Gericht

Verwaltungsgericht Würzburg

Tenor

I. Die Zwangsvollstreckung aus der in der Ankündigung der Zwangsvollstreckung der Antragsgegnerin vom 28. Dezember 2016 aufgeführten Forderung (Zwangsgeld, Nebenforderungen und Gebühren) wird vorläufig eingestellt.

II. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Der Streitwert wird auf 528,50 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung.

1. Mit Bescheid vom 29. Oktober 2010 verpflichtete die Antragsgegnerin die Antragstellerin unter Anordnung der sofortigen Vollziehung (Nr. 2) und Androhung eines Zwangsgeldes in Höhe von 1.000,00 EUR (Nr. 3), alle Verputz- und Dämmarbeiten an der westlichen Außenwand des mit Bescheid vom 11. August 2009 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 21. September 2010 genehmigten Einfamilienhauses mit Doppelgarage auf dem Grundstück Fl.Nr. …2 der Gemarkung Würzburg sofort einzustellen (Nr. 1). Der Bescheid wurde der Antragstellerin mittels Postzustellungsurkunde zugestellt. Ein Rechtsbehelf gegen die Baueinstellungsverfügung wurde durch die Antragstellerin nicht erhoben.

Ausweislich des Kontrollberichts vom 3. Dezember 2010 wurde anlässlich einer Baukontrolle durch den Baukontrollmeister der Antragsgegnerin am 30. November 2010 festgestellt, dass „entgegen der schriftlichen Baueinstellung vom 29. Oktober 2010 (…) die westliche Innenwand des Geräteraumes mit Gipskartonplatten verkleidet“ und im Außenbereich jeweils gegenüber der Ständerwand eine Holzplatte angebracht worden war. Mit Schreiben vom 14. April 2011 teilte die Antragsgegnerin dem damaligen Bevollmächtigten der Antragstellerin mit, dass anlässlich der Baukontrolle vom 30. November 2010 festgestellt worden sei, dass die Baueinstellung vom 29. Oktober 2010 „nicht eingehalten worden und somit die Fälligstellung des Zwangsgeldes geboten ist“.

Mit Schreiben vom 7. September 2011 wurde das im Bescheid vom 29. Oktober 2010 angedrohte Zwangsgeld fällig gestellt. Zur Begründung wurde ausgeführt, anlässlich wiederholter Baukontrollen (zuerst am 30. November 2010 und zuletzt am 12. Mai 2011) sei festgestellt worden, dass entgegen der Baueinstellung und entgegen der Aufforderung zum Rückbau der Fensterflächen in den Besprechungen mit der Antragstellerin am 10. November und 8. Dezember 2010 die doppelflügeligen Terrassentüren nicht ausgebaut, sondern jeweils mit Ständerwänden verkleidet worden seien und die westliche Außenwand verputzt und fertig gestellt worden sei. Da die Antragstellerin somit der Unterlassungspflicht zuwider gehandelt habe, sei das Zwangsgeld zur Zahlung fällig geworden und zu entrichten. Gründe für eine besonders grobe Unbilligkeit, infolge derer von weiteren Beitreibungsmaßnahmen abgesehen werden könne, lägen nicht vor.

Am 25. November 2011 ließ die Antragstellerin beim Verwaltungsgericht Würzburg Klage erheben (W 5 K 11.936) mit dem Antrag, festzustellen, dass das mit dem Bescheid vom 29. Oktober 2010 angedrohte Zwangsgeld nicht fällig geworden sei. Die Antragsgegnerin setzte unter dem 8. Dezember 2011 die Vollziehung des Zwangsgeldes aus. Die Klage wurde mit Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 9. April 2013 abgewiesen. Der mit Schriftsatz des Bevollmächtigten vom 10. Juni 2013 gestellte Antrag auf Zulassung der Berufung (9 ZB 13.1073) wurde mit Schriftsatz vom 3. Juli 2013 zurückgenommen, worauf hin das Verfahren mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Juli 2013 eingestellt wurde.

In der Folgezeit unterblieb eine Aufhebung der Aussetzungsanordnung des Zwangsgeldes. Diese erfolgte seitens des Fachbereichs Bauaufsicht der Antragsgegnerin erst am 24. Mai 2016 aufgrund einer Nachfrage durch die Stadtkasse. Mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 22. Juli 2016 wurden gegenüber der Antragstellerin das Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR angemahnt.

Mit Schreiben vom 28. Juli 2016 wandte sich daraufhin die Antragstellerin an den Oberbürgermeister der Stadt Würzburg und machte geltend, dass die Stadtverwaltung über fünf Jahre der Betrag nicht angemahnt habe und dass sie erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Forderung habe. Deshalb bitte sie den Oberbürgermeister um Anordnung der Überprüfung. Daraufhin legte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 29. September 2016 die Abläufe dar, machte Ausführungen zur Rechtslage dergestalt, dass eine Verjährung wegen der durch die eingereichte Klage eingetretene Hemmung noch nicht eingetreten sei und bat um Begleichung des rückständigen Zwangsgeldes innerhalb der nächsten zwei Wochen.

Nachdem dies nicht erfolgte, kündigte die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 28. Dezember 2016 die Zwangsvollstreckung über einen Betrag von 1.057,00 EUR an. Die Forderung wurde bezeichnet mit „Gebühren FA Bauaufsicht“ über einen Gesamtbetrag von 1.057,00 EUR. Nach der Forderungsaufstellung setzt sich dieser Betrag zusammen aus dem Zwangsgeld in Höhe von 1.000,00 EUR, Nebenforderungen der Forderungsüberwachung in Höhe von 12,00 EUR, eine Wegstreckenentschädigung in Höhe von 5,00 EUR sowie Vollstreckungsgebühren in Höhe von 40,00 EUR.

3. Mit Schreiben vom 31. Dezember 2016, eingegangen beim Verwaltungsgericht Würzburg am 2. Januar 2017, stellte die Antragstellerin einen Antrag auf Erlass einer „einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO auf Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung durch die Stadt Würzburg“.

Zur Begründung wurde ausgeführt: Die Forderung der Stadt Würzburg in Höhe von 1.000,00 EUR mit der Bezeichnung … sei spätestens mit Ablauf des Jahres 2014 erloschen, so dass die am 28. Dezember 2016 angekündigte Zwangsvollstreckung unzulässig sei. In der Ankündigung der Zwangsvollstreckung habe die Antragsgegnerin die Forderung als „Gebühren der FA Bauaufsicht“ mit einem Gesamtbetrag von 1.075,00 EUR bezeichnet. Tatsächlich handele es sich jedoch um ein Zwangsgeld vom 7. September 2011 wegen einer angeblichen Überschreitung der Grundflächenzahl und nicht um Gebühren der FA Bauaufsicht.

4. Die Antragsgegnerin beantragte,

den Antrag abzulehnen.

Der Antrag sei in Ermangelung des Rechtsschutzbedürfnisses der Antragstellerin bereits unzulässig. Die Rechtsmissbräuchlichkeit ergebe sich daraus, dass die berechtigte Forderung zur Beitreibung des Zwangsgeldes durch Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 9. April 2013 bestätigt sei und bis zum Zeitpunkt des vorliegenden Antrags nicht verjährt gewesen sei. Zudem würden keine neuen Tatsachen ins Verfahren eingebracht. Der Antrag sei aber auch unbegründet, weil es an einem Anordnungsanspruch fehle, umso mehr als ein streitiges Rechtsverhältnis zur Feststellung der Verjährung der Zwangsgeldforderung der Stadt Würzburg nicht anhängig sei. Die Klage gegen die Fälligstellung des Zwangsgeldes habe die Verjährung gehemmt, die Hemmung habe erst am 4. Januar 2014 geendet. Somit erlösche der Anspruch auf Zahlung des Zwangsgeldes mit Ablauf des 4. Januar 2017. Mit ihrem Antrag hemme die Antragstellerin die Verjährung der Forderung zur Zahlung des Zwangsgeldes ein weiteres Mal, soweit nicht ohnehin mittels Aufnahme des Vollstreckungsverfahrens spätestens mit Ankündigung der Zwangsvollstreckung ein Neubeginn der Verjährung eingetreten sei.

5. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und dem weiteren Vorbringen der Beteiligten wird auf die Gerichts- bzw. die vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO ist zulässig und begründet.

Der von der Antragstellerin gestellte Antrag auf „Unzulässigkeit der Zwangsvollstreckung“ ist bei sachgerechter Auslegung, die sich am Rechtsschutzziel zu orientieren hat (§ 88 VwGO), dahingehend zu verstehen, dass eine einstweilige Anordnung gemäß § 123 VwGO begehrt wird, mit der die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung in die Forderung der Antragsgegnerin hinsichtlich des mit Bescheid vom 29. Oktober 2010 angedrohten und fällig gewordenen Zwangsgeldes i.H.v. 1.000,00 EUR zuzüglich Nebenforderungen und Gebühren begehrt wird. Der Ausspruch einer endgültigen Einstellung der Zwangsvollstreckung hat auszuscheiden, da dies eine im Rahmen des Verfahrens des einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 VwGO unzulässige Vorwegnahme der Hauptsache bewirken würde.

1. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO erweist sich als zulässig.

Statthafter Rechtsbehelf ist im vorliegenden Verfahren, in dem die vorläufige Einstellung der Zwangsvollstreckung des fällig gewordenen und mit Bescheid vom 29. Oktober 2010 (Nr. 3) angedrohten Zwangsgeldes samt Nebenforderungen begehrt wird, ein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO.

Mit diesem Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz will die Antragstellerin erreichen, dass die mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 22. Juli 2016 (Mahnung) als auch mit Schreiben vom 28. Dezember 2016 angekündigte Zwangsvollstreckung seitens der Antragsgegnerin wegen der von ihr mit Schreiben vom 28. Juli 2016 geltend gemachten Einwendungen gegen den zu vollstreckenden Anspruch (und damit auch die Nebenforderungen sowie Vollstreckungskosten) einstweilen bis zur Hauptsacheentscheidung über die von ihr noch zu erhebende Verpflichtungsklage auf endgültige Einstellung der Zwangsvollstreckung eingestellt wird.

Dieses Rechtsschutzziel kann allein durch einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO erreicht werden. Denn Rechtsschutz im Hauptsacheverfahren kann der Betroffene sowohl gegen die Zurückweisung seiner gemäß Art. 22 des Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes (VwZVG) als auch seiner gemäß Art. 21 VwZVG geltend gemachten Einwendungen durch die Vollstreckungs- bzw. Anordnungsbehörde allein über eine Verpflichtungsklage mit dem Antrag, die Zwangsvollstreckung für unzulässig erklären, erreichen (vgl. Giehl/Adolph/Käß, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Stand Juni 2016, Art. 22 VwZVG Rn. 23 und Art. 21 Rn. 57 und 52 ff.). Eine Anwendbarkeit der Regelungen über die Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO bzw. über den Rechtsbehelf nach § 769 ZPO kommt mangels Regelungslücke nicht in Betracht (vgl. Giehl/Adolph/Käß, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Art. 22 VwZVG Rn. 23 und Art. 21 Rn. 53, jeweils m.w.N.).

Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin mangelt es der Antragstellerin nicht am Rechtsschutzbedürfnis. Insbesondere kann hier - entgegen der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin - nicht davon gesprochen werden, dass der Antrag als rechtsmissbräuchlich anzusehen ist, weil die Forderung bereits mit Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 9. April 2013 bestätigt und nicht „verjährt“ sei. Die Frage, ob der Anspruch der Antragsgegnerin sich als erloschen darstellt, ist nämlich keine Frage der Zulässigkeit, sondern vielmehr der Begründetheit des Antrags nach § 123 VwGO, genauer des Vorliegens eines Anordnungsanspruchs. Wie die Antragsgegnerin zu der Aussage kommt, dass hier gegenüber dem Klageverfahren W 5 K 11.936 keine „neuen Tatsachen ins Verfahren eingebracht“ wurden, kann von Seiten der Kammer nicht nachvollzogen werden, stellt sich doch gerade die Einwendung der Verjährung als völlig neu dar. Dass hierüber im Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 9. April 2013 noch nicht entschieden werden konnte, versteht sich von selbst.

2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung erweist sich auch als begründet.

Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache, auch schon vor Klageerhebung, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte (sog. Sicherungsanordnung). Einstweilige Anordnungen sind nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, wenn dies nötig erscheint, um wesentliche Nachteile für den Antragsteller abzuwenden (sog. Regelungsanordnung) zulässig. Wesentliche Nachteile sind dabei u.a. wesentliche rechtliche, wirtschaftliche oder ideelle Nachteile, die der Antragsteller in Kauf nehmen müsste, wenn er das Recht im langwierigen Hauptsacheprozess erstreiten müsste (vgl. Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 123 Rn. 23). Nach § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2, § 294 Abs. 1 ZPO sind dabei sowohl ein Anordnungsanspruch, d.h. der materielle Grund, für den der Antragsteller vorläufig Rechtsschutz sucht, als auch ein Anordnungsgrund, der insbesondere durch die Eilbedürftigkeit der Regelung begründet wird, glaubhaft zu machen.

2.1. Ein Anordnungsgrund ist gegeben, da die Antragsgegnerin die Zwangsvollstreckung gegen die Antragstellerin betreibt. Sie hat mit Schreiben vom 28. Dezember 2016 angekündigt, dass sie nach Ablauf einer Woche gehalten sei, ohne weitere Ankündigung die Zwangsvollstreckung zu betreiben.

2.2. Es liegt auch ein Anordnungsanspruch vor.

Hierbei kann offen bleiben, ob sich die Antragstellerin hinsichtlich der vorläufigen Einstellung der Zwangsvollstreckung des bestandskräftigen Zwangsgeldes einschließlich Nebenforderungen und Vollstreckungsgebühren in Höhe von 1.057,00 EUR auf Art. 22 Nr. 3 VwZVG stützen kann, wonach Vollstreckungsmaßnahmen einzustellen sind, wenn und soweit die Verpflichtung offensichtlich erloschen ist oder auf Art. 21 VwZVG, wonach Einwendungen gegen die Vollstreckung, die den zu vollstreckenden Anspruch betreffen, zulässig sind, soweit die geltend gemachten Gründe erst nach Erlass des zu vollstreckenden Verwaltungsaktes entstanden sind und mit förmlichen Rechtsbehelfen nicht mehr geltend gemacht werden können.

