), nicht aber auf einzelne Begründungselemente einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung bezogen. Wenn ohne weiteres erkennbar ist, dass das angefochtene Urteil jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden ist und wenn ein Berufungsverfahren insofern zur Klärung tatsächlich oder rechtlich schwieriger Fragen nichts beitragen könnte, liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung nicht vor. An der Zulassung einer Berufung, die keinen Erfolg haben wird, kann kein schutzwürdiges Interesse bestehen. Dies gilt auch dann, wenn eine Klage zwar zu Unrecht als unzulässig abgewiesen worden, aber ohne weiteres erkennbar ist, dass der mit der möglicherweise zulässigen Klage geltend gemachte Anspruch nicht besteht (vgl. BayVGH, B.v. 6.11.2003 - 22 ZB 03.2602 - NVwZ-RR 2004, 223, juris Rn. 6, B.v. 25.8.1998 - 22 ZB 98.1960 - juris Rn. 2; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 124 Rn. 7a m. w. N.; a.A. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 14). Das kann auch aus § 144 Abs. 4 VwGO geschlossen werden, der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum insofern vergleichbaren Revisionszulassungsverfahren entsprechend anwendbar ist (BVerwG, B.v. 22.7.1992 - 6 B 43/92 - DVBl 1993, 49).

Ein solcher Fall ist hier gegeben. Auf den Hinweis des Verwaltungsgerichtshofs (vom 9.9.2014), wonach die Zulassung der Berufung bezüglich der Nrn. 3 und 5 des angefochtenen Bescheids statt an der Unzulässigkeit an der Unbegründetheit der Klage scheitern könne, hat die Klägerin keine Gesichtspunkte aufgezeigt, welche die Rechtmäßigkeit der Nrn. 3 und 5 für sich genommen in Zweifel ziehen könnten. Solche Zweifel sind auch für den Verwaltungsgerichtshof nicht ersichtlich.

8. Die geltend gemachten besonderen rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) ergeben sich aus den Darlegungen der Klägerin (Nr. II, S. 13/14 der Antragsbegründung, Bl. 44/45 der VGH-Akte) nicht. Die Klägerin meint, die Rechtssache erweise sich „wegen der Anwendung von § 34c Abs. 2 Nr. 1 GewO“ als schwierig insofern, als das Verwaltungsgericht unter nur selektiver Betrachtung des Beschlusses des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Januar 1964 (a. a. O.) ein Verwaltungsverfahren gebilligt habe, in dem nur auf die Tatsache der strafgerichtlichen Verurteilung abgestellt worden, jede weitere Feststellung und Würdigung des geahndeten Sachverhalts aber unterblieben sei. Dem ist nicht zu folgen. Wie sich die Regelvermutung des 34c Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 GewO zur Rechtsfolge verhält, wurde oben unter Nr. 3.1 dargestellt. Außerdem hat das Verwaltungsgericht im angefochtenen Urteil ausgeführt, dass der Geschäftsführer der Klägerin (nicht nur wegen einer, sondern) wegen zweier Katalogstraftaten des § 34c Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 GewO verurteilt worden ist, dass die festgesetzte Gesamtfreiheitsstrafe einer Strafe mittlerer Höhe entspricht und dass die Klägerin - obgleich dies ihre Obliegenheit wäre - weder im behördlichen noch im gerichtlichen Verfahren irgendwelche Tatsachen vorgetragen hat, die an den Feststellungen bezüglich der verurteilten Straftaten zweifeln lassen oder auf einen Ausnahmefall schließen lassen können (Urteilsabdruck S. 11 bis 13). Worin bei dieser Sachlage besondere rechtliche Schwierigkeiten liegen sollen, ist nicht erkennbar.

Sofern die Klägerin - sinngemäß - eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) geltend machen sollte, indem sie (innerhalb von Nr. II auf S. 13 unten der Antragsbegründung, Bl. 44 der VGH-Akte) meint, es gebe noch keine „klärende fachgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage, welchen Konkretisierungsgrad der Tatbestand in Bezug auf den Eintritt einer bestimmten Rechtsfolge haben [müsse], um in Fällen wie dem vorliegenden von einer Verzichtbarkeit einer weitergehenden Sachverhaltsermittlung auszugehen“, hat sie bereits nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt, welche Rechtsfrage vorliegend erstens entscheidungserheblich, zweitens klärungsbedürftig und drittens über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (zum Erfordernis des kumulativen Vorliegens dieser Voraussetzungen vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36 bis 39).

Kosten: § 154 Abs. 2 VwGO.

Streitwert: § 52 Abs. 1 GKG (wie Vorinstanz).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Im Sinne dieses Gesetzes sind:

1.
Herstellen: das Gewinnen, einschließlich des Schlachtens oder Erlegens lebender Tiere, deren Fleisch als Lebensmittel zu dienen bestimmt ist, das Herstellen, das Zubereiten, das Be- und Verarbeiten und das Mischen,
2.
Behandeln: das Wiegen, Messen, Um- und Abfüllen, Stempeln, Bedrucken, Verpacken, Kühlen, Gefrieren, Tiefgefrieren, Auftauen, Lagern, Aufbewahren, Befördern sowie jede sonstige Tätigkeit, die nicht als Herstellen oder Inverkehrbringen anzusehen ist,
3.
Verzehren: das Aufnehmen von Lebensmitteln durch den Menschen durch Essen, Kauen, Trinken sowie durch jede sonstige Zufuhr von Stoffen in den Magen,
4.
Auslösewert: Grenzwert für den Gehalt an einem gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, bei dessen Überschreitung Untersuchungen vorgenommen werden müssen, um die Ursachen für das Vorhandensein des jeweiligen Stoffs mit dem Ziel zu ermitteln, Maßnahmen zu seiner Verringerung oder Beseitigung einzuleiten,
5.
mit Lebensmitteln verwechselbare Produkte: Produkte, die zwar keine Lebensmittel sind, bei denen jedoch aufgrund ihrer Form, ihres Geruchs, ihrer Farbe, ihres Aussehens, ihrer Aufmachung, ihrer Kennzeichnung, ihres Volumens oder ihrer Größe vorhersehbar ist, dass sie von den Endverbrauchern, insbesondere von Kindern, mit Lebensmitteln verwechselt werden und deshalb zum Mund geführt, gelutscht oder geschluckt werden, wodurch insbesondere die Gefahr des Erstickens, der Vergiftung, der Perforation oder des Verschlusses des Verdauungskanals entstehen kann; ausgenommen sind Arzneimittel, die einem Zulassungs- oder Registrierungsverfahren unterliegen,
6.
unerwünschte Stoffe: Stoffe – außer Tierseuchenerregern –, die in oder auf Futtermitteln enthalten sind und
a)
als Rückstände in von Nutztieren gewonnenen Lebensmitteln oder sonstigen Produkten eine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen,
b)
eine Gefahr für die tierische Gesundheit darstellen,
c)
vom Tier ausgeschieden werden und als solche eine Gefahr für den Naturhaushalt darstellen oder
d)
die Leistung von Nutztieren oder als Rückstände in von Nutztieren gewonnenen Lebensmitteln oder sonstigen Produkten die Qualität dieser Lebensmittel oder Produkte nachteilig beeinflussen
können,
7.
Mittelrückstände: Rückstände an Pflanzenschutzmitteln im Sinne des Pflanzenschutzgesetzes, Vorratsschutzmitteln oder Schädlingsbekämpfungsmitteln, soweit sie in Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes aufgeführt sind und die in oder auf Futtermitteln vorhanden sind,
8.
Naturhaushalt: seine Bestandteile Boden, Wasser, Luft, Klima, Tiere und Pflanzen sowie das Wirkungsgefüge zwischen ihnen,
9.
Nutztiere: Tiere einer Art, die üblicherweise zum Zweck der Gewinnung von Lebensmitteln oder sonstigen Produkten gehalten wird, sowie Pferde,
10.
Aktionsgrenzwert: Grenzwert für den Gehalt an einem unerwünschten Stoff, bei dessen Überschreitung Untersuchungen vorgenommen werden müssen, um die Ursachen für das Vorhandensein des unerwünschten Stoffs mit dem Ziel zu ermitteln, Maßnahmen zu seiner Verringerung oder Beseitigung einzuleiten.

(2) Im Anwendungsbereich dieses Gesetzes umfasst der Begriff des Verwendens eines Mittels zum Tätowieren auch die Tätigkeit des Tätowierens.

(3) Im Anwendungsbereich dieses Gesetzes gelten die Begriffsbestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 mit den Maßgaben, dass

1.
Futtermittelunternehmen im Sinne des Artikels 3 Nummer 5 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 auch Unternehmen sind, deren Tätigkeit sich auf Futtermittel bezieht, die zur oralen Tierfütterung von nicht der Lebensmittelgewinnung dienenden Tieren bestimmt sind,
2.
Futtermittelunternehmer im Sinne des Artikels 3 Nummer 6 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 auch derjenige ist, dessen Verantwortung sich auf Futtermittel bezieht, die zur oralen Tierfütterung von nicht der Lebensmittelgewinnung dienenden Tieren bestimmt sind,
3.
für das Inverkehrbringen von Mitteln zum Tätowieren, Bedarfsgegenständen und mit Lebensmitteln verwechselbaren Produkten Artikel 3 Nummer 8 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 entsprechend gilt,
4.
Endverbraucher im Sinne von Artikel 3 Nummer 18 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 auch eine Person ist, an die ein Mittel zum Tätowieren oder ein Bedarfsgegenstand zur persönlichen Verwendung oder zur Verwendung im eigenen Haushalt abgegeben wird, wobei Gewerbetreibende, soweit sie ein Mittel zum Tätowieren oder einen Bedarfsgegenstand zum Verbrauch innerhalb ihrer Betriebsstätte beziehen, dem Endverbraucher gleichstehen.

(4) Im Anwendungsbereich dieses Gesetzes gelten Verpflegungseinrichtungen der Bundeswehr auch dann, wenn sie nicht gewerblich tätig sind, als Anbieter von Gemeinschaftsverpflegung im Sinne des Artikels 2 Absatz 2 Buchstabe d der Verordnung (EU) Nr. 1169/2011 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel und zur Änderung der Verordnungen (EG) Nr. 1924/2006 und (EG) Nr. 1925/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates und zur Aufhebung der Richtlinie 87/250/EWG der Kommission, der Richtlinie 90/496/EWG des Rates, der Richtlinie 1999/10/EG der Kommission, der Richtlinie 2000/13/EG des Europäischen Parlaments und des Rates, der Richtlinien 2002/67/EG und 2008/5/EG der Kommission und der Verordnung (EG) Nr. 608/2004 der Kommission (ABl. L 304 vom 22.11.2011, S. 18; L 331 vom 18.11.2014, S. 41; L 50 vom 21.2.2015, S. 48; L 266 vom 30.9.2016, S. 7), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2015/2283 (ABl. L 327 vom 11.12.2015, S. 1) geändert worden ist.

Der Schuldner hat ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, in gleichem Umfang zu vertreten wie eigenes Verschulden. Die Vorschrift des § 276 Abs. 3 findet keine Anwendung.

(1) Leicht verderbliche Lebensmittel dürfen nur von Personen hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht werden, die auf Grund einer Schulung nach Anhang II Kapitel XII Nummer 1 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 über ihrer jeweiligen Tätigkeit entsprechende Fachkenntnisse auf den in Anlage 1 genannten Sachgebieten verfügen. Die Fachkenntnisse nach Satz 1 sind auf Verlangen der zuständigen Behörde nachzuweisen. Satz 1 gilt nicht, soweit ausschließlich verpackte Lebensmittel gewogen, gemessen, gestempelt, bedruckt oder in den Verkehr gebracht werden. Satz 1 gilt nicht für die Primärproduktion und die Abgabe kleiner Mengen von Primärerzeugnissen nach § 5.

(2) Bei Personen, die eine wissenschaftliche Ausbildung oder eine Berufsausbildung abgeschlossen haben, in der Kenntnisse und Fertigkeiten auf dem Gebiet des Verkehrs mit Lebensmitteln einschließlich der Lebensmittelhygiene vermittelt werden, wird vermutet, dass sie für eine der jeweiligen Ausbildung entsprechende Tätigkeit

1.
nach Anhang II Kapitel XII Nummer 1 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 in Fragen der Lebensmittelhygiene geschult sind und
2.
über nach Absatz 1 erforderliche Fachkenntnisse verfügen.

(1) Im Sinne dieser Verordnung sind

1.
nachteilige Beeinflussung: eine Ekel erregende oder sonstige Beeinträchtigung der einwandfreien hygienischen Beschaffenheit von Lebensmitteln, wie durch Mikroorganismen, Verunreinigungen, Witterungseinflüsse, Gerüche, Temperaturen, Gase, Dämpfe, Rauch, Aerosole, tierische Schädlinge, menschliche und tierische Ausscheidungen sowie durch Abfälle, Abwässer, Reinigungsmittel, Pflanzenschutzmittel, Tierarzneimittel, Biozid-Produkte oder ungeeignete Behandlungs- und Zubereitungsverfahren,
2.
leicht verderbliches Lebensmittel: ein Lebensmittel, das in mikrobiologischer Hinsicht in kurzer Zeit leicht verderblich ist und dessen Verkehrsfähigkeit nur bei Einhaltung bestimmter Temperaturen oder sonstiger Bedingungen erhalten werden kann,
3.
Erlegen: Töten von Groß- und Kleinwild nach jagdrechtlichen Vorschriften.

(2) Im Übrigen gelten die Begriffsbestimmungen des

1.
Artikels 2 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene (ABl. L 139 vom 30.4.2004, S. 1; L 226 vom 25.6.2004, S. 3; L 204 vom 4.8.2007, S. 26; L 46 vom 21.2.2008, S. 51; L 58 vom 3.3.2009, S. 3), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 219/2009 (ABl. L 87 vom 31.3.2009, S. 109) geändert worden ist, und
2.
Anhangs I der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs (ABl. L 139 vom 30.4.2004, S. 55; L 226 vom 25.6.2004, S. 22; L 204 vom 4.8.2007, S. 26; L 46 vom 21.2.2008, S. 50; L 119 vom 13.5.2010, S. 26; L 160 vom 12.6.2013, S. 15; L 66 vom 11.3.2015, S. 22), die zuletzt durch die Verordnung (EU) 2016/355 (ABl. L 67 vom 12.3.2016, S. 22) geändert worden ist,
entsprechend.

