Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 03. März 2016 - W 5 K 14.605

bei uns veröffentlicht am03.03.2016

Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I.

Der Bescheid der Stadt Würzburg vom 21. November 2013 wird aufgehoben.

II.

Die Beklagte und die Beigeladene haben die Kosten des Verfahrens je zur Hälfte zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich als Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. ...89 und ...90 der Gemarkung Würzburg, ... ... und ...1 in Würzburg, gegen die von der Stadt Würzburg der Beigeladenen für deren Grundstück Fl.Nr. ...27 der Gemarkung Würzburg, ... ...8 in Würzburg (Baugrundstück) erteilte Baugenehmigung zur Umnutzung des Kinosaales im Obergeschoss unter Mitnutzung der Zwischengeschossebene sowie Nutzung des Kinosaales im Obergeschoss als Bankett- und Vortragsraum.

1. Die Beigeladene betreibt auf dem Baugrundstück, das an der westlichen Straßenseite der ... gelegen ist, eine Bar und eine Lounge mit Tanzcafé (sog. „...Lounge“).

Das Grundstück der Klägerin liegt auf der Ostseite der ...straße in der Innenstadt von Würzburg und ist mit einem Hochhaus (sog. „Ämterhochhaus“) und einem weiteren Gebäude bebaut. Mit Bescheid vom 5. Dezember 2014 erteilte die Stadt Würzburg der Klägerin die baurechtliche Genehmigung für den Umbau mit Teilabbruch, Nutzungsänderungen und Neuerrichtung von Gebäudeteilen. Hiergegen ließ die Beigeladene Klage erheben (W 5 K 15.4), die mit Urteil vom heutigen Tag abgewiesen wurde.

Baugrundstück wie auch klägerisches Grundstück befinden sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Innenstadt - Teilabschnitt ... - ... - Altstadt ...“ der Stadt Würzburg vom 9. November 1998, in Kraft getreten am 24. März 2000, der für die fraglichen Grundstücke ein Mischgebiet (§ 6 BauNVO) ausweist, sowie des Baulinienplans „...straße“ vom 15. Januar 1951.

Mit Bescheid vom 20. April 2006 erteilte die Stadt Würzburg der Bauherrengemeinschaft ... die baurechtliche Genehmigung für die Umnutzung des Kinosaales im Erdgeschoss des bestehenden Gebäudes in eine Bar, Lounge mit Tanzcafé und Änderung der Außenwerbung auf dem Baugrundstück. Unter Nr. ...0a des Genehmigungsbescheides werden die „technischen Auflagen des Umweltamtes der Stadt vom 5. Dezember 2005“ zum Bestandteil des Bescheides erklärt. Nummer 6 dieser „Auflagen“ regelt, dass antragsgemäß im Obergeschoss des Gebäudes das Abspielen von Musik und Live-Musikdarbietungen nicht zulässig sind.

2. Mit Bauantrag vom 31. Juli 2006 stellte die Beigeladene einen Antrag zur Änderung der Baugenehmigung vom 20. April 2006 betreffend einer Umnutzung des Kinosaals im Obergeschoss unter Mitnutzung der Zwischengeschossebene, sowie der Nutzung des Kinosaals im Obergeschoss als Bankett- und Vortragsraum für Sonderveranstaltungen. Aus der in den Bauantragsunterlagen enthaltenen Projektbeschreibung ergibt sich, dass die Planänderung die Angliederung des Zwischengeschosses an die erdgeschossige Nutzung sowie die Aktivierung des bestehenden Kinosaals im Obergeschoss als Bankett- und Tagungsraum für die vorbeschriebenen Events umfasst. Als Sonderveranstaltungen werden genannt Firmenevents, Promotions und Modeschauen.

Mit Bescheid vom 21. November 2013 erteilte die Stadt Würzburg der Beigeladenen die baurechtliche Genehmigung für die Umnutzung des Kinosaales dieses Gebäudes im Obergeschoss „unter Mitnutzung der Zwischengeschossebene sowie Nutzung des Kinosaales im Obergeschoss als Bankett- und Vortragsraum für Sonderveranstaltungen“.

Unter Nr. ...0 des Baugenehmigungsbescheides werden folgende Auflagen festgesetzt:

„1. Ein Diskobetrieb in den Räumen des Obergeschosses ist nicht zulässig. Gleiches gilt für die Installation einer Musikanlage.

2. Live-Musikdarbietungen sind in den Räumen des Obergeschosses nicht zulässig.

3. Pro Jahr sind in den Räumen des Obergeschosses maximal 12 Sonderveranstaltungen erlaubt.“

Der Bescheid wurde der Klägerin am 23. November 2013 mit Zustellungsurkunde zugestellt.

3. Am 19. Dezember 2013 ließ die Klägerin bei Gericht Klage erheben und im Verlaufe des gerichtlichen Verfahrens beantragen,

den Bescheid der Beklagten vom 21. November 2013 aufzuheben.

Zur Klagebegründung wurde vorgetragen, die Klägerin sei Eigentümerin des Anwesens ...straße ... in Würzburg (sog. „...haus“). Seit geraumer Zeit gingen von der „...Lounge“ unzumutbare Lärmbelästigungen aus. Schallpegelmessungen der Klägerin hätten ergeben, dass ab der Wochenmitte und an den Wochenenden der Immissionsrichtwert von 45 dB(A) überschritten werde. Mit Betrieb der „...Lounge“ werde der Nachtwert generell überschritten. Der Spitzenpegel liege in einem Bereich von deutlich über 70 dB(A). Die Lärmimmissionen stellten dabei bereits in der gegenwärtigen Form eine erhebliche Beeinträchtigung der (bevorstehenden) Wohnnutzung des klägerischen Gebäudes dar. Gänzlich unzumutbar sei eine weitere Ausdehnung der Nutzung des Anwesens zu weiteren Veranstaltungen, die das Ausmaß des Lärms und der Beeinträchtigungen noch vertiefen würden, wenn nach Maßgabe des Genehmigungsbescheides eine Nutzung als Bankett- und Vortragsraum hinzutrete. Allein 12 Sonderveranstaltungen würden zugelassen, es sei von einer deutlichen Ausweitung der Immissionen auszugehen.

In einem Mischgebiet könnten nur nicht störende Gewerbebetriebe zugelassen werden. Die geplante Ausweitung des deutlich störenden Gewerbebetriebs verstoße gegen das Gebot der Rücksichtnahme. Ausweislich der vorliegenden Akten handele es sich bei dem der streitgegenständlichen Baugenehmigung zugrundeliegenden Bauantrag um eine Erweiterung zur bestehenden Baugenehmigung aus dem Jahr 2006. Der Umnutzung sei aus immissionsschutzfachlicher Sicht nicht zugestimmt worden. Der angegriffene Bescheid sei bereits deswegen rechtswidrig, weil die aufgrund der zusätzlichen Nutzung im Obergeschoss aufgeworfenen immissionsschutzfachlichen Fragestellungen nicht einmal ansatzweise ausgeräumt worden seien. Sie könnten auch nicht ausgeräumt werden. Es lägen bereits signifikante Überschreitungen des Immissionsrichtwerts vor, durch die streitgegenständliche Genehmigung träten weitere Störungen gravierenden Umfangs hinzu. Durch die verfügten Auflagen würden weitere Rechtsverletzungen der Nachbarn, speziell der Klägerin, nicht hinreichend sicher ausgeschlossen. Erst recht gelte dies, weil das Obergeschoss von vornherein schallschutztechnisch nur höchst unzureichend ausgestattet sei.

Auf die weitere Klagebegründung und die dieser beigefügte immissionsschutztechnische Bewertung des Ingenieurbüros ... vom 9. Oktober 2013 wird Bezug genommen.

4. Demgegenüber beantragte die Stadt Würzburg,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung des Abweisungsantrags wurde ausgeführt, Gegenstand der Genehmigung vom 21. November 2013 sei im Wesentlichen die Nutzung des Obergeschosses für bis zu 12 Sonderveranstaltungen im Jahr. Eine unzumutbare Beeinträchtigung der Klägerin hierdurch sei im Hinblick auf die Beauflagung aus immissionsschutzfachlicher Sicht nicht zu besorgen. Das Klagevorbringen richte sich gegen die mit bestandskräftigem Bescheid vom 20. April 2006 genehmigte Nutzung im Erdgeschoss und könne somit nicht Gegenstand dieses Verfahrens sein.

5. Auch die Beigeladene ließ beantragen,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung ihres Abweisungsantrags wies die Beigeladene darauf hin, sie dürfe bis zu 12 Sonderveranstaltungen im Jahr im Obergeschoss durchführen. 2013 seien acht, 2014 sieben Sonderveranstaltungen durchgeführt worden. Die Beigeladene habe die „...Lounge“ umgebaut. Die Clubfläche im Obergeschoss sei um 30% verkleinert worden, es könnten deshalb auch zu Sonderveranstaltungen nur 30% weniger Leute die Räumlichkeiten im Obergeschoss aufsuchen.

6. Mit Beschluss der Kammer vom 23. Juni 2015 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Am 26. Juni 2015 fand vor dem Vorsitzenden der 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Würzburg ein Erörterungstermin statt. Auf die dazu gefertigte Niederschrift wird Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung vom 3. März 2016 wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten umfassend erörtert. Wegen des Ablaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Die einschlägigen Behördenakten lagen dem Gericht vor. Die Verfahrensakte W 5 K 15.4 wurde beigezogen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der angefochtene Baugenehmigungsbescheid der Stadt Würzburg vom 21. November 2013 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren subjektivöffentlichen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlichrechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Einem Nachbarn des Bauherrn steht ein Anspruch auf Versagung der Baugenehmigung grundsätzlich nicht zu; er kann eine Baugenehmigung aber dann mit Aussicht auf Erfolg anfechten, wenn Vorschriften verletzt sind, die auch seinem Schutz dienen, oder wenn das Vorhaben es an der gebotenen Rücksichtnahme auf seine Umgebung fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Nachbarschutz vermittelt. So liegt der Fall hier.

1. Bauplanungsrechtlich beurteilt sich das Vorhaben der Beigeladenen nach § 30 Abs. 3 BauGB (einfacher Bebauungsplan), im Übrigen nach § 34 Abs. 2 BauGB und § 6 BauNVO. Das Baugrundstück und das Grundstück der Klägerin liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Innenstadt - Teilabschnitt ... - ... - Altstadt ...“ vom 9. November 1998, der für diesen Bereich ein Mischgebiet gem. § 6 BauNVO festsetzt, sowie des Baulinien-Auflageplans „...straße“ vom 15. Januar 1951, der für das Baugrundstück eine Baulinie vorgibt.

Ob die in einem Teilbereich des Anwesens ...straße ...8 genehmigte und betriebene „...Lounge“ sowie die nun zusätzlich genehmigte Nutzung des Zwischen- und des Obergeschosses dieses Anwesens als Bankett- und Vortragsraum nach § 6 Abs. 2 Nr. 8 BauNVO allgemein zulässig ist, kann offen bleiben.

2. Denn die zusätzliche Nutzung - und nur diese ist Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens - verstößt gegen das der Klägerin zustehende und aus § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO hergeleitete nachbarliche Rücksichtnahmegebot.

2.1. Das baurechtliche Gebot der Rücksichtnahme ist unabhängig davon zu beachten, nach welcher Vorschrift das Bauvorhaben der Beigeladenen bauplanungsrechtlich zu beurteilen ist. Richtet sich die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit - wie hier - nach § 30 Abs. 3 (einfacher Bebauungsplan) und im Übrigen nach § 34 BauGB, ergibt sich die Verpflichtung zur Rücksichtnahme aus § 34 Abs. 2 BauGB in Verbindung mit § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO (vgl. BVerwG, U.v. 12.12.1991 - 4 C 5/88 - juris, zu § 34 Abs. 2 BauGB).

Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BauNVO sind Anlagen auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind. Ob ein Vorhaben das Rücksichtnahmegebot verletzt, hängt im Wesentlichen von den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ab und ist im Wege einer Gesamtschau zu ermitteln. Je empfindlicher und schutzwürdiger die Stellung derer ist, denen die Rücksichtnahme im gegebenen Zusammenhang zugutekommt, umso mehr kann an Rücksichtnahme verlangt werden. Umgekehrt braucht derjenige, der ein Vorhaben verwirklichen will, umso weniger Rücksicht zu nehmen, je verständlicher und unabweisbarer die von ihm verfolgten Interessen sind. Für die sachgerechte Beurteilung des Einzelfalls kommt es demnach wesentlich auf eine Abwägung zwischen dem an, was einerseits dem Rücksichtnahmeberechtigten und andererseits dem Rücksichtnahmeverpflichteten nach Lage der Dinge zuzumuten ist (BVerwG, U.v. 25.2.1977 - IV C 22/75 - BVerwGE 52, 122). Bei der vorzunehmenden Abwägung sind sowohl die Schutzwürdigkeit des Nachbarn als auch die mit dem Vorhaben verfolgten Interessen zu berücksichtigen. Beides muss in einer dem Gebietscharakter, der Vorprägung der Grundstücke durch die vorhandene bauliche Nutzung und der konkreten Schutzwürdigkeit entsprechenden Weise in Einklang gebracht werden (BayVGH, B.v. 26.1.2009 - 15 ZB 08.2934 - juris). In Bereichen, in denen Nutzungen unterschiedlicher Art mit unterschiedlicher Schutzwürdigkeit zusammentreffen, ist die Grundstücksnutzung mit einer spezifischen gegenseitigen Pflicht zur Rücksichtnahme belastet (BVerwG, B.v. 5.3.1984 - 4 B 171/83 - NVwZ 1984, 646; U.v. 22.6.1990 - 4 C 6/87 - NVwZ 1991, 64). Dies führt nicht nur zu einer Verpflichtung desjenigen, der Beeinträchtigungen verursacht, sondern auch zu einer Duldungspflicht desjenigen, der sich solchen Beeinträchtigungen aussetzt (vgl. BVerwG, U.v. 18.5.1995 - 4 C 20/94 - BVerwGE 98, 235).

Die an das Gebot der Rücksichtnahme zu stellenden Anforderungen hängen von den Umständen des Einzelfalles ab. Das heißt, es ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles zu prüfen, ob die mit einem Bauvorhaben verbundenen Nachteile das Maß dessen überschreiten, was einem Grundstücksnachbarn billigerweise noch zugemutet werden kann.

Für die Berücksichtigung des Immissionsschutzes im Bauplanungsrecht sind Grenzwerte nicht gesetzlich festgelegt. Bei der Überprüfung des konkreten Falles anhand des § 15 Abs. 1 Satz 2 BauNVO, nämlich der Bestimmung der Grenze der Zumutbarkeit von Umwelteinwirkungen, genauer von Lärmimmissionen ist grundsätzlich auf die Begriffsbestimmungen des Immissionsschutzrechts (Begriff der schädlichen Umwelteinwirkungen in § 3 Abs. 1 BImSchG) und die materiellrechtlichen Maßstäbe des Immissionsschutzrechts (§ 5 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 22 Abs. 1 Nr. 1 BImSchG) zurückzugreifen. Schädliche Umwelteinwirkungen sind nach der auch bauplanungsrechtlich bedeutsamen Legaldefinition des § 3 BImSchG solche Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, erhebliche Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen. Das Bundes-Immissionsschutzgesetz legt diese Grenze und damit das Maß der gebotenen Rücksichtnahme mit Wirkung auch für das Baurecht im Umfang seines Regelungsbereiches grundsätzlich allgemein fest (BVerwG, U.v. 23.9.1999 - 4 C 6/98 - BVerwGE 109, 314). Was die Zumutbarkeit von Lärmimmissionen anbetrifft, können anerkanntermaßen die TA Lärm (Sechste Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Bundes-Immissionsschutzgesetz - Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm, vom 26.8.1998, GMBl. S. 503) bzw. die darin enthaltenen Immissionsrichtwerte herangezogen werden. Die TA Lärm gehört zu den sogenannten „normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften“, welche vorbehaltlich abweichender Erkenntnisse im Regelfall der gerichtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden.

