Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 09. Dez. 2016 - W 5 M 16.896

bei uns veröffentlicht am09.12.2016

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 12. August 2016 wird zurückgewiesen.

II. Die Kosten des Erinnerungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

III. Der Streitwert für das Erinnerungsverfahren wird auf 754,22 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin wandte sich mit der dem vorliegenden Verfahren vorausgegangenen Klage (W 5 K 14.605) gegen einen Bescheid der Stadt W. vom 21. November 2013, mit dem der Beigeladenen eine Baugenehmigung erteilt worden war.

Auf die gegen den Bescheid erhobene Klage hob das Verwaltungsgericht Würzburg die Baugenehmigung vom 21. November 2013 mit Urteil vom 3. März 2016, dem Bevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 14. März 2016, auf. Der Bevollmächtigte der Klägerin beantragte mit Schriftsatz vom 13. April 2016, eingegangen beim Bayer. Verwaltungsgericht Würzburg am gleichen Tag, die Zulassung der Berufung gegen das vg. Urteil. Das Schriftstück enthält neben dem Antrag lediglich den Satz, dass eine Begründung in einem besonderen Schriftsatz erfolge.

Mit Schreiben des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs vom 22. April 2016 wurde dem Bevollmächtigten der Klägerin der in Anlage beigefügte Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 3. März 2016 zugestellt und in richterlichem Auftrag gebeten, einstweilige Kenntnis zu nehmen und alle Schriftsätze 6-fach einzureichen. Mit Schriftsatz vom 17. Mai 2016, eingegangen beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof am gleichen Tag, nahm der Bevollmächtigte der Klägerin den Antrag auf Zulassung der Berufung zurück. Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Mai 2016 (9 ZB 16.780) wurde das Verfahren eingestellt und der Beigeladenen die Kosten des Zulassungsverfahrens auferlegt.

Mit Schriftsatz vom 17. Juni 2016 (eingegangen beim Bayer. Verwaltungsgericht Würzburg am 20. Juni 2016) stellte der Bevollmächtigte der Klägerin unter den Aktenzeichen W 5 K 14.605 und 9 ZB 16.780 einen Antrag auf Kostenfestsetzung und machte Kosten in Höhe von 754,22 EUR geltend; im Wesentlichen eine 1,1 Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3201 VV, § 13 RVG in Höhe von 613,80 EUR zzgl. 19% Umsatzsteuer.

Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12. August 2016 lehnte der Urkundsbeamte des Bayer. Verwaltungsgerichts Würzburg die Festsetzung der außergerichtlichen Aufwendungen der Klägerin für das Berufungszulassungsverfahren zulasten der unterlegenen Partei ab.

Zur Begründung wurde ausgeführt: Dem Bevollmächtigten der Klägerin sei in dem Berufungszulassungsverfahren lediglich die Rechtsmittelschrift mit der Bitte um Kenntnisnahme sowie der Beschluss des Bayer. Verwaltungsgerichtshofs vom 18. Mai 2016 zugestellt bzw. übersandt worden. Die Empfangnahme diese Schriftstücke gehöre gemäß § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 RVG noch zum Rechtszug des vorhergehenden Klageverfahrens. Diese Tätigkeit sei folglich mit der Vergütung dieses Verfahrens abgegolten. Die Festsetzung einer gesonderten Vergütung für das Berufungszulassungsverfahren sei daher abzulehnen.

Mit Schriftsatz vom 19. August 2016, eingegangen beim Bayer. Verwaltungsgericht Würzburg am 26. August 2016, beantragte der Bevollmächtigte der Klägerin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12. August 2016 die Entscheidung des Gerichts.

Zur Begründung wurde vorgetragen: Nach Zustellung des Antrags auf Zulassung der Berufung mit Schreiben des Gerichts vom 22. April 2016 habe die Klägerin ihm den Auftrag erteilt, sie in dem Verfahren auf Zulassung der Berufung und in der Berufung anwaltlich zu vertreten. Zunächst habe er zu diesem Zwecke prüfen sollen, ob und wann es erforderlich sei, sich gegen die Zulassungsbeschwerde zu wenden. Auftragsgemäß habe er geprüft, ob die Einreichung eines Schriftsatzes zur Abwehr der Nichtzulassungsbeschwerde erforderlich sei und die Beschwerdegegnerin hierzu beraten. Hierdurch sei die zur Festsetzung beantragte Verfahrensgebühr gemäß Nr. 3201 VV ausgelöst worden, die auch erstattungsfähig sei. Insoweit werde auf mehrere Entscheidungen verwiesen, so auf das Urteil des OLG Naumburg vom 18. Februar 2012 (10 W 67/11 KFB), auf den Beschluss des VG Karlsruhe vom 23. Juli 2015 (7 K 2180/15) sowie auf den Beschluss des KG vom 21. Januar 2009 (2 W 57/08).

Der Urkundsbeamte half der Erinnerung nicht ab und legte sie dem Gericht zur Entscheidung vor.

II.

Die Erinnerung, über die das Gericht in der Besetzung entscheidet, in der die zugrundeliegende Kostenentscheidung getroffen wurde - nämlich durch den Einzelrichter (BayVGH, B. v. 19.1.2007 – 24 C 06.2426 – BayVBl 2008, 417) -, ist nach §§ 165, 151 VwGO zulässig, jedoch unbegründet.

1. Der Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 12. August 2016, mit dem die Festsetzung der außergerichtlichen Aufwendungen der Klägerin für das Berufungszulassungsverfahren zulasten der unterlegenen Partei abgelehnt wurde, ist nicht zu beanstanden. Zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen nimmt das Gericht zunächst auf die zutreffenden Ausführungen des Urkundsbeamten im Kostenfestsetzungsbeschluss vom 12. August 2016 Bezug, folgt diesen und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 117 Abs. 5 VwGO).

2. Darüber hinaus ist Folgendes anzumerken: Die Verfahrensgebühr nach Nr. 3201 VV RVG entsteht, wenn der Rechtsanwalt im Rahmen der Erfüllung seines Prozessauftrags im Rechtsmittelverfahren - nicht zwingend auch nach außen - tätig geworden ist und dabei über die in § 19 Abs. 1 Satz 2 RVG genannte Neben- und Abwicklungstätigkeit, die noch zum 1. Rechtszug gehört, hinausgeht. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 RVG gehören zu dem Rechtszug oder dem Verfahren auch alle Vorbereitungs-, Neben- und Abwicklungstätigkeiten und solche Verfahren, die mit dem Rechtszug oder dem Verfahren zusammenhängen, wenn die Tätigkeit nicht nach § 18 RVG eine besondere Angelegenheit ist. Nach § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 RVG gehören hierzu insbesondere die Zustellung oder Empfangnahme von Entscheidungen oder Rechtsmittelschriften und ihre Mitteilung an den Auftraggeber, usw..

Eine bloße Neben- und Abwicklungstätigkeit im Sinne von § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 RVG liegt nicht mehr vor, wenn der Rechtsanwalt den begründeten Rechtsmittelschriftsatz entgegennimmt, diesen mit seinem Mandanten bespricht oder intern prüft, ob ein Mandant sich gegen das eingelegte Rechtsmittel wehren soll (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 1.7.2015 – OVG 3 K 56.15 – juris, unter Bezugnahme auf BGH, B.v. 25.10.2012 – IX ZB 62/10 – juris).

Darin fehlt es hier. Der Bevollmächtigte der Klägerin bringt zwar vor, dass er von dieser den Auftrag erhalten habe, sie im Berufungszulassungsverfahren zu vertreten, wobei er zunächst habe prüfen sollen, ob und wann es erforderlich sei, sich gegen die Zulassungsbeschwerde zu wehren. Auftragsgemäß habe er geprüft, ob die Einreichung eines Schriftsatzes zur Abwehr der Nichtzulassungsbeschwerde erforderlich sei und seine Mandantin hierzu beraten. Da jedoch zu diesem Zeitpunkt eine Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung noch nicht vorlag, kann es sich nicht um eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem eingelegten Rechtsmittel gehandelt haben. Damit gehört die vom Bevollmächtigten der Klägerin durchgeführte Tätigkeit aber noch zum ersten Rechtszug, es handelt sich um eine Neben- und Abwicklungstätigkeit i.S.v. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 RVG (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 1.7.2015 – OVG 3 K 56.15 – juris).

So gehören für den Prozessbevollmächtigten der Vorinstanz einige auf das Berufungs- und Berufungszulassungsverfahren bezogene Tätigkeiten zu den Neben- und Abwicklungstätigkeiten der Vorinstanz i.S.d. § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 RVG. Dazu zählt bei einem zu begründenden, aber noch nicht begründeten Rechtsmittel die Prüfung, ob etwas veranlasst ist (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 22. Aufl. 2015, § 19 Rn. 85 ff.). Hierbei liegt die Konstellation zugrunde, dass dem Prozessbevollmächtigten der Vorinstanz der Schriftsatz, mit dem der Gegner ein Rechtsmittel einlegt, das zu seiner Zulässigkeit einer Begründung bedarf, die aber noch nicht erfolgt ist, zugestellt wird. Diese Konstellation ist hier gegeben, denn dem Bevollmächtigten der Klägerin im Verfahren W 5 K 14.605 vor dem Verwaltungsgericht Würzburg wurde der Schriftsatz des Bevollmächtigten der Beigeladenen vom 13. April 2016, mit dem diese die Zulassung der Berufung beantragt hat, diese aber noch nicht begründet hat, sie aber sehr wohl zu begründen ist (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), am 26. April 2016 zugestellt. In diesem Fall wird der Rechtsanwalt auf einen Blick erkennen, dass derzeit nichts weiteres veranlasst ist, eine Kopie kommentarlos oder begleitet mit dem schlichten Satz, dass solange eine Begründung fehlt, nichts veranlasst ist, seinem Mandanten zuleiten (Gerold/Schmidt, RVG, § 19 Rn. 85). Derartige Tätigkeiten lösen (im Regelfall) keine Verfahrensgebühr gemäß RVG VV 3200 ff. aus, sie gehören noch zur Vorinstanz und sind in Bezug auf die sich daraus ergebende Verantwortlichkeit des Rechtsanwalts nicht so hoch anzusetzen, dass ein besonderes Entgelt für sie geboten wäre. Wenn nämlich schon anerkannt ist, dass die Prüfung des fristgerechten Eingangs des gegnerischen Rechtsmittels noch als Annex zur Vorinstanz gehört, so muss das erst recht für den routinemäßigen, auf keiner näheren Prüfung beruhenden Satz, dass vor einer Begründung des Rechtsmittels nichts veranlasst ist, gelten (Gerold/Schmidt, RVG, § 19 Rn. 85 f.).

Dass der Bevollmächtigte der Klägerin - wie er vorträgt - bereits von seiner Mandantin mit der Vertretung im Berufungszulassungsverfahren wie auch im Berufungsverfahren beauftragt worden war, kann hier zu keinem anderen Ergebnis führen. Denn die Bestimmung des § 19 Abs. 1 Satz 2 Nr. 9 RVG betrifft Maßnahmen, die am Ende eines Rechtszuges erfolgen und zugeordnet sind und dies auch bleiben, selbst wenn der Rechtsanwalt schon für die Rechtsmittelinstanz einen Auftrag hat. Denn dies ist gerade der Fall, den das Gesetz im Auge hat. Denn wenn der Rechtsanwalt keinen Auftrag für die nächste Instanz hat, bedarf es des § 19 Abs. 1 Nr. 9 RVG nicht. Die Frage, welcher Instanz eine Tätigkeit zuzuordnen ist, stellt sich dann überhaupt nicht, da von vornherein ein Vergütungsanspruch für die nächste Instanz ausscheiden würde (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, § 19 Rn. 79).

Die Vergütung des Bevollmächtigten der Klägerin ist daher mit den erstinstanzlichen Gebühren bereits abgegolten, so dass eine gesonderte Geltendmachung einer Gebühr für das Berufungszulassungsverfahren nicht in Betracht kommt.

Soweit der Prozessbevollmächtigte der Klägerin das Urteil des OLG Naumburg vom 18. Februar 2012 (10 W 67/11 KFB – ADAJUR Dok. Nr. 97754) zur Bestätigung seiner Fallkonstellation dem Berufungsgegner bereits die Berufung und die Berufungsbegründung zugestellt worden waren.

3. Als Unterlegene hat die Klägerin die Kosten des Erinnerungsverfahrens zu tragen (§ 154 Abs. 1 VwGO).

Die Festsetzung des Streitwerts für das Erinnerungsverfahren beruht auf §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 3 GKG.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

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(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 13 Wertgebühren


(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem Gegen- standswert bis ... Eurofür jeden angefangenen Betrag von weiteren ... Euroum ... E

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 151


Gegen die Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 165


Die Beteiligten können die Festsetzung der zu erstattenden Kosten anfechten. § 151 gilt entsprechend.

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 19 Rechtszug; Tätigkeiten, die mit dem Verfahren zusammenhängen


(1) Zu dem Rechtszug oder dem Verfahren gehören auch alle Vorbereitungs-, Neben- und Abwicklungstätigkeiten und solche Verfahren, die mit dem Rechtszug oder Verfahren zusammenhängen, wenn die Tätigkeit nicht nach § 18 eine besondere Angelegenheit ist

Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 18 Besondere Angelegenheiten


(1) Besondere Angelegenheiten sind 1. jede Vollstreckungsmaßnahme zusammen mit den durch diese vorbereiteten weiteren Vollstreckungshandlungen bis zur Befriedigung des Gläubigers; dies gilt entsprechend im Verwaltungszwangsverfahren (Verwaltungsvolls

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Tenor Die Erinnerung wird zurückgewiesen.Der Antragsteller trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens. Gründe  1 Das Gericht entscheidet über den Antrag in der Besetzung, in der die zugrundeliegende Kostenentscheidung getroffen wurde. Da die Kosten

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(1) Wenn sich die Gebühren nach dem Gegenstandswert richten, beträgt bei einem Gegenstandswert bis 500 Euro die Gebühr 49 Euro. Die Gebühr erhöht sich bei einem

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Eine Gebührentabelle für Gegenstandswerte bis 500 000 Euro ist diesem Gesetz als Anlage 2 beigefügt.

(2) Bei der Geschäftsgebühr für eine außergerichtliche Inkassodienstleistung, die eine unbestrittene Forderung betrifft (Absatz 2 der Anmerkung zu Nummer 2300 des Vergütungsverzeichnisses), beträgt bei einem Gegenstandswert bis 50 Euro die Gebühr abweichend von Absatz 1 Satz 1 30 Euro.

(3) Der Mindestbetrag einer Gebühr ist 15 Euro.

(1) Zu dem Rechtszug oder dem Verfahren gehören auch alle Vorbereitungs-, Neben- und Abwicklungstätigkeiten und solche Verfahren, die mit dem Rechtszug oder Verfahren zusammenhängen, wenn die Tätigkeit nicht nach § 18 eine besondere Angelegenheit ist. Hierzu gehören insbesondere

1.
die Vorbereitung der Klage, des Antrags oder der Rechtsverteidigung, soweit kein besonderes gerichtliches oder behördliches Verfahren stattfindet;
1a.
die Einreichung von Schutzschriften und die Anmeldung von Ansprüchen oder Rechtsverhältnissen zum Klageregister für Musterfeststellungsklagen sowie die Rücknahme der Anmeldung;
1b.
die Verkündung des Streits (§ 72 der Zivilprozessordnung);
2.
außergerichtliche Verhandlungen;
3.
Zwischenstreite, die Bestellung von Vertretern durch das in der Hauptsache zuständige Gericht, die Ablehnung von Richtern, Rechtspflegern, Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder Sachverständigen, die Entscheidung über einen Antrag betreffend eine Sicherungsanordnung, die Wertfestsetzung, die Beschleunigungsrüge nach § 155b des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit;
4.
das Verfahren vor dem beauftragten oder ersuchten Richter;
5.
das Verfahren
a)
über die Erinnerung (§ 573 der Zivilprozessordnung),
b)
über die Rüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör,
c)
nach Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen,
d)
nach Artikel 20 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens und
e)
nach Artikel 19 der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen;
6.
die Berichtigung und Ergänzung der Entscheidung oder ihres Tatbestands;
7.
die Mitwirkung bei der Erbringung der Sicherheitsleistung und das Verfahren wegen deren Rückgabe;
8.
die für die Geltendmachung im Ausland vorgesehene Vervollständigung der Entscheidung und die Bezifferung eines dynamisierten Unterhaltstitels;
9.
die Zustellung oder Empfangnahme von Entscheidungen oder Rechtsmittelschriften und ihre Mitteilung an den Auftraggeber, die Einwilligung zur Einlegung der Sprungrevision oder Sprungrechtsbeschwerde, der Antrag auf Entscheidung über die Verpflichtung, die Kosten zu tragen, die nachträgliche Vollstreckbarerklärung eines Urteils auf besonderen Antrag, die Erteilung des Notfrist- und des Rechtskraftzeugnisses;
9a.
die Ausstellung von Bescheinigungen, Bestätigungen oder Formblättern einschließlich deren Berichtigung, Aufhebung oder Widerruf nach
a)
§ 1079 oder § 1110 der Zivilprozessordnung,
b)
§ 39 Absatz 1 und § 48 des Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes,
c)
§ 57, § 58 oder § 59 des Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetzes,
d)
§ 14 des EU-Gewaltschutzverfahrensgesetzes,
e)
§ 71 Absatz 1 des Auslandsunterhaltsgesetzes,
f)
§ 27 des Internationalen Erbrechtsverfahrensgesetzes und
g)
§ 27 des Internationalen Güterrechtsverfahrensgesetzes;
10.
die Einlegung von Rechtsmitteln bei dem Gericht desselben Rechtszugs in Verfahren, in denen sich die Gebühren nach Teil 4, 5 oder 6 des Vergütungsverzeichnisses richten; die Einlegung des Rechtsmittels durch einen neuen Verteidiger gehört zum Rechtszug des Rechtsmittels;
10a.
Beschwerdeverfahren, wenn sich die Gebühren nach Teil 4, 5 oder 6 des Vergütungsverzeichnisses richten und dort nichts anderes bestimmt ist oder keine besonderen Gebührentatbestände vorgesehen sind;
11.
die vorläufige Einstellung, Beschränkung oder Aufhebung der Zwangsvollstreckung, wenn nicht eine abgesonderte mündliche Verhandlung hierüber stattfindet;
12.
die einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung und die Anordnung, dass Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben sind (§ 93 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit), wenn nicht ein besonderer gerichtlicher Termin hierüber stattfindet;
13.
die erstmalige Erteilung der Vollstreckungsklausel, wenn deswegen keine Klage erhoben wird;
14.
die Kostenfestsetzung und die Einforderung der Vergütung;
15.
(weggefallen)
16.
die Zustellung eines Vollstreckungstitels, der Vollstreckungsklausel und der sonstigen in § 750 der Zivilprozessordnung genannten Urkunden und
17.
die Herausgabe der Handakten oder ihre Übersendung an einen anderen Rechtsanwalt.

(2) Zu den in § 18 Absatz 1 Nummer 1 und 2 genannten Verfahren gehören ferner insbesondere

1.
gerichtliche Anordnungen nach § 758a der Zivilprozessordnung sowie Beschlüssenach §§ 90 und 91 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
2.
die Erinnerung nach § 766 der Zivilprozessordnung,
3.
die Bestimmung eines Gerichtsvollziehers (§ 827 Absatz 1 und § 854 Absatz 1 der Zivilprozessordnung) oder eines Sequesters (§§ 848 und 855 der Zivilprozessordnung),
4.
die Anzeige der Absicht, die Zwangsvollstreckung gegen eine juristische Person des öffentlichen Rechts zu betreiben,
5.
die einer Verurteilung vorausgehende Androhung von Ordnungsgeld und
6.
die Aufhebung einer Vollstreckungsmaßnahme.

Tenor

Die Erinnerung wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Erinnerungsverfahrens.

Gründe

 
Das Gericht entscheidet über den Antrag in der Besetzung, in der die zugrundeliegende Kostenentscheidung getroffen wurde. Da die Kostengrundentscheidung durch den Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg im Beschluss vom 04.12.2014 - 9 S 2276/14 - getroffen worden ist, hat über die Kostenerinnerung die Kammer zu entscheiden.
Die Kammer entscheidet unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin …. Denn das Ablehnungsgesuch des Antragstellers im Schriftsatz vom 04.03.2015 ist rechtsmissbräuchlich und offensichtlich unzulässig. Ein Ablehnungsgesuch, das lediglich Ausführungen enthält, die zur Begründung der Besorgnis der Befangenheit gänzlich ungeeignet sind, ist offensichtlich unzulässig. Bei offensichtlicher Unzulässigkeit bedarf es keiner dienstlichen Stellungnahme des abgelehnten Richters; dieser ist auch von der Entscheidung über das offensichtlich unzulässige Ablehnungsgesuch nicht ausgeschlossen (BVerfG, Beschluss vom 03.07.2013 - 1 BvR 782/12 -,juris, m.w.N.). So liegt es hier.
Der Vorwurf des Antragstellers im Schriftsatz vom 04.03.2015, der Beschluss (der Kammer) vom 22.10.2014 (Az.: 2434/14) strotze von willkürlichen Rechtsbrüchen, ist offensichtlich ungeeignet, eine Befangenheit der Richter der beschließenden Kammer zu begründen. Denn der Vorwurf der Befangenheit richtet sich pauschal gegen die „am Beschluss vom 22.10.2014 beteiligten Richter“ allein wegen der Mitwirkung an diesem Beschluss, ohne konkrete Ablehnungsgründe bezüglich der einzelnen Kammermitglieder, insbesondere der Vorsitzenden, aufzuzeigen. Im Übrigen zielt er lediglich darauf ab, die Richtigkeit der genannten Entscheidung in Frage zu stellen. Das Ablehnungsverfahren darf aber nicht dazu dienen, richterliche Entscheidungen auf ihre Richtigkeit zu überprüfen (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 26.11.2013 – 17 U 221/12 –, juris). Dies gilt auch im Hinblick auf die weiteren diesbezüglichen Ausführungen des Antragstellers im Schriftsatz vom 27.04.2015. Offensichtlich ungeeignet ist ferner der Vorwurf, die am Verfahren beteiligten Richterinnen ..., ... und ... hätten das Verfahren willkürlich zum Nachteil des Antragstellers verzögert. Die Gewährung einer Fristverlängerung zur Stellungnahme des Antragsgegners ist sachlich begründet und nicht zu beanstanden. Im Übrigen zeigt der Antragsteller auch insoweit hinsichtlich der Vorsitzenden keinen konkreten Ablehnungsgrund auf.
Die - sachdienlich auf Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 12.02.2015 gerichtete - Erinnerung (Antrag auf gerichtliche Entscheidung gem. §§ 165, 151 VwGO) ist zulässig, aber nicht begründet.
Dabei kann die Frage offen bleiben, ob der Vorwurf des Antragstellers berechtigt ist, dass die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle bei der Entscheidung über den Kostenfestsetzungsantrag des Antragsgegners vom 19.12.2014 befangen gewesen sei. Selbst wenn hierin ein Verfahrensfehler liegen sollte, wäre dieser nicht ursächlich für die getroffene Entscheidung, da auch eine andere Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der Sache keine abweichende Entscheidung hätte treffen können.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat in dem angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschluss den Betrag der vom Antragsteller zu erstattenden Kosten zutreffend festgesetzt.
Nach § 162 Abs. 1 VwGO gehören die Gerichtskosten und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens zu den Kosten des Verfahrens. Ergänzend dazu bestimmt § 162 Abs. 2 S. 1 VwGO, dass die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts stets erstattungsfähig sind. Das Gesetz sieht weder nach seinem - eindeutigen - Wortlaut und seiner Systematik noch nach Sinn und Zweck der getroffenen Regelung vor, dass bei der Kostenfestsetzung die Notwendigkeit der Heranziehung eines Rechtsanwalts geprüft und zum Maßstab für die Erstattungsfähigkeit der Kosten gemacht wird. Nur für die Erstattungsfähigkeit von Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten im Vorverfahren sieht § 162 Abs. 2 S. 2 VwGO eine Notwendigkeitsprüfung durch das Gericht vor. Diese Sonderstellung der Rechtsanwälte - die grundsätzlich auch dem durch Rechtsanwälte vertretenen Rechtsschutzsuchenden zugutekommt - liegt begründet in dem Interesse der Rechtspflege an der Vertretung der Beteiligten durch die hierzu nach § 3 Abs. 1 BRAO besonders berufenen Personen. Das gilt auch dann, wenn ein Rechtsanwalt eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder eine Behörde vertritt, die über Mitarbeiter mit der Befähigung zum Richteramt verfügt (vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 02.08.2006 - NC 9 S 76/06 -, NVwZ 2006, 1300 f., und vom 29.11.2004 - NC 9 S 411/04 -, NVwZ 2005, 838 f., m.w.N.).
Ausnahmen werden nur anerkannt, wenn die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch einen Beteiligten, der sich durch eigene Juristen vertreten lassen kann, gegen Treu und Glauben verstößt, weil sie offensichtlich nutzlos und objektiv nur dazu angetan ist, dem Gegner Kosten zu verursachen (zu diesen Grundsätzen vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschlüsse vom 29.08.1989 - NC 9 S 69/89 -, VBlBW 1990, 136, vom 28.02.1991 - NC 9 S 98/90 -, NVwZ 1992, 388, und vom 29.11.2004, a.a.O., OVG Lüneburg, Beschluss vom 15.08.2003 - 2 OA 117/03 -, NVwZ-RR 2004, 155; Kopp/Schenke, VwGO, § 162, RdNr. 10; a.A. Olbertz, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 162 RdNr. 36, m. w. N.). Dies wird nach der obergerichtlichen Rechtsprechung etwa angenommen, wenn die Vertretungsanzeige erst nach unstreitig eingetretener objektiver Erledigung der Hauptsache erfolgt, obwohl nur noch die Abgabe entsprechender prozessualer Erklärungen durch die hinsichtlich der zu erwartenden Kostenentscheidung kundigen Beteiligten aussteht, oder wenn der Beklagte auf eine ersichtlich unzulässige oder aus sonstigen Gründen offensichtlich aussichtslose Klage mit anwaltlicher Hilfe reagiert (VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 28.02.1991, a.a.O.; BGH, Beschluss vom 26.01.2006 - III ZB 63/05 -, juris). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor.
Der Antragsgegner musste im Zeitpunkt der Beauftragung seines Prozessbevollmächtigten am 28.11.2014 nicht davon ausgehen, dass die Beschwerde des Antragstellers vom 10.11.2014 ersichtlich unzulässig oder aus sonstigen Gründen offensichtlich aussichtslos war. Zwar war der Antragsteller entgegen § 67 Abs. 4 VwGO nicht durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten und seine Beschwerde daher unzulässig, wie der Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 04.12.2014 - 9 S 2276/14 - entschieden hat. Der Antragsteller hatte mit seinen beiden Schriftsätzen vom 10.11.2014 jedoch Einwände gegen die Vereinbarkeit des Anwaltszwangs mit Art. 6 EMRK erhoben und unter Nennung der Vorschrift des § 78b ZPO auf die Schwierigkeiten verwiesen, für den nach seiner Auffassung anzusetzenden Streitwert von 1,50 EUR einen vertretungsbereiten Rechtsanwalt zu finden. Im Hinblick darauf widersprach es nicht Treu und Glauben, dass der Antragsgegner am 28.11.2014 einen Prozessbevollmächtigten mandatierte. Einen Hinweis auf das fehlende Formerfordernis des § 67 VwGO hatte er zu diesem Zeitpunkt vom Verwaltungsgerichtshof nicht erhalten. Denn das an ihn gerichtete gerichtliche Schreiben vom 18.11.2014 enthielt diesen Hinweis, anders als das an den Antragsteller gerichtete Schreiben vom selben Tag, nicht. Dementsprechend ist der Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners in seiner Beschwerdeerwiderung vom 28.11.2014 auf das fehlende Formerfordernis des § 67 VwGO auch nicht eingegangen, sondern hat die Beschwerde mangels hinreichender Darlegung der Beschwerdegründe für unzulässig und ansonsten in der Sache für unbegründet gehalten.
10 
Zur Recht hat die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle ferner entschieden, dass dem Antragsgegner ein Anspruch auf Erstattung der Kosten des von ihm beauftragten Rechtsanwaltes auch dann zusteht, wenn dieser im Rubrum der Entscheidung nicht aufgeführt ist.
11 
Grundlage der Kostenfestsetzung ist die Kostenentscheidung des Gerichts nach § 161 Abs. 1 VwGO. Sie sorgt für die betragsmäßige Ergänzung der Kostenentscheidung. Dabei bildet die Kostenentscheidung mit dem Rubrum der Entscheidung ein untrennbares Ganzes, weil sich erst aus dem Rubrum ergibt, welche Personen Kostengläubiger und Kostenschuldner sind. Insoweit ist die Urkundsbeamtin bei der Kostenfestsetzung ebenso wie an die Kostenentscheidung auch an das Rubrum gebunden (OVG Münster, Beschluss vom 18.04.1955 - II B 261/55 -, OVGE 9, 264; Neumann in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. RdNr. 10 ff.). Ohne eine nachträgliche Rubrumsberichtigung können daher Personen, die im Rubrum nicht genannt werden, nicht als Kostengläubiger oder Kostenschuldner angesehen werden (VG Bremen, Beschluss vom 21.10.2010 - S 4 E 929/10 -, juris). Die Bindungswirkung im Rahmen der Kostenfestsetzung des Rubrums erstreckt sich aber nicht auf den Prozessbevollmächtigten (VG Münster, Beschluss vom 16.05.2003 - 5 L 54/03 -, juris; v.Eicken/Hellstab u.a., Die Kostenfestsetzung, 20. Aufl., Anm. D 72; Neumann in: Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. § 164 RdNr. 13; a. A. OVG Münster, Beschluss vom 18.04.1955, a.a.O.; Olbertz in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 164 RdNr. 22; Redeker/v.Oertzen, VwGO 16. Aufl., § 164 RdNr. 1). Denn die Angabe des Prozessbevollmächtigten im Rubrum der Entscheidung ist für die Entstehung der Rechtsanwaltsgebühren nicht von Belang (v.Eicken/Hellstab u.a., Die Kostenfestsetzung, 20. Aufl., Anm. D 72). Weder den Regelungen des §§ 164 und 162 Abs. 1 und 2 VwGO noch dem Vergütungsverzeichnis des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes lässt sich entnehmen, dass eine Verfahrensgebühr nur erstattungsfähig ist, wenn der Prozessbevollmächtigte im Rubrum angeführt wird (VG Münster, Beschluss vom 16.05.2003, a.a.O.). Vielmehr erhält auch ein Prozessbevollmächtigter, der zwar einen Sachantrag gestellt, aber noch vor der gerichtlichen Entscheidung sein Mandat niedergelegt hat und daher in der Entscheidung nicht mehr als Prozessbevollmächtigter genannt wird, eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 des Vergütungsverzeichnisses - VV - (vgl. Anl. 1 zu § 2 Abs. 2 RVG) für seine bis dahin entfaltete Tätigkeit, über die allein im Kostenfestsetzungsverfahren entschieden wird. Dass sich die anwaltliche Tätigkeit nicht einmal in den Gerichtsakten niederschlagen muss, zeigt exemplarisch Nr. 3201 Abs. 1 des Vergütungsverzeichnisses - VV - (vgl. Anl. 1 zu § 2 Abs. 2 RVG). Danach würde sich die Verfahrensgebühr Nr. 3200 VV im Beschwerdeverfahren, um die es im vorliegenden Fall geht, bei vorzeitiger Beendigung des Auftrags von 1,6 auf 1,1 reduzieren, wobei eine vorzeitige Beendigung vorliegt, wenn der Auftrag endigt, bevor der Rechtsanwalt das Rechtsmittel eingelegt oder einen Schriftsatz, der Sachanträge, Sachvortrag, die Zurücknahme der Klage oder die Zurücknahme des Rechtsmittels enthält, eingereicht oder bevor er einen gerichtlichen Termin wahrgenommen hat (ähnlich die Verfahrensgebühr Nr. 3101 VV für Verfahren des ersten Rechtszugs). Entsprechend hat das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen in dem genannten Beschluss vom 18.04.1955 (a.a.O.) auch lediglich die Erstattung einer Prozessgebühr abgelehnt, weil der Rechtsanwalt seine Bestellung als Prozessbevollmächtigter nicht ordnungsgemäß angezeigt hatte, nicht aber die Erstattung einer Terminsgebühr.
12 
Im vorliegenden Fall hat der Prozessbevollmächtigte des Antragsgegners am 28.11.2014 seine Vertretung gegenüber dem Verwaltungsgerichtshof angezeigt und am 01.12.2014 einen Sachantrag gestellt und auf die Beschwerde des Antragstellers erwidert. Damit sind die Voraussetzungen für eine 1,6 Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV gegeben. Einer Berichtigung des Rubrums des Beschlusses des Verwaltungsgerichtshofs vom 04.12.2014 bedarf es für die Erstattung dieser Gebühren nicht.
13 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs.1 VwGO.

Die Beteiligten können die Festsetzung der zu erstattenden Kosten anfechten. § 151 gilt entsprechend.

Gegen die Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts zu stellen. §§ 147 bis 149 gelten entsprechend.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Zu dem Rechtszug oder dem Verfahren gehören auch alle Vorbereitungs-, Neben- und Abwicklungstätigkeiten und solche Verfahren, die mit dem Rechtszug oder Verfahren zusammenhängen, wenn die Tätigkeit nicht nach § 18 eine besondere Angelegenheit ist. Hierzu gehören insbesondere

1.
die Vorbereitung der Klage, des Antrags oder der Rechtsverteidigung, soweit kein besonderes gerichtliches oder behördliches Verfahren stattfindet;
1a.
die Einreichung von Schutzschriften und die Anmeldung von Ansprüchen oder Rechtsverhältnissen zum Klageregister für Musterfeststellungsklagen sowie die Rücknahme der Anmeldung;
1b.
die Verkündung des Streits (§ 72 der Zivilprozessordnung);
2.
außergerichtliche Verhandlungen;
3.
Zwischenstreite, die Bestellung von Vertretern durch das in der Hauptsache zuständige Gericht, die Ablehnung von Richtern, Rechtspflegern, Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder Sachverständigen, die Entscheidung über einen Antrag betreffend eine Sicherungsanordnung, die Wertfestsetzung, die Beschleunigungsrüge nach § 155b des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit;
4.
das Verfahren vor dem beauftragten oder ersuchten Richter;
5.
das Verfahren
a)
über die Erinnerung (§ 573 der Zivilprozessordnung),
b)
über die Rüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör,
c)
nach Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen,
d)
nach Artikel 20 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens und
e)
nach Artikel 19 der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen;
6.
die Berichtigung und Ergänzung der Entscheidung oder ihres Tatbestands;
7.
die Mitwirkung bei der Erbringung der Sicherheitsleistung und das Verfahren wegen deren Rückgabe;
8.
die für die Geltendmachung im Ausland vorgesehene Vervollständigung der Entscheidung und die Bezifferung eines dynamisierten Unterhaltstitels;
9.
die Zustellung oder Empfangnahme von Entscheidungen oder Rechtsmittelschriften und ihre Mitteilung an den Auftraggeber, die Einwilligung zur Einlegung der Sprungrevision oder Sprungrechtsbeschwerde, der Antrag auf Entscheidung über die Verpflichtung, die Kosten zu tragen, die nachträgliche Vollstreckbarerklärung eines Urteils auf besonderen Antrag, die Erteilung des Notfrist- und des Rechtskraftzeugnisses;
9a.
die Ausstellung von Bescheinigungen, Bestätigungen oder Formblättern einschließlich deren Berichtigung, Aufhebung oder Widerruf nach
a)
§ 1079 oder § 1110 der Zivilprozessordnung,
b)
§ 39 Absatz 1 und § 48 des Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes,
c)
§ 57, § 58 oder § 59 des Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetzes,
d)
§ 14 des EU-Gewaltschutzverfahrensgesetzes,
e)
§ 71 Absatz 1 des Auslandsunterhaltsgesetzes,
f)
§ 27 des Internationalen Erbrechtsverfahrensgesetzes und
g)
§ 27 des Internationalen Güterrechtsverfahrensgesetzes;
10.
die Einlegung von Rechtsmitteln bei dem Gericht desselben Rechtszugs in Verfahren, in denen sich die Gebühren nach Teil 4, 5 oder 6 des Vergütungsverzeichnisses richten; die Einlegung des Rechtsmittels durch einen neuen Verteidiger gehört zum Rechtszug des Rechtsmittels;
10a.
Beschwerdeverfahren, wenn sich die Gebühren nach Teil 4, 5 oder 6 des Vergütungsverzeichnisses richten und dort nichts anderes bestimmt ist oder keine besonderen Gebührentatbestände vorgesehen sind;
11.
die vorläufige Einstellung, Beschränkung oder Aufhebung der Zwangsvollstreckung, wenn nicht eine abgesonderte mündliche Verhandlung hierüber stattfindet;
12.
die einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung und die Anordnung, dass Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben sind (§ 93 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit), wenn nicht ein besonderer gerichtlicher Termin hierüber stattfindet;
13.
die erstmalige Erteilung der Vollstreckungsklausel, wenn deswegen keine Klage erhoben wird;
14.
die Kostenfestsetzung und die Einforderung der Vergütung;
15.
(weggefallen)
16.
die Zustellung eines Vollstreckungstitels, der Vollstreckungsklausel und der sonstigen in § 750 der Zivilprozessordnung genannten Urkunden und
17.
die Herausgabe der Handakten oder ihre Übersendung an einen anderen Rechtsanwalt.

(2) Zu den in § 18 Absatz 1 Nummer 1 und 2 genannten Verfahren gehören ferner insbesondere

1.
gerichtliche Anordnungen nach § 758a der Zivilprozessordnung sowie Beschlüssenach §§ 90 und 91 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
2.
die Erinnerung nach § 766 der Zivilprozessordnung,
3.
die Bestimmung eines Gerichtsvollziehers (§ 827 Absatz 1 und § 854 Absatz 1 der Zivilprozessordnung) oder eines Sequesters (§§ 848 und 855 der Zivilprozessordnung),
4.
die Anzeige der Absicht, die Zwangsvollstreckung gegen eine juristische Person des öffentlichen Rechts zu betreiben,
5.
die einer Verurteilung vorausgehende Androhung von Ordnungsgeld und
6.
die Aufhebung einer Vollstreckungsmaßnahme.

(1) Besondere Angelegenheiten sind

1.
jede Vollstreckungsmaßnahme zusammen mit den durch diese vorbereiteten weiteren Vollstreckungshandlungen bis zur Befriedigung des Gläubigers; dies gilt entsprechend im Verwaltungszwangsverfahren (Verwaltungsvollstreckungsverfahren);
2.
jede Vollziehungsmaßnahme bei der Vollziehung eines Arrests oder einer einstweiligen Verfügung (§§ 928 bis 934 und 936 der Zivilprozessordnung), die sich nicht auf die Zustellung beschränkt;
3.
solche Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des Vergütungsverzeichnisses richten, jedes Beschwerdeverfahren, jedes Verfahren über eine Erinnerung gegen einen Kostenfestsetzungsbeschluss und jedes sonstige Verfahren über eine Erinnerung gegen eine Entscheidung des Rechtspflegers, soweit sich aus § 16 Nummer 10 nichts anderes ergibt;
4.
das Verfahren über Einwendungen gegen die Erteilung der Vollstreckungsklausel, auf das § 732 der Zivilprozessordnung anzuwenden ist;
5.
das Verfahren auf Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung;
6.
jedes Verfahren über Anträge nach den §§ 765a, 851a oder 851b der Zivilprozessordnung und jedes Verfahren über Anträge auf Änderung oder Aufhebung der getroffenen Anordnungen, jedes Verfahren über Anträge nach § 1084 Absatz 1, § 1096 oder § 1109 der Zivilprozessordnung, jedes Verfahren über Anträge auf Aussetzung der Vollstreckung nach § 44f des Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes und über Anträge nach § 31 des Auslandsunterhaltsgesetzes;
7.
das Verfahren auf Zulassung der Austauschpfändung (§ 811a der Zivilprozessordnung);
8.
das Verfahren über einen Antrag nach § 825 der Zivilprozessordnung;
9.
die Ausführung der Zwangsvollstreckung in ein gepfändetes Vermögensrecht durch Verwaltung (§ 857 Absatz 4 der Zivilprozessordnung);
10.
das Verteilungsverfahren (§ 858 Absatz 5, §§ 872 bis 877, 882 der Zivilprozessordnung);
11.
das Verfahren auf Eintragung einer Zwangshypothek (§§ 867, 870a der Zivilprozessordnung);
12.
die Vollstreckung der Entscheidung, durch die der Schuldner zur Vorauszahlung der Kosten, die durch die Vornahme einer Handlung entstehen, verurteilt wird (§ 887 Absatz 2 der Zivilprozessordnung);
13.
das Verfahren zur Ausführung der Zwangsvollstreckung auf Vornahme einer Handlung durch Zwangsmittel (§ 888 der Zivilprozessordnung);
14.
jede Verurteilung zu einem Ordnungsgeld gemäß § 890 Absatz 1 der Zivilprozessordnung;
15.
die Verurteilung zur Bestellung einer Sicherheit im Fall des § 890 Absatz 3 der Zivilprozessordnung;
16.
das Verfahren zur Abnahme der Vermögensauskunft (§§ 802f und 802g der Zivilprozessordnung);
17.
das Verfahren auf Löschung der Eintragung im Schuldnerverzeichnis (§ 882e der Zivilprozessordnung);
18.
das Ausüben der Veröffentlichungsbefugnis;
19.
das Verfahren über Anträge auf Zulassung der Zwangsvollstreckung nach § 17 Absatz 4 der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung;
20.
das Verfahren über Anträge auf Aufhebung von Vollstreckungsmaßregeln (§ 8 Absatz 5 und § 41 der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung) und
21.
das Verfahren zur Anordnung von Zwangsmaßnahmen durch Beschluss nach § 35 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

(2) Absatz 1 gilt entsprechend für

1.
die Vollziehung eines Arrestes und
2.
die Vollstreckung
nach den Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit.