Denn im vorliegenden Fall stellt sich hier allein die von der Antragstellerin aufgeworfene - und zu bejahende - Frage, ob das von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 29. Oktober 2010 angedrohte und am 30. November 2010 fällig gewordene Zwangsgeld (offensichtlich) erloschen ist. Offensichtlichkeit liegt dann vor, wenn das Erlöschen keiner näheren Prüfung bedarf. Bestehen dagegen rechtliche oder tatsächliche Unsicherheiten, ist eine Entscheidung der Anordnungsbehörde herbeizuführen. Während Art. 21 VwZVG nämlich an die Anordnungsbehörde gerichtet ist, und u.a. den Anspruch des Pflichtigen auf deren Tätigwerden regelt, richtet sich Art. 22 VwZVG an die Vollstreckungsbehörde und bestimmt im Wesentlichen, wann die Vollstreckung einzustellen ist. Letztlich muss dies hier nicht abschließend entschieden werden, da hier die Antragsgegnerin sowohl Anordnungsals auch Vollstreckungsbehörde ist (vgl. Giehl/Adolph/Käß, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Art. 22 VwZVG Rn. 4 und Art. 21 Rn. 15; BayVGH, B.v. 10.8.2005 - 2 CE 05.278 - juris) und die streitgegenständliche Forderung der Antragsgegnerin hier erloschen ist.

Ein Erlöschen liegt vor allem dann vor, wenn die Pflicht erfüllt wurde oder sich die Verpflichtung sonst erledigt hat (vgl. BayVGH, B.v. 18.10.1993 - 24 B 93.22 - BayVBl 1994, 310; B.v. 7.1.2008 - 11 C 07.3164 - juris; B.v. 17.1.2014 - 10 C 13.2197 - juris). Verzicht und Erlass führen ebenfalls zum Untergang des Anspruchs, ebenso im Anwendungsbereich der Abgabenordnung die Verjährung (vgl. OVG Münster, B.v. 24.1 2002 - 7 B 650/01 - juris). Darüber hinaus ist insoweit aber auch die Regelung des Art. 71 AGBGB zu beachten (vgl. Giehl/Adolph/Käß, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Art. 21 VwZVG Rn. 40).

Die streitgegenständliche Forderung der Antragsgegnerin ist im vorliegenden Fall erloschen. Nach Art. 71 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AGBGB erlöschen die auf eine Geldzahlung gerichteten öffentlich-rechtlichen Ansprüche des Freistaates Bayern, einer bayerischen Gemeinde oder eines bayerischen Gemeindeverbands, soweit nichts anderes bestimmt ist, in drei Jahren.

Die vg. Frist beginnt nach Art. 71 Abs. 1 Satz 2 AGBGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Berechtigte von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Verpflichteten Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen musste, jedoch nicht vor dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Zwar wurde das streitgegenständliche Zwangsgeld mit Schreiben der Antragsgegnerin vom 7. September 2011 fällig gestellt, worauf die Antragsgegnerin maßgeblich hinsichtlich des Beginns der Erlöschensfrist abstellt. Dies ist jedoch nicht der maßgebliche Zeitpunkt. Entscheidend ist für den Fristbeginn vielmehr der 30. November 2010, an dem die Antragsgegnerin durch ihren Baukontrollmeister Kenntnis erlangt hat von dem Umstand, dass die Antragstellerin gegen die Baueinstellung verstoßen hat und damit Kenntnis davon erlangt hat, dass das angedrohte Zwangsgeld fällig geworden ist. Der Anspruch der Antragsgegnerin ist nicht entstanden mit der „Fälligstellung“ des Zwangsgeldes im Schreiben der Antragsgegnerin vom 7. September 2011, sondern mit der Kenntnis der Antragsgegnerin vom Verstoß der Antragstellerin gegen die in Ziffer 1 des Bescheids vom 29. Oktober 2010 verfügte Baueinstellung. Dies ergibt sich daraus, dass nach der ausdrücklichen Regelung des Art. 31 Abs. 3 Satz 2 VwZVG die Androhung eines Zwangsgeldes ein aufschiebend-bedingter Leistungsbescheid i.S.d. Art. 23 Abs. 1 VwZVG ist, weil bereits mit der Androhung für den Fall des fruchtlosen Fristablaufs eine Geldleistung gefordert wird. Die Vollstreckung eines Zwangsgeldes setzt somit keinen weiteren Bescheid voraus, sondern kann unmittelbar aufgrund der Androhung in die Wege geleitet werden. Einer eigenen Festsetzung des Zwangsgeldes - wie nach § 14 Abs. 1 des Verwaltungs-Vollstreckungsgesetzes (VwVG) und den Regelungen vieler anderer Bundesländer - bedarf es in Bayern nicht (vgl. Giehl/Adolph/Käß, Verwaltungsverfahrensrecht in Bayern, Art. 31 VwZVG Ziffer III; Engelhardt/App, VwVG - VwZG, 9. Aufl. 2011, § 14 VwVG Rn. 7).

Mithin hat die Berechtigte i.S.v. Art. 71 Abs. 1 Satz 2 AGBGB, hier also die Antragsgegnerin, mit der Feststellung des Verstoßes gegen die Baueinstellungsverfügung am 30. November 2010 positive Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen erlangt. Damit beginnt der Lauf der Erlöschenssfrist gemäß Art. 71 Abs. 1 Satz 2 a.E. AGBGB mit dem Schluss des Jahres 2010, also am 31. Dezember 2010. Der Beginn des Erlöschens setzt insoweit nur voraus, dass der Berechtigte die Tatsachen kennt, die die Voraussetzungen der anspruchsbegründenden Norm erfüllen. Grundsätzlich ist nicht erforderlich, dass der Berechtigte aus dieser Erkenntnis die richtigen Rechtsfolgerungen zieht (vgl. BVerwG, U.v. 26.7.2012 - 2 C 70.11 und U.v. 17.9.2015 - 2 C 26/14 - beide juris).

Gemäß Art. 71 Abs. 2 Halbs. 1 AGBGB bleiben die Vorschriften des BGB über die Hemmung unberührt, so dass hier hinsichtlich der Klageerhebung durch die Antragstellerin die Vorschrift des § 204 BGB zur Anwendung kommt. Nach dessen Abs. 1 Nr. 1 hemmt die Erhebung der Klage (u.a. auf Leistung) die Verjährung bzw. i.V.m. Art. 71 Abs. 2 AGBGB das Erlöschen - mit der Folge, dass der Zeitraum, während dessen die Verjährung bzw. das Erlöschen gehemmt ist, gemäß § 209 BGB nicht in die Verjährungsfrist eingerechnet wird -, wobei die Hemmung nach Art. 71 Abs. 2 AGBGB i.V.m. § 204 Abs. 2 Satz 1 BGB sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens endet. Mithin war im vorliegenden Fall durch die am 24. November 2011 erfolgte Klageerhebung eine Hemmung eingetreten, die sechs Monate nach Erlass des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 4. Juli 2013 beendet ist.

Unter Zugrundelegung dieser rechtlichen Maßstäbe begann die Erlöschensfrist am 31. Dezember 2010 und lief bis zum 24. November 2011. Die Hemmung endete nicht mit dem 4. Juli 2013, sondern mit dem 4. Januar 2014 (Art. 71 Abs. 2 AGBGB i.V.m. § 204 Abs. 2 BGB), so dass die Erlöschensfrist am 5. Januar 2014 wieder anlief. Der Zeitraum, während dessen das Erlöschen gehemmt ist, hier also vom 25. November 2011 bis zum 4. Januar 2014 wird gemäß Art. 71 Abs. 2 Halbs. 1 AGBGB i.V.m. § 209 BGB nicht in die Erlöschensfrist eingerechnet. Somit ist also die Erlöschensfrist in der konkreten Berechnung um die Hemmungszeit zu verlängern (vgl. Palandt, BGB, 2015, § 209 Rn. 1 zur Verjährung). Ohne die eingetretene Hemmung wäre das Erlöschen erfolgt mit Ablauf des 31. Dezember 2013. Rechnet man die Zeit vom 25. November 2011 bis zum 4. Januar 2014, also zwei Jahre, einen Monat und 10 Tage hinzu, kommt man zu dem Ergebnis, dass das Erlöschen am 11. Februar 2016 eingetreten ist.

Damit ist der Anspruch der Antragsgegnerin auf das Zwangsgeld (einschließlich Nebenforderungen und Gebühren) am 11. Februar 2016 erloschen.

Mithin kam es auf die von der Antragsgegnerin thematisierten Fragen, ob die Verjährung durch den jetzt gestellten Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz erneut gehemmt bzw. durch die Beantragung bzw. Vornahme der behördlichen Vollstreckungshandlung erneut begonnen hat, nicht mehr an.

3. Nach alledem war dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 GKG; Nrn. 1.6.1 und 1.5 Streitwertkatalog 2004 (NVwZ 2004, 1327).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 26. Jan. 2017 - W 5 E 17.3

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Verwaltungsgericht Würzburg Beschluss, 26. Jan. 2017 - W 5 E 17.3 zitiert 16 §§.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

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(1) Die Verjährung wird gehemmt durch1.die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,1a.die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen

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(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden. (2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

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(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

Das Gericht darf über das Klagebegehren nicht hinausgehen, ist aber an die Fassung der Anträge nicht gebunden.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Einwendungen, die den durch das Urteil festgestellten Anspruch selbst betreffen, sind von dem Schuldner im Wege der Klage bei dem Prozessgericht des ersten Rechtszuges geltend zu machen.

(2) Sie sind nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung, in der Einwendungen nach den Vorschriften dieses Gesetzes spätestens hätten geltend gemacht werden müssen, entstanden sind und durch Einspruch nicht mehr geltend gemacht werden können.

(3) Der Schuldner muss in der von ihm zu erhebenden Klage alle Einwendungen geltend machen, die er zur Zeit der Erhebung der Klage geltend zu machen imstande war.

(1) Das Prozessgericht kann auf Antrag anordnen, dass bis zum Erlass des Urteils über die in den §§ 767, 768 bezeichneten Einwendungen die Zwangsvollstreckung gegen oder ohne Sicherheitsleistung eingestellt oder nur gegen Sicherheitsleistung fortgesetzt werde und dass Vollstreckungsmaßregeln gegen Sicherheitsleistung aufzuheben seien. Es setzt eine Sicherheitsleistung für die Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht fest, wenn der Schuldner zur Sicherheitsleistung nicht in der Lage ist und die Rechtsverfolgung durch ihn hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Die tatsächlichen Behauptungen, die den Antrag begründen, sind glaubhaft zu machen.

(2) In dringenden Fällen kann das Vollstreckungsgericht eine solche Anordnung erlassen, unter Bestimmung einer Frist, innerhalb der die Entscheidung des Prozessgerichts beizubringen sei. Nach fruchtlosem Ablauf der Frist wird die Zwangsvollstreckung fortgesetzt.

(3) Die Entscheidung über diese Anträge ergeht durch Beschluss.

(4) Im Fall der Anhängigkeit einer auf Herabsetzung gerichteten Abänderungsklage gelten die Absätze 1 bis 3 entsprechend.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Das Gesuch soll die Bezeichnung des Anspruchs unter Angabe des Geldbetrages oder des Geldwertes sowie die Bezeichnung des Arrestgrundes enthalten.

(2) Der Anspruch und der Arrestgrund sind glaubhaft zu machen.

(3) Das Gesuch kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(1) Wer eine tatsächliche Behauptung glaubhaft zu machen hat, kann sich aller Beweismittel bedienen, auch zur Versicherung an Eides statt zugelassen werden.

(2) Eine Beweisaufnahme, die nicht sofort erfolgen kann, ist unstatthaft.

Tenor

I. Dem Antragsgegner wird Prozesskostenhilfe bewilligt.

II. Soweit der Antragsgegner die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt hat, wird das Verfahren abgetrennt und unter dem Aktenzeichen 10 C 14.69 fortgeführt.

Gründe

Der Antragsgegner beantragt, ihm zur Einlegung und Begründung einer Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 27. September 2013, mit dem gegen ihn auf Antrag der Antragstellerin Ersatzzwangshaft nach Art. 33 VwZVG für die Dauer von fünf Tagen festgesetzt worden ist, Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu bewilligen.

Die beantragte Prozesskostenhilfe ist dem Antragsgegner nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 Satz 1 ZPO in der bis zum 31. Dezember 2013 geltenden Fassung (a.F.; vgl. § 40 EGZPO in der Fassung des Gesetzes zur Änderung des Prozesskostenhilfe- und Beratungshilferechts vom 31. August 2013 [BGBl I S.3533]) zu bewilligen (I.). Soweit der Antragsgegner die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt hat, wird das Verfahren abgetrennt (II.).

I. Die Voraussetzungen für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 Satz 1 ZPO a.F. liegen vor. Nach dieser Regelung erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Danach ist dem Antragsgegner, der nach der vorgelegten Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Kosten der Prozessführung nicht aufbringen kann, Prozesskostenhilfe zu bewilligen. Denn die beabsichtigte Rechtsverfolgung bietet hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Die Beschwerde gegen den Beschluss vom 27. September 2013, für die der Antragsgegner Prozesskostenhilfe begehrt, ist voraussichtlich begründet. Hinsichtlich der Verpflichtungen im Bescheid vom 21. Januar 2013, in Bezug auf die das Verwaltungsgericht die Ersatzzwangshaft angeordnet hat, liegt ein nach dem Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (1.) vollstreckbarer Verwaltungsakt nicht mehr vor, so dass die Vollstreckung nach Art. 22 Nr. 3 VwZVG einzustellen ist (2.). Der diese Verpflichtungen verlängernde Bescheid vom 18. Oktober 2013 stellt zwar einen vollstreckbaren Verwaltungsakt dar. Insoweit ist jedoch derzeit nicht ersichtlich, ob die Vollstreckungsvoraussetzung des Art. 19 Abs. 2 VwZVG gegeben ist (3.). Im Übrigen sind die Voraussetzungen des Art. 33 Abs. 1 VwZVG für die Anordnung von Ersatzzwangshaft gegen den Antragsgegner nicht erfüllt (4.).

1. Das im Hinblick auf ein Hausverbot für die Ludwig-Maximilians-Universität durch Bescheid vom 25. Mai 2010 in der Fassung der Bescheide vom 30. August 2010, 26. Mai 2011 und 11. April 2012 sowie der Nr. 1 des Bescheids vom 21. Januar 2013 gegenüber dem Antragsgegner angeordnete Betretungsverbot für die im Bescheid vom 30. August 2010 genannten Bereiche von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen im Umkreis der Universität und der Bayerischen Staatsbibliothek (im Folgenden: Betretungsverbot nach Nr. 1 des Bescheids vom 21. Januar 2013) sowie das zusätzliche, dem Antragsgegner durch Nr. 2 des Bescheids vom 21. Januar 2013 auferlegte Verbot, bestimmte Universitätsgebäude nicht zu betreten (im Folgenden: Betretungsverbot nach Nr. 2 des Bescheids vom 21. Januar 2013), verpflichten den Antragsgegner ebenso wie der diese Verbote verlängernde Bescheid vom 18. Oktober 2013, es zu unterlassen, die betreffenden Bereiche zu betreten. Solche zu einem Unterlassen verpflichtende Verwaltungsakte sind nach dem Bayerischen Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) zu vollstrecken, soweit wie hier die Vollstreckung nicht unmittelbar durch Bundesrecht geregelt oder bundesrechtliche Vollstreckungsvorschriften durch Landesrecht für anwendbar erklärt sind (Art. 18 Abs. 1 VwZVG).

2. Die Betretungsverbote nach Nr. 1 und 2 des Bescheids vom 21. Januar 2013 stellen keine nach dem Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz vollstreckbaren Verwaltungsakte mehr dar. Sie sind vielmehr gemäß Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG, nach dem ein Verwaltungsakt nur wirksam bleibt, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist, unwirksam geworden (a). Die Vollstreckung ist daher insoweit nach Art. 22 Nr. 3 VwZVG einzustellen (b).

a) Die Betretungsverbote in der Fassung von Nr. 1 und 2 des Bescheids vom 21. Januar 2013 sind nach Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG unwirksam geworden, weil sie anderweitig aufgehoben worden sind. Denn sie sind durch den Bescheid vom 18. Oktober 2013 für die Zeit vom 4. September 2013 bis zum 4. September 2014 verlängert worden. Der Sache nach sind sie damit aber trotz der Formulierung, das mit Bescheid vom 21. Januar 2013 festgesetzte Betretungsverbot werde verlängert, durch ein für diesen Zeitraum geltendes neues Betretungsverbot ersetzt worden. Dies ergibt die Auslegung des Bescheids vom 18. Oktober 2013 in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB.

Gegenstand des Verlängerungsbescheids ist danach zunächst nicht nur das bis 24. Oktober 2013 befristete Betretungsverbot nach Nr. 1 des Bescheids vom 21. Januar 2013, sondern auch das bis zum Ablauf eines Zeitraums von zwölf Monaten ab der Zustellung dieses Bescheids am 23. Januar 2013 befristete Betretungsverbot nach Nr. 2 des Bescheids vom 21. Januar 2013. Denn die Antragstellerin versteht unter dem Betretungsverbot im Bescheid vom 21. Januar 2013, dessen Verlängerung der Bescheid vom 18. Oktober 2013 anordnet, offenbar dasjenige Betretungsverbot, das sich aus dem Betretungsverbot nach Nr. 1 des Bescheids vom 21. Januar 2013 für die Bereiche von öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen im Umkreis der Universität und der Staatsbibliothek und dem zusätzlichen Betretungsverbot nach Nr. 2 des Bescheids vom 21. Januar 2013 für die dort genannten Universitätsgebäude insgesamt ergibt. So spricht sie in den Gründen des Bescheids vom 18. Oktober 2013 von der Ausweitung oder Ausdehnung des Betretungsverbots mit Bescheid vom 21. Januar 2013 und begründet die Verlängerung nicht zuletzt gerade damit, dass der Antragsgegner seit der Zustellung des Bescheids vom 21. Januar 2013 in 18 Fällen die in Nr. 2 des Bescheids vom 21. Januar 2013 aufgeführten Gebäude betreten habe. Außerdem wird die Verhältnismäßigkeit der Verlängerung des Betretungsverbots darauf gestützt, dass die Beeinträchtigung des Antragsgegners durch das Betretungsverbot so gering wie möglich gehalten sei, weil dessen Ausdehnung mit Bescheid vom 21. Januar 2013 auf die in Nr. 2 dieses Bescheids genannten Gebäude ausdrücklich erfolgt sei, ohne die an diese Gebäude angrenzenden Gehwege mit einzubeziehen.

Die Betretungsverbote nach Nr. 1 und 2 des Bescheids vom 21. Januar 2013 sind darüber hinaus durch den Bescheid vom 18. Oktober 2013 entgegen dessen Wortlaut nicht verlängert, sondern durch ein neues, an ihre Stelle tretendes Betretungsverbot ersetzt worden. Dies zeigt sich vor allem daran, dass sich die Geltungsdauer der Betretungsverbote nach Nr. 1 und 2 des Bescheids vom 21. Januar 2013 und des Betretungsverbots im Bescheid vom 18. Oktober 2013 überlappt. Denn die Betretungsverbote nach Nr. 1 und 2 des Bescheids vom 21. Januar 2013 waren bis 24. Oktober 2013 und bis zum Ablauf von zwölf Monaten ab Zustellung des Bescheids vom 21. Januar 2013 am 23. Januar 2013 befristet, während die Geltungsdauer des Betretungsverbots nach dem Bescheid vom 18. Oktober 2013 bereits am 4. September 2013 begann. Außerdem spricht für die Auslegung des Bescheids vom 18. Oktober 2013 im Sinne eines an die Stelle der Betretungsverbote nach Nr. 1 und 2 des Bescheids vom 21. Januar 2013 tretenden neuen Betretungsverbots, dass die Antragstellerin das Verbot im Bescheid vom 18. Oktober 2013 eigenständig begründet, für dieses Verbot erneut die sofortige Vollziehung angeordnet und mit dem unmittelbaren Zwang ein eigenes Zwangsmittel zur Durchsetzung des Verbots angedroht hat.

b) Sind damit die Betretungsverbote nach Nr. 1 und 2 des Bescheids vom 21. Januar 2013 aber gemäß Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG unwirksam geworden, so sind die sich aus ihnen ergebenden Verpflichtungen des Antragsgegners, die von den Betretungsverboten umfassten Bereiche nicht zu betreten, offensichtlich erloschen. Vollstreckungsmaßnahmen, insbesondere die im Beschluss vom 27. September 2013 angeordnete Ersatzzwangshaft, sind daher nach Art. 22 Nr. 3 VwZVG einzustellen.

3. Demgegenüber ist das im Verlängerungsbescheid vom 18. Oktober 2013 enthaltene Betretungsverbot zwar jedenfalls nach Art. 19 Abs. 1 Nr. 3 VwZVG vollstreckbar, weil in Nr. 2 des Bescheids die sofortige Vollziehung angeordnet ist. Abgesehen davon, dass sich die Anordnung der Ersatzzwangshaft mit Beschluss vom 27. September 2013 und der ihr zugrunde liegende Antrag der Antragstellerin auf dieses Verbot nicht beziehen, ist gegenwärtig jedoch nicht erkennbar, ob die Vollstreckungsvoraussetzung des Art. 19 Abs. 2 VwZVG vorliegt. Denn nach dieser Vorschrift setzt die Vollstreckung voraus, dass der – wie der Antragsgegner im Hinblick auf das Betretungsverbot – zu einer Unterlassung Verpflichtete die Verpflichtung nicht rechtzeitig erfüllt. Ob dies hier der Fall ist, weil der Antragsgegner nach der Zustellung des Bescheids vom 18. Oktober 2013 am 22. Oktober 2013 dem Betretungsverbot zuwidergehandelt hätte, lässt sich aber weder den vorgelegten Behördenakten noch dem Vorbringen der Antragstellerin entnehmen.

4. Im Übrigen liegen aber auch die Voraussetzungen für die Anordnung von Ersatzzwangshaft nach Art. 33 Abs. 1 VwZVG nicht vor.

Nach Art. 29 Abs. 1 VwZVG können Verwaltungsakte, mit denen wie hier mit dem Betretungsverbot ein Unterlassen gefordert wird, nach dem Dritten Abschnitt des Zweiten Hauptteils des Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetzes mit Zwangsmitteln vollstreckt werden. Nach Art. 29 Abs. 2 Nr. 3 VwZVG kommt dabei als Zwangsmittel neben dem Zwangsgeld (Art. 29 Abs. 2 Nr. 1, Art. 31 VwZVG), der Ersatzvornahme (Art. 29 Abs. 2 Nr. 2, Art. 32 VwZVG) und dem unmittelbaren Zwang (Art. 29 Abs. 2 Nr. 4, Art. 34 VwZVG) auch Ersatzzwangshaft nach Art. 33 VwZVG in Betracht.

Für die Anordnung der Ersatzzwangshaft trifft Art. 33 Abs. 1 VwZVG dabei folgende Regelung: Ist das Zwangsgeld uneinbringlich und verspricht auch unmittelbarer Zwang keinen Erfolg, so kann das Verwaltungsgericht nach Anhörung des Pflichtigen auf Antrag der Vollstreckungsbehörde durch Beschluss Ersatzzwangshaft anordnen, wenn der Pflichtige bei der Androhung des Zwangsgeldes auf diese Möglichkeit hingewiesen worden ist.

Danach setzt die Anordnung der Ersatzzwangshaft als zur Zwangsgeldandrohung akzessorisches Zwangsmittel (vgl. BayVGH, B.v. 29.7.1987 – 22 B 85 A.1920 – BayVBl 1988, 372/373) insbesondere voraus, dass zur Durchsetzung der zu vollstreckenden Verpflichtung ein Zwangsgeld angedroht und bei der Androhung des Zwangsgelds auf die Möglichkeit der Anordnung der Ersatzzwangshaft hingewiesen worden ist und dass das angedrohte Zwangsgeld uneinbringlich ist (vgl. BayVGH, B.v. 8.2.1982 – 22 C 81 A.958 – BayVBl 1982, 340/341; B.v. 20.8.1997 – 8 C 96.4230 – NVwZ-RR 1998, 310). Diese Voraussetzungen sind hier jedoch nicht erfüllt. Denn zum einen dienten die bisherigen Zwangsgeldandrohungen nicht der Vollstreckung der Betretungsverbote nach Nr. 1 und 2 des Bescheids vom 21. Januar 2013, zu deren Durchsetzung die Antragstellerin die Anordnung von Ersatzzwangshaft beantragt hat, oder des Betretungsverbots im Bescheid vom 18. Oktober 2013, sondern der Vollstreckung von Betretungsverboten in den Bescheiden vom 25. Mai 2010 und 30. August 2010 (a). Zum anderen kommt die Anordnung von Ersatzzwangshaft auch zur Vollstreckung dieser Bescheide nicht in Betracht, weil sie und die in ihnen enthaltenen Betretungsverbote nicht mehr vollstreckt werden können (b).

a) Die bisherigen Zwangsgeldandrohungen dienten nicht der Vollstreckung der Betretungsverbote, zu deren Durchsetzung die Antragstellerin die Anordnung von Ersatzzwangshaft beantragt hat, oder des Betretungsverbots im Bescheid vom 18. Ok-tober 2013, sondern der Vollstreckung von Betretungsverboten in den Bescheiden vom 25. Mai 2010 und 30. August 2010.

aa) Die Antragstellerin hat dem Antragsgegner bereits im Bescheid vom 25. Mai 2010 unter Hinweis auf die Möglichkeit der Anordnung von Ersatzzwangshaft ein Zwangsgeld in Höhe von 500,- Euro für den Fall angedroht, dass er gegen das dort für ein Jahr ab Zustellung des Bescheids am 28. Mai 2010 angeordnete Betretungsverbot verstoße, und dieses Zwangsgeld mit Schreiben vom 25. Juni 2010 im Hinblick auf mehrere Zuwiderhandlungen gegen das Verbot für fällig erklärt. Auch hat sie dem Antragsgegner im Bescheid vom 30. August 2010, in dem sie das Betretungsverbot hinsichtlich seines räumlichen Geltungsbereichs abgeändert und bis zum 28. Mai 2011 verlängert hat, unter Hinweis auf die Möglichkeit der Ersatzzwangshaft ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 1.000,- Euro angedroht. Auch dieses Zwangsgeld hat die Antragstellerin im Bescheid vom 8. November 2010 wegen erneuter Verstöße des Antragsgegners gegen das Betretungsverbot für fällig erklärt. Gleichzeitig hat sie dem Antragsgegner ein weiteres Zwangsgeld in Höhe von 1.500,- Euro angedroht und ihn darauf hingewiesen, dass im Falle erneuter Verstöße beabsichtigt sei, beim Verwaltungsgericht die Anordnung der Ersatzzwangshaft gegen ihn zu beantragten, falls er nicht willens oder in der Lage sei, das Zwangsgeld zu zahlen. Auch dieses Zwangsgeld hat die Antragstellerin im Bescheid vom 30. März 2011 für fällig erklärt. Die angedrohten und für fällig erklärten Zwangsgelder sind nach der eidesstattlichen Versicherung des Antragsgegners vom 9. November 2011 und mangels Anhaltspunkten für eine Änderung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragsgegners darüber hinaus voraussichtlich uneinbringlich.

bb) Die genannten Zwangsgeldandrohungen und für fällig erklärten uneinbringlichen Zwangsgelder bezogen sich aber nicht auf die Betretungsverbote nach Nr. 1 und 2 des Bescheids vom 21. Januar 2013, zu deren Durchsetzung die Antragstellerin die Anordnung von Ersatzzwangshaft beantragt hat, oder das Betretungsverbot im Bescheid vom 18. Oktober 2013.

