| |
| Die zulässige Klage ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Aufhebung des Bescheids vom 16.12.2013 und des Widerspruchsbescheids vom 23.06.2014 sowie auf Erteilung einer neuen Regelbeurteilung für den streitbefangenen Beurteilungszeitraum vom 01.04.2010 bis zum 31.03.2013 unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. |
|
| Dienstliche Beurteilungen können von den Verwaltungsgerichten nur eingeschränkt auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden. Die maßgebliche Beurteilung darüber, wie Leistungen eines Beamten einzuschätzen sind und ob und in welchem Grad er die für sein Amt und für seine Laufbahn erforderliche Eignung, Befähigung und fachliche Leistung aufweist, ist ein von der Rechtsordnung dem Dienstherrn bzw. dem für ihn handelnden jeweiligen Beurteiler vorbehaltener Akt wertender Erkenntnis. Dieses persönlichkeitsbedingte Werturteil kann durch Dritte nicht in vollem Umfang nachvollzogen oder gar ersetzt werden. Auch Selbstbeurteilungen des Beamten haben insoweit keine rechtliche Erheblichkeit. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich gegenüber dieser der gesetzlichen Regelung immanenten Beurteilungsermächtigung darauf zu beschränken, ob der Dienstherr den rechtlichen Rahmen und die anzuwendenden Begriffe zutreffend gewürdigt, ob er richtige Sachverhaltsannahmen zugrunde gelegt und ob er allgemein gültige Wertmaßstäbe beachtet und sachfremde Erwägungen unterlassen hat. Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Abgabe dienstlicher Beurteilungen erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob die Richtlinien eingehalten sind und ob sie mit den gesetzlichen Regelungen in Einklang stehen (BVerwG, Beschluss vom 18.06.2009 - 2 B 64.08 -, NVwZ 2009, 1314; Urteile vom 21.03.2007 - 2 C 2.06 -, IÖD 2007, 206 und vom 24.11.2005 - 2 C 34.04 -, BVerwGE 124, 356.; VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 28.09.2010 - 4 S 1655/09 -, juris; Beschlüsse vom 27.12.2010 - 4 S 2362/10 -, vom 04.06.2009 - 4 S 213/09 -, NVwZ-RR 2009, 967, vom 16.07.2007 - 4 S 1163/07 -, juris, vom 12.04.2005 - 4 S 439/05 -, NVwZ-RR 2005, 585 und vom 13.11.2014 – 4 S 1641/14 -, juris). |
|
| Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich die angegriffene Beurteilung als fehlerhaft. |
|
| Zwar ist die angegriffene Beurteilung nicht dadurch fehlerhaft, dass der Beklagte die Beurteilungsrichtlinien vom 15.11.2005 angewendet hat. Maßgeblich ist das Beurteilungssystem, das am Beurteilungsstichtag gegolten hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2015 – 2 C 27/14 –, juris, Rn. 40), d.h. hier am 01.04.2013. Der Beklagte hat die Beurteilung - ausweislich des Widerspruchsbescheides - unter Anwendung der gemeinsamen Richtlinien aller Ministerien und des Rechnungshofes über die dienstliche Beurteilung der Landesbeamten (Beurteilungsrichtlinien – BRL) vom 15.11.2005 erstellt, die am 31.12.2012 außer Kraft getreten waren. Die neuen Beurteilungsrichtlinien vom 01.08.2013 sind rückwirkend zum 01.01.2013 in Kraft gesetzt worden (Nr. 11 BRL vom 01.08.2013) und hätten somit vorliegend angewendet werden müssen. Sie unterscheiden sich von den alten Beurteilungsrichtlinien durch eine Begründungspflicht des Gesamturteils (dazu siehe unten). Maßgeblich ist allerdings nur die einheitliche Anwendung der Beurteilungsrichtlinien für alle Beamten (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2015 – 2 C 27/14 –, juris). Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass einheitlich die alten Beurteilungsrichtlinien angewendet worden seien, so dass die Beurteilung nicht aus diesem Grund fehlerhaft ist. |
|
| Weiterhin ist die angegriffene Beurteilung - entgegen der Ansicht des Klägers - nicht formell unvollständig, weil die Ausbildungstätigkeit nicht in der Aufgabenbeschreibung aufgeführt ist. Nach Nr. 5.2 BRL vom 15.11.2005 und BRL vom 01.08.2013 soll die Aufgabenbeschreibung die den allgemeinen Aufgabenbereich prägenden Tätigkeiten im Beurteilungszeitraum sowie übertragene Sonderaufgaben von besonderem Gewicht aufführen. Es ist für die Aufgabenbeschreibung ausreichend, wenn in gedrängter, stichwortartiger Form der Aufgabenbereich wiedergegeben wird und die wesentlichen Tätigkeiten berücksichtigt sind (vgl. Sächsisches OVG, Beschluss vom 05.03.2015 - 2 A 201/13 -, juris). Vorliegend enthält die Aufgabenbeschreibung die Angabe „Sachbearbeiter Veranlagung“. Der Beklagte hat dadurch seinen Beurteilungsspielraum, wie ausführlich die Aufgabenbeschreibung erfolgt, nicht verletzt. Es ist nicht ersichtlich, dass die Ausbildung eine Sonderaufgabe von besonderem Gewicht ist, die nicht zum normalen Aufgabenbereich eines Sachbearbeiters gehört. Zudem ist die Ausbildungstätigkeit in der Begründung des Leistungsmerkmals Arbeitsweise ausdrücklich erwähnt, d.h. der Beklagte hat das Engagement des Klägers in der Ausbildung gesehen und anerkannt. |
|
| Der Beklagte hat jedoch seinen Beurteilungsspielraum verkannt und gegen das Gebot, den Kläger unter Berücksichtigung des Leistungsbildes der jeweiligen Vergleichsgruppe sachgerecht zu beurteilen, verstoßen. Entscheidend für die gerichtliche Beurteilung ist hierbei, dass die für die einzelnen Leistungsmerkmale vergebene Punktzahl mit deren Begründung im Widerspruch steht, so dass im Ergebnis auch das Gesamturteil von 5,5 Punkten nicht schlüssig ist (vgl. zum Fall einer inhaltlich nicht stimmigen Beurteilung VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.03.2004 - 4 S 1165/03 -, juris). Vorliegend sprechen die Begründungen zu den einzelnen Leistungsmerkmalen („sehr hohe“, „sehr gut“, „sehr zweckmäßiges und wirtschaftliches Verwaltungshandeln“) dafür, dass der Kläger die jeweiligen Leistungserwartungen übertrifft (6,0 Punkte und höher). In der mündlichen Verhandlung konnte der Beklagtenvertreter auf Nachfrage auch nicht darlegen, welche darüberhinausgehenden Formulierungen eine Bewertung mit 6 oder mehr Punkten rechtfertigen würden. Hinzu kommt, dass der Kläger im beurteilten Zeitraum zwei Mal eine Leistungsprämie erhalten hat. Die Voraussetzung für eine Leistungsprämie sind nach § 76 LBesG BW herausragende besondere Einzelleistungen des Beamten. Dies steht im Widerspruch zu der vergebenen Punktzahl von 5,5 Punkten, wonach der Kläger den Leistungserwartungen nur entspricht. Der Beklagte hat die angefochtenen Bescheide maßgeblich damit begründet, dass der Vergleich mit anderen Beamten der Besoldungsgruppe A 10 nicht die Anhebung um mehr als einen Punkt rechtfertige. Gemäß Nr. 8.1 BRL sind Beurteilungen aber unabhängig von vorausgegangenen Beurteilungen vorzunehmen, d.h. die Tatsache, dass der Kläger in der Vorbeurteilung 4,5 Punkte erhalten hat, widerspricht nicht einer Leistungsbeurteilung von 6,0 oder mehr Punkten für den umstrittenen Beurteilungszeitraum. Zudem ist die Herabstufung allein wegen der Beförderung des Klägers in der Beurteilung vom 12.08.2010 fraglich, weil der sich auf einem gebündelten Dienstposten befindende Kläger keine anderen Aufgaben als zuvor zu erfüllen hatte, mithin sich die Anforderungen nicht geändert haben (vgl. allerdings VGH Baden-Württemberg, Urteil vom 23.03.2004 - 4 S 1165/03 -, juris, Rn. 15, wobei sich dieses Urteil nicht mit gebündelten Dienstposten auseinandersetzt). |