(1) Zu dem Rechtszug oder dem Verfahren gehören auch alle Vorbereitungs-, Neben- und Abwicklungstätigkeiten und solche Verfahren, die mit dem Rechtszug oder Verfahren zusammenhängen, wenn die Tätigkeit nicht nach § 18 eine besondere Angelegenheit ist. Hierzu gehören insbesondere

1.
die Vorbereitung der Klage, des Antrags oder der Rechtsverteidigung, soweit kein besonderes gerichtliches oder behördliches Verfahren stattfindet;
1a.
die Einreichung von Schutzschriften und die Anmeldung von Ansprüchen oder Rechtsverhältnissen zum Klageregister für Musterfeststellungsklagen sowie die Rücknahme der Anmeldung;
1b.
die Verkündung des Streits (§ 72 der Zivilprozessordnung);
2.
außergerichtliche Verhandlungen;
3.
Zwischenstreite, die Bestellung von Vertretern durch das in der Hauptsache zuständige Gericht, die Ablehnung von Richtern, Rechtspflegern, Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder Sachverständigen, die Entscheidung über einen Antrag betreffend eine Sicherungsanordnung, die Wertfestsetzung, die Beschleunigungsrüge nach § 155b des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit;
4.
das Verfahren vor dem beauftragten oder ersuchten Richter;
5.
das Verfahren
a)
über die Erinnerung (§ 573 der Zivilprozessordnung),
b)
über die Rüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör,
c)
nach Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen,
d)
nach Artikel 20 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens und
e)
nach Artikel 19 der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen;
6.
die Berichtigung und Ergänzung der Entscheidung oder ihres Tatbestands;
7.
die Mitwirkung bei der Erbringung der Sicherheitsleistung und das Verfahren wegen deren Rückgabe;
8.
die für die Geltendmachung im Ausland vorgesehene Vervollständigung der Entscheidung und die Bezifferung eines dynamisierten Unterhaltstitels;
9.
die Zustellung oder Empfangnahme von Entscheidungen oder Rechtsmittelschriften und ihre Mitteilung an den Auftraggeber, die Einwilligung zur Einlegung der Sprungrevision oder Sprungrechtsbeschwerde, der Antrag auf Entscheidung über die Verpflichtung, die Kosten zu tragen, die nachträgliche Vollstreckbarerklärung eines Urteils auf besonderen Antrag, die Erteilung des Notfrist- und des Rechtskraftzeugnisses;
9a.
die Ausstellung von Bescheinigungen, Bestätigungen oder Formblättern einschließlich deren Berichtigung, Aufhebung oder Widerruf nach
a)
§ 1079 oder § 1110 der Zivilprozessordnung,
b)
§ 39 Absatz 1 und § 48 des Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes,
c)
§ 57, § 58 oder § 59 des Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetzes,
d)
§ 14 des EU-Gewaltschutzverfahrensgesetzes,
e)
§ 71 Absatz 1 des Auslandsunterhaltsgesetzes,
f)
§ 27 des Internationalen Erbrechtsverfahrensgesetzes und
g)
§ 27 des Internationalen Güterrechtsverfahrensgesetzes;
10.
die Einlegung von Rechtsmitteln bei dem Gericht desselben Rechtszugs in Verfahren, in denen sich die Gebühren nach Teil 4, 5 oder 6 des Vergütungsverzeichnisses richten; die Einlegung des Rechtsmittels durch einen neuen Verteidiger gehört zum Rechtszug des Rechtsmittels;
10a.
Beschwerdeverfahren, wenn sich die Gebühren nach Teil 4, 5 oder 6 des Vergütungsverzeichnisses richten und dort nichts anderes bestimmt ist oder keine besonderen Gebührentatbestände vorgesehen sind;
11.
die vorläufige Einstellung, Beschränkung oder Aufhebung der Zwangsvollstreckung, wenn nicht eine abgesonderte mündliche Verhandlung hierüber stattfindet;
12.
die einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung und die Anordnung, dass Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben sind (§ 93 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit), wenn nicht ein besonderer gerichtlicher Termin hierüber stattfindet;
13.
die erstmalige Erteilung der Vollstreckungsklausel, wenn deswegen keine Klage erhoben wird;
14.
die Kostenfestsetzung und die Einforderung der Vergütung;
15.
(weggefallen)
16.
die Zustellung eines Vollstreckungstitels, der Vollstreckungsklausel und der sonstigen in § 750 der Zivilprozessordnung genannten Urkunden und
17.
die Herausgabe der Handakten oder ihre Übersendung an einen anderen Rechtsanwalt.

(2) Zu den in § 18 Absatz 1 Nummer 1 und 2 genannten Verfahren gehören ferner insbesondere

1.
gerichtliche Anordnungen nach § 758a der Zivilprozessordnung sowie Beschlüssenach §§ 90 und 91 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
2.
die Erinnerung nach § 766 der Zivilprozessordnung,
3.
die Bestimmung eines Gerichtsvollziehers (§ 827 Absatz 1 und § 854 Absatz 1 der Zivilprozessordnung) oder eines Sequesters (§§ 848 und 855 der Zivilprozessordnung),
4.
die Anzeige der Absicht, die Zwangsvollstreckung gegen eine juristische Person des öffentlichen Rechts zu betreiben,
5.
die einer Verurteilung vorausgehende Androhung von Ordnungsgeld und
6.
die Aufhebung einer Vollstreckungsmaßnahme.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX ZB 62/10
vom
25. Oktober 2012
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Eine mit der Entgegennahme der Berufungsschrift verbundene Prüfung von Fragen,
die gebührenrechtlich zur ersten Instanz gehören, löst die Verfahrensgebühr für die
Berufungsinstanz nicht aus.
BGH, Beschluss vom 25. Oktober 2012 - IX ZB 62/10 - LG München I
OLG München
Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat durch den Vorsitzenden Richter
Prof. Dr. Kayser, die Richter Raebel, Prof. Dr. Gehrlein, Grupp und die Richterin
Möhring
am 25. Oktober 2012

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss des 11. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 29. Januar 2010 wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
Der Wert des Verfahrens der Rechtsbeschwerde wird auf 2.926,20 € festgesetzt.

Gründe:


I.


1
Die Klägerin nahm den beklagten Steuerberater wegen fehlerhafter Beratung auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 387.662,81 € nebst Zinsen in Anspruch. Das Landgericht wies die Klage ab. Die Klägerin legte Berufung ein und teilte den erstinstanzlich für den Beklagten tätigen Prozessbevollmächtigten mit, die Berufung werde nur fristwahrend eingelegt. Zugleich bat er, sich vorerst nicht zu bestellen. Innerhalb der Berufungsbegründungsfrist nahm die Klägerin die Berufung zurück. Ihr wurden die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

2
Der beklagte Steuerberater beantragte die Festsetzung einer 1,1Verfahrensgebühr nach VV-RVG Nr. 3200, 3201 nebst Auslagenpauschale und Umsatzsteuer. Auf den Hinweis des Landgerichts, dass zum Auftrag für die Vertretung in zweiter Instanz und zur entfalteten Tätigkeit vorgetragen werden müsse, behauptete er nur, die Kanzlei zu seiner Vertretung im Berufungsverfahren mandatiert zu haben.
3
Das Landgericht - Rechtspflegerin - hat die von der Klägerin zu erstattenden Kosten der Berufung antragsgemäß auf 2.926,20 € nebst Zinsen festgesetzt. Auf die Beschwerde der Klägerin hat das Oberlandesgericht den Kostenfestsetzungsbeschluss aufgehoben und den Festsetzungsantrag zurückgewiesen. Mit seiner vom Beschwerdegericht zugelassenen Rechtsbeschwerde will der Beklagte weiterhin die Festsetzung der verminderten Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren erreichen.

II.


4
Die Rechtsbeschwerde ist kraft ihrer Zulassung durch das Beschwerdegericht statthaft (§ 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO) und auch im Übrigen zulässig. Sie bleibt jedoch ohne Erfolg.
5
1. Das Beschwerdegericht, dessen Entscheidung in JurBüro 2010, 255 veröffentlicht ist, hat ausgeführt, die Rechtspflegerin habe zu Unrecht eine 1,1-Verfahrensgebühr für das Berufungsverfahren gemäß den VV-RVG Nr. 3200, 3201 zugunsten des Beklagten festgesetzt. Es bestünden bereits erhebliche Zweifel, ob dem Beklagtenvertreter für das Berufungsverfahren ein Vertretungsauftrag erteilt worden sei. Obwohl die Klägerin dies mehrfach bestritten habe, sei die Mandatierung nicht glaubhaft gemacht worden. Auf diese Frage komme es jedoch nicht an, weil jedenfalls eine die Entstehung der Verfahrensgebühr rechtfertigende Tätigkeit der Beklagtenvertreter im Berufungsverfahren nicht dargelegt worden sei. Ohne einen entsprechenden Sachvortrag könne nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Prozessbevollmächtigten des Beklagten nach Entgegennahme der Berufungsschrift geprüft hätten, ob etwas für ihren Mandanten zu veranlassen gewesen sei. Diese Unterstellung entspreche bei einem noch nicht begründeten Rechtsmittel keineswegs der Lebenserfahrung. Dies gelte umso weniger, wenn - wie im vorliegenden Fall - der Prozessbevollmächtigte des Rechtsmittelführers ausdrücklich schriftlich mitgeteilt habe, die Berufung sei nur zur Fristwahrung eingelegt worden.
6
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Überprüfung stand.
7
Die Klägerin hat nach der Kostengrundentscheidung des Berufungsgerichts vom 28. September 2009 die dem Beklagten im Berufungsverfahren entstandenen Kosten zu tragen. Allerdings besteht der Kostenerstattungsanspruch gemäß § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO nur insoweit, wie dem Beklagten Kosten entstanden sind. Voraussetzung ist mithin, dass er seinen Prozessbevollmächtigten zur Zahlung der in Rechnung gestellten Kosten verpflichtet ist. Dies richtet sich - sofern er die Prozessbevollmächtigten beauftragt hat, ihn im Berufungsverfahren zu vertreten - nach den Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
8
a) Da das Beschwerdegericht offengelassen hat, ob der Beklagte seine erstinstanzlichen Prozessbevollmächtigten mit der Vertretung im Berufungsver- fahren beauftragt hat, ist im Rechtsbeschwerdeverfahren von der Erteilung eines solchen Mandats auszugehen, auch wenn das Beschwerdegericht wegen der nur pauschalen Behauptung der Mandatierung Zweifel geäußert hat. Doch genügt es für das Entstehen des anwaltlichen Honoraranspruchs nicht, dass der Beklagte seine Prozessbevollmächtigten beauftragt hat, ihn in einem Berufungsverfahren zu vertreten. Diese müssten im Berufungsverfahren eine gesondert zu vergütende Tätigkeit verrichtet haben.
9
b) Zutreffend hat das Beschwerdegericht entschieden, dass die Prozessbevollmächtigten des Beklagten keine die Verfahrensgebühr nach VV-RVG Nr. 3200 auslösende anwaltliche Tätigkeit entfaltet haben.
10
aa) Nach § 15 Abs. 1 RVG entgelten die Gebühren die gesamte Tätigkeit des Rechtsanwalts vom Auftrag bis zur Erledigung der Angelegenheit. In gerichtlichen Verfahren kann er die Gebühren in jedem Rechtszug fordern (§ 15 Abs. 2 Satz 2 RVG). Zum jeweiligen Rechtszug gehören dabei auch Nebenund Abwicklungstätigkeiten (§ 19 Abs. 1 Satz 1 RVG). In § 19 Abs. 1 Satz 2 RVG hat der Gesetzgeber anhand von Regelbeispielen Tätigkeiten aufgeführt, die er als zum Rechtszug gehörig ansieht. Nach Nr. 9 dieser Bestimmung gehört dazu auch die Inempfangnahme von Rechtsmittelschriften und ihre Mitteilung an den Auftraggeber (BAG, NJW 2008, 1340 Rn. 9). Dazu ist auch zu zählen die Entgegennahme und Weiterleitung der Bitte eines Rechtsmittelführers, dass die Gegenseite noch keinen Prozessbevollmächtigten bestellen möge (KG, JurBüro 1979, 388; Hansens, NJW 1992, 1148; Gerold/Schmidt/MüllerRabe , RVG, 20. Aufl., § 19 Rn. 87).
11
Die Verfahrensgebühr nach VV-RVG Nr. 3200 entsteht, wenn der Rechtsanwalt in irgendeiner Weise über die genannten Neben- und Abwick- lungstätigkeiten hinaus im Rahmen der Erfüllung seines Prozessauftrags tätig geworden ist. Eines nach außen erkennbaren Tätigwerdens bedarf es nicht (vgl. BGH, Beschluss vom 6. April 2005 - V ZB 25/04, NJW 2005, 2233); es genügt das Betreiben des Geschäfts einschließlich der Information des Mandanten (OLG Naumburg, JurBüro 2012, 312, 313; vgl. OLG Frankfurt, ZfS 2010, 405). Der Rechtsanwalt hat die Gebühr verdient, wenn er Informationen entgegennimmt oder mit seinem Mandanten bespricht, wie er auf das von der Gegenseite eingelegte Rechtsmittel reagieren soll. Auch die interne Prüfung, ob ein Mandant sich gegen das eingelegte Rechtsmittel wehren soll, lässt die Verfahrensgebühr entstehen (BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2007 - IX ZB 223/06, NJW 2008, 1087 Rn. 6; vgl. Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, 20. Aufl., VV-RVG 3200 Rn. 16 ff).
12
bb) Einen Sachverhalt, der das Entstehen der Verfahrensgebühr nach VV-RVG Nr. 3200, 3201 begründen könnte, hat das Beschwerdegericht verfahrensfehlerfrei nicht feststellen können. Die Prozessbevollmächtigten des Beklagten haben lediglich die Berufungsschrift und gleichzeitig ein persönliches Schreiben der Klägervertreter an sie entgegengenommen, in dem darauf hingewiesen worden ist, dass die Berufungseinlegung nur fristwahrend erfolgt sei, und die Prozessbevollmächtigten des Beklagten gebeten wurden, sich vorerst noch nicht zu bestellen. Eine weitere Tätigkeit, etwa eine Prüfung dieser Schreiben darauf, ob etwas für den Mandanten zu veranlassen sei, hat der Beklagte nicht behauptet. Mit diesen Tätigkeiten haben die Prozessbevollmächtigten des Beklagten die Verfahrensgebühr nicht verdient (vgl. BGH, Beschluss vom 6. Dezember 2007 - IX ZB 223/06, NJW 2008, 1087 Rn. 6).
13
cc) Selbst wenn die Prozessbevollmächtigten des Beklagten die Berufungsschrift und das besagte Schreiben daraufhin geprüft hätten, ob etwas zu veranlassen ist, wäre die Verfahrensgebühr nach VV-RVG Nr. 3200, 3201 noch nicht ohne Weiteres angefallen. Denn solange der Prozessbevollmächtigte eines Berufungsbeklagten bei der Entgegenahme der Berufungsschrift nur Fragen prüft, die § 19 RVG gebührenrechtlich der vorherigen Instanz zuordnet, hat er die im Berufungsverfahren entstehende Verfahrensgebühr nicht verdient (vgl. LArbG Berlin, Beschluss vom 13. August 2012 - 17 Ta(Kost) 6077/12, Rn. 4; Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., § 19 Rn. 88, 94). Anderes gilt nur, wenn er Tätigkeiten entfaltet und sei es auch in der Form der Prüfung, ob etwas zu veranlassen ist, die sich gebührenrechtlich auf das Berufungsverfahren beziehen. Dies müsste im Kostenfestsetzungsverfahren vorgetragen werden.
14
dd) Wegen der verfahrensrechtlich anders ausgestalteten Beschwerde können die hierauf bezogenen gebührenrechtlichen Erwägungen des V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs in seinem Beschluss vom 6. April 2005 (V ZB 25/04, NJW 2005, 2233) auf das Berufungsverfahren nicht übertragen werden.
Kayser Raebel Gehrlein
Grupp Möhring

Vorinstanzen:
LG München I, Entscheidung vom 18.12.2009 - 4 O 22850/08 -
OLG München, Entscheidung vom 29.01.2010 - 11 W 728/10 -

(1) Zu dem Rechtszug oder dem Verfahren gehören auch alle Vorbereitungs-, Neben- und Abwicklungstätigkeiten und solche Verfahren, die mit dem Rechtszug oder Verfahren zusammenhängen, wenn die Tätigkeit nicht nach § 18 eine besondere Angelegenheit ist. Hierzu gehören insbesondere

1.
die Vorbereitung der Klage, des Antrags oder der Rechtsverteidigung, soweit kein besonderes gerichtliches oder behördliches Verfahren stattfindet;
1a.
die Einreichung von Schutzschriften und die Anmeldung von Ansprüchen oder Rechtsverhältnissen zum Klageregister für Musterfeststellungsklagen sowie die Rücknahme der Anmeldung;
1b.
die Verkündung des Streits (§ 72 der Zivilprozessordnung);
2.
außergerichtliche Verhandlungen;
3.
Zwischenstreite, die Bestellung von Vertretern durch das in der Hauptsache zuständige Gericht, die Ablehnung von Richtern, Rechtspflegern, Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder Sachverständigen, die Entscheidung über einen Antrag betreffend eine Sicherungsanordnung, die Wertfestsetzung, die Beschleunigungsrüge nach § 155b des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit;
4.
das Verfahren vor dem beauftragten oder ersuchten Richter;
5.
das Verfahren
a)
über die Erinnerung (§ 573 der Zivilprozessordnung),
b)
über die Rüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör,
c)
nach Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen,
d)
nach Artikel 20 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens und
e)
nach Artikel 19 der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen;
6.
die Berichtigung und Ergänzung der Entscheidung oder ihres Tatbestands;
7.
die Mitwirkung bei der Erbringung der Sicherheitsleistung und das Verfahren wegen deren Rückgabe;
8.
die für die Geltendmachung im Ausland vorgesehene Vervollständigung der Entscheidung und die Bezifferung eines dynamisierten Unterhaltstitels;
9.
die Zustellung oder Empfangnahme von Entscheidungen oder Rechtsmittelschriften und ihre Mitteilung an den Auftraggeber, die Einwilligung zur Einlegung der Sprungrevision oder Sprungrechtsbeschwerde, der Antrag auf Entscheidung über die Verpflichtung, die Kosten zu tragen, die nachträgliche Vollstreckbarerklärung eines Urteils auf besonderen Antrag, die Erteilung des Notfrist- und des Rechtskraftzeugnisses;
9a.
die Ausstellung von Bescheinigungen, Bestätigungen oder Formblättern einschließlich deren Berichtigung, Aufhebung oder Widerruf nach
a)
§ 1079 oder § 1110 der Zivilprozessordnung,
b)
§ 39 Absatz 1 und § 48 des Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes,
c)
§ 57, § 58 oder § 59 des Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetzes,
d)
§ 14 des EU-Gewaltschutzverfahrensgesetzes,
e)
§ 71 Absatz 1 des Auslandsunterhaltsgesetzes,
f)
§ 27 des Internationalen Erbrechtsverfahrensgesetzes und
g)
§ 27 des Internationalen Güterrechtsverfahrensgesetzes;
10.
die Einlegung von Rechtsmitteln bei dem Gericht desselben Rechtszugs in Verfahren, in denen sich die Gebühren nach Teil 4, 5 oder 6 des Vergütungsverzeichnisses richten; die Einlegung des Rechtsmittels durch einen neuen Verteidiger gehört zum Rechtszug des Rechtsmittels;
10a.
Beschwerdeverfahren, wenn sich die Gebühren nach Teil 4, 5 oder 6 des Vergütungsverzeichnisses richten und dort nichts anderes bestimmt ist oder keine besonderen Gebührentatbestände vorgesehen sind;
11.
die vorläufige Einstellung, Beschränkung oder Aufhebung der Zwangsvollstreckung, wenn nicht eine abgesonderte mündliche Verhandlung hierüber stattfindet;
12.
die einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung und die Anordnung, dass Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben sind (§ 93 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit), wenn nicht ein besonderer gerichtlicher Termin hierüber stattfindet;
13.
die erstmalige Erteilung der Vollstreckungsklausel, wenn deswegen keine Klage erhoben wird;
14.
die Kostenfestsetzung und die Einforderung der Vergütung;
15.
(weggefallen)
16.
die Zustellung eines Vollstreckungstitels, der Vollstreckungsklausel und der sonstigen in § 750 der Zivilprozessordnung genannten Urkunden und
17.
die Herausgabe der Handakten oder ihre Übersendung an einen anderen Rechtsanwalt.

(2) Zu den in § 18 Absatz 1 Nummer 1 und 2 genannten Verfahren gehören ferner insbesondere

1.
gerichtliche Anordnungen nach § 758a der Zivilprozessordnung sowie Beschlüssenach §§ 90 und 91 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
2.
die Erinnerung nach § 766 der Zivilprozessordnung,
3.
die Bestimmung eines Gerichtsvollziehers (§ 827 Absatz 1 und § 854 Absatz 1 der Zivilprozessordnung) oder eines Sequesters (§§ 848 und 855 der Zivilprozessordnung),
4.
die Anzeige der Absicht, die Zwangsvollstreckung gegen eine juristische Person des öffentlichen Rechts zu betreiben,
5.
die einer Verurteilung vorausgehende Androhung von Ordnungsgeld und
6.
die Aufhebung einer Vollstreckungsmaßnahme.

Tenor

I.

Der Bescheid der Stadt Würzburg vom 21. November 2013 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte und die Beigeladene haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich als Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. ...89 und ...90 der Gemarkung Würzburg, ... ... und ...1 in Würzburg, gegen die von der Stadt Würzburg der Beigeladenen für deren Grundstück Fl.Nr. ...27 der Gemarkung Würzburg, ... ...8 in Würzburg (Baugrundstück) erteilte Baugenehmigung zur Umnutzung des Kinosaales im Obergeschoss unter Mitnutzung der Zwischengeschossebene sowie Nutzung des Kinosaales im Obergeschoss als Bankett- und Vortragsraum.

1. Die Beigeladene betreibt auf dem Baugrundstück, das an der westlichen Straßenseite der ... gelegen ist, eine Bar und eine Lounge mit Tanzcafé (sog. „...Lounge“).

Das Grundstück der Klägerin liegt auf der Ostseite der ...straße in der Innenstadt von Würzburg und ist mit einem Hochhaus (sog. „Ämterhochhaus“) und einem weiteren Gebäude bebaut. Mit Bescheid vom 5. Dezember 2014 erteilte die Stadt Würzburg der Klägerin die baurechtliche Genehmigung für den Umbau mit Teilabbruch, Nutzungsänderungen und Neuerrichtung von Gebäudeteilen. Hiergegen ließ die Beigeladene Klage erheben (W 5 K 15.4), die mit Urteil vom heutigen Tag abgewiesen wurde.

Baugrundstück wie auch klägerisches Grundstück befinden sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Innenstadt - Teilabschnitt ... - ... - Altstadt ...“ der Stadt Würzburg vom 9. November 1998, in Kraft getreten am 24. März 2000, der für die fraglichen Grundstücke ein Mischgebiet (§ 6 BauNVO) ausweist, sowie des Baulinienplans „...straße“ vom 15. Januar 1951.

Mit Bescheid vom 20. April 2006 erteilte die Stadt Würzburg der Bauherrengemeinschaft ... die baurechtliche Genehmigung für die Umnutzung des Kinosaales im Erdgeschoss des bestehenden Gebäudes in eine Bar, Lounge mit Tanzcafé und Änderung der Außenwerbung auf dem Baugrundstück. Unter Nr. ...0a des Genehmigungsbescheides werden die „technischen Auflagen des Umweltamtes der Stadt vom 5. Dezember 2005“ zum Bestandteil des Bescheides erklärt. Nummer 6 dieser „Auflagen“ regelt, dass antragsgemäß im Obergeschoss des Gebäudes das Abspielen von Musik und Live-Musikdarbietungen nicht zulässig sind.

2. Mit Bauantrag vom 31. Juli 2006 stellte die Beigeladene einen Antrag zur Änderung der Baugenehmigung vom 20. April 2006 betreffend einer Umnutzung des Kinosaals im Obergeschoss unter Mitnutzung der Zwischengeschossebene, sowie der Nutzung des Kinosaals im Obergeschoss als Bankett- und Vortragsraum für Sonderveranstaltungen. Aus der in den Bauantragsunterlagen enthaltenen Projektbeschreibung ergibt sich, dass die Planänderung die Angliederung des Zwischengeschosses an die erdgeschossige Nutzung sowie die Aktivierung des bestehenden Kinosaals im Obergeschoss als Bankett- und Tagungsraum für die vorbeschriebenen Events umfasst. Als Sonderveranstaltungen werden genannt Firmenevents, Promotions und Modeschauen.

Mit Bescheid vom 21. November 2013 erteilte die Stadt Würzburg der Beigeladenen die baurechtliche Genehmigung für die Umnutzung des Kinosaales dieses Gebäudes im Obergeschoss „unter Mitnutzung der Zwischengeschossebene sowie Nutzung des Kinosaales im Obergeschoss als Bankett- und Vortragsraum für Sonderveranstaltungen“.

Unter Nr. ...0 des Baugenehmigungsbescheides werden folgende Auflagen festgesetzt:

„1. Ein Diskobetrieb in den Räumen des Obergeschosses ist nicht zulässig. Gleiches gilt für die Installation einer Musikanlage.

2. Live-Musikdarbietungen sind in den Räumen des Obergeschosses nicht zulässig.

3. Pro Jahr sind in den Räumen des Obergeschosses maximal 12 Sonderveranstaltungen erlaubt.“

Der Bescheid wurde der Klägerin am 23. November 2013 mit Zustellungsurkunde zugestellt.

3. Am 19. Dezember 2013 ließ die Klägerin bei Gericht Klage erheben und im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 21. November 2013 aufzuheben.

Zur Klagebegründung wurde vorgetragen, die Klägerin sei Eigentümerin des Anwesens ...straße ... in Würzburg (sog. „...haus“). Seit geraumer Zeit gingen von der „...Lounge“ unzumutbare Lärmbelästigungen aus. Schallpegelmessungen der Klägerin hätten ergeben, dass ab der Wochenmitte und an den Wochenenden der Immissionsrichtwert von 45 dB(A) überschritten werde. Mit Betrieb der „...Lounge“ werde der Nachtwert generell überschritten. Der Spitzenpegel liege in einem Bereich von deutlich über 70 dB(A). Die Lärmimmissionen stellten dabei bereits in der gegenwärtigen Form eine erhebliche Beeinträchtigung der (bevorstehenden) Wohnnutzung des klägerischen Gebäudes dar. Gänzlich unzumutbar sei eine weitere Ausdehnung der Nutzung des Anwesens zu weiteren Veranstaltungen, die das Ausmaß des Lärms und der Beeinträchtigungen noch vertiefen würden, wenn nach Maßgabe des Genehmigungsbescheides eine Nutzung als Bankett- und Vortragsraum hinzutrete. Allein 12 Sonderveranstaltungen würden zugelassen, es sei von einer deutlichen Ausweitung der Immissionen auszugehen.

In einem Mischgebiet könnten nur nicht störende Gewerbebetriebe zugelassen werden. Die geplante Ausweitung des deutlich störenden Gewerbebetriebs verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Ausweislich der vorliegenden Akten handele es sich bei dem der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugrundeliegenden Bauantrag um eine Erweiterung zur bestehenden Baugenehmigung aus dem Jahr 2006. Der Umnutzung sei aus immissionsschutzfachlicher Sicht nicht zugestimmt worden. Der angegriffene Bescheid sei bereits deswegen rechtswidrig, weil die aufgrund der zusätzlichen Nutzung im Obergeschoss aufgeworfenen immissionsschutzfachlichen Fragestellungen nicht einmal ansatzweise ausgeräumt worden seien. Sie könnten auch nicht ausgeräumt werden. Es lägen bereits signifikante Überschreitungen des Immissionsrichtwerts vor, durch die streitgegenständliche Genehmigung träten weitere Störungen gravierenden Umfangs hinzu. Durch die verfügten Auflagen würden weitere Rechtsverletzungen der Nachbarn, speziell der Klägerin, nicht hinreichend sicher ausgeschlossen. Erst recht gelte dies, weil das Obergeschoss von vornherein schallschutztechnisch nur höchst unzureichend ausgestattet sei.

Auf die weitere Klagebegründung und die dieser beigefügte immissionsschutztechnische Bewertung des Ingenieurbüros ... vom 9. Oktober 2013 wird Bezug genommen.

4. Demgegenüber beantragte die Stadt Würzburg,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung des Abweisungsantrags wurde ausgeführt, Gegenstand der Genehmigung vom 21. November 2013 sei im Wesentlichen die Nutzung des Obergeschosses für bis zu 12 Sonderveranstaltungen im Jahr. Eine unzumutbare Beeinträchtigung der Klägerin hierdurch sei im Hinblick auf die Beauflagung aus immissionsschutzfachlicher Sicht nicht zu besorgen. Das Klagevorbringen richte sich gegen die mit bestandskräftigem Bescheid vom 20. April 2006 genehmigte Nutzung im Erdgeschoss und könne somit nicht Gegenstand dieses Verfahrens sein.

5. Auch die Beigeladene ließ beantragen,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ihres Abweisungsantrags wies die Beigeladene darauf hin, sie dürfe bis zu 12 Sonderveranstaltungen im Jahr im Obergeschoss durchführen. 2013 seien acht, 2014 sieben Sonderveranstaltungen durchgeführt worden. Die Beigeladene habe die „...Lounge“ umgebaut. Die Clubfläche im Obergeschoss sei um 30% verkleinert worden, es könnten deshalb auch zu Sonderveranstaltungen nur 30% weniger Leute die Räumlichkeiten im Obergeschoss aufsuchen.

6. Mit Beschluss der Kammer vom 23. Juni 2015 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Am 26. Juni 2015 fand vor dem Vorsitzenden der 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Würzburg ein Erörterungstermin statt. Auf die dazu gefertigte Niederschrift wird Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung vom 3. März 2016 wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten umfassend erörtert. Wegen des Ablaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Die einschlägigen Behördenakten lagen dem Gericht vor. Die Verfahrensakte W 5 K 15.4 wurde beigezogen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der angefochtene Baugenehmigungsbescheid der Stadt Würzburg vom 21. November 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren subjektivöffentlichen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlichrechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Einem Nachbarn des Bauherrn steht ein Anspruch auf Versagung der Baugenehmigung grundsätzlich nicht zu; er kann eine Baugenehmigung aber dann mit Aussicht auf Erfolg anfechten, wenn Vorschriften verletzt sind, die auch seinem Schutz dienen, oder wenn das Vorhaben es an der gebotenen Rücksichtnahme auf seine Umgebung fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Nachbarschutz vermittelt. So liegt der Fall hier.

1. Bauplanungsrechtlich beurteilt sich das Vorhaben der Beigeladenen nach § 30 Abs. 3 BauGB (einfacher Bebauungsplan), im Übrigen nach § 34 Abs. 2 BauGB und § 6 BauNVO. Das Baugrundstück und das Grundstück der Klägerin liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Innenstadt - Teilabschnitt ... - ... - Altstadt ...“ vom 9. November 1998, der für diesen Bereich ein Mischgebiet gem. § 6 BauNVO festsetzt, sowie des Baulinien-Auflageplans „...straße“ vom 15. Januar 1951, der für das Baugrundstück eine Baulinie vorgibt.

Ob die in einem Teilbereich des Anwesens ...straße ...8 genehmigte und betriebene „...Lounge“ sowie die nun zusätzlich genehmigte Nutzung des Zwischen- und des Obergeschosses dieses Anwesens als Bankett- und Vortragsraum nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO allgemein zulässig ist, kann offen bleiben.

2. Denn die zusätzliche Nutzung - und nur diese ist Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens - verstößt gegen das der Klägerin zustehende und aus § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO hergeleitete nachbarliche Rücksichtnahmegebot.

2.1. Das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme ist unabhängig davon zu beachten, nach welcher Vorschrift das Bauvorhaben der Beigeladenen bauplanungsrechtlich zu beurteilen ist. Richtet sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit - wie hier - nach § 30 Abs. 3 (einfacher Bebauungsplan) und im Übrigen nach § 34 BauGB, ergibt sich die Verpflichtung zur Rücksichtnahme aus § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (vgl. BVerwG, U.v. 12.12.1991 - 4 C 5/88 - juris, zu § 34 Abs. 2 BauGB).

Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BauNVO sind Anlagen auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Ob ein Vorhaben das Rücksichtnahmegebot verletzt, hängt im Wesentlichen von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab und ist im Wege einer Gesamtschau zu ermitteln. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung derer ist, denen die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann an Rücksichtnahme verlangt werden. Umgekehrt braucht derjenige, der ein Vorhaben verwirklichen will, umso weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm verfolgten Interessen sind. Für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalls kommt es demnach wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rücksichtnahmeberechtigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BVerwG, U.v. 25.2.1977 - IV C 22/75 - BVerwGE 52, 122). Bei der vorzunehmenden Abwägung sind sowohl die Schutzwürdigkeit des Nachbarn als auch die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen zu berücksichtigen. Beides muss in einer dem Gebietscharakter, der Vorprägung der Grundstücke durch die vorhandene bauliche Nutzung und der konkreten Schutzwürdigkeit entsprechenden Weise in Einklang gebracht werden (BayVGH, B.v. 26.1.2009 - 15 ZB 08.2934 - juris). In Bereichen, in denen Nutzungen unterschiedlicher Art mit unterschiedlicher Schutzwürdigkeit zusammentreffen, ist die Grundstücksnutzung mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet (BVerwG, B.v. 5.3.1984 - 4 B 171/83 - NVwZ 1984, 646; U.v. 22.6.1990 - 4 C 6/87 - NVwZ 1991, 64). Dies führt nicht nur zu einer Verpflichtung desjenigen, der Beeinträchtigungen verursacht, sondern auch zu einer Duldungspflicht desjenigen, der sich solchen Beeinträchtigungen aussetzt (vgl. BVerwG, U.v. 18.5.1995 - 4 C 20/94 - BVerwGE 98, 235).

Die an das Gebot der Rücksichtnahme zu stellenden Anforderungen hängen von den Umständen des Einzelfalles ab. Das heißt, es ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles zu prüfen, ob die mit einem Bauvorhaben verbundenen Nachteile das Maß dessen überschreiten, was einem Grundstücksnachbarn billigerweise noch zugemutet werden kann.

Für die Berücksichtigung des Immissionsschutzes im Bauplanungsrecht sind Grenzwerte nicht gesetzlich festgelegt. Bei der Überprüfung des konkreten Falles anhand des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, nämlich der Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen, genauer von Lärmimmissionen ist grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen des Immissionsschutzrechts (Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen in § 3 Abs. 1 BImSchG) und die materiellrechtlichen Maßstäbe des Immissionsschutzrechts (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) zurückzugreifen. Schädliche Umwelteinwirkungen sind nach der auch bauplanungsrechtlich bedeutsamen Legaldefinition des § 3 BImSchG solche Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, erhebliche Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz legt diese Grenze und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereiches grundsätzlich allgemein fest (BVerwG, U.v. 23.9.1999 - 4 C 6/98 - BVerwGE 109, 314). Was die Zumutbarkeit von Lärmimmissionen anbetrifft, können anerkanntermaßen die TA Lärm (Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz - Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm, vom 26.8.1998, GMBl. S. 503) bzw. die darin enthaltenen Immissionsrichtwerte herangezogen werden. Die TA Lärm gehört zu den sogenannten „normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften“, welche vorbehaltlich abweichender Erkenntnisse im Regelfall der gerichtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden.

Die TA Lärm sieht in Ziffer 6.1 Buchst. c) in Mischgebieten Immissionsrichtwerte tagsüber von 60 dB(A) und nachts von 45 dB(A) vor. Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Immissionsrichtwerte am Tage um nicht mehr als 30 dB(A) und in der Nacht um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten (Nr. 6.1 TA Lärm aE). Damit sind Geräuschspitzen tagsüber im Mischgebiet bis zu einer Grenze von 90 dB(A) zulässig, nachts bis zu einer Grenze von 65 dB(A). Für die Zuordnung der Immissionsorte zu den einzelnen Baugebietstypen sind nach Nr. 6.6 Satz 1 TA Lärm grundsätzlich die Festlegungen in den Bebauungsplänen maßgebend.

Die Baugenehmigungsbehörde hat bei der Prüfung, ob und inwieweit von einer Anlage Immissionen ausgehen können, der Reichweite der Immissionen nachzugehen. Sie muss prüfen, in welchem Umkreis die Immissionen noch zumutbar sind. Die Baugenehmigungsbehörde ist daher verpflichtet, gegebenenfalls durch Auflagen in der Baugenehmigung oder die Einbeziehung von Beschreibungen entsprechend § 9 BauVorlV sicherzustellen, dass der Nachbar vor unzumutbaren Immissionen ausreichend geschützt wird. Auf solche Schutzauflagen hat der Nachbar einen Anspruch (BayVGH, U.v. 16.11.2006 - 26 B 03.2486 - juris Rn. 28). Geht es um die Lösung einer Immissions-Konfliktlage, reicht es in der Regel (es sei denn, die Anforderung ist von vornherein nicht einhaltbar, s.u. S. 15) aus, wenn dem Emittenten aufgegeben wird, beim Betrieb seiner Anlage näher bestimmte Richtwerte einzuhalten (vgl. BVerwG, U.v. 5.11.1968 - I C 29.67 - BVerwGE 31, 15) .

2.2. Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Grundsätze gewährleistet die Baugenehmigung vom 21. November 2013 nicht, dass im Verhältnis zur Klägerin mit ihrem Grundstück Fl.Nr. ...89 und ...90 ein ausreichender Lärmschutz eingehalten wird.

Durch den Bescheid vom 21. November 2013 hat die Baugenehmigung für die Umnutzung des Kinosaales im Obergeschoss als Bankett- und Vortragsraum unter Mitnutzung der Zwischengeschossebene zwar (wenige) Nebenbestimmungen zum Immissionsschutz erhalten. Allerdings werden dadurch die Immissionen nicht wirkungsvoll auf ein der Klägerin zumutbares Maß begrenzt. Zum einen wurde schon die Zumutbarkeitsgrenze nicht festgelegt (unten 2.3). Selbst wenn man hiervon ausgehen würde, wäre aber nicht sichergestellt, dass diese Grenze eingehalten wird (unten 2.4.). Auch die von Beklagten- und Beigeladenenseite vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch (unten 2.5.).

2.3. Die Grenzen der Zumutbarkeit der von der Anlage der Beigeladenen ausgehenden und auf das Grundstück der Klägerin F.lNr. ...89 und ...90 der Gemarkung Würzburg einwirkenden Lärmimmissionen wurden von der Beklagten in der streitgegenständlichen Baugenehmigung schon nicht festgelegt. Im Einzelnen:

Im Baugenehmigungsbescheid vom 21. November 2013 findet sich keine Regelung, mit der ein Immissionswert festgelegt worden wäre, den das Vorhaben hinsichtlich des Grundstücks der Klägerin einhalten müsste. Auch den sonstigen Bauantragsunterlagen lässt sich ein derartiger Immissionswert nicht entnehmen.

Zwar wird durch die Nebenbestimmung Nr. ...00 der streitgegenständlichen Baugenehmigung die Weitergeltung der Auflagen des Bescheides vom 20. April 2006 angeordnet, soweit keine abweichenden Regelungen getroffen wurden. Satz 1 der Ziffer 2...0a dieser Baugenehmigung erklärt die „technischen Auflagen laut beiliegendem Schreiben des Umweltamtes der Stadt Würzburg vom 5. Dezember 2005 (Blatt 1 bis 3-6) (zum) Bestandteil dieses Bescheides“.

Zum einen kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass mit einer derartigen Regelungstechnik überhaupt die von dem Umweltamt gemachten immissionsschutzfachlichen Auflagenvorschläge - und nur solche können von einer Fachbehörde gemacht werden - in rechtmäßiger Weise zu Nebenbestimmungen einer Baugenehmigung werden. Denn ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht (gebundener Verwaltungsakt) - wie hier beim Erlass der streitgegenständlichen Baugenehmigung - darf gemäß Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG nur mit einer Nebenbestimmung versehen werden, wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt sind, es sein denn, sie wäre durch Rechtsvorschrift zugelassen. Nachdem hier Letzteres nicht der Fall ist, ist auch in den Fällen des Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG eine Entscheidung über die Beifügung von Nebenbestimmungen zum Haupt-Verwaltungsakt im Ermessen der zuständigen Behörde erforderlich. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Frage, ob überhaupt an Stelle der Ablehnung der Versuch gemacht werden soll, durch Nebenbestimmungen die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen sicherzustellen als auch hinsichtlich der Frage, mit welchen Nebenbestimmungen konkret die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen sichergestellt werden soll (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 2015, § 36 Rn. 45). An einer solchen Ermessensentscheidung der zuständigen Baugenehmigungsbehörde fehlt es aber vollständig, wenn - wie hier in 29 Ziffern der Stellungnahme des Umweltamtes vom 5. Dezember 2005 - die Auflagenvorschläge einer Fachbehörde ohne eigene Entscheidung zum Bestandteil des Bescheides gemacht werden und diese - wie vorliegend - Auflagenvorvorschläge, Hinweise auf gesetzliche Regelungen und VDI-Richtlinien sowie Bedingungen und Genehmigungsinhaltsbestimmungen enthalten. Stellungnahmen und Auflagenvorschläge nach Art. 65 Abs. 1 BayBO angehörter Träger öffentlicher Belange dürfen aber nicht „unbesehen“ in die Baugenehmigung übernommen, sondern müssen neu formuliert werden (vgl. Lechner in Simon/Busse, BayBO, 2015, Art. 68 Rn. 299).

Zum anderen wurden hier für das Grundstück der Klägerin Fl.Nr. ...89 und ...90, das sich entsprechend dem Bebauungsplan „Innenstadt - Teilabschnitt ... - ... - Altstadt ...“ der Stadt Würzburg vom 9. November 1998 in einem Mischgebiet (§ 6 BauNVO) befindet, keine Lärmgrenzwerte festgesetzt. Die vom Umweltamt der Beklagten unter dem 5. Dezember 2005 gemachten 29 Auflagenvorschläge, Hinweise, usw. enthalten in Satz 1 der Nr. 2 die Vorgabe, dass die Beurteilungspegel aller vom Betrieb der Bar/Lounge einschließlich An- und Abfahrtsverkehr und sämtlicher technischer Einrichtungen ausgehenden Geräusche am nächstgelegenen Immissionsort die Immissionsrichtwerte „Außen“ (0,5 m vor dem geöffneten Fenster schutzbedürftiger Räume gemäß DIN 4109) von „tagsüber 60dB(A) und nachts 45 dB(A) im benachbarten Kerngebiet und tagsüber 60 dB(A) und nachts 40 dB(A) im benachbarten Besonderen Wohngebiet“ nicht überschreiten dürfen.

Für das angrenzende Mischgebiet, in dem sich das Gebäude der Klägerin befindet, wurde mithin ein Grenzwert nicht festgesetzt. Warum dies unterblieben ist, ließ sich abschließend auch in der mündlichen Verhandlung nicht klären. Der Vertreter der Beklagten hat insoweit auf die immissionsschutzfachliche Stellungnahme des Umweltamtes vom 5. Dezember 2005 verwiesen, in der hinsichtlich der nächstgelegenen Immissionsorte zum Eingangsbereich von einem Kerngebiet ausgegangen wird (vgl. Seite 2 der Stellungnahme, Bl. 77 der Behördenakte zur Baugenehmigung 2006). Dies zugrunde gelegt spricht einiges dafür, dass das Umweltamt der Beklagten davon ausgegangen ist, dass der fragliche Bereich und damit auch die klägerischen Grundstücke in einem Kerngebiet gelegen sind, obwohl nach den eindeutigen Festsetzungen des Bebauungsplans „Innenstadt - Teilabschnitt ... - ... - Altstadt ...“ vom 9. November 1998 tatsächlich ein Mischgebiet gemäß § 6 BauNVO ausgewiesen worden war. Die Baugenehmigungsbehörde der Beklagten hat dann (wohl) den Auflagenvorschlag des Umweltamtes genauso wenig überprüft wie die diesem zugrunde liegende bauplanungsrechtliche Einstufung der Umgebungsbebauung. Letztlich ist all dies aber nicht hinreichend klar, so dass die Nebenbestimmung Nr. ...00 aus der streitgegenständlichen Baugenehmigung i. V. m. der Nebenbestimmung Nr. 2040a der Baugenehmigung vom 20. April 2006 i. V. m. Nr. 2 des Schreibens des Umweltamtes der Stadt Würzburg vom 5. Dezember 2005 jedenfalls in nachbarrechtsrelevanten Punkten zum Nachteil der Klägerin im Sinne von Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG inhaltlich unbestimmt ist.

2.4. Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass durch die streitgegenständliche Baugenehmigung in rechtmäßiger Weise ein Grenzwert von 60/45 dB(A) auch für das klägerische Grundstück festgesetzt worden wäre - was nach den vg. Ausführungen nicht der Fall ist -, würde dies nichts an der Rechtswidrigkeit ändern, denn ein solcher Wert erweist sich unter den gegenwärtigen Bedingungen als nicht einhaltbar.

Wird nämlich ein Lärmgrenzwert festgesetzt, so kommt es darauf an, ob diese Forderung realistisch ist, ob der Wert auch tatsächlich eingehalten werden kann. Überschreiten allerdings die bei der Nutzung einer Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, dann genügt es zur Sicherung der Nachbarrechte nicht, in der Baugenehmigung den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Grenzwert festzulegen und weitere Nebenbestimmungen vorzubehalten. Vielmehr muss die genehmigte Nutzung schon in der Baugenehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden (BayVGH, B.v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2328; U.v. 18.7.2002 - 1 B 98.2945; beide juris).

Ein Verstoß gegen das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme liegt dann vor, wenn eine Baugenehmigung nicht sicherstellt, dass ein Vorhaben zulasten des Nachbarn schädliche Umwelteinwirkungen, die den Rahmen des Zumutbaren übersteigen, verursacht. Wird eine Baugenehmigung für ein Vorhaben erteilt, von dem Emissionen ausgehen, so muss das im Bescheid festgelegte Betriebsreglement geeignet und ausreichend sein, die Erfüllung der immissionsschutzrechtlichen Schutzpflicht sicherzustellen (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2010 - 22 CS 09.3255 juris; Geiger in Birkl, Praxishandlbuch des Bauplanungs- und Immissionsschutzrechts, Sept. 2015, E4; s.a. Schwarzer/König, BayBO, 2012, Art. 68 Rn. 42). Die Festlegung von Lärmgrenzwerten in einer Baugenehmigung reicht somit alleine nicht aus, wenn nicht sichergestellt ist, dass sie bei dem genehmigten Betrieb auch sicher eingehalten werden können. Enthält die Baugenehmigung keine hinreichende Regelung, um diesen Konflikt zu lösen, ist dieser rechtsfehlerhaft. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, mögliche Nebenbestimmungen zu prüfen und die Behörde zu ihrem Erlass zu verpflichten. Vielmehr ist die Baugenehmigung aufzuheben (vgl. Geiger in Birkl, a.a.O). Kann die in der Baugenehmigung enthaltene Anforderung nämlich von vornherein nicht eingehalten werden, ist die Genehmigung wegen einer nur formalen Berücksichtigung nachbarschützender Belange rechtswidrig (vgl. VG Würzburg, U.v. 19.1.2010 - W 4 K 09.47 - juris; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 66 Rn. 428 unter Verweis auf BayVGH, U.v. 26.7.1990 - 26 B 89.470).

Im vorliegenden Fall war aber bei Abschluss des Baugenehmigungsverfahrens in keiner Weise sichergestellt, dass die für den Nachbarschutz erforderlichen Immissionsrichtwerte eingehalten werden können. Die Beigeladene selbst hat als Bauherrin von sich aus keine Lärmprognose und auch keine Messberichte hinsichtlich des klägerischen Grundstücks oder von Grundstücken in vergleichbarer Lage vorgelegt.

Die Beklagte hat dies allerdings auch nicht gefordert. Sie hat es vielmehr verabsäumt, vor Erlass der Baugenehmigung für eine Zusatznutzung die durch die vorausgegangene Genehmigung geschaffene Situation einer Überprüfung zu unterziehen. Sie hätte sich aber angesichts der diffizilen immissionsschutzrechtlichen Situation, die sich im ursprünglichen Genehmigungsverfahren zeigte, vom Funktionieren des im Bescheid vom 20. April 2006 getroffenen Regelungskonzepts überzeugen müssen.

Dies gilt v.a. auch deshalb, weil das Umweltamt sowohl im Genehmigungsverfahren hinsichtlich der streitgegenständlichen Baugenehmigung als auch in dem früheren Verfahren sowohl auf die Immissionsschutzproblematik hingewiesen als auch die Vorlage einer Immissionsprognose verlangt bzw. gerügt hat, dass der Nachweis der Einhaltung der Immissionsrichtwerte nicht erbracht sei. So ergibt sich aus der Stellungnahme vom 16. Oktober 2006, dass aus immissionsschutzfachlicher Sicht der Umnutzung derzeit nicht zugestimmt und eine abschließende Stellungnahme erst erfolgen könne, wenn die geforderten Ergänzungen zu Abnahmemessungen und ein entsprechendes bauakustisches Gutachten vorgelegt werde (Bl. 43 der Genehmigungsakte 2006). Mit der Stellungnahme vom 5. Dezember 2015 wird auf die entstehende planungsrechtliche Problematik der Zulassung einer Bar/Lounge/Tanzcafé in einem Bereich, der zum Teil von einem besonderen Wohngebiet eingegrenzt werde, „deutlich hingewiesen“ und weiter ausgeführt, dass „erfahrungsgemäß Störungen/Lärmbelästigungen durch Besucher (Gespräche/Rufen, Lachen, abholende Fahrzeuge in der Nähe etc.) in der Wohnumgebung wohl kaum zu vermeiden“ seien und „durch technische Auflagen des Immissionsschutzes nicht reglementiert oder gelöst“ werden könnten (Bl. 78 der Genehmigungsakte 2006). In der Stellungnahme vom 24. Januar 2007 wird bemängelt, dass die geforderten messtechnischen Nachweise nicht vorgelegt wurden und so im „Kerngebiet“ der Nachweis für die Einhaltung der Immissionsrichtwerte nicht erbracht worden sei (Bl. 216 der Genehmigungsakte 2013). Ausweislich der Stellungnahme vom 11. Januar 2008 (Bl. 216 der Genehmigungsakte 2013) liegen keine belastbaren bauakustischen Aussagen (auch unter Berücksichtigung der Summenwirkung mit dem Bereich im Erdgeschoss) vor.

Erstmals wurde zur Immissionssituation des Betriebs der mit Bescheid der Beklagten vom 20. April 2006 genehmigten „...Lounge“ im gerichtlichen Verfahren und zwar durch die Klägerin eine immissionsschutzfachliche Einschätzung vorgelegt, nämlich die sachverständige Bewertung des Ingenieurbüros ... vom 9. Oktober 2013 („Nächtliche Geräuschsituation im Bereich der ...straße ..., Würzburg - Schallpegelmessungen 26./27. - 28.29. - 29./30. August 2013“).