Das im Bescheid vom 25. Mai 2010 angedrohte und mit Schreiben vom 25. Juni 2010 für fällig erklärte Zwangsgeld in Höhe von 500,- Euro betraf das Verbot, die dort im Einzelnen aufgeführten Bereiche öffentlicher Straßen, Wege und Plätze im Umkreis der Ludwig-Maximilians-Universität und der Bayerischen Staatsbibliothek für einen Zeitraum von einem Jahr ab der Zustellung des Bescheids am 28. Mai 2010 zu betreten. Mit Bescheid vom 30. August 2010 wurde der Bescheid vom 25. Mai 2010 geändert. Dem Antragsgegner wurde ein bis zum 28. Mai 2011 befristetes Betretungsverbot für den Bereich um die Ludwig-Maximilians-Universität (einschließlich der zugehörigen Institute) und die Bayerische Staatsbibliothek erteilt, das den räumlichen Geltungsbereich des Betretungsverbots im Bescheid vom 25. Mai 2010 abänderte, insbesondere ihn auf weitere Bereiche im Umkreis der genannten Institutionen erstreckte. Zur Durchsetzung dieses Verbots drohte die Antragstellerin dem Antragsgegner im Bescheid vom 30. August 2010 das Zwangsgeld in Höhe von 1.000,- Euro und mit Bescheid vom 8. November 2010 das weitere Zwangsgeld in Höhe 1.500,- Euro an. Die Zwangsgeldandrohungen und die auf ihrer Grundlage für fällig erklärten uneinbringlichen Zwangsgelder bezogen sich daher auf das Betretungsverbot im Bescheid vom 25. Mai 2010 und das damit nicht mehr identische und bis 28. Mai 2011 befristete Betretungsverbot im Änderungsbescheid vom 30. August 2010, nicht jedoch auf die dem Antrag auf Anordnung der Ersatzzwangshaft zugrunde liegenden Betretungsverbote nach Nr. 1 und 2 des Bescheids vom 21. Januar 2013 oder das Betretungsverbot im Verlängerungsbescheid vom 18. Oktober 2013.

aaa) Im Vergleich zum Betretungsverbot im Bescheid vom 25. Mai 2010 vor dessen Änderung durch den Bescheid vom 30. August 2010 hat das Betretungsverbot nach Nr. 1 des Bescheids vom 21. Januar 2013 einen anderen räumlichen Umfang. Schon deshalb kann sich das im Bescheid vom 25. Mai 2010 zu dessen Durchsetzung angedrohte Zwangsgeld in Höhe von 500,- Euro nicht auf das Betretungsverbot nach Nr. 1 des Bescheids vom 21. Januar 2013 beziehen.

Hingegen stimmt das Betretungsverbot nach Nr. 1 des Bescheids vom 21. Januar 2013 mit demjenigen nach dem Änderungsbescheid vom 30. August 2010 zwar hinsichtlich seines räumlichen Geltungsbereichs überein, weil die Bescheide vom 26. Mai 2011, 11. April 2012 und 21. Januar 2013 dieses Betretungsverbot lediglich jeweils anders befristen. Jedoch bezieht es sich damit auf einen völlig anderen Zeitraum als das Betretungsverbot in der Fassung des Bescheids vom 30. August 2010 (vgl. im Gegensatz dazu BayVGH, B.v. 20.8.1997 – 8 C 96.4230 – NVwZ-RR 1998, 310 ff., wo sich angedrohtes uneinbringliches Zwangsgeld und Ersatzzwangshaft auf dasselbe unbefristete Aufenthaltsverbot bezogen). Denn das Betretungsverbot nach Nr. 1 des Bescheids vom 21. Januar 2013 betrifft den Zeitraum vom 24. Oktober 2012 bis zum 24. Oktober 2013, während das Betretungsverbot nach dem Bescheid vom 30. August 2010 bis zum 28. Mai 2011 befristet war. Dementsprechend bezogen sich auch die zur Durchsetzung des Betretungsverbots in der Fassung des Bescheids vom 30. August 2010 ergangenen Zwangsgeldandrohungen in den Bescheiden vom 30. August 2010 und 8. November 2010 nur auf die Verpflichtung, die von diesem Betretungsverbot umfassten Bereiche in der Zeit bis zum 28. Mai 2011 nicht zu betreten. Für eine Zuwiderhandlung gegen die sich aus dem Betretungsverbot nach Nr. 1 des Bescheids vom 21. Januar 2013 ergebende Verpflichtung, die betreffenden Bereiche in der Zeit vom 24. Oktober 2012 bis 24. Oktober 2013 nicht zu betreten, ist hingegen kein Zwangsgeld angedroht.

Da auch die Bescheide vom 26. Mai 2011, 11. April 2012 und 21. Januar 2013, mit denen das Betretungsverbot in der Fassung des Bescheids vom 30. August 2010 jeweils verlängert worden ist, für den Fall der Zuwiderhandlung nicht ein Zwangsgeld, sondern unmittelbaren Zwang androhten, fehlt es für das Betretungsverbot nach Nr. 1 des Bescheids vom 21. Januar 2013 aber an der nach Art. 33 Abs. 1 VwZVG erforderlichen, mit einem Hinweis auf die Möglichkeit der Anordnung von Ersatzzwangshaft verbundenen Androhung eines uneinbringlichen Zwangsgeldes.

bbb) Gleiches gilt für das Betretungsverbot nach Nr. 2 des Bescheids vom 21. Januar 2013. Auch darauf beziehen sich die Zwangsgeldandrohungen in den Bescheiden vom 25. Mai 2010, 30. August 2010 und 8. November 2010 zur Durchsetzung der in den Bescheiden vom 25. Mai 2010 und 30. August 2010 angeordneten Betretungsverbote nicht. Denn Nr. 2 des Bescheids vom 21. Januar 2013 begründet ein zusätzliches, über die bis dahin angeordneten Betretungsverbote für bestimmte Bereiche öffentlicher Straßen, Wege und Plätze im Umkreis der Universität oder der Staatsbibliothek hinausgehendes Verbot, im Einzelnen benannte Gebäude der Universität zu betreten. Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen ein solches Verbot enthalten die Bescheide vom 25. Mai 2010, 30. August 2010 und 8. November 2010 aber ebenso wenig eine Zwangsgeldandrohung wie der sich auf die Androhung unmittelbaren Zwangs beschränkende Bescheid vom 21. Januar 2013.

ccc) Schließlich beziehen sich die Zwangsgeldandrohungen in den Bescheiden vom 25. Mai 2010, 30. August 2010 und 8. November 2010 auch nicht auf das Betretungsverbot im Bescheid vom 18. Oktober 2013. Denn die auf bestimmte Bereiche der öffentlichen Straßen, Wege und Plätze im Umkreis der Universität und der Staatsbibliothek beschränkten Betretungsverbote in den Bescheiden vom 25. Mai 2010 und 30. August 2010, deren Durchsetzung diese Zwangsgeldandrohungen dienten, stimmen mit dem Betretungsverbot im Bescheid vom 18. Oktober 2013 schon deshalb nicht überein, weil dieses sich, wie ausgeführt, zusätzlich auf bestimmte in Nr. 2 des Bescheids vom 21. Januar 2013 genannte Universitätsgebäude erstreckt.

b) Die Anordnung von Ersatzzwangshaft kommt aber nicht nur zur Durchsetzung der Betretungsverbote nach Nr. 1 und 2 des Bescheids vom 21. Januar 2013 oder nach dem Bescheid vom 18. Oktober 2013 nicht in Betracht. Sie scheidet vielmehr auch zur Vollstreckung der Betretungsverbote in den Bescheiden vom 25. Mai 2010 und 30. August 2010 aus, zu deren Vollstreckung die Zwangsgeldandrohungen in den Bescheiden vom 25. Mai 2010, 30. August 2010 und 8. November 2010 ergangen sind. Denn insoweit fehlt es bereits an einem vollstreckbaren Verwaltungsakt, weil die betreffenden Betretungsverbote nach Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG unwirksam geworden sind (aa), so dass die sich aus ihnen ergebenden Verpflichtungen des Antragsgegners erloschen sind und etwaige Vollstreckungsmaßnahmen daher nach Art. 22 Nr. 3 VwZVG einzustellen wären (bb).

aa) Das Betretungsverbot im Bescheid vom 25. Mai 2010 ist nach Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG unwirksam geworden, weil es anderweitig aufgehoben worden ist. Denn es ist, wie dargelegt, im Änderungsbescheid vom 30. August 2010 durch ein Betretungsverbot mit einem veränderten räumlichen Geltungsbereich ersetzt worden.

Ebenso ist das bis zum 28. Mai 2011 befristete Betretungsverbot nach dem Änderungsbescheid vom 30. August 2010, zu dessen Durchsetzung die Zwangsgeldandrohungen in den Bescheiden vom 30. August 2010 und 8. November 2010 ergangen waren, nach Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG anderweitig aufgehoben und damit unwirksam geworden. Denn die sich aus dem Betretungsverbot ergebende Verpflichtung des Antragsgegners, die Bereiche, auf die sich das Verbot bezieht, in der Zeit bis zum 28. Mai 2011 nicht zu betreten, ist durch den am 27. Mai 2011 zugestellten Bescheid vom 26. Mai 2011 für die Zeit vom 18. April 2011 bis zum 18. April 2012 verlängert worden. Der Sache nach ist damit aber auch das Betretungsverbot nach dem Bescheid vom 30. August 2010 trotz der Formulierung, das mit diesem Bescheid festgesetzte Betretungsverbot werde verlängert, durch ein für einen anderen Zeitraum geltendes, wenn auch hinsichtlich seines räumlichen Geltungsbereichs deckungsgleiches neues Betretungsverbot ersetzt worden. Denn dafür spricht bei Auslegung des Bescheids vom 26. Mai 2011 in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB nicht nur, dass sich die Geltungsdauer der Betretungsverbote nach den Bescheiden vom 30. August 2010 und 26. Mai 2011 in der Zeit vom 18. April 2011 bis zum 28. Mai 2011 überlappt, sondern auch, dass der Bescheid vom 26. Mai 2011 das für die Zeit vom 18. April 2011 bis zum 18. April 2012 angeordnete Betretungsverbot eigenständig begründet, für dieses Verbot erneut die sofortige Vollziehung anordnet und mit dem unmittelbaren Zwang ein eigenes Zwangsmittel zur Durchsetzung des Verbots androht.

bb) Sind damit die Betretungsverbote in den Bescheiden vom 25. Mai 2010 und 30. August 2010 nach Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG unwirksam geworden, so sind die sich aus ihnen ergebenden Verpflichtungen des Antragsgegners, die von den Betretungsverboten umfassten Bereiche nicht zu betreten, offensichtlich erloschen. Etwaige zu ihrer Durchsetzung vorgesehene Vollstreckungsmaßnahmen, insbesondere auch die Anordnung von Ersatzzwangshaft, wären daher nach Art. 22 Nr. 3 VwZVG einzustellen.

II. Hat die beabsichtigte Beschwerde damit hinreichende Aussicht auf Erfolg und ist dem Antragsgegner daher nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 114 Satz 1 ZPO a.F. Prozesskostenhilfe zu bewilligen, so ist ihm nach § 166 VwGO in Verbindung mit § 121 Abs. 1 ZPO a.F. für das Beschwerdeverfahren, für das nach § 67 Abs. 4 Satz 1 und 3 in Verbindung mit § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO eine Vertretung durch Anwälte vorgesehen ist, auch ein zur Vertretung bereiter Rechtsanwalt seiner Wahl beizuordnen. Insoweit ist das Verfahren allerdings noch nicht entscheidungsreif, weil der Antragsgegner bisher lediglich die Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt hat, ohne einen vertretungsbereiten Rechtsanwalt seiner Wahl zu benennen. Aus diesem Grund wird das Verfahren insoweit entsprechend § 93 Satz 2 VwGO abgetrennt.

Einer Kostenentscheidung bedarf es nicht. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Eine Kostenerstattung ist ausgeschlossen (§ 166 VwGO in Verbindung mit § 118 Abs. 1 Satz 4 ZPO a.F.).

Da Gerichtskosten nicht erhoben werden, ist eine Streitwertfestsetzung entbehrlich.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

 

Beschluss vom 20. Januar 2014

Der Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 17. Januar 2013 wird wegen eines Schreibfehlers nach § 122 Abs. 1 in Verbindung mit § 118 Abs. 1 VwGO wie folgt berichtigt:

Die Datumsangabe „17. Januar 2013“ im Rubrum des Beschlusses (S. 1, vorletzte Zeile des Beschlusses) wird durch die Datumsangabe „17. Januar 2014“ ersetzt.

Wird die Verpflichtung innerhalb der Frist, die in der Androhung bestimmt ist, nicht erfüllt, so setzt die Vollzugsbehörde das Zwangsmittel fest. Bei sofortigem Vollzug (§ 6 Abs. 2) fällt die Festsetzung weg.

Tatbestand

1

Der Kläger beansprucht finanziellen Ausgleich für unionsrechtswidrige Zuvielarbeit.

2

Der 1961 geborene Kläger stand bis zu seiner antragsgemäßen Entlassung mit Ablauf des 30. April 2009 als Berufssoldat im Dienst der Beklagten. Von Anfang 2002 bis zu seiner Entlassung leistete er als Oberfeldarzt (BesGr A 15 BBesO) Dienst im Bundeswehrzentralkrankenhaus K. Beruhten die im Rahmen des Dienstes angefallenen Überstunden des Klägers auf zusammenhängenden Einzeldiensten von mehr als zwölf Stunden, wurden sie teilweise aufgrund einer Verwaltungsvorschrift des Bundesministeriums der Verteidigung durch Freizeitausgleich abgegolten. War ein Freizeitausgleich nicht möglich, erhielt der Kläger für diese zusammenhängenden Einzeldienste aufgrund einer Rechtsverordnung eine finanzielle Vergütung.

3

Anfang August 2009 beantragte der Kläger die Auszahlung einer Vergütung für insgesamt 2 360,26 von ihm geleistete Überstunden, für die kein Freizeitausgleich erfolgt sei. Der Antrag wurde abgelehnt. Die Beschwerde blieb erfolglos. Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers abgewiesen.