Die TA Lärm sieht in Ziffer 6.1 Buchst. c) in Mischgebieten Immissionsrichtwerte tagsüber von 60 dB(A) und nachts von 45 dB(A) vor. Einzelne kurzzeitige Geräuschspitzen dürfen die Immissionsrichtwerte am Tage um nicht mehr als 30 dB(A) und in der Nacht um nicht mehr als 20 dB(A) überschreiten (Nr. 6.1 TA Lärm aE). Damit sind Geräuschspitzen tagsüber im Mischgebiet bis zu einer Grenze von 90 dB(A) zulässig, nachts bis zu einer Grenze von 65 dB(A). Für die Zuordnung der Immissionsorte zu den einzelnen Baugebietstypen sind nach Nr. 6.6 Satz 1 TA Lärm grundsätzlich die Festlegungen in den Bebauungsplänen maßgebend.

Die Baugenehmigungsbehörde hat bei der Prüfung, ob und inwieweit von einer Anlage Immissionen ausgehen können, der Reichweite der Immissionen nachzugehen. Sie muss prüfen, in welchem Umkreis die Immissionen noch zumutbar sind. Die Baugenehmigungsbehörde ist daher verpflichtet, gegebenenfalls durch Auflagen in der Baugenehmigung oder die Einbeziehung von Beschreibungen entsprechend § 9 BauVorlV sicherzustellen, dass der Nachbar vor unzumutbaren Immissionen ausreichend geschützt wird. Auf solche Schutzauflagen hat der Nachbar einen Anspruch (BayVGH, U.v. 16.11.2006 - 26 B 03.2486 - juris Rn. 28). Geht es um die Lösung einer Immissions-Konfliktlage, reicht es in der Regel (es sei denn, die Anforderung ist von vornherein nicht einhaltbar, s.u. S. 15) aus, wenn dem Emittenten aufgegeben wird, beim Betrieb seiner Anlage näher bestimmte Richtwerte einzuhalten (vgl. BVerwG, U.v. 5.11.1968 - I C 29.67 - BVerwGE 31, 15) .

2.2. Unter Berücksichtigung dieser rechtlichen Grundsätze gewährleistet die Baugenehmigung vom 21. November 2013 nicht, dass im Verhältnis zur Klägerin mit ihrem Grundstück Fl.Nr. ...89 und ...90 ein ausreichender Lärmschutz eingehalten wird.

Durch den Bescheid vom 21. November 2013 hat die Baugenehmigung für die Umnutzung des Kinosaales im Obergeschoss als Bankett- und Vortragsraum unter Mitnutzung der Zwischengeschossebene zwar (wenige) Nebenbestimmungen zum Immissionsschutz erhalten. Allerdings werden dadurch die Immissionen nicht wirkungsvoll auf ein der Klägerin zumutbares Maß begrenzt. Zum einen wurde schon die Zumutbarkeitsgrenze nicht festgelegt (unten 2.3). Selbst wenn man hiervon ausgehen würde, wäre aber nicht sichergestellt, dass diese Grenze eingehalten wird (unten 2.4.). Auch die von Beklagten- und Beigeladenenseite vorgebrachten Einwendungen greifen nicht durch (unten 2.5.).

2.3. Die Grenzen der Zumutbarkeit der von der Anlage der Beigeladenen ausgehenden und auf das Grundstück der Klägerin F.lNr. ...89 und ...90 der Gemarkung Würzburg einwirkenden Lärmimmissionen wurden von der Beklagten in der streitgegenständlichen Baugenehmigung schon nicht festgelegt. Im Einzelnen:

Im Baugenehmigungsbescheid vom 21. November 2013 findet sich keine Regelung, mit der ein Immissionswert festgelegt worden wäre, den das Vorhaben hinsichtlich des Grundstücks der Klägerin einhalten müsste. Auch den sonstigen Bauantragsunterlagen lässt sich ein derartiger Immissionswert nicht entnehmen.

Zwar wird durch die Nebenbestimmung Nr. ...00 der streitgegenständlichen Baugenehmigung die Weitergeltung der Auflagen des Bescheides vom 20. April 2006 angeordnet, soweit keine abweichenden Regelungen getroffen wurden. Satz 1 der Ziffer 2...0a dieser Baugenehmigung erklärt die „technischen Auflagen laut beiliegendem Schreiben des Umweltamtes der Stadt Würzburg vom 5. Dezember 2005 (Blatt 1 bis 3-6) (zum) Bestandteil dieses Bescheides“.

Zum einen kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass mit einer derartigen Regelungstechnik überhaupt die von dem Umweltamt gemachten immissionsschutzfachlichen Auflagenvorschläge - und nur solche können von einer Fachbehörde gemacht werden - in rechtmäßiger Weise zu Nebenbestimmungen einer Baugenehmigung werden. Denn ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht (gebundener Verwaltungsakt) - wie hier beim Erlass der streitgegenständlichen Baugenehmigung - darf gemäß Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG nur mit einer Nebenbestimmung versehen werden, wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsakts erfüllt sind, es sein denn, sie wäre durch Rechtsvorschrift zugelassen. Nachdem hier Letzteres nicht der Fall ist, ist auch in den Fällen des Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG eine Entscheidung über die Beifügung von Nebenbestimmungen zum Haupt-Verwaltungsakt im Ermessen der zuständigen Behörde erforderlich. Dies gilt sowohl hinsichtlich der Frage, ob überhaupt an Stelle der Ablehnung der Versuch gemacht werden soll, durch Nebenbestimmungen die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen sicherzustellen als auch hinsichtlich der Frage, mit welchen Nebenbestimmungen konkret die Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen sichergestellt werden soll (vgl. Kopp/Ramsauer, VwVfG, 2015, § 36 Rn. 45). An einer solchen Ermessensentscheidung der zuständigen Baugenehmigungsbehörde fehlt es aber vollständig, wenn - wie hier in 29 Ziffern der Stellungnahme des Umweltamtes vom 5. Dezember 2005 - die Auflagenvorschläge einer Fachbehörde ohne eigene Entscheidung zum Bestandteil des Bescheides gemacht werden und diese - wie vorliegend - Auflagenvorvorschläge, Hinweise auf gesetzliche Regelungen und VDI-Richtlinien sowie Bedingungen und Genehmigungsinhaltsbestimmungen enthalten. Stellungnahmen und Auflagenvorschläge nach Art. 65 Abs. 1 BayBO angehörter Träger öffentlicher Belange dürfen aber nicht „unbesehen“ in die Baugenehmigung übernommen, sondern müssen neu formuliert werden (vgl. Lechner in Simon/Busse, BayBO, 2015, Art. 68 Rn. 299).

Zum anderen wurden hier für das Grundstück der Klägerin Fl.Nr. ...89 und ...90, das sich entsprechend dem Bebauungsplan „Innenstadt - Teilabschnitt ... - ... - Altstadt ...“ der Stadt Würzburg vom 9. November 1998 in einem Mischgebiet (§ 6 BauNVO) befindet, keine Lärmgrenzwerte festgesetzt. Die vom Umweltamt der Beklagten unter dem 5. Dezember 2005 gemachten 29 Auflagenvorschläge, Hinweise, usw. enthalten in Satz 1 der Nr. 2 die Vorgabe, dass die Beurteilungspegel aller vom Betrieb der Bar/Lounge einschließlich An- und Abfahrtsverkehr und sämtlicher technischer Einrichtungen ausgehenden Geräusche am nächstgelegenen Immissionsort die Immissionsrichtwerte „Außen“ (0,5 m vor dem geöffneten Fenster schutzbedürftiger Räume gemäß DIN 4109) von „tagsüber 60dB(A) und nachts 45 dB(A) im benachbarten Kerngebiet und tagsüber 60 dB(A) und nachts 40 dB(A) im benachbarten Besonderen Wohngebiet“ nicht überschreiten dürfen.

Für das angrenzende Mischgebiet, in dem sich das Gebäude der Klägerin befindet, wurde mithin ein Grenzwert nicht festgesetzt. Warum dies unterblieben ist, ließ sich abschließend auch in der mündlichen Verhandlung nicht klären. Der Vertreter der Beklagten hat insoweit auf die immissionsschutzfachliche Stellungnahme des Umweltamtes vom 5. Dezember 2005 verwiesen, in der hinsichtlich der nächstgelegenen Immissionsorte zum Eingangsbereich von einem Kerngebiet ausgegangen wird (vgl. Seite 2 der Stellungnahme, Bl. 77 der Behördenakte zur Baugenehmigung 2006). Dies zugrunde gelegt spricht einiges dafür, dass das Umweltamt der Beklagten davon ausgegangen ist, dass der fragliche Bereich und damit auch die klägerischen Grundstücke in einem Kerngebiet gelegen sind, obwohl nach den eindeutigen Festsetzungen des Bebauungsplans „Innenstadt - Teilabschnitt ... - ... - Altstadt ...“ vom 9. November 1998 tatsächlich ein Mischgebiet gemäß § 6 BauNVO ausgewiesen worden war. Die Baugenehmigungsbehörde der Beklagten hat dann (wohl) den Auflagenvorschlag des Umweltamtes genauso wenig überprüft wie die diesem zugrunde liegende bauplanungsrechtliche Einstufung der Umgebungsbebauung. Letztlich ist all dies aber nicht hinreichend klar, so dass die Nebenbestimmung Nr. ...00 aus der streitgegenständlichen Baugenehmigung i. V. m. der Nebenbestimmung Nr. 2040a der Baugenehmigung vom 20. April 2006 i. V. m. Nr. 2 des Schreibens des Umweltamtes der Stadt Würzburg vom 5. Dezember 2005 jedenfalls in nachbarrechtsrelevanten Punkten zum Nachteil der Klägerin im Sinne von Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG inhaltlich unbestimmt ist.

2.4. Selbst wenn davon auszugehen wäre, dass durch die streitgegenständliche Baugenehmigung in rechtmäßiger Weise ein Grenzwert von 60/45 dB(A) auch für das klägerische Grundstück festgesetzt worden wäre - was nach den vg. Ausführungen nicht der Fall ist -, würde dies nichts an der Rechtswidrigkeit ändern, denn ein solcher Wert erweist sich unter den gegenwärtigen Bedingungen als nicht einhaltbar.

Wird nämlich ein Lärmgrenzwert festgesetzt, so kommt es darauf an, ob diese Forderung realistisch ist, ob der Wert auch tatsächlich eingehalten werden kann. Überschreiten allerdings die bei der Nutzung einer Anlage entstehenden Immissionen bei regelmäßigem Betrieb die für die Nachbarschaft maßgebliche Zumutbarkeitsgrenze, dann genügt es zur Sicherung der Nachbarrechte nicht, in der Baugenehmigung den maßgeblichen Immissionsrichtwert als Grenzwert festzulegen und weitere Nebenbestimmungen vorzubehalten. Vielmehr muss die genehmigte Nutzung schon in der Baugenehmigung durch konkrete Regelungen eingeschränkt werden (BayVGH, B.v. 15.11.2011 - 14 AS 11.2328; U.v. 18.7.2002 - 1 B 98.2945; beide juris).

Ein Verstoß gegen das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme liegt dann vor, wenn eine Baugenehmigung nicht sicherstellt, dass ein Vorhaben zulasten des Nachbarn schädliche Umwelteinwirkungen, die den Rahmen des Zumutbaren übersteigen, verursacht. Wird eine Baugenehmigung für ein Vorhaben erteilt, von dem Emissionen ausgehen, so muss das im Bescheid festgelegte Betriebsreglement geeignet und ausreichend sein, die Erfüllung der immissionsschutzrechtlichen Schutzpflicht sicherzustellen (vgl. BayVGH, B.v. 9.2.2010 - 22 CS 09.3255 juris; Geiger in Birkl, Praxishandlbuch des Bauplanungs- und Immissionsschutzrechts, Sept. 2015, E4; s.a. Schwarzer/König, BayBO, 2012, Art. 68 Rn. 42). Die Festlegung von Lärmgrenzwerten in einer Baugenehmigung reicht somit alleine nicht aus, wenn nicht sichergestellt ist, dass sie bei dem genehmigten Betrieb auch sicher eingehalten werden können. Enthält die Baugenehmigung keine hinreichende Regelung, um diesen Konflikt zu lösen, ist dieser rechtsfehlerhaft. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, mögliche Nebenbestimmungen zu prüfen und die Behörde zu ihrem Erlass zu verpflichten. Vielmehr ist die Baugenehmigung aufzuheben (vgl. Geiger in Birkl, a.a.O). Kann die in der Baugenehmigung enthaltene Anforderung nämlich von vornherein nicht eingehalten werden, ist die Genehmigung wegen einer nur formalen Berücksichtigung nachbarschützender Belange rechtswidrig (vgl. VG Würzburg, U.v. 19.1.2010 - W 4 K 09.47 - juris; Dirnberger in Simon/Busse, BayBO, Art. 66 Rn. 428 unter Verweis auf BayVGH, U.v. 26.7.1990 - 26 B 89.470).

Im vorliegenden Fall war aber bei Abschluss des Baugenehmigungsverfahrens in keiner Weise sichergestellt, dass die für den Nachbarschutz erforderlichen Immissionsrichtwerte eingehalten werden können. Die Beigeladene selbst hat als Bauherrin von sich aus keine Lärmprognose und auch keine Messberichte hinsichtlich des klägerischen Grundstücks oder von Grundstücken in vergleichbarer Lage vorgelegt.

Die Beklagte hat dies allerdings auch nicht gefordert. Sie hat es vielmehr verabsäumt, vor Erlass der Baugenehmigung für eine Zusatznutzung die durch die vorausgegangene Genehmigung geschaffene Situation einer Überprüfung zu unterziehen. Sie hätte sich aber angesichts der diffizilen immissionsschutzrechtlichen Situation, die sich im ursprünglichen Genehmigungsverfahren zeigte, vom Funktionieren des im Bescheid vom 20. April 2006 getroffenen Regelungskonzepts überzeugen müssen.

