Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 19. Jan. 2015 - W 7 K 14.430

bei uns veröffentlicht am19.01.2015

Tenor

I.

Der Bescheid des Landratsamts Bad K. vom 27. März 2014 wird in den Ziffern 2 bis 4 aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Von den Kosten des Verfahrens haben der Kläger 3/4, der Beklagte 1/4 zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu vollstreckenden Kosten abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

I.

Der Kläger wendet sich gegen die nachträgliche Verkürzung der Geltungsdauer seiner Aufenthaltserlaubnis.

Er ist tunesischer Staatsangehöriger. Am ... Juli 2011 heiratete er in Tunesien eine deutsche Staatsangehörige und reiste am 23. Dezember 2011 mit einem gültigen Visum zum Zweck des Familiennachzugs in die Bundesrepublik Deutschland ein. Am 4. Januar 2012 beantragte er eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG), welche ihm am selben Tag erteilt und zuletzt bis zum 3. Januar 2015 verlängert wurde.

Am 2. Juli 2013 gab der Kläger gegenüber der Ausländerbehörde an, dass er sich von seiner Ehefrau getrennt und die eheliche Wohnung verlassen habe. Am 4. Juli 2013 bestätigte seine Ehefrau die Trennung gegenüber der Ausländerbehörde. Die Trennung sei am 23. Juni 2013 erfolgt.

Mit Schreiben des Landratsamts Bad K. vom 14. Januar 2014 wurde der Kläger zur beabsichtigten nachträglichen Verkürzung der Dauer seiner Aufenthaltserlaubnis angehört. Dazu nahm der Klägerbevollmächtigte mit Schreiben vom 10. Februar 2014 Stellung.

Mit Bescheid vom 27. März 2014, dem Klägerbevollmächtigten am 31. März 2014 zugestellt, verkürzte das Landratsamt Bad K. die Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis des Klägers nachträglich auf den Tag der Bekanntgabe des Bescheids (Ziffer 1). Der Kläger wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland bis zum 30. April 2014 zu verlassen (Ziffer 2). Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung nach Tunesien oder einen zur Aufnahme bereiten oder Übernahme verpflichteten Staat angedroht (Ziffer 3). Für den Fall der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs wurde der Kläger zur Ausreise binnen eines Monats nach Eintritt der Bestandskraft des Bescheids verpflichtet (Ziffer 4). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger im Besitz einer befristeten Aufenthaltserlaubnis zum Zweck der Herstellung und Wahrung der Familieneinheit sei. Eine für die Erteilung und Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung sei wegen der Trennung des Klägers von seiner Ehefrau entfallen. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG könne die Ausländerbehörde deshalb auch nachträglich die Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis nach ihrem Ermessen verkürzen. Vorliegend sei nicht ersichtlich, dass dem Kläger eine Rückkehr nach Tunesien nicht zumutbar sei. Er habe auch kein vom Ehegattennachzug unabhängiges Aufenthaltsrecht erworben. Ein solches ergebe sich insbesondere nicht aufgrund des Europa-Mittelmeer-Abkommens zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mitgliedstaaten einerseits und der Tunesischen Republik andererseits vom 17. Juli 1995 (ABl. EG 1998 Nr. L 97, S. 2 - EMA Tunesien). Wegen der weiteren Begründung im Einzelnen wird auf den Bescheid des Landratsamts Bad K. vom 27. März 2014 Bezug genommen.

2. Gegen diesen Bescheid ließ der Kläger mit Schriftsatz seines Bevollmächtigten vom 30. April 2014, bei Gericht am 2. Mai 2014 eingegangen, Klage erheben und einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung stellen. Die Klage wurde im Wesentlichen damit begründet, dass sich das Landratsamt Bad K. nicht hinreichend mit den Ausführungen der Europäischen Kommission in ihrer Stellungnahme vom 12. September 2011 in dem Vorabentscheidungsverfahren des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) in der Rechtssache C-268/11 auseinandergesetzt habe. Danach seien die Diskriminierungsverbote in den Europa-Mittelmeer-Abkommen mit dem Diskriminierungsverbot aus dem Beschluss Nr. 1/80 des Assoziationsrates vom 19. September 1980 über die Entwicklung der Assoziation (ARB 1/80) gleichgestellt. Der Kläger habe eine Aufenthaltserlaubnis, verbunden mit einer Arbeitserlaubnis für einen bestimmten Zeitraum erhalten. Die nachträgliche Verkürzung der Aufenthaltserlaubnis würde einen unzulässigen Eingriff in die Arbeitserlaubnis darstellen und gegen das Diskriminierungsverbot verstoßen. Es liege insoweit ein Ermessensausfall seitens der Ausländerbehörde vor. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Klageschrift vom 30. April 2014 und die Klagebegründung vom 30. September 2014 Bezug genommen.

Der Kläger lässt beantragen,

den Bescheid des Landratsamts Bad K. vom 27. März 2014 aufzuheben und die Aufenthaltserlaubnis des Klägers zu verlängern bzw. neu zu erteilen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Im angefochtenen Bescheid habe sich die Ausländerbehörde hinreichend mit dem EMA Tunesien auseinandergesetzt. Auf Seite 3 des Bescheids werde die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zitiert, wonach ein tunesischer Staatsangehöriger mit einer zur Ausübung einer Beschäftigung berechtigenden befristeten Aufenthaltserlaubnis (im entschiedenen Fall ebenfalls nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG) kein Aufenthaltsrecht aus dem Diskriminierungsverbot dieses Abkommens herleiten könne. Art. 64 Abs. 1 EMA Tunesien sei dahingehend auszulegen, dass er Wirkung auf das Recht eines tunesischen Staatsangehörigen entfalte, sich im Gebiet eines Mitgliedstaates aufzuhalten, wenn dieser Staatsangehörige von dem Mitgliedstaat eine ordnungsgemäße Genehmigung erhalte habe, eine Berufstätigkeit für eine die Dauer seiner Aufenthaltserlaubnis übersteigende Zeit auszuüben. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die Genehmigung der Beschäftigung sei fest an die zeitlich befristete Aufenthaltserlaubnis gekoppelt. Der Beklagte verweist im Übrigen auf den Beschluss des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts vom 17. Juni 2014 - 4 PA 84/14 - sowie das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 5. März 2012 - W 7 K 11.751. Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Klageerwiderung vom 14. Oktober 2014 Bezug genommen.

Auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung am 19. Januar 2015 wird Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist überwiegend unbegründet.

I.

Die Klage ist zulässig. Insbesondere besteht auch nach Ablauf der (ursprünglichen) Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis des Klägers am 3. Januar 2015 das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Dies ergibt sich zum einen aus der Legalisierung des bisherigen Aufenthalts sowie in Bezug auf eine etwaige Verlängerung des Aufenthaltstitels (VGH BW, B. v. 26.2.2014 - 11 S 2534/13 - juris Rn. 32; Armbruster in HTK-AuslR, Stand: 14.3.2014, Rechtsschutz 2.2.1, Rn. 4 ff. m. w. N.).

II.

Soweit sich der Kläger gegen die Verkürzung der Geltungsdauer seiner Aufenthaltserlaubnis durch die Ziffer 1 des Bescheids des Landratsamts Bad K. vom 27. März 2014 wendet ist die Klage unbegründet. Insoweit ist der angefochtene Bescheid rechtmäßig und der Kläger ist (schon deshalb) nicht in seinen Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO (1.). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verlängerung bzw. Neuerteilung einer Aufenthaltserlaubnis, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO (2.). Soweit sich die Klage gegen die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung richtet (Ziffern 2 und 3 des angefochtenen Bescheids) ist sie begründet. Insoweit ist der Bescheid rechtswidrig und der Kläger ist in seinen Rechten verletzt. Er ist deshalb insoweit aufzuheben, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Verpflichtung zur Ausreise binnen eines Monats nach Bestandskraft des Bescheids für den Fall der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs (Ziffer 4 des angefochtenen Bescheids) ist rechtswidrig und war (deklaratorisch) ebenfalls aufzuheben (3.).

1. Die Verkürzung der Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis des Klägers in Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids ist rechtmäßig. Nach § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG kann die Geltungsdauer einer Aufenthaltserlaubnis auch nachträglich verkürzt werden, wenn eine für die Erteilung, die Verlängerung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen ist. Durch die unstreitige Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft des Klägers am 23. Juni 2013 ist die Anspruchsvoraussetzung des § 27 Abs. 1 AufenthG i. V. m. § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG entfallen. Der Beklagte konnte die Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis des Klägers daher nachträglich nach Ermessen verkürzen. Allerdings ist die Frage, ob der Kläger trotz Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft einen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis nach § 31 AufenthG oder auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus sonstigen Gründen hat, unter Berücksichtigung des insbesondere in §§ 7, 8 AufenthG zum Ausdruck kommenden Trennungsprinzips nicht (mehr) inzident im Rahmen der Ermessensentscheidung über die Verkürzung der Frist für die bisherige Aufenthaltserlaubnis nach § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG zu prüfen (vgl. BVerwG, U. v. 9.6.2009 - 1 C 11/08 - InfAuslR 2009, 440/441; BayVGH, B. v. 21.6.2010 - 10 ZB 09.2959 - juris). Vielmehr ist diese Frage als Gegenstand eines gleichzeitig zu bescheidenden Begehrens auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 31 AufenthG oder Neuerteilung einer Aufenthaltserlaubnis aus anderen Gründen anzusehen, das hilfsweise für den Fall geltend gemacht wird, dass sich die Verkürzung der Geltungsdauer der bisherigen Aufenthaltserlaubnis als rechtmäßig erweist (vgl. BVerwG a. a. O.; BayVGH a. a. O.). Für die konkrete Ermessensentscheidung im Rahmen von § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG bedeutet dies, dass insoweit nur noch das Interesse des Klägers, bis zum Ablauf der ursprünglichen Geltungsdauer seiner Aufenthaltserlaubnis in Deutschland zu bleiben, und das öffentliche Interesse an der Beendigung seines materiell rechtswidrig gewordenen Aufenthalts gegeneinander abzuwägen sind (vgl. BVerwG a. a. O.; BayVGH a. a. O.). Unter Zugrundelegung dieser Grundsätze begegnen die Ermessenserwägungen des Beklagten bei der Verkürzung der Geltungsdauer der Aufenthaltserlaubnis keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Der Kläger befindet sich erst seit dem 23. Dezember 2011, d. h. seit etwa drei Jahren im Bundesgebiet. Allein der Umstand, dass der Kläger mittlerweile einer Beschäftigung nachgeht und nicht auf Sozialleistungen angewiesen ist, reicht jedenfalls nicht aus (BayVGH a. a. O.).

2. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Verlängerung bzw. Neuerteilung einer Aufenthaltserlaubnis.

2.1. Er hat keinen Anspruch auf Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht nach § 31 Abs. 1 AufenthG, da die eheliche Lebensgemeinschaft zwischen ihm und seiner Ehefrau im Bundesgebiet keine drei Jahre bestanden hat. Vom Erfordernis des dreijährigen Bestands der ehelichen Lebensgemeinschaft nach § 31 Abs. 1 AufenthG kann allerdings gemäß § 31 Abs. 2 Satz 1 AufenthG abgesehen werden, soweit es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist. Eine besondere Härte liegt nach § 31 Abs. 2 Satz 2 AufenthG insbesondere dann vor, wenn dem Ehegatten wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenden Rückkehrverpflichtung eine erhebliche Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange droht (1. Alternative) oder wenn dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar ist (2. Alternative). Eine besondere Härte i. S. d. § 31 Abs. 2 AufenthG ist vorliegend weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