4

Der Verwaltungsgerichtshof hat die Berufung des Klägers zugelassen, soweit dieser einen finanziellen Ausgleich für Mehrarbeit über eine durchschnittliche wöchentliche Höchstarbeitszeit von 48 Stunden hinaus beansprucht hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Beklagte unter Aufhebung der insoweit entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, dem Kläger für in der Zeit vom 1. Januar 2006 bis 30. April 2009 geleistete Zuvielarbeit von insgesamt 367,92 Stunden finanziellen Ausgleich nach dem jeweils geltenden Stundensatz für die beamtenrechtliche Mehrarbeitsvergütung nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen. Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:

5

Ausgleichsansprüche für die Zeit vom 1. Januar 2002 bis Ende Dezember 2005, gleich ob unions- oder nationalrechtlichen Ursprungs, seien verjährt. Für den Zeitraum von Januar 2006 bis Ende April 2009 habe der Kläger unter dem Gesichtspunkt des unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruchs wegen unionsrechtswidrig geleisteter Zuvielarbeit einen Anspruch auf Geldausgleich. Die Höhe des Ausgleichs bemesse sich nach den im jeweiligen Zeitpunkt der Zuvielarbeit geltenden Sätzen der beamtenrechtlichen Mehrarbeitsvergütung. Die Überschreitung der Arbeitszeit von 48 Stunden pro Siebentageszeitraum bestimme sich nicht nach der einzelnen Woche. Sachgerecht sei insoweit ein Bezugszeitraum von vier Monaten. Es sei nicht nur der unionsrechtlich gewährleistete Mindesturlaub von vier Wochen, sondern der gesamte Urlaub mit der jeweiligen Soll-Arbeitszeit anzusetzen.

6

Hiergegen wendet sich die bereits vom Verwaltungsgerichtshof zugelassene Revision der Beklagten, mit der sie beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 30. September 2014 aufzuheben, soweit es der Klage stattgegeben hat, und die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 26. September 2012 in vollem Umfang zurückzuweisen

und

die Anschlussrevision zurückzuweisen.

7

Der Kläger beantragt,

die Revision der Beklagten zurückzuweisen

und

das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 30. September 2014 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide zu verpflichten, dem Kläger für weitere 1 850,89 Stunden finanziellen Ausgleich zu gewähren sowie der Berechnung der Ausgleichszahlung insgesamt die im Zuvielarbeitszeitraum bezogene Besoldung nach BesGr A 15 BBesO (mindestens 24 €/Stunde) zugrunde zu legen, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Die Annahme des Verwaltungsgerichtshofs, der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch setze keine zeitnahe Geltendmachung durch den Betroffenen voraus, verletzt revisibles Recht. Ob sich das Urteil des Verwaltungsgerichtshofs aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO), kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs nicht entscheiden.

9

In dem Zeitraum ab 2006, in dem die Ansprüche des Klägers nicht verjährt sind, sind die Voraussetzungen des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs gegeben (1). Art. 22 der Richtlinie 2003/88/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. November 2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung (RL 2003/88/EG), der die Anwendung der Begrenzung der Höchstarbeitszeit durch Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG ausschließt, ist nicht anwendbar (2). Der Dienstherr muss lediglich die rechtswidrige Zuvielarbeit ausgleichen, die der Berechtigte ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet hat (3). Der noch nicht verfallene Ausgleichsanspruch ist primär auf Ausgleich in Freizeit ausgerichtet. Da diese Form des Ausgleichs aus vom Kläger nicht zu vertretenden Gründen ausscheidet, wandelt sich der Ausgleichsanspruch in einen solchen auf finanziellen Ausgleich um (4). Etwaige Ausgleichansprüche des Klägers aus den Jahren 2002 bis 2005 sind verjährt (5). Ob der Kläger Zuvielarbeit geleistet hat, bestimmt sich mangels einer anderweitigen Regelung durch den nationalen Normgeber nach dem jeweiligen Siebentageszeitraum (6). Der gesamte dem Kläger nach nationalem Recht zustehende Urlaub ist mit der jeweiligen Soll-Arbeitszeit anzusetzen (7). Zahlungen wegen zusammenhängender und nicht auszugleichender Dienste führen nicht zu einer Reduzierung der in den betreffenden Siebentageszeiträumen geleisteten Arbeitszeit (8). Für den Geldausgleich sind die Sätze der Mehrarbeitsvergütung für Beamte maßgeblich (9). Vergütungen, die der Kläger wegen zusammenhängender Dienste oder wegen Dienste zu ungünstigen Zeiten erhalten hat, sind nicht anzurechnen (10).

10

1. Die Voraussetzungen des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs sind im Zeitraum ab dem Jahr 2006 gegeben. Der unionsrechtliche Haftungsanspruch setzt voraus, dass die unionsrechtliche Norm, gegen die verstoßen worden ist, die Verleihung von Rechten an die Geschädigten bezweckt, der Verstoß gegen diese Norm hinreichend qualifiziert ist und dass zwischen diesem Verstoß und dem den Geschädigten entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht (stRspr, EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 47 f.).

11

Im Zeitraum von Anfang 2006 bis Ende April 2009 sind zugleich grundsätzlich die Voraussetzungen des dienstrechtlichen Ausgleichsanspruchs aus dem Grundsatz von Treu und Glauben gegeben (BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2003 - 2 C 28.02 - Buchholz § 72 BBG Nr. 38 S. 6 f., vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 8 f. und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26). Die beiden Ansprüche sind hinsichtlich der Verjährung sowie der Rechtsfolgen gleichgerichtet (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 14, 26 und 30).

12

a) Nach Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG treffen die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen, damit nach Maßgabe der Erfordernisse der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer die durchschnittliche Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum 48 Stunden einschließlich der Überstunden nicht überschreitet. Diese Vorschrift verleiht dem Einzelnen Rechte, die dieser nach Ablauf der Frist zur Umsetzung der wortgleichen Vorgängerbestimmung des Art. 6 Nr. 2 der Richtlinie 93/104/EG in das Arbeitszeitrecht der Beklagten unmittelbar vor den nationalen Gerichten geltend machen kann (EuGH, Urteil vom 14. Oktober 2010 - C-243/09, Fuß - Slg. 2010, I-9849 Rn. 56 ff.).

13

Entgegen dem Vorbringen der Beklagten ist es unerheblich, ob der Kläger gegenüber der Leitung des Bundeswehrzentralkrankenhauses gerügt hat, der Dienstplan verstoße gegen die unionsrechtlich zulässige Höchstarbeitszeit. Denn die aus der Richtlinie folgenden Rechte stehen dem Berechtigten unabhängig davon zu, ob er gegenüber dem umsetzungssäumigen Mitgliedstaat die Einhaltung dieser Vorschriften geltend gemacht hat (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 78 m.w.N.).

14

b) Der Verstoß gegen Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG ist auch hinreichend qualifiziert, weil die Beklagte hinsichtlich des Arbeitszeitrechts von Soldaten die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union verkannt hat (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 51 f. m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 18). Die Beklagte hat nicht die sich aus der Rechtsprechung des Gerichtshofs ergebende Schlussfolgerung (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2000 - C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7963 Rn. 35 ff.) berücksichtigt, dass die Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinien der Europäischen Union generell auch für Soldaten gelten und auch im Bereich der Streitkräfte lediglich spezifische Tätigkeiten ausgenommen sind.

15

Die Festsetzung der Höchstarbeitszeit von 48 Stunden einschließlich der Überstunden pro Siebentageszeitraum ist eindeutig. Die Vorgabe war gemäß Art. 18 Abs. 1 Buchst. a) der Richtlinie 93/104/EG des Rates vom 23. November 1993 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung bis zum 23. November 1996 auch für Berufssoldaten in nationales Recht umzusetzen. Art. 288 Abs. 3 AEUV erfordert zur Umsetzung einer Richtlinie eine Rechtsnorm; eine Verwaltungspraxis oder eine Verwaltungsvorschrift reicht hierfür nicht aus. Die der Umsetzung einer Richtlinie dienende innerstaatliche Vorschrift muss, um dem Erfordernis der Rechtssicherheit zu genügen, konkret, bestimmt sowie klar sein; ferner muss ihre Verbindlichkeit unbestreitbar sein. Eine Verwaltungspraxis, die nicht normativ begründet oder verfestigt ist, sodass die Verwaltung sie beliebig ändern kann, und die nur unzureichend bekannt ist, ist nicht als eine wirksame Erfüllung der Verpflichtung aus Art. 288 Abs. 3 AEUV anzusehen (EuGH, Urteile vom 30. Mai 1991 - C-361/88 - Slg. 1991, I-2596 Rn. 20 ff. und vom 16. Dezember 1997 - C-316/96 - Slg. 1997, I-7231 Rn. 16).

16

Im streitgegenständlichen Zeitraum bis Ende April 2009 ging die Beklagte noch davon aus, die Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie der Europäischen Union erfassten Soldaten generell nicht (vgl. BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2011 - 2 C 41.10 - Buchholz 240 § 50a BBesG Nr. 1 Rn. 20). Erlasse, Befehle und Verwaltungsvorschriften reichen jedoch zur Umsetzung der auch für Soldaten geltenden Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinie nicht aus. Erst durch § 30c SG (in der Fassung des insoweit am 23. Mai 2015 in Kraft getretenen Bundeswehr-Attraktivitätssteigerungsgesetzes vom 13. Mai 2015, BGBl. I S. 706) ist die Arbeitszeit von Soldaten inzwischen normativ geregelt worden.

17

Nach ihrem Art. 1 Abs. 3 gilt die Richtlinie 2003/88/EG unbeschadet ihrer Art. 14, 17, 18 und 19 für alle privaten oder öffentlichen Tätigkeitsbereiche im Sinne des Art. 2 der Richtlinie 89/391/EWG des Rates vom 12. Juni 1989 über die Durchführung von Maßnahmen zur Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer bei der Arbeit (ABl. Nr. L 183 S. 1). Art. 2 Abs. 2 Unterabs. 1 RL 89/391/EWG, wonach diese Richtlinie keine Anwendung findet, soweit dem Besonderheiten bestimmter spezifischer Tätigkeiten im öffentlichen Dienst, z.B. bei den Streitkräften oder der Polizei, oder bestimmter spezifischer Tätigkeiten bei den Katastrophenschutzdiensten zwingend entgegenstehen, ist eng auszulegen (EuGH, Urteile vom 3. Oktober 2000 - C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7963 Rn. 35 ff. und vom 5. Oktober 2004 - C-397/01 u.a., Pfeiffer u.a. - Slg. 2004, I-8835 Rn. 53 ff.; Beschluss vom 14. Juli 2005 - C-52/04, Personalrat der Feuerwehr Hamburg - Slg. 2005, I-7111 Rn. 42). Ausgenommen sind nicht die Dienste als solche, sondern nur bestimmte in diesen Sektoren wahrgenommene besondere Aufgaben, die wegen der unbedingten Notwendigkeit, einen wirksamen Schutz des Gemeinwesens zu gewährleisten, eine Ausnahme von den Vorschriften der Richtlinie rechtfertigen. Hierunter fallen lediglich Natur- oder Technologiekatastrophen, Attentate, schwere Unglücksfälle oder andere Ereignisse gleicher Art, deren Schwere und Ausmaß Maßnahmen erfordern, die zum Schutz des Lebens, der Gesundheit und der Sicherheit des Gemeinwesens unerlässlich sind und deren ordnungsgemäße Durchführung in Frage gestellt wäre, wenn alle Vorschriften der Richtlinien beachtet werden müssten. Aus dieser Rechtsprechung folgt ohne Weiteres, dass Soldaten, insbesondere die in den Krankenhäusern der Bundeswehr als Ärzte eingesetzten, nicht vom Anwendungsbereich der Arbeitszeitrichtlinien ausgenommen sind.

18

Ungeachtet der fehlenden Umsetzung der Richtlinie waren Behörden und Gerichte aufgrund des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts gehalten, die Vorgaben der Richtlinie zu befolgen und entgegenstehendes nationales Recht unangewendet zu lassen. Ein Träger öffentlicher Gewalt ist auch in seiner Eigenschaft als öffentlicher Arbeitgeber zur Umsetzung des Unionsrechts verpflichtet (EuGH, Urteile vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 39 und 85 und vom 15. April 2008 - C-268/06, Impact - Slg. 2008, I-02483 Rn. 85). Danach hat die Beklagte nicht nur in ihrer Eigenschaft als zuständige Normgeberin durch dessen Nichtumsetzung hinreichend qualifiziert gegen das Unionsrecht verstoßen, sondern auch in ihrer Eigenschaft als Dienstherrin durch die Nichtbeachtung des Anwendungsvorrangs.

19

c) Zwischen dem Verstoß gegen Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG und dem Schaden, der durch den Verlust der Ruhezeit entstanden ist, die dem Kläger zugestanden hätte, wenn diese Vorgabe eingehalten worden wäre, besteht auch ein unmittelbarer Kausalzusammenhang.

20

Unerheblich ist, dass zusätzliche Dienste eines Berufssoldaten und der damit verbundene Verlust an Freizeit und Erholungszeit nach nationalem Recht keinen Schaden im Sinne des zivilrechtlichen Schadensersatzrechts darstellen. Maßgeblich ist insoweit allein auf das Unionsrecht abzustellen, das hierin einen Schaden sieht (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 59, 61 und 63 sowie Tenor 1 und 4; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 24).

21

2. Zur Begründung ihrer Auffassung, der Kläger habe keinen Anspruch auf finanziellen Ausgleich, weil Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG nicht anwendbar sei und der Kläger damit tatsächlich nicht unionsrechtswidrig zu viel gearbeitet habe, kann sich die Beklagte nicht auf Art. 22 Abs. 1 Buchst. a) RL 2003/88/EG berufen.

22

Nach Art. 22 RL 2003/88/EG ist es einem Mitgliedstaat freigestellt, Art. 6 RL 2003/88/EG nicht anzuwenden, wenn er die allgemeinen Grundsätze der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes der Arbeitnehmer einhält und mit den erforderlichen Maßnahmen dafür sorgt, dass kein Arbeitgeber von einem Arbeitnehmer verlangt, im Durchschnitt des Bezugszeitraums von vier Monaten mehr als 48 Stunden innerhalb eines Siebentageszeitraums zu arbeiten, es sei denn der Arbeitnehmer hat sich dazu bereit erklärt.

23

Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG eröffnet den Mitgliedstaaten lediglich die Möglichkeit zur Abweichung von den Vorgaben des Art. 6 RL 2003/88/EG, die der Mitgliedstaat durch den Erlass von zur Umsetzung ausreichenden Rechtsnormen ausnutzen muss. Hat jedoch der Mitgliedstaat, wie hier, von dieser Möglichkeit im streitgegenständlichen Zeitraum nicht durch den Erlass einer Rechtsnorm Gebrauch gemacht, ist Art. 22 Abs. 1 RL 2003/88/EG für die Entscheidung mit der Folge unerheblich, dass grundsätzlich Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG heranzuziehen ist (EuGH, Urteil vom 14. Oktober 2010 - C-243/09, Fuß - Slg. 2010, I-9849 Rn. 35 ff. und 50 und vom 25. November 2010 - C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 33).

24

Im Übrigen merkt der Senat zur Argumentation der Beklagten zum Merkmal "verlangt" im Sinne von Art. 22 RL 2003/88/EG an, dass die Haltung der Beklagten in sich widersprüchlich ist. Die Beklagte hat insoweit geltend gemacht, sie habe den Kläger nie angewiesen, mehr als 48 Stunden wöchentlich Dienst zu leisten, und dieser habe sie durch seine darüber hinausgehende Dienstleistung vor vollendete Tatsachen gestellt, obwohl der Chefarzt des Bundeswehrzentralkrankenhauses im März 2006 auf die Einhaltung der wöchentlichen Arbeitszeit von 48 Stunden bezogen auf vier Monate gedrungen habe. Die Beklagte lässt dabei unberücksichtigt, dass der Kläger seinen Dienst allein aufgrund und entsprechend der von ihr vorgegebenen Dienstpläne verrichtet hat, die den unionsrechtlichen Vorgaben zur wöchentlichen Höchstarbeitszeit widersprachen, denen aber der Kläger als Soldat Folge zu leisten hatte.

25

3. Der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch wegen rechtswidriger Zuvielarbeit setzt - wie der nationale dienstrechtliche Ausgleichsanspruch - voraus, dass der vom Beamten oder Soldaten zuvor geltend gemacht worden ist. Auszugleichen ist die rechtswidrige Zuvielarbeit, die ab dem auf die erstmalige Geltendmachung folgenden Monat geleistet worden ist (BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 19 und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26).

26

a) Besoldungsansprüche von Beamten und Soldaten ergeben sich unmittelbar aus Gesetz (§ 2 Abs. 1 BBesG), eines Antrages bedarf es daher nicht. Entsprechendes gilt für Versorgungsbezüge (§ 3 Abs. 1 BeamtVG, § 1a Abs. 1 SVG): Rechtsgrund der Alimentierung von Ruhestandsbeamten ist zwar der Versorgungsfestsetzungsbescheid, auch dieser ergeht indes von Amts wegen (§ 49 Abs. 1 Satz 1 BeamtVG, § 46 Abs. 1 Satz 1 SVG) und bedarf daher weder eines Antrags noch einer Hinweispflicht (BVerwG, Urteil vom 25. Oktober 2012 - 2 C 59.11 - BVerwGE 145, 14 Rn. 34).

27

Ansprüche, deren Festsetzung und Zahlung sich nicht unmittelbar aus Gesetz ergeben, bedürfen dagegen einer vorherigen Geltendmachung (BVerfG, Beschluss vom 22. März 1990 - 2 BvL 1/86 - BVerfGE 81, 363 <384 f.>; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 27). Denn hier ist eine vorgängige Entscheidung über Grund und Höhe der begehrten Zahlung erforderlich.

28

Für Ansprüche wegen rechtswidriger Zuvielarbeit gilt dies in besonderer Weise. Diese sind nicht primär auf die Zahlung eines finanziellen Ausgleichs gerichtet, sondern auf die Beseitigung des rechtswidrigen Zustands. Durch den Hinweis des Beamten oder Soldaten ist daher zunächst eine Prüfung seines Dienstherrn veranlasst, ob eine Änderung der Arbeitszeitgestaltung erforderlich ist und ob eine rechtswidrige Zuvielarbeit - etwa durch Anpassung der maßgeblichen Dienstpläne - vermieden oder durch die Gewährung von Freizeitausgleich kompensiert werden kann. Ohne entsprechende Rüge muss der Dienstherr nicht davon ausgehen, jeder Beamte werde die Überschreitung der aktuellen Arbeitszeitregelung beanstanden. Auch hinsichtlich der möglichen finanziellen Ausgleichspflicht hat der Dienstherr ein berechtigtes Interesse daran, nicht nachträglich mit unvorhersehbaren Zahlungsbegehren konfrontiert zu werden (BVerwG, Urteil vom 21. September 2006 - 2 C 7.06 - Buchholz 240 § 40 BBesG Nr. 39 Rn. 15).

29

Der Soldat oder Beamte wird durch das Erfordernis der schriftlichen Geltendmachung des Anspruchs gegenüber seinem Dienstherrn auch nicht unzumutbar belastet. Denn an die Rüge des Berechtigten sind keine zu hohen Anforderungen zu stellen. Es reicht aus, wenn sich aus der schriftlichen Äußerung ergibt, dass der Beamte oder Soldat die wöchentliche Arbeitszeit für zu hoch festgesetzt hält. Weder ist ein Antrag im rechtstechnischen Sinne erforderlich noch muss Freizeitausgleich, hilfsweise finanzieller Ausgleich, beantragt oder der finanzielle Ausgleich konkret berechnet werden (BVerwG, Urteile vom 27. Mai 2010 - 2 C 33.09 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 117 Rn. 15 und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 27).

30

b) Die Anwendung des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung auch auf den nicht normativ geregelten unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch ist mit Unionsrecht vereinbar (BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 20). Soweit der Senat zwischenzeitlich (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 141, 381 Rn. 25; ebenso Beschluss vom 1. Juli 2014 - 2 B 39.13 - Buchholz 237.8 § 80 RhPLBG Nr. 1 Rn. 6 f.), veranlasst durch eine aus heutiger Sicht möglicherweise fehlinterpretierte Aussage des Gerichtshofs der Europäischen Union in dessen Urteil vom 25. November 2010 (C-429/09, Fuß - Slg. 2010, I-12167 Rn. 78, 84, 86 f., 90), Gegenteiliges vertreten hat, hält der Senat daran nicht mehr fest; nach den insoweit eindeutigen Aussagen des Gerichtshofs in dessen Urteil vom 19. Juni 2014 (C-501/12 u.a., Specht - NVwZ 2014, 1294 Rn. 110 ff.) ist dies überholt. Voraussetzung für die Vereinbarkeit des genannten Grundsatzes mit Unionsrecht ist, dass den Anforderungen des Äquivalenz- und des Effektivitätsgrundsatzes Rechnung getragen ist (EuGH, Urteile vom 19. Juni 2014 - C-501/12 u.a., Specht - NVwZ 2014, 1294 Rn. 110 bis 115 und Urteil vom 9. September 2015 - C-20/13, Unland - ZBR 2015, 414 Rn. 72).

31

Die den nationalen Gerichten obliegende Prüfung ergibt, dass die Voraussetzungen der beiden unionsrechtlichen Vorgaben in Bezug auf das Gebot der zeitnahen Geltendmachung erfüllt sind. Dem Gebot, dass die Modalitäten zur Durchsetzung des unionsrechtlichen Anspruchs nicht ungünstiger sein dürfen als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte innerstaatlicher Art regeln (Äquivalenzgrundsatz), ist Rechnung getragen. Der - neben dem unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch bestehende, richterrechtlich entwickelte - Ausgleichsanspruch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben ist nur gegeben, wenn der Berechtigte diesen gegenüber seinem Dienstherrn schriftlich geltend macht (BVerwG, Urteile vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 19 f. und vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 26 ff.). Der Effektivitätsgrundsatz verlangt, dass die Ausübung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird. Die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung ist im Interesse der Rechtssicherheit, die zugleich den Berechtigten und die Behörde schützt, mit diesen Vorgaben des Unionsrechts vereinbar (EuGH, Urteil vom 30. Juni 2011 - C-262/09, Meilicke - Slg. 2011, I-5669 Rn. 56 m.w.N.). Zudem sind, wie dargelegt, die Anforderungen an die schriftliche Geltendmachung des Anspruchs gering. Denn der Berechtigte muss gegenüber dem Dienstherrn lediglich schriftlich zum Ausdruck bringen, er halte die wöchentliche Arbeitszeit für zu hoch festgesetzt.

32

c) Ob der Kläger Ausgleichsansprüche in den Jahren 2002 bis 2005 jeweils entsprechend den genannten Anforderungen geltend gemacht hat, kann dahinstehen. Denn die etwaigen Ausgleichsansprüche sind verjährt (dazu nachfolgend 4.). Auch der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch, den der Berechtigte rechtzeitig geltend gemacht hat, unterliegt der Verjährung (BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 - 2 C 32.10 - BVerwGE 140, 351 Rn. 19).

33

Nach den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs hat sich der Kläger im Oktober 2007, im Juli 2008 und im August 2009 an seinen Dienstherrn gewandt und die Festsetzung seiner wöchentlichen Arbeitszeit beanstandet. Demgegenüber fehlen für das Jahr 2006 entsprechende Feststellungen, die das Revisionsgericht nicht treffen darf. Im neuerlichen Berufungsverfahren hat der Verwaltungsgerichtshof deshalb zu prüfen, ob der Kläger auch im Jahr 2006 gegenüber dem Bundesministerium der Verteidigung oder der Leitung des Bundeswehrzentralkrankenhauses die Überschreitung der wöchentlichen Höchstarbeitszeit schriftlich geltend gemacht hat.

34

4. Der primär auf Ausgleich in Zeit gerichtete Anspruch des Klägers ist in einen Anspruch auf finanziellen Ausgleich umgewandelt, der weder verfallen noch aus anderen Gründen ausgeschlossen ist.

35

a) Der Haftungsanspruch wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit ist primär auf Ausgleich in Freizeit gerichtet. Zweck der Begrenzung der Höchstarbeitszeit pro Siebentageszeitraum, den Schutz der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer zu gewährleisten, ist nicht durch eine Geldzahlung, sondern durch die Freistellung von der Pflicht zur Dienstleistung zu erreichen.

36

Scheidet aber die Gewährung von Freizeit zum Ausgleich der Zuvielarbeit aus vom Berechtigten nicht zu vertretenden Gründen aus, so gebietet es der unionsrechtliche Effektivitätsgrundsatz, dass die entstandenen Ansprüche nicht untergehen, sondern sich in solche auf finanziellen Ausgleich umwandeln (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 34 ff.). Danach sind hier finanzielle Ausgleichsansprüche des Klägers nicht ausgeschlossen, weil die angespannte Personalsituation in der Abteilung des Bundeswehrzentralkrankenhauses, in der der Kläger in führender Funktion Dienst zu leisten hatte, der Gewährung von Freizeit zur Abgeltung der entstandenen Ansprüche entgegenstand.

37

b) Der zum Ausgleich verpflichtete Dienstherr ist auch befugt, den Verfall des Ausgleichsanspruchs vorzusehen, um einem unbegrenzten Anhäufen von Ausgleichsstunden vorzubeugen.

38

Der Dienstzeitausgleichserlass der Bundeswehr vom 20. Oktober 1998 in der Fassung vom 1. Februar 2003 (Erlass über den Ausgleich besonderer zeitlicher Belastungen der Soldaten, BMVg Fü S I 1) sah hier (III.C.16) eine Frist zur Abgeltung von zwölf Monaten vor. Für den Bereich der Bundeswehrkrankenhäuser waren aber wegen der besonderen Anforderungen an das klinische Personal, die zu einem erheblichen Anstieg der Ausgleichsansprüche geführt hatten, Sonderregelungen erlassen worden (Weisungen des Sanitätsführungskommandos vom 23. März 2004 und vom 15. Juni 2007 sowie Anordnung des Bundesministeriums der Verteidigung vom 31. Juli 2009). Diese sehen aus Gründen des Vertrauensschutzes die Abgeltung der Ansprüche im Zeitraum bis Ende Dezember 2014 vor.

39

c) Auch wenn der Beamte oder Soldat den Entschluss fasst, das Dienstverhältnis zu beenden, steht ihm kein Wahlrecht zwischen Freizeitausgleich und einem Ausgleich in Geld zu (kein "dulde und liquidiere"). Er ist gehalten, sich mit diesem Anliegen so rechtzeitig an seinen Dienstherrn zu wenden, dass diesem noch der Ausgleich der Zuvielarbeitsstunden durch die Gewährung von Freizeit möglich bleibt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 15. September 2011 - 2 B 33.11 - juris Rn. 7 ff. zum Ausgleich der von Lehrern zu leistenden Vorgriffsstunden).

40

Nach diesen Grundsätzen war hier die Umwandlung der Ansprüche auf Freizeitausgleich in solche auf finanziellen Ausgleich nicht ausgeschlossen. Der Kläger hat die Entlassung aus dem Dienstverhältnis eines Berufssoldaten mehr als drei Monate vor seiner Entlassung beantragt. Dieser Zeitraum ist für die Durchführung des Ausgleichs durch Freistellung vom Dienst als ausreichend anzusehen. Aufgrund der Personalsituation in der Abteilung für Neurochirurgie war dem Bundeswehrkrankenhaus die Freistellung des Klägers vom Dienst bis Ende April 2009 nicht in ausreichendem Maße möglich.

41

5. Etwaige Ausgleichsansprüche des Klägers aus den Jahren 2002 bis 2005 sind verjährt. Die Verjährungsfrist endete hinsichtlich des (letzten) Jahres 2005 mit Ablauf des 31. Dezember 2008.

42

a) Fehlen, wie hier, unionsrechtliche Vorgaben zur Verjährung, gelten die Verjährungsregeln des nationalen Rechts. Regelt das einschlägige Fachrecht die Verjährung nicht, so sind die Verjährungsvorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend anzuwenden. Dabei ist nach dem Gesamtzusammenhang der für den jeweiligen Anspruch maßgebenden Rechtsvorschriften und der Interessenlage zu beurteilen, welche Verjährungsregelung als die sachnächste analog heranzuziehen ist (BVerwG, Urteile vom 15. Juni 2006 - 2 C 10.05 - Buchholz 232 § 78 BBG Nr. 45 Rn. 19 m.w.N., vom 24. Januar 2007 - 3 A 2.05 - BVerwGE 128, 99 Rn. 45 und vom 11. Dezember 2008 - 3 C 37.07 - BVerwGE 132, 324 Rn. 8).

43

Da es sich auch beim unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch nicht um einen Schadenersatzanspruch im Sinne der zivilrechtlichen Vorschriften (§ 199 Abs. 2 und 3 BGB) handelt, unterliegt der Anspruch den allgemeinen Verjährungsregelungen und damit nach Inkrafttreten des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes am 1. Januar 2002 der regelmäßigen Verjährung von drei Jahren (§ 195 BGB).

44

Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union genügt eine nationalrechtliche Verjährungsfrist von drei Jahren, die auf den unionsrechtlichen Haftungsanspruch angewendet wird, den Vorgaben des Grundsatzes der Gleichwertigkeit und der Effektivität (EuGH, Urteil vom 24. März 2009 - C-445/06, Danske Slagterier - Slg. 2009, I-2119 Rn. 31 f. m.w.N.).

45

b) Nach § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Die unionsrechtswidrige Zuvielarbeit begründet einen einheitlichen Ausgleichsanspruch des betroffenen Soldaten oder Beamten (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 48 zum Anspruch auf Rechtshängigkeitszinsen). Während des aktiven Dienstverhältnisses ist der Anspruch grundsätzlich auf Ausgleich in Freizeit gerichtet. Scheidet diese Form des Ausgleichs aus, so wandelt sich der Anspruch um in einen solchen auf finanzielle Abgeltung. Bei dem letztgenannten Anspruch handelt sich entgegen dem Vorbringen des Klägers aber nicht um einen neuen Anspruch, dessen Verjährung neu zu laufen beginnt. Vielmehr ändert sich lediglich die Form des wegen des Verstoßes gegen die wöchentliche Höchstarbeitszeit gebotenen Ausgleichs. Die Annahme eines einheitlichen Anspruchs, der zwar je nach tatsächlicher Sachlage unterschiedliche Rechtsfolgen hat, aber einheitlich verjährt, entspricht auch der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in vergleichbaren Konstellationen (BGH, Urteil vom 28. April 1993 - VIII ZR 109/92 - NJW-RR 1993, 1227 <1228> zur Umwandlung eines Aufwendungsersatzanspruchs).

46

Der Senat hält § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB im öffentlichen Recht für anwendbar, wonach der Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist auch voraussetzt, dass der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 43, anders Teilurteil vom 21. Oktober 2010 - 3 C 4.10 - Buchholz 451.511 § 14 MOG Nr. 3 Rn. 50 m.w.N.). Es bedarf aber nicht des Verfahrens nach § 11 VwGO, weil hier auch die zusätzlichen Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit der Folge erfüllt sind, dass etwaige Ausgleichsansprüche des Klägers bis zum Jahr 2005 verjährt sind.

47

§ 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB setzt grundsätzlich voraus, dass der Berechtigte die Tatsachen kennt, die die Voraussetzungen der anspruchsbegründenden Norm erfüllen. Grundsätzlich ist nicht erforderlich, dass der Berechtigte aus dieser Erkenntnis die richtigen Rechtsfolgerungen zieht. Selbst wenn man aber mit der zivilrechtlichen Rechtsprechung bei einer verworrenen Rechtslage die Verjährungsfrist ausnahmsweise erst mit einer gerichtlichen Klärung der Rechtslage beginnen ließe (vgl. BGH, Beschluss vom 19. März 2008 - III ZR 220/07 - NJW-RR 2008, 1237 Rn. 7; Urteile vom 25. Februar 1999 - IX ZR 30/98 - NJW 1999, 2041 <2042 f.> und vom 23. September 2008 - XI ZR 262/07 - NJW-RR 2009, 547 ), führte dies zu keinem anderen Ergebnis. Den Haftungsanspruch eines Berechtigten gegen einen Mitgliedstaat wegen der Verletzung der Pflichten aus dem Unionsrecht hat der Gerichtshof der Europäischen Union bereits 1991 entwickelt (EuGH, Urteil vom 19. November 1991 - C-6/90 und C-9/90, Francovich u.a. - Slg. 1991, I 5357 Rn. 35). Der Umfang seiner tatsächlichen Dienstleistung - über 48 Stunden pro Siebentageszeitraum hinaus - war dem Kläger nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts bekannt. Auf der Grundlage des Urteils des Gerichtshofs vom 3. Oktober 2000 (C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7963 Rn. 35 ff.) war im Sinne des Erfordernisses des hinreichend qualifizierten Verstoßes der Beklagten gegen das Unionsrecht bei der Festsetzung der Arbeitszeit von Ärzten der Bundeswehrkrankenhäuser auch eindeutig, dass die Vorgaben der Arbeitszeitrichtlinien der Europäischen Union generell auch für Soldaten gelten und auch im Bereich der Streitkräfte lediglich spezifische Tätigkeiten ausgenommen sind. Seit der Verkündung dieses Urteils bestanden hinreichende Anhaltspunkte dafür, dass eine auf einen Staatshaftungsanspruch wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit gestützte Rechtsverfolgung eines Soldaten erfolgversprechend sein könnte.

48

Dem Vorbringen des Klägers zum Merkmal des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, er habe in den Jahren 2002 bis 2005 nicht wissen können, dass er als Ausgleich für die Zuvielarbeit wegen seiner antragsgemäßen Entlassung zum Ende April 2009 Dienstbefreiung nicht werde in Anspruch nehmen können, so dass "Kenntnis" erst seit dem Jahr 2009 gegeben sei, ist nicht zu folgen. Wie dargelegt, handelt es sich bei dem Anspruch auf Ausgleich für unionsrechtswidrige Zuvielarbeit um einen einheitlichen Anspruch, so dass die Wandlung des Anspruchsinhalts - Geldzahlung anstelle der Freistellung vom Dienst - unerheblich ist.

49

Auch auf das Urteil des OVG Koblenz vom 29. April 2014 (2 A 11163/13 - NVwZ-RR 2014, 726) kann sich der Kläger zur Begründung seiner Auffassung, er habe erst im Jahr 2009 infolge seiner Entlassung aus dem Dienstverhältnis von seinem Anspruch auf Geldausgleich wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit im Sinne von § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB Kenntnis erlangt, nicht stützen. Denn das in diesem Fall maßgebliche Landesrecht regelt beide Ansprüche - Anspruch auf Freizeitausgleich und Anspruch auf Entschädigung wegen Mehrarbeit - gesondert und bestimmt, dass ein Anspruch auf finanziellen Ausgleich wegen angeordneter Mehrarbeit erst dann angenommen werden kann, wenn feststeht, dass die Mehrarbeit aus zwingenden Gründen nicht durch Dienstbefreiung innerhalb eines Jahres ausgeglichen werden kann.

50

c) Aufgrund der das Revisionsgericht nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs zum Inhalt der Schreiben des Klägers an die Leitung des Bundeswehrzentralkrankenhauses vom Oktober 2007 sowie vom Juli 2008 haben diese die Verjährung nicht nach § 204 Abs. 1 Nr. 12 BGB gehemmt. Sie beschränken sich auf Hinweise und Anregungen und überlassen die Konkretisierung der Ansprüche der Beklagten als Dienstherrin. Den Schreiben lässt sich nicht der Hinweis entnehmen, der Kläger sei bereits entschlossen, seinen Anspruch unmittelbar im Klagewege durchzusetzen.

51

Ausgeschlossen ist auch die Annahme der Hemmung der Verjährung nach § 203 Satz 1 BGB wegen schwebender Verhandlungen der Beteiligten. Denn die Beklagte hat auf die beiden genannten Schreiben des Klägers zur Entwicklung der Zahl der Überstunden nicht reagiert.

52

d) Die Berufung der Beklagten auf die Einrede der Verjährung verletzt schließlich weder die Fürsorgepflicht der Beklagten als Dienstherrin noch ist sie ausnahmsweise wegen Verstoßes gegen Treu und Glauben unzulässig.

53

Das Vorbringen des Klägers, in den von der Beklagten vorgegebenen Zeiterfassungsbögen sei nicht auf die Möglichkeit des Verfalls eines Ausgleichsanspruchs hingewiesen worden, sodass die Beklagte ihn von einer zeitnahen Geltendmachung abgehalten habe, ist unbegründet. Die allgemeine Fürsorgepflicht (§ 31 Abs. 1 SG) gebietet dem Dienstherrn nicht, Soldaten oder Beamte auf den Ablauf von Fristen hinzuweisen und sie zur Geltendmachung ihrer Ansprüche anzuhalten (BVerwG, Urteile vom 21. April 1982 - 6 C 34.79 - BVerwGE 65, 197 <203> und vom 30. Januar 1997 - 2 C 10.96 - BVerwGE 104, 55 <57 f.>.).

54

Aus Gründen der sparsamen Haushaltsführung ist der Dienstherr gehalten, gegenüber Ansprüchen von Soldaten oder Beamten die Einrede der Verjährung geltend zu machen. Der Einwand, die Berufung auf die Einrede der Verjährung verstoße gegen Treu und Glauben und sei deshalb unzulässig, setzt ein qualifiziertes Fehlverhalten des Dienstherrn voraus. Das nicht notwendig schuldhafte Verhalten des Dienstherrn muss den Berechtigten veranlasst haben, verjährungshemmende Schritte zu unterlassen. Unerheblich ist, ob der Beamte keine Kenntnis von den ihm zustehenden Ansprüchen hatte oder ob er von der rechtzeitigen Geltendmachung bewusst abgesehen hat, weil er nach Treu und Glauben davon ausgehen konnte, der Dienstherr werde sich nicht auf die Verjährung berufen (BVerwG, Urteil vom 15. Juni 2006 - 2 C 14.05 - Buchholz 240 § 73 BBesG Nr. 12 Rn. 23).

55

Ausgehend von den tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichtshofs kann ein solches qualifiziertes Fehlverhalten der Beklagten nicht festgestellt werden. Die Ausführungen im Protokoll der Abteilungsleiterbesprechung vom 8. Oktober 2007 haben dem Kläger keinen Anlass gegeben, seinerseits Schritte zur Hemmung der Verjährung der ihm zustehenden Ansprüche zu unterlassen. Im Protokoll werden lediglich die vom Kläger im Zeitraum von Anfang September 2005 bis Ende September 2007 geleisteten Überstunden zusammengefasst. Ferner wird ausgeführt, dass "kleine" und "große" Anrechnungsfälle - Ausgleich für zusammenhängende Dienste von 12 bis 16 Stunden und von 16 bis 24 Stunden - für den Zeitraum 2004 bis 2006 vollständig finanziell abgerechnet wurden.

56

Auch auf den erst im Revisionsverfahren vorgelegten Erlass des Bundesministeriums der Verteidigung vom 31. Juli 2009, der an den Dienstzeitausgleichserlass des Bundesministeriums anknüpft und die Aufrechterhaltung von Ansprüchen auf Freizeitausgleich betrifft, kann sich der Kläger nicht stützen. Denn in diesem Erlass wird ausdrücklich auf den Aspekt der Verjährung von Ansprüchen aufgrund der Vorschrift des § 195 BGB hingewiesen.

57

6. Ob der Kläger unionsrechtswidrig zu viel gearbeitet hat, bestimmt sich nach dem jeweiligen Siebentageszeitraum im Sinne von Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG.

58

a) Bei der Bestimmung des maßgeblichen Bezugszeitraums hat sich der Verwaltungsgerichtshof auf die Regelung des Art. 16 Buchst. b) RL 2003/88/EG berufen und im Hinblick auf eine allerdings nicht normativ begründete Verwaltungspraxis der Beklagten einen Bezugszeitraum von vier Monaten für sachgerecht erachtet (ebenso OVG Lüneburg, Urteil vom 25. Januar 2011 - 5 LC 178/09 - DVBl. 2011, 582). Dies verletzt revisibles Recht.

59

Ebenso wie Art. 22 Abs. 1 Buchst. a) RL 2003/88/EG wendet sich auch Art. 16 dieser Richtlinie ("Die Mitgliedstaaten können... vorsehen“) an den Mitgliedstaat. Dieser ist zu der von Art. 6 Buchst. b) RL 2003/88/EG abweichenden Festlegung des Bezugszeitraums ("bis zu vier Monaten") berechtigt, aber nicht verpflichtet. Ob und inwieweit der Mitgliedstaat diese Ermächtigung zu der für den Arbeitnehmer ungünstigen Ausdehnung des Bezugszeitraums auf bis zu vier Monaten ausnutzt, ist Sache der gesetzgebenden Organe des Mitgliedstaates, weil nur sie die zur Umsetzung einer Richtlinie erforderlichen Rechtsnomen erlassen können. Die Ausübung der Ermächtigung ist jedenfalls nicht den das Recht anwendenden nationalen Gerichten in dem Sinne überantwortet, dass diese den Bezugszeitraum nach dem Aspekt der "Sachgerechtigkeit" festlegen können. Um die ihm eingeräumte Befugnis in Anspruch zu nehmen, muss der Mitgliedstaat auch die Entscheidung treffen, sich auf diese Ermächtigung zu berufen. Im Interesse der Rechtssicherheit muss diese Entscheidung des Mitgliedstaates aber bestimmt und klar sein (EuGH, Urteil vom 21. Oktober 2010 - C-227/09, Accardo - Slg. 2010, I-10273 Rn. 50 f. m.w.N. und Rn. 55).