Dies gilt v.a. auch deshalb, weil das Umweltamt sowohl im Genehmigungsverfahren hinsichtlich der streitgegenständlichen Baugenehmigung als auch in dem früheren Verfahren sowohl auf die Immissionsschutzproblematik hingewiesen als auch die Vorlage einer Immissionsprognose verlangt bzw. gerügt hat, dass der Nachweis der Einhaltung der Immissionsrichtwerte nicht erbracht sei. So ergibt sich aus der Stellungnahme vom 16. Oktober 2006, dass aus immissionsschutzfachlicher Sicht der Umnutzung derzeit nicht zugestimmt und eine abschließende Stellungnahme erst erfolgen könne, wenn die geforderten Ergänzungen zu Abnahmemessungen und ein entsprechendes bauakustisches Gutachten vorgelegt werde (Bl. 43 der Genehmigungsakte 2006). Mit der Stellungnahme vom 5. Dezember 2015 wird auf die entstehende planungsrechtliche Problematik der Zulassung einer Bar/Lounge/Tanzcafé in einem Bereich, der zum Teil von einem besonderen Wohngebiet eingegrenzt werde, „deutlich hingewiesen“ und weiter ausgeführt, dass „erfahrungsgemäß Störungen/Lärmbelästigungen durch Besucher (Gespräche/Rufen, Lachen, abholende Fahrzeuge in der Nähe etc.) in der Wohnumgebung wohl kaum zu vermeiden“ seien und „durch technische Auflagen des Immissionsschutzes nicht reglementiert oder gelöst“ werden könnten (Bl. 78 der Genehmigungsakte 2006). In der Stellungnahme vom 24. Januar 2007 wird bemängelt, dass die geforderten messtechnischen Nachweise nicht vorgelegt wurden und so im „Kerngebiet“ der Nachweis für die Einhaltung der Immissionsrichtwerte nicht erbracht worden sei (Bl. 216 der Genehmigungsakte 2013). Ausweislich der Stellungnahme vom 11. Januar 2008 (Bl. 216 der Genehmigungsakte 2013) liegen keine belastbaren bauakustischen Aussagen (auch unter Berücksichtigung der Summenwirkung mit dem Bereich im Erdgeschoss) vor.

Erstmals wurde zur Immissionssituation des Betriebs der mit Bescheid der Beklagten vom 20. April 2006 genehmigten „...Lounge“ im gerichtlichen Verfahren und zwar durch die Klägerin eine immissionsschutzfachliche Einschätzung vorgelegt, nämlich die sachverständige Bewertung des Ingenieurbüros ... vom 9. Oktober 2013 („Nächtliche Geräuschsituation im Bereich der ...straße ..., Würzburg - Schallpegelmessungen 26./27. - 28.29. - 29./30. August 2013“).

Durch das Ingenieurbüro wurden dabei zur Erfassung unterschiedlicher Geräuschsituationen an drei Messorten der Gebäudefassade zur ...straße Schallpegelmessungen im Nachtzeitraum durchgeführt. Dabei wurde bei der Messung in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag (28./29.8.2013), an dem nach Betreiberangaben die „...Lounge“ im Unterschied zu den Nächten von Montag auf Dienstag (26./27.8.2013) bzw. Donnerstag auf Freitag (29./30.8.2013) sehr gut besucht ist, vergleichsweise (deutlich) höhere und die Immissionsrichtwerte der Nr. 6.1 Buchst. c) der TA Lärm (teilweise) weit überschreitende Werte gemessen bzw. berechnet. So ergaben sich am 28./29. August 2013 von 2:00 bis 3:00 Uhr an der Fassade ...straße ... im 1. OG ein Mittelungspegel von 64,1 dB(A), von 23:00 bis 00:00 von 55,1 dB(A) und von 21:00 bis 04:00 Uhr von 61,5 dB(A). In den gleichen Zeiträumen wurde ein Spitzenpegel von 83,2 dB(A), 75,9 dB(A) bzw. 83,2 dB(A) gemessen. Im Vergleich dazu wurde bspw. in der Nacht vom 26. auf den 27. August 2013 (...-Lounge geschlossen) im 1. OG an der Fassade ...straße ... von 2:00 bis 3:00 Uhr ein Mittelungspegel von 38,4 dB(A), von 23:00 bis 00:00 von 43,8 dB(A) und von 21:00 bis 04:00 Uhr von 52,4 dB(A) und am 29./30. August 2013 (...-Lounge geschlossen bei ansonsten regem Betrieb in der Stadt) von 2:00 bis 3:00 Uhr ein Mittelungspegel von 46,2 dB(A), von 22:00 bis 23:00 von 43,8 dB(A) und von 21:00 bis 04:00 Uhr von 54,6 dB(A) gemessen (vgl. Bericht Büro ..., S. 9).

Vergleichbare Werte ergeben sich für die Messstelle im 4. OG der Fassade ...straße ...: Hier wurden in der Nacht vom 28. auf den 29. August 2013 von 2:00 bis 3:00 Uhr ein Mittelungspegel von 61,7 dB(A), von 23:00 bis 00:00 von 53,0 dB(A) und von 21:00 bis 04:00 Uhr von 59,2 dB(A) errechnet. In den gleichen Zeiträumen wurde ein Spitzenpegel von 80,8 dB(A), 73,9 dB(A) bzw. 83,7 dB(A) gemessen. In der Nacht vom 26. auf den 27. August 2013 wurden von 2:00 bis 3:00 Uhr ein Mittelungspegel von 37,0 dB(A), von 23:00 bis 00:00 von 41,7 dB(A) und von 21:00 bis 04:00 Uhr von 49,5 dB(A) berechnet. Die Nacht vom 29. auf den 30. August 2014 erbrachte folgende Ergebnisse: Von 2:00 bis 3:00 Uhr ein Mittelungspegel von 43,8 dB(A), von 22:00 bis 23:00 von 43,4 dB(A) und von 21:00 bis 04:00 Uhr von 51,9 dB(A) (vgl. Bericht Büro ..., S. 9).

Zulässig sind nach Nr. 6.1 der TA Lärm als Mittelungspegel 45 dB(A) bzw. als Spitzenpegel 65 dB(A), so dass der Gutachter zu dem - für das Gericht ohne Weiteres nachvollziehbaren - Ergebnis kommt, dass mit dem Betrieb der „...Lounge“ der Nachtrichtwert „generell erheblich überschritten“ (vgl. Bericht Büro ..., S. 10) wird. Zurückgeführt werden die Überschreitungen - ebenfalls ohne Weiteres nachvollziehbar - auf den insgesamt hohen Personenaufenthalt in der ...straße während der Betriebszeiten der „...Lounge“. Die Personengeräusche zum Zeitpunkt der durch das Ingenieurbüro vorgenommenen Messung in der Nacht von Mittwoch, 28. August 2013, auf Donnerstag, 29. August 2013, seien dabei ab 1:00 Uhr nahezu ausschließlich dem Lounge-Betrieb zuzurechnen gewesen. Die verursachten Geräuschpegel seien maßgeblich aus Unterhaltungen der Besucher im Raucherbereich auf der Straße entstanden. Auch seien Gäste durch Taxis und Privatfahrzeuge vor dem Eingang abgeholt worden. Die Gespräche seien generell deutlich wahrnehmbar und größtenteils auch verstehbar gewesen. Beim Verlassen des Lokals seien lautstärkere Unterhaltungen, Gelächter und einzelne Schreie feststellbar gewesen, wobei die maßgeblichen Verkehrsgeräusche bei der Messung weitestgehend ausgeschlossen worden seien (vgl. Bericht Büro ..., S. 8).

Das Gericht hat keine Anhaltspunkte dafür, dass an dem Bericht des Ingenieurbüros ... irgendwelche Bedenken angebracht wären. Die Feststellungen und Bewertungen des Ingenieurbüros ... wurden weder von der Beklagten noch von der Beigeladenen in Zweifel gezogen, schon gar nicht wurde ihnen substanziiert entgegengetreten. Eigene Messungen hat die Beklagten- und Beigeladenenseite im gerichtlichen Verfahren ebenfalls nicht vorgelegt.

Nach allem stellt die streitgegenständliche Baugenehmigung nicht sicher, dass das Vorhaben der Beigeladenen gegenüber der Klägerin mit ihrem Grundstück Fl.Nr. ...89 und ...90 die erforderlichen Lärmrichtwerte einhält.

2.5. So aber ist gerade nicht auszuschließen, dass eine Erweiterung des bereits vorhandenen und genehmigten Betriebes, die - wie vorliegend - zu einer höheren Besucherfrequenz führt, unzulässige Lärmbeeinträchtigungen der Grundstücke mit der dort geplanten und zulässigen Wohnnutzung der Klägerin nach sich ziehen würde.

Die Argumentation der Beklagten- und der Beigeladenenseite, mit der Vorlage der schalltechnischen Bewertung des Büros ... greife die Klägerin nur die bereits bestandskräftige Baugenehmigung vom 20. April 2006 an, ist unzutreffend. Zwar kann es bei dem vorliegenden Streitverfahren in der Tat nicht um die Aufhebung dieser Genehmigung gehen. Die Messungen und Berechnungen der Klägerseite lassen aber durchaus Rückschlüsse auf die Zulässigkeit einer Erweiterung des vorhandenen Betriebs zu. Immissionsschutzrechtlich ist auch die Argumentation nicht haltbar, ein Nachbar müsse, wenn ihn schon der genehmigte Bestand unzumutbaren Lärmbelastungen aussetze, Erweiterungen des Bestands und Verschärfungen der Situation hinnehmen.

Dass die Beigeladenen im gerichtlichen Verfahren vortragen lassen, sie hätten nach einem Umbau Anfang des Jahres 2015 die genehmigte Betriebsfläche um 30% reduziert, so dass auch nur 30% weniger Leute die Räumlichkeiten im Obergeschoss des Anwesens bei Sonderveranstaltungen aufsuchen könnten, ist unbehelflich. Das Gericht hat seiner Entscheidung die streitgegenständliche Baugenehmigung zugrunde zu legen.

Die Klägerin muss nach Lage der Dinge jedenfalls damit rechnen, dass die geplante und genehmigte Erweiterung des Betriebs der Beigeladenen gegen das nachbarliche Rücksichtnahmegebot verstößt. Der angefochtene Bescheid stellt eine Einhaltung des Rücksichtnahmegebots nicht sicher. Dies führt zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Baugenehmigung. Der Bescheid war deshalb antragsgemäß aufzuheben.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Beklagte und die Beigeladene sind unterlegen. Sie tragen die Verfahrenskosten je zur Hälfte. Der Beigeladenen konnten Kosten auferlegt werden, weil sie einen Klageantrag gestellt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg, Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg, schriftlich zu beantragen. Hierfür besteht Vertretungszwang.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München, Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach, einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte, Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG und orientiert sich an Ziffer 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (BayVBl 2014, Sonderbeilage Januar). Demnach ist bei Nachbarklagen gegen eine Baugenehmigung von einem Streitwert von 7.500,00 EUR bis 15.000,00 EUR auszugehen, soweit nicht ein höherer wirtschaftlicher Schaden feststellbar ist. Das Gericht hält im vorliegenden Fall einen Streitwert von 10.000,00 EUR für angemessen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Für die Streitwertbeschwerde besteht kein Vertretungszwang.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg, Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 03. März 2016 - W 5 K 14.605

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Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 03. März 2016 - W 5 K 14.605 zitiert 16 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 67


(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen. (2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaate

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 15 Allgemeine Voraussetzungen für die Zulässigkeit baulicher und sonstiger Anlagen


(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästi

Baugesetzbuch - BBauG | § 30 Zulässigkeit von Vorhaben im Geltungsbereich eines Bebauungsplans


(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsfl

Baunutzungsverordnung - BauNVO | § 6 Mischgebiete


(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören. (2) Zulässig sind 1. Wohngebäude,2. Geschäfts- und Bürogebäude,3. Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie B

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 3 Begriffsbestimmungen


(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 5 Pflichten der Betreiber genehmigungsbedürftiger Anlagen


(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt 1. schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigu

Bundes-Immissionsschutzgesetz - BImSchG | § 22 Pflichten der Betreiber nicht genehmigungsbedürftiger Anlagen


(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass 1. schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,2. nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwi

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Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 03. März 2016 - W 5 K 14.605 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

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Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 03. März 2016 - W 5 K 15.4

bei uns veröffentlicht am 03.03.2016

Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen der Beigeladenen zu tragen. III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollst
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Verwaltungsgericht Würzburg Urteil, 03. März 2016 - W 5 K 15.4

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Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 09. Dez. 2016 - W 5 M 16.896

bei uns veröffentlicht am 09.12.2016

Tenor I. Die Erinnerung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 12. August 2016 wird zurückgewiesen. II. Die Kosten des Erinnerungsverfahrens hat die Klägerin zu tragen.

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Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen der Beigeladenen zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich als Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. ...27 der Gemarkung Würzburg, ...straße ...8 in Würzburg, gegen die von der Stadt Würzburg der Beigeladenen für deren Grundstück Fl.Nr. ...89 und ... der Gemarkung Würzburg, ...straße ... und ...1 in Würzburg (Baugrundstück) erteilte Baugenehmigung für den Umbau mit Teilabbruch, Nutzungsänderungen und Neuerrichtung von Gebäudeteilen.

1.Mit Bauantrag vom 6. Mai 2013 stellte die Beigeladene bei der Beklagten den Bauantrag auf Umbau, Sanierung und Nutzungsänderung des Hochhauses ...straße ... sowie auf Umbau, Sanierung und Nutzungsänderung des Vorderhauses ...straße ...1 sowie Abbruch und Neubau des Hinterhauses ...straße ...1. Dabei ist die westliche Außenwand des Gebäudes (vgl. Ansichten für Abstandsflächen Plan 06) auf dem Grundstück Fl.Nr. ...89 - wie der Bestand - bemaßt mit einer Höhe von „+28,85“ im Norden und „+28,82“ im Süden und die Oberkante First mit „+32,55=204,79 üNN“. Die Dachneigung beträgt (auch) auf der Westseite 45° gegenüber dem Bestand von 32,5°.

Das Baugrundstück liegt auf der Ostseite der ...straße in der Innenstadt von Würzburg und ist mit einem Hochhaus (sog. „...haus“) und einem weiteren Gebäude bebaut. Die Klägerin betreibt auf der gegenüberliegenden Straßenseite eine Bar und eine Lounge mit Tanzcafé (sog. „...Lounge“). Hierfür hat die Klägerin mit Bescheid der Beklagten vom 20. April 2006 die Baugenehmigung zur Umnutzung des Kinosaales im Erdgeschoss in eine Bar, Lounge mit Tanzcafé sowie Änderung der Außenwerbung erhalten. Gegen die Baugenehmigung zur Umnutzung des Kinosaales im Obergeschoss unter Mitnutzung der Zwischengeschossebene sowie Nutzung des Kinosaales im Obergeschoss als Bankett- und Vortragsraum vom 21. November 2013 hat die Beigeladene am 19. Dezember 2013 Klage (W 5 K 13.1260, jetzt; W 5 K 14.605) erheben lassen, der mit Urteil vom heutigen Tag stattgegeben wurde. Baugrundstück wie auch klägerisches Grundstück befinden sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Innenstadt - Teilabschnitt ... - ... - Altstadt ...“ der Stadt Würzburg vom 9. November 1998, in Kraft getreten am 24. März 2000, der für die fraglichen Grundstücke ein Mischgebiet (§ 6 BauNVO) ausweist, sowie des Baulinien-Auflageplans „...straße“ vom 15. Januar 1951.

Mit Bescheid vom 5. Dezember 2014 erteilte die Stadt Würzburg der Beigeladenen die baurechtliche Genehmigung für den Umbau mit Teilabbruch, Nutzungsänderungen und Neuerrichtung von Gebäudeteilen auf dem Baugrundstück unter Befreiungen, Abweichungen und Nebenbestimmungen. So sieht Nr. ...50 des Genehmigungsbescheids eine Befreiung von der im Bebauungsplan festgesetzten Baulinie auf der Westseite vor (Unterschreitung um 2,30 m). Nummer ...13 erteilt eine Abweichung von den vorgeschriebenen Tiefen der Abstandsflächen auf der Westseite (grundsätzlich erforderlich: 14,30 m und 29,95 m; geplant 8,24 m und 7,16 m). Nummer ...14 sieht eine Abweichung von dem Verbot der Überlagerung von Abstandsflächen vor und Nr. 1350 eine solche von der vorgeschriebenen Errichtung eines Kinderspielplatzes gemäß Art. 7 Abs. 2 BayBO. Zur Begründung der vg. Befreiung wird ausgeführt, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt würden, die Abweichung städtebaulich vertretbar und sie auch unter Würdigung nachbarlicher Belange mit den öffentlichen Interessen vereinbar sei. Die Abweichungen von den vorgeschriebenen Tiefen der Abstandsfläche auf der Westseite würden zugelassen, da keine Bedenken hinsichtlich der Belichtung und der Belüftung bestünden und die Abweichungen unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar seien. Die Abweichung von dem Verbot der Überlagerung von Abstandsflächen werde zugelassen, da nur das Baugrundstück betroffen sei, Nachbarrechte nicht berührt würden und die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar sei.