|
| Soweit der Beklagte sich auf die jeweilige Vergleichsgruppe des Statusamts beruft, ist aus der Beurteilung nicht ersichtlich, an welchem Anforderungsprofil der Beklagte die Leistung des Klägers gemessen hat. Der Kläger befand sich auf einem gebündeltem Dienstposten von A 9 bis A 12 ohne Dienstpostenbewertung, und die Beurteilung enthält weder Angaben zum Schwierigkeitsgrad der erbrachten Leistungen noch zu den gestellten Anforderungen. |
|
| Es kann offen bleiben, ob die in § 20 Abs. 1 Satz 2 LBesGBW n.F. grundsätzlich zugelassene Dienstpostenbündelung im vorliegenden Fall mit dem Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG in Einklang steht, was zweifelhaft erscheint. Die Zuordnung von Dienstposten zu mehreren Besoldungsgruppen (gebündelte Dienstposten) bedarf der sachlichen Rechtfertigung, die sich nur aus den Besonderheiten der jeweiligen Verwaltung ergeben kann (BVerwG, Urteil vom 30.06.2011 - 2 C 19/10 -, juris; BVerfG, Beschluss vom 16.12.2015 - 2 BvR 1958/13 -, juris). Das Bundesverfassungsgericht hat die entsprechende Regelung in § 18 Satz 2 BBesG für verfassungsgemäß gehalten, allerdings Grenzen der Dienstpostenbündelung herausgearbeitet. Neben einem sachlichen Grund wird gefordert, dass in die Bündelung höchstens drei Ämter derselben Laufbahngruppe einbezogen werden. Werden mehr als drei Ämter einbezogen, bedarf es dafür einer besonderen, nur in Ausnahmefällen denkbaren Rechtfertigung (vgl. BVerfG, Beschluss vom 16.12.2015 – 2 BvR 1958/13 –, juris). Vorliegend werden - ohne erkennbare Rechtfertigung - vier Ämter in die Dienstpostenbündelung einbezogen (A 9 bis A 12). |
|
| Allerdings ist die Frage, ob eine Dienstpostenbündelung zu Recht oder zu Unrecht erfolgt ist, grundsätzlich ohne Bedeutung für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Bewertung der auf einem solchen Dienstposten erbrachten Leistungen in einer dienstlichen Beurteilung. Auch für einen auf einem gebündelten Dienstposten verwendeten Beamten müssen dienstliche Beurteilungen erstellt werden; bewertet werden die tatsächlich erbrachten Leistungen des Beamten - unabhängig davon, ob die Anforderungen des Dienstpostens unter-, gleich- oder höherwertig im Hinblick auf sein Statusamt sind und unabhängig davon, ob ihm dieser Dienstposten rechtsfehlerfrei übertragen worden ist oder nicht. Die auf dem Dienstposten erbrachten Leistungen sind allein am Maßstab des Statusamtes des Beamten zu messen (BVerfG, Kammerbeschlüsse vom 20.03.2007 - 2 BvR 2470/06 - BVerfGK 10, 474 <478>, vom 11.05.2011 - 2 BvR 764/11 - BVerfGK 18, 423 <429> und vom 04.10.2012 - 2 BvR 1120/12 - BVerfGK 20, 77 <82>; BVerwG, Beschluss vom 20.06.2013 - 2 VR 1.13 - BVerwGE 147, 20, Rn. 28 f.). Weist ein Dienstposten Besonderheiten auf, ist dies bei der Leistungsbewertung zu berücksichtigen (BVerwG, Beschluss vom 20.06.2013, a.a.O. Rn. 52 ff.; BVerwG, Urteil vom 17.09.2015 – 2 C 27/14 –, juris). Im Fall einer fehlenden Dienstpostenbewertung sind die tatsächlich erbrachten Leistungen unter Berücksichtigung von ihrem von den Beurteilern selbständig zu ermittelnden Schwierigkeitsgrad gemessen an den Anforderungen des innegehabten statusrechtlichen Amtes zu bewerten (vgl. VGH Hessen, Urteil vom 28.08.2013 - 1 A 1274/12 -, juris; zur Problematik leistungsgerechter Beurteilung bei gebündelten Dienstposten vgl. auch Schwegmann/Summer, Besoldungsrecht des Bundes und der Länder, 51. Update 05/15, § 20 Rn. 18 ff.). |
