Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 05. Jan. 2017 - 4 A 2868/15 SN

bei uns veröffentlicht am05.01.2017

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu Wasser- und Schmutzwassergebühren.

2

Die Klägerin ist Eigentümerin der in N. gelegenen fünf Grundstücke N. W. 1a-c, N. W. 2a-c, H.-Str. 5d-g sowie H.-Str. 4a und 4b. Die Grundstücke sind sowohl an die zentrale Trinkwasserversorgungsanlage als auch an die zentrale Schmutzwasserentsorgungsanlage des Zweckverbands angeschlossen.

3

Mit fünf Bescheiden vom 16.12.2014 zog die Beklagte die Klägerin für die oben genannten Verbrauchsstellen zu Trink- und Schmutzwassergebühren in Höhe von insgesamt 37.808,47 € für den Zeitraum vom 01.12.2013 bis 30.11.2014 heran.

4

Die gegen die Gebührenfestsetzungen gerichteten Widersprüche vom 06.01.2015 wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 29.06. und 01.07.2015 zurück.

5

Am 24.07.2015 hat die Klägerin das Verwaltungsgericht angerufen. Sie ist der Auffassung, dass der Zeitraum, für welchen die Gebührenpflicht entstehen solle, satzungsrechtlich nicht wirksam geregelt sei. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 der Wassergebührensatzung und § 8 Abs. 1 Satz 1 der Schmutzwassergebührensatzung betrage der Erhebungszeitraum für die Gebühren 12 Monate. Ob es sich hierbei um ein Kalenderjahr oder einen anderen Zeitraum handele, werde nicht deutlich. Die Regelungen ließen vermuten, dass der Erhebungszeitraum individuell nach Entstehung der jeweiligen Gebührenpflicht beginne. Nach Auffassung des Sächsischen OVG (Beschl. v. 07.11.2013, Az.: 5 A 474/11) müsse der Gebührenschuldner jedoch anhand der Bestimmungen der Satzung in der Lage sein zu erkennen, zu welchem genauen Zeitpunkt und in welchen Abständen er Gebühren zu entrichten habe. Es mangele somit an einer wirksamen Ermächtigungsgrundlage, da die Satzungen des Zweckverbands den Beginn des Zeitraums, für den die Gebührenpflicht entstehen solle, nicht wirksam („taggenau“) festlege. Darüber hinaus begegne die Fälligkeitsregelung rechtlichen Bedenken, da diese widersprüchlich sei. Letztlich resultiere die Rechtswidrigkeit der Bescheide daraus, dass der Erhebungszeitraum nicht dem Kalkulationszeitraum entspreche.

6

Die Klägerin beantragt,

7

die Bescheide der Beklagten über die Erhebung der Gebühren für Trink- und Abwasser vom 16.12. 2014 und ihre Widerspruchsbescheide vom 29.06. und 01.07.2015 aufzuheben.

8

Die Beklagte beantragt,

9

die Klage abzuweisen,

10

und verteidigt die ergangenen Bescheide.

11

Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und die dem Gericht vorgelegten Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

12

Die zulässige Klage ist unbegründet.

13

Die Gebührenbescheide für Trink- und Schmutzwasser der Beklagten vom 16.12.2014 sind – ebenso wie die Widerspruchsbescheide vom 29.06. und 01.07.2015 – rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

14

Rechtsgrundlagen sind für die Trinkwassergebühren die Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Wasserversorgung des Zweckverbandes Wismar (GS-W) vom 03.03.2010 in der Fassung der rückwirkenden 6. Änderungssatzung vom 09.09.2015 und für die Schmutzwassergebühren die Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Schmutzwasserbeseitigung des Zweckverbandes Wismar (GS-SW) vom 03.03.2010 in der Fassung der rückwirkenden 5. Änderungssatzung vom 09.09.2015.

15

Die satzungsrechtlichen Regelungen zum Entstehen der Gebührenpflicht und zur Fälligkeit sind nicht zu beanstanden.

16

1. Eine Abgabensatzung muss nach § 2 Abs. 1 KAG MV im Interesse der Klarheit den Zeitpunkt des Entstehens und die Fälligkeit der Abgabe regeln. Die sich hieraus ergebenden Anforderungen werden von den streitgegenständlichen Satzungen erfüllt.

17

a) Die GS-W enthält in § 4 Abs. 1 die Regelung, die Gebührenpflicht entsteht für die Grundgebühr mit dem Tag, an dem das Grundstück an die öffentliche Wasserversorgungseinrichtung angeschlossen wird, für die Zusatzgebühr mit der Inanspruchnahme der öffentlichen Wasserversorgungseinrichtung. Die GS-SW enthält in § 6 eine ähnliche Regelung, nach der die Gebührenpflicht für die Benutzungsgebühr mit dem Anschluss des Grundstücks an die öffentliche Einrichtung zur zentralen oder dezentralen Schmutzwasserbeseitigung entsteht. Damit ist das abstrakte Gebührenschuldverhältnis (Gebührenpflicht) gemeint. § 2 Abs. 1 KAG M-V ist nicht zu entnehmen, dass in der Satzung eine zusätzliche Regelung im Hinblick auf die hierauf beruhende konkrete Gebührenschuld erforderlich ist. Ein solches Erfordernis lässt sich dem Kommunalabgabengesetz nicht entnehmen.

18

Es darf nicht übersehen werden, dass die Entstehung der Gebührenpflicht nicht mit der Entstehung der Gebührenschuld identisch ist (vgl. Siemers in: Aussprung/Siemers/Holz/Seppelt, KAG M-V, Stand November 2015, § 6 Erl. 8.2, S. 166). Eine satzungsrechtliche Regelung hinsichtlich des Entstehens der konkreten Gebührenschuld lässt sich § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V nicht entnehmen.

19

b) Bei Gebühren, die darüber hinaus für die laufende Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung erhoben werden, ist zudem die Festlegung des Zeitintervalls in der Gebührensatzung erforderlich, für welches die Gebühren jeweils anfallen sollen, also eine eindeutige satzungsmäßige Bestimmung, ob die Gebühr täglich, wöchentlich, monatlich, vierteljährlich oder jährlich entsteht (Veranlagungs- oder Erhebungszeitraum, vgl. Siemers, a.a.O.). Eine Satzungsbestimmung zur Entstehung einer Benutzungsgebühr, die der Verwaltung die Wahl überlässt, zwischen verschiedenen Abrechnungsintervallen zu wählen, ist rechtlich nicht zulässig (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 06.09.2005, Az.: 1 L 489/04, juris, Rn. 15; VG Schwerin, Urt. v. 04.02.2010, Az.: 4 A 2284/05, juris, Rn. 36). Dem genügen die Satzungen, denn sie regeln in § 6 Abs. 1 Satz 1 GS-W bzw. in § 8 Abs. 1 Satz 1 GS-SW, dass der jeweilige Erhebungszeitraum für die Grund- und Zusatzgebühr 12 Monate beträgt. Dabei handelt es sich nicht um das Kalenderjahr, ohne dass diese Regelung Probleme mit der Bestimmtheit von Rechtsnormen erzeugt.

20

Da sowohl die Entstehung der jeweiligen Gebühren(-pflicht) und im Anschluss hieran der Erhebungszeitraum klar festgelegt worden sind, finden die Gebühren insofern eine wirksame satzungsrechtliche Grundlage.

21

c) Allerdings ergeben sich Unklarheiten zunächst aus abweichenden satzungsrechtlichen Regelungen zur Entstehung der Gebührenschuld. § 6 Abs. 1 Satz 2 GS-W und § 8 Abs. 1 Satz 2 GS-WS bestimmen, dass die Gebührenschuld mit Erlass und Fälligkeit des Gebührenbescheids entsteht. In § 6 Abs. 2 Satz 1 GS-W und in § 8 Abs. 2 Satz 1 GS-SW wird abweichend geregelt, dass die Gebührenschuld mit Ablauf des jeweiligen Veranlagungszeitraumes entsteht. Diese Widersprüchlichkeit führt allerdings nicht zur Unwirksamkeit des Satzungswerkes insgesamt (vgl. Siemers, a.a.O.). Die beiden Regelungen stehen vorliegend allerdings in einem solchen inhaltlichen Widerspruch zueinander, dass die Anwendung der einen Vorschrift unauflösbar die Beachtung der anderen ausschließt. Grundsätzlich sind Unklarheiten in einer Satzung im Wege einer Auslegung zu klären. Der Konflikt ist vorliegend über einen Blick auf die Entstehungsgeschichte der widersprüchlichen Vorschriften zu lösen. Mit der Einführung des zwölfmonatigen Erhebungszeitraumes durch Änderungssatzung und dem damit verbundenen Entstehungszeitpunkt verdrängt dann die neue Regelung (§ 6 Abs. 1 Satz 2 GS-W und aus § 8 Abs. 1 Satz 2 GS-WS) die ältere Regelung (§ 6 Abs. 2 Satz 1 GS-W und in § 8 Abs. 2 Satz 1 GS-SW). Es kann von einem Redaktionsversehen des Änderungssatzungsgebers ausgegangen werden, die letztgenannten alten Regelungen zu streichen (Grundsatz „jüngeres Recht bricht älteres Recht“ - „lex posterior derogat legi prior“).

22

Für diesen Rechtsgrundsatz besteht nur dann kein Raum, wenn für die beiden sich widersprechenden Regelungen eine normerhaltende Auslegung möglich ist, die beiden Vorschriften einen Anwendungsbereich belässt (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 08.10.2014, Az.: 1 L 49/14, juris, Rn. 31). So liegt der Fall hier aber nicht. Beide satzungsrechtlichen Regelungen schließen sich gegenseitig aus, sodass die letzte mit der sechsten bzw. fünften Änderungssatzung eingeführte neuere Satzungsregelung Geltung beansprucht. Zur Vermeidung weiterer Irritationen auf Seiten der Abgabenschuldner sollte die ältere Regelung bei der nächsten Gelegenheit durch die Verbandsversammlung beseitigt werden.

23

2. Des Weiteren finden sich in den Satzungen auch den gesetzlichen Anforderungen entsprechende Regelungen zur Fälligkeit.

24

Die Fälligkeit muss gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V in der Gebührensatzung bestimmt werden. Sie kann nicht vor der Entstehung der Gebühr liegen und, soweit sich der Gebührenbetrag nicht unmittelbar aus der Gebührensatzung ergibt, auch nicht vor der Bekanntgabe des Gebührenbescheids. Ausreichend ist vor diesem Hintergrund eine Satzungsbestimmung, nach der die Gebühr bei Anforderung oder beispielsweise einen Monat nach Bekanntgabe des Heranziehungsbescheides fällig wird. Diesen Vorgaben entsprechen die Satzungsbestimmungen des Zweckverbandes. So ergibt sich aus § 6 Abs. 5 Satz 2 GS-W und aus § 8 Abs. 4 Satz 2 GS-SW, dass die die Abschläge übersteigenden Gebühren zwei Wochen nach Bekanntgabe des Gebührenbescheids fällig werden.

3.

25

a) Nach der Änderung der entsprechenden Regelungen in dem jeweiligen Gebührensatzungswerk – zuvor galt mehrere Jahre als Erhebungszeitraum das Kalenderjahr - durfte die Beklagte insoweit ein so genanntes „rollierendes System“ für die Erhebungszeiträume mit der Folge „variabler“ Entstehungszeitpunkte der jeweiligen Gebührenschulden einsetzen, also einen Veranlagungszeitraum, der nur in der Summe einem Jahr entspricht, wählen. Entgegen der Ansicht der Klägerin führt dies nicht dazu, dass die Beklagte die Erhebungszeiträume frei wählt, diese erstrecken sich vielmehr stets auf 12 Monate. Das „rollierende System“ hat lediglich Auswirkungen auf den Beginn des Erhebungszeitraumes, jedoch nicht – was tatsächlich zu beanstanden wäre - auf dessen Länge.

26

b) Der Umstand, dass der Kalkulationszeitraum vorliegend nicht dem Erhebungszeitraum entspricht, begegnet keinen Bedenken. Eine Grundregel dergestalt, dass beide Zeiträume deckungsgleich sein müssen, kann dem Kommunalabgabengesetz nicht entnommen werden.

27

In diesem Zusammenhang ist zwar prinzipiell der Grundsatz der Periodengerechtigkeit zu beachten, der besagt, dass die Gebührenpflichtigen nur mit den Kosten belastet werden dürfen, die den Nutzungen in der betreffenden Kalkulationsperiode entsprechen (vgl. OVG M-V, Urteil vom 07.10.2015, Az.: 1 K 28/11, juris, Rn. 26; Brüning in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September 2015, § 6 Rn. 92).

28

Die Kalkulation eines Gebührensatzes ist jedoch eine auf einer Prognose basierende Aussage über die voraussichtlich innerhalb des Kalkulationszeitraumes entstehenden Kosten, welche es auf die Gebührenschuldner zu verteilen gilt. Diese Prognose ist abhängig von den voraussichtlichen Kosten für den Betrieb der öffentlichen Einrichtung und der Inanspruchnahme der Einrichtung durch die Gebührenschuldner innerhalb des Prognoseintervalls. Eine solche Entscheidung über erst zukünftig entstehende Kosten ist stets mit gewissen Unsicherheiten verbunden.

29

Dabei erlaubt § 6 Abs. 2d Satz 1 KAG M-V die zeitliche Ausdehnung des Kalkulationszeitraumes unter anderem bei der Wasserversorgung und der Abwasserbeseitigung auf einen länger als jährlichen Zeitraum, der allerdings nicht mehr als fünf Jahre umfassen soll.

30

Die Erhebung von Benutzungsgebühren aufgrund einer prognostizierten Entwicklung bedeutet nicht, dass nur die Kosten umgelegt werden, die tatsächlich bereits entstanden sind, sondern vielmehr die Kosten zu verteilen sind, die voraussichtlich insgesamt entstehen werden. Deshalb kann es im Kalkulationszeitraum zu Kostenüber- oder Kostenunterdeckungen kommen.

31

Durch die Wahl eines längeren - den Veranlagungszeitraum übersteigenden - Kalkulationszeitraumes können so zu erwartende Kostensteigerungen über einen längeren Zeitraum auf die Gebührenschuldner „linear“ verteilt werden. Unter Zugrundelegung eines beispielsweise drei Jahre langen Kalkulationszeitraums führt die nivellierende Verteilung einer prognostizierten Kostensteigerung auf alle drei Jahre dazu, dass die Gebührenpflichtigen in ein oder ggf. zwei Jahren dieser Kalkulationsperiode eine gegenüber dem in diesen Jahren jeweils isoliert ermittelten „eigentlichen“ Gebührensatz höhere Gebühr zahlten, was wiederum durch eine gegenüber dem isoliert kalkulierten Gebührensatz niedrigere Gebühr in dem oder den übrigen Jahr/en der Kalkulation ausgeglichen würde.

32

Die durch die prognostizierte Gebühr möglicherweise entstehenden Kostenüber- oder Kostenunterdeckungen sollen bzw. müssen zudem - abermals unter Durchbrechung des Prinzips der Periodengerechtigkeit - gemäß § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V nach Ablauf des mehrjährigen Kalkulationszeitraumes ausgeglichen werden. Übersteigt nämlich am Ende dieses Zeitraumes das Gebührenaufkommen die ansatzfähigen Kosten, so sind Kostenüberdeckungen spätestens innerhalb von drei Jahren nach Ende des Kalkulationszeitraumes auszugleichen. Kostenunterdeckungen sollen innerhalb dieses Zeitraumes ausgeglichen werden. Auch wenn diese Norm kein Instrument darstellt, um methodische Fehler einer vorangegangenen Kalkulation auszugleichen (vgl. OVG M-V, a.a.O., Rn. 29), ist sie gleichwohl Ausdruck der - insoweit gelockerten – Anforderungen mit Blick auf den Grundsatz der Periodengerechtigkeit. Sie erlaubt dem Satzungsgeber, in den vorgegebenen Grenzen und mit den damit verbundenen Konsequenzen Kalkulationszeitraum und Veranlagungszeitraum unabhängig voneinander zu gestalten. Dies kann dazu führen, dass die Gebührenpflichtigen nach dem Ende eines Kalkulationszeitraumes unter Zugrundelegung des dann geltenden Gebührensatzes innerhalb des für den Ausgleich vorgesehenen Zeitraumes im Falle einer Kostenüberdeckung weniger und im Falle einer Kostenunterdeckung mehr belastet werden (dürfen).

33

Sofern wie vorliegend im Rahmen der Abrechnung die unterschiedlichen Kalkulationszeiträume - mit den möglicherweise unterschiedlich hohen Gebührensätzen - Berücksichtigung finden, kann es dem Satzungsgeber nicht verwehrt werden, die Erhebungszeiträume so zu gestalten, dass sie dem Kalkulationszeitraum nicht entsprechen oder sich über mehrere Kalkulationszeiträume erstrecken.

34

4. Da es insoweit im Benutzungsgebührenrecht kein abweichendes materielles Recht gibt, ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage derjenige der letzten Behördenentscheidung, hier also derjenige des Erlasses der Widerspruchsbescheide (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.12.1989, Az.: 7 B 21/89, juris, Rn. 4; Wolff, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 4. Aufl. 2014, § 113 Rn. 97 f. m. w. N.).

35

a) Die sechste Änderungssatzung zur GS-W ist rückwirkend zum 01.01.2011 in Kraft gesetzt worden. Somit ist diesbezüglich die rückwirkend in Kraft getretene Satzung als maßgebliche Ermächtigungsgrundlage im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung zugrunde zu legen mit der Folge, dass insoweit im Hinblick auf die Trinkwassergebühren das „rollierende System“ Anwendung finden konnte.

36

b) Gleiches gilt für die fünfte Änderungssatzung zur GS-SW, welche ebenfalls rückwirkend zum 01.01.2011 in Kraft gesetzt wurde.

37

Die Frage der teilumfänglichen Heranziehung für zwei satzungsrechtliche Erhebungszeiträume, also ein „Crossover“ von Quartalen der Kalenderjahre 2013 und 2014, stellt sich vorliegend nicht (vgl. dazu VG Schwerin, Urt. v. 30.07.2015, Az.: 4 A 202/11).

38

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.

39

Von Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit sieht die Kammer ab (vgl. § 167 Abs. 2 VwGO).

40

Gründe für die Zulassung der Berufung liegen nicht vor (§ 124 VwGO).

41

Beschluss

42

Der Streitwert wird auf 37.808,47 EUR festgesetzt.

43

Gründe:

44

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG.

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Tenor Der Gebührenbescheid der Beklagten Trink-/Schmutzwasser vom 8. Juni 2016 und ihr Widerspruchsbescheid vom 9. September 2016 werden aufgehoben, soweit die darin festgesetzten Gebühren für Schmutzwasser den Betrag von 160,90 € überschreiten.

Referenzen

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Der Gebührenbescheid der Beklagten vom 5. Dezember 2004 und der Widerspruchsbescheid vom 27. September 2005 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin ficht einen Gebührenbescheid über Niederschlagswasser an.

2

Sie ist Eigentümerin eines Grundstücks in Schwerin(-…), bestehend aus dem Flurstück … der Flur …, Gemarkung …. Das Grundstück ist an die öffentliche Einrichtung zur Niederschlagswasserbeseitigung der Landeshauptstadt Schwerin angeschlossen.

3

Die Abwassersatzung der Landeshauptstadt Schwerin wurde am 29. Juli 2002 ausgefertigt und im Stadtanzeiger vom 20. September 2002 öffentlich bekannt gemacht (im Folgenden: Abwassersatzung).

4

Die Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Entwässerung und Abwasserbeseitigung der Landeshauptstadt Schwerin (Abwassergebührensatzung) wurde am 17. Dezember 1997 ausgefertigt und im Stadtanzeiger vom 21. Dezember 1997 öffentlich bekannt gemacht, die 1. Änderungssatzung vom 14. Dezember 1998 im Stadtanzeiger vom 20. Dezember 1998, die 2. Änderungssatzung vom 20. Dezember 1999 im Stadtanzeiger vom 24. Dezember 1999, die 3. Änderungssatzung vom 18. Dezember 2000 im Stadtanzeiger vom 24. Dezember 2000, die Artikelsatzung zur Umrechnung und Glättung von Euro-Beträgen vom 24. August 2001 (Art. 13) im Stadtanzeiger vom 21. Oktober 2001 und die Änderungssatzung vom 7. November 2001 im Stadtanzeiger vom 25. November 2001.

5

Mit Inkrafttreten der am 21. März 2003 ausgefertigten Satzung zur Aufhebung der Abwassergebührensatzung zum 1. April 2003 (Stadtanzeiger v. 29. März 2003, S. 12) gestaltete die Landeshauptstadt Schwerin das entsprechende Benutzungsverhältnis mit den zugleich veröffentlichten Allgemeinen Entsorgungsbedingungen für Abwasser der Landeshauptstadt Schwerin (Stadtanzeiger v. 29. März 2003, S. 7 ff.) privatrechtlich.

6

Die Beklagte berechnete der Klägerin mit dem streitbefangenen Gebührenbescheid vom 5. Dezember 2004 für den Abrechnungszeitraum vom 1. Januar bis zum 31. März 2003 Niederschlagswassergebühren in Höhe von 3.444,95 €. Zugrunde gelegt wurden dabei … m² befestigte Grundstücksfläche.

7

Dagegen legte die Klägerin am 27. Dezember 2004 Widerspruch ein, ebenso gegen eine Rechnung vom 5. Dezember 2004 in Höhe von 9.210,47 € für den Abrechnungszeitraum des restlichen Kalenderjahres 2003. Zur Begründung wird im Wesentlichen geltend gemacht, es liege ein Verstoß gegen das grundsätzlich im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen Geltung beanspruchende Gesamtanlagenprinzip vor. Wegen der – näher dargestellten – Besonderheiten der Niederschlagsentwässerungsanlage in Schwerin-… sei das Organisationsermessen fehlerhaft bzw. willkürlich ausgeübt worden. Es hätte nicht zu einer Zusammenfassung technisch voneinander getrennter Anlagen zu einer rechtlichen Einheit und damit zu einheitlichen Gebührensätzen kommen dürfen. Die nachträglich übernommene Anlage in Schwerin-… sei hinsichtlich Arbeitsweise und Wirkung mit der übrigen öffentlichen Kanalisationsanlage im Stadtgebiet schlechthin nicht vergleichbar: Die Anlage sei früher durch die in Schwerin-… ansässigen Kombinate und Betriebe errichtet worden, die eine vollständig getrennte, voll funktionsfähige Ableitung des Niederschlagswassers ohne Bindung an das gemeindliche Abwassernetz errichteten. Auf der Basis von Einzelverträgen sei für die Regenwasserentsorgung ein Entgelt durch die angeschlossenen Nutzer entrichtet worden.

8

Außerdem sei der Globalkalkulationsansatz rechtswidrig, weil die vorliegende Kalkulation gerade mit Blick auf den Kaufvertrag zwischen der T… mbH und dem Eigenbetrieb der Landeshauptstadt Schwerin „Schweriner Abwasserentsorgung“ (SAE) vom 16. November/14. Dezember 2001 mit Blick auf den symbolischen Kaufpreis von 1,00 DM zzgl. Mehrwertsteuer fehlerhaft sei. Für die Altanlage habe nicht ein Wiederbeschaffungszeitwert in die Kalkulation eingestellt werden dürfen.

9

Die Beklagte wies den Widerspruch, soweit er sich auf den Gebührenbescheid vom 5. Dezember 2004 bezieht, mit Widerspruchsbescheid vom 27. September 2005 zurück. Zur Begründung wird im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass Gemeinden und Zweckverbänden als Betreiber leitungsgebundener öffentlicher Einrichtungen ein weites betriebliches und als Satzungsgeber ein weites rechtliches Organisationsermessen zustehe. Sie könnten deshalb ohne weiteres verschiedene technische Anlagen und Systeme der Abwasserbeseitigung zu nur einer rechtlichen Anlage zusammenfassen. Das Zusammenfassen der einzelnen technischen Anlagen zur Niederschlagsentwässerung der Landeshauptstadt Schwerin sei auch nicht willkürlich. Die Arbeitsweisen und/oder Arbeitsergebnisse der verschiedenen separaten Niederschlagsentwässerungsanlagen seien nicht wesentlich verschieden, vielmehr sogar in ihrer Funktion und ihrer Wirkungsweise nach im Wesentlichen gleich. Es handele sich jeweils um Entwässerungskanäle nebst notwendiger Einrichtungen, die in ihrer Funktionsweise qualitativ gleichwertig seien. Auch die Wirkungsweise unterscheide sich nicht: Bei allen technischen Anlagen werde das Niederschlagswasser lediglich abgeleitet und in zulässiger Weise dem Wasserkreislauf wieder zugeführt. Dies unterschiede den vorliegenden Fall von denjenigen, der der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Greifswald zugrunde gelegen habe. Auf die weiter von der Klägerin aufgeführten tatsächlichen Umstände komme es bei der Beurteilung der Frage, ob die technische Anlage in Schwerin-… zur einheitlichen öffentlichen Einrichtung zur Niederschlagswasserbeseitigung gehöre, nicht an.

10

Zudem sei die Kalkulation der Kosten nicht zu beanstanden. Es handele sich hier nicht um eine klassische Globalkalkulation. Jährlich würden die kalkulatorischen Kosten erneut berechnet und dementsprechend die Gebührensätze bzw. –entgelte angepasst. Insoweit handele es sich um eine Rechnungsperiodenkalkulation. Die Anlage aus Schwerin-… sei auch nicht mit ihrem Wiederbeschaffungszeitwert in die Kalkulation mit aufgenommen.

11

Die Klägerin hat am 28. Oktober 2005 die vorliegende Klage erhoben, in der sie nicht nur den hier streitgegenständlichen Gebührenbescheid vom 5. Dezember 2004 angegriffen hat, sondern auch die gleichdatierende Entgeltabrechnung. Insoweit hat die Kammer das Verfahren mit Beschluss vom 3. November 2005 im Hinblick auf die Rechnung abgetrennt (Az.: 4 A 2309/05) und sodann an das zuständige Landgericht Schwerin verwiesen.

12

Die Klägerin trägt unter Verweis auf die Widerspruchsbegründung vor:

13

Die bestehende Gesamtanlage zur Regenwasser- und Abwasserentsorgung der Landeshauptstadt Schwerin im Allgemeinen sei getrennt von der isolierten Niederschlagsentwässerung im sogenannten … in Schwerin-… im Besonderen. Die auf der Basis des von der Beklagten reklamierten Gesamtanlagenprinzips verabschiedeten und festgesetzten Niederschlagswassergebühren seien daher im Ergebnis rechtlich nicht zulässig; sie verletzten das Willkürverbot. Es hätte jeweils eine isolierte Gebühr für die jeweilige Einzelanlage kalkuliert und beschlossen werden müssen. Dass die isolierte Niederschlagsentwässerung im … in Schwerin-… nicht als einzige technische Anlage von der Gesamtanlage der Niederschlagswasserbeseitigung getrennt sei, sondern zu dieser ca. 25 verschiedene technische Anlagen in verschiedenen Stadtgebieten gehörten, ändere daran nichts. Gerade die Niederschlagsentwässerung im streitigen Gebiet sei von der übrigen Niederschlagswasserentsorgung getrennt zu betrachten, denn es handele sich um eine technisch eigenständige Anlage, die zudem zu DDR-Zeiten im Privateigentum gestanden habe.

14

Dieser Fehler auf der Ebene des Begriffs der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage schlage auf die dann gleichermaßen rechtswidrige Gebührenkalkulation auch insofern durch, als die Niederschlagsentwässerung im … in der Vergangenheit vom kommunalen System getrennt gewesen und zudem früher privat betrieben worden sei. Insoweit erscheine das Äquivalenzprinzip insofern verletzt, als die schlichte Eigentumsübertragung durch den Kaufvertrag aus dem Jahre 2001 für eine beklagtenseitig vorgenommene Subsumtion dieser Anlagen unter dem Oberbegriff der Gesamtanlage ausreichend sein solle. Das der Beklagten unstreitig einzuräumende Organisationsermessen finde jedenfalls dann seine Schranke, wenn gleichsam per Beschluss technisch selbständige Anlagen zur weiteren Verwaltung einer kommunalen Gesellschaft zugeordnet würden. Dieser schlichte Übertragungsakt führe rechtlich noch nicht zu einer einheitlich zu betrachtenden technischen Abwasserbeseitigungsanlage. Es komme deshalb auf die bereits in der Widerspruchsbegründung dargestellten tatsächlichen Umstände an. Zudem sei den Verwaltungsvorgängen nicht zu entnehmen, ob die Stadtvertretung überhaupt ihr Organisationsermessen ausgeübt habe.

15

Die Kalkulation sei insofern fehlerhaft, als sie den Globalkalkulationsansatz wähle, die Kosten jedoch jährlich neu berechne. Die Beklagte habe vorliegend keine „klassische“ Globalkalkulation durchgeführt, sondern bezüglich der kalkulatorischen Kosten eine Rechnungsperiodenkalkulation.

16

Die Klägerin beantragt,

17

den Gebührenbescheid vom 5. Dezember 2004 und den Widerspruchsbescheid vom 27. September 2005 aufzuheben.

18

Die Beklagte beantragt,

19

die Klage abzuweisen,

20

und trägt dazu vor:

21

Das Organisationsermessen dergestalt, dass technisch getrennte Anlagen im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen als rechtlich einheitliche „öffentliche Einrichtung“ zusammengefasst würden, sei weit gefasst. Auf technische Unterschiede komme es grundsätzlich nicht an. Das Zusammenfassen der im Wesentlichen gleich arbeitenden ca. 25 verschiedenen technischen Anlagen zur Niederschlagsentwässerung sei jedenfalls nicht willkürlich. Jede Anlage arbeite technisch im Wesentlichen gleich: Das Niederschlagswasser laufe über Gräben und/oder Kanäle mit freiem Gefälle und/oder unter Druck zunächst in ein Rückhaltebecken und anschließend in ein Gewässer 2. Ordnung (Vorfluter) bzw. – im Mischsystem – zusammen mit Schmutzwasser in eine Kläranlage. Eine qualitativ wesentlich verschieden arbeitende Niederschlagsentwässerungsanlage (etwa eine, die Niederschlagswasser zu Trinkwasser aufbereite o. a.) werde nicht unterhalten.

22

Die öffentliche Einrichtung zur Niederschlagswasserbeseitigung und deren Bestandteile seien in den §§ 1 Abs. 1, 3, 2 Ziff. 3 und 5 der Abwassersatzung hinreichend bestimmt definiert. Daraus gehe u. a. hervor, dass beim Mischsystem die Sammler sowohl von der öffentlichen Niederschlagswasserbeseitigungs- als auch von der zentralen öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung genutzt würden.

23

Die Gebührenkalkulation enthalte auch keinen problematischen Globalkalkulationsansatz. Das Vorgehen, jährlich die Globalberechnung zu hinterfragen und einen Über- oder Unterdeckungsausgleich vorzunehmen, entspreche den rechtlichen Erfordernissen des Äquivalenz- und Vorteilsprinzips sowie des Kostendeckungsprinzips mit seinem Kostenüber- und –unterschreitungsverbot. Vor der Änderung des Kommunalabgabengesetzes im April 2005 sei es gängige Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Greifswald gewesen, dass die Globalkalkulation hinreichend aktuell sein müsse, d. h. jedenfalls vier Jahre nach Erstellung der Globalberechnung zu hinterfragen sei. § 6 Abs. 2 S. 5 KAG a. F. sei dahingehend auszulegen gewesen, dass es im Rahmen des ortsgesetzgeberischen Ermessens gelegen habe, ob ein Unter- oder Überdeckungsausgleich in dem bzw. den (drei) Folgejahren vorgenommen werde. Auch nach der Änderung des Kommunalabgabengesetzes, aufgrund derer nunmehr ein Fünf-Jahres-Zeitraum als ausreichend angesehen werde, sei es dem Ortsgesetzgeber unbenommen, Über- oder Unterdeckungen in kürzeren Zeiträumen auszugleichen.

24

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe

25

Die Anfechtungsklage hat Erfolg.

26

Der Gebührenbescheid der Beklagten betreffend Niederschlagswasser vom 5. Dezember 2004 ist – ebenso wie der Widerspruchsbescheid vom 27. September 2005 – rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

27

Dem Bescheid fehlt eine wirksame Rechtsgrundlage. Rechtsgrundlage ist zwar die Abwassergebührensatzung vom 17. Dezember 1997 in der Fassung der Änderungssatzung vom 7. November 2001 (im Folgenden: Abwassergebührensatzung). Diese Satzung hält aber im Hinblick auf die (Gebühren-)Regelungen zur öffentlichen Einrichtung der Niederschlagswasserbeseitigung einer rechtlichen Prüfung nicht stand (dazu unter 1.). Auch das zuvor geltende Satzungswerk kann den Bescheid nicht – auch nicht teilumfänglich – stützen (dazu unter 2.).

28

Dabei kann offen bleiben, ob Prüfungsmaßstab für das Satzungswerk das Kommunalabgabengesetz (KAG) vom 1. Juni 1993 (GVOBl. M-V 1993, S. 522, 916) i. d. F. des Änderungsgesetzes vom 22. November 2001 (GVOBl. M-V 2001, S. 438) oder aber das Kommunalabgabengesetz i. d. F. des Ersten Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 14. März 2005 (KAG M-V) ist. Jedenfalls § 2 Abs. 1 KAG/KAG M-V hat sich auch unter der Geltung der am 31. März 2005 in Kraft getretenen Fassung des Kommunalabgabengesetzes nicht geändert.

29

1. Die Abwassergebührensatzung ist hinsichtlich der Niederschlagswassergebühren nichtig. Rechtsfehlerhaft sind hier jedenfalls die Regelung zur Entstehung der Gebühren(schuld) und die Gebührenkalkulation.

30

b) Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG/KAG M-V dürfen Abgaben nur aufgrund einer Satzung erhoben werden. Die Satzung muss den Kreis der Abgabenschuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab und den Satz der Abgabe sowie den Zeitpunkt ihrer Entstehung und Fälligkeit angeben, § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG/KAG M-V. Die dort geregelten sechs Komplexe gehören zwingend zum Mindestinhalt einer Abgabensatzung; fehlt nur eines dieser Kriterien in der Satzung, so ist die Abgabensatzung unwirksam (OVG Greifswald, Beschl. V. 6. September 2005 – 1 L 489/04 -, LKV 2006, 418 m. w. N.; Urt. V. 3. Juli 2002 – 4 K 35/01 -, zitiert nach juris; Aussprung in: ders./Siemers/Holz, Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern, Stand: Juli 2009, § 2 Anm. 2.4.; Driehaus in: ders. [Hrsg.], Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2009, § 2 Rn. 50).

31

Nach den vorgenannten Normen ist in einer Abgabensatzung zwar keine Regelung im Hinblick auf das Entstehen der konkreten Gebührenschuld erforderlich. Die Satzung muss aber das abstrakte Gebührenschuldverhältnis (die Gebührenpflicht) regeln. Bei Gebühren, die für die laufende Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung erhoben werden, ist ferner die Festlegung des Zeitintervalls erforderlich, für welches die Gebühren jeweils anfallen sollen, also eine eindeutige satzungsmäßige Bestimmung, ob die Gebühr täglich, wöchentlich, monatlich, vierteljährlich oder jährlich entsteht (OVG Greifswald, Beschl. V. 6. September 2005, a. a. O., S. 419 m. w. N.; Urt. V. 25. Februar 1998 – 4 K 8/97, 4 K 18/97 -, NordÖR 1998, 256, 257, Urteile v. 7. November 1996 – 4 K 11/96 -, RanB 1997, 179 = juris, Rn. 22, und 4 K 20/96; Siemers, in: Aussprung/ders./Holz, a. a. O., § 6 Anm. 8.2; Lohmann, in Driehaus, a. a. O., § 6 Rn. 661). Bei satzungsgemäßen Jahresgebühren sollte in der Satzung, um eine zeitnahe Heranziehung zu ermöglichen, eine Aussage zu der Frage getroffen werden, ob die Gebühr bereits am Beginn des Kalenderjahres oder zu einem anderen Zeitpunkt entsteht, weil bei regelmäßig wiederkehrenden (Dauer-)Benutzungen die Gebührenschuld ansonsten erst mit Ablauf des Erhebungszeitraumes entsteht. Bei laufenden Jahresgebühren entsteht die Gebührenschuld somit grundsätzlich, d. h. wenn satzungsmäßig nichts Abweichendes bestimmt wird, erst im Ablauf des Kalenderjahres (OVG Greifswald, Beschl. V. 6. September 2005, a. a. O.; Urt. V. 25. Februar 1998, a. a. O., S. 257 unter Hinweis auf OVG Lüneburg, Beschl. V. 15. April 1993 – 9 M 5550/92 -, KStZ 1994, 77; OVG Lüneburg, Beschl. V. 20. März 1997 – 9 L 2554/95 -, KStZ 1998, 135; Lichtenfeld, in: Driehaus, a. a. O., § 6 Rn. 721a).

32

§ 7 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der Abwassergebührensatzung („Entstehung der Gebührenschuld, Fälligkeit, Vorauszahlung“) lauten wie folgt:

33

Erhebungszeitraum für die Schmutzwassergebühