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| Der Antragsteller begehrt von der Antragsgegnerin die Unterlassung näher bezeichneter Äußerungen im Internet auf der Homepage der Antragsgegnerin und im Amtsblatt im Zusammenhang mit der von ihm als Veranstalter angemeldeten Versammlung „Fremdarbeiterinvasion stoppen!“ des „Nationalen und Sozialen Aktionsbündnisses 1. Mai“. |
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| Der Antragsteller meldete mit Schreiben vom 1.9.2010 bei der Antragsgegnerin eine Demonstration für den 1.5.2011 in ... unter dem Motto „Fremdarbeiterinvasion stoppen!“ an. Die Versammlung solle um 11.30 Uhr beginnen und um 17.30 Uhr beendet sein. Während der Versammlung seien eine Auftaktkundgebung, zwei Zwischenkundgebungen und eine Abschlusskundgebung geplant. Es kämen verschiedene Redner zu Wort und es träten mehrere Liedermacher auf. Außerdem könne auch jeder Bürger zu den Anwesenden sprechen. |
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| Die Antragsgegnerin veröffentlichte unter dem 18.1.2011 auf ihrer Homepage unter der Rubrik Presse (...) und am 27.1.2011 im Amtsblatt eine Information unter der Überschrift: „Ein Zeichen gegen Rechtsradikalismus“, mit folgendem Inhalt: |
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| „Ein Zeichen gegen Rechtsradikalismus Demo-Verbot / Resolution / Aktionsbündnis |
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| ... setzt ein Zeichen gegen Rechtsradikalismus: Gemeinderat und Stadtverwaltung werden sich aktiv gegen eine am 1. Mai geplante Demonstration „Fremdarbeiterinvasion stoppen“ einsetzen. Dies teilte Oberbürgermeister ... nach einer Sitzung des Ältestenrats mit. „... ist eine liberale, weltoffene, tolerante Stadt, im Herzen Europas, in der fast jeder zweite Bürger eine Zuwanderungsgeschichte hat – in dieser Stadt darf es keinen Platz für extremistische, fremdenfeindliche Machtdemonstrationen geben“, betont der OB. |
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| Die Rathaus-Strategie sieht folgende drei Punkte vor: |
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| - Die Stadt ... wird alle rechtlichen Mittel ausschöpfen, um die geplante „rechte“ Demonstration zu verhindern. „Auch wenn uns bewusst ist, dass verfassungsrechtlich hohe Hürden für Demo-Verbote aufgestellt sind, so werden wir diesen Weg trotzdem konsequent gehen“, unterstreicht Bürgermeister ... |
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| - Der Ältestenrat ist sich einig, dass die vom Gemeinderat im Jahr 2000 beschlossene Resolution „Für eine offene Stadt – ... Bündnis gegen Rechtsextremismus“ bekräftigt wird. In der nächsten Sitzung am Donnerstag, 3. Februar, soll ein entsprechender Beschluss gefasst werden. Damit will das Selbstverwaltungsgremium seine deutliche Haltung 66 Jahre nach dem Ende der Nazi-Barbarei zum Ausdruck bringen. |
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| - Schließlich wird sich die Stadt ... dem von den Gewerkschaften initiierten Aktionsbündnis gegen die geplante „Rechts“-Demonstration anschließen. Hierzu gehört die Unterstützung einer Gegendemonstration am 1. Mai.“ |
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| Der Antragsteller forderte die Antragsgegnerin daraufhin mit Schreiben vom 25.1.2011 auf, folgende Äußerungen über die Internetseite, durch öffentliche Einlassungen des Stadtoberhauptes oder sonstige Kommunikationskanäle zu unterlassen und diesbezüglich eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben: |