2.2. Auch aus Art. 64 Abs. 1 EMA Tunesien kann der Kläger kein Aufenthaltsrecht beanspruchen. Nach dieser Vorschrift gewährt jeder Mitgliedstaat den Arbeitnehmern tunesischer Staatsangehörigkeit, die in seinem Hoheitsgebiet beschäftigt sind, eine Behandlung, die hinsichtlich der Arbeits-, Entlohnungs- und Kündigungsbedingungen keine auf der Staatsangehörigkeit beruhende Benachteiligung gegenüber seinen eigenen Staatsangehörigen bewirkt. Bereits aus dem Wortlaut ergibt sich, dass diese Vorschrift nicht der Regelung des Aufenthaltsrechts tunesischer Staatsangehöriger dient. Daher ist es einem Mitgliedstaat grundsätzlich nicht untersagt, Maßnahmen in Bezug auf das Aufenthaltsrecht eines tunesischen Staatsangehörigen zu ergreifen, der zunächst die Erlaubnis zum Aufenthalt in diesem Mitgliedstaat und zur Aufnahme einer Berufstätigkeit dort erhalten hat. Dass ein solches Vorgehen den Betroffenen zwingt, sein Arbeitsverhältnis im Aufnahmemitgliedstaat vor dem mit dem Arbeitgeber vertraglich vereinbarten Termin zu beenden, ändert daran grundsätzlich nichts (EuGH, U. v. 14.12.2006 - Gattoussi, C-97/05 - juris Rn. 35 bis 37; NdsOVG, B. v. 17.6.2014 - 4 PA 84/14 - juris Rn. 6). Allerdings kommt Art. 64 Abs. 1 EMA Tunesien nach der vorgenannten Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs in Ausnahmefällen eine aufenthaltsrechtliche Wirkung zu, da nicht angenommen werden kann, dass die Mitgliedstaaten über das Diskriminierungsverbot des Art. 64 Abs. 1 EMA Tunesien verfügen, indem sie dessen praktische Wirksamkeit durch Bestimmungen des nationalen Rechts beschränken. Daher ist Art. 64 Abs. 1 EMA Tunesien dahin auszulegen, dass er Wirkungen auf das Recht eines tunesischen Staatsangehörigen entfaltet, sich im Gebiet eines Mitgliedstaats aufzuhalten, wenn dieser Staatsangehörige von diesem Mitgliedstaat eine ordnungsgemäße Genehmigung erhalten hat, eine Berufstätigkeit für eine die Dauer seiner Aufenthaltserlaubnis übersteigende Zeit auszuüben (EuGH, a. a. O., Rn. 39 und 43; NdsOVG, a. a. O., Rn. 6). In dem vom Klägerbevollmächtigten genannten Verfahren des Europäischen Gerichtshofs - Gülbahce, C-268/11 - ging dieser in seinem Urteil vom 8. November 2012 in der Beantwortung der Vorlagefragen - mangels Entscheidungserheblichkeit - mit keinem Wort auf das Diskriminierungsverbot des Art. 64 Abs. 1 EMA Tunesien ein (EuGH, U. v. 8.11.2012 - Gülbahce, C-268/11 - juris Rn. 31 ff.). Die Europäische Kommission gab in ihrer Stellungnahme vom 12. September 2011 insbesondere unter der Randnummer 50 die wesentlichen Grundsätze der Gattoussi-Entscheidung wieder. Generalanwalt Bot führte in seinen Schlussanträgen vom 21. Juni 2012 unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zum Europa-Mittelmeer-Abkommen mit Marokko, welches im Wesentlichen dem mit Tunesien entspricht, aus, dass zwischen dem Europa-Mittelmeer-Abkommen und dem Assoziationsabkommen mit der Türkei wesentliche Unterschiede bestünden und zwar sowohl im Wortlaut als auch hinsichtlich des Gegenstands und Zwecks beider Abkommen. Nach der Rechtsprechung des Europäische Gerichtshofs könne die Rechtsprechung zum Assoziierungsabkommen nicht auf das Europa-Mittelmeer-Abkommen übertragen werden und umgekehrt (Schlussanträge des Generalanwalts Bot v. 21.6.2012 - Gülbahce, C-268/11 - juris Rn. 63 ff.). Es besteht also kein Anlass, von den in der Rechtssache Gattoussi aufgestellten Grundsätzen abzuweichen. Auch das Bundesverwaltungsgericht hat eine aufenthaltsrechtliche Wirkung des Diskriminierungsverbots ausdrücklich abgelehnt (BVerwG, U. v. 8.12.2009 - 1 C 14.08 - juris Rn. 11 ff.). Da mit Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes zum 1. Januar 2005 Ausländer nach § 4 Abs. 3 Satz 1 AufenthG eine Erwerbstätigkeit nur ausüben dürfen, wenn der Aufenthaltstitel sie dazu berechtigt, und mit dem Wegfall der Aufenthaltserlaubnis ohne weiteres das gesetzliche Beschäftigungsrecht erlischt, so dass kein unbefristetes, von der Aufenthaltserlaubnis unabhängiges Beschäftigungsrecht des Ausländers besteht, dürfte eine ausnahmsweise zu beachtende aufenthaltsrechtliche Wirkung des Art. 64 Abs. 1 des Europa-Mittelmeer-Abkommens mit Tunesien unter Geltung des Zuwanderungsgesetzes daher generell nicht (mehr) in Betracht kommen (NdsOVG, a. a. O., Rn. 7; VG Würzburg, U. v. 5.3.2012 - W 7 K 11.751 - juris Rn. 16). Soweit der Klägerbevollmächtigte auf die Randnummern 67 und 68 der Stellungnahme der Europäischen Kommission vom 12. September 2011 im Verfahren Gülbahce verweist, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. In den genannten Randnummern führt die Kommission aus, dass die Rechtsansicht des Bundesverwaltungsgerichts, dass mit Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes zum 1. Januar 2005 die Arbeitserlaubnis einen verwaltungsinternen Akt darstelle und die erfolgten Rechtänderungen nicht gegen die Stillhalteklausel des Art. 13 ARB 1/80 verstießen, nicht überzeugend sei. Dies laufe darauf hinaus, dass der innerstaatlichen Qualifizierung einer Arbeitserlaubnis Vorrang vor unionsrechtlichen Grundsätzen eingeräumt werde. Hierzu ist festzustellen, dass sich die Aussagen der Kommission lediglich auf die durch den ARB 1/80 eingeräumten Rechte beziehen. Überdies hat der EuGH in der Rechtssache Gattoussi ausgeführt, dass für eine aufenthaltsrechtliche Wirkung des Art. 64 Abs. 1 EMA erforderlich ist, dass der Ausländer von dem Mitgliedstaat eine ordnungsgemäße Genehmigung erhalten hat, eine Berufstätigkeit für eine die Dauer seiner Aufenthaltserlaubnis übersteigende Zeit auszuüben. Unabhängig davon, wie die Arbeitserlaubnis seit dem 1. Januar 2015 rechtlich einzuordnen ist, liegt in jedem Fall keine die Dauer der Aufenthaltserlaubnis übersteigende Genehmigung vor. Auch nach der vor dem 1. Januar 2005 bestehenden Rechtslage entfaltete Art. 64 Abs. 1 EMA keine aufenthaltsrechtlichen Wirkungen, wenn die Geltungsdauer der Beschäftigungserlaubnis mit derjenigen des Aufenthaltstitels identisch war.

Der Kläger ist allein aufgrund der ihm nach § 28 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG erteilten Aufenthaltserlaubnis zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigt gewesen (vgl. § 27 Abs. 5 AufenthG). Er verfügte damit nicht über eine zeitlich über die Dauer seiner Aufenthaltserlaubnis hinausgehende Arbeitsgenehmigung. Unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs besitzt er daher keinen Anspruch auf Erteilung bzw. Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis aufgrund der Wirkung des Art. 64 Abs. 1 EMA Tunesien (vgl. a. VG Würzburg, U. v. 5.3.2012 - W 7 K 11.751 - juris Rn. 16).

Der Fall der nachträglichen Verkürzung der Geltungsdauer einer befristeten Aufenthaltserlaubnis zum Ehegattennachzug und die damit einhergehende entsprechende Verkürzung der (unselbstständigen) Berechtigung zur Ausübung einer Beschäftigung ist schließlich auch ansonsten nicht mit dem in der Rechtssache Gattoussi entschiedenen Sachverhalt vergleichbar. Denn zum einem stellte der EuGH ausdrücklich fest, dass es einem Mitgliedstaat grundsätzlich nicht untersagt ist, Maßnahmen in Bezug auf das Aufenthaltsrecht eines tunesischen Staatsangehörigen zu ergreifen, der zunächst die Erlaubnis zum Aufenthalt und zur Aufnahme einer Berufstätigkeit erhalten hat (EuGH, U. v. 14.12.2006 - Gattoussi, C-97/05 - juris Rn. 35 bis 37). Zum anderen konnte der Kläger kein schutzwürdiges Vertrauen dahingehend aufbauen, dass er auch nach Beendigung der ehelichen Lebensgemeinschaft - jedenfalls vor Eintritt der Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 AufenthG - in Deutschland weiter erwerbstätig sein kann. Anders als in der Rechtssache Gattoussi konnte der Kläger nicht auf eine zeitlich festgesetzte Geltungsdauer seiner Beschäftigungserlaubnis vertrauen. Ihm musste jeder Zeit bewusst sein, dass sein Aufenthalt und damit zugleich die Berechtigung zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit vom Bestand der ehelichen Lebensgemeinschaft abhängig sind.

3. Die Aufforderung zur freiwilligen Ausreise und Androhung der Abschiebung (Ziffern 2 und 3 des angefochtenen Bescheids) sind rechtswidrig, verletzen den Kläger in seinen Rechten und waren deshalb aufzuheben (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Aufgrund der aufschiebenden Wirkung seiner Klage (§ 80 Abs. 1 Satz 1 VwGO) war der Kläger nicht vollziehbar ausreisepflichtig (§§ 58, 59 AufenthG). Die aufschiebende Wirkung ist vorliegend nicht nach § 84 Abs. 1 AufenthG entfallen (Discher in GK-AufenthG, § 7 Rn. 494).

Soweit in Ziffer 4 des angefochtenen Bescheids die Ausreisepflicht für den Fall der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfs auf den Zeitpunkt der Bestandskraft des Bescheids festgesetzt wird, ist der Bescheid zwar rechtswidrig, der Kläger wird dadurch aber nicht in seinem Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), da der Rechtsbehelf des Klägers kraft Gesetzes aufschiebende Wirkung hat (§ 80 Abs. 1 VwGO). Dennoch war diese Ziffer deklaratorisch aufzuheben.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

IV.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.

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Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 26. Feb. 2014 - 11 S 2534/13

bei uns veröffentlicht am 26.02.2014

Tenor Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. Oktober 2013 - 11 K 1694/13 - wird zurückgewiesen.Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.Die Revision wird nicht zugelassen. Tatbestand

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(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist ein befristeter Aufenthaltstitel. Sie wird zu den in den nachfolgenden Abschnitten genannten Aufenthaltszwecken erteilt. In begründeten Fällen kann eine Aufenthaltserlaubnis auch für einen von diesem Gesetz nicht vorgesehenen Aufenthaltszweck erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis nach Satz 3 berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis ist unter Berücksichtigung des beabsichtigten Aufenthaltszwecks zu befristen. Ist eine für die Erteilung, die Verlängerung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen, so kann die Frist auch nachträglich verkürzt werden.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen

1.
Ehegatten eines Deutschen,
2.
minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen,
3.
Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge
zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Sie ist abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 zu erteilen. Sie soll in der Regel abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 erteilt werden. Sie kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 dem nicht personensorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen erteilt werden, wenn die familiäre Gemeinschaft schon im Bundesgebiet gelebt wird. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 ist in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Dem Ausländer ist in der Regel eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht, kein Ausweisungsinteresse besteht und er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Im Übrigen wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht.

(3) Die §§ 31 und 34 finden mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle des Aufenthaltstitels des Ausländers der gewöhnliche Aufenthalt des Deutschen im Bundesgebiet tritt. Die einem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge erteilte Aufenthaltserlaubnis ist auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und das Kind sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt.

(4) Auf sonstige Familienangehörige findet § 36 entsprechende Anwendung.