(1) Leicht verderbliche Lebensmittel dürfen nur von Personen hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht werden, die auf Grund einer Schulung nach Anhang II Kapitel XII Nummer 1 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 über ihrer jeweiligen Tätigkeit entsprechende Fachkenntnisse auf den in Anlage 1 genannten Sachgebieten verfügen. Die Fachkenntnisse nach Satz 1 sind auf Verlangen der zuständigen Behörde nachzuweisen. Satz 1 gilt nicht, soweit ausschließlich verpackte Lebensmittel gewogen, gemessen, gestempelt, bedruckt oder in den Verkehr gebracht werden. Satz 1 gilt nicht für die Primärproduktion und die Abgabe kleiner Mengen von Primärerzeugnissen nach § 5.

(2) Bei Personen, die eine wissenschaftliche Ausbildung oder eine Berufsausbildung abgeschlossen haben, in der Kenntnisse und Fertigkeiten auf dem Gebiet des Verkehrs mit Lebensmitteln einschließlich der Lebensmittelhygiene vermittelt werden, wird vermutet, dass sie für eine der jeweiligen Ausbildung entsprechende Tätigkeit

1.
nach Anhang II Kapitel XII Nummer 1 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 in Fragen der Lebensmittelhygiene geschult sind und
2.
über nach Absatz 1 erforderliche Fachkenntnisse verfügen.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München

20 BV 14.1490

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 9. Juli 2015

(VG Augsburg, Entscheidung vom 13. Mai 2014, Az.: Au 1 K 13.869)

20. Senat

Sachgebietsschlüssel: 542

Hauptpunkte: Verdacht der Tuberkulose in einem milcherzeugenden Rinderbestand - Tötungsanordnung, Bestandssperre, Aussetzung der amtlichen Anerkennung als tuberkulosefreier Bestand, Milchreglementierungen

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...,

gegen

Freistaat Bayern,

vertreten durch Landesanwaltschaft Bayern, Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach,

- Beklagter -

wegen Maßnahmen nach dem Tierseuchengesetz;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 13. Mai 2014,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 20. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Schaudig, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Reinthaler, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Kraheberger aufgrund mündlicher Verhandlung vom 9. Juli 2015 am 9. Juli 2015 folgendes Urteil:

I.

Das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 13. Mai 2014 wird geändert. Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Landratsamtes Oberallgäu vom 16. Mai 2013 in Nummer II rechtswidrig und in Nummer V Ziffer 1 nichtig war. Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat 11/15, der Beklagte 4/15 der Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Vollstreckungsgläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Das Landratsamt Oberallgäu verpflichtete mit bestandskräftiger Allgemeinverfügung vom 30. Oktober 2012 alle Halter von Rindern, ihre über sechs Monate alten Rinder ab November 2012 nach näherer Anweisung auf Tuberkulose untersuchen zu lassen.

Im Betrieb des Klägers untersuchte das Veterinäramt am 13. und 16. Mai 2013 mit Tuberkulose-Simultantest 52 Rinder (70 im Bestandsregister, 54 für die Untersuchung ausgewählt). Bei einem trächtigen Rind trat eine zweifelhafte Reaktion ein.

Mit Bescheid vom 16. Mai 2013 (zugestellt 17.5.2013) ordnete das Landratsamt gegenüber dem Kläger sinngemäß an:

I.

Beim getesteten Rind wird der Verdacht auf Tuberkulose im Sinn des § 1 Nr. 2 Buchst. a RindTbV amtlich festgestellt.

II.

Das getestete Rind ist zu töten.

III.

Sämtliche Rinder des Bestandes unterliegen der Sperre und dürfen nur mit Genehmigung des Landratsamtes aus dem Bestand entfernt werden.

IV.

Die amtliche Anerkennung des Rinderbestandes des Klägers als tuberkulosefreier Bestand wird ausgesetzt.

V.

Die Milch des unter Tbc-Verdacht geratenen Tieres ist unschädlich zu beseitigen (Nr. 1); die Milch des Bestandes darf nur mit Genehmigung des Landratsamtes in Verkehr gebracht oder zur Erzeugung von Lebensmitteln verwendet werden (Nr. 2.1), die Rohmilch der negativ getesteten Tiere darf nur an einen bestimmten Verarbeitungsbetrieb unter der Maßgabe abgegeben werden, dass diese Milch einem bestimmten Wärmebehandlungsverfahren unterzogen wird (Nr. 2.2).

Der anschließende an Organen des bereits am 22. Mai 2013 getöteten Tieres vom Bayerischen Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit durchgeführte PCR-Test führte nach der Mitteilung vom 28. Mai 2013 an das Veterinäramt ebenfalls zu einem zweifelhaften Befund.

Gegen den Bescheid vom 16. Mai 2013 erhob der Kläger am 17. Juni 2013 Klage. Im gerichtlichen Verfahren teilte der Beklagte mit, dass mit Bescheid vom 22. Juli 2013 die Sperre aufgehoben und der Status der Tuberkulosefreiheit gemäß § 18 Satz 2 RindTbV (wieder) anerkannt worden sei. Der Kläger habe mittlerweile die Voraussetzungen für eine Aufhebung aller Reglementierungen durch die vorgeschriebene Nachuntersuchung geschaffen. Diese sei mit durchgehend negativen Testresultaten verlaufen.

Daraufhin berief sich der Kläger auf sein Fortsetzungsfeststellungsinteresse und beantragte:

I.

Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Landratsamtes vom 16. Mai 2013 nichtig ist.

II.

Hilfsweise: Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Landratsamtes vom 16. Mai 2013 rechtswidrig war.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht waren sich die Beteiligtenvertreter darüber einig, dass hinsichtlich des getöteten Tieres der abschließende kulturelle Test einen negativen Befund ergeben habe.

Der Beklagte beantragte Klageabweisung.

Mit Urteil vom 13. Mai 2014 wies das Verwaltungsgericht die Klage ab. Sowohl Hauptantrag als auch Hilfsantrag seien zulässig, jedoch unbegründet. Zur Begründung der Abweisung des Nichtigkeitsantrags bezog sich das Verwaltungsgericht teilweise auf sein Urteil vom 10. Juli 2013 im Verfahren Au 1 K 13.266, in dem auch der Bevollmächtigte des Klägers für die dortige Klagepartei aufgetreten sei. Die im Bescheid vom 16. Mai 2013 getroffenen Anordnungen hätten sich unstreitig sämtlich erledigt, jedenfalls spätestens mit Erlass des Bescheides vom 22. Juli 2013. Eine Wiederholungsgefahr als ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit könne unterstellt werden. Jedenfalls sei die Feststellungsklage unbegründet, weil der Bescheid vom 16. Mai 2013 rechtmäßig gewesen sei und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt habe. Der vom Beklagten verwendete Simultantest zur Untersuchung von Rindern auf Tuberkulose sei geeignet, zum Nachweis des Verdachts der Erkrankung des Tieres eingesetzt zu werden. Die Erkrankung mit dem Erreger M. caprae stelle auch eine Tuberkulose des Rindes dar. Aufgrund des zweifelhaften Ergebnisses eines getesteten Rindes sei auch rechtlich der Verdacht der Tuberkulose vorgelegen, weswegen das betroffene Tier zu töten gewesen sei (§ 1 Nr. 2 lit. a, § 4 Nr. 1 lit. a RindTbV). Deswegen seien auch Befugnisse zur Bestandssperre eröffnet gewesen. Zwar habe es für die in Nr. IV des Bescheides geregelte Aussetzung der amtlichen Anerkennung als Tbc-freier Bestand in der ab 15. März 2013 geltenden Fassung der Rindertuberkulose-Verordnung keine Rechtsgrundlage gegeben, sondern erst mit der Neufassung vom 12. Juli 2013 (§ 13 RindTbV). Damit bestehe kein rechtliches Interesse an der Feststellung einer Rechtswidrigkeit mehr, weil auch im Falle eines erneuten Erlasses einer gleichen Regelung (nach dem entsprechenden Ergebnis eines Simultantests) eine ausreichende Rechtsgrundlage vorhanden sei. Die in Nr. V des Bescheides geregelten Gebote zur Beseitigung von Milch bzw. zu deren Abgabe seien ebenfalls zu Recht ergangen. Auch wenn das getestete Tier noch keine Milch gegeben habe, liege keine Rechtsverletzung des Klägers vor. Das Milchabgabeverbot finde im Übrigen seine Rechtsgrundlage auch in den Regelungen des § 39 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB).

Zur Begründung seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung trägt der Kläger unter Wiederholung seines Vorbringens in erster Instanz unter anderem vor, er könne nicht nachvollziehen, aus welchen Gründen das Verwaltungsgericht die Nichtigkeit des streitgegenständlichen Bescheides in Nummern II bis V verneine. Die Bezugnahme auf ein anderes Urteil sei unverständlich und nicht als Begründungsersatz geeignet. Ein positives Testergebnis im Simultantest lasse lediglich einen Verdacht zu. Ein solches positives Ergebnis sei hier aber nicht vorgelegen, nur ein zweifelhaftes. Das Ergebnis des PCR-Testes sei fraglich gewesen, das Ergebnis der bakteriellen Kultur habe weder den Erreger M. caprae noch den Erreger M. bovis nachgewiesen. Das Verwaltungsgericht habe weder weitere Amtsermittlungen betrieben, noch auf Antrag des Klägers Beweis erhoben. Die verwendeten Tuberkulosetests seien nicht geeignet, weil für den Erreger M. caprae nicht vorgesehen. Ein einheitlicher Simultantest sei nicht verfügbar, eine Kombination der in dessen Rahmen verwendeten Tierarzneimittel nicht möglich. Zur Aberkennung des Tbc-Freiheitsstatus sei die Kommission, und nicht das Landratsamt, zuständig. Weil der Nachweis zum Erreger M. bovis nicht vorgelegen sei, habe der Betrieb des Klägers seinen Status als „Tbc-frei“ nicht verlieren können und seien die Voraussetzungen für eine Milchsperre nicht gegeben gewesen. Weil der Beklagte weitere Untersuchungen auf Tuberkulose mittels Simultantest plane, auch im Bestand des Klägers, liege eine konkrete Wiederholungsgefahr vor. Sie sei auch nicht ausgeschlossen, weil das Tierseuchengesetz durch das Tiergesundheitsgesetz ersetzt worden sei. Die Untersuchung nach beiden Gesetzen sei identisch. Außerdem sei das Verfahren auszusetzen und seien dem Europäischen Gerichtshof verschiedene Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen. Schließlich gehe einschlägiges Europarecht als spezifische Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs dem Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch (LFGB) vor. Selbst wenn § 39 LFGB anwendbar wäre, habe eine Ermessensausübung nicht stattgefunden. Außerdem sei der Bestand des Klägers nicht mit einer sterilen Kanüle untersucht worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts aufzuheben und

festzustellen, dass der Bescheid des Landratsamtes vom 16. Mai 2013 nichtig ist,

hilfsweise

festzustellen, dass dieser Bescheid rechtswidrig war.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt unter anderem vor, fraglich sei bereits die Zulässigkeit der Klage, die jedenfalls unbegründet sei. Auch der Erreger M. caprae verursache Rindertuberkulose. M. bovis und M. caprae stimmten genetisch zu 99,9% überein. Die Richtlinie 64/432/EWG beschreibe die gleichzeitige Applikation von Rinder- und Geflügeltuberkulin, ohne festzulegen, dass beide Tuberkuline vom gleichen Hersteller stammen oder als einheitlicher Test angeboten werden müssten. Aus den Gebrauchsinformationen der Hersteller ergäben sich keine Bedenken gegen die Verwendung der Tuberkuline in Simultantests. Die Ergebnisse des durchgeführten Tuberkulintests seien hinreichend verlässlich gewesen. Beim getöteten Rind des Klägers handele es sich um einen Fall, in dem sich der Verdacht nicht bestätigt habe. Die amtliche Feststellung des Verdachts erweise sich als rechtmäßig. Die angeordnete Bestandssperre finde ihre Rechtsgrundlage in der Rindertuberkuloseverordnung. Ermessensausübung sei nicht erforderlich gewesen, eine solche bezüglich weiterer Maßnahmen lediglich eingeräumt gewesen. Entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts habe auch im Zeitpunkt des Bescheidserlasses eine hinreichende Rechtsgrundlage bestanden, die Aussetzung der amtlichen Anerkennung des Rinderbestandes als tuberkulosefrei zu verfügen, wie sich aus einschlägigem Europarecht ergebe. Das Landratsamt sei die zum Vollzug der tierseuchenrechtlichen Frage zuständige Behörde gewesen. Außerdem habe die Aussetzung der amtlichen Anerkennung des Rinderbestandes als tuberkulosefrei auf Unionsrecht gestützt werden können. Die Milchreglementierung habe keine echte Milchsperre bedeutet. Milch habe weiterhin unter bestimmten Voraussetzungen abgegeben werden dürfen. Die Regelung habe ihre Stütze in § 39 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1, 2 Nr. 3 LFGB oder in einschlägigem Europarecht gefunden. Die vom Kläger aufgeworfenen Vorlagefragen stellten sich so nicht oder seien eindeutig zu beantworten.

In der mündlichen Verhandlung gab der Kläger u. a. an, das zweifelhaft getestete Rind hätte abgetrennt untergebracht werden können anstatt gekeult zu werden. Die Beklagtenseite führte u. a. aus, die Tötungsanordnung sei eine von drei Alternativen gewesen, die angesichts des zweifelhaften Ergebnisses nur in Betracht gekommen sei. Eine Quarantäne sei aus räumlichen Gründen nicht möglich gewesen, Alternative c sei in Bayern seinerzeit nicht zur Verfügung gestanden. Das getötete Rind sei trächtig gewesen und habe als Jungrind noch keine Milch geben können. Bei Nr. V Ziff. 1 des Bescheides vom 16. Mai 2013 habe es sich um einen standardisierten Textbaustein gehandelt.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Behördenakten sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat in der Sache teilweise Erfolg und führt unter Änderung des verwaltungsgerichtlichen Urteils punktuell zur Stattgabe der Klage. Diese ist sowohl im Hauptantrag als auch im Hilfsantrag soweit begründet, als der Bescheid des Beklagten vom 16. Mai 2013 in Nr. V Ziff. 1 nichtig und in seiner Nr. II rechtswidrig gewesen war, im Übrigen unbegründet.

Der Hauptantrag ist zulässig.

Der Kläger hat nach § 43 Abs. 1 2. Alternative VwGO vorrangig eine Nichtigkeitsfeststellungsklage erhoben, die gegenüber einer Gestaltungs- oder Leistungsklage nicht subsidiär ist (§ 43 Abs. 2 VwGO). Eine solche Klage erlaubt nur die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsaktes (vgl. Eyermann, VwGO, 14. Aufl., § 43 Rn. 28). Der so angegriffene Bescheid vom 16. Mai 2013 enthält in seinen Nr. I bis V verschiedene Regelungen, mithin ein Bündel von Verwaltungsakten, deren Nichtigkeit - jedenfalls in Nr. II bis V (so die Berufungsbegründung) - der Kläger behauptet. Das von § 43 Abs. 1 2. Alternative VwGO geforderte berechtigte Interesse ist durch den Streit um die Nichtigkeit der mit dem streitgegenständlichen Bescheid erlassenen Verwaltungsakte indiziert (vgl. BVerwG, U. v. 21.11.1986, BVerwG 8 C 127.84, NVwZ 1987, 330; Eyermann a. a. O., § 43 Rn. 38). Der Kläger ist auch entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO (vgl. Eyermann a. a. O., § 43 Rn. 26a und 38a m. w. N.) als Adressat von ihn als Inhaber eines milcherzeugenden Rinderbestandes (ehemals) betreffenden belastenden Regelungen klagebefugt. Eine rechtskräftige Entscheidung erfüllt streitschlichtende Funktion.

Zu Nr. V Ziff. 1 des streitgegenständlichen Bescheides liegt der besondere Nichtigkeitsgrund nach Art. 44 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG vor. Der Bescheid gibt dem Kläger insoweit auf, die Milch des unter Nr. I aufgeführten Tieres, bei welchem der Verdacht auf Tuberkulose amtlich festgestellt wurde, unschädlich zu beseitigen. Er verlangt damit im Zeitpunkt seines Erlasses eine objektiv unmögliche Leistung. Niemand konnte die Milch unschädlich beseitigen, weil das Rind mit der Nr. DE 09 453 313 12, geboren 19. Januar 2011, als (trächtiges) Jungrind noch gar keine Milch geben konnte, was auch der sachverständige Behördenbedienstete in der mündlichen Verhandlung einräumte. Zudem wurde es am 22. Mai 2013 gekeult. Diese nichtige Regelung der Milchbeseitigung war unwirksam (Art. 43 Abs. 3 BayVwVfG).

Im Übrigen ist der Hauptantrag unbegründet. Keine der weiteren Regelungen in Nr. I bis IV und in Nr. V Ziff. 2.1 und 2.2 des streitgegenständlichen Bescheides erfüllt die Nichtigkeitstatbestände des Art. 44 Abs. 1 und Abs. 2 BayVwVfG. Sie stellen Einzelfallregelungen auf dem Gebiete des öffentlichen Rechts dar, ohne besonders schwerwiegende offenkundige Fehler, und verlangen weder objektiv unmögliche Leistungen noch strafbare Handlungen. Das hat das Verwaltungsgericht dem Kläger bereits verdeutlicht. Insoweit wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen. Das Verwaltungsgericht konnte in seiner Entscheidung zur weiteren Begründung auch auf das von ihm erlassene Urteil vom 10. Juli 2013 Au 1 K 13.266 verweisen, weil dieses den Verfahrensbeteiligten über deren Vertreter bekannt war (vgl. BVerwG, B. v. 30.11.1995, BVerwG 4 B 248.95, Buchholz 310 § 138 Nr. 6 VwGO - Nr. 30; siehe auch BayVGH, B. v. 20.4.2015, 20 ZB 15.106; Eyermann a. a. O. § 108 Rn. 7).

Der Hilfsantrag ist zulässig, soweit der Kläger gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO noch die Feststellung der Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Bescheides in den Nrn. I, II, III, IV und V Ziff. 2.1 und 2.2 beantragt. Die darin getroffenen Anordnungen haben sich spätestens mit Erlass des Bescheides vom 22. Juli 2013 erledigt, in Nr. II mit der Tötung des unter Tuberkuloseverdacht geratenen Rindes. Die ursprünglich erhobene Anfechtungsklage war ohne Durchführung eines Vorverfahrens statthaft (vgl. Art. 15 AGVwGO) und ist vor Ablauf der Klagefrist (§ 74 Abs. 1 VwGO) beim Verwaltungsgericht eingegangen. Die Gefahr der Wiederholung, dass der Beklagte in vergleichbarer Art und Weise nochmals solche Anordnungen gegenüber dem Kläger erlässt, kann nicht ausgeschlossen werden (vgl. die Allgemeinverfügung des Landratsamtes Oberallgäu vom 30.10.2012, ferner §§ 1, 4, 6 RindTbV in der Fassung der 2. Änderungsverordnung vom 12. Juli 2013 BGBl I S. 2442, § 45 Abs. 2 TierGesG, § 39 LFGB, siehe auch die speziellen Vorschriften des sogenannten Hygienepakets der Gemeinschaft - dazu später -). Nach Einlassung der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung ist weiterhin denkbar, dass hinsichtlich der möglichen Anordnungen gemäß § 4 Satz 1 RindTbV wieder kein Auswahlermessen vorgenommen wird. Damit besteht die belegbare Erwartung, dass die Behörde in naher Zukunft auf eine gleichartige Sach- und Rechtslage mit gleichartigen Erwägungen gegenüber dem Kläger negative Entscheidungen treffen wird (vgl. BVerwG, U. v. 25.8.1993, BVerwG 6 C 7.93). Jedenfalls kann - im Einklang mit dem Verwaltungsgericht - diese Wiederholungsgefahr hier unterstellt werden.

Die Klage ist im Hilfsantrag, soweit sie sich gegen Nr. I des angefochtenen Bescheides vom 16. Mai 2015 richtet, unbegründet. Denn der vom Beklagten vorgeschriebene und durchgeführte Simultantest zur Untersuchung von Rindern auf Tuberkulose ist nicht ungeeignet, zum Nachweis des Verdachts der Erkrankung eines Tieres eingesetzt zu werden. Insoweit wird auf die Darlegungen in den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils verwiesen (§ 130 b Satz 2 VwGO) und ergänzend im Hinblick auf das Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren festgehalten, dass auch die Erkrankung mit dem Erreger M. caprae eine Tuberkulose des Rindes darstellt, weil M. caprae eine Unterart (Subspezies) von M. bovis ist. Das belegen auch die vom Beklagten vorgelegten Stellungnahmen des Friedrich-Loeffler-Institutes. Als selbstständige Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums forscht dieses Institut u. a. auf dem Gebiet der Tierseuchen, des Tierschutzes und der Tierhaltung, und berät die Bundesregierung, aber auch die zuständigen Behörden im Hinblick auf Maßnahmen zur Erkennung von Tierseuchen und deren Bekämpfung, zur Vorbeugung vor und der Verhinderung der Verschleppung von Tierseuchen sowie auf die Beurteilung der Gefahren im Falle des Verdachts oder des Ausbruchs einer Tierseuche (vgl. im Einzelnen § 27 TierGesG, sowie vormals § 4 TierSG). Als insoweit sachverständige Bundesoberbehörde weist das Institut darauf hin, dass M. bovis und das sehr nah verwandte M. caprae das weiteste Wirtsspektrum unter den Erregern des M. tuberculosis-Komplexes haben, und dass in Bayern bislang ausschließlich das Myobacterium (M.) caprae nachgewiesen wurde. Auch die Tuberkulose, die Ziegen befällt, kann als Rindertuberkulose bezeichnet werden, M. bovis und M. caprae stimmen genetisch zu 99 Prozent überein, weshalb sich das aus M. bovis hergestellte Tuberkulin uneingeschränkt für Untersuchungen eignet, bei denen der Erreger M. caprae zu erwarten ist. Ein Beweis besteht darin, dass aufgrund des Untersuchungsprogrammes „Rindertuberkulose in den Landkreisen der Alpenkette“ durchgeführte Tuberkulintests mit M. bovis hergestelltem Tuberkulin mit positivem Ergebnis durch bakteriologischen Nachweis von M. caprae bestätigt wurden (vgl. die den Beteiligtenvertretern bekannten Beschlüsse des Senats vom 13.4.2015, 20 CS 15.610, 20 CS 15.627, 20 CS 15.628, 20 CS 15.641, 20 CS 15.642, vom 29. 4.2015 20 CS 15.750, 20 CS 15.770, 20 CS 15. 771 sowie 20 CS 15.773). Auch aus Gebrauchsinformationen der Hersteller ergeben sich keine Bedenken gegen die Anwendung der Tuberkuline im Simultantest. So wird nur die Mischung mit anderen Tierarzneimitteln vor der Injektion verboten, nicht aber auch, das betreffende Geflügeltuberkulin zusammen mit Rindertuberkulin eines anderen Herstellers im Simultantest anzuwenden. Das hat die Landesanwaltschaft Bayern als Vertreter des Beklagten in ihrer Berufungserwiderung vom 22. September 2014 ausführlich und überzeugend dargestellt (vgl. dort die S. 6 bis 8). Auf diese Ausführungen nimmt der Senat ebenso Bezug (vgl. BVerwG, B. v. 30.11.1995, a. a. O.) wie auf die Darlegungen zur Rechtsgrundlage für den Simultantest (vgl. dort S. 5/6). § 1 Satz 1 Nr. 1c, Nr. 2 a RindTbV (sowohl in der Fassung vom 16.3.2013 bis 20./21.7.2013 als auch in der danach geltenden Fassung) in Verbindung mit Anhang B 2.2.1 der Richtlinie 64/432/EWG in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 bestimmt als Simultantest die gleichzeitige Applikation von Rinder- und Geflügeltuberkulin, ohne festzulegen, dass beide Tuberkuline vom gleichen Hersteller stammen oder als „einheitlicher Test“ angeboten werden müssen. Nach Anhang B Nr. 2.2.4 Satz 1 der Richtlinie 64/432/EWG in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 werden „Tuberkulinproben…durchgeführt durch Einspritzen von Tuberkulin(en) in die Nackenhaut“. In den folgenden Sätzen wird die Lage der Injektionsstelle näher beschrieben. In Anhang B Nr. 2.2.5.1 zur vorgenannten Richtlinie wird die Vorgehensweise bei der Injektion näher beschrieben. In all diesen Regelungen findet sich aber kein Hinweis darauf, dass es sich um einen „einheitlichen Test“ im Sinne der Vorstellung des Klägers (wohl im Sinne eines Fertigarzneimittels nach § 4 Abs. 1 AMG) handeln müsste.

Darauf, ob jedes Tier des Rinderbestandes des Klägers seinerzeit hätte mit einer sterilen Kanüle untersucht werden müssen (vgl. jetzt Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 zur Änderung von Anhang B der Richtlinie 64/32/EWG in der Fassung der Berichtigung vom 14. November 2014 - hier Nr. 2.2.5.1 -) oder ob im Rahmen der Tuberkulinisierung der Einsatz einer sterilen Kanüle zu Beginn der Bestandsuntersuchung und bei Auftreten bestimmter Umstände wie Schäden an der Kanülenspitze oder Treffen eines Blutgefäßes genügt hätte (vgl. die Äußerung des Friedrich-Loeffler-Instituts vom 26.3.2013, Anhang zur Berufungserwiderung des Beklagten), kommt es nicht mehr entscheidend an. Denn der Kläger hat die Ergebnisse der Untersuchung und Nachuntersuchung der Rinder seines Bestandes nicht in Frage gestellt, soweit diese - bis auf das getötete Rind - ausschließlich negative Befunde erbracht hatten. Darüber, dass das getötete Rind, bestätigt durch die nach § 4 Satz 1 Nr. 1 a RindTbV geforderten und durchgeführten Nachuntersuchungen, ebenfalls abschließend negativ getestet worden war, waren sich die Beteiligten bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht einig. Für das getötete, normativ unter Verdacht gestellte Rind erhält der Kläger als Tierhalter eine Entschädigung durch die Tierseuchenkasse. Im Übrigen sieht auch die Rindertuberkuloseverordnung die Möglichkeit, dass weitere Tests (der Organe eines unter Verdacht stehenden und mittlerweile getöteten Tieres) ergeben können, dass sich der Verdacht auf Tuberkulose (vgl. § 1 Nr. 2 a RindTbV) nicht bestätigt. In einem solchen Fall sind angeordnete Schutzmaßnahmen aufzuheben (§ 9 Abs. 1 RindTbV). Dem ist der Beklagte mit seinem Bescheid vom 22. Juli 2015 nachgekommen.

Vor diesem Hintergrund erweist sich der Ausspruch in Nr. I des streitgegenständlichen Bescheides vom 16. Mai 2013, bei dem (mittlerweile getöteten) Rind werde der Verdacht auf Tuberkulose des Rindes amtlich festgestellt, als gerechtfertigt und rechtmäßig. Rechtsgrundlage ist hier § 1 Nr. 2 a RindTbV, seinerzeit in der seit 16. März 2013 geltenden Fassung. Eine zweifelhafte Reaktion im Sinn des Nr. 2.2.5.3.2 Buchst. b des Anhanges B der Richtlinie 64/432/EWG genügt hierfür. Die Verordnung (EG) 1226/2002 vom 8. Juli 2002 änderte diesen Anhang B; sie gilt gemäß Art. 288 Abs. 2 Satz 1 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union - AEUV - (i. d. F. der Bekanntmachung vom 9.5.2008 ABl Nr. C 115 Seite 47) allgemein, ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt unmittelbar in jedem Mitgliedstaat (vgl. Art. 288 Abs. 2 Satz 2 AEUV und insoweit gleichlautend Art. 2 Abs. 2 dieser Verordnung).

Der Hilfsantrag ist aber begründet, soweit in Nr. II des Bescheides vom 16. Mai 2013 die Tötung des unter Tuberkuloseverdacht geratenen Rindes angeordnet wurde. Grundsätzlich war das Landratsamt berechtigt, von den Befugnissen des § 4 RindTbV Gebrauch zu machen. Aber weder den Gründen dieses Bescheides noch den Angaben der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung kann entnommen werden, dass der Beklagte insoweit über sein Entschließungsermessen hinaus von dem ihm eingeräumten Auswahlermessen ausgegangen ist. Zur Begründung wird im streitgegenständlichen Bescheid nur angeführt, die Anordnung der Tötung des betroffenen Tieres sei zum Schutz gegen die Seuchengefahr, hier - zur Verhütung der Verbreitung der Tuberkulose - erforderlich, ohne auf die konkret angeordnete Maßnahme einzugehen. § 4 Satz 1 RindTbV in der Gültigkeit vom 16. März 2013 räumt den Behörden aber verschiedene Möglichkeiten ein, auf das Ergebnis einer zweifelhaften Tuberkulinprobe bei einem Rind zu reagieren, nämlich das betroffene Rind a) zu töten, pathologisch-anatomisch zu untersuchen und die Organe mit pathologisch-anatomischen Veränderungen, die auf Tuberkulose hindeuten, in jedem Fall aber den Retropharyngeal-Lymphknoten sowie Teile der Lunge, des Darmes, der Leber, der Milz, der Niere und die jeweils diesen Organen zugehörigen Lymphknoten zu entnehmen, mittels Nukleinsäureamplifikationstechnik molekularbiologisch auf Tuberkulose zu untersuchen und für mögliche weitergehende Untersuchungen aufzubewahren, oder b) mittels Tuberkulinprobe frühestens sechs Wochen nach Abschluss der vorangegangenen Tuberkulinprobe erneut zu untersuchen oder c) mittels Interferon-Gamma-Freisetzungstest zu untersuchen… .

Dabei stehen die Alternativen zu a) bis c) in keinem Rangverhältnis, auch wird (mittlerweile) in den Ausführungshinweisen zur Rindertuberkuloseverordnung vom 11. Juni 2014 (abgedruckt in Geißler/Stein/Bätza, Tierseuchenrecht in Deutschland und Europa, unter B-92) ein solches nicht vorgegeben. Unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit und angesichts der örtlichen Verhältnisse hätten aber Überlegungen angestellt werden müssen, ob nicht eine Nachuntersuchung des verdächtigen Tieres eine geeignete und weniger einschneidende Maßnahme gewesen wäre, zumal der Kläger in der mündlichen Verhandlung darauf hingewiesen hatte, seinerzeit über einen Stall verfügt zu haben, in dem das betroffene Tier hätte abgesondert gehalten werden können. Auch die Einlassung der Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung, aufgrund der Gesamtsituation im Landkreis Oberallgäu sei es als das Sicherste und Beste erschienen, die Tötung des Tieres anzuordnen, lässt darauf schließen, dass ein Auswahlermessen überhaupt nicht in Betracht gezogen wurde und damit Ermessensausfall vorgelegen war. Dies führt angesichts der Umstände des Einzelfalles zur Rechtswidrigkeit der Tötungsanordnung und zur Rechtsverletzung des Klägers (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Der betreffende Verwaltungsakt hätte deshalb aufgehoben werden müssen, wenn er sich nicht erledigt hätte.

Die unter Nr. III angeordnete Schutzmaßnahme ist dagegen rechtmäßig und beruht auf § 6 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 RindTbV. Bei Verdacht auf Tuberkulose sind Rinder des Bestandes im Stall oder mit Genehmigung der zuständigen Behörde auf der Weide abzusondern (Buchst. a des § 6 Abs. 1 Nr. 1 RindTbV) und dürfen nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde aus dem Gehöft oder dem sonstigen Standort entfernt werden (Buchst. b des § 6 Abs. 1 Nr. 1 RindTbV). Diese im Bescheid angeordneten Maßnahmen, gegen die keine rechtlichen Bedenken bestehen, konnten auch durch die begünstigten Bescheide vom 16. Mai und 4. Juni 2013 modifiziert werden, welche dem Kläger gestatteten, seine Rinder aus seinem wegen Tuberkuloseverdacht gesperrten Betrieb auf die in beigefügten Lageplänen gekennzeichneten Weideflächen zu verbringen.

Auch die in Nr. IV ausgesprochene Aussetzung der amtlichen Anerkennung des klägerischen Rinderbestandes als tuberkulosefreier Bestand ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Für sie bestand bereits im Zeitpunkt ihres Erlasses eine ausreichende Rechtsgrundlage, nämlich Anhang B Nr. 2.2.5.3.3 Buchst. c der Richtlinie 64/432/EWG. Wie bereits ausgeführt, hat der Anhang B wegen seiner Änderung durch die Verordnung (EG) Nr. 1226/2002 die Qualität einer Verordnung, die in allen ihren Teilen verbindlich ist und unmittelbar in jedem Mitgliedstaat gilt (vgl. Art. 288 Abs. 2 Satz 2 AEUV, siehe auch Art. 2 Abs. 2 dieser Änderungsverordnung). Nr. 2.2.5.3.3 Buchst. c bestimmt insoweit, dass der Status der amtlich anerkannten Tuberkulosefreiheit eines Bestandes ausgesetzt und Tiere aus diesem Bestand gesperrt werden können, bis der Gesundheitsstatus von Tieren mit zweifelhafter Reaktion im Simultantest geklärt ist. Diese unmittelbar geltende Bestimmung, angeführt auch in der Begründung des streitgegenständlichen Bescheides, wurde nunmehr in § 13 der seit 20./21. Juli 2013 wirksamen Rindertuberkuloseverordnung aufgenommen. Zur Regelung einer solchen tierseuchenrechtlichen Frage, wie sie Gegenstand der Richtlinie 64/432/EWG einschließlich deren Anhang B ist, war gemäß § 2 TierSG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 des Gesetzes über den Vollzug des Tierseuchenrechts in Verbindung mit § 1 Abs. 1 der Verordnung zum Vollzug des Tierseuchenrechts vom 23. Februar 2012 (GVBl S. 56) das Landratsamt die zuständige Behörde. Eine Zuständigkeit der „Kommission“, wie vom Kläger gefordert, scheidet aus. Die Richtlinie 64/432/EWG unterscheidet zwischen amtlich anerkannten tuberkulosefreien Rinderbeständen (Art. 2 Abs. 2 Buchst. d) und amtlich anerkannten tuberkulosefreien Mitgliedstaaten (Art. 2 Abs. 2 Buchst. e). Über den Status der amtlich anerkannten Tuberkulosefreiheit eines Mitgliedstaates befindet nach Anhang A Teil I Nr. 4 i. V. m. Art. 17 dieser Richtlinie die Kommission, über den Status der amtlich anerkannten Tuberkulosefreiheit eines Tierbestandes dagegen nach Anhang A Teil I Nr. 1 bis 3 B die zuständige Behörde. Diese zu bestimmen bleibt den Mitgliedstaaten überlassen.

Die Milchreglementierung in Nr. V Ziff. 2 des streitgegenständlichen Bescheides ist ebenfalls rechtmäßig und nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage ist Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. b der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 i. V. m. Art. 14 Abs. 1, Abs. 2 Buchst. a und b Verordnung (EG) Nr. 178/2002 (sogenannte Basisverordnung) und Art. 3 Abs. 1 i. V. m. Anhang III, Abschn. IX, Kap. I, Nr. 2, Buchst. b, Unterbuchst. i und Nr. 3, Buchst. a der Verordnung (EG) Nr. 853/2004.

Nach Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmung über Tiergesundheit und Tierschutz trifft die zuständige Behörde die erforderlichen Maßnahmen, um festgestellte Verstöße zu beseitigen. Wegen des nach Art. 288 Abs. 2 AEUV geltenden Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gilt Art. 54 Abs. 1 dieser Verordnung unmittelbar und verdrängt andere nationale Vorschriften. § 39 Abs. 2 LFGB ist insoweit obsolet (so auch VGH BW, U. v. 16.6.2014 - 9 S 1273/13, VBl BW 2015, 63; zum Vorrang vor § 5 Abs. 1 Gaststättengesetz siehe auch BayVGH, B. v. 20.4.2015 - 20 ZB 15.106). Nach Art. 54 Abs. 2 Buchst. b dieser Verordnung kann dazu die Einschränkung oder Untersagung des in Verkehrsbringen und der Einfuhr oder Ausfuhr von Futtermitteln, Lebensmitteln oder Tieren gehören. Nach Art. 2 Satz 2 Nr. 10 vorgenannter Verordnung ist „Verstoß“ die Nichteinhaltung des Futtermittel- oder Lebensmittelrechts und der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz. Der Kläger ist gemäß Art. 3 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 Lebensmittelunternehmer im Sinn des Art. 3 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 853/2004. Gemäß Art. 3 Abs. 1 letztgenannter Verordnung müssen Lebensmittelunternehmer die einschlägigen Vorschriften der Anhänge II und III erfüllen. Gemäß Anhang III, Abschn. IX, Kap. I müssen Lebensmittelunternehmer, die Rohmilch erzeugen oder gegebenenfalls sammeln, sicherstellen, dass die Vorschriften dieses Kapitels eingehalten werden. Was Tuberkulose anbelangt, muss Rohmilch von Kühen oder Büffelkühen stammen, die einem im Sinn der Richtlinie 64/432/EWG amtlich anerkannten tuberkulosefreien Bestand angehören (Kap. I, Nr. 2, Buchst. b, Unterbuchst. i). Rohmilch von Tieren, welche die Anforderungen der Nr. 2 nicht erfüllen, darf jedoch in folgenden Fällen mit Genehmigung der zuständigen Behörde verwendet werden, wenn es sich um Kühe oder Büffelkühe handelt, die mit einem negativen Ergebnis auf Tuberkulose oder Brucellose getestet wurden und keine Anzeichen dieser Krankheit zeigen, sofern die Milch so wärmebehandelt wurde, dass der Phosphatasetest negativ ausfällt (Kap. I, Nr. 3 a). Ansonsten darf Rohmilch von Tieren, die die Anforderungen der Nr. 1 bis 3 nicht erfüllen, nicht zum menschlichen Verzehr verwendet werden (Kap. I, Nr. 4).

So lagen die Dinge hier. Die Anerkennung des klägerischen Bestandes als tuberkulosefrei war ausgesetzt, so dass die Rohmilch nur mit Genehmigung der zuständigen Behörde, hier des Landratsamtes Oberallgäu (vgl. Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 und Abs. 2 GDVG, Art. 3 Abs. 1 Nr. 2 BayVwVfG) verwendet werden durfte. Die im streitgegenständlichen Bescheid unter Nr. V Ziff. 2.2 ausgesprochene Genehmigung der Abgabe der Milch nach einem bestimmten Wärmebehandlungsverfahren entsprach Anhang III, Abschn. IX, Kap. I, Nr. 3 a zur Verordnung (EG) Nr. 853/2004. Die Benennung eines zur Übernahme der behandelten Rohmilch bereiten weiterverarbeitenden Betriebs in Nr. V Ziff. 2.2 Satz 2 der genehmigenden Verfügung begünstigte den Kläger, weil sie ihm die Suche nach einem geeigneten und übernahmebereiten Betrieb ersparte.

Mit der nunmehrigen Bezeichnung der einschlägigen Rechtsgrundlagen (anstatt § 39 LFGB, wie das Verwaltungsgericht meinte) wird die angefochtene Regelung in Nr. V Ziff. 2 des streitgegenständlichen Bescheides nicht verändert. Ein Entschließungsermessen besteht gemäß Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 zur Frage des Einschreitens ohnehin nicht, für ein Auswahlermessen bezüglich der konkret zu treffenden Maßnahme ist angesichts des klaren Wortlautes der einschlägigen Bestimmungen in Anhang III Abschn. IX Kap. I der vorgenannten Verordnung nichts ersichtlich. Im Übrigen hat sich die Begründung des angefochtenen Bescheides, wenn auch kurz, und mit einem Schreibfehler behaftet (Verordnung (EG) Nr. 852/2004 statt 853/2004), auf die einschlägigen Vorschriften dieses Anhanges III Abschn. IX Kapitel I bezogen. Ob ein Verwaltungsakt rechtmäßig ist (oder wie hier war), entscheidet der Senat gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Er muss bei seiner Beurteilung von sich aus alle ihm bekannten Tatsachen und Rechtsgrundlagen berücksichtigen, gleichgültig, ob sie von den Beteiligten vorgetragen worden sind (vgl. Eyermann, VwGO, a. a. O., § 113 Rn. 22). Insoweit sind auch die teils unmittelbar geltenden und verdrängenden Bestimmungen des Unionsrechts - hier auch des Hygienerechts - heranzuziehen.

Schließlich bedurfte es keiner Vorabentscheidung durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zu den vom Kläger als vorlagebedürftig aufgeworfenen Fragen nach Art. 267 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union in der Fassung der Bekanntmachung vom 9. Mai 2008 (ABl. Nr. C 115 S. 47) - AEUV -, weil das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs mit Rechtsmitteln des innerstaatlichen Rechts angefochten werden kann (vgl. Art. 267 Abs. 3 AEUV). Ein solches Rechtsmittel stellt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes die Beschwerde bei Nichtzulassung der Revision gemäß § 133 VwGO dar (vgl. BVerwG vom 10.10.1997 NVwZ-RR 1998, 752/754; vom 14.12.1992 NVwZ 1993, 770; vom 15.1.1992 BVerwG 3 B 2/92; vom 20.3.1986 BVerwG 3 B 3/86; siehe auch Borchardt in Lenz/Borchardt, EU-Verträge, 5. Aufl., Art. 267 AEUV Rn. 41). Durch die Entscheidung des Senats, von einer solchen Vorlage abzusehen, wird Verfahrensrecht nicht verletzt (BVerwG vom 10.10.1997 a. a. O.).

Abgesehen davon bestand kein Anlass, das Verfahren auszusetzen und die vom Kläger zu einer Vorabentscheidung gestellten Fragen dem Europäischen Gerichtshof vorzulegen. Denn die vom Kläger aufgeworfenen Vorlagefragen stellen sich so nicht oder sind eindeutig zu beantworten. Auf die Ausführungen des Beklagten in seiner Berufungserwiderung vom 22. September 2014 - dort Seiten 17 bis 19 - wird Bezug genommen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 10 und § 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 20.000 Euro festgesetzt (§ 52 Abs. 1 und 2, § 39 Abs. 1, § 47 Abs. 1 GKG).

(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

(2) Unbeschadet des Artikels 137 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/625 können die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes

1.
anordnen, dass derjenige, der ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
a)
eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Behörde mitteilt und
b)
der zuständigen Behörde den Eingang eines solchen Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dieses Erzeugnis den Vorschriften nach Absatz 1 nicht entspricht, oder
2.
vorübergehend verbieten, dass ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt.

(3) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe d und g der Verordnung (EU) 2017/625 können entsprechend auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 können entsprechend auch zur Verhütung eines künftigen Verstoßes sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung ergehen.

(5) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von durch Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Nummer 7 oder § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 festgesetzten Auslösewerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium, im Fall einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(6) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von festgesetzten Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen oder Aktionsgrenzwerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

1.
Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
2.
Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
3.
Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b erster oder zweiter Spiegelstrich der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 oder
4.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht aufgrund der Absätze 1 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, aufgrund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

(1) Personen dürfen gewerbsmäßig die in § 42 Abs. 1 bezeichneten Tätigkeiten erstmalig nur dann ausüben und mit diesen Tätigkeiten erstmalig nur dann beschäftigt werden, wenn durch eine nicht mehr als drei Monate alte Bescheinigung des Gesundheitsamtes oder eines vom Gesundheitsamt beauftragten Arztes nachgewiesen ist, dass sie

1.
über die in § 42 Abs. 1 genannten Tätigkeitsverbote und über die Verpflichtungen nach den Absätzen 2, 4 und 5 vom Gesundheitsamt oder von einem durch das Gesundheitsamt beauftragten Arzt belehrt wurden und
2.
nach der Belehrung im Sinne der Nummer 1 in Textform erklärt haben, dass ihnen keine Tatsachen für ein Tätigkeitsverbot bei ihnen bekannt sind.
Liegen Anhaltspunkte vor, dass bei einer Person Hinderungsgründe nach § 42 Abs. 1 bestehen, so darf die Bescheinigung erst ausgestellt werden, wenn durch ein ärztliches Zeugnis nachgewiesen ist, dass Hinderungsgründe nicht oder nicht mehr bestehen.

(2) Treten bei Personen nach Aufnahme ihrer Tätigkeit Hinderungsgründe nach § 42 Abs. 1 auf, sind sie verpflichtet, dies ihrem Arbeitgeber oder Dienstherrn unverzüglich mitzuteilen.

(3) Werden dem Arbeitgeber oder Dienstherrn Anhaltspunkte oder Tatsachen bekannt, die ein Tätigkeitsverbot nach § 42 Abs. 1 begründen, so hat dieser unverzüglich die zur Verhinderung der Weiterverbreitung der Krankheitserreger erforderlichen Maßnahmen einzuleiten.

(4) Der Arbeitgeber hat Personen, die eine der in § 42 Abs. 1 Satz 1 oder 2 genannten Tätigkeiten ausüben, nach Aufnahme ihrer Tätigkeit und im Weiteren alle zwei Jahre über die in § 42 Abs. 1 genannten Tätigkeitsverbote und über die Verpflichtung nach Absatz 2 zu belehren. Die Teilnahme an der Belehrung ist zu dokumentieren. Die Sätze 1 und 2 finden für Dienstherren entsprechende Anwendung.

(5) Die Bescheinigung nach Absatz 1 und die letzte Dokumentation der Belehrung nach Absatz 4 sind beim Arbeitgeber aufzubewahren. Der Arbeitgeber hat die Nachweise nach Satz 1 und, sofern er eine in § 42 Abs. 1 bezeichnete Tätigkeit selbst ausübt, die ihn betreffende Bescheinigung nach Absatz 1 Satz 1 an der Betriebsstätte verfügbar zu halten und der zuständigen Behörde und ihren Beauftragten auf Verlangen vorzulegen. Bei Tätigkeiten an wechselnden Standorten genügt die Vorlage einer beglaubigten Abschrift oder einer beglaubigten Kopie.

(6) Im Falle der Geschäftsunfähigkeit oder der beschränkten Geschäftsfähigkeit treffen die Verpflichtungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 und Absatz 2 denjenigen, dem die Sorge für die Person zusteht. Die gleiche Verpflichtung trifft auch den Betreuer, soweit die Sorge für die Person zu seinem Aufgabenkreis gehört. Die den Arbeitgeber oder Dienstherrn betreffenden Verpflichtungen nach dieser Vorschrift gelten entsprechend für Personen, die die in § 42 Abs. 1 genannten Tätigkeiten selbständig ausüben.

(7) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Untersuchungen und weitergehende Anforderungen vorzuschreiben oder Anforderungen einzuschränken, wenn Rechtsakte der Europäischen Union dies erfordern.

(1) Die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden treffen die Maßnahmen, die nach den Artikeln 137 und 138 der Verordnung (EU) 2017/625 erforderlich sind zur Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes.

(2) Unbeschadet des Artikels 137 Absatz 2 und 3 der Verordnung (EU) 2017/625 können die für die Überwachung von Lebensmitteln, Futtermitteln und Bedarfsgegenständen im Sinne von § 2 Absatz 6 Satz 1 Nummer 1 zuständigen Behörden zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes

1.
anordnen, dass derjenige, der ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht hat oder dies beabsichtigt,
a)
eine Prüfung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Prüfung der zuständigen Behörde mitteilt und
b)
der zuständigen Behörde den Eingang eines solchen Erzeugnisses anzeigt,
wenn Grund zu der Annahme besteht, dass dieses Erzeugnis den Vorschriften nach Absatz 1 nicht entspricht, oder
2.
vorübergehend verbieten, dass ein in Absatz 1 genanntes Erzeugnis in den Verkehr gebracht wird, bis das Ergebnis einer entnommenen Probe oder einer nach Nummer 1 angeordneten Prüfung vorliegt.

(3) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 Buchstabe d und g der Verordnung (EU) 2017/625 können entsprechend auch in Bezug auf das Verfüttern eines Futtermittels ergehen.

(4) Maßnahmen im Sinne von Artikel 138 Absatz 2 können entsprechend auch zur Verhütung eines künftigen Verstoßes sowie zum Schutz vor Gefahren für die Gesundheit oder vor Täuschung ergehen.

(5) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für einen gesundheitlich nicht erwünschten Stoff, der in oder auf einem Lebensmittel enthalten ist, führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von durch Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 1 Nummer 7 oder § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 festgesetzten Auslösewerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium, im Fall einer Rechtsverordnung nach § 13 Absatz 5 Satz 1 Nummer 2 auch das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein des gesundheitlich nicht erwünschten Stoffs und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(6) Zum Zweck der Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für unerwünschte Stoffe in Futtermitteln führen die zuständigen Behörden, wenn eine Überschreitung von festgesetzten Höchstgehalten an unerwünschten Stoffen oder Aktionsgrenzwerten festgestellt wird, Untersuchungen mit dem Ziel durch, die Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe zu ermitteln. Soweit es erforderlich ist, kann die zuständige Behörde die zur Verringerung oder Beseitigung der Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe erforderlichen Maßnahmen anordnen. Dabei kann sie auch anordnen, dass der Wirtschaftsbeteiligte selbst eine Untersuchung durchführt oder durchführen lässt und das Ergebnis der Untersuchung mitteilt. Die zuständigen Behörden informieren das Bundesministerium oder im Fall einer Rechtsverordnung nach § 72 Satz 2 das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit unverzüglich über ermittelte Ursachen für das Vorhandensein unerwünschter Stoffe und die zur Verringerung oder Beseitigung dieser Ursachen angeordneten Maßnahmen zum Zweck der Information der Kommission und der anderen Mitgliedstaaten.

(7) Widerspruch und Anfechtungsklage gegen Anordnungen, die der Durchführung von Verboten nach

1.
Artikel 14 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Buchstabe a der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
2.
Artikel 15 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 erster Anstrich der Verordnung (EG) Nr. 178/2002,
3.
Artikel 4 Absatz 4 Buchstabe b erster oder zweiter Spiegelstrich der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 oder
4.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 oder Absatz 2 oder § 17 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1
dienen, haben keine aufschiebende Wirkung.

(7a) Soweit im Einzelfall eine notwendige Anordnung oder eine sonstige notwendige Maßnahme nicht aufgrund der Absätze 1 bis 4 getroffen werden kann, bleiben weitergehende Regelungen der Länder, einschließlich der Regelungen auf dem Gebiet des Polizeirechts, aufgrund derer eine solche Anordnung oder Maßnahme getroffen werden kann, anwendbar.

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten der Verfahren zu tragen.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen einen lebensmittelrechtlichen Bescheid der Beklagten, mit dem er verpflichtet wurde, verschiedene in seinem Betrieb festgestellte Mängel zu beseitigen.

Der Kläger ist Inhaber und Betreiber der Imbisswirtschaft „…“ im Anwesen …, … Bei einer Kontrolle der Imbisswirtschaft durch die Lebensmittelüberwachung der Beklagten am 10. November 2016 wurden verschiedene lebensmittelrechtliche Mängel und Missstände festgestellt.

Mit Schreiben vom 17. November 2016 leitete die Beklagte ein Ordnungswidrigkeitenverfahren ein und teilte dem Kläger die festgestellten Mängel und Missstände mit. Im Küchenbereich sei der Boden unter den Schränken altverschmutzt, insbesondere in den Ecken und im Kantenbereich. Im Kühlraum seien der Boden und die Wände altverschmutzt und insbesondere im Wandbereich mit Schwarzschimmel befallen. Die dort befindlichen Ventilatoren sowie der Gulli seien ebenfalls altverschmutzt. Obwohl in dem Betrieb Stoffe verarbeitet würden, die Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen, sei keine entsprechende Kennzeichnung in dem Betrieb vorhanden. Beanstandet wurde auch, dass keine Bescheinigungen des Gesundheitsamtes über die Belehrung der Beschäftigten nach § 43 Abs. 1 IfSG der Beschäftigten des Betreibers eingesehen werden konnten. Auch die Dokumentation über die letzte Folgebelehrung der Beschäftigten durch den Arbeitgeber hätte nicht eingesehen werden können. Bei Getränken im Getränkekühlfach auf der Freischankfläche sei der Preis nicht angegeben gewesen.

Die Beklagte wies in dem Schreiben vom 17. November 2016 darauf hin, dass die festgestellten Verstöße verschiedene Tatbestände erfüllen, die mit einer Geldbuße bis zu 20.000 bzw. 25.000 Euro geahndet werden könnten. Dem Schreiben war ein Anhörungsbogen beigefügt. Dem Kläger wurde eine Frist bis zum 8. Dezember 2016 eingeräumt, innerhalb der ihm aufgegeben wurde, Angaben zur Person zu machen. Er erhielt zugleich die Gelegenheit, zu den Vorwürfen Stellung zu nehmen. Bei Nichteingang einer Äußerung innerhalb der Frist wurde der Erlass eines Bußgeldbescheides angedroht.

Mit Bescheid vom 24. November 2016, dem Kläger ausgehändigt am 25. November 2016, wurden verschiedene lebensmittelrechtliche und sonstige Anordnungen getroffen, mit denen der Kläger zur unverzüglichen Beseitigung der am 10. November 2016 festgestellten Mängel und Missstände aufgefordert wurde (vgl. Nummern 1.1. bis 1.3.3. und Nummer 2 des Bescheides). Unter Nummer 3 wurde dem Kläger für den Fall der Nichterfüllung der unter Nummern 1 und 2 getroffenen Anordnungen ein Zwangsgeld in Höhe von 250 € je getroffener Anordnung angedroht. Der Bescheid wurde für sofort vollziehbar erklärt (Nummer 4).

Die lebensmittelrechtlichen Anordnungen wurden auf Art. 54 Abs. 1 Satz 1 VO (EG) 882/2004 und § 39 Abs. 2 des Lebensmittel- und Futtergesetzbuchs (LFGB) gestützt. Eine vorherige Anhörung des Klägers ist nicht erfolgt. In den Bescheidsgründen heißt es unter anderem, von einer formellen Anhörung habe nach Art. 28 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG abgesehen werden können, da die Beseitigung der festgestellten Verstöße zum Schutze der Allgemeinheit keinen weiteren Aufschub dulde. Eine Anhörung des Betriebsinhabers bei der Kontrolle sei nicht möglich gewesen, da er keine Kooperationsbereitschaft gezeigt habe.

Der Kläger hat mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 23. Dezember 2016, bei Gericht eingegangen am gleichen Tag, Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Ansbach gegen den Bescheid vom 24. November 2016 erhoben.

Zur Begründung wird ausgeführt, der Bescheid vom 24. November 2016 sei bereits deshalb rechtswidrig, weil er deutlich vor Ablauf der Anhörungsfrist am 8. Dezember 2016 erlassen worden sei. Der Kläger habe zuvor auch erklärt, er werde eine Stellungnahme abgeben. Eine schriftliche Stellungnahme zu dem Anhörungsbogen vom 17. November 2016 sei der Beklagten am 8. Dezember 2016, also innerhalb der Anhörungsfrist übermittelt worden.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid der Beklagten vom 24. November 2016 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie weist unter anderem darauf hin, dass Kontrollen seitens der Stadt … grundsätzlich unangemeldet und während der allgemeinen Betriebszeiten erfolgen. Aufgrund der fehlenden Kooperationsbereitschaft des Klägers hätten festgestellte Mängel sowie erforderliche Abhilfemaßnahmen nicht vor Ort besprochen werden können. Auch sei eine Anhörung vor Erlass des Bescheids wegen Eilbedürftigkeit nicht möglich gewesen. Das Schreiben vom 17. November 2016 sei unabhängig vom Bescheid vom 24. November 2016 ergangen und habe eine Anhörung zum Ordnungswidrigkeitsverfahren enthalten.