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| 1. Gemeinderat und Stadtverwaltung werden sich aktiv gegen eine am 1. Mai geplante Demonstration „Fremdarbeiterinvasion stoppen“ einsetzen. |
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| 2. „... ist eine liberale, weltoffene, tolerante Stadt, im Herzen Europas, in der fast jeder zweite Bürger eine Zuwanderungsgeschichte hat – in dieser Stadt darf es keinen Platz für extremistische, fremdenfeindliche Machtdemonstrationen geben.“ |
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| 3. Schließlich wird sich die Stadt ... dem von den Gewerkschaften initiierten Aktionsbündnis gegen die geplante „Rechts“-Demonstration anschließen. Hierzu gehört die Unterstützung einer Gegendemonstration am 1. Mai. |
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| Zur Begründung führte er aus, er habe einen öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch analog § 1004 BGB, da durch diese Äußerungen mittelbar-faktisch in seine Grundrechte aus Art. 5 und Art. 8 GG eingegriffen werde. Denn interessierte Bürger könnten sich wegen dieser staatlichen Positionierung beeinflussen lassen und an der Versammlung nicht teilnehmen. Ihm werde daher die Möglichkeit genommen, seine Meinung effektiv zu vertreten. Der Eingriff sei auch nicht gerechtfertigt, da die Antragsgegnerin für diesen Eingriff keine Rechtsposition besitze, auf die sie sich berufen könne. Zudem sei die Antragsgegnerin zu politischer Neutralität verpflichtet. Es handele sich hier nicht mehr um ein rein informatorisches Handeln der Antragsgegnerin. Zudem bestehe eine Wiederholungsgefahr, da die Antragsgegnerin angekündigt habe, sie werde sich an der Gegendemonstration beteiligen. |
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| Die Antragsgegnerin veröffentlichte am 3.2.2011 auf ihrer Internetseite die Gemeinderatsresolution „Für eine offene Stadt“, „... Bündnis gegen Rechtsextremismus“. |
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| Der Antragsteller hat am 21.2.2011 um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nachgesucht. Zur Begründung führt er ergänzend zu seinem Abmahnungsschreiben vom 25.1.2011 aus, dass Hintergrund der angemeldeten Demonstration die Öffnung des deutschen Arbeitsmarkts für osteuropäische Arbeitskräfte ab dem 1.5.2011 sei. Die Demonstration solle die Bevölkerung ... auf die infolge des Zuzugs osteuropäischer Arbeitskräfte drohende Senkung des Lohnniveaus in Deutschland aufmerksam machen und vor einem ruinösen Verdrängungswettbewerb auf dem deutschen Arbeitsmarkt zulasten der einheimischen Arbeitnehmer warnen. Die Versammlung werde von mehreren Landesverbänden der Nationaldemokratischen Partei Deutschland (NPD) sowie zahlreichen parteifreien Gruppierungen unterstützt. Das Verwaltungsgericht Gera habe in einem vergleichbaren Fall ausgeführt, dass durch derartige amtliche Äußerungen im Ergebnis bezweckt werde, die Verbreitung der von ihm vertretenen Meinungen zu verhindern. |
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| der Antragsgegnerin zu verbieten, sich bis zur Beendigung eines Hauptsacheverfahrens in Bezug auf die von ihm für den 1.5.2011 in ... angemeldete Demonstration unter dem Motto „Fremdarbeiterinvasion stoppen“, insbesondere über den offiziellen Internetauftritt und das Amtsblatt der Stadt ..., folgendermaßen zu äußern: |
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| „Gemeinderat und Stadtverwaltung werden sich aktiv gegen eine am 1. Mai geplante Demonstration „Fremdarbeiterinvasion stoppen“ einsetzen. […] „... ist eine liberale, weltoffene, tolerante Stadt, im Herzen Europas, in der fast jeder zweite Bürger eine Zuwanderungsgeschichte hat – in dieser Stadt darf es keinen Platz für extremistische, fremdenfeindliche Machtdemonstrationen geben“ […] Schließlich wird sich die Stadt ... dem von den Gewerkschaften initiierten Aktionsbündnis gegen die geplante „Rechts“-Demonstration anschließen. Hierzu gehört die Unterstützung einer Gegendemonstration am 1. Mai.“ |
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| Die Antragsgegnerin beantragt, |
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| Zur Begründung führt sie aus, der Antragsteller habe keinen Anordnungsanspruch geltend gemacht. Es liege kein Eingriff in seine Rechte aus Art. 5, 8 und 9 GG vor. Selbst wenn man einen solchen Eingriff annähme, sei zu bedenken, dass auch dem Gemeinderat und Oberbürgermeister ein Recht auf freie Meinungsäußerung zustehe. Zudem sei ihre Äußerung gerechtfertigt und gehöre zu ihrem gesetzlichen Aufgabenbereich. Nach § 1 Abs. 2 Gemeindeordnung sei es ihre Aufgabe, das gemeinsame Wohl der Einwohner zu fördern. Hierzu gehöre auch der örtliche Frieden. Dieser würde jedoch durch die vom Antragsteller angemeldete Demonstration erheblich beeinträchtigt. Der Anteil der nichtdeutschen Bevölkerung betrage im Stadtgebiet 20%, der Anteil der Einwohner mit Migrationshintergrund 50 %. Das Verhältnis zu dem übrigen Bevölkerungsanteil sei von einem friedlichen Zusammenleben geprägt, ihre Integration zumeist abgeschlossen. Wie sich aus der Bildung des ... Bündnisses gegen Rechtsextremismus ergebe, habe der weit überwiegende Teil der Bevölkerung keinerlei Verständnis hierfür. Die vom Antragsteller erwarteten Teilnehmer an der geplanten Demonstration stammten wohl sämtlich von außerhalb und hätten zur Bevölkerung der Antragsgegnerin keinen Bezug. Das Stadtgebiet der Antragsgegnerin sei rein zufällig ausgewählt worden. Die Antragsgegnerin komme daher mit den Äußerungen ihrer Verpflichtung aus der Gemeindeordnung zum Wohle ihrer Einwohner nach. Gemäß Art. 1 Abs. 2 Satz 2 GG sei es Aufgabe aller staatlichen Gewalt, die Würde des Menschen zu achten und zu schützen. Da das Motto der Demonstration den Begriff „Invasion“ verwende, worunter ein feindlicher Einfall zu verstehen sei, würden nichtdeutschen Arbeitnehmern feindliche Absichten unterstellt. Dadurch würden diese verunglimpft und in ihrer Menschenwürde verletzt. |
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| Der Antragsteller hat hierauf mit Schriftsatz vom 18.3.2011 im Wesentlichen erwidert, in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei geklärt, dass auch rein informatorisches Handeln des Staates zu einem mittelbar-faktischen Grundrechtseingriff führen könne. Die Antragsgegnerin verkenne, dass die Grundrechte Abwehrrechte des Einzelnen gegenüber dem Staat seien. Daher könnten sich staatliche Organe oder Teile hiervon nicht darauf berufen. Die Behauptung der Antragsgegnerin, an der Demonstration nähmen nur auswärtige Personen teil, sei aus der Luft gegriffen. Die Äußerungen der Antragsgegnerin könnten daher auch nicht mit der Förderung des „gemeinsamen Wohls der Einwohner“ gerechtfertigt werden. Ein Rückgriff auf § 1 Abs. 2 Gemeindeordnung zur Rechtfertigung der Äußerungen sei ausgeschlossen, da die Befugnisse der Antragsgegnerin bereits durch das Versammlungsgesetz spezialgesetzlich vorgegeben seien. Halte die Antragsgegnerin einen Angriff auf die Menschenwürde nichtdeutscher Arbeitnehmer durch die von ihm angemeldete Versammlung gegeben, so stehe ihr zur Abwehr das Instrument des Versammlungsverbots zur Verfügung. Eine Gegendemonstration würde diesen Angriff nicht ungeschehen machen. Im Übrigen würden die osteuropäischen Arbeitnehmer durch die Demonstration gerade nicht in verletzender Weise missachtet. Man könne für ihr Verhalten Verständnis aufbringen. Im Aufruf zur Demonstration heiße es u.a. „Die wahren Verursacher der drohenden Fremdarbeiterinvasion aus Osteuropa seien aber nicht die osteuropäischen Arbeitskräfte.“ Die Kritik richte sich also nicht gegen eine Personengruppe sondern gegen das dieser Entwicklung zugrundeliegende System. |
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| Am 16.3.2011 hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller die angemeldete Demonstration verboten. Zur Begründung ist im Wesentlichen darauf abgehoben worden, dass der Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt sei. Am 7.4.2011 hat der Antragsteller einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beim Verwaltungsgericht Stuttgart gestellt, über den noch nicht entschieden ist (1 K 1229/11). |
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| Der Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 VwGO ist eröffnet. Eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit liegt vor, da der Streit nach Maßgabe des öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruchs zu entscheiden ist. Die vom Antragsteller als Eingriff beanstandete Bekanntmachung der Antragsgegnerin befindet sich auf der Internetseite der Antragsgegnerin und wurde am 27.1.2011 im Amtsblatt der Antragsgegnerin veröffentlicht, so dass schon deswegen der erforderliche Zusammenhang mit einer hoheitlichen Tätigkeit der Antragsgegnerin besteht. Im Übrigen wurden die Äußerungen im Rahmen des Amtes abgegeben und nicht von den Stadtratsmitglieder als Privatpersonen. |
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| Der Antrag ist als Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes nach § 123 Abs. 1 VwGO statthaft. Der Antragsteller begehrt das Unterlassen konkret bezeichneter Äußerungen durch die Antragsgegnerin insbesondere über den offiziellen Internetauftritt und das Amtsblatt der Antragsgegnerin, welches im Hauptsacheverfahren mit einer allgemeinen Leistungsklage zu verfolgen wäre. |
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| Der Antrag ist zulässig; insbesondere besteht für ihn ein Rechtsschutzinteresse. Die vom Antragsteller angemeldete Veranstaltung ist zwar mit Verfügung der Antragsgegnerin vom 16.3.2011 mit sofortiger Wirkung verboten worden. Hiergegen hat der Antragsteller jedoch Widerspruch eingelegt und am 7.4.2011 einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung beim Verwaltungsgericht Stuttgart gestellt, über den noch nicht entschieden ist. In einem vergleichbaren Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, bei dem es ebenfalls um eine Versammlung unter dem Motto „Fremdarbeiterinvasion stoppen“ ging, die am 2.4.2011 auf dem Gebiet der Antragsgegnerin stattfand, hat das Verwaltungsgericht die aufschiebende Wirkung des Antrags gegen eine entsprechende Verbotsverfügung der Antragsgegnerin wiederhergestellt (vgl. VG Stuttgart, B.v. 1.4.2011 - 1 K 1244/11 -). Es ist daher offen, ob die Versammlung am 1.5.2011 stattfinden kann. |
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| Der Antrag ist jedoch unbegründet. Nach § 123 Abs. 1 S. 1 VwGO kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründe nötig erscheint (§ 123 Abs. 1 S. 2 VwGO). Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 ZPO). |
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| Ein Anordnungsanspruch ist jedoch nicht glaubhaft gemacht. |
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| Rechtsgrundlage für die Unterlassung der vom Antragsteller bezeichneten amtlichen Äußerungen ist der öffentlich-rechtliche Unterlassungsanspruch in entsprechender Anwendung des § 1004 BGB, der über das in der Norm explizit genannte Eigentum hinaus bei der Verletzung anderer absoluter Rechte entsprechend anzuwenden ist. Dieser Anspruch setzt hier voraus, dass durch hoheitliches Handeln der Antragsgegnerin in ein subjektives Recht des Antragstellers eingegriffen, dadurch ein objektiv rechtswidriger Zustand geschaffen wird und die konkrete Gefahr der Wiederholung dieser Rechtsbeeinträchtigung droht (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, B.v. 2.12.2008 - 13 E 1108/08 -, zitiert nach juris). |
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| Die Kammer geht zugunsten des Antragstellers von einer Wiederholungsgefahr aus. Zwar bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin nach der Veröffentlichung im Amtsblatt am 27.1.2011 erneut die Veröffentlichung dieser vom Antragsteller beanstandeten Äußerungen im Amtsblatt vornehmen wird. Die beanstandeten Äußerungen sind allerdings weiterhin über den offiziellen Internetauftritt der Antragsgegnerin unter ... abrufbar. Insoweit besteht die Gefahr, dass wiederholt in die Rechte des Antragstellers eingegriffen wird. |
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| Als subjektive Rechte des Antragstellers dürften die Meinungsfreiheit gemäß Art. 5 Abs. 1 GG, die Versammlungsfreiheit gemäß Art. 8 GG sowie die Vereinigungsfreiheit nach Art. 9 Abs. 1 GG durch die beanstandeten Äußerungen der Antragsgegnerin betroffen sein. Der Antragsteller weist zu Recht darauf hin, dass sich Interessenten an der von ihm angemeldeten Veranstaltung durch die Äußerungen an einer Teilnahme gehindert sehen könnten. |
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| Der Umstand, dass es sich um amtliche Äußerungen handelt, steht dem Eingriffscharakter nicht entgegen. Zwar ist nicht jedes staatliche Informationsverhalten und nicht jede Teilhabe des Staates am Prozess öffentlicher Meinungsbildung als Grundrechtseingriff zu bewerten. Maßgebend ist vielmehr, ob der Schutzbereich eines Grundrechts berührt wird und ob die Beeinträchtigung jedenfalls eine eingriffsgleiche Maßnahme darstellt (vgl. BVerfG, B.v. 24.5.2005 - 1 BvR 1072/01 -, zit. nach juris). Dafür reicht eine mittelbar faktische Wirkung aus (vgl. BVerfG, B.v. 26.6.2002 - 1 BvR 670/91 -, BVerfGE 105, 279). Eine solche Wirkung mit Eingriffsqualität dürften die amtlichen Äußerungen der Antragsgegnerin entfalten, da sie sich öffentlich gegen die Veranstaltung des Antragstellers positioniert und ankündigt hat, eine Gegendemonstration am 1.5.2011 zu unterstützen. Das beanstandete Handeln der Antragsgegnerin ist jedoch durch die ihr gesetzlich zugewiesenen Kompetenzen gerechtfertigt und greift nicht unverhältnismäßig in subjektive Rechte des Antragstellers ein. |
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| Amtliche Äußerungen eines Hoheitsträgers mit Eingriffsqualität sind gerechtfertigt, wenn sich der Hoheitsträger im Rahmen der ihm zugewiesenen Aufgaben bewegt und die rechtsstaatlichen Anforderungen an hoheitliche Äußerungen in der Form des Sachlichkeitsgebotes gewahrt sind. Dies erfordert es, dass mitgeteilte Tatsachen zutreffend wiedergegeben werden und Werturteile nicht auf sachfremden Erwägungen beruhen und den sachlich gebotenen Rahmen nicht überschreiten sowie auf einem im Wesentlichen zutreffenden und zumindest sachgerecht und vertretbar gewürdigten Tatsachenkern beruhen. Außerdem dürfen die Äußerungen im Hinblick auf das mit der Äußerung verfolgte sachliche Ziel im Verhältnis zu den Grundrechtspositionen, in die eingegriffen wird, nicht unverhältnismäßig sein (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, B.v. 12.7.2005 - 15 B 1099/05 -, NVwZ-RR 2006, 273, und B.v. 16.12.2003 - 15 B 2544/03 -, NVwZ-RR 2004, 283). |
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| Vorliegend ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass das beanstandete Verhalten der Antragsgegnerin gegen diese Vorgaben verstößt. |
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| Der verfassungsrechtlich geschützte Aufgabenkreis der Antragsgegnerin umfasst die Regelung aller Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung (Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 71 Abs. 1 LV BW, § 2 GemO BW). Damit sind den Gemeinden alle Angelegenheiten zur Regelung zugewiesen, die in der örtlichen Gemeinschaft wurzeln und auf sie einen spezifischen Bezug haben, die also den Gemeindeeinwohnern gerade als solchen gemeinsam sind, indem sie das Zusammenleben und Wohnen der Menschen in der Gemeinde betreffen (vgl. BVerfG, B.v 23.11.1988 - 2 BvR 1619/83, 1626/83 -, NVwZ 1989, 347 ; BVerwG, U.v. 11.2.1993 - 4 C 18.91 -, BVerwGE 92, 56). Gemäß § 1 Abs. 2 GemO BW obliegt es ihr, das gemeinsame Wohl ihrer Einwohner zu fördern. Die Antragsgegnerin wendet sich hier gegen eine Veranstaltung des Antragstellers, die auf dem Gebiet der Antragsgegnerin stattfinden soll. Sie will mit ihrem Handeln einer Beeinträchtigung des örtlichen Friedens in ihrem Gemeindegebiet entgegenwirken. Damit ist der örtliche Bezug gegeben und die Kompetenz der Antragsgegnerin begründet. |
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| Es ist auch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Äußerungen der Antragsgegnerin das Gebot der Sachlichkeit verletzten. Die Antragsgegnerin kündigte in ihrem Artikel vom 18.1.2011 unter der Überschrift „Ein Zeichen gegen Rechtsradikalismus“ an, sich aktiv gegen die vom Antragsteller geplante Demonstration „Fremdarbeiterinvasion stoppen“ einzusetzen und die Gegendemonstration zu unterstützen. Denn in ihrer Stadt dürfe es keinen Platz für extremistische, fremdenfeindliche Machtdemonstrationen geben. Die Wertung der angemeldeten Versammlung als extremistisch und fremdenfeindlich dürfte sachlich zutreffend sein. Bereits das Motto der Versammlung „Fremdarbeiterinvasion stoppen“ legt nahe, dass es sich bei der Demonstration auch um eine fremdenfeindliche Aktion handelt. Unter „Invasion“ ist ein feindlicher Einfall zu verstehen. Der Begriff „Fremdarbeiter“ ist in Deutschland durch seinen Gebrauch während der Zeit des Nationalsozialismus in Deutschland ebenfalls negativ besetzt. Daher bestehen schon aufgrund des Mottos der Versammlung Bedenken hinsichtlich der Verbreitung rassistischen Gedankenguts. Diese werden bekräftigt durch die Angaben des Antragstellers, der die Veranstaltung im Namen des „Nationalen und Sozialen Aktionsbündnisses 1. Mai“ anmeldete und in seinem Antragsschreiben weiter darlegte, dass die Versammlung von mehrere Landesverbänden der NPD sowie zahlreichen parteifreien Gruppierungen unterstützt werde; hierzu verwies er auf die unter ... veröffentlichte Unterstützerliste. Die Nationaldemokratische Partei Deutschlands vertritt eine nationalistische, völkische und revanchistische Ideologie, die programmatisch und sprachlich derjenigen der NSDAP eng verwandt ist. Sie wird sowohl vom Bundesamt für Verfassungsschutz als auch u.a. vom Landesamt für Verfassungsschutz Baden-Württemberg (vgl. Verfassungsschutzbericht Baden-Württemberg 2009) als rechtsextrem eingestuft. Sie propagiert danach völkischen Nationalismus, wobei das