(5) (weggefallen)

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21. Oktober 2013 - 11 K 1694/13 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Kläger wendet sich im Berufungsverfahren nur noch gegen eine Verfügung der Beklagten, mit der die Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis abgelehnt und ihm die Abschiebung angedroht wurde.
Der Kläger, ein 1977 geborener serbischer Staatsangehöriger, reiste 1995 erstmals ins Bundesgebiet ein und wurde zunächst geduldet. Im Juni 1997 wurde er nach Jugoslawien abgemeldet, hielt sich aber ab September 1997 - ohne Nachweis einer rechtmäßigen Einreise - erneut im Bundesgebiet auf. Er erhielt von der zuständigen Ausländerbehörde in Ludwigsburg wiederum eine Duldung. Im Februar 1998 heiratete der Kläger vor dem Standesamt Ludwigsburg eine deutsche Staatsangehörige. Im Rahmen der weiteren Bearbeitung des Aufenthalts des Klägers teilte der Kläger der zuständigen Ausländerbehörde mit, seine Ehefrau sei bereits seit Juni 1998 spurlos verschwunden. Der Kläger wurde weiterhin geduldet.
Am 19.04.2002 heiratete der Kläger vor dem Standesamt Böblingen erneut eine deutsche Staatsangehörige.
Am 30.07.2002 beantragte der Kläger, ihm eine Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug zu erteilen. Am 31.03.2003 erteilte ihm die Stadt Böblingen eine erste Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 AufenthG, die bis zum 31.03.2004 befristet war. Auf seinen rechtzeitig gesellten Verlängerungsantrag verlängerte die Stadt Herrenberg die Aufenthaltserlaubnis am 07.07.2004 bis zum 07.07.2007.
Am 04.07.2007 erteilte ihm die Beklagten erstmals eine auf § 31 AufenthG gestützte Aufenthaltserlaubnis mit einer Gültigkeit bis zum 03.07.2008. Diese Aufenthaltserlaubnis wurde von der Beklagten anschließend bis zum 17.06.2009, sodann bis zum 09.09.2010 und schließlich am 09.07.2010 bis zum 08.07.2012 verlängert.
Im Rahmen der Bearbeitung des letzten Verlängerungsantrages hatte der Kläger ein Urteil eines serbischen Gerichtes aus dem Jahr 2009 vorgelegt, mit welchem die Ehe mit seiner zweiten deutschen Ehefrau geschieden worden war.
Im November 2010 erhielt die Beklagte die Mitteilung, dass der Kläger mit rechtskräftigem Strafbefehl des Amtsgerichts Stuttgart vom zu einer (Ge-samt)Geldstrafe von 180 Tagessätzen, u.a. wegen in den Jahren 2006 - 2008 begangener Insolvenzverschleppung, Bankrotts und Vorenthaltens von Sozialabgaben sowie eines im Jahre 2009 begangenen Straßenverkehrsdeliktes (Fahren ohne Fahrerlaubnis) verurteilt worden war.
Nach vorheriger Anhörung erließ die Beklagte unter dem 07.12.2011 eine Verfügung, in der sie die noch bis zum 08.07.2012 gültige Aufenthaltserlaubnis des Klägers nachträglich auf den 07.12.2011 verkürzte (Ziff. 1), die weitere Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ablehnte (Ziff. 2), den Kläger aus dem Bundesgebiet auswies (Ziff. 3), den Kläger zum Verlassen der Bundesrepublik Deutschland bis spätestens vier Wochen nach Rechts-/Bestandskraft dieser Verfügung aufforderte und ihm die Abschiebung nach Serbien androhte (Ziff. 4 und 5). Zur Begründung führte sie aus, mit der rechtskräftigen strafrechtlichen Verurteilung des Klägers liege ein Ausweisungsgrund nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG vor. Damit fehle es an der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Atypische Umstände seien weder vorgetragen noch ersichtlich. Eine wesentliche Voraussetzung für die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nach § 31 AufenthG sei somit entfallen, so dass die Voraussetzung für eine nachträgliche Verkürzung der Geltungsdauer dieses Titels vorliege. Die durchgeführte Ermessensbetätigung führe zu der vorgenommenen zeitlichen Verkürzung der Aufenthaltserlaubnis des Klägers. Aufgrund der fehlenden allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen komme daher auch eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nicht in Betracht. Ein anderweitiges Aufenthaltsrecht sei nicht ersichtlich. Wegen des gegebenen Ausweisungsgrundes sei auch eine Ermessensausweisung des Klägers zu prüfen. Die Abwägung führe hier zu einer spezial- und generalpräventiv begründeten Ausweisung. Die gesetzte Ausreisefrist ermögliche es dem Kläger, seine Ausreise vorzubereiten.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger fristgerecht Widerspruch ein. Zur Begründung führte er u.a. aus: Er habe Kontakte zu im Bundesgebiet lebenden Familienangehörigen, so zu seiner Großmutter, einer Schwester, einem Onkel und mehreren Cousins. Sein Privat- und Familienleben sei nicht ausreichend gewürdigt worden und daher Art. 8 EMRK verletzt. Der Kläger habe die richtigen Lehren aus seiner damaligen Verurteilung gezogen und führe inzwischen seit drei Jahren erfolgreich ein neues Unternehmen. Er sei ein Beispiel für eine gelungene Integration. Man müsse auch bedenken, wie lange die abgeurteilten Straftaten hier schon zurücklägen.
10 
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.04.2013 wies das Regierungspräsidium Stuttgart den Widerspruch des Klägers zurück. Zur Begründung wird zunächst auf die Ausführungen in dem angegriffenen Bescheid der Beklagten Bezug genommen. Durch die vorsätzliche Verletzung seiner Pflicht als Unternehmer sei der Kläger straffällig geworden. Insofern könne nicht von einer wirtschaftlichen Integration ausgegangen werden. Auch habe sich der Kläger nicht so weit von seiner Heimat entfernt, dass ihm dort ein Neuanfang nicht mehr möglich wäre. Sein Kontakt zum Heimatland sei nie abgebrochen.
11 
Der Kläger erhob am 21.05.2013 Klage zum Verwaltungsgericht Stuttgart. Zur Begründung verwies er auf sein bisheriges Vorbringen. Der gesamte Sachverhalt ergebe, dass es sich vorliegend um einen atypischen Fall handele, Art. 8 EMRK verletzt sei und das Nichtvorliegen einer Regelerteilungsvoraussetzung im Sinne von § 5 Abs. 1 AufenthG ihm daher nicht vorgehalten werden könne.
12 
In der mündlichen Verhandlung erklärte der Kläger den Rechtsstreit bezüglich der Ziff. 1 und 3 der angegriffenen Verfügung in der Hauptsache für erledigt; die Beklagte schloss sich dem an. Weiter änderte die Beklagte Ziff. 4 dahingehend, dass dem Kläger eine Ausreisefrist bis spätestens 30.11.2013 gesetzt wurde. Der Kläger bezog diese Änderung in das Klageverfahren ein und beantragte, Ziff. 2, 4 (in Gestalt der Abänderungsentscheidung vom 21.10.2013) und 5 des Bescheides der Beklagten vom 07.12.2011 und den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30.04. 2013 insoweit aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, die Aufenthaltserlaubnis des Klägers zu verlängern.
13 
Die Beklagte trat der Klage aus den Gründen der angegriffenen Entscheidungen entgegen. Es lägen sehr wohl ein Regelfall und keine Atypik vor. Der Kläger sei noch 2009 im Straßenverkehr straffällig geworden, als das Strafverfahren wegen der Wirtschaftsdelikte bereits anhängig gewesen sei.
14 
Durch Urteil vom 21.10.2013 stellte das Verwaltungsgericht das Verfahren hinsichtlich Ziff. 1 und Ziff. 3 der Verfügung ein und wies im Übrigen die Klage ab.
15 
Zur Begründung führte es aus: Eine Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis des Klägers gemäß § 31 AufenthG komme nicht in Betracht. Sie scheitere an § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG. Mit der strafrechtlichen Verurteilung des Klägers liege ein Ausweisungsgrund nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG vor, der im Regelfall die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis ausschließe. Soweit sich der Kläger darauf berufe, es sei hier aber wegen des Vorliegens atypischer Umstände gerade nicht von einem Regelfall auszugehen, weshalb die Beklagte von der Heranziehung dieser Regelerteilungsvoraussetzung hätte absehen müssen, könne das Gericht dem nicht folgen. Die vom Amtsgericht Stuttgart abgeurteilten Straftaten des Klägers stellten ernsthafte Formen der Wirtschaftskriminalität dar. Dem entspreche auch die nicht geringe Strafhöhe von 180 Tagessätzen. Dass der Gesetzgeber in einem derartigen Fall, zumal wenn kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gegeben sei, davon absehen wolle, den weiteren Inlandsaufenthalt eines solchermaßen straffälligen Ausländers hinzunehmen, stelle nach Einschätzung des Gerichts insoweit geradezu einen typischen Regelfall dar. Die abgeurteilten Straftaten selbst beinhalteten keine Umstände, die hier Anlass zur Annahme einer Atypik gäben. Soweit sich der Kläger auf Art. 8 EMRK berufe und eine Atypik mit Blick auf seine Integration, seinen langen Inlandsaufenthalt, seine familiäre Verbundenheit zu rechtmäßig im Bundesgebiet lebenden Personen und eine Entfremdung von seinem serbischen Heimatland verweise, folge hieraus nichts anderes. Der Kläger sei in den ersten acht Jahren seines Aufenthaltes in Deutschland über den Besitz einer Duldung nicht hinausgekommen. Erstmals im Frühjahr 2003 sei ihm ein Aufenthaltstitel erteilt worden. Eine tiefgreifende Integration in die bundesdeutsche Gesellschaft sei mit Ausnahme, dass er sich hier wirtschaftlich betätige, beim Kläger nicht feststellbar. Gerade diese wirtschaftliche Betätigung habe zunächst in den ersten Jahren zu einer erheblichen Straffälligkeit geführt. Äußerstenfalls in den letzten drei bis vier Jahren seines Inlandsaufenthaltes ließen sich daher erfolgreiche integrative Elemente erkennen. Die vorgetragenen familiären Bindungen zu nur entfernteren Verwandten im Bundesgebiet (Großmutter, Onkel bzw. mehrere Cousins) seien angesichts seines Alters nicht von einer Art, dass ihm die Aufrechterhaltung der familiären Kontakte von Serbien aus nicht zugemutet werden könne. Schließlich habe der Kläger durch das von ihm der Ausländerbehörde gegenüber vorgelegte Scheidungsurteil eines serbischen Familiengerichts auch belegt, wie sehr seine Verbindung zum Heimatland noch bestehe. Ein so elementarer Vorgang wie die Auflösung einer zuvor hier im Inland geführten Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen sei vom Kläger nicht etwa bei einem deutschen Familiengericht bewirkt worden. Es könne daher keine Rede davon sein, dass der Kläger als „faktischer Inländer" angesehen werden müsse, der wegen vollkommener „Verwurzelung" im Bundesgebiet bei gleichzeitiger „Entwurzelung" vom Heimatland wegen einer bestehenden Unzumutbarkeit i.S.v. Art. 8 Abs. 2 EMRK zum Schutz seines Familien- und Privatlebens nicht auf eine Rückkehr nach Serbien verwiesen werden dürfe.
16 
Zuletzt ergebe sich ein Erfolg der Klage auch nicht daraus, dass die Beklagte keine Überlegungen dahingehend angestellt habe, ob sie von dem so gegebenen Erteilungshindernis nach § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG gemäß der allgemeinen Rechtsregel des § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG absehen wolle, was gegebenenfalls als Ermessensausfall zu werten wäre. Denn § 27 Abs. 3 Satz 2 sei in der gegebenen Konstellation nicht anwendbar. Wie bereits die amtliche Überschrift des § 27 AufenthG (Grundsatz des Familiennachzugs) zeige, habe der Gesetzgeber in dieser Norm allgemeine Regelungen für Fälle des Familiennachzugs zusammengefasst. Das Aufenthaltsrecht, dessen Verlängerung der Kläger hier erstrebe, sei aber in § 31 Abs. 1 Satz 1 AufenthG als ein eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht definiert. Schon der Wortlaut der Vorschrift spreche daher gegen eine Anwendung von § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG im Rahmen des § 31 Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Allerdings sei nicht zu übersehen, dass zwischenzeitlich der Gesetzgeber mit dem neuen § 27 Abs. 5 AufenthG die Norm dahingehend ergänzt habe, dass sämtliche Aufenthaltstitel nach dem 6. Abschnitt des 2. Kapitels des Aufenthaltsgesetzes nunmehr zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit berechtigten. Damit werde in § 27 AufenthG eine Vorschrift verortet, die nicht nur Fälle des unmittelbaren Familiennachzuges betreffe, sondern auch Aufenthaltsrechte, die zwar in diesem Abschnitt geregelt würden, aber vom Familiennachzug losgelöst seien, wie eben Aufenthaltsrechte nach § 31 Abs. 1 Satz 1 AufenthG. Daraus könne man aber nicht schließen, dass § 27 AufenthG entgegen dem Wortlaut der amtlichen Überschrift ausnahmslos generelle Regelungen zur Anwendung des gesamten 6. Abschnitts des 2. Kapitels des Aufenthaltsgesetzes enthalte. Es sei vielmehr naheliegender, die Verortung des neuen § 27 Abs. 5 AufenthG im Kontext der Grundsätze des Familiennachzugs als einen weiteren der im deutschen Ausländerrecht reichlich enthaltenen Systembrüche anzusehen. Die reduzierte Anwendung des § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG auf Fälle unmittelbaren Familiennachzugs und gerade nicht - wie hier - auch auf eigenständige vom Zweck des Familiennachzugs unabhängige Aufenthaltsrechte, folge nämlich aus dem Zweck dieser gesetzlichen Regelung. Weil die ausländerrechtlichen Vorschriften über den Familiennachzug materiell an den Schutzbereich des Art. 6 GG anknüpften, habe der Gesetzgeber eigens bestimmt, dass in diesem Bereich eine Ermessensentscheidung der Ausländerbehörde getroffen werden müsse, ob bei Vorliegen eines Ausweisungsgrundes wirklich eine Ablehnung des beantragten Aufenthaltstitels zum Familiennachzug gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG geboten sei. Durch die Bestimmung des § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG, wonach in allen Fällen des originären Familiennachzugs insoweit eine Ermessensentscheidung zu treffen sei, werde sichergestellt, dass der Schutz von Ehe und Familie nach Art. 6 Abs. 1 GG in jedem Fall, in dem er zu berücksichtigten sei, gewährleistet werden könne. In diesen Kontext gehöre das hier in Rede stehende Aufenthaltsrecht nach § 31 Abs. 1 Satz 1 AufenthG aber gerade nicht. Dieser Aufenthaltstitel sei vom Familiennachzug und damit vom Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG losgelöst. Damit bestehe insoweit auch kein Anlass für die allgemeine Ermessensbetätigung nach § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG. Auch die von der Beklagten erlassenen Ausreiseaufforderung mit Abschiebungsandrohung in der abgeänderten Fassung vom 21.10.2013 sei nicht zu beanstanden.
17 
Gegen das am 22.11.2013 zugestellte Urteil hat der Kläger am 29.11.2013 die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt.
18 
Am 20.01.2014 hat der Kläger unter Stellung eines Antrags die Berufung, wie folgt, begründet: Der Gesetzgeber habe durch die Neuformulierung des § 27 Abs. 5 AufenthG deutlich gemacht, dass die gesamte Vorschrift auf sämtliche Fälle des 6. Abschnitts anzuwenden sei. Im Übrigen liege in seinem Fall auch eine Atypik vor. Eine Verweigerung der Verlängerung wäre unverhältnismäßig. In der Strafe von 180 Tagessätzen sei ein Verkehrsdelikt enthalten, das mit einer Freiheitsstrafe von 40 Tagessätzen geahndet worden sei. Von einer ernsthaften Form der Wirtschaftskriminalität könne nicht gesprochen werden. Es habe sich um einen Insolvenzfall gehandelt, wie er bei Kleinunternehmern nicht selten vorkomme, die sich gewissermaßen an den letzten Strohhalm klammerten. Die Staatsanwaltschaft sei in einem Vermerk davon ausgegangen, dass bei ihm ein Verbotsirrtum vorgelegen habe. Er lebe auch seit 16 Jahren in Deutschland und spreche fließend deutsch. Mittlerweile habe er auch einen neuen Betrieb. Die Tatsache, dass die Ehe in Serbien geschieden worden sei, besage nicht, dass er kein faktischer Inländer sei.
19 
Der Kläger beantragt,
20 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 21.10.2013 - 11 K 1694/13 - zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, ihm die Aufenthaltserlaubnis nach § 31 Abs. 4 Satz 2 AufenthG zu verlängern, und deren Bescheid vom 07.12.2011 (in der Fassung vom 21.10.2013) sowie den Widerspruchsbescheid des Regierungspräsidiums Stuttgart vom 30.04.2013 aufzuheben, soweit sie dem entgegenstehen.
21 
Die Beklagte beantragt,
22 
die Berufung zurückzuweisen.
23 
Sie macht sich das angegriffene Urteil zu eigen.
24 
Wegen des Vorbringens im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze verwiesen.
25 
Dem Senat lagen die von der Beklagten geführte Ausländerakte des Klägers sowie die Widerspruchsakten des Regierungspräsidiums Stuttgart vor.