Auf den weiteren Inhalt des Genehmigungsbescheides, der den nunmehrigen Gesellschaftern der Klägerin am 5. Dezember 2014 jeweils gegen Empfangsbestätigung zugestellt worden ist, wird Bezug genommen.

2. Am 2. Januar 2015 ließ die Klägerin bei Gericht Klage erheben mit dem Antrag, die Baugenehmigung der Stadt Würzburg vom 5. Dezember 2014 aufzuheben.

Zur Klagebegründung wurde vorgetragen, das geplante Bauvorhaben werde nach den genehmigten Plänen eine Gesamthöhe von 32,55 m über dem heutigen Straßenniveau der ...straße erreichen. Damit werde das seit Ende der 20er Jahre dort vorhandene Gebäude über den derzeitigen Bestand hinaus erhöht. Durch die neuen Dachaufbauten vergrößerten sich die Abstandsflächen für das Gebäude um ca. 1,1 m. Nach den Vorgaben der BayBO dürften die Abstandsflächen sich aber nur bis zur Mitte der öffentlichen Verkehrsfläche erstrecken. Die Eingabeplanung widerspreche den Maßangaben der Tiefbauabteilung der Beklagten. In den Abstandsflächenplänen seien keine Maße bezüglich der auf den Nachbargrundstücken liegenden Abstandsflächen angegeben. Das Gebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. ...89 heiße nicht umsonst ...haus. Es sei mehr als doppelt so hoch wie die übrigen Gebäude in der ...straße.

Durch die Umnutzung von Büros zu Wohnungen im Umfang von sieben Geschossflächen einschließlich Wohnung im Hinterhaus und im Bauvorhaben auf dem Grundstück Fl.Nr. ...90 entspreche die Maßnahme nicht mehr den Grundzügen eines Mischgebiets, sondern denen eines Wohngebiets oder besonderen Wohngebiets.

Die ...straße sei eine relativ enge Straßenschlucht, belastet durch den Verkehrslärm der Straßenbahn und geprägt durch zahlreiche umliegende Gaststätten. Vor dem davon ausgehenden Lärm würden die Nutzer der Wohnungen im Bauprojekt der Beigeladenen nicht geschützt. Es gebe keine Auflagen bezüglich des Schallschutzes. Aufgrund des bereits vorhandenen Lärms könne eine erhöhte Wohnnutzung nicht gewünscht sein. Das Nachbargebäude der Klägerin mit der „...Lounge“ dürfe durch die neu implementierte Wohnnutzung keinerlei weitere Einschränkungen erfahren.

Hinsichtlich der Errichtung gewerblicher Anlagen im Erdgeschoss sei von der Beigeladenen ein Schallschutzgutachten zu fordern. Die genehmigten Pläne ließen auch nicht erkennen, wo Lüftungsanlagen platziert werden sollten. Die Abluftkamine (auch derjenige der Tiefgarage) seien in der Eingabeplanung nicht dargestellt. Weder in den Wohneinheiten noch im Hof sei ein Müllraum für gewerblichen Müll des Ladengeschäfts und des Tagescafés vorgesehen.

Auf die weitere Klagebegründung wird Bezug genommen.

3. Demgegenüber beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung des Abweisungsantrags wurde ausgeführt, dass von den grundsätzlich erforderlichen Abstandsflächen auf der Westseite in zulässiger Weise eine Abweichung habe erteilt werden können. Die Tiefe der Abstandsflächen erhöhe sich gegenüber dem bestehenden Gebäude um 1,13 m, von bislang 28,82 m auf 29,95 m (betrachtet an der südwestlichen Gebäudeecke des Hochhauses ...straße ...). Die aufgehende westliche Außenwand sei dabei jeweils mit 28,82 m zugrunde gelegt, jedoch sei das bisherige Dach mit einer Neigung von 32,5° abstandsflächenrechtlich neutral, während für die neue Dachform die Höhe des Daches mit einer Neigung von 45° zu einem Drittel (3,38 m x 1,13 m) hinzugerechnet worden sei (28,82 m + 1,13 m = 29,95 m). Bezüglich des Gebäudeteils „Vorderhaus ...straße ...1“ erhöhe sich gegenüber dem bestehenden Gebäude die Tiefe der Abstandsfläche um 0,85 m, von bislang 13,45 m auf 14,30 m. Das Vorderhaus sei auf der im Baulinienauflageplan festgesetzten Baulinie errichtet und entspreche in der Höhenentwicklung den sich südlich anschließenden Nachbargebäuden ...straße ...3, ...5 und ...7. Insofern sei im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO eine Abstandsflächenabweichung ggf. sogar entbehrlich.

Die durch die Abstandsflächenvorschriften geschützten nachbarlichen Belange würden nicht merklich weiter beeinträchtigt als durch das bestehende Ämterhochhaus und das Gebäude ...straße ...1. Auch liege das Grundstück der Klägerin nur auf einer Breite von ca. 3,50 m dem Gebäudeteil Hochhaus ...straße ... gegenüber. Eine Beeinträchtigung des gewerblich genutzten Grundstücks ...straße ...8 sei nicht gegeben. Insgesamt sei eine Verschlechterung der abstandsflächenrechtlichen Situation durch die geringfügige Erhöhung der Abstandsflächentiefe für die umliegenden Grundstücke und die darauf befindlichen Gebäude nicht erkennbar.

Das Bauvorhaben und das Grundstück der Klägerin lägen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Innenstadt Teilabschnitt ... - ...“, der für diesen Bereich Mischgebiet gem. § 6 BauNVO festsetze. Demnach seien als Nutzungen Wohnen und Gewerbebetriebe, die das Wohnen nicht wesentlich störten, zulässig. Wohnen und Gewerbe stünden dabei gleichberechtigt nebeneinander. Ein ausgewogenes Mischungsverhältnis zwischen Wohnen und Gewerbe bestehe nicht für jedes Einzelobjekt. Zudem seien bei dem streitgegenständlichen Bauvorhaben im Erdgeschoss 271 m² Ladenflächen sowie ein Tagescafe mit 71 m² vorgesehen.

Hinsichtlich der Darstellung von Lüftungsanlagen, eines Kinderspielplatzes und der Prüfstatik sei eine Beeinträchtigung nachbarrechtlicher Belange nicht ersichtlich.

4. Auch die Beigeladene beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung des Abweisungsantrags wurde vorgetragen, die Ausführungen der Klägerin zur vorgeblichen Nichteinhaltung bzw. unzulässigen Überschreitung der Abstandsflächen seien rechtlich unzutreffend. Auf die Fragestellungen des Art. 6 BayBO komme es nicht an, weil vorrangig die Vorgaben des Bauplanungsrechts nach Maßgabe von Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO zu beachten seien. Einer Zustimmungserklärung der Beklagten bedürfe es nicht, die behaupteten klägerischen Abwehrrechte seien gerade ausgeschlossen. Nachbarliche Rechte würden angesichts der tatsächlichen nachbarlichen Berührung von nur 3,50 m ohnedies nicht beeinträchtigt. In einem derartigen Fall stelle das Berufen auf eine Verletzung von Abstandsflächenvorschriften eine unzulässige Rechtsausübung dar.

Die Festsetzungen des Bebauungsplans würden insgesamt eingehalten. Ausgewiesen werde ein Mischgebiet nach § 6 BauNVO. Wohnen und Gewerbe stünden gleichberechtigt nebeneinander. Ein Wohngebäude wäre grundsätzlich auch im Allgemeinen zulässig (§ 6 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO). Interessant sei der Vortrag der Klägerin zum Lärmschutz. Dass sie sich nun zur Sachwalterin des Lärmschutzes machen wolle, erstaune. Auf das Vorbringen im Verfahren W 5 K 14.605 werde verwiesen.

Eine Beeinträchtigung irgendwelcher subjektiven Rechte vermöge die Klägerin nicht vorzutragen.

Auf die weitere Begründung des Abweisungsantrags wird Bezug genommen.

5. Mit Beschluss der Kammer vom 23. Juni 2015 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Am 26. Juni 2015 fand vor dem Vorsitzenden der 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Würzburg ein Erörterungstermin statt. Auf die dazu gefertigte Niederschrift wird Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung vom 3. März 2016 wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten umfassend erörtert. Wegen des Ablaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Die einschlägigen Behördenakten lagen dem Gericht vor. Die Verfahrensakte W 5 K 14.605 wurde beigezogen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Der angefochtene Baugenehmigungsbescheid der Stadt Würzburg vom 5. Dezember 2014 verletzt die Klägerin nicht in ihren subjektivöffentlichen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlichrechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Einem Nachbarn des Bauherrn steht ein Anspruch auf Versagung der Baugenehmigung grundsätzlich nicht zu; er kann eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg anfechten, wenn Vorschriften verletzt sind, die auch seinem Schutz dienen, oder wenn das Vorhaben es an der gebotenen Rücksichtnahme auf seine Umgebung fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Nachbarschutz vermittelt. Ein derartiger Fall ist vorliegend nicht gegeben.

1. Nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts, insbesondere solche des Abstandsflächenrechts werden nicht zulasten der Klägerin verletzt.

1.1. Der (sinngemäße) Vortrag der Klägerseite, dass die Abstandsflächenvorschriften hier nicht eingehalten seien und insbesondere die Abstandsflächentiefe durch neue Dachaufbauten sich erhöht habe, kann nicht zum Erfolg der Klage führen. Denn es liegt keine Verletzung abstandsflächenrechtlicher Vorschriften zulasten der Klägerin vor.

Zwar erstreckt sich das Prüfprogramm bei Sonderbauten - es handelt sich hier um ein Hochhaus gemäß Art. 2 Abs. 4 Nr. 1 BayBO - auch auf die Anforderungen des Abstandsflächenrechts der Bayerischen Bauordnung (Art. 60 Satz 1 Nr. 2 BayBO) und damit auch auf beantragte Abweichungen im Sinn des Art. 63 Abs. 1 BayBO, so dass auch die Abstandsflächenvorschriften zu prüfen waren.

Hier hat die Stadt Würzburg unter Nr. 1313 der Baugenehmigung eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO von den vorgeschriebenen Tiefen der Abstandsfläche auf der Westseite (grundsätzlich erforderlich: 14,30 m und 29,95 m; geplant: 8,24 m und 7,16 m) erteilt. Begründet wurde dies damit, dass keine Bedenken hinsichtlich der Belichtung und Belüftung bestehen und die Abweichung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

Die Beklagte ist jedoch zu Unrecht davon ausgegangen, dass das Vorhaben der Beigeladenen insoweit einer Abweichung von den Regelungen über Abstandsflächen bedarf, so dass sie ins Leere geht. Im Einzelnen:

1.2. Zwar sind nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayBO vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandsflächen von oberirdischen Gebäuden freizuhalten. Eine Abstandsfläche ist nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO aber gerade nicht erforderlich vor Außenwänden, die an Grundstücksgrenzen errichtet werden, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden muss oder gebaut werden darf.

Zu den planungsrechtlichen Vorschriften nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO gehört auch die Festsetzung einer Baulinie nach § 23 Abs. 2 BauNVO (vgl. VG Würzburg, B.v. 10.3.2014 - W 5 S 14.124 - juris; bestätigt durch BayVGH, B.v. 29.7.2014 - 9 CS 14.709 - juris; siehe schon BayVGH, B.v. 27.1.1984 - 2 CS 83 A.3030 - BayVBl 1984, 214; Dhom in Simon/Busse, BayBO, Stand 2015, Art. 6 Rn. 49; Schwarzer/König, BayBO, 2012, Art. 6 Rn. 28). Ist nämlich eine Baulinie festgesetzt, so muss nach § 23 Abs. 2 Satz 1 BauNVO auf dieser Linie gebaut werden.

Verläuft die Baulinie entlang einer Grundstücksgrenze, bestimmt sie - anders als die Baugrenze, die nur nicht überschritten werden darf -, weil Gebäude eben auf die Baulinie zu setzen sind, den konkreten Standort des Vorhabens an der Grundstücksgrenze. Ist daher sichergestellt, dass Baulinie und Grundstücksgrenze identisch sind, sind bei Einhaltung der Baulinie keine Abstandsflächen einzuhalten (BayVGH, B.v. 27.1.1984 - 2 CS 83 A.3030 - BayVBl 1984, 214; BayVGH, B.v. 10.12.2008 - 1 CS 08.2770 - juris zu Baugrenzen; Dhom in Simon/Busse, BayBO, Art. 6 Rn. 49; Molodovsky/Kraus in Molodovsky/Famers/Kraus, BayBO, Stand Dez. 2015, Art. 6 Rn. 84).

Nach diesen Maßstäben scheidet hier ein Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht von vornherein aus. Das Gebäude wird hier auf die vordere Grundstücksgrenze gesetzt. Dies entspricht den Festsetzungen des Baulinien-Auflageplans „...straße“ der Stadt Würzburg von 1951, festgesetzt mit RB vom 15. Januar 1951 in der „Zusammenfassung der Baulinien-Auflagepläne für das Gebiet zwischen A... ..., O... ..., W...straße und ...straße“ zum Baulinienplan Nr. ...22 vom 10. Dezember 2009 und der Bauweise entlang der ...straße.

Derartige Baulinienfestsetzungen wurden gemäß § 173 Abs. 3 BBauG 1960 als einfache Bebauungspläne übergeleitet und entfalten gemäß § 233 Abs. 3 BauGB nach wie vor Geltung. Soweit ein einfacher Bebauungsplan Regelungen bzw. Festsetzungen enthält, bestimmt sich die Zulässigkeit eines Vorhabens allein danach, ob es diesen Festsetzungen widerspricht oder nicht. Lediglich ergänzend - soweit keine Festsetzungen vorhanden sind - sind die Bestimmungen der §§ 34 oder 35 BauGB heranzuziehen, was § 30 Abs. 3 BauGB ausdrücklich klarstellt. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der für das Vorhaben maßgebliche Baulinien-Auflageplan außer Kraft getreten sein könnte. Vielmehr erklärt der Bebauungsplan „Innenstadt Teilabschnitt ... - ...“ vom 9. November 1998, der für den Bereich des Grundstücks der Beigeladenen ein Mischgebiet gem. § 6 BauNVO festsetzt, die unveränderte Fortgeltung der Festsetzungen des Baulinienplans „...straße“ vom 15. Januar 1951.

Bei der mit roter Farbe auf der Ostseite der ...straße dargestellten Baulinie im Baulinienplan handelt es sich um eine Gebäudefluchtlinie mit der rechtlichen Wirkung, dass die vordere Gebäudeflucht unmittelbar an diese Linie herangerückt werden muss (vgl. § 4 Abs. 2 BauO 1901 i. V. m. Nr. 44 der Entschließung des Staatsministeriums des Innern vom 3.8.1910, abgedruckt in Englert/Mang, BayBO 1901, 11. Aufl. 1957, Anhang 28).

Nach allem scheidet hier, da gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO nach planungsrechtlichen Vorschriften an die vordere Grundstückgrenze gebaut werden muss, ein Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht von vornherein aus.

1.3. Darüber hinaus wäre hier aber auch die Berechnung der Abstandsflächentiefe zu beanstanden, soweit in diese die Höhe des Daches eingeflossen ist. Wie bei dem Hochhaus bisher schon bestimmt sich die Abstandsflächentiefe allein nach der Wandhöhe. Insoweit war keine Neubetrachtung der Abstandsflächen durchzuführen.

Für das Hochhaus hat die Beklagte eine Änderung der durch das Vorhaben der Beigeladenen benötigten Abstandsflächen gegenüber dem Bestand von 1,13 m wegen der nunmehrigen Dachneigung von 45° zugrunde gelegt. Diese Berechnung findet im Gesetz keine Stütze.

Nach Art. 6 Abs. 4 Satz 1 BayBO berechnet sich die Tiefe der Abstandsfläche nach der Wandhöhe. Nach Art. 6 Abs. 4 Satz 3 BayBO ist die Höhe von Dächern mit einer „Neigung von mehr als 45 Grad“ zu einem Drittel hinzuzurechnen. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung bleiben damit Dächer mit einer Neigung bis einschließlich 45° oder - anders ausgedrückt - nicht größer als 45° unberücksichtigt (vgl. auch Schwarzer/König, BayBO Art. 6 Rn. 72; Dhom/Franz/Rauscher in Simon/Busse, BayBO, Art. 6 Rn. 182; Dirnberger in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue BayBO, Sept. 2015, Art. 6 Rn. 128). Ausweislich der genehmigten Eingabeplanung liegt hier aber eine Dachneigung von exakt 45° vor (vgl. Ansichten Plan 01, Ansichten Plan 02, Ansichten für Abstandsflächen Plan 06) und damit keine Dachneigung von mehr als 45°, so dass die Hinzurechnung zu unterbleiben hat.

1.4. Maßgeblich ist nach Art. 6 Abs. 4 BayBO deshalb alleine die Wandhöhe, nach dessen Satz 2 also das Maß von der Geländeoberfläche bis zum Schnittpunkt der Wand mit der Dachhaut. Vorliegend vergrößert sich aufgrund der erhöhten Dachneigung die vor der westlichen Außenwand einzuhaltende Abstandsfläche, gemessen an der Ansicht West der Eingabeplanung „Ansichten für Abstandsflächen“ um wenige Zentimeter (allenfalls10 cm).

Angesichts dieser marginalen Veränderung spricht vieles dafür, dass bezüglich des Hochhauses keine neue abstandsflächenrechtliche Gesamtbetrachtung erforderlich ist.

Jedenfalls begegnet eine Abweichung nach Art. 63 BayBO in Anbetracht der vorhandenen Höhe des Gebäudes, der schon allein damit einhergehenden Atypik der Grundstückssituation auf der Flnr. ...89 und der allenfalls minimalen, mit der Messlatte der abstandsflächenrechtlichen Belange Belichtung, Belüftung, Besonnung und Wahrung des Wohnfriedens nicht mehr fassbaren Verschlechterung der nachbarrechtlichen Situation des klägerischen Grundstücks auf der gegenüberliegenden Straßenseite mit einem Abstand von ca. 15 m keinen Bedenken.

Abgesehen davon würde auch das Gebäude der Klägerin zur ...straße hin - wollte man nicht auch auf dieses Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO anwenden - nicht die sich aus Art. 6 Abs. 4 BayBO zu errechnenden Abstandsflächen einhalten. Die relevante Wandhöhe beträgt ca. 15 m. Dazu käme noch ein Drittel der Giebelfläche. Bis zur Mitte der ...straße stehen aber nur 7,5 m zur Verfügung.

1.5. Die Einwände der Klägerin zu in den Eingabeplänen fehlenden Angaben zu Lüftungsanlagen, Abluftkaminen und einem Müllraum sowie hinsichtlich des Kinderspielplatzes und der Prüfstatik sind - jedenfalls unter dem Aspekt des Nachbarschutzes - irrelevant. Soweit gerügt wird, dass ein Abluftkamin sowie ein Müllraum für den gewerblichen Müll nicht im Plan dargestellt sei und der Müllraum zwischen Notstromaggregat und Technikzentrale im Keller liege, ist dieses Vorbringen im Übrigen auch völlig unsubstanziiert, denn es wird noch nicht einmal ansatzweise begründet, inwieweit hierdurch nachbarschützende Vorschriften, die der Klägerin zustehen könnten, verletzt sein sollen. Eine Abweichung von den Vorschriften über Kinderspielplätze ist nicht nachbarschützend. Die bauordnungsrechtlichen Bestimmungen zur Herstellung eines Kinderspielplatzes dienen nicht dem Schutz des Nachbarn (vgl. Taft in Simon/Busse, BayBO, Art. 7 Rn. 177). Dass durch eine Nebenbestimmung, mit der dem Bauherrn gestattet wird, den Antrag auf Erteilung des Prüfauftrags hinsichtlich des Standsicherheitsnachweises nachzureichen, der Nachbar in seinen Rechten verletzt sein könnte, scheidet von vornherein aus. Soweit ein unzureichender Schallschutz im Bauprojekt der Beigeladenen gerügt wird, kann dies keinesfalls in Rechte des Nachbarn eingreifen.

2. Auch nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts werden durch die streitgegenständliche Baugenehmigung nicht zulasten der Klägerin verletzt.

2.1. Bauplanungsrechtlich beurteilt sich das Vorhaben der Beigeladenen nach § 30 Abs. 3 BauGB (einfacher Bebauungsplan), im Übrigen nach § 34 Abs. 2 BauGB und § 6 BauNVO. Die Baugrundstücke und das Grundstück der Klägerin liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Innenstadt Teilabschnitt ... - ...“ vom 9. November 1998, der für diesen Bereich ein Mischgebiet gem. § 6 BauNVO festsetzt, sowie des Baulinien-Auflageplans „...straße“ vom 15. Januar 1951, der für die Baugrundstücke Baulinien vorgibt.

2.2. Dass für einen 2,30 m breiten Bereich zwischen den beiden Gebäudetrakten an der ...straße im Wege der Befreiung (Nr. ...50 des Genehmigungsbescheids) ein Zurückbleiben hinter der festgesetzten Baulinie zugelassen wurde, kann sich nicht zulasten der Klägerin auswirken.

2.3. Das klägerische Bauvorhaben fügt sich seiner Art nach in die Umgebungsbebauung ein. Die vorgesehene Wohnnutzung ist nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO, die geplante gewerbliche Nutzung nach § 6 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 BauNVO allgemein zulässig. Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von das Wohnen nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben (§ 6 Abs. 1 BauNVO).

Nicht durchdringen kann die Klägerseite mit ihrem Vorbringen, dass durch eine Umnutzung von Büros in Wohnungen in dem hier vorgesehenen Umfang, das Gebiet nicht mehr den Grundzügen eines Mischgebiets entspreche, sondern denen eines Wohngebiets. Es ist nicht der geringste Anhaltspunkt dafür vorgetragen oder sonst wie ersichtlich, dass der fragliche Bereich an der ...straße in ein allgemeines oder besonderes Wohngebiet „umkippen“ würde. Im Übrigen bleibt darauf hinzuweisen, dass anders als die Klägerseite wohl meint, § 6 BauNVO nicht beinhaltet, dass ein ausschließlich zu Wohnzwecken genutztes Gebäude in einem Mischgebiet unzulässig wäre, oder sich gar Wohn- und Gewerbeflächen in gleichem oder ähnlichem Verhältnis befinden müssten. Zulässig sind vielmehr - selbstverständlich - „reine“ Wohngebäude (vgl. § 6 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO), zulässig sind in einem Mischgebiet Wohngebäude jeglicher Art und Größe (vgl. Roeser in König/Roeser/Stock, BauNVO, 2014, § 6 Rn. 8). Darüber hinaus handelt es sich schon gar nicht um ein reines Wohngebäude, vielmehr soll das Erdgeschoss gewerblich genutzt werden (Ladenfläche, Tagescafé), wie sich den genehmigten Planunterlagen unzweifelhaft entnehmen lässt.

Im Übrigen bleibt noch darauf hinzuweisen, dass der Gebietscharakter des Mischgebiets dadurch gekennzeichnet ist, dass es sowohl dem Wohnen als auch der Unterbringung von Gewerbebetrieben dient, allerdings nur solchen, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Anders als die Klägerseite wohl meint ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 BauNVO, dass zwischen beiden Nutzungen ein Rangverhältnis nicht besteht (vgl. Roeser in König/Roeser/Stock, BauNVO, § 6 Rn. 3).

Das Vorhaben der Klägerin fügt sich auch nach dem Maß der baulichen Nutzung in die Umgebung ein. Zwar stellt das frühere „...haus“ per se einen Fremdkörper in der Umgebung dar. Vorliegend wird aber gerade dieses Gebäude einer geänderten Nutzung unterzogen. Die äußere Form bleibt weitgehend unverändert. Der bestehende Rahmen wird nicht gesprengt, auch nicht durch die Veränderung des Daches, zumal die Höhe des Dachfirsts unverändert bleibt.

2.4. Das Vorhaben der Beigeladenen verstößt auch nicht zulasten der Klägerin gegen das aus § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauGB herzuleitende nachbarliche Rücksichtnahmegebot.

Die an das Gebot der Rücksichtnahme zu stellenden Anforderungen hängen von den Umständen des Einzelfalles ab. Das heißt, es ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles zu prüfen, ob die mit einem Bauvorhaben verbundenen Nachteile das Maß dessen überschreiten, was einem Grundstücksnachbarn billigerweise noch zugemutet werden kann. Eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Klägerin ist hier nicht zu erkennen. Die ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung ihres Nachbargrundstücks wird grundsätzlich durch die bauordnungsrechtliche Abstandsflächenregelung sichergestellt. Hält ein Bauvorhaben - wie hier (vgl. Ausführungen unter 1.) - diese Vorschriften ein, so ist darüber hinaus für ein drittschützendes Gebot der Rücksichtnahme auf diese nachbarlichen Belange kein Raum. Der Landesgesetzgeber hat insoweit abschließend bewertet und geregelt, was den Nachbarn billigerweise zugemutet werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 15.9.1998 - 1 B 96.4115 - juris). Für einen Verstoß gegen das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme unter dem Aspekt der „Einmauerung“, der voraussetzt, dass die genehmigte Anlage das Nachbargrundstück regelrecht abriegelt, d. h. dort ein Gefühl des „Eingemauertseins“ oder eine „Gefängnishofsituation“ hervorruft (vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 29.1.2016 - 15 ZB 1759 - juris), ist hier weder etwas vorgetragen noch sonst wie ersichtlich.

2.5. Soweit die Klägerin Einschränkungen des Betriebs der von ihr betriebenen „...Lounge“ befürchtet, geht auch dieser Einwand ins Leere, weil sie bereits bisher gegenüber der Nachbarschaft die auf ein Mischgebiet bzw. ein besonderes Wohngebiet bezogenen Immissionsschutzrichtwerte einhalten muss. Auch auf den unmittelbar an das klägerische Grundstück angrenzenden Grundstücken Flnrn. ...29 und ...26 findet im Übrigen Wohnnutzung statt.

Nach alledem war die Klage insgesamt abzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da sich die Beigeladene durch Antragstellung am Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO) entsprach es der Billigkeit, die ihr entstandenen außergerichtlichen Aufwendungen der Klägerin aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg, Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder Postfachanschrift:Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg, schriftlich zu beantragen. Hierfür besteht Vertretungszwang.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München, Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach, einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte, Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 12.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG und orientiert sich an Ziffer 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (BayVBl 2014, Sonderbeilage Januar). Demnach ist bei Nachbarklagen gegen eine Baugenehmigung von einem Streitwert von 7.500,00 EUR bis 15.000,00 EUR auszugehen, soweit nicht ein höherer wirtschaftlicher Schaden feststellbar ist. Das Gericht hält im vorliegenden Fall einen Streitwert von 12.000,00 EUR für angemessen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Für die Streitwertbeschwerde besteht kein Vertretungszwang.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg, Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Aufwendungen der Beigeladenen zu tragen.

III.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Kostengläubiger vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich als Eigentümerin des Grundstücks Fl.Nr. ...27 der Gemarkung Würzburg, ...straße ...8 in Würzburg, gegen die von der Stadt Würzburg der Beigeladenen für deren Grundstück Fl.Nr. ...89 und ... der Gemarkung Würzburg, ...straße ... und ...1 in Würzburg (Baugrundstück) erteilte Baugenehmigung für den Umbau mit Teilabbruch, Nutzungsänderungen und Neuerrichtung von Gebäudeteilen.

1.Mit Bauantrag vom 6. Mai 2013 stellte die Beigeladene bei der Beklagten den Bauantrag auf Umbau, Sanierung und Nutzungsänderung des Hochhauses ...straße ... sowie auf Umbau, Sanierung und Nutzungsänderung des Vorderhauses ...straße ...1 sowie Abbruch und Neubau des Hinterhauses ...straße ...1. Dabei ist die westliche Außenwand des Gebäudes (vgl. Ansichten für Abstandsflächen Plan 06) auf dem Grundstück Fl.Nr. ...89 - wie der Bestand - bemaßt mit einer Höhe von „+28,85“ im Norden und „+28,82“ im Süden und die Oberkante First mit „+32,55=204,79 üNN“. Die Dachneigung beträgt (auch) auf der Westseite 45° gegenüber dem Bestand von 32,5°.

Das Baugrundstück liegt auf der Ostseite der ...straße in der Innenstadt von Würzburg und ist mit einem Hochhaus (sog. „...haus“) und einem weiteren Gebäude bebaut. Die Klägerin betreibt auf der gegenüberliegenden Straßenseite eine Bar und eine Lounge mit Tanzcafé (sog. „...Lounge“). Hierfür hat die Klägerin mit Bescheid der Beklagten vom 20. April 2006 die Baugenehmigung zur Umnutzung des Kinosaales im Erdgeschoss in eine Bar, Lounge mit Tanzcafé sowie Änderung der Außenwerbung erhalten. Gegen die Baugenehmigung zur Umnutzung des Kinosaales im Obergeschoss unter Mitnutzung der Zwischengeschossebene sowie Nutzung des Kinosaales im Obergeschoss als Bankett- und Vortragsraum vom 21. November 2013 hat die Beigeladene am 19. Dezember 2013 Klage (W 5 K 13.1260, jetzt; W 5 K 14.605) erheben lassen, der mit Urteil vom heutigen Tag stattgegeben wurde. Baugrundstück wie auch klägerisches Grundstück befinden sich im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Innenstadt - Teilabschnitt ... - ... - Altstadt ...“ der Stadt Würzburg vom 9. November 1998, in Kraft getreten am 24. März 2000, der für die fraglichen Grundstücke ein Mischgebiet (§ 6 BauNVO) ausweist, sowie des Baulinien-Auflageplans „...straße“ vom 15. Januar 1951.

Mit Bescheid vom 5. Dezember 2014 erteilte die Stadt Würzburg der Beigeladenen die baurechtliche Genehmigung für den Umbau mit Teilabbruch, Nutzungsänderungen und Neuerrichtung von Gebäudeteilen auf dem Baugrundstück unter Befreiungen, Abweichungen und Nebenbestimmungen. So sieht Nr. ...50 des Genehmigungsbescheids eine Befreiung von der im Bebauungsplan festgesetzten Baulinie auf der Westseite vor (Unterschreitung um 2,30 m). Nummer ...13 erteilt eine Abweichung von den vorgeschriebenen Tiefen der Abstandsflächen auf der Westseite (grundsätzlich erforderlich: 14,30 m und 29,95 m; geplant 8,24 m und 7,16 m). Nummer ...14 sieht eine Abweichung von dem Verbot der Überlagerung von Abstandsflächen vor und Nr. 1350 eine solche von der vorgeschriebenen Errichtung eines Kinderspielplatzes gemäß Art. 7 Abs. 2 BayBO. Zur Begründung der vg. Befreiung wird ausgeführt, dass die Grundzüge der Planung nicht berührt würden, die Abweichung städtebaulich vertretbar und sie auch unter Würdigung nachbarlicher Belange mit den öffentlichen Interessen vereinbar sei. Die Abweichungen von den vorgeschriebenen Tiefen der Abstandsfläche auf der Westseite würden zugelassen, da keine Bedenken hinsichtlich der Belichtung und der Belüftung bestünden und die Abweichungen unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar seien. Die Abweichung von dem Verbot der Überlagerung von Abstandsflächen werde zugelassen, da nur das Baugrundstück betroffen sei, Nachbarrechte nicht berührt würden und die Abweichung mit den öffentlichen Belangen vereinbar sei.

Auf den weiteren Inhalt des Genehmigungsbescheides, der den nunmehrigen Gesellschaftern der Klägerin am 5. Dezember 2014 jeweils gegen Empfangsbestätigung zugestellt worden ist, wird Bezug genommen.

2. Am 2. Januar 2015 ließ die Klägerin bei Gericht Klage erheben mit dem Antrag, die Baugenehmigung der Stadt Würzburg vom 5. Dezember 2014 aufzuheben.

Zur Klagebegründung wurde vorgetragen, das geplante Bauvorhaben werde nach den genehmigten Plänen eine Gesamthöhe von 32,55 m über dem heutigen Straßenniveau der ...straße erreichen. Damit werde das seit Ende der 20er Jahre dort vorhandene Gebäude über den derzeitigen Bestand hinaus erhöht. Durch die neuen Dachaufbauten vergrößerten sich die Abstandsflächen für das Gebäude um ca. 1,1 m. Nach den Vorgaben der BayBO dürften die Abstandsflächen sich aber nur bis zur Mitte der öffentlichen Verkehrsfläche erstrecken. Die Eingabeplanung widerspreche den Maßangaben der Tiefbauabteilung der Beklagten. In den Abstandsflächenplänen seien keine Maße bezüglich der auf den Nachbargrundstücken liegenden Abstandsflächen angegeben. Das Gebäude auf dem Grundstück Fl.Nr. ...89 heiße nicht umsonst ...haus. Es sei mehr als doppelt so hoch wie die übrigen Gebäude in der ...straße.

Durch die Umnutzung von Büros zu Wohnungen im Umfang von sieben Geschossflächen einschließlich Wohnung im Hinterhaus und im Bauvorhaben auf dem Grundstück Fl.Nr. ...90 entspreche die Maßnahme nicht mehr den Grundzügen eines Mischgebiets, sondern denen eines Wohngebiets oder besonderen Wohngebiets.

Die ...straße sei eine relativ enge Straßenschlucht, belastet durch den Verkehrslärm der Straßenbahn und geprägt durch zahlreiche umliegende Gaststätten. Vor dem davon ausgehenden Lärm würden die Nutzer der Wohnungen im Bauprojekt der Beigeladenen nicht geschützt. Es gebe keine Auflagen bezüglich des Schallschutzes. Aufgrund des bereits vorhandenen Lärms könne eine erhöhte Wohnnutzung nicht gewünscht sein. Das Nachbargebäude der Klägerin mit der „...Lounge“ dürfe durch die neu implementierte Wohnnutzung keinerlei weitere Einschränkungen erfahren.

Hinsichtlich der Errichtung gewerblicher Anlagen im Erdgeschoss sei von der Beigeladenen ein Schallschutzgutachten zu fordern. Die genehmigten Pläne ließen auch nicht erkennen, wo Lüftungsanlagen platziert werden sollten. Die Abluftkamine (auch derjenige der Tiefgarage) seien in der Eingabeplanung nicht dargestellt. Weder in den Wohneinheiten noch im Hof sei ein Müllraum für gewerblichen Müll des Ladengeschäfts und des Tagescafés vorgesehen.

Auf die weitere Klagebegründung wird Bezug genommen.

3. Demgegenüber beantragte die Beklagte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung des Abweisungsantrags wurde ausgeführt, dass von den grundsätzlich erforderlichen Abstandsflächen auf der Westseite in zulässiger Weise eine Abweichung habe erteilt werden können. Die Tiefe der Abstandsflächen erhöhe sich gegenüber dem bestehenden Gebäude um 1,13 m, von bislang 28,82 m auf 29,95 m (betrachtet an der südwestlichen Gebäudeecke des Hochhauses ...straße ...). Die aufgehende westliche Außenwand sei dabei jeweils mit 28,82 m zugrunde gelegt, jedoch sei das bisherige Dach mit einer Neigung von 32,5° abstandsflächenrechtlich neutral, während für die neue Dachform die Höhe des Daches mit einer Neigung von 45° zu einem Drittel (3,38 m x 1,13 m) hinzugerechnet worden sei (28,82 m + 1,13 m = 29,95 m). Bezüglich des Gebäudeteils „Vorderhaus ...straße ...1“ erhöhe sich gegenüber dem bestehenden Gebäude die Tiefe der Abstandsfläche um 0,85 m, von bislang 13,45 m auf 14,30 m. Das Vorderhaus sei auf der im Baulinienauflageplan festgesetzten Baulinie errichtet und entspreche in der Höhenentwicklung den sich südlich anschließenden Nachbargebäuden ...straße ...3, ...5 und ...7. Insofern sei im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO eine Abstandsflächenabweichung ggf. sogar entbehrlich.

Die durch die Abstandsflächenvorschriften geschützten nachbarlichen Belange würden nicht merklich weiter beeinträchtigt als durch das bestehende Ämterhochhaus und das Gebäude ...straße ...1. Auch liege das Grundstück der Klägerin nur auf einer Breite von ca. 3,50 m dem Gebäudeteil Hochhaus ...straße ... gegenüber. Eine Beeinträchtigung des gewerblich genutzten Grundstücks ...straße ...8 sei nicht gegeben. Insgesamt sei eine Verschlechterung der abstandsflächenrechtlichen Situation durch die geringfügige Erhöhung der Abstandsflächentiefe für die umliegenden Grundstücke und die darauf befindlichen Gebäude nicht erkennbar.

Das Bauvorhaben und das Grundstück der Klägerin lägen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Innenstadt Teilabschnitt ... - ...“, der für diesen Bereich Mischgebiet gem. § 6 BauNVO festsetze. Demnach seien als Nutzungen Wohnen und Gewerbebetriebe, die das Wohnen nicht wesentlich störten, zulässig. Wohnen und Gewerbe stünden dabei gleichberechtigt nebeneinander. Ein ausgewogenes Mischungsverhältnis zwischen Wohnen und Gewerbe bestehe nicht für jedes Einzelobjekt. Zudem seien bei dem streitgegenständlichen Bauvorhaben im Erdgeschoss 271 m² Ladenflächen sowie ein Tagescafe mit 71 m² vorgesehen.

Hinsichtlich der Darstellung von Lüftungsanlagen, eines Kinderspielplatzes und der Prüfstatik sei eine Beeinträchtigung nachbarrechtlicher Belange nicht ersichtlich.

4. Auch die Beigeladene beantragte,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung des Abweisungsantrags wurde vorgetragen, die Ausführungen der Klägerin zur vorgeblichen Nichteinhaltung bzw. unzulässigen Überschreitung der Abstandsflächen seien rechtlich unzutreffend. Auf die Fragestellungen des Art. 6 BayBO komme es nicht an, weil vorrangig die Vorgaben des Bauplanungsrechts nach Maßgabe von Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO zu beachten seien. Einer Zustimmungserklärung der Beklagten bedürfe es nicht, die behaupteten klägerischen Abwehrrechte seien gerade ausgeschlossen. Nachbarliche Rechte würden angesichts der tatsächlichen nachbarlichen Berührung von nur 3,50 m ohnedies nicht beeinträchtigt. In einem derartigen Fall stelle das Berufen auf eine Verletzung von Abstandsflächenvorschriften eine unzulässige Rechtsausübung dar.

Die Festsetzungen des Bebauungsplans würden insgesamt eingehalten. Ausgewiesen werde ein Mischgebiet nach § 6 BauNVO. Wohnen und Gewerbe stünden gleichberechtigt nebeneinander. Ein Wohngebäude wäre grundsätzlich auch im Allgemeinen zulässig (§ 6 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO). Interessant sei der Vortrag der Klägerin zum Lärmschutz. Dass sie sich nun zur Sachwalterin des Lärmschutzes machen wolle, erstaune. Auf das Vorbringen im Verfahren W 5 K 14.605 werde verwiesen.

Eine Beeinträchtigung irgendwelcher subjektiven Rechte vermöge die Klägerin nicht vorzutragen.

Auf die weitere Begründung des Abweisungsantrags wird Bezug genommen.

5. Mit Beschluss der Kammer vom 23. Juni 2015 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen. Am 26. Juni 2015 fand vor dem Vorsitzenden der 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Würzburg ein Erörterungstermin statt. Auf die dazu gefertigte Niederschrift wird Bezug genommen. In der mündlichen Verhandlung vom 3. März 2016 wurde die Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten umfassend erörtert. Wegen des Ablaufs der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Die einschlägigen Behördenakten lagen dem Gericht vor. Die Verfahrensakte W 5 K 14.605 wurde beigezogen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

Der angefochtene Baugenehmigungsbescheid der Stadt Würzburg vom 5. Dezember 2014 verletzt die Klägerin nicht in ihren subjektivöffentlichen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Gemäß Art. 68 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 1 BayBO ist eine Baugenehmigung zu erteilen, wenn dem Bauvorhaben keine öffentlichrechtlichen Vorschriften entgegenstehen, die im bauaufsichtlichen Genehmigungsverfahren zu prüfen sind. Einem Nachbarn des Bauherrn steht ein Anspruch auf Versagung der Baugenehmigung grundsätzlich nicht zu; er kann eine Baugenehmigung nur dann mit Aussicht auf Erfolg anfechten, wenn Vorschriften verletzt sind, die auch seinem Schutz dienen, oder wenn das Vorhaben es an der gebotenen Rücksichtnahme auf seine Umgebung fehlen lässt und dieses Gebot im Einzelfall Nachbarschutz vermittelt. Ein derartiger Fall ist vorliegend nicht gegeben.

1. Nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts, insbesondere solche des Abstandsflächenrechts werden nicht zulasten der Klägerin verletzt.

1.1. Der (sinngemäße) Vortrag der Klägerseite, dass die Abstandsflächenvorschriften hier nicht eingehalten seien und insbesondere die Abstandsflächentiefe durch neue Dachaufbauten sich erhöht habe, kann nicht zum Erfolg der Klage führen. Denn es liegt keine Verletzung abstandsflächenrechtlicher Vorschriften zulasten der Klägerin vor.

Zwar erstreckt sich das Prüfprogramm bei Sonderbauten - es handelt sich hier um ein Hochhaus gemäß Art. 2 Abs. 4 Nr. 1 BayBO - auch auf die Anforderungen des Abstandsflächenrechts der Bayerischen Bauordnung (Art. 60 Satz 1 Nr. 2 BayBO) und damit auch auf beantragte Abweichungen im Sinn des Art. 63 Abs. 1 BayBO, so dass auch die Abstandsflächenvorschriften zu prüfen waren.

Hier hat die Stadt Würzburg unter Nr. 1313 der Baugenehmigung eine Abweichung nach Art. 63 Abs. 1 BayBO von den vorgeschriebenen Tiefen der Abstandsfläche auf der Westseite (grundsätzlich erforderlich: 14,30 m und 29,95 m; geplant: 8,24 m und 7,16 m) erteilt. Begründet wurde dies damit, dass keine Bedenken hinsichtlich der Belichtung und Belüftung bestehen und die Abweichung unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.

Die Beklagte ist jedoch zu Unrecht davon ausgegangen, dass das Vorhaben der Beigeladenen insoweit einer Abweichung von den Regelungen über Abstandsflächen bedarf, so dass sie ins Leere geht. Im Einzelnen:

1.2. Zwar sind nach Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayBO vor den Außenwänden von Gebäuden Abstandsflächen von oberirdischen Gebäuden freizuhalten. Eine Abstandsfläche ist nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO aber gerade nicht erforderlich vor Außenwänden, die an Grundstücksgrenzen errichtet werden, wenn nach planungsrechtlichen Vorschriften an die Grenze gebaut werden muss oder gebaut werden darf.

Zu den planungsrechtlichen Vorschriften nach Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO gehört auch die Festsetzung einer Baulinie nach § 23 Abs. 2 BauNVO (vgl. VG Würzburg, B.v. 10.3.2014 - W 5 S 14.124 - juris; bestätigt durch BayVGH, B.v. 29.7.2014 - 9 CS 14.709 - juris; siehe schon BayVGH, B.v. 27.1.1984 - 2 CS 83 A.3030 - BayVBl 1984, 214; Dhom in Simon/Busse, BayBO, Stand 2015, Art. 6 Rn. 49; Schwarzer/König, BayBO, 2012, Art. 6 Rn. 28). Ist nämlich eine Baulinie festgesetzt, so muss nach § 23 Abs. 2 Satz 1 BauNVO auf dieser Linie gebaut werden.

Verläuft die Baulinie entlang einer Grundstücksgrenze, bestimmt sie - anders als die Baugrenze, die nur nicht überschritten werden darf -, weil Gebäude eben auf die Baulinie zu setzen sind, den konkreten Standort des Vorhabens an der Grundstücksgrenze. Ist daher sichergestellt, dass Baulinie und Grundstücksgrenze identisch sind, sind bei Einhaltung der Baulinie keine Abstandsflächen einzuhalten (BayVGH, B.v. 27.1.1984 - 2 CS 83 A.3030 - BayVBl 1984, 214; BayVGH, B.v. 10.12.2008 - 1 CS 08.2770 - juris zu Baugrenzen; Dhom in Simon/Busse, BayBO, Art. 6 Rn. 49; Molodovsky/Kraus in Molodovsky/Famers/Kraus, BayBO, Stand Dez. 2015, Art. 6 Rn. 84).

Nach diesen Maßstäben scheidet hier ein Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht von vornherein aus. Das Gebäude wird hier auf die vordere Grundstücksgrenze gesetzt. Dies entspricht den Festsetzungen des Baulinien-Auflageplans „...straße“ der Stadt Würzburg von 1951, festgesetzt mit RB vom 15. Januar 1951 in der „Zusammenfassung der Baulinien-Auflagepläne für das Gebiet zwischen A... ..., O... ..., W...straße und ...straße“ zum Baulinienplan Nr. ...22 vom 10. Dezember 2009 und der Bauweise entlang der ...straße.

Derartige Baulinienfestsetzungen wurden gemäß § 173 Abs. 3 BBauG 1960 als einfache Bebauungspläne übergeleitet und entfalten gemäß § 233 Abs. 3 BauGB nach wie vor Geltung. Soweit ein einfacher Bebauungsplan Regelungen bzw. Festsetzungen enthält, bestimmt sich die Zulässigkeit eines Vorhabens allein danach, ob es diesen Festsetzungen widerspricht oder nicht. Lediglich ergänzend - soweit keine Festsetzungen vorhanden sind - sind die Bestimmungen der §§ 34 oder 35 BauGB heranzuziehen, was § 30 Abs. 3 BauGB ausdrücklich klarstellt. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass der für das Vorhaben maßgebliche Baulinien-Auflageplan außer Kraft getreten sein könnte. Vielmehr erklärt der Bebauungsplan „Innenstadt Teilabschnitt ... - ...“ vom 9. November 1998, der für den Bereich des Grundstücks der Beigeladenen ein Mischgebiet gem. § 6 BauNVO festsetzt, die unveränderte Fortgeltung der Festsetzungen des Baulinienplans „...straße“ vom 15. Januar 1951.

Bei der mit roter Farbe auf der Ostseite der ...straße dargestellten Baulinie im Baulinienplan handelt es sich um eine Gebäudefluchtlinie mit der rechtlichen Wirkung, dass die vordere Gebäudeflucht unmittelbar an diese Linie herangerückt werden muss (vgl. § 4 Abs. 2 BauO 1901 i. V. m. Nr. 44 der Entschließung des Staatsministeriums des Innern vom 3.8.1910, abgedruckt in Englert/Mang, BayBO 1901, 11. Aufl. 1957, Anhang 28).

Nach allem scheidet hier, da gemäß Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO nach planungsrechtlichen Vorschriften an die vordere Grundstückgrenze gebaut werden muss, ein Verstoß gegen das Abstandsflächenrecht von vornherein aus.

1.3. Darüber hinaus wäre hier aber auch die Berechnung der Abstandsflächentiefe zu beanstanden, soweit in diese die Höhe des Daches eingeflossen ist. Wie bei dem Hochhaus bisher schon bestimmt sich die Abstandsflächentiefe allein nach der Wandhöhe. Insoweit war keine Neubetrachtung der Abstandsflächen durchzuführen.

Für das Hochhaus hat die Beklagte eine Änderung der durch das Vorhaben der Beigeladenen benötigten Abstandsflächen gegenüber dem Bestand von 1,13 m wegen der nunmehrigen Dachneigung von 45° zugrunde gelegt. Diese Berechnung findet im Gesetz keine Stütze.

Nach Art. 6 Abs. 4 Satz 1 BayBO berechnet sich die Tiefe der Abstandsfläche nach der Wandhöhe. Nach Art. 6 Abs. 4 Satz 3 BayBO ist die Höhe von Dächern mit einer „Neigung von mehr als 45 Grad“ zu einem Drittel hinzuzurechnen. Nach dem eindeutigen Wortlaut der Regelung bleiben damit Dächer mit einer Neigung bis einschließlich 45° oder - anders ausgedrückt - nicht größer als 45° unberücksichtigt (vgl. auch Schwarzer/König, BayBO Art. 6 Rn. 72; Dhom/Franz/Rauscher in Simon/Busse, BayBO, Art. 6 Rn. 182; Dirnberger in Jäde/Dirnberger/Bauer/Weiß, Die neue BayBO, Sept. 2015, Art. 6 Rn. 128). Ausweislich der genehmigten Eingabeplanung liegt hier aber eine Dachneigung von exakt 45° vor (vgl. Ansichten Plan 01, Ansichten Plan 02, Ansichten für Abstandsflächen Plan 06) und damit keine Dachneigung von mehr als 45°, so dass die Hinzurechnung zu unterbleiben hat.

1.4. Maßgeblich ist nach Art. 6 Abs. 4 BayBO deshalb alleine die Wandhöhe, nach dessen Satz 2 also das Maß von der Geländeoberfläche bis zum Schnittpunkt der Wand mit der Dachhaut. Vorliegend vergrößert sich aufgrund der erhöhten Dachneigung die vor der westlichen Außenwand einzuhaltende Abstandsfläche, gemessen an der Ansicht West der Eingabeplanung „Ansichten für Abstandsflächen“ um wenige Zentimeter (allenfalls10 cm).

Angesichts dieser marginalen Veränderung spricht vieles dafür, dass bezüglich des Hochhauses keine neue abstandsflächenrechtliche Gesamtbetrachtung erforderlich ist.

Jedenfalls begegnet eine Abweichung nach Art. 63 BayBO in Anbetracht der vorhandenen Höhe des Gebäudes, der schon allein damit einhergehenden Atypik der Grundstückssituation auf der Flnr. ...89 und der allenfalls minimalen, mit der Messlatte der abstandsflächenrechtlichen Belange Belichtung, Belüftung, Besonnung und Wahrung des Wohnfriedens nicht mehr fassbaren Verschlechterung der nachbarrechtlichen Situation des klägerischen Grundstücks auf der gegenüberliegenden Straßenseite mit einem Abstand von ca. 15 m keinen Bedenken.

Abgesehen davon würde auch das Gebäude der Klägerin zur ...straße hin - wollte man nicht auch auf dieses Art. 6 Abs. 1 Satz 3 BayBO anwenden - nicht die sich aus Art. 6 Abs. 4 BayBO zu errechnenden Abstandsflächen einhalten. Die relevante Wandhöhe beträgt ca. 15 m. Dazu käme noch ein Drittel der Giebelfläche. Bis zur Mitte der ...straße stehen aber nur 7,5 m zur Verfügung.

1.5. Die Einwände der Klägerin zu in den Eingabeplänen fehlenden Angaben zu Lüftungsanlagen, Abluftkaminen und einem Müllraum sowie hinsichtlich des Kinderspielplatzes und der Prüfstatik sind - jedenfalls unter dem Aspekt des Nachbarschutzes - irrelevant. Soweit gerügt wird, dass ein Abluftkamin sowie ein Müllraum für den gewerblichen Müll nicht im Plan dargestellt sei und der Müllraum zwischen Notstromaggregat und Technikzentrale im Keller liege, ist dieses Vorbringen im Übrigen auch völlig unsubstanziiert, denn es wird noch nicht einmal ansatzweise begründet, inwieweit hierdurch nachbarschützende Vorschriften, die der Klägerin zustehen könnten, verletzt sein sollen. Eine Abweichung von den Vorschriften über Kinderspielplätze ist nicht nachbarschützend. Die bauordnungsrechtlichen Bestimmungen zur Herstellung eines Kinderspielplatzes dienen nicht dem Schutz des Nachbarn (vgl. Taft in Simon/Busse, BayBO, Art. 7 Rn. 177). Dass durch eine Nebenbestimmung, mit der dem Bauherrn gestattet wird, den Antrag auf Erteilung des Prüfauftrags hinsichtlich des Standsicherheitsnachweises nachzureichen, der Nachbar in seinen Rechten verletzt sein könnte, scheidet von vornherein aus. Soweit ein unzureichender Schallschutz im Bauprojekt der Beigeladenen gerügt wird, kann dies keinesfalls in Rechte des Nachbarn eingreifen.

2. Auch nachbarschützende Vorschriften des Bauplanungsrechts werden durch die streitgegenständliche Baugenehmigung nicht zulasten der Klägerin verletzt.

2.1. Bauplanungsrechtlich beurteilt sich das Vorhaben der Beigeladenen nach § 30 Abs. 3 BauGB (einfacher Bebauungsplan), im Übrigen nach § 34 Abs. 2 BauGB und § 6 BauNVO. Die Baugrundstücke und das Grundstück der Klägerin liegen im Geltungsbereich des Bebauungsplans „Innenstadt Teilabschnitt ... - ...“ vom 9. November 1998, der für diesen Bereich ein Mischgebiet gem. § 6 BauNVO festsetzt, sowie des Baulinien-Auflageplans „...straße“ vom 15. Januar 1951, der für die Baugrundstücke Baulinien vorgibt.

2.2. Dass für einen 2,30 m breiten Bereich zwischen den beiden Gebäudetrakten an der ...straße im Wege der Befreiung (Nr. ...50 des Genehmigungsbescheids) ein Zurückbleiben hinter der festgesetzten Baulinie zugelassen wurde, kann sich nicht zulasten der Klägerin auswirken.

2.3. Das klägerische Bauvorhaben fügt sich seiner Art nach in die Umgebungsbebauung ein. Die vorgesehene Wohnnutzung ist nach § 6 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO, die geplante gewerbliche Nutzung nach § 6 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 BauNVO allgemein zulässig. Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von das Wohnen nicht wesentlich störenden Gewerbebetrieben (§ 6 Abs. 1 BauNVO).

Nicht durchdringen kann die Klägerseite mit ihrem Vorbringen, dass durch eine Umnutzung von Büros in Wohnungen in dem hier vorgesehenen Umfang, das Gebiet nicht mehr den Grundzügen eines Mischgebiets entspreche, sondern denen eines Wohngebiets. Es ist nicht der geringste Anhaltspunkt dafür vorgetragen oder sonst wie ersichtlich, dass der fragliche Bereich an der ...straße in ein allgemeines oder besonderes Wohngebiet „umkippen“ würde. Im Übrigen bleibt darauf hinzuweisen, dass anders als die Klägerseite wohl meint, § 6 BauNVO nicht beinhaltet, dass ein ausschließlich zu Wohnzwecken genutztes Gebäude in einem Mischgebiet unzulässig wäre, oder sich gar Wohn- und Gewerbeflächen in gleichem oder ähnlichem Verhältnis befinden müssten. Zulässig sind vielmehr - selbstverständlich - „reine“ Wohngebäude (vgl. § 6 Abs. 2 Nr. 1 BauNVO), zulässig sind in einem Mischgebiet Wohngebäude jeglicher Art und Größe (vgl. Roeser in König/Roeser/Stock, BauNVO, 2014, § 6 Rn. 8). Darüber hinaus handelt es sich schon gar nicht um ein reines Wohngebäude, vielmehr soll das Erdgeschoss gewerblich genutzt werden (Ladenfläche, Tagescafé), wie sich den genehmigten Planunterlagen unzweifelhaft entnehmen lässt.

Im Übrigen bleibt noch darauf hinzuweisen, dass der Gebietscharakter des Mischgebiets dadurch gekennzeichnet ist, dass es sowohl dem Wohnen als auch der Unterbringung von Gewerbebetrieben dient, allerdings nur solchen, die das Wohnen nicht wesentlich stören. Anders als die Klägerseite wohl meint ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 6 Abs. 1 BauNVO, dass zwischen beiden Nutzungen ein Rangverhältnis nicht besteht (vgl. Roeser in König/Roeser/Stock, BauNVO, § 6 Rn. 3).

Das Vorhaben der Klägerin fügt sich auch nach dem Maß der baulichen Nutzung in die Umgebung ein. Zwar stellt das frühere „...haus“ per se einen Fremdkörper in der Umgebung dar. Vorliegend wird aber gerade dieses Gebäude einer geänderten Nutzung unterzogen. Die äußere Form bleibt weitgehend unverändert. Der bestehende Rahmen wird nicht gesprengt, auch nicht durch die Veränderung des Daches, zumal die Höhe des Dachfirsts unverändert bleibt.

2.4. Das Vorhaben der Beigeladenen verstößt auch nicht zulasten der Klägerin gegen das aus § 34 Abs. 2 BauGB i. V. m. § 15 Abs. 1 Satz 2 BauGB herzuleitende nachbarliche Rücksichtnahmegebot.

Die an das Gebot der Rücksichtnahme zu stellenden Anforderungen hängen von den Umständen des Einzelfalles ab. Das heißt, es ist anhand der konkreten Umstände des Einzelfalles zu prüfen, ob die mit einem Bauvorhaben verbundenen Nachteile das Maß dessen überschreiten, was einem Grundstücksnachbarn billigerweise noch zugemutet werden kann. Eine schwerwiegende Beeinträchtigung der Klägerin ist hier nicht zu erkennen. Die ausreichende Belichtung, Belüftung und Besonnung ihres Nachbargrundstücks wird grundsätzlich durch die bauordnungsrechtliche Abstandsflächenregelung sichergestellt. Hält ein Bauvorhaben - wie hier (vgl. Ausführungen unter 1.) - diese Vorschriften ein, so ist darüber hinaus für ein drittschützendes Gebot der Rücksichtnahme auf diese nachbarlichen Belange kein Raum. Der Landesgesetzgeber hat insoweit abschließend bewertet und geregelt, was den Nachbarn billigerweise zugemutet werden kann (vgl. BayVGH, B.v. 15.9.1998 - 1 B 96.4115 - juris). Für einen Verstoß gegen das nachbarschützende Gebot der Rücksichtnahme unter dem Aspekt der „Einmauerung“, der voraussetzt, dass die genehmigte Anlage das Nachbargrundstück regelrecht abriegelt, d. h. dort ein Gefühl des „Eingemauertseins“ oder eine „Gefängnishofsituation“ hervorruft (vgl. zuletzt BayVGH, B.v. 29.1.2016 - 15 ZB 1759 - juris), ist hier weder etwas vorgetragen noch sonst wie ersichtlich.

2.5. Soweit die Klägerin Einschränkungen des Betriebs der von ihr betriebenen „...Lounge“ befürchtet, geht auch dieser Einwand ins Leere, weil sie bereits bisher gegenüber der Nachbarschaft die auf ein Mischgebiet bzw. ein besonderes Wohngebiet bezogenen Immissionsschutzrichtwerte einhalten muss. Auch auf den unmittelbar an das klägerische Grundstück angrenzenden Grundstücken Flnrn. ...29 und ...26 findet im Übrigen Wohnnutzung statt.

Nach alledem war die Klage insgesamt abzuweisen.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Da sich die Beigeladene durch Antragstellung am Kostenrisiko des Verfahrens beteiligt hat (§ 154 Abs. 3 VwGO) entsprach es der Billigkeit, die ihr entstandenen außergerichtlichen Aufwendungen der Klägerin aufzuerlegen (§ 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. § 708 Nr. 11 und § 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg, Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder Postfachanschrift:Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg, schriftlich zu beantragen. Hierfür besteht Vertretungszwang.

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder Postfachanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München, Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach, einzureichen.

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn

1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,

2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,

3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,

4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder

5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte, Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, oder die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 12.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 2, 52 Abs. 1, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG und orientiert sich an Ziffer 9.7.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (BayVBl 2014, Sonderbeilage Januar). Demnach ist bei Nachbarklagen gegen eine Baugenehmigung von einem Streitwert von 7.500,00 EUR bis 15.000,00 EUR auszugehen, soweit nicht ein höherer wirtschaftlicher Schaden feststellbar ist. Das Gericht hält im vorliegenden Fall einen Streitwert von 12.000,00 EUR für angemessen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,00 EUR übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde.

Für die Streitwertbeschwerde besteht kein Vertretungszwang.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Würzburg, Hausanschrift: Burkarderstraße 26, 97082 Würzburg, oder Postfachanschrift: Postfach 11 02 65, 97029 Würzburg, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der allein oder gemeinsam mit sonstigen baurechtlichen Vorschriften mindestens Festsetzungen über die Art und das Maß der baulichen Nutzung, die überbaubaren Grundstücksflächen und die örtlichen Verkehrsflächen enthält, ist ein Vorhaben zulässig, wenn es diesen Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(2) Im Geltungsbereich eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans nach § 12 ist ein Vorhaben zulässig, wenn es dem Bebauungsplan nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist.

(3) Im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, der die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllt (einfacher Bebauungsplan), richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben im Übrigen nach § 34 oder § 35.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Die in den §§ 2 bis 14 aufgeführten baulichen und sonstigen Anlagen sind im Einzelfall unzulässig, wenn sie nach Anzahl, Lage, Umfang oder Zweckbestimmung der Eigenart des Baugebiets widersprechen. Sie sind auch unzulässig, wenn von ihnen Belästigungen oder Störungen ausgehen können, die nach der Eigenart des Baugebiets im Baugebiet selbst oder in dessen Umgebung unzumutbar sind, oder wenn sie solchen Belästigungen oder Störungen ausgesetzt werden.

(2) Die Anwendung des Absatzes 1 hat nach den städtebaulichen Zielen und Grundsätzen des § 1 Absatz 5 des Baugesetzbuchs zu erfolgen.

(3) Die Zulässigkeit der Anlagen in den Baugebieten ist nicht allein nach den verfahrensrechtlichen Einordnungen des Bundes-Immissionsschutzgesetzes und der auf seiner Grundlage erlassenen Verordnungen zu beurteilen.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass zur Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt

1.
schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft nicht hervorgerufen werden können;
2.
Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen getroffen wird, insbesondere durch die dem Stand der Technik entsprechenden Maßnahmen;
3.
Abfälle vermieden, nicht zu vermeidende Abfälle verwertet und nicht zu verwertende Abfälle ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden; Abfälle sind nicht zu vermeiden, soweit die Vermeidung technisch nicht möglich oder nicht zumutbar ist; die Vermeidung ist unzulässig, soweit sie zu nachteiligeren Umweltauswirkungen führt als die Verwertung; die Verwertung und Beseitigung von Abfällen erfolgt nach den Vorschriften des Kreislaufwirtschaftsgesetzes und den sonstigen für die Abfälle geltenden Vorschriften;
4.
Energie sparsam und effizient verwendet wird.

(2) Soweit genehmigungsbedürftige Anlagen dem Anwendungsbereich des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes unterliegen, sind Anforderungen zur Begrenzung von Emissionen von Treibhausgasen nur zulässig, um zur Erfüllung der Pflichten nach Absatz 1 Nummer 1 sicherzustellen, dass im Einwirkungsbereich der Anlage keine schädlichen Umwelteinwirkungen entstehen; dies gilt nur für Treibhausgase, die für die betreffende Tätigkeit nach Anhang 1 des Treibhausgas-Emissionshandelsgesetzes umfasst sind. Bei diesen Anlagen dürfen zur Erfüllung der Pflicht zur effizienten Verwendung von Energie in Bezug auf die Emissionen von Kohlendioxid, die auf Verbrennungs- oder anderen Prozessen der Anlage beruhen, keine Anforderungen gestellt werden, die über die Pflichten hinausgehen, welche das Treibhausgas-Emissionshandelsgesetz begründet.

(3) Genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten, zu betreiben und stillzulegen, dass auch nach einer Betriebseinstellung

1.
von der Anlage oder dem Anlagengrundstück keine schädlichen Umwelteinwirkungen und sonstige Gefahren, erhebliche Nachteile und erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit und die Nachbarschaft hervorgerufen werden können,
2.
vorhandene Abfälle ordnungsgemäß und schadlos verwertet oder ohne Beeinträchtigung des Wohls der Allgemeinheit beseitigt werden und
3.
die Wiederherstellung eines ordnungsgemäßen Zustandes des Anlagengrundstücks gewährleistet ist.

(4) Wurden nach dem 7. Januar 2013 auf Grund des Betriebs einer Anlage nach der Industrieemissions-Richtlinie erhebliche Bodenverschmutzungen oder erhebliche Grundwasserverschmutzungen durch relevante gefährliche Stoffe im Vergleich zu dem im Bericht über den Ausgangszustand angegebenen Zustand verursacht, so ist der Betreiber nach Einstellung des Betriebs der Anlage verpflichtet, soweit dies verhältnismäßig ist, Maßnahmen zur Beseitigung dieser Verschmutzung zu ergreifen, um das Anlagengrundstück in jenen Ausgangszustand zurückzuführen. Die zuständige Behörde hat der Öffentlichkeit relevante Informationen zu diesen vom Betreiber getroffenen Maßnahmen zugänglich zu machen, und zwar auch über das Internet. Soweit Informationen Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse enthalten, gilt § 10 Absatz 2 entsprechend.

(1) Nicht genehmigungsbedürftige Anlagen sind so zu errichten und zu betreiben, dass

1.
schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind,
2.
nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden und
3.
die beim Betrieb der Anlagen entstehenden Abfälle ordnungsgemäß beseitigt werden können.
Die Bundesregierung wird ermächtigt, nach Anhörung der beteiligten Kreise (§ 51) durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates auf Grund der Art oder Menge aller oder einzelner anfallender Abfälle die Anlagen zu bestimmen, für die die Anforderungen des § 5 Absatz 1 Nummer 3 entsprechend gelten. Für Anlagen, die nicht gewerblichen Zwecken dienen und nicht im Rahmen wirtschaftlicher Unternehmungen Verwendung finden, gilt die Verpflichtung des Satzes 1 nur, soweit sie auf die Verhinderung oder Beschränkung von schädlichen Umwelteinwirkungen durch Luftverunreinigungen, Geräusche oder von Funkanlagen ausgehende nichtionisierende Strahlen gerichtet ist.

(1a) Geräuscheinwirkungen, die von Kindertageseinrichtungen, Kinderspielplätzen und ähnlichen Einrichtungen wie beispielsweise Ballspielplätzen durch Kinder hervorgerufen werden, sind im Regelfall keine schädliche Umwelteinwirkung. Bei der Beurteilung der Geräuscheinwirkungen dürfen Immissionsgrenz- und -richtwerte nicht herangezogen werden.

(2) Weitergehende öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Schädliche Umwelteinwirkungen im Sinne dieses Gesetzes sind Immissionen, die nach Art, Ausmaß oder Dauer geeignet sind, Gefahren, erhebliche Nachteile oder erhebliche Belästigungen für die Allgemeinheit oder die Nachbarschaft herbeizuführen.

(2) Immissionen im Sinne dieses Gesetzes sind auf Menschen, Tiere und Pflanzen, den Boden, das Wasser, die Atmosphäre sowie Kultur- und sonstige Sachgüter einwirkende Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnliche Umwelteinwirkungen.

(3) Emissionen im Sinne dieses Gesetzes sind die von einer Anlage ausgehenden Luftverunreinigungen, Geräusche, Erschütterungen, Licht, Wärme, Strahlen und ähnlichen Erscheinungen.

(4) Luftverunreinigungen im Sinne dieses Gesetzes sind Veränderungen der natürlichen Zusammensetzung der Luft, insbesondere durch Rauch, Ruß, Staub, Gase, Aerosole, Dämpfe oder Geruchsstoffe.

(5) Anlagen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Betriebsstätten und sonstige ortsfeste Einrichtungen,
2.
Maschinen, Geräte und sonstige ortsveränderliche technische Einrichtungen sowie Fahrzeuge, soweit sie nicht der Vorschrift des § 38 unterliegen, und
3.
Grundstücke, auf denen Stoffe gelagert oder abgelagert oder Arbeiten durchgeführt werden, die Emissionen verursachen können, ausgenommen öffentliche Verkehrswege.

(5a) Ein Betriebsbereich ist der gesamte unter der Aufsicht eines Betreibers stehende Bereich, in dem gefährliche Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Juli 2012 zur Beherrschung der Gefahren schwerer Unfälle mit gefährlichen Stoffen, zur Änderung und anschließenden Aufhebung der Richtlinie 96/82/EG des Rates (ABl. L 197 vom 24.7.2012, S. 1) in einer oder mehreren Anlagen einschließlich gemeinsamer oder verbundener Infrastrukturen oder Tätigkeiten auch bei Lagerung im Sinne des Artikels 3 Nummer 16 der Richtlinie in den in Artikel 3 Nummer 2 oder Nummer 3 der Richtlinie bezeichneten Mengen tatsächlich vorhanden oder vorgesehen sind oder vorhanden sein werden, soweit vernünftigerweise vorhersehbar ist, dass die genannten gefährlichen Stoffe bei außer Kontrolle geratenen Prozessen anfallen; ausgenommen sind die in Artikel 2 Absatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU angeführten Einrichtungen, Gefahren und Tätigkeiten, es sei denn, es handelt sich um eine in Artikel 2 Absatz 2 Unterabsatz 2 der Richtlinie 2012/18/EU genannte Einrichtung, Gefahr oder Tätigkeit.

(5b) Eine störfallrelevante Errichtung und ein Betrieb oder eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs ist eine Errichtung und ein Betrieb einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, oder eine Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs einschließlich der Änderung eines Lagers, eines Verfahrens oder der Art oder physikalischen Form oder der Mengen der gefährlichen Stoffe im Sinne des Artikels 3 Nummer 10 der Richtlinie 2012/18/EU, aus der sich erhebliche Auswirkungen auf die Gefahren schwerer Unfälle ergeben können. Eine störfallrelevante Änderung einer Anlage oder eines Betriebsbereichs liegt zudem vor, wenn eine Änderung dazu führen könnte, dass ein Betriebsbereich der unteren Klasse zu einem Betriebsbereich der oberen Klasse wird oder umgekehrt.

(5c) Der angemessene Sicherheitsabstand im Sinne dieses Gesetzes ist der Abstand zwischen einem Betriebsbereich oder einer Anlage, die Betriebsbereich oder Bestandteil eines Betriebsbereichs ist, und einem benachbarten Schutzobjekt, der zur gebotenen Begrenzung der Auswirkungen auf das benachbarte Schutzobjekt, welche durch schwere Unfälle im Sinne des Artikels 3 Nummer 13 der Richtlinie 2012/18/EU hervorgerufen werden können, beiträgt. Der angemessene Sicherheitsabstand ist anhand störfallspezifischer Faktoren zu ermitteln.

(5d) Benachbarte Schutzobjekte im Sinne dieses Gesetzes sind ausschließlich oder überwiegend dem Wohnen dienende Gebiete, öffentlich genutzte Gebäude und Gebiete, Freizeitgebiete, wichtige Verkehrswege und unter dem Gesichtspunkt des Naturschutzes besonders wertvolle oder besonders empfindliche Gebiete.

(6) Stand der Technik im Sinne dieses Gesetzes ist der Entwicklungsstand fortschrittlicher Verfahren, Einrichtungen oder Betriebsweisen, der die praktische Eignung einer Maßnahme zur Begrenzung von Emissionen in Luft, Wasser und Boden, zur Gewährleistung der Anlagensicherheit, zur Gewährleistung einer umweltverträglichen Abfallentsorgung oder sonst zur Vermeidung oder Verminderung von Auswirkungen auf die Umwelt zur Erreichung eines allgemein hohen Schutzniveaus für die Umwelt insgesamt gesichert erscheinen lässt. Bei der Bestimmung des Standes der Technik sind insbesondere die in der Anlage aufgeführten Kriterien zu berücksichtigen.

(6a) BVT-Merkblatt im Sinne dieses Gesetzes ist ein Dokument, das auf Grund des Informationsaustausches nach Artikel 13 der Richtlinie 2010/75/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. November 2010 über Industrieemissionen (integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung) (Neufassung) (ABl. L 334 vom 17.12.2010, S. 17) für bestimmte Tätigkeiten erstellt wird und insbesondere die angewandten Techniken, die derzeitigen Emissions- und Verbrauchswerte, alle Zukunftstechniken sowie die Techniken beschreibt, die für die Festlegung der besten verfügbaren Techniken sowie der BVT-Schlussfolgerungen berücksichtigt wurden.

(6b) BVT-Schlussfolgerungen im Sinne dieses Gesetzes sind ein nach Artikel 13 Absatz 5 der Richtlinie 2010/75/EU von der Europäischen Kommission erlassenes Dokument, das die Teile eines BVT-Merkblatts mit den Schlussfolgerungen in Bezug auf Folgendes enthält:

1.
die besten verfügbaren Techniken, ihrer Beschreibung und Informationen zur Bewertung ihrer Anwendbarkeit,
2.
die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte,
3.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Überwachungsmaßnahmen,
4.
die zu den Nummern 1 und 2 gehörigen Verbrauchswerte sowie
5.
die gegebenenfalls einschlägigen Standortsanierungsmaßnahmen.

(6c) Emissionsbandbreiten im Sinne dieses Gesetzes sind die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte.

(6d) Die mit den besten verfügbaren Techniken assoziierten Emissionswerte im Sinne dieses Gesetzes sind der Bereich von Emissionswerten, die unter normalen Betriebsbedingungen unter Verwendung einer besten verfügbaren Technik oder einer Kombination von besten verfügbaren Techniken entsprechend der Beschreibung in den BVT-Schlussfolgerungen erzielt werden, ausgedrückt als Mittelwert für einen vorgegebenen Zeitraum unter spezifischen Referenzbedingungen.

(6e) Zukunftstechniken im Sinne dieses Gesetzes sind neue Techniken für Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie, die bei gewerblicher Nutzung entweder ein höheres allgemeines Umweltschutzniveau oder zumindest das gleiche Umweltschutzniveau und größere Kostenersparnisse bieten könnten als der bestehende Stand der Technik.

(7) Dem Herstellen im Sinne dieses Gesetzes steht das Verarbeiten, Bearbeiten oder sonstige Behandeln, dem Einführen im Sinne dieses Gesetzes das sonstige Verbringen in den Geltungsbereich dieses Gesetzes gleich.

(8) Anlagen nach der Industrieemissions-Richtlinie im Sinne dieses Gesetzes sind die in der Rechtsverordnung nach § 4 Absatz 1 Satz 4 gekennzeichneten Anlagen.

(9) Gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind Stoffe oder Gemische gemäß Artikel 3 der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über die Einstufung, Kennzeichnung und Verpackung von Stoffen und Gemischen, zur Änderung und Aufhebung der Richtlinien67/548/EWGund 1999/45/EG und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1907/2006 (ABl. L 353 vom 31.12.2008, S. 1), die zuletzt durch die Verordnung (EG) Nr. 286/2011 (ABl. L 83 vom 30.3.2011, S. 1) geändert worden ist.

(10) Relevante gefährliche Stoffe im Sinne dieses Gesetzes sind gefährliche Stoffe, die in erheblichem Umfang in der Anlage verwendet, erzeugt oder freigesetzt werden und die ihrer Art nach eine Verschmutzung des Bodens oder des Grundwassers auf dem Anlagengrundstück verursachen können.

(1) Mischgebiete dienen dem Wohnen und der Unterbringung von Gewerbebetrieben, die das Wohnen nicht wesentlich stören.

(2) Zulässig sind

1.
Wohngebäude,
2.
Geschäfts- und Bürogebäude,
3.
Einzelhandelsbetriebe, Schank- und Speisewirtschaften sowie Betriebe des Beherbergungsgewerbes,
4.
sonstige Gewerbebetriebe,
5.
Anlagen für Verwaltungen sowie für kirchliche, kulturelle, soziale, gesundheitliche und sportliche Zwecke,
6.
Gartenbaubetriebe,
7.
Tankstellen,
8.
Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 in den Teilen des Gebiets, die überwiegend durch gewerbliche Nutzungen geprägt sind.

(3) Ausnahmsweise können Vergnügungsstätten im Sinne des § 4a Absatz 3 Nummer 2 außerhalb der in Absatz 2 Nummer 8 bezeichneten Teile des Gebiets zugelassen werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.