Durch das Ingenieurbüro wurden dabei zur Erfassung unterschiedlicher Geräuschsituationen an drei Messorten der Gebäudefassade zur ...straße Schallpegelmessungen im Nachtzeitraum durchgeführt. Dabei wurde bei der Messung in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag (28./29.8.2013), an dem nach Betreiberangaben die „...Lounge“ im Unterschied zu den Nächten von Montag auf Dienstag (26./27.8.2013) bzw. Donnerstag auf Freitag (29./30.8.2013) sehr gut besucht ist, vergleichsweise (deutlich) höhere und die Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 Buchst. c) der TA Lärm (teilweise) weit überschreitende Werte gemessen bzw. berechnet. So ergaben sich am 28./29. August 2013 von 2:00 bis 3:00 Uhr an der Fassade ...straße ... im 1. OG ein Mittelungspegel von 64,1 dB(A), von 23:00 bis 00:00 von 55,1 dB(A) und von 21:00 bis 04:00 Uhr von 61,5 dB(A). In den gleichen Zeiträumen wurde ein Spitzenpegel von 83,2 dB(A), 75,9 dB(A) bzw. 83,2 dB(A) gemessen. Im Vergleich dazu wurde bspw. in der Nacht vom 26. auf den 27. August 2013 (...-Lounge geschlossen) im 1. OG an der Fassade ...straße ... von 2:00 bis 3:00 Uhr ein Mittelungspegel von 38,4 dB(A), von 23:00 bis 00:00 von 43,8 dB(A) und von 21:00 bis 04:00 Uhr von 52,4 dB(A) und am 29./30. August 2013 (...-Lounge geschlossen bei ansonsten regem Betrieb in der Stadt) von 2:00 bis 3:00 Uhr ein Mittelungspegel von 46,2 dB(A), von 22:00 bis 23:00 von 43,8 dB(A) und von 21:00 bis 04:00 Uhr von 54,6 dB(A) gemessen (vgl. Bericht Büro ..., S. 9).

Vergleichbare Werte ergeben sich für die Messstelle im 4. OG der Fassade ...straße ...: Hier wurden in der Nacht vom 28. auf den 29. August 2013 von 2:00 bis 3:00 Uhr ein Mittelungspegel von 61,7 dB(A), von 23:00 bis 00:00 von 53,0 dB(A) und von 21:00 bis 04:00 Uhr von 59,2 dB(A) errechnet. In den gleichen Zeiträumen wurde ein Spitzenpegel von 80,8 dB(A), 73,9 dB(A) bzw. 83,7 dB(A) gemessen. In der Nacht vom 26. auf den 27. August 2013 wurden von 2:00 bis 3:00 Uhr ein Mittelungspegel von 37,0 dB(A), von 23:00 bis 00:00 von 41,7 dB(A) und von 21:00 bis 04:00 Uhr von 49,5 dB(A) berechnet. Die Nacht vom 29. auf den 30. August 2014 erbrachte folgende Ergebnisse: Von 2:00 bis 3:00 Uhr ein Mittelungspegel von 43,8 dB(A), von 22:00 bis 23:00 von 43,4 dB(A) und von 21:00 bis 04:00 Uhr von 51,9 dB(A) (vgl. Bericht Büro ..., S. 9).

Zulässig sind nach Nr. 6.1 der TA Lärm als Mittelungspegel 45 dB(A) bzw. als Spitzenpegel 65 dB(A), so dass der Gutachter zu dem - für das Gericht ohne Weiteres nachvollziehbaren - Ergebnis kommt, dass mit dem Betrieb der „...Lounge“ der Nachtrichtwert „generell erheblich überschritten“ (vgl. Bericht Büro ..., S. 10) wird. Zurückgeführt werden die Überschreitungen - ebenfalls ohne Weiteres nachvollziehbar - auf den insgesamt hohen Personenaufenthalt in der ...straße während der Betriebszeiten der „...Lounge“. Die Personengeräusche zum Zeitpunkt der durch das Ingenieurbüro vorgenommenen Messung in der Nacht von Mittwoch, 28. August 2013, auf Donnerstag, 29. August 2013, seien dabei ab 1:00 Uhr nahezu ausschließlich dem Lounge-Betrieb zuzurechnen gewesen. Die verursachten Geräuschpegel seien maßgeblich aus Unterhaltungen der Besucher im Raucherbereich auf der Straße entstanden. Auch seien Gäste durch Taxis und Privatfahrzeuge vor dem Eingang abgeholt worden. Die Gespräche seien generell deutlich wahrnehmbar und größtenteils auch verstehbar gewesen. Beim Verlassen des Lokals seien lautstärkere Unterhaltungen, Gelächter und einzelne Schreie feststellbar gewesen, wobei die maßgeblichen Verkehrsgeräusche bei der Messung weitestgehend ausgeschlossen worden seien (vgl. Bericht Büro ..., S. 8).

Das Gericht hat keine Anhaltspunkte dafür, dass an dem Bericht des Ingenieurbüros ... irgendwelche Bedenken angebracht wären. Die Feststellungen und Bewertungen des Ingenieurbüros ... wurden weder von der Beklagten noch von der Beigeladenen in Zweifel gezogen, schon gar nicht wurde ihnen substanziiert entgegengetreten. Eigene Messungen hat die Beklagten- und Beigeladenenseite im gerichtlichen Verfahren ebenfalls nicht vorgelegt.

Nach allem stellt die streitgegenständliche Baugenehmigung nicht sicher, dass das Vorhaben der Beigeladenen gegenüber der Klägerin mit ihrem Grundstück Fl.Nr. ...89 und ...90 die erforderlichen Lärmrichtwerte einhält.

2.5. So aber ist gerade nicht auszuschließen, dass eine Erweiterung des bereits vorhandenen und genehmigten Betriebes, die - wie vorliegend - zu einer höheren Besucherfrequenz führt, unzulässige Lärmbeeinträchtigungen der Grundstücke mit der dort geplanten und zulässigen Wohnnutzung der Klägerin nach sich ziehen würde.

Die Argumentation der Beklagten- und der Beigeladenenseite, mit der Vorlage der schalltechnischen Bewertung des Büros ... greife die Klägerin nur die bereits bestandskräftige Baugenehmigung vom 20. April 2006 an, ist unzutreffend. Zwar kann es bei dem vorliegenden Streitverfahren in der Tat nicht um die Aufhebung dieser Genehmigung gehen. Die Messungen und Berechnungen der Klägerseite lassen aber durchaus Rückschlüsse auf die Zulässigkeit einer Erweiterung des vorhandenen Betriebs zu. Immissionsschutzrechtlich ist auch die Argumentation nicht haltbar, ein Nachbar müsse, wenn ihn schon der genehmigte Bestand unzumutbaren Lärmbelastungen aussetze, Erweiterungen des Bestands und Verschärfungen der Situation hinnehmen.

Dass die Beigeladenen im gerichtlichen Verfahren vortragen lassen, sie hätten nach einem Umbau Anfang des Jahres 2015 die genehmigte Betriebsfläche um 30% reduziert, so dass auch nur 30% weniger Leute die Räumlichkeiten im Obergeschoss des Anwesens bei Sonderveranstaltungen aufsuchen könnten, ist unbehelflich. Das Gericht hat seiner Entscheidung die streitgegenständliche Baugenehmigung zugrunde zu legen.

Die Klägerin muss nach Lage der Dinge jedenfalls damit rechnen, dass die geplante und genehmigte Erweiterung des Betriebs der Beigeladenen gegen das nachbarliche Rücksichtnahmegebot verstößt. Der angefochtene Bescheid stellt eine Einhaltung des Rücksichtnahmegebots nicht sicher. Dies führt zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Baugenehmigung. Der Bescheid war deshalb antragsgemäß aufzuheben.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Beklagte und die Beigeladene sind unterlegen. Sie tragen die Verfahrenskosten je zur Hälfte. Der Beigeladenen konnten Kosten auferlegt werden, weil sie einen Klageantrag gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg, Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg, schriftlich zu beantragen. Hierfür besteht Vertretungszwang.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München, Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach, einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte, Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG und orientiert sich an Ziffer 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (BayVBl 2014, Sonderbeilage Januar). Demnach ist bei Nachbarklagen gegen eine Baugenehmigung von einem Streitwert von 7.500,00 EUR bis 15.000,00 EUR auszugehen, soweit nicht ein höherer wirtschaftlicher Schaden feststellbar ist. Das Gericht hält im vorliegenden Fall einen Streitwert von 10.000,00 EUR für angemessen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Für die Streitwertbeschwerde besteht kein Vertretungszwang.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg, Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Zu dem Rechtszug oder dem Verfahren gehören auch alle Vorbereitungs-, Neben- und Abwicklungstätigkeiten und solche Verfahren, die mit dem Rechtszug oder Verfahren zusammenhängen, wenn die Tätigkeit nicht nach § 18 eine besondere Angelegenheit ist. Hierzu gehören insbesondere

1.
die Vorbereitung der Klage, des Antrags oder der Rechtsverteidigung, soweit kein besonderes gerichtliches oder behördliches Verfahren stattfindet;
1a.
die Einreichung von Schutzschriften und die Anmeldung von Ansprüchen oder Rechtsverhältnissen zum Klageregister für Musterfeststellungsklagen sowie die Rücknahme der Anmeldung;
1b.
die Verkündung des Streits (§ 72 der Zivilprozessordnung);
2.
außergerichtliche Verhandlungen;
3.
Zwischenstreite, die Bestellung von Vertretern durch das in der Hauptsache zuständige Gericht, die Ablehnung von Richtern, Rechtspflegern, Urkundsbeamten der Geschäftsstelle oder Sachverständigen, die Entscheidung über einen Antrag betreffend eine Sicherungsanordnung, die Wertfestsetzung, die Beschleunigungsrüge nach § 155b des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit;
4.
das Verfahren vor dem beauftragten oder ersuchten Richter;
5.
das Verfahren
a)
über die Erinnerung (§ 573 der Zivilprozessordnung),
b)
über die Rüge wegen Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör,
c)
nach Artikel 18 der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juni 2007 zur Einführung eines europäischen Verfahrens für geringfügige Forderungen,
d)
nach Artikel 20 der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens und
e)
nach Artikel 19 der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen;
6.
die Berichtigung und Ergänzung der Entscheidung oder ihres Tatbestands;
7.
die Mitwirkung bei der Erbringung der Sicherheitsleistung und das Verfahren wegen deren Rückgabe;
8.
die für die Geltendmachung im Ausland vorgesehene Vervollständigung der Entscheidung und die Bezifferung eines dynamisierten Unterhaltstitels;
9.
die Zustellung oder Empfangnahme von Entscheidungen oder Rechtsmittelschriften und ihre Mitteilung an den Auftraggeber, die Einwilligung zur Einlegung der Sprungrevision oder Sprungrechtsbeschwerde, der Antrag auf Entscheidung über die Verpflichtung, die Kosten zu tragen, die nachträgliche Vollstreckbarerklärung eines Urteils auf besonderen Antrag, die Erteilung des Notfrist- und des Rechtskraftzeugnisses;
9a.
die Ausstellung von Bescheinigungen, Bestätigungen oder Formblättern einschließlich deren Berichtigung, Aufhebung oder Widerruf nach
a)
§ 1079 oder § 1110 der Zivilprozessordnung,
b)
§ 39 Absatz 1 und § 48 des Internationalen Familienrechtsverfahrensgesetzes,
c)
§ 57, § 58 oder § 59 des Anerkennungs- und Vollstreckungsausführungsgesetzes,
d)
§ 14 des EU-Gewaltschutzverfahrensgesetzes,
e)
§ 71 Absatz 1 des Auslandsunterhaltsgesetzes,
f)
§ 27 des Internationalen Erbrechtsverfahrensgesetzes und
g)
§ 27 des Internationalen Güterrechtsverfahrensgesetzes;
10.
die Einlegung von Rechtsmitteln bei dem Gericht desselben Rechtszugs in Verfahren, in denen sich die Gebühren nach Teil 4, 5 oder 6 des Vergütungsverzeichnisses richten; die Einlegung des Rechtsmittels durch einen neuen Verteidiger gehört zum Rechtszug des Rechtsmittels;
10a.
Beschwerdeverfahren, wenn sich die Gebühren nach Teil 4, 5 oder 6 des Vergütungsverzeichnisses richten und dort nichts anderes bestimmt ist oder keine besonderen Gebührentatbestände vorgesehen sind;
11.
die vorläufige Einstellung, Beschränkung oder Aufhebung der Zwangsvollstreckung, wenn nicht eine abgesonderte mündliche Verhandlung hierüber stattfindet;
12.
die einstweilige Einstellung oder Beschränkung der Vollstreckung und die Anordnung, dass Vollstreckungsmaßnahmen aufzuheben sind (§ 93 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit), wenn nicht ein besonderer gerichtlicher Termin hierüber stattfindet;
13.
die erstmalige Erteilung der Vollstreckungsklausel, wenn deswegen keine Klage erhoben wird;
14.
die Kostenfestsetzung und die Einforderung der Vergütung;
15.
(weggefallen)
16.
die Zustellung eines Vollstreckungstitels, der Vollstreckungsklausel und der sonstigen in § 750 der Zivilprozessordnung genannten Urkunden und
17.
die Herausgabe der Handakten oder ihre Übersendung an einen anderen Rechtsanwalt.

(2) Zu den in § 18 Absatz 1 Nummer 1 und 2 genannten Verfahren gehören ferner insbesondere

1.
gerichtliche Anordnungen nach § 758a der Zivilprozessordnung sowie Beschlüssenach §§ 90 und 91 Absatz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
2.
die Erinnerung nach § 766 der Zivilprozessordnung,
3.
die Bestimmung eines Gerichtsvollziehers (§ 827 Absatz 1 und § 854 Absatz 1 der Zivilprozessordnung) oder eines Sequesters (§§ 848 und 855 der Zivilprozessordnung),
4.
die Anzeige der Absicht, die Zwangsvollstreckung gegen eine juristische Person des öffentlichen Rechts zu betreiben,
5.
die einer Verurteilung vorausgehende Androhung von Ordnungsgeld und
6.
die Aufhebung einer Vollstreckungsmaßnahme.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.