Entscheidungsgründe

 
26 
Die fristgemäß eingelegte und unter Stellung eines Antrags begründete und damit zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
27 
Der Senat schickt vorweg, dass der Kläger nach Aktenlage bis zum Erlass des Ausgangsbescheids vom 07.12.2011 keinen Antrag auf Verlängerung der ihm bis zum 08.07.2012 erteilten Aufenthaltserlaubnis gestellt hatte. Hierzu bestand aus der Sicht des Klägers auch keine Veranlassung, weil er noch für längere Zeit über einen wirksamen Titel verfügte und die Beklagte auch in ihrem Anhörungsschreiben vom 24.01.2011 nicht angekündigt hatte, wie dann später geschehen, eine Verlängerung des Titels abzulehnen. Deshalb kann auch in dem Anwaltsschreiben vom 21.02.2011, in dem gebeten wurde, von den beabsichtigten Maßnahmen Abstand zu nehmen, kein zumindest konkludenter Verlängerungsantrag enthalten gewesen sein. Der Senat geht aber zugunsten des Klägers davon aus, dass jedenfalls im Widerspruch vom 10.01.2012 ein konkludenter Antrag gestellt worden war. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nach den Ausführungen in der Berufungsbegründung und der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung jedenfalls nur die Verlängerung eines Titels nach § 31 Abs. 1, Abs. 4 Satz 2 AufenthG.
28 
1. Der Kläger kann von der Beklagten nicht nach § 31 Abs. 4 Satz 2 AufenthG die Verlängerung der ihm nach § 31 AufenthG verlängerten Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG verlangen.
29 
a) Dem steht entgegen, dass der Kläger nicht die Regelerteilungserteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erfüllt.
30 
Das Verwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BayVGH, Beschluss vom. 17.11.2009 - 10 ZB 09.1415 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04.02.2010 - OVG 3 S 120.09 - juris; HambOVG, Beschluss vom 21.07.2010 - 3 Bs 58/10 - AuAS 2010, 256; NiedersOVG, Beschluss vom 31.01.2008 - 10 ME 274/07 - juris; offen OVGNW, Beschluss vom 14.09.2007 - 18 E 881/07 - juris; vgl. auch Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl., § 31 AufenthG Rn. 76) zu Recht davon ausgegangen, dass im Falle des Klägers die ein Ermessen eröffnende Vorschrift des § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nicht anzuwenden ist, weil dessen Fall keinen Familiennachzug mehr betrifft und nicht mehr in den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG fällt, weshalb es nicht mehr geboten ist, den aufenthaltsrechtlichen Umgang mit Ausweisungsgründen flexibler zu handhaben (vgl. schon zu § 17 Abs. 5 AuslG 1990 BT-Drucks. 11/632, S. 60 und hierauf sinngemäß Bezug nehmend BT-Drucks. 15/420 S. 81 zu § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Für diese Sicht der Dinge sprechen nicht nur die amtliche Überschrift sowie die Tatsache, dass in der Norm regelmäßig (und nicht zuletzt in § 27 Abs. 3 Satz 1) von „Familiennachzug“ die Rede ist, sondern auch der Umstand, dass für die erste Verlängerung des nach Absatz 1 verlängerten Titels der § 31 Abs. 4 Satz 1 eine Sonderregelung zu § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG und § 27 Abs. 3 Satz 1 AufenthG enthält. Schließlich verweist § 31 Abs. 4 Satz 2 zudem gerade auf die allgemeinen Bestimmungen und damit auch auf § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, was eine Anwendbarkeit von § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nicht nahe legt. Mit dem Verwaltungsgericht ist auch davon auszugehen, dass die Einfügung von Absatz 5 in § 27 AufenthG durch Art. 1 Nr. 14 des Gesetzes zur Verbesserung der Recht von international Schutzberechtigten und ausländischen Arbeitnehmern vom 29.08.2013 (BGBl. I., S. 3884) keine Veranlassung zu einer anderen Sicht der Dinge gibt. Zwar steht die Formulierung, wonach der Aufenthaltstitel „nach diesem Abschnitt“ zur Ausübung der Erwerbstätigkeit berechtigt, nicht in Einklang mit dem bisherigen systematischen und inhaltlichen Verständnis. Aus der Entstehungsgeschichte ergeben sich jedoch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass eine grundlegende Abkehr von dem bisherigen Verständnis beabsichtigt war, das auch Ausdruck in Ziffer 31.4 AVwV-AufenthG gefunden hatte (vgl. BT-Drucks. 17/13022, S. 20).
31 
Das Verwaltungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass nicht etwa deshalb von einer Atypik ausgegangen werden muss, weil die Versagung der Verlängerung einen unzulässigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Privatleben darstellen würde (vgl. zu den Voraussetzungen einer Atypik BVerwG, Urteil vom 26.08.2008 - 1 C 32,07 - BVerwGE 131, 370; vom 30.04.2009 - 1 C 3.08 - NVwZ 2009, 1239; GK-AufenthG § 5 Rn. 21 f.). Der Senat kann dabei offen lassen, ob diesem Gesichtspunkt aus systematischen Gründen nicht ohnehin nur im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG Rechnung getragen werden könnte. Ausgehend vom dem konventionsrechtlichen Grundsatz, dass durch Art. 8 EMRK und das hierin garantierte Recht auf Privatleben in aller Regel das Recht der Konventionsstaaten, souverän über die Einreise und den weiteren Aufenthalt von Ausländern und damit über die Zusammensetzung seiner Wohnbevölkerung zu entscheiden, nicht eingeschränkt wird (vgl. EGMR, Urteil vom 18.10.2006 - 46410/99 -, Üner/Niederlande, NVwZ 2007, 1279 m.w.N.), bedarf es der Feststellung besonderer Umstände, um die Verweigerung des weiteren Aufenthalts auch im Hinblick auf die Begehung von nicht unerheblichen Straftaten noch Ende des Jahres 2009 als unverhältnismäßig erscheinen zu lassen. Soweit der Kläger einwendet, er habe in einem Verbotsirrtum gehandelt, trifft es jedenfalls nicht zu, dass die Staatsanwaltschaft in ihrem Vermerk zum Strafbefehlsantrag einen Verbotsirrtum ausdrücklich festgestellt hatte. Die Staatsanwaltschaft geht lediglich davon aus, dass, falls ein solcher vorgelegen haben sollte, dieses den Kläger nicht entschuldige und dieser Umstand nur bei der Strafzumessung berücksichtigt werden könne. Der Senat vermag schon nicht festzustellen, dass dem Kläger, der erst als Erwachsener in das Bundesgebiet eingereist war, eine Rückkehr nach Serbien unzumutbar sein könnte, weil er über keinerlei Bindungen mehr verfügt und deshalb als entwurzelt anzusehen sein könnte. Die Tatsache, dass verschiedene nähere und fernere Verwandte in der Bundesrepublik leben, er hier seinen Lebensmittelpunkt und mittlerweile sein Auskommen gefunden hat und die deutsche Sprache beherrscht, besagt nicht, dass er den Lebensverhältnissen in Serbien in einem Maße entfremdet sein könnte, das eine Reintegration unmöglich machen könnte. Dass der Kläger sich durchaus noch mit seinem Heimatland verbunden fühlt, kommt exemplarisch darin zum Ausdruck, dass seine in Deutschland mit einer deutschen Staatsangehörigen geschlossene und in Deutschland gelebte Ehe in Serbien geschieden wurde, wobei der Senat einmal offen lässt, aus welchem Umstand das serbische Gericht seine Zuständigkeit abgeleitet haben könnte. Aus den bei den Akten befindlichen Kopien seines Reisepasses ergeben sich auch zahlreiche Reisen nach Serbien zwischen 2010 und 2012. Auch aus der Tat und ihrer Begehung folgt keine Atypik. Denn die abgeurteilten Taten des Klägers entsprechen, wie er im Grunde in der Berufungsbegründung selbst eingeräumt hat, den typischen Handlungsweisen, auf die mit den Mitteln des Strafrechts reagiert wird, um diese zu unterbinden. Es geht um die Gefährdung von Gläubigern, denen nicht rechtzeitig signalisiert wird, dass der Betrieb nicht mehr zahlungsfähig ist, und die daher die Geschäftsbeziehungen fortsetzen und Aufwendungen tätigen, denen keine äquivalenten Forderungen mehr gegenüber stehen. Dass der Kläger bis zur Aufdeckung der Insolvenz immer noch gehofft hatte und der Realität nicht in die Augen sehen wollte, ist aber nichts atypisches, sondern liegt im Spektrum des als strafwürdig sanktionierten Verhaltens.
32 
b) Einem Erfolg seines Begehrens steht zudem ein weiterer Umstand entgegen. Mit der angegriffenen Verfügung war auch die Geltungsdauer der ursprünglich bis zum 08.07.2012 verlängerten Aufenthaltserlaubnis auf den 07.12.2011 verkürzt worden. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts hatte sich dieser Teil der Verfügung vom 07.12.2011 nicht durch Zeitablauf erledigt, weil sie nämlich Grundlage einer hier beantragten Verlängerung nach § 31 Abs. 4 Satz 2 AufenthG sein kann und auch sein muss, da der Fortbestand des Titels Erteilungsvoraussetzung der Verlängerung ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 22.06.2011 - 1 C 5.10 - BVerwGE 140, 64) geht das Aufenthaltsgesetz nach seiner Struktur davon aus, dass eine Verlängerung eines Aufenthaltstitels nur dann möglich ist, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf des bisher erteilten Titels erfolgt ist, andernfalls ist nur eine Neuerteilung möglich, sofern die Voraussetzungen für eine Ersterteilung (vgl. insbesondere auch § 5 Abs. 2 AufenthG) noch vorliegen. Wie das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 22.06.2011 weiter entschieden hat, kommen die Privilegierungen des § 31 AufenthG, die eine Legalisierung des Aufenthalts losgelöst von allen sonstigen Aufenthaltszwecken des Aufenthaltsgesetzes ermöglichen, nur dann zum Tragen, wenn es sich um Verlängerungsfälle handelt, wenn somit zum Zeitpunkt der Antragstellung der Titel noch gültig und nicht abgelaufen ist und deshalb noch ein hinreichender zeitlicher und inhaltlicher Zusammenhang zu dem früher allein zum Zwecke des Familiennachzug erteilten Aufenthaltstitel besteht, der es allein rechtfertigt, den Betroffenen den weiteren Aufenthalt ungeachtet aller nach dem Aufenthaltsgesetz in zulässiger Weise verfolgbaren Aufenthaltszwecke zu ermöglichen. Auch wenn nach einer bereits erfolgten ersten Verlängerung im Falle einer weiteren Verlängerung der zeitliche Zusammenhang mit dem früheren Aufenthalt zum Zwecke des Familiennachzugs weniger stark ist, so bleibt dieser maßgebliche Gesichtspunkt wegen des nach wie vor bestehenden inhaltlichen Zusammenhangs gleichwohl tragfähig. Eine Privilegierung und eine Lösung von den sonstigen Aufenthaltszwecken des Aufenthaltsgesetzes würde nicht einleuchten, wenn der „Verlängerungsantrag“ etwa erst (unterschiedlich lange Zeit) nach dem Erlöschen des vorangegangenen Titels gestellt würde. Schon aus diesem Grund war eine Erledigung durch Zeitlablauf nicht eingetreten, infolge der beiderseitigen Erledigungserklärung in der mündlichen Verhandlung ist die Rechtshängigkeit der insoweit erhobenen Anfechtungsklage entfallen (vgl. Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 161 Rn. 66) und dieser Teil der angefochtenen Verfügung unanfechtbar geworden ist mit der Folge, dass der hier einmal zugunsten des Klägers im Widerspruchsschreiben vom 10.01.2012 gesehene Antrag zu einem Zeitpunkt gestellt wurde, zu dem der Kläger nicht mehr im Besitz des Titels war (vgl. auch § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG) und deshalb eine Verlängerung nach § 31 Abs. 4 Satz 2 AufenthG ausscheiden muss. Eine Ersterteilung eines Titels nach § 31 AufenthG ist aber, wie ausgeführt, nicht möglich.
33 
Im Übrigen vermag der Senat nicht zu erkennen, dass eine nachträgliche Verkürzung der Geltungsdauer nach § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nicht in Betracht gekommen wäre.
34 
2. Da der Kläger sogar vollziehbar ausreisepflichtig ist, ist die gegen ihn ergangene selbst vollziehbare Abschiebungsandrohung (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i.V.m. § 12 bwVwVG) nicht zu beanstanden (vgl. § 59 Abs. 1 AufenthG).
35 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision war nicht im Hinblick auf § 132 Abs. 2 VwGO zuzulassen.
36 
Beschluss vom 26. Februar 2014
37 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
38 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