Wegen weiterer Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der beigezogenen Behördenakten sowie der Gerichtsakte Bezug genommen. Hinsichtlich des Verlaufs der mündlichen Verhandlung am 6. Oktober 2017 wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid der Beklagten vom 24. November 2016 ist sowohl formell als auch materiell rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1. Der formellen Rechtmäßigkeit steht auch nicht eine fehlende Anhörung des Klägers entgegen. Zwar war die Anhörung entgegen der Auffassung der Beklagten im vorliegenden Fall nicht nach Art. 28 Abs. 2 BayVwVfG entbehrlich. Allerdings wurde dieser formelle Mangel nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG zwischenzeitlich geheilt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts tritt die Heilung nur dann ein, wenn die Anhörung nachträglich ordnungsgemäß durchgeführt und ihre Funktion für den Entscheidungsprozess der Behörde uneingeschränkt erreicht wird (vgl. BVerwG, U. v. 17. 12.2015 - 7 C 5/14 -, juris). Hierfür genügt es nicht, dass der Betroffene seine Einwendungen vorbringen kann und diese von der Behörde zur Kenntnis genommen werden. Die Behörde muss das Vorbringen des Betroffenen vielmehr erkennbar zum Anlass nehmen, ihre Entscheidung kritisch zu überdenken (vgl. BVerwG, aaO.; BayVGH, B.v. 15.09.2016 – 20 ZB 16.587 -, juris). Dies war vorliegend der Fall. Die Beklagte hat die Stellungnahme des Klägervertreters vom 8. Dezember 2016 im Ordnungswidrigkeitenverfahren zur Kenntnis genommen und diese in ihrer Klageerwiderung hinreichend gewürdigt. Sie hat sich erkennbar mit dem Vorbringen des Klägers auseinander gesetzt und ihre Entscheidung kritisch überdacht. Aus diesem Grund ist im vorliegenden Fall von einer nachträglichen Heilung der fehlenden Anhörung nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG auszugehen.

2. Der streitgegenständliche Bescheid ist auch materiell rechtmäßig.

Wie die Beklagte völlig zu Recht dargelegt hat, hat der Kläger gegen verschiedene Vorschriften des Lebensmittelrechts sowie der Preisangabenverordnung verstoßen (dazu im Folgenden 2.1., 2.2 und 2.3). Das Gericht hat keinen Zweifel daran, dass die durch die zuständigen Lebensmittelüberwachungsbeamten der Beklagten bei der Kontrolle am 10. November 2017 getroffenen Feststellungen zutreffend sind. Wie der Bevollmächtigte des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 6. Oktober 2017 mitgeteilt hat, räumt der Kläger diese Mängel im Wesentlichen auch ein.

2.1. In den Anordnungen unter Nummern 1.1, 1.2.1, 1.2.2, 1.2.3 und 1.3.1 des Bescheides wurde der Kläger verpflichtet, Küchenbereich und Kühlraum gründlich und dauerhaft zu reinigen sowie die in dem Betrieb verwendeten Erzeugnisse und Zutaten, die Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen, zu kennzeichnen.

Rechtsgrundlage für diese lebensmittelrechtlichen Anordnungen ist Art. 54 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 b) der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates über amtliche Kontrollen zur Überprüfung der Einhaltung des Lebensmittel- und Futtermittelrechts sowie der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz vom 29. April 2004 (ABl. Nr. L 165, 1). § 39 Abs. 2 Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs (LFGB) wird wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts und der unmittelbaren Geltung des Art. 54 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 (vgl. Art. 288 Abs. 2 AEUV) verdrängt (so auch BayVGH, U.v. 9.7.2015 – 20 BV 14.1490 -, juris; B. v. 20.4.2015 – 20 ZB 15.106 -, juris; VGH Baden-Württemberg, U.v. 16.6.2014 - 9 S 1273/13 – juris Rn. 22 ff.; VG Regensburg vom 3.11.2014 – RN 5 S. 14.1635- juris; Zipfel/Rathke, Lebensmittelrecht, Stand Juni 2017, C 102, § 39 LFGB Rn. 10 f., 21, 63 ff.). Der Anwendungsbereich des Art. 54 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 ist enger als der Anwendungsbereich des § 39 LFGB. Während die europarechtliche Vorschrift voraussetzt, dass die zuständige Behörde einen Verstoß festgestellt hat, also sämtliche objektiven Tatbestandsmerkmale einer Verbotsvorschrift des Lebensmittelrechts erfüllt sind, treffen nach § 39 Abs. 2 LFGB die zuständigen Behörden notwendige Anordnungen und Maßnahmen bereits zur Feststellung oder zur Ausräumung eines hinreichenden Verdachts eines Verstoßes sowie neben der Beseitigung festgestellter Verstöße auch zur Verhütung künftiger Verstöße. Da im vorliegenden Fall bei der Betriebskontrolle am 10. November 2016 Verstöße gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften festgestellt wurden, ergibt sich die Befugnisnorm für auf Abhilfe gerichtete Maßnahmen der Lebensmittelbehörde hier aus Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 b) der Verordnung (EG) Nr. 882/2004.

Nach Art. 54 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 trifft die zuständige Behörde – hier das Amt für Umwelt, Ordnung und Verbraucherschutz der Stadt … - die erforderlichen Maßnahmen, um festgestellte Verstöße zu beseitigen. Als Maßnahme in diesem Sinne kommt nach Art. 54 Abs. 2 b) der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 unter anderem auch die Anordnung der Beseitigung der festgestellten Verstöße in Betracht. Nach der Legaldefinition des Art. 2 Nr. 10 der Verordnung (EU) 517/2013 handelt es sich bei einem Verstoß um die „Nichteinhaltung des Futtermittel- oder Lebensmittelrechts oder der Bestimmungen über Tiergesundheit und Tierschutz“.

2.1.1 Die Beklagte hat zutreffend Verstöße gegen die Vorschrift des Art. 4 Abs. 2 i.V.m. Anhang II Kapitel II Nr. 1 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2004 über Lebensmittelhygiene (Abl. Nr. L 139, S. 1 - Lebensmittelhygieneverordnung) festgestellt und den Kläger unter Nummer 1.1. und 1.2 des streitgegenständlichen Bescheides verpflichtet, diese Mängel und Missstände zu beseitigen.

Nach Art. 4 Abs. 2 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 haben Lebensmittelunternehmer, die auf Produktions-, Verarbeitungs- und Vertriebsstufen tätig sind, die den Arbeitsgängen gemäß Abs. 1 (Primärproduktion) nachgeordnet sind, die allgemeinen Hygienevorschriften gemäß Anhang II zu erfüllen.

Der Kläger ist als Inhaber einer Imbisswirtschaft Lebensmittelunternehmer im Sinne von Art. 3 Nr. 3 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002 (ABl. Nr. L 31, S. 1).

Nach Anhang II Kapitel II Nr. 1 der Verordnung 852/2004 müssen Räume, in denen Lebensmittel zubereitet, behandelt oder verarbeitet werden, so konzipiert und angelegt sein, dass eine gute Lebensmittelhygiene gewährleistet ist und Kontaminationen zwischen und während Arbeitsgängen vermieden werden. Wie sich aus den Mängelberichten der Beklagten eindeutig ergibt, entsprechen die Räumlichkeiten des klägerischen Betriebs diesen hygienischen Anforderungen nicht. Sowohl der Küchenbereich als auch der Kühlbereich (Boden und Wände, Ventilatoren und Gulli) waren stark verunreinigt. Dies veranschaulicht auch die dem Gericht vorgelegte Fotodokumentation über die Räumlichkeiten im klägerischen Betrieb.

2.1.2 Die Beklagte hat den Kläger unter Nummer 1.3.1. des Bescheides zu Recht verpflichtet, die in seinem Imbissbetrieb verwendeten Erzeugnisse und Zutaten, welche Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen, an den Produkten bzw. an der Ausschilderung der Produkte zu kennzeichnen. Rechtsgrundlage dafür ist Art. 54 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 b) der Verordnung (EG) Nr. 882/2004 i.V.m. Art. 9 Abs. 1 c) der Verordnung (EG) Nr. 1169/2011. Letztere Vorschrift sieht vor, dass alle in Anhang II der Verordnung (EG) Nr. 1169/2011 aufgeführten Zutaten und Verarbeitungsstoffe sowie Zutaten und Verarbeitungsstoffe, die Derivate eines in Anhang II aufgeführten Stoffes oder Erzeugnisses sind, die bei der Herstellung oder Zubereitung eines Lebensmittels verwendet werden und damit, wenn auch in geänderter Form im Endprodukt vorhanden sind, Allergien oder Unverträglichkeiten auslösen können, anzugeben. Der Kläger ist dieser Kennzeichnungspflicht bisher nicht nachgekommen.

2.1.3. Zur Beseitigung der festgestellten Verstöße und zur Verhütung künftiger Verstöße waren die Anordnungen „erforderlich“ im Sinne Art. 54 Abs. 1 i.V.m. Abs. 2 lit. bder Verordnung (EG) 882/2004, um sicherzustellen, dass der Unternehmer Abhilfe schafft. Die angefochtene Verfügung begegnet auch im Übrigen keinen rechtlichen Bedenken. Der zuständigen Lebensmittelüberwachungsbehörde kam bei der Anordnung nach Art. 54 Abs. 1 und Abs. 2 b) der Verordnung (EG) 882/2004 kein Entschließungsermessen zu. Vielmehr war sie verpflichtet, bei Vorliegen eines Verstoßes die erforderlichen Maßnahmen zu treffen (vgl. BayVGH, U.v. 9.7.2015 – 20 BV 14.1490 -, juris; VGH Baden-Württemberg, U.v. 16.6.2014 – 9 S 1273/13 –, juris). Die angeordneten Maßnahmen waren auch unter dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht zu beanstanden.

2.2. Die unter Nummer 1.3.2. des Bescheides getroffene Anordnung, die Bescheinigungen des Gesundheitsamts nach § 43 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) sowie die Dokumentation über die letzte Folgebelehrung nach § 43 Abs. 4 IfSG für die zuständigen Behörden verfügbar zu halten, ist ebenfalls rechtmäßig.

Rechtsgrundlage hierfür ist § 39 Abs. 2 LFGB i.V.m. § 43 Abs. 5 IfSG. Da das Infektionsschutzgesetz einen anderen Zweck verfolgt als die VO (EG) 882/2004 (vgl. §§ 1 ff IfSG), wird § 39 Abs. 2 LFGB insoweit nicht durch die VO (EG) 882/2004 verdrängt.

Der Kläger konnte bei der Kontrolle am 10. November 2017 entgegen der sich aus § 43 Abs. 5 IfSG ergebenden Verpflichtung die Bescheinigungen des Gesundheitsamtes nach § 43 Abs. 1 IfSG sowie Folgebelehrungen, die gem. § 43 Abs. 4 IfSG beim Arbeitgeber aufzubewahren sind, nicht vorlegen.

2.3. Auch die Anordnung unter Nummer 1.3.3. des Bescheides, die Waren im Getränkekühlschrank durch Preisschilder oder Beschriftung auszuzeichnen, ist rechtmäßig. Rechtsgrundlage hierfür ist Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG i.V.m. § 1 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 4 Abs. 1 der Preisangabenverordnung (PAngV). Art. 54 VO (EG) 882/2004 oder § 39 Abs. 2 LFGB können hier nicht herangezogen werden, da diese nur im Hinblick auf lebensmittelrechtliche Vorschriften, also Vorschriften die der Durchführung des LFGB bzw. der Verordnung (EG) 882/2004 dienen, Anwendung finden (vgl. VG Würzburg U. v. 24.6.2009 - W 6 K 08.1610 -, juris). Nach Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG können Anordnungen getroffen werden um Straftaten oder Ordnungswidrigkeiten zu unterbinden. Die fehlende Angabe von Preisen bei den Getränken im Getränkekühlschrank verstößt gegen § § 1 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 4 PAngV und stellt eine Ordnungswidrigkeit dar (vgl. § 10 Abs. 1 Nr. 1 PAngV).

Unschädlich ist, dass die Beklagte diese Anordnung nicht auf Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG gestützt hat. Das Gericht hat von Amts wegen umfassend zu prüfen, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt (vgl. BVerwG, U. v. 19.8.1988 - 8 C 29/87 -, juris). Der Austausch der Ermächtigungsgrundlage war hier zulässig, weil dies weder zu einer Wesensveränderung des angefochtenen Verwaltungsaktes führt noch die Rechtsverfolgung des Klägers in beachtlicher Weise erschwert wird (vgl. dazu BVerwG, U. v. 27.1.1982 – 8 C 127/81 -, juris; U. v. 16.9.2004 – 4 C 5/03 –, juris). Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG ist ebenso wie die von der Beklagten zitierten Vorschriften dem Sicherheitsrecht zuzuordnen und verfolgt damit denselben Zweck wie die lebensmittelrechtlichen Regelungen, nämlich in der Zukunft weitere Beeinträchtigungen der Verbraucher aufgrund von Verstößen gegen die Preisangabenverordnung zu verhüten (so auch VG Würzburg, U. v. 24.6.2009 - W 6 K 08.1610 -, juris). Korrigiert wird also nur die Rechtsgrundlage, nicht aber die von der Beklagten insoweit angestellten Ermessenserwägungen, die auch für Art. 7 Abs. 2 Nr. 1 LStVG maßgeblich sind (vgl. dazu auch BayVGH, U.v. 16.1.1975 – 40 VIII 74 -, BayVBl. 1978, 180; VG Würzburg, aaO.).

2.4 Die Anordnungen in Nummer 1.3.2 und 1.3.3 des streitgegenständlichen Bescheides (vgl. oben 2.2. und 2.3. erweisen sich auch nicht als unverhältnismäßig im Einzelfall. Zu berücksichtigen ist dabei unter anderem die Art des Verstoßes und das bisherige Verhalten des betreffenden Unternehmers mit Blick auf die Verstöße. Wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, sind im vorliegenden Fall mehrere erhebliche Verstöße gegen lebensmittelrechtliche und sonstige Vorschriften gegeben. Der Kläger hat sich dabei - wie sich aus der Behördenakte ergibt und wie auch die Vertreter der Beklagten in der mündlichen Verhandlung glaubhaft vorgetragen haben - in keiner Weise kooperativ gezeigt. Auch die Tatsache, dass bei einer Nachkontrolle am 13. Dezember 2016 nicht alle festgestellten Mängel beseitigt waren, macht deutlich, dass der Kläger nicht wirklich bemüht ist, sein Fehlverhalten in der Zukunft abzustellen. Vor diesem Hintergrund ist es nicht zu beanstanden, dass der Beklagte - auch ohne das Vorliegen einer konkreten Gesundheitsgefahr - dem geschützten öffentlichen Interesse am vorbeugenden Gesundheits- und Verbraucherschutz potentieller Konsumenten und damit hochrangigen Rechtsgütern den Vorrang vor den wirtschaftlichen Interessen des Klägers eingeräumt hat.