Volk eine ethnisch und rassistisch homogene Einheit darstelle. Dementsprechend müsse „Überfremdung“ verhindert werden. Ziel ist daher die Ausweisung der nichtdeutschen Bevölkerung aus der Bundesrepublik. Die NPD verfolgt damit Ziele, die mit der freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht zu vereinbaren sind. Diese Überzeugung zu vertreten ist rechtlich zulässig, ohne dass eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Verfassungswidrigkeit der NPD ergangen ist (vgl. VGH BW, U.v. 25.4.1989 - 1 S 1635/88 -, VBlBW 1989, 332, m.w.N.). Der Wertung als fremdenfeindlich steht auch nicht entgegen, dass der Antragsteller in seiner Replik vom 18.3.2011 ausführt, osteuropäische Arbeitnehmer würden bei der Demonstration nicht in verletzender Weise missachtet, und hierzu einen Auszug aus der homepage unter der Überschrift „Wer steckt hinter der europäischen Arbeitnehmerfreizügigkeit?“ zitiert (...). Unter diesem Aufruf zur Demonstration heißt es nämlich unter der Überschrift: „Die Erweiterungsorgie nimmt kein Ende“ im letzten Satz auch: „Die türkische Bevölkerung wächst und ist in ihrem Altersdurchschnitt noch relativ jung; ihr würde durch einen Beitritt ihres Landes zur EU endgültig das Tor nach Deutschland geöffnet werden, wo es sich bereits Millionen ihrer Verwandten bequem gemacht haben …“. |
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| Die beanstandeten Äußerungen der Antragsgegnerin sind auch verhältnismäßig. Die Anforderungen an die Verhältnismäßigkeit werden durch den Rang des vom Hoheitsträger zu schützenden Rechtsguts und die Intensität seiner Gefährdung einerseits und durch die Art und Schwere der Beeinträchtigung des Freiheitsrechts des nachteilig Betroffenen andererseits geprägt. Die Antragsgegnerin beruft sich für ihr Handeln auf § 1 Abs. 2 GemO BW. Aufgrund der Demonstration am 1.5.2011 befürchtet sie wegen des rassistischen Hintergrundes zumindest der die Versammlung unterstützenden Gruppen eine erhebliche Beeinträchtigung des örtlichen Friedens auf ihrem Gebiet. Hierzu legt sie dar, dass der Anteil der nichtdeutschen Bevölkerung im Stadtgebiet 20 % der mit Migrationshintergrund sogar 50 % betrage. Diese Menschen arbeiteten, zahlten ihre Steuern und würden zum Wohlstand der Antragsgegnerin beitragen. Ihr Verhältnis zu dem übrigen Bevölkerungsteil sei von einem friedlichen Zusammenleben geprägt, ihre Integration zumeist abgeschlossen. Um diesen Frieden zu wahren, hat sich die Antragsgegnerin deutlich gegen die Veranstaltung des Antragstellers positioniert, um den auf ihrem Gebiet lebenden Einwohnern insbesondere mit Migrationshintergrund deutlich zu machen, dass sich die Stadt von rechtsextremen Positionen absetzt und eine Gegendemonstration unterstützen wird. |
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| Das beanstandete Verhalten dürfte auch angemessen sein. Die Antragsgegnerin hat weder eigenes rechtswidriges Verhalten angekündigt noch zu einem rechtswidrigen Handeln gegen den Antragsteller aufgerufen. Soweit sie in der Verlautbarung vom 18.1.2011 angekündigt hat, sich aktiv gegen die am 1. Mai geplante Demonstration einzusetzen, ergibt sich aus der selben Verlautbarung auch, dass sie sich dabei „rechtlicher Mittel“ bedienen werde. Gegen das von der Antragsgegnerin als zuständige Polizeibehörde mit Verfügung vom 16.3.2011 ausgesprochene Verbot der Versammlung am 1.5.2011 steht dem Antragsteller einstweiliger Rechtsschutz zu, den er auch bereits beantragt hat (Verfahren 1 K 1229/11). Insoweit bedarf es keines Eilrechtsschutzes in diesem Verfahren. |
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