Gründe

 
26 
Die fristgemäß eingelegte und unter Stellung eines Antrags begründete und damit zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
27 
Der Senat schickt vorweg, dass der Kläger nach Aktenlage bis zum Erlass des Ausgangsbescheids vom 07.12.2011 keinen Antrag auf Verlängerung der ihm bis zum 08.07.2012 erteilten Aufenthaltserlaubnis gestellt hatte. Hierzu bestand aus der Sicht des Klägers auch keine Veranlassung, weil er noch für längere Zeit über einen wirksamen Titel verfügte und die Beklagte auch in ihrem Anhörungsschreiben vom 24.01.2011 nicht angekündigt hatte, wie dann später geschehen, eine Verlängerung des Titels abzulehnen. Deshalb kann auch in dem Anwaltsschreiben vom 21.02.2011, in dem gebeten wurde, von den beabsichtigten Maßnahmen Abstand zu nehmen, kein zumindest konkludenter Verlängerungsantrag enthalten gewesen sein. Der Senat geht aber zugunsten des Klägers davon aus, dass jedenfalls im Widerspruch vom 10.01.2012 ein konkludenter Antrag gestellt worden war. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist nach den Ausführungen in der Berufungsbegründung und der Antragstellung in der mündlichen Verhandlung jedenfalls nur die Verlängerung eines Titels nach § 31 Abs. 1, Abs. 4 Satz 2 AufenthG.
28 
1. Der Kläger kann von der Beklagten nicht nach § 31 Abs. 4 Satz 2 AufenthG die Verlängerung der ihm nach § 31 AufenthG verlängerten Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AufenthG verlangen.
29 
a) Dem steht entgegen, dass der Kläger nicht die Regelerteilungserteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG erfüllt.
30 
Das Verwaltungsgericht ist in Übereinstimmung mit der obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BayVGH, Beschluss vom. 17.11.2009 - 10 ZB 09.1415 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 04.02.2010 - OVG 3 S 120.09 - juris; HambOVG, Beschluss vom 21.07.2010 - 3 Bs 58/10 - AuAS 2010, 256; NiedersOVG, Beschluss vom 31.01.2008 - 10 ME 274/07 - juris; offen OVGNW, Beschluss vom 14.09.2007 - 18 E 881/07 - juris; vgl. auch Renner/Bergmann/Dienelt, Ausländerrecht, 10. Aufl., § 31 AufenthG Rn. 76) zu Recht davon ausgegangen, dass im Falle des Klägers die ein Ermessen eröffnende Vorschrift des § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nicht anzuwenden ist, weil dessen Fall keinen Familiennachzug mehr betrifft und nicht mehr in den Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG fällt, weshalb es nicht mehr geboten ist, den aufenthaltsrechtlichen Umgang mit Ausweisungsgründen flexibler zu handhaben (vgl. schon zu § 17 Abs. 5 AuslG 1990 BT-Drucks. 11/632, S. 60 und hierauf sinngemäß Bezug nehmend BT-Drucks. 15/420 S. 81 zu § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Für diese Sicht der Dinge sprechen nicht nur die amtliche Überschrift sowie die Tatsache, dass in der Norm regelmäßig (und nicht zuletzt in § 27 Abs. 3 Satz 1) von „Familiennachzug“ die Rede ist, sondern auch der Umstand, dass für die erste Verlängerung des nach Absatz 1 verlängerten Titels der § 31 Abs. 4 Satz 1 eine Sonderregelung zu § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG und § 27 Abs. 3 Satz 1 AufenthG enthält. Schließlich verweist § 31 Abs. 4 Satz 2 zudem gerade auf die allgemeinen Bestimmungen und damit auch auf § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufenthG, was eine Anwendbarkeit von § 27 Abs. 3 Satz 2 AufenthG nicht nahe legt. Mit dem Verwaltungsgericht ist auch davon auszugehen, dass die Einfügung von Absatz 5 in § 27 AufenthG durch Art. 1 Nr. 14 des Gesetzes zur Verbesserung der Recht von international Schutzberechtigten und ausländischen Arbeitnehmern vom 29.08.2013 (BGBl. I., S. 3884) keine Veranlassung zu einer anderen Sicht der Dinge gibt. Zwar steht die Formulierung, wonach der Aufenthaltstitel „nach diesem Abschnitt“ zur Ausübung der Erwerbstätigkeit berechtigt, nicht in Einklang mit dem bisherigen systematischen und inhaltlichen Verständnis. Aus der Entstehungsgeschichte ergeben sich jedoch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass eine grundlegende Abkehr von dem bisherigen Verständnis beabsichtigt war, das auch Ausdruck in Ziffer 31.4 AVwV-AufenthG gefunden hatte (vgl. BT-Drucks. 17/13022, S. 20).
31 
Das Verwaltungsgericht ist auch zu Recht davon ausgegangen, dass nicht etwa deshalb von einer Atypik ausgegangen werden muss, weil die Versagung der Verlängerung einen unzulässigen Eingriff in das durch Art. 8 EMRK geschützte Recht auf Privatleben darstellen würde (vgl. zu den Voraussetzungen einer Atypik BVerwG, Urteil vom 26.08.2008 - 1 C 32,07 - BVerwGE 131, 370; vom 30.04.2009 - 1 C 3.08 - NVwZ 2009, 1239; GK-AufenthG § 5 Rn. 21 f.). Der Senat kann dabei offen lassen, ob diesem Gesichtspunkt aus systematischen Gründen nicht ohnehin nur im Rahmen des § 25 Abs. 5 AufenthG Rechnung getragen werden könnte. Ausgehend vom dem konventionsrechtlichen Grundsatz, dass durch Art. 8 EMRK und das hierin garantierte Recht auf Privatleben in aller Regel das Recht der Konventionsstaaten, souverän über die Einreise und den weiteren Aufenthalt von Ausländern und damit über die Zusammensetzung seiner Wohnbevölkerung zu entscheiden, nicht eingeschränkt wird (vgl. EGMR, Urteil vom 18.10.2006 - 46410/99 -, Üner/Niederlande, NVwZ 2007, 1279 m.w.N.), bedarf es der Feststellung besonderer Umstände, um die Verweigerung des weiteren Aufenthalts auch im Hinblick auf die Begehung von nicht unerheblichen Straftaten noch Ende des Jahres 2009 als unverhältnismäßig erscheinen zu lassen. Soweit der Kläger einwendet, er habe in einem Verbotsirrtum gehandelt, trifft es jedenfalls nicht zu, dass die Staatsanwaltschaft in ihrem Vermerk zum Strafbefehlsantrag einen Verbotsirrtum ausdrücklich festgestellt hatte. Die Staatsanwaltschaft geht lediglich davon aus, dass, falls ein solcher vorgelegen haben sollte, dieses den Kläger nicht entschuldige und dieser Umstand nur bei der Strafzumessung berücksichtigt werden könne. Der Senat vermag schon nicht festzustellen, dass dem Kläger, der erst als Erwachsener in das Bundesgebiet eingereist war, eine Rückkehr nach Serbien unzumutbar sein könnte, weil er über keinerlei Bindungen mehr verfügt und deshalb als entwurzelt anzusehen sein könnte. Die Tatsache, dass verschiedene nähere und fernere Verwandte in der Bundesrepublik leben, er hier seinen Lebensmittelpunkt und mittlerweile sein Auskommen gefunden hat und die deutsche Sprache beherrscht, besagt nicht, dass er den Lebensverhältnissen in Serbien in einem Maße entfremdet sein könnte, das eine Reintegration unmöglich machen könnte. Dass der Kläger sich durchaus noch mit seinem Heimatland verbunden fühlt, kommt exemplarisch darin zum Ausdruck, dass seine in Deutschland mit einer deutschen Staatsangehörigen geschlossene und in Deutschland gelebte Ehe in Serbien geschieden wurde, wobei der Senat einmal offen lässt, aus welchem Umstand das serbische Gericht seine Zuständigkeit abgeleitet haben könnte. Aus den bei den Akten befindlichen Kopien seines Reisepasses ergeben sich auch zahlreiche Reisen nach Serbien zwischen 2010 und 2012. Auch aus der Tat und ihrer Begehung folgt keine Atypik. Denn die abgeurteilten Taten des Klägers entsprechen, wie er im Grunde in der Berufungsbegründung selbst eingeräumt hat, den typischen Handlungsweisen, auf die mit den Mitteln des Strafrechts reagiert wird, um diese zu unterbinden. Es geht um die Gefährdung von Gläubigern, denen nicht rechtzeitig signalisiert wird, dass der Betrieb nicht mehr zahlungsfähig ist, und die daher die Geschäftsbeziehungen fortsetzen und Aufwendungen tätigen, denen keine äquivalenten Forderungen mehr gegenüber stehen. Dass der Kläger bis zur Aufdeckung der Insolvenz immer noch gehofft hatte und der Realität nicht in die Augen sehen wollte, ist aber nichts atypisches, sondern liegt im Spektrum des als strafwürdig sanktionierten Verhaltens.
32 
b) Einem Erfolg seines Begehrens steht zudem ein weiterer Umstand entgegen. Mit der angegriffenen Verfügung war auch die Geltungsdauer der ursprünglich bis zum 08.07.2012 verlängerten Aufenthaltserlaubnis auf den 07.12.2011 verkürzt worden. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts hatte sich dieser Teil der Verfügung vom 07.12.2011 nicht durch Zeitablauf erledigt, weil sie nämlich Grundlage einer hier beantragten Verlängerung nach § 31 Abs. 4 Satz 2 AufenthG sein kann und auch sein muss, da der Fortbestand des Titels Erteilungsvoraussetzung der Verlängerung ist. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 22.06.2011 - 1 C 5.10 - BVerwGE 140, 64) geht das Aufenthaltsgesetz nach seiner Struktur davon aus, dass eine Verlängerung eines Aufenthaltstitels nur dann möglich ist, wenn der Antrag auf Verlängerung vor Ablauf des bisher erteilten Titels erfolgt ist, andernfalls ist nur eine Neuerteilung möglich, sofern die Voraussetzungen für eine Ersterteilung (vgl. insbesondere auch § 5 Abs. 2 AufenthG) noch vorliegen. Wie das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 22.06.2011 weiter entschieden hat, kommen die Privilegierungen des § 31 AufenthG, die eine Legalisierung des Aufenthalts losgelöst von allen sonstigen Aufenthaltszwecken des Aufenthaltsgesetzes ermöglichen, nur dann zum Tragen, wenn es sich um Verlängerungsfälle handelt, wenn somit zum Zeitpunkt der Antragstellung der Titel noch gültig und nicht abgelaufen ist und deshalb noch ein hinreichender zeitlicher und inhaltlicher Zusammenhang zu dem früher allein zum Zwecke des Familiennachzug erteilten Aufenthaltstitel besteht, der es allein rechtfertigt, den Betroffenen den weiteren Aufenthalt ungeachtet aller nach dem Aufenthaltsgesetz in zulässiger Weise verfolgbaren Aufenthaltszwecke zu ermöglichen. Auch wenn nach einer bereits erfolgten ersten Verlängerung im Falle einer weiteren Verlängerung der zeitliche Zusammenhang mit dem früheren Aufenthalt zum Zwecke des Familiennachzugs weniger stark ist, so bleibt dieser maßgebliche Gesichtspunkt wegen des nach wie vor bestehenden inhaltlichen Zusammenhangs gleichwohl tragfähig. Eine Privilegierung und eine Lösung von den sonstigen Aufenthaltszwecken des Aufenthaltsgesetzes würde nicht einleuchten, wenn der „Verlängerungsantrag“ etwa erst (unterschiedlich lange Zeit) nach dem Erlöschen des vorangegangenen Titels gestellt würde. Schon aus diesem Grund war eine Erledigung durch Zeitlablauf nicht eingetreten, infolge der beiderseitigen Erledigungserklärung in der mündlichen Verhandlung ist die Rechtshängigkeit der insoweit erhobenen Anfechtungsklage entfallen (vgl. Sodan/Ziekow, VwGO, 3. Aufl., § 161 Rn. 66) und dieser Teil der angefochtenen Verfügung unanfechtbar geworden ist mit der Folge, dass der hier einmal zugunsten des Klägers im Widerspruchsschreiben vom 10.01.2012 gesehene Antrag zu einem Zeitpunkt gestellt wurde, zu dem der Kläger nicht mehr im Besitz des Titels war (vgl. auch § 84 Abs. 2 Satz 1 AufenthG) und deshalb eine Verlängerung nach § 31 Abs. 4 Satz 2 AufenthG ausscheiden muss. Eine Ersterteilung eines Titels nach § 31 AufenthG ist aber, wie ausgeführt, nicht möglich.
33 
Im Übrigen vermag der Senat nicht zu erkennen, dass eine nachträgliche Verkürzung der Geltungsdauer nach § 7 Abs. 2 Satz 2 AufenthG nicht in Betracht gekommen wäre.
34 
2. Da der Kläger sogar vollziehbar ausreisepflichtig ist, ist die gegen ihn ergangene selbst vollziehbare Abschiebungsandrohung (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 2 VwGO i.V.m. § 12 bwVwVG) nicht zu beanstanden (vgl. § 59 Abs. 1 AufenthG).
35 
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Revision war nicht im Hinblick auf § 132 Abs. 2 VwGO zuzulassen.
36 
Beschluss vom 26. Februar 2014
37 
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG auf 5.000,-- EUR festgesetzt.
38 
Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist ein befristeter Aufenthaltstitel. Sie wird zu den in den nachfolgenden Abschnitten genannten Aufenthaltszwecken erteilt. In begründeten Fällen kann eine Aufenthaltserlaubnis auch für einen von diesem Gesetz nicht vorgesehenen Aufenthaltszweck erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis nach Satz 3 berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis ist unter Berücksichtigung des beabsichtigten Aufenthaltszwecks zu befristen. Ist eine für die Erteilung, die Verlängerung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen, so kann die Frist auch nachträglich verkürzt werden.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet für ausländische Familienangehörige (Familiennachzug) wird zum Schutz von Ehe und Familie gemäß Artikel 6 des Grundgesetzes erteilt und verlängert.

(1a) Ein Familiennachzug wird nicht zugelassen, wenn

1.
feststeht, dass die Ehe oder das Verwandtschaftsverhältnis ausschließlich zu dem Zweck geschlossen oder begründet wurde, dem Nachziehenden die Einreise in das und den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen, oder
2.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme begründen, dass einer der Ehegatten zur Eingehung der Ehe genötigt wurde.

(2) Für die Herstellung und Wahrung einer lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft im Bundesgebiet finden die Absätze 1a und 3, § 9 Abs. 3, § 9c Satz 2, die §§ 28 bis 31, 36a, 51 Absatz 2 und 10 Satz 2 entsprechende Anwendung.

(3) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs kann versagt werden, wenn derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfindet, für den Unterhalt von anderen Familienangehörigen oder anderen Haushaltsangehörigen auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen ist. Von § 5 Abs. 1 Nr. 2 kann abgesehen werden.

(3a) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs ist zu versagen, wenn derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfinden soll,

1.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuches bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuches vorbereitet oder vorbereitet hat,
2.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
3.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
4.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs darf längstens für den Gültigkeitszeitraum der Aufenthaltserlaubnis des Ausländers erteilt werden, zu dem der Familiennachzug stattfindet. Sie ist für diesen Zeitraum zu erteilen, wenn der Ausländer, zu dem der Familiennachzug stattfindet, eine Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18d, 18f oder § 38a besitzt, eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte oder eine Mobiler-ICT-Karte besitzt oder sich gemäß § 18e berechtigt im Bundesgebiet aufhält. Im Übrigen ist die Aufenthaltserlaubnis erstmals für mindestens ein Jahr zu erteilen.

(5) (weggefallen)

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen

1.
Ehegatten eines Deutschen,
2.
minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen,
3.
Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge
zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Sie ist abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 zu erteilen. Sie soll in der Regel abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 erteilt werden. Sie kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 dem nicht personensorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen erteilt werden, wenn die familiäre Gemeinschaft schon im Bundesgebiet gelebt wird. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 ist in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Dem Ausländer ist in der Regel eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht, kein Ausweisungsinteresse besteht und er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Im Übrigen wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht.

(3) Die §§ 31 und 34 finden mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle des Aufenthaltstitels des Ausländers der gewöhnliche Aufenthalt des Deutschen im Bundesgebiet tritt. Die einem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge erteilte Aufenthaltserlaubnis ist auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und das Kind sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt.

(4) Auf sonstige Familienangehörige findet § 36 entsprechende Anwendung.

(5) (weggefallen)

(1) Die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten wird im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht für ein Jahr verlängert, wenn

1.
die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat oder
2.
der Ausländer gestorben ist, während die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet bestand
und der Ausländer bis dahin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU war, es sei denn, er konnte die Verlängerung aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht rechtzeitig beantragen. Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Aufenthaltserlaubnis des Ausländers nicht verlängert oder dem Ausländer keine Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erteilt werden darf, weil dies durch eine Rechtsnorm wegen des Zwecks des Aufenthalts oder durch eine Nebenbestimmung zur Aufenthaltserlaubnis nach § 8 Abs. 2 ausgeschlossen ist.

(2) Von der Voraussetzung des dreijährigen rechtmäßigen Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 ist abzusehen, soweit es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, dem Ehegatten den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen, es sei denn, für den Ausländer ist die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ausgeschlossen. Eine besondere Härte liegt insbesondere vor, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit des Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam ist oder aufgehoben worden ist, wenn dem Ehegatten wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenden Rückkehrverpflichtung eine erhebliche Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange droht oder wenn dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar ist; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn der Ehegatte Opfer häuslicher Gewalt ist. Zu den schutzwürdigen Belangen zählt auch das Wohl eines mit dem Ehegatten in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden Kindes. Zur Vermeidung von Missbrauch kann die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis versagt werden, wenn der Ehegatte aus einem von ihm zu vertretenden Grund auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen ist.

(3) Wenn der Lebensunterhalt des Ehegatten nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft durch Unterhaltsleistungen aus eigenen Mitteln des Ausländers gesichert ist und dieser eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, ist dem Ehegatten abweichend von § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 5 und 6 ebenfalls eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen.

(4) Die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch steht der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis unbeschadet des Absatzes 2 Satz 4 nicht entgegen. Danach kann die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, solange die Voraussetzungen für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU nicht vorliegen.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist ein befristeter Aufenthaltstitel. Sie wird zu den in den nachfolgenden Abschnitten genannten Aufenthaltszwecken erteilt. In begründeten Fällen kann eine Aufenthaltserlaubnis auch für einen von diesem Gesetz nicht vorgesehenen Aufenthaltszweck erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis nach Satz 3 berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis ist unter Berücksichtigung des beabsichtigten Aufenthaltszwecks zu befristen. Ist eine für die Erteilung, die Verlängerung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen, so kann die Frist auch nachträglich verkürzt werden.

(1) Auf die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis finden dieselben Vorschriften Anwendung wie auf die Erteilung.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis kann in der Regel nicht verlängert werden, wenn die zuständige Behörde dies bei einem seiner Zweckbestimmung nach nur vorübergehenden Aufenthalt bei der Erteilung oder der zuletzt erfolgten Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ausgeschlossen hat.

(3) Vor der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ist festzustellen, ob der Ausländer einer etwaigen Pflicht zur ordnungsgemäßen Teilnahme am Integrationskurs nachgekommen ist. Verletzt ein Ausländer seine Verpflichtung nach § 44a Abs. 1 Satz 1 zur ordnungsgemäßen Teilnahme an einem Integrationskurs, ist dies bei der Entscheidung über die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis zu berücksichtigen. Besteht kein Anspruch auf Erteilung der Aufenthaltserlaubnis, soll bei wiederholter und gröblicher Verletzung der Pflichten nach Satz 1 die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis abgelehnt werden. Besteht ein Anspruch auf Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis nur nach diesem Gesetz, kann die Verlängerung abgelehnt werden, es sei denn, der Ausländer erbringt den Nachweis, dass seine Integration in das gesellschaftliche und soziale Leben anderweitig erfolgt ist. Bei der Entscheidung sind die Dauer des rechtmäßigen Aufenthalts, schutzwürdige Bindung des Ausländers an das Bundesgebiet und die Folgen einer Aufenthaltsbeendigung für seine rechtmäßig im Bundesgebiet lebenden Familienangehörigen zu berücksichtigen. War oder ist ein Ausländer zur Teilnahme an einem Integrationskurs nach § 44a Absatz 1 Satz 1 verpflichtet, soll die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis jeweils auf höchstens ein Jahr befristet werden, solange er den Integrationskurs noch nicht erfolgreich abgeschlossen oder noch nicht den Nachweis erbracht hat, dass seine Integration in das gesellschaftliche und soziale Leben anderweitig erfolgt ist.

(4) Absatz 3 ist nicht anzuwenden auf die Verlängerung einer nach § 25 Absatz 1, 2 oder Absatz 3 erteilten Aufenthaltserlaubnis.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist ein befristeter Aufenthaltstitel. Sie wird zu den in den nachfolgenden Abschnitten genannten Aufenthaltszwecken erteilt. In begründeten Fällen kann eine Aufenthaltserlaubnis auch für einen von diesem Gesetz nicht vorgesehenen Aufenthaltszweck erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis nach Satz 3 berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis ist unter Berücksichtigung des beabsichtigten Aufenthaltszwecks zu befristen. Ist eine für die Erteilung, die Verlängerung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen, so kann die Frist auch nachträglich verkürzt werden.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten wird im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht für ein Jahr verlängert, wenn

1.
die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat oder
2.
der Ausländer gestorben ist, während die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet bestand
und der Ausländer bis dahin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU war, es sei denn, er konnte die Verlängerung aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht rechtzeitig beantragen. Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Aufenthaltserlaubnis des Ausländers nicht verlängert oder dem Ausländer keine Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erteilt werden darf, weil dies durch eine Rechtsnorm wegen des Zwecks des Aufenthalts oder durch eine Nebenbestimmung zur Aufenthaltserlaubnis nach § 8 Abs. 2 ausgeschlossen ist.

(2) Von der Voraussetzung des dreijährigen rechtmäßigen Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 ist abzusehen, soweit es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, dem Ehegatten den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen, es sei denn, für den Ausländer ist die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ausgeschlossen. Eine besondere Härte liegt insbesondere vor, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit des Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam ist oder aufgehoben worden ist, wenn dem Ehegatten wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenden Rückkehrverpflichtung eine erhebliche Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange droht oder wenn dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar ist; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn der Ehegatte Opfer häuslicher Gewalt ist. Zu den schutzwürdigen Belangen zählt auch das Wohl eines mit dem Ehegatten in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden Kindes. Zur Vermeidung von Missbrauch kann die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis versagt werden, wenn der Ehegatte aus einem von ihm zu vertretenden Grund auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen ist.

(3) Wenn der Lebensunterhalt des Ehegatten nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft durch Unterhaltsleistungen aus eigenen Mitteln des Ausländers gesichert ist und dieser eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, ist dem Ehegatten abweichend von § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 5 und 6 ebenfalls eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen.

(4) Die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch steht der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis unbeschadet des Absatzes 2 Satz 4 nicht entgegen. Danach kann die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, solange die Voraussetzungen für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU nicht vorliegen.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist ein befristeter Aufenthaltstitel. Sie wird zu den in den nachfolgenden Abschnitten genannten Aufenthaltszwecken erteilt. In begründeten Fällen kann eine Aufenthaltserlaubnis auch für einen von diesem Gesetz nicht vorgesehenen Aufenthaltszweck erteilt werden. Die Aufenthaltserlaubnis nach Satz 3 berechtigt nicht zur Erwerbstätigkeit; sie kann nach § 4a Absatz 1 erlaubt werden.

(2) Die Aufenthaltserlaubnis ist unter Berücksichtigung des beabsichtigten Aufenthaltszwecks zu befristen. Ist eine für die Erteilung, die Verlängerung oder die Bestimmung der Geltungsdauer wesentliche Voraussetzung entfallen, so kann die Frist auch nachträglich verkürzt werden.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten wird im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht für ein Jahr verlängert, wenn

1.
die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat oder
2.
der Ausländer gestorben ist, während die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet bestand
und der Ausländer bis dahin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU war, es sei denn, er konnte die Verlängerung aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht rechtzeitig beantragen. Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Aufenthaltserlaubnis des Ausländers nicht verlängert oder dem Ausländer keine Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erteilt werden darf, weil dies durch eine Rechtsnorm wegen des Zwecks des Aufenthalts oder durch eine Nebenbestimmung zur Aufenthaltserlaubnis nach § 8 Abs. 2 ausgeschlossen ist.

(2) Von der Voraussetzung des dreijährigen rechtmäßigen Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 ist abzusehen, soweit es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, dem Ehegatten den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen, es sei denn, für den Ausländer ist die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ausgeschlossen. Eine besondere Härte liegt insbesondere vor, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit des Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam ist oder aufgehoben worden ist, wenn dem Ehegatten wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenden Rückkehrverpflichtung eine erhebliche Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange droht oder wenn dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar ist; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn der Ehegatte Opfer häuslicher Gewalt ist. Zu den schutzwürdigen Belangen zählt auch das Wohl eines mit dem Ehegatten in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden Kindes. Zur Vermeidung von Missbrauch kann die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis versagt werden, wenn der Ehegatte aus einem von ihm zu vertretenden Grund auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen ist.

(3) Wenn der Lebensunterhalt des Ehegatten nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft durch Unterhaltsleistungen aus eigenen Mitteln des Ausländers gesichert ist und dieser eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, ist dem Ehegatten abweichend von § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 5 und 6 ebenfalls eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen.

(4) Die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch steht der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis unbeschadet des Absatzes 2 Satz 4 nicht entgegen. Danach kann die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, solange die Voraussetzungen für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU nicht vorliegen.

(1) Ausländer bedürfen für die Einreise und den Aufenthalt im Bundesgebiet eines Aufenthaltstitels, sofern nicht durch Recht der Europäischen Union oder durch Rechtsverordnung etwas anderes bestimmt ist oder auf Grund des Abkommens vom 12. September 1963 zur Gründung einer Assoziation zwischen der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft und der Türkei (BGBl. 1964 II S. 509) (Assoziationsabkommen EWG/Türkei) ein Aufenthaltsrecht besteht. Die Aufenthaltstitel werden erteilt als

1.
Visum im Sinne des § 6 Absatz 1 Nummer 1 und Absatz 3,
2.
Aufenthaltserlaubnis (§ 7),
2a.
Blaue Karte EU (§ 18b Absatz 2),
2b.
ICT-Karte (§ 19),
2c.
Mobiler-ICT-Karte (§ 19b),
3.
Niederlassungserlaubnis (§ 9) oder
4.
Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU (§ 9a).
Die für die Aufenthaltserlaubnis geltenden Rechtsvorschriften werden auch auf die Blaue Karte EU, die ICT-Karte und die Mobiler-ICT-Karte angewandt, sofern durch Gesetz oder Rechtsverordnung nichts anderes bestimmt ist.

(2) Ein Ausländer, dem nach dem Assoziationsabkommen EWG/Türkei ein Aufenthaltsrecht zusteht, ist verpflichtet, das Bestehen des Aufenthaltsrechts durch den Besitz einer Aufenthaltserlaubnis nachzuweisen, sofern er weder eine Niederlassungserlaubnis noch eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt. Die Aufenthaltserlaubnis wird auf Antrag ausgestellt.

(1) Die Aufenthaltserlaubnis ist dem ausländischen

1.
Ehegatten eines Deutschen,
2.
minderjährigen ledigen Kind eines Deutschen,
3.
Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge
zu erteilen, wenn der Deutsche seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet hat. Sie ist abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 zu erteilen. Sie soll in der Regel abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 erteilt werden. Sie kann abweichend von § 5 Abs. 1 Nr. 1 dem nicht personensorgeberechtigten Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen erteilt werden, wenn die familiäre Gemeinschaft schon im Bundesgebiet gelebt wird. § 30 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2, Satz 3 und Abs. 2 Satz 1 ist in den Fällen des Satzes 1 Nr. 1 entsprechend anzuwenden.

(2) Dem Ausländer ist in der Regel eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen, wenn er drei Jahre im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis ist, die familiäre Lebensgemeinschaft mit dem Deutschen im Bundesgebiet fortbesteht, kein Ausweisungsinteresse besteht und er über ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache verfügt. § 9 Absatz 2 Satz 2 bis 5 gilt entsprechend. Im Übrigen wird die Aufenthaltserlaubnis verlängert, solange die familiäre Lebensgemeinschaft fortbesteht.

(3) Die §§ 31 und 34 finden mit der Maßgabe Anwendung, dass an die Stelle des Aufenthaltstitels des Ausländers der gewöhnliche Aufenthalt des Deutschen im Bundesgebiet tritt. Die einem Elternteil eines minderjährigen ledigen Deutschen zur Ausübung der Personensorge erteilte Aufenthaltserlaubnis ist auch nach Eintritt der Volljährigkeit des Kindes zu verlängern, solange das Kind mit ihm in familiärer Lebensgemeinschaft lebt und das Kind sich in einer Ausbildung befindet, die zu einem anerkannten schulischen oder beruflichen Bildungsabschluss oder Hochschulabschluss führt.

(4) Auf sonstige Familienangehörige findet § 36 entsprechende Anwendung.

(5) (weggefallen)

(1) Die Aufenthaltserlaubnis zur Herstellung und Wahrung der familiären Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet für ausländische Familienangehörige (Familiennachzug) wird zum Schutz von Ehe und Familie gemäß Artikel 6 des Grundgesetzes erteilt und verlängert.

(1a) Ein Familiennachzug wird nicht zugelassen, wenn

1.
feststeht, dass die Ehe oder das Verwandtschaftsverhältnis ausschließlich zu dem Zweck geschlossen oder begründet wurde, dem Nachziehenden die Einreise in das und den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen, oder
2.
tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme begründen, dass einer der Ehegatten zur Eingehung der Ehe genötigt wurde.

(2) Für die Herstellung und Wahrung einer lebenspartnerschaftlichen Gemeinschaft im Bundesgebiet finden die Absätze 1a und 3, § 9 Abs. 3, § 9c Satz 2, die §§ 28 bis 31, 36a, 51 Absatz 2 und 10 Satz 2 entsprechende Anwendung.

(3) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs kann versagt werden, wenn derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfindet, für den Unterhalt von anderen Familienangehörigen oder anderen Haushaltsangehörigen auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen ist. Von § 5 Abs. 1 Nr. 2 kann abgesehen werden.

(3a) Die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs ist zu versagen, wenn derjenige, zu dem der Familiennachzug stattfinden soll,

1.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuches bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuches vorbereitet oder vorbereitet hat,
2.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
3.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
4.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt.

(4) Eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck des Familiennachzugs darf längstens für den Gültigkeitszeitraum der Aufenthaltserlaubnis des Ausländers erteilt werden, zu dem der Familiennachzug stattfindet. Sie ist für diesen Zeitraum zu erteilen, wenn der Ausländer, zu dem der Familiennachzug stattfindet, eine Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 18d, 18f oder § 38a besitzt, eine Blaue Karte EU, eine ICT-Karte oder eine Mobiler-ICT-Karte besitzt oder sich gemäß § 18e berechtigt im Bundesgebiet aufhält. Im Übrigen ist die Aufenthaltserlaubnis erstmals für mindestens ein Jahr zu erteilen.

(5) (weggefallen)

(1) Die Aufenthaltserlaubnis des Ehegatten wird im Falle der Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft als eigenständiges, vom Zweck des Familiennachzugs unabhängiges Aufenthaltsrecht für ein Jahr verlängert, wenn

1.
die eheliche Lebensgemeinschaft seit mindestens drei Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet bestanden hat oder
2.
der Ausländer gestorben ist, während die eheliche Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet bestand
und der Ausländer bis dahin im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis, Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU war, es sei denn, er konnte die Verlängerung aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen nicht rechtzeitig beantragen. Satz 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Aufenthaltserlaubnis des Ausländers nicht verlängert oder dem Ausländer keine Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU erteilt werden darf, weil dies durch eine Rechtsnorm wegen des Zwecks des Aufenthalts oder durch eine Nebenbestimmung zur Aufenthaltserlaubnis nach § 8 Abs. 2 ausgeschlossen ist.

(2) Von der Voraussetzung des dreijährigen rechtmäßigen Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft im Bundesgebiet nach Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 ist abzusehen, soweit es zur Vermeidung einer besonderen Härte erforderlich ist, dem Ehegatten den weiteren Aufenthalt zu ermöglichen, es sei denn, für den Ausländer ist die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis ausgeschlossen. Eine besondere Härte liegt insbesondere vor, wenn die Ehe nach deutschem Recht wegen Minderjährigkeit des Ehegatten im Zeitpunkt der Eheschließung unwirksam ist oder aufgehoben worden ist, wenn dem Ehegatten wegen der aus der Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft erwachsenden Rückkehrverpflichtung eine erhebliche Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange droht oder wenn dem Ehegatten wegen der Beeinträchtigung seiner schutzwürdigen Belange das weitere Festhalten an der ehelichen Lebensgemeinschaft unzumutbar ist; dies ist insbesondere anzunehmen, wenn der Ehegatte Opfer häuslicher Gewalt ist. Zu den schutzwürdigen Belangen zählt auch das Wohl eines mit dem Ehegatten in familiärer Lebensgemeinschaft lebenden Kindes. Zur Vermeidung von Missbrauch kann die Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis versagt werden, wenn der Ehegatte aus einem von ihm zu vertretenden Grund auf Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch angewiesen ist.

(3) Wenn der Lebensunterhalt des Ehegatten nach Aufhebung der ehelichen Lebensgemeinschaft durch Unterhaltsleistungen aus eigenen Mitteln des Ausländers gesichert ist und dieser eine Niederlassungserlaubnis oder eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt, ist dem Ehegatten abweichend von § 9 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, 5 und 6 ebenfalls eine Niederlassungserlaubnis zu erteilen.

(4) Die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch steht der Verlängerung der Aufenthaltserlaubnis unbeschadet des Absatzes 2 Satz 4 nicht entgegen. Danach kann die Aufenthaltserlaubnis verlängert werden, solange die Voraussetzungen für die Erteilung der Niederlassungserlaubnis oder Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU nicht vorliegen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Der Ausländer ist abzuschieben, wenn die Ausreisepflicht vollziehbar ist, eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist, und die freiwillige Erfüllung der Ausreisepflicht nicht gesichert ist oder aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung eine Überwachung der Ausreise erforderlich erscheint. Bei Eintritt einer der in § 59 Absatz 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen innerhalb der Ausreisefrist soll der Ausländer vor deren Ablauf abgeschoben werden.

(1a) Vor der Abschiebung eines unbegleiteten minderjährigen Ausländers hat sich die Behörde zu vergewissern, dass dieser im Rückkehrstaat einem Mitglied seiner Familie, einer zur Personensorge berechtigten Person oder einer geeigneten Aufnahmeeinrichtung übergeben wird.

(1b) Ein Ausländer, der eine Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU besitzt oder eine entsprechende Rechtsstellung in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union innehat und in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union international Schutzberechtigter ist, darf außer in den Fällen des § 60 Absatz 8 Satz 1 nur in den schutzgewährenden Mitgliedstaat abgeschoben werden. § 60 Absatz 2, 3, 5 und 7 bleibt unberührt.

(2) Die Ausreisepflicht ist vollziehbar, wenn der Ausländer

1.
unerlaubt eingereist ist,
2.
noch nicht die erstmalige Erteilung des erforderlichen Aufenthaltstitels oder noch nicht die Verlängerung beantragt hat oder trotz erfolgter Antragstellung der Aufenthalt nicht nach § 81 Abs. 3 als erlaubt oder der Aufenthaltstitel nach § 81 Abs. 4 nicht als fortbestehend gilt oder
3.
auf Grund einer Rückführungsentscheidung eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union gemäß Artikel 3 der Richtlinie 2001/40/EG des Rates vom 28. Mai 2001 über die gegenseitige Anerkennung von Entscheidungen über die Rückführung von Drittstaatsangehörigen (ABl. EG Nr. L 149 S. 34) ausreisepflichtig wird, sofern diese von der zuständigen Behörde anerkannt wird.
Im Übrigen ist die Ausreisepflicht erst vollziehbar, wenn die Versagung des Aufenthaltstitels oder der sonstige Verwaltungsakt, durch den der Ausländer nach § 50 Abs. 1 ausreisepflichtig wird, vollziehbar ist.

(3) Die Überwachung der Ausreise ist insbesondere erforderlich, wenn der Ausländer

1.
sich auf richterliche Anordnung in Haft oder in sonstigem öffentlichen Gewahrsam befindet,
2.
innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nicht ausgereist ist,
3.
auf Grund eines besonders schwerwiegenden Ausweisungsinteresses nach § 54 Absatz 1 in Verbindung mit § 53 ausgewiesen worden ist,
4.
mittellos ist,
5.
keinen Pass oder Passersatz besitzt,
6.
gegenüber der Ausländerbehörde zum Zweck der Täuschung unrichtige Angaben gemacht oder die Angaben verweigert hat oder
7.
zu erkennen gegeben hat, dass er seiner Ausreisepflicht nicht nachkommen wird.

(4) Die die Abschiebung durchführende Behörde ist befugt, zum Zweck der Abschiebung den Ausländer zum Flughafen oder Grenzübergang zu verbringen und ihn zu diesem Zweck kurzzeitig festzuhalten. Das Festhalten ist auf das zur Durchführung der Abschiebung unvermeidliche Maß zu beschränken.

(5) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde die Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung betreten, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass sich der Ausländer dort befindet. Die Wohnung umfasst die Wohn- und Nebenräume, Arbeits-, Betriebs- und Geschäftsräume sowie anderes befriedetes Besitztum.

(6) Soweit der Zweck der Durchführung der Abschiebung es erfordert, kann die die Abschiebung durchführende Behörde eine Durchsuchung der Wohnung des abzuschiebenden Ausländers zu dem Zweck seiner Ergreifung vornehmen. Bei anderen Personen sind Durchsuchungen nur zur Ergreifung des abzuschiebenden Ausländers zulässig, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass der Ausländer sich in den zu durchsuchenden Räumen befindet. Absatz 5 Satz 2 gilt entsprechend.

(7) Zur Nachtzeit darf die Wohnung nur betreten oder durchsucht werden, wenn Tatsachen vorliegen, aus denen zu schließen ist, dass die Ergreifung des Ausländers zum Zweck seiner Abschiebung andernfalls vereitelt wird. Die Organisation der Abschiebung ist keine Tatsache im Sinne von Satz 1.

(8) Durchsuchungen nach Absatz 6 dürfen nur durch den Richter, bei Gefahr im Verzug auch durch die die Abschiebung durchführende Behörde angeordnet werden. Die Annahme von Gefahr im Verzug kann nach Betreten der Wohnung nach Absatz 5 nicht darauf gestützt werden, dass der Ausländer nicht angetroffen wurde.

(9) Der Inhaber der zu durchsuchenden Räume darf der Durchsuchung beiwohnen. Ist er abwesend, so ist, wenn möglich, sein Vertreter oder ein erwachsener Angehöriger, Hausgenosse oder Nachbar hinzuzuziehen. Dem Inhaber oder der in dessen Abwesenheit hinzugezogenen Person ist in den Fällen des Absatzes 6 Satz 2 der Zweck der Durchsuchung vor deren Beginn bekannt zu machen. Über die Durchsuchung ist eine Niederschrift zu fertigen. Sie muss die verantwortliche Dienststelle, Grund, Zeit und Ort der Durchsuchung und, falls keine gerichtliche Anordnung ergangen ist, auch Tatsachen, welche die Annahme einer Gefahr im Verzug begründet haben, enthalten. Dem Wohnungsinhaber oder seinem Vertreter ist auf Verlangen eine Abschrift der Niederschrift auszuhändigen. Ist die Anfertigung der Niederschrift oder die Aushändigung einer Abschrift nach den besonderen Umständen des Falles nicht möglich oder würde sie den Zweck der Durchsuchung gefährden, so sind dem Wohnungsinhaber oder der hinzugezogenen Person lediglich die Durchsuchung unter Angabe der verantwortlichen Dienststelle sowie Zeit und Ort der Durchsuchung schriftlich zu bestätigen.

(10) Weitergehende Regelungen der Länder, die den Regelungsgehalt der Absätze 5 bis 9 betreffen, bleiben unberührt.

(1) Die Abschiebung ist unter Bestimmung einer angemessenen Frist zwischen sieben und 30 Tagen für die freiwillige Ausreise anzudrohen. Ausnahmsweise kann eine kürzere Frist gesetzt oder von einer Fristsetzung abgesehen werden, wenn dies im Einzelfall zur Wahrung überwiegender öffentlicher Belange zwingend erforderlich ist, insbesondere wenn

1.
der begründete Verdacht besteht, dass der Ausländer sich der Abschiebung entziehen will, oder
2.
von dem Ausländer eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung ausgeht.
Unter den in Satz 2 genannten Voraussetzungen kann darüber hinaus auch von einer Abschiebungsandrohung abgesehen werden, wenn
1.
der Aufenthaltstitel nach § 51 Absatz 1 Nummer 3 bis 5 erloschen ist oder
2.
der Ausländer bereits unter Wahrung der Erfordernisse des § 77 auf das Bestehen seiner Ausreisepflicht hingewiesen worden ist.
Die Ausreisefrist kann unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen verlängert oder für einen längeren Zeitraum festgesetzt werden. § 60a Absatz 2 bleibt unberührt. Wenn die Vollziehbarkeit der Ausreisepflicht oder der Abschiebungsandrohung entfällt, wird die Ausreisefrist unterbrochen und beginnt nach Wiedereintritt der Vollziehbarkeit erneut zu laufen. Einer erneuten Fristsetzung bedarf es nicht. Nach Ablauf der Frist zur freiwilligen Ausreise darf der Termin der Abschiebung dem Ausländer nicht angekündigt werden.

(2) In der Androhung soll der Staat bezeichnet werden, in den der Ausländer abgeschoben werden soll, und der Ausländer darauf hingewiesen werden, dass er auch in einen anderen Staat abgeschoben werden kann, in den er einreisen darf oder der zu seiner Übernahme verpflichtet ist. Gebietskörperschaften im Sinne der Anhänge I und II der Verordnung (EU) 2018/1806 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. November 2018 zur Aufstellung der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige beim Überschreiten der Außengrenzen im Besitz eines Visums sein müssen, sowie der Liste der Drittländer, deren Staatsangehörige von dieser Visumpflicht befreit sind (ABl. L 303 vom 28.11.2018, S. 39), sind Staaten gleichgestellt.

(3) Dem Erlass der Androhung steht das Vorliegen von Abschiebungsverboten und Gründen für die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nicht entgegen. In der Androhung ist der Staat zu bezeichnen, in den der Ausländer nicht abgeschoben werden darf. Stellt das Verwaltungsgericht das Vorliegen eines Abschiebungsverbots fest, so bleibt die Rechtmäßigkeit der Androhung im Übrigen unberührt.

(4) Nach dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung bleiben für weitere Entscheidungen der Ausländerbehörde über die Abschiebung oder die Aussetzung der Abschiebung Umstände unberücksichtigt, die einer Abschiebung in den in der Abschiebungsandrohung bezeichneten Staat entgegenstehen und die vor dem Eintritt der Unanfechtbarkeit der Abschiebungsandrohung eingetreten sind; sonstige von dem Ausländer geltend gemachte Umstände, die der Abschiebung oder der Abschiebung in diesen Staat entgegenstehen, können unberücksichtigt bleiben. Die Vorschriften, nach denen der Ausländer die im Satz 1 bezeichneten Umstände gerichtlich im Wege der Klage oder im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nach der Verwaltungsgerichtsordnung geltend machen kann, bleiben unberührt.

(5) In den Fällen des § 58 Abs. 3 Nr. 1 bedarf es keiner Fristsetzung; der Ausländer wird aus der Haft oder dem öffentlichen Gewahrsam abgeschoben. Die Abschiebung soll mindestens eine Woche vorher angekündigt werden.

(6) Über die Fristgewährung nach Absatz 1 wird dem Ausländer eine Bescheinigung ausgestellt.

(7) Liegen der Ausländerbehörde konkrete Anhaltspunkte dafür vor, dass der Ausländer Opfer einer in § 25 Absatz 4a Satz 1 oder in § 25 Absatz 4b Satz 1 genannten Straftat wurde, setzt sie abweichend von Absatz 1 Satz 1 eine Ausreisefrist, die so zu bemessen ist, dass er eine Entscheidung über seine Aussagebereitschaft nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 3 oder nach § 25 Absatz 4b Satz 2 Nummer 2 treffen kann. Die Ausreisefrist beträgt mindestens drei Monate. Die Ausländerbehörde kann von der Festsetzung einer Ausreisefrist nach Satz 1 absehen, diese aufheben oder verkürzen, wenn

1.
der Aufenthalt des Ausländers die öffentliche Sicherheit und Ordnung oder sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder
2.
der Ausländer freiwillig nach der Unterrichtung nach Satz 4 wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.
Die Ausländerbehörde oder eine durch sie beauftragte Stelle unterrichtet den Ausländer über die geltenden Regelungen, Programme und Maßnahmen für Opfer von in § 25 Absatz 4a Satz 1 genannten Straftaten.

(8) Ausländer, die ohne die nach § 4a Absatz 5 erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit beschäftigt waren, sind vor der Abschiebung über die Rechte nach Artikel 6 Absatz 2 und Artikel 13 der Richtlinie 2009/52/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2009 über Mindeststandards für Sanktionen und Maßnahmen gegen Arbeitgeber, die Drittstaatsangehörige ohne rechtmäßigen Aufenthalt beschäftigen (ABl. L 168 vom 30.6.2009, S. 24), zu unterrichten.

(1) Widerspruch und Klage gegen

1.
die Ablehnung eines Antrages auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels,
1a.
Maßnahmen nach § 49,
2.
die Auflage nach § 61 Absatz 1e, in einer Ausreiseeinrichtung Wohnung zu nehmen,
2a.
Auflagen zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht nach § 61 Absatz 1e,
3.
die Änderung oder Aufhebung einer Nebenbestimmung, die die Ausübung einer Erwerbstätigkeit betrifft,
4.
den Widerruf des Aufenthaltstitels des Ausländers nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 in den Fällen des § 75 Absatz 2 Satz 1 des Asylgesetzes,
5.
den Widerruf oder die Rücknahme der Anerkennung von Forschungseinrichtungen für den Abschluss von Aufnahmevereinbarungen nach § 18d,
6.
die Ausreiseuntersagung nach § 46 Absatz 2 Satz 1,
7.
die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11,
8.
die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 6 sowie
9.
die Feststellung nach § 85a Absatz 1 Satz 2
haben keine aufschiebende Wirkung.

Die Klage gegen die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Absatz 7 hat keine aufschiebende Wirkung.

(2) Widerspruch und Klage lassen unbeschadet ihrer aufschiebenden Wirkung die Wirksamkeit der Ausweisung und eines sonstigen Verwaltungsaktes, der die Rechtmäßigkeit des Aufenthalts beendet, unberührt. Für Zwecke der Aufnahme oder Ausübung einer Erwerbstätigkeit gilt der Aufenthaltstitel als fortbestehend, solange die Frist zur Erhebung des Widerspruchs oder der Klage noch nicht abgelaufen ist, während eines gerichtlichen Verfahrens über einen zulässigen Antrag auf Anordnung oder Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung oder solange der eingelegte Rechtsbehelf aufschiebende Wirkung hat. Eine Unterbrechung der Rechtmäßigkeit des Aufenthalts tritt nicht ein, wenn der Verwaltungsakt durch eine behördliche oder unanfechtbare gerichtliche Entscheidung aufgehoben wird.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.