3. Auch die unter Nummer 3 des streitgegenständlichen Bescheides ausgesprochenen Zwangsgeldandrohungen sind rechtmäßig. Die allgemeinen und besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vor (Art. 19, 29, 30, 31 und 36 BayVwZVG). Das angedrohte Zwangsgeld von 250,00 Euro je getroffener Anordnung ist auch der Höhe nach nicht zu beanstanden. Es hält sich im Rahmen der Vorschrift des Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG, wonach das Zwangsgeld mindestens 15,00 und höchstens 50.000,00 EUR beträgt.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

(1) Personen dürfen gewerbsmäßig die in § 42 Abs. 1 bezeichneten Tätigkeiten erstmalig nur dann ausüben und mit diesen Tätigkeiten erstmalig nur dann beschäftigt werden, wenn durch eine nicht mehr als drei Monate alte Bescheinigung des Gesundheitsamtes oder eines vom Gesundheitsamt beauftragten Arztes nachgewiesen ist, dass sie

1.
über die in § 42 Abs. 1 genannten Tätigkeitsverbote und über die Verpflichtungen nach den Absätzen 2, 4 und 5 vom Gesundheitsamt oder von einem durch das Gesundheitsamt beauftragten Arzt belehrt wurden und
2.
nach der Belehrung im Sinne der Nummer 1 in Textform erklärt haben, dass ihnen keine Tatsachen für ein Tätigkeitsverbot bei ihnen bekannt sind.
Liegen Anhaltspunkte vor, dass bei einer Person Hinderungsgründe nach § 42 Abs. 1 bestehen, so darf die Bescheinigung erst ausgestellt werden, wenn durch ein ärztliches Zeugnis nachgewiesen ist, dass Hinderungsgründe nicht oder nicht mehr bestehen.

(2) Treten bei Personen nach Aufnahme ihrer Tätigkeit Hinderungsgründe nach § 42 Abs. 1 auf, sind sie verpflichtet, dies ihrem Arbeitgeber oder Dienstherrn unverzüglich mitzuteilen.

(3) Werden dem Arbeitgeber oder Dienstherrn Anhaltspunkte oder Tatsachen bekannt, die ein Tätigkeitsverbot nach § 42 Abs. 1 begründen, so hat dieser unverzüglich die zur Verhinderung der Weiterverbreitung der Krankheitserreger erforderlichen Maßnahmen einzuleiten.

(4) Der Arbeitgeber hat Personen, die eine der in § 42 Abs. 1 Satz 1 oder 2 genannten Tätigkeiten ausüben, nach Aufnahme ihrer Tätigkeit und im Weiteren alle zwei Jahre über die in § 42 Abs. 1 genannten Tätigkeitsverbote und über die Verpflichtung nach Absatz 2 zu belehren. Die Teilnahme an der Belehrung ist zu dokumentieren. Die Sätze 1 und 2 finden für Dienstherren entsprechende Anwendung.

(5) Die Bescheinigung nach Absatz 1 und die letzte Dokumentation der Belehrung nach Absatz 4 sind beim Arbeitgeber aufzubewahren. Der Arbeitgeber hat die Nachweise nach Satz 1 und, sofern er eine in § 42 Abs. 1 bezeichnete Tätigkeit selbst ausübt, die ihn betreffende Bescheinigung nach Absatz 1 Satz 1 an der Betriebsstätte verfügbar zu halten und der zuständigen Behörde und ihren Beauftragten auf Verlangen vorzulegen. Bei Tätigkeiten an wechselnden Standorten genügt die Vorlage einer beglaubigten Abschrift oder einer beglaubigten Kopie.

(6) Im Falle der Geschäftsunfähigkeit oder der beschränkten Geschäftsfähigkeit treffen die Verpflichtungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 und Absatz 2 denjenigen, dem die Sorge für die Person zusteht. Die gleiche Verpflichtung trifft auch den Betreuer, soweit die Sorge für die Person zu seinem Aufgabenkreis gehört. Die den Arbeitgeber oder Dienstherrn betreffenden Verpflichtungen nach dieser Vorschrift gelten entsprechend für Personen, die die in § 42 Abs. 1 genannten Tätigkeiten selbständig ausüben.

(7) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Untersuchungen und weitergehende Anforderungen vorzuschreiben oder Anforderungen einzuschränken, wenn Rechtsakte der Europäischen Union dies erfordern.

(1) Personen, die

1.
an Typhus abdominalis, Paratyphus, Cholera, Shigellenruhr, Salmonellose, einer anderen infektiösen Gastroenteritis oder Virushepatitis A oder E erkrankt oder dessen verdächtig sind,
2.
an infizierten Wunden oder an Hautkrankheiten erkrankt sind, bei denen die Möglichkeit besteht, dass deren Krankheitserreger über Lebensmittel übertragen werden können,
3.
die Krankheitserreger Shigellen, Salmonellen, enterohämorrhagische Escherichia coli oder Choleravibrionen ausscheiden,
dürfen nicht tätig sein oder beschäftigt werden
a)
beim Herstellen, Behandeln oder Inverkehrbringen der in Absatz 2 genannten Lebensmittel, wenn sie dabei mit diesen in Berührung kommen, oder
b)
in Küchen von Gaststätten und sonstigen Einrichtungen mit oder zur Gemeinschaftsverpflegung.
Satz 1 gilt entsprechend für Personen, die mit Bedarfsgegenständen, die für die dort genannten Tätigkeiten verwendet werden, so in Berührung kommen, dass eine Übertragung von Krankheitserregern auf die Lebensmittel im Sinne des Absatzes 2 zu befürchten ist. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht für den privaten hauswirtschaftlichen Bereich.

(2) Lebensmittel im Sinne des Absatzes 1 sind

1.
Fleisch, Geflügelfleisch und Erzeugnisse daraus
2.
Milch und Erzeugnisse auf Milchbasis
3.
Fische, Krebse oder Weichtiere und Erzeugnisse daraus
4.
Eiprodukte
5.
Säuglings- und Kleinkindernahrung
6.
Speiseeis und Speiseeishalberzeugnisse
7.
Backwaren mit nicht durchgebackener oder durcherhitzter Füllung oder Auflage
8.
Feinkost-, Rohkost- und Kartoffelsalate, Marinaden, Mayonnaisen, andere emulgierte Soßen, Nahrungshefen
9.
Sprossen und Keimlinge zum Rohverzehr sowie Samen zur Herstellung von Sprossen und Keimlingen zum Rohverzehr.

(3) Personen, die in amtlicher Eigenschaft, auch im Rahmen ihrer Ausbildung, mit den in Absatz 2 bezeichneten Lebensmitteln oder mit Bedarfsgegenständen im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 in Berührung kommen, dürfen ihre Tätigkeit nicht ausüben, wenn sie an einer der in Absatz 1 Nr. 1 genannten Krankheiten erkrankt oder dessen verdächtig sind, an einer der in Absatz 1 Nr. 2 genannten Krankheiten erkrankt sind oder die in Absatz 1 Nr. 3 genannten Krankheitserreger ausscheiden.

(4) Das Gesundheitsamt kann Ausnahmen von den Verboten nach dieser Vorschrift zulassen, wenn Maßnahmen durchgeführt werden, mit denen eine Übertragung der aufgeführten Erkrankungen und Krankheitserreger verhütet werden kann.

(5) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates den Kreis der in Absatz 1 Nr. 1 und 2 genannten Krankheiten, der in Absatz 1 Nr. 3 genannten Krankheitserreger und der in Absatz 2 genannten Lebensmittel einzuschränken, wenn epidemiologische Erkenntnisse dies zulassen, oder zu erweitern, wenn dies zum Schutz der menschlichen Gesundheit vor einer Gefährdung durch Krankheitserreger erforderlich ist. In dringenden Fällen kann zum Schutz der Bevölkerung die Rechtsverordnung ohne Zustimmung des Bundesrates erlassen werden. Eine auf der Grundlage des Satzes 2 erlassene Verordnung tritt ein Jahr nach ihrem Inkrafttreten außer Kraft; ihre Geltungsdauer kann mit Zustimmung des Bundesrates verlängert werden.

(1) Personen dürfen gewerbsmäßig die in § 42 Abs. 1 bezeichneten Tätigkeiten erstmalig nur dann ausüben und mit diesen Tätigkeiten erstmalig nur dann beschäftigt werden, wenn durch eine nicht mehr als drei Monate alte Bescheinigung des Gesundheitsamtes oder eines vom Gesundheitsamt beauftragten Arztes nachgewiesen ist, dass sie

1.
über die in § 42 Abs. 1 genannten Tätigkeitsverbote und über die Verpflichtungen nach den Absätzen 2, 4 und 5 vom Gesundheitsamt oder von einem durch das Gesundheitsamt beauftragten Arzt belehrt wurden und
2.
nach der Belehrung im Sinne der Nummer 1 in Textform erklärt haben, dass ihnen keine Tatsachen für ein Tätigkeitsverbot bei ihnen bekannt sind.
Liegen Anhaltspunkte vor, dass bei einer Person Hinderungsgründe nach § 42 Abs. 1 bestehen, so darf die Bescheinigung erst ausgestellt werden, wenn durch ein ärztliches Zeugnis nachgewiesen ist, dass Hinderungsgründe nicht oder nicht mehr bestehen.

(2) Treten bei Personen nach Aufnahme ihrer Tätigkeit Hinderungsgründe nach § 42 Abs. 1 auf, sind sie verpflichtet, dies ihrem Arbeitgeber oder Dienstherrn unverzüglich mitzuteilen.

(3) Werden dem Arbeitgeber oder Dienstherrn Anhaltspunkte oder Tatsachen bekannt, die ein Tätigkeitsverbot nach § 42 Abs. 1 begründen, so hat dieser unverzüglich die zur Verhinderung der Weiterverbreitung der Krankheitserreger erforderlichen Maßnahmen einzuleiten.

(4) Der Arbeitgeber hat Personen, die eine der in § 42 Abs. 1 Satz 1 oder 2 genannten Tätigkeiten ausüben, nach Aufnahme ihrer Tätigkeit und im Weiteren alle zwei Jahre über die in § 42 Abs. 1 genannten Tätigkeitsverbote und über die Verpflichtung nach Absatz 2 zu belehren. Die Teilnahme an der Belehrung ist zu dokumentieren. Die Sätze 1 und 2 finden für Dienstherren entsprechende Anwendung.

(5) Die Bescheinigung nach Absatz 1 und die letzte Dokumentation der Belehrung nach Absatz 4 sind beim Arbeitgeber aufzubewahren. Der Arbeitgeber hat die Nachweise nach Satz 1 und, sofern er eine in § 42 Abs. 1 bezeichnete Tätigkeit selbst ausübt, die ihn betreffende Bescheinigung nach Absatz 1 Satz 1 an der Betriebsstätte verfügbar zu halten und der zuständigen Behörde und ihren Beauftragten auf Verlangen vorzulegen. Bei Tätigkeiten an wechselnden Standorten genügt die Vorlage einer beglaubigten Abschrift oder einer beglaubigten Kopie.

(6) Im Falle der Geschäftsunfähigkeit oder der beschränkten Geschäftsfähigkeit treffen die Verpflichtungen nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 2 und Absatz 2 denjenigen, dem die Sorge für die Person zusteht. Die gleiche Verpflichtung trifft auch den Betreuer, soweit die Sorge für die Person zu seinem Aufgabenkreis gehört. Die den Arbeitgeber oder Dienstherrn betreffenden Verpflichtungen nach dieser Vorschrift gelten entsprechend für Personen, die die in § 42 Abs. 1 genannten Tätigkeiten selbständig ausüben.

(7) Das Bundesministerium für Gesundheit wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Untersuchungen und weitergehende Anforderungen vorzuschreiben oder Anforderungen einzuschränken, wenn Rechtsakte der Europäischen Union dies erfordern.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Überwachung der Einhaltung dieses Gesetzes, der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen und der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes ist durch fachlich ausgebildete Personen durchzuführen. Das Bundesministerium wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates

1.
vorzuschreiben, dass bestimmte Überwachungsmaßnahmen einer wissenschaftlich ausgebildeten Person obliegen und dabei andere fachlich ausgebildete Personen nach Weisung der zuständigen Behörde und unter der fachlichen Aufsicht einer wissenschaftlich ausgebildeten Person eingesetzt werden können,
2.
vorzuschreiben, dass abweichend von Satz 1 bestimmte Überwachungsmaßnahmen von sachkundigen Personen durchgeführt werden können,
3.
Vorschriften zu erlassen über
a)
die Anforderungen an die Sachkunde, die an die in Nummer 1 genannte wissenschaftlich ausgebildete Person und die in Nummer 2 genannten sachkundigen Personen zu stellen sind und
b)
die fachlichen Anforderungen, die an die in Satz 1 genannten Personen zu stellen sind,
sowie das Verfahren des Nachweises der Sachkunde und der Erfüllung der fachlichen Anforderungen zu regeln.
Die Landesregierungen werden ermächtigt, Rechtsverordnungen nach Satz 2 Nummer 3 zu erlassen, soweit das Bundesministerium von seiner Befugnis keinen Gebrauch macht. Die Landesregierungen sind befugt, die Ermächtigung durch Rechtsverordnung auf andere Behörden zu übertragen.

(2) Soweit es zur Überwachung der Einhaltung der Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union, dieses Gesetzes und der aufgrund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen erforderlich ist, sind die mit der Überwachung beauftragten Personen, bei Gefahr im Verzug auch alle Beamten der Polizei, befugt,

1.
Grundstücke, Betriebsräume und Transportmittel, in oder auf denen
a)
Erzeugnisse hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht werden,
b)
sich lebende Tiere im Sinne des § 4 Absatz 1 Nummer 1 befinden oder
c)
Futtermittel verfüttert werden,
sowie die dazugehörigen Geschäftsräume während der üblichen Betriebs- oder Geschäftszeit zu betreten;
2.
zur Verhütung dringender Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung
a)
die in Nummer 1 bezeichneten Grundstücke, Betriebsräume und Räume auch außerhalb der dort genannten Zeiten zu betreten,
b)
Wohnräume der nach Nummer 5 zur Auskunft Verpflichteten zu betreten;
das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes) wird insoweit eingeschränkt;
3.
alle geschäftlichen Schrift- und Datenträger, insbesondere Aufzeichnungen, Frachtbriefe, Herstellungsbeschreibungen und Unterlagen über die bei der Herstellung verwendeten Stoffe, einzusehen und hieraus Abschriften, Auszüge, Ausdrucke oder sonstige Vervielfältigungen, auch von Datenträgern, anzufertigen oder Ausdrucke von elektronisch gespeicherten Daten zu verlangen sowie Mittel, Einrichtungen und Geräte zur Beförderung von Erzeugnissen oder lebenden Tieren im Sinne des § 4 Absatz 1 Nummer 1 zu besichtigen;
4.
von Mitteln, Einrichtungen oder Geräten zur Beförderung von Erzeugnissen oder lebenden Tieren im Sinne des § 4 Absatz 1 Nummer 1 sowie von den in Nummer 1 bezeichneten Grundstücken, Betriebsräumen oder Räumen Bildaufnahmen oder -aufzeichnungen anzufertigen;
5.
von natürlichen und juristischen Personen und nicht rechtsfähigen Personenvereinigungen alle erforderlichen Auskünfte, insbesondere solche über die Herstellung, das Behandeln, die zur Verarbeitung gelangenden Stoffe und deren Herkunft, das Inverkehrbringen und das Verfüttern zu verlangen;
6.
entsprechend § 43 oder § 43a Proben zu fordern oder zu entnehmen.
Im Falle des Satzes 1 Nummer 4 dürfen folgende personenbezogene Daten aufgenommen oder aufgezeichnet werden, soweit dies zur Sicherung von Beweisen erforderlich ist:
1.
Name, Anschrift und Markenzeichen des Unternehmers,
2.
Namen von Beschäftigten.
Die Aufnahmen oder Aufzeichnungen sind zu vernichten, soweit sie nicht mehr erforderlich sind, spätestens jedoch mit Ablauf des dritten Jahres nach ihrer Aufnahme oder Aufzeichnung. Die Frist des Satzes 3 gilt nicht, wenn wegen eines anhängigen Bußgeldverfahrens, staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens oder gerichtlichen Verfahrens eine längere Aufbewahrung erforderlich ist, in diesem Falle sind die Aufnahmen oder Aufzeichnungen mit rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens zu vernichten.

(3) Erhält eine für die Überwachung nach § 38 Absatz 1 Satz 1 zuständige Behörde von Tatsachen Kenntnis, die Grund zu der Annahme geben, dass durch das Verzehren eines Lebensmittels, das in den Verkehr gebracht worden ist, eine übertragbare Krankheit im Sinne des § 2 Nummer 3 des Infektionsschutzgesetzes verursacht werden kann oder verursacht worden ist, so unterrichtet die nach § 38 Absatz 1 Satz 1 zuständige Behörde unverzüglich die für Ermittlungen nach § 25 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes zuständige Behörde. Dabei stellt die nach § 38 Absatz 1 Satz 1 zuständige Behörde der nach § 25 des Infektionsschutzgesetzes zuständigen Behörde die Angaben

1.
zu dem Lebensmittel,
2.
zu der an Endverbraucher abgegebenen Menge des Lebensmittels,
3.
zu dem Namen oder der Firma und der Anschrift sowie zu den Kontaktdaten
a)
des Lebensmittelunternehmers, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel hergestellt oder behandelt worden oder in den Verkehr gelangt ist, und
b)
der in § 4 Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten Unternehmen oder Personen, an die das Lebensmittel geliefert wurde,
c)
der Endverbraucher, die das Lebensmittel verzehrt haben und der zuständigen Behörde von einer möglichen Erkrankung Mitteilung gemacht haben,
4.
zu dem Ort unter Angabe der Anschrift und zu dem Zeitraum der Abgabe sowie
5.
zu dem festgestellten Krankheitserreger
zur Verfügung. Die Angaben nach Satz 2 sind um die Proben, Isolate und Nachweise über die Feststellung des Krankheitserregers zu ergänzen und nur mitzuteilen, sofern sie
1.
der nach § 38 Absatz 1 Satz 1 zuständigen Behörde vorliegen und
2.
für die Behörde, die für die Ermittlungen nach § 25 Absatz 1 des Infektionsschutzgesetzes zuständig ist, erforderlich sind.

(4) Soweit es zur Durchführung von Vorschriften, die durch Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union, dieses Gesetz oder durch aufgrund dieses Gesetzes erlassene Rechtsverordnungen geregelt sind, erforderlich ist, sind auch die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, der Kommission und der EFTA-Überwachungsbehörde in Begleitung der mit der Überwachung beauftragten Personen berechtigt, Befugnisse nach Absatz 2 Nummer 1, 3, 4 und 5 wahrzunehmen und Proben nach Maßgabe des § 43 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 4 zu entnehmen. Die Befugnisse nach Absatz 2 Nummer 1, 3 und 4 gelten auch für diejenigen, die sich in der Ausbildung zu einer die Überwachung durchführenden Person befinden.

(5) Die Zollbehörden können den Verdacht von Verstößen gegen Verbote und Beschränkungen dieses Gesetzes oder der nach diesem Gesetz erlassenen Rechtsverordnungen, der sich bei der Durchführung des Alkoholsteuergesetzes ergibt, den zuständigen Verwaltungsbehörden mitteilen.

(6) Die Staatsanwaltschaft hat die nach § 38 Absatz 1 Satz 1 zuständige Behörde unverzüglich über die Einleitung des Strafverfahrens, soweit es sich auf Verstöße gegen Verbote und Beschränkungen dieses Gesetzes, der nach diesem Gesetz erlassenen Rechtsverordnungen oder der unmittelbar geltenden Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich dieses Gesetzes bezieht, unter Angabe der Rechtsvorschriften zu unterrichten. Satz 1 gilt nicht, wenn das Verfahren aufgrund einer Abgabe der Verwaltungsbehörde nach § 41 Absatz 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten eingeleitet worden ist. Eine Übermittlung personenbezogener Daten nach Satz 1 unterbleibt, wenn ihr besondere bundesgesetzliche oder entsprechende landesgesetzliche Verwendungsregelungen entgegenstehen; eine Übermittlung nach Satz 1 unterbleibt ferner in der Regel, solange und soweit ihr Zwecke des Strafverfahrens entgegenstehen.

(7) Absatz 2 Nummer 1 gilt nicht für Wohnräume.

(1) Die Inhaberinnen oder Inhaber der in § 42 Absatz 2 bezeichneten Grundstücke, Räume, Einrichtungen und Geräte und die von ihnen bestellten Vertreter sind verpflichtet, die Maßnahmen nach den §§ 42 bis 43a sowie der Delegierten Verordnung (EU) 2019/2090 zu dulden und die in der Überwachung tätigen Personen bei der Erfüllung ihrer Aufgabe zu unterstützen, insbesondere ihnen auf Verlangen

1.
die Räume und Geräte zu bezeichnen,
2.
Räume und Behältnisse zu öffnen und
3.
die Entnahme der Proben zu ermöglichen.

(2) Die in § 42 Absatz 2 Nummer 5 genannten Personen und Personenvereinigungen sind verpflichtet, den in der Überwachung tätigen Personen auf Verlangen unverzüglich die dort genannten Auskünfte zu erteilen. Vorbehaltlich des Absatzes 3 kann der zur Auskunft Verpflichtete die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung ihn selbst oder einen der in § 383 Absatz 1 Nummer 1 bis 3 der Zivilprozessordnung bezeichneten Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder eines Verfahrens nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde.

(3) Ein Lebensmittelunternehmer oder ein Futtermittelunternehmer ist verpflichtet, den in der Überwachung tätigen Personen auf Verlangen Informationen, die

1.
er aufgrund eines nach Artikel 18 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, auch in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 767/2009, eingerichteten Systems oder Verfahrens besitzt und
2.
zur Rückverfolgbarkeit bestimmter Lebensmittel oder Futtermittel erforderlich sind,
zu übermitteln. Die in
1.
Satz 1 oder
2.
Artikel 18 Absatz 3 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, auch in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 767/2009,
genannten Informationen sind so vorzuhalten, dass sie der zuständigen Behörde spätestens 24 Stunden nach Aufforderung in einem strukturierten, gängigen und maschinenlesbaren Format elektronisch übermittelt werden können. Die zuständige Behörde kann im Einzelfall Ausnahmen von den Anforderungen des Satzes 2 zulassen, soweit dies zur Vermeidung unbilliger Härten für den Lebensmittel- oder Futtermittelunternehmer geboten erscheint und es mit den in § 1 Absatz 1 Nummer 1 genannten Zwecken vereinbar ist.

(4) Ergänzend zu Artikel 19 Absatz 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 hat ein Lebensmittelunternehmer, der Grund zu der Annahme hat, dass

1.
ein ihm angeliefertes Lebensmittel oder
2.
ein von ihm erworbenes Lebensmittel, über das er die tatsächliche unmittelbare Sachherrschaft erlangt hat,
einem Verkehrsverbot nach Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 unterliegt, unverzüglich die zuständige Behörde schriftlich oder elektronisch unter Angabe seines Namens und seiner Anschrift darüber unter Angabe des Namens und der Anschrift desjenigen, von dem ihm das Lebensmittel angeliefert worden ist oder von dem er das Lebensmittel erworben hat, und des Datums der Anlieferung oder des Erwerbs zu unterrichten. Er unterrichtet dabei auch über von ihm hinsichtlich des Lebensmittels getroffene oder beabsichtigte Maßnahmen. Eine Unterrichtung nach Satz 1 ist nicht erforderlich bei einem Lebensmittel pflanzlicher Herkunft, das der Lebensmittelunternehmer
1.
unschädlich beseitigt hat oder
2.
so hergestellt oder behandelt hat oder nachvollziehbar so herzustellen oder zu behandeln beabsichtigt, dass es einem Verkehrsverbot nach Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 nicht mehr unterliegt.

(4a) Hat der Verantwortliche eines Labors, das Analysen bei Lebensmitteln durchführt, aufgrund einer von dem Labor erstellten Analyse einer im Inland von einem Lebensmittel gezogenen Probe Grund zu der Annahme, dass das Lebensmittel einem Verkehrsverbot nach Artikel 14 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 unterliegen würde, so hat er die zuständige Behörde von dem Zeitpunkt und dem Ergebnis der Analyse, der angewandten Analysenmethode und dem Auftraggeber der Analyse unverzüglich schriftlich oder elektronisch zu unterrichten. Die Befugnisse nach § 42 Absatz 2 gelten auch im Fall des Satzes 1.

(5) Ergänzend zu Artikel 20 Absatz 1 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, auch in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 767/2009, hat ein Futtermittelunternehmer, der Grund zu der Annahme hat, dass

1.
ein ihm angeliefertes Futtermittel oder
2.
ein von ihm erworbenes Futtermittel, über das er die tatsächliche unmittelbare Sachherrschaft erlangt hat,
einem Verkehrsverbot nach Artikel 15 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, auch in Verbindung mit Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 767/2009, unterliegt, unverzüglich die zuständige Behörde schriftlich oder elektronisch unter Angabe seines Namens und seiner Anschrift darüber unter Angabe des Namens und der Anschrift desjenigen, von dem ihm das Futtermittel angeliefert worden ist oder von dem er das Futtermittel erworben hat, und des Datums der Anlieferung oder des Erwerbs zu unterrichten. Er unterrichtet dabei auch über von ihm hinsichtlich des Futtermittels getroffene oder beabsichtigte Maßnahmen. Eine Unterrichtung nach Satz 1 ist nicht erforderlich bei
1.
einem Futtermittel, das der Futtermittelunternehmer unschädlich beseitigt hat,
2.
einem Futtermittel pflanzlicher Herkunft, das der Futtermittelunternehmer so hergestellt oder behandelt hat oder nachvollziehbar so herzustellen oder zu behandeln beabsichtigt, dass es einem Verkehrsverbot nach Artikel 15 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, auch in Verbindung mit Artikel 4 Absatz 1 Unterabsatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 767/2009, nicht mehr unterliegt.

(5a) Hat der Verantwortliche eines Labors, das Analysen bei Futtermitteln durchführt, aufgrund einer von dem Labor erstellten Analyse einer im Inland von einem Futtermittel gezogenen Probe Grund zu der Annahme, dass das Futtermittel einem Verbot nach Artikel 15 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 unterliegen würde, so hat er die zuständige Behörde von dem Zeitpunkt und dem Ergebnis der Analyse, der angewandten Analysenmethode und dem Auftraggeber der Analyse unverzüglich schriftlich oder elektronisch zu unterrichten. Die Befugnisse nach § 42 Absatz 2 gelten auch im Fall des Satzes 1.

(6) Eine

1.
Unterrichtung nach Artikel 19 Absatz 1 oder 3 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 oder Artikel 20 Absatz 1 oder 3 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, auch in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 767/2009, oder nach Absatz 4a oder Absatz 5a,
2.
Übermittlung nach Absatz 3 Satz 1 oder nach Artikel 18 Absatz 3 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, auch in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 767/2009,
3.
Übermittlung nach Artikel 17 Absatz 2 Satz 2 der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004
darf nicht zur strafrechtlichen Verfolgung des Unterrichtenden oder Übermittelnden oder für ein Verfahren nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten gegen den Unterrichtenden oder Übermittelnden verwendet werden. Satz 1 Nummer 1 gilt auch, wenn der Unterrichtung eine Unterrichtung nach Absatz 4 Satz 1 oder Absatz 5 Satz 1 vorausgegangen ist. Die durch eine Unterrichtung nach Artikel 19 Absatz 1 oder 3 Satz 1 oder Artikel 20 Absatz 1 oder 3 Satz 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002, auch in Verbindung mit Artikel 5 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 767/2009, erlangten Informationen dürfen von der für die Überwachung zuständigen Behörde nur für Maßnahmen zur Erfüllung der in
1.
§ 1 Absatz 1 Nummer 1,
2.
§ 1 Absatz 1 Nummer 2, soweit ein Fall des § 1 Absatz 1a Nummer 1 vorliegt,
3.
§ 1 Absatz 1 Nummer 4 Buchstabe a Doppelbuchstabe aa oder
4.
§ 1 Absatz 2
genannten Zwecke verwendet werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.