60

Im Zeitraum bis Ende April 2009 hatte die Beklagte noch nicht von der Möglichkeit zur Erstreckung des Bezugszeitraums auf bis zu vier Monate durch Erlass einer entsprechenden Rechtsnorm Gebrauch gemacht. Die schriftliche Anordnung des Chefarztes des Bundeswehrzentralkrankenhauses vom März 2006, die durchschnittliche Wochenarbeitszeit dürfe, bezogen auf vier Monate, 48 Stunden nicht überschreiten, erfüllt nicht die formellen Anforderungen an die Ausnutzung der dem Mitgliedstaat eröffneten Befugnis zur Ausdehnung des Bezugszeitraums.

61

b) Auch die sonstigen Bestimmungen der RL 2003/88/EG, die zu einer Verlängerung des Bezugszeitraums führen können - nach Art. 19 Abs. 2 RL 2003/88/EG bis zu zwölf Monate bei Festlegungen in Tarifverträgen oder Vereinbarungen zwischen Sozialpartnern -, greifen nicht zu Gunsten der Beklagten ein. Art. 17 Abs. 3 Buchst. c) i) und Art. 18 RL 2003/88/EG setzen jeweils voraus, dass der Mitgliedstaat Regelungen im Sinne von Art. 16 RL 2003/88/EG erlassen hat, die den Anforderungen an die Umsetzung einer Richtlinie in nationales Recht im Sinne von Art. 288 Abs. 3 AEUV genügen. Daran fehlt es aber ebenso wie an der Ausnutzung der genannten Befugnisse ("sind...zulässig" und "kann abgewichen werden") durch den Erlass einer für die Umsetzung erforderlichen Rechtsnorm des innerstaatlichen Normgebers. Der Dienstzeitausgleichserlass der Bundeswehr reichte hierfür als bloße Verwaltungsvorschrift nicht aus.

62

7. Art. 16 Buchst. b Satz 2 RL 2003/88/EG schreibt vor, dass die nach Art. 7 RL 2003/88/EG gewährten Zeiten des bezahlten Jahresurlaubs sowie die Krankheitszeiten bei der Berechnung des Durchschnitts unberücksichtigt bleiben oder neutral sind. Diese Vorgabe des Unionsrechts verlangt, dass ungeachtet der Frage der Umsetzung in innerstaatliches Recht durch eine Rechtsnorm die betreffenden Tage bei der Berechnung mit der jeweiligen Soll-Arbeitszeit anzusetzen sind.

63

Obwohl die Richtlinie lediglich auf den unionsrechtlich gewährleisteten Mindesturlaub von vier Wochen nach Art. 7 RL 2003/88/EG Bezug nimmt, ist auch der darüber hinausgehende, im nationalen Recht begründete Mehrurlaub mit der Soll-Arbeitszeit anzusetzen. Art. 15 RL 2003/88/EG lässt das Recht der Mitgliedstaaten unberührt, für die Sicherheit und den Gesundheitsschutz der Arbeitnehmer günstigere Rechts- und Verwaltungsvorschriften anzuwenden oder zu erlassen. Dies umfasst auch die Einräumung eines über den unionsrechtlichen Mindesturlaub hinausgehenden Urlaubsanspruchs. Da der Kläger am Urlaubstag von der Pflicht zur Dienstleistung befreit ist und auch der Mehrurlaub der Erholung des Klägers dient, können diese Tage nicht als Ausgleich für eine Überschreitung der Höchstarbeitszeit von 48 Stunden pro Siebentageszeitraum herangezogen werden.

64

Auch Feiertage, die auf Wochentage fallen, sind mit der jeweiligen Soll-Arbeitszeit einzubeziehen und damit zu neutralisieren. Da der Kläger an diesen Tagen nicht zur Dienstleistung verpflichtet war, können sie nicht zum Ausgleich einer etwaigen Überschreitung der Höchstarbeitszeit herangezogen werden. Demgegenüber sind Zeiten, in denen dem Kläger auf Grundlage des Dienstzeitausgleichserlasses ein zeitlicher Ausgleich gewährt wurde, keine Arbeitszeit im Sinne von Art. 2 Nr. 1 RL 2003/88/EG.

65

8. Zur Arbeitszeit zählen unionsrechtlich sämtliche Zeiten, die vom betreffenden Arbeitnehmer im Rahmen von Arbeitsbereitschaft und Bereitschaftsdienst in Form persönlicher Anwesenheit in der Dienststelle abgeleistet worden sind, unabhängig davon, welche Arbeitsleistung er während dieses Dienstes tatsächlich erbracht hat (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2000 - C-303/98, Simap - Slg. 2000, I-7997 Rn. 52). Auch die genaue Bestimmung der Zahl der auszugleichenden Stunden ist Aufgabe des erneut durchzuführenden Berufungsverfahrens.

66

In denjenigen Siebentageszeiträumen, in denen der Kläger wegen zusammenhängender Dienste von 12 bis 16 Stunden und von 16 bis 24 Stunden aufgrund der Verordnung über die Vergütung für Soldaten mit besonderer zeitlicher Belastung vom 2. Juni 1989 (- SzBelVergV -, BGBl. I S. 1075) Zahlungen erhalten hat, ist die Arbeitszeit entgegen dem Vorbringen der Beklagten nicht um vier oder acht Stunden zu reduzieren. Denn die finanziellen Vergütungen, die nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SzBelVergV nur in Betracht kommen, wenn zum Ausgleich des zusammenhängenden Dienstes Freistellung vom Dienst nicht gewährt werden kann, reduzieren die Zahl der Stunden der unionsrechtswidrigen Zuvielarbeit nicht. Nach dem unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatz muss jedoch grundsätzlich jede Stunde, die der Kläger innerhalb eines Siebentageszeitraumes über 48 Stunden hinaus gearbeitet hat, ausgeglichen werden.

67

9. Der Geldausgleich hat sich an den jeweils geltenden Stundensätzen der Verordnung über die Gewährung von Mehrarbeitsvergütung für Beamte in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Dezember 1998 (- MVergV -, BGBl. I S. 3494) zu orientieren. Zwar unterscheiden sich rechtmäßige Mehrarbeit und unionsrechtswidrige Zuvielarbeit. Dennoch geht es in beiden Fällen um den Ausgleich für eine überobligationsmäßige Heranziehung des Soldaten zum Dienst (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 35).

68

Auf die Besoldung kann nicht zurückgegriffen werden (BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 - 2 C 29.11 - BVerwGE 143, 381 Rn. 39). Denn diese ist kein Entgelt im Sinne einer Entlohnung für konkrete Dienste (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 30. März 1977 - 2 BvR 1039/75 u.a. - BVerfGE 44, 249 <264>, vom 15. Oktober 1985 - 2 BvL 4/83 - BVerfGE 71, 39 <63> und vom 20. März 2007 - 2 BvL 11/04 - BVerfGE 117, 372 <380>), sondern die Gegenleistung des Dienstherrn dafür, dass sich der Beamte mit vollem persönlichen Einsatz der Erfüllung seiner Dienstpflichten widmet (stRspr, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 11. April 1967 - 2 BvL 3/62 - BVerfGE 21, 329 <345>, vom 15. Oktober 1985 a.a.O. S. 59 und vom 20. März 2007 a.a.O.). Sie ist nicht auf die Entlohnung von Arbeitsstunden, sondern auf die Sicherstellung einer amtsangemessenen Lebensführung gerichtet.

69

Die in § 2 SzBelVergV bestimmten Sätze für zusammenhängende Dienste können nicht herangezogen werden. Denn es handelt sich um Pauschalsätze, die ungeachtet der genauen zeitlichen Inanspruchnahme des Soldaten zu zahlen sind. Der Grundsatz der größtmöglichen Wirksamkeit des Unionsrechts verlangt jedoch, dass für jede nicht anderweitig ausgeglichene Stunde Zuvielarbeit ein finanzieller Ausgleich geleistet wird. Zwar sieht die Verordnung über die Vergütung für Bereitschaftsdienst und Rufbereitschaft von Sanitätsoffizieren in Bundeswehrkrankenhäusern vom 27. April 2012 (- SanOffzVerGVEV -, BGBl. I S. 1000) in § 5 Stundensätze vor, die sich nur wenig von denen des § 4 MVergV unterscheiden. Allerdings ist jene Verordnung erst am 1. Januar 2011 in Kraft getreten und galt deshalb im hier streitgegenständlichen Zeitraum bis Ende April 2009 noch nicht.

70

10. Die Vergütungen, die dem Kläger aufgrund von §§ 1 und 2 SzBelVergV im Hinblick auf von ihm geleistete zusammenhängende Dienste gezahlt worden sind, sind nicht auf den finanziellen Ausgleich wegen unionsrechtswidriger Zuvielarbeit anzurechnen. Die beiden Zahlungen betreffen verschiedene Fallkonstellationen und knüpfen an unterschiedliche Belastungen des Soldaten an.

71

Das Entsprechende gilt für die Zahlungen, die der Kläger für Dienste zu ungünstigen Zeiten nach §§ 3 und 4 EZulV erhalten hat. Bei diesen geht es nicht um den Ausgleich für den Verstoß gegen die unionsrechtliche Vorgabe für die höchstzulässige Arbeitszeit pro Siebentageszeitraum. Vielmehr soll die Erschwerniszulage zumindest finanziell die Nachteile ausgleichen, die einem Besoldungsempfänger durch Dienstleistungen zu Zeiten entstehen, an denen gemeinhin nicht gearbeitet wird.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.

(1) Die Verjährung wird gehemmt durch

1.
die Erhebung der Klage auf Leistung oder auf Feststellung des Anspruchs, auf Erteilung der Vollstreckungsklausel oder auf Erlass des Vollstreckungsurteils,
1a.
die Erhebung einer Musterfeststellungsklage für einen Anspruch, den ein Gläubiger zu dem zu der Klage geführten Klageregister wirksam angemeldet hat, wenn dem angemeldeten Anspruch derselbe Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen der Musterfeststellungsklage,
2.
die Zustellung des Antrags im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger,
3.
die Zustellung des Mahnbescheids im Mahnverfahren oder des Europäischen Zahlungsbefehls im Europäischen Mahnverfahren nach der Verordnung (EG) Nr. 1896/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. Dezember 2006 zur Einführung eines Europäischen Mahnverfahrens (ABl. EU Nr. L 399 S. 1),
4.
die Veranlassung der Bekanntgabe eines Antrags, mit dem der Anspruch geltend gemacht wird, bei einer
a)
staatlichen oder staatlich anerkannten Streitbeilegungsstelle oder
b)
anderen Streitbeilegungsstelle, wenn das Verfahren im Einvernehmen mit dem Antragsgegner betrieben wird;
die Verjährung wird schon durch den Eingang des Antrags bei der Streitbeilegungsstelle gehemmt, wenn der Antrag demnächst bekannt gegeben wird,
5.
die Geltendmachung der Aufrechnung des Anspruchs im Prozess,
6.
die Zustellung der Streitverkündung,
6a.
die Zustellung der Anmeldung zu einem Musterverfahren für darin bezeichnete Ansprüche, soweit diesen der gleiche Lebenssachverhalt zugrunde liegt wie den Feststellungszielen des Musterverfahrens und wenn innerhalb von drei Monaten nach dem rechtskräftigen Ende des Musterverfahrens die Klage auf Leistung oder Feststellung der in der Anmeldung bezeichneten Ansprüche erhoben wird,
7.
die Zustellung des Antrags auf Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens,
8.
den Beginn eines vereinbarten Begutachtungsverfahrens,
9.
die Zustellung des Antrags auf Erlass eines Arrests, einer einstweiligen Verfügung oder einer einstweiligen Anordnung, oder, wenn der Antrag nicht zugestellt wird, dessen Einreichung, wenn der Arrestbefehl, die einstweilige Verfügung oder die einstweilige Anordnung innerhalb eines Monats seit Verkündung oder Zustellung an den Gläubiger dem Schuldner zugestellt wird,
10.
die Anmeldung des Anspruchs im Insolvenzverfahren oder im Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsverfahren,
10a.
die Anordnung einer Vollstreckungssperre nach dem Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz, durch die der Gläubiger an der Einleitung der Zwangsvollstreckung wegen des Anspruchs gehindert ist,
11.
den Beginn des schiedsrichterlichen Verfahrens,
12.
die Einreichung des Antrags bei einer Behörde, wenn die Zulässigkeit der Klage von der Vorentscheidung dieser Behörde abhängt und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben wird; dies gilt entsprechend für bei einem Gericht oder bei einer in Nummer 4 bezeichneten Streitbeilegungsstelle zu stellende Anträge, deren Zulässigkeit von der Vorentscheidung einer Behörde abhängt,
13.
die Einreichung des Antrags bei dem höheren Gericht, wenn dieses das zuständige Gericht zu bestimmen hat und innerhalb von drei Monaten nach Erledigung des Gesuchs die Klage erhoben oder der Antrag, für den die Gerichtsstandsbestimmung zu erfolgen hat, gestellt wird, und
14.
die Veranlassung der Bekanntgabe des erstmaligen Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe oder Verfahrenskostenhilfe; wird die Bekanntgabe demnächst nach der Einreichung des Antrags veranlasst, so tritt die Hemmung der Verjährung bereits mit der Einreichung ein.

(2) Die Hemmung nach Absatz 1 endet sechs Monate nach der rechtskräftigen Entscheidung oder anderweitigen Beendigung des eingeleiteten Verfahrens. Die Hemmung nach Absatz 1 Nummer 1a endet auch sechs Monate nach der Rücknahme der Anmeldung zum Klageregister. Gerät das Verfahren dadurch in Stillstand, dass die Parteien es nicht betreiben, so tritt an die Stelle der Beendigung des Verfahrens die letzte Verfahrenshandlung der Parteien, des Gerichts oder der sonst mit dem Verfahren befassten Stelle. Die Hemmung beginnt erneut, wenn eine der Parteien das Verfahren weiter betreibt.

(3) Auf die Frist nach Absatz 1 Nr. 6a, 9, 12 und 13 finden die §§ 206, 210 und 211 entsprechende Anwendung.

Der Zeitraum, während dessen die Verjährung gehemmt ist, wird in die Verjährungsfrist nicht eingerechnet.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.