|
| Der Beklagte hat im Widerspruchsbescheid pauschal darauf verwiesen, dass der Vergleich mit anderen Beamtinnen und Beamten der Besoldungsgruppe A 10 erfolgt sei. Es ist aus der angegriffenen Beurteilung - auch unter Berücksichtigung der Begründung des Widerspruchsbescheides - aber nicht ersichtlich, welche Anforderungen an den Kläger aufgrund seines Statusamtes A 10 abstrakt gestellt wurden. Die konkrete Aufgabenerfüllung durch den Kläger ist nicht zu den Anforderungen des von ihm innegehabten Statusamts in Beziehung gestellt worden. In der dienstlichen Beurteilung wird weder dargelegt oder auch nur festgestellt, welche Wertigkeit die vom Kläger in dem fraglichen Zeitpunkt wahrgenommenen Tätigkeiten haben, noch wird dargelegt, wie die vom Kläger auf seinem Dienstposten gezeigten Leistungen, gemessen an den Anforderungen, die sein Statusamt an ihn stellt, zu bewerten sind. Auch lässt sich aus den spärlichen Beschreibungen der dienstlichen Tätigkeit des Klägers weder auf die Anforderungen des Dienstpostens noch auf die Erfüllung der Anforderungen des Amts im statusrechtlichen Sinne schließen: Die Beschreibung als „Sachbearbeiter Veranlagung“ ist insoweit nicht aussagekräftig, weil sich diese auf Sachbearbeiter der Besoldungsgruppen A 9 bis A 12 bezieht. |
|
| Die Beurteilung ist auch deshalb fehlerhaft, weil das vergebene Gesamturteil nicht begründet wurde. Nach Nr. 5.6 der neuen BRL vom 01.08.2013 ist das Gesamturteil aus der Bewertung der Leistungsmerkmale und unter Würdigung des Gesamtbildes der Leistungen zu bilden und zu begründen. Die alten Beurteilungsrichtlinien sahen hingegen in Nr. 5.6 nur vor, dass das Gesamturteil aus der Bewertung der Leistungsmerkmale und unter Würdigung des Gesamtbildes der Leistungen zu bilden ist. Aber selbst bei Anwendung der alten Beurteilungsrichtlinien ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eine Begründung des Gesamturteils notwendig: Im Unterschied zu den Einzelbewertungen bedarf das Gesamturteil der dienstlichen Beurteilung in der Regel einer gesonderten Begründung, um erkennbar zu machen, wie es aus den Einzelbegründungen hergeleitet wird. Die Anforderungen an die Begründung für das Gesamturteil sind umso geringer, je einheitlicher das Leistungsbild bei den Einzelbewertungen ist. Gänzlich entbehrlich ist eine Begründung für das Gesamturteil nur dann, wenn im konkreten Fall eine andere Note nicht in Betracht kommt, weil sich die vergebene Note - vergleichbar einer Ermessensreduzierung auf Null - geradezu aufdrängt (BVerwG, Urteil vom 17.09.2015 – 2 C 27/14 –, juris). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor. Wie bereits dargelegt stehen zum einen die Begründungen der Einzelbewertungen nicht im Einklang mit den vergebenen Bewertungen und zum anderen ist ohne Dienstpostenbewertung auf dem gebündelten Dienstposten nicht nachvollziehbar, welche Anforderungen an den Kläger gestellt wurden und wie er diese - auch im Vergleich mit anderen Beamten der Besoldungsgruppe A 10 - erfüllt hat. |
|
| |
| Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht gem. § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO liegen nicht vor. |
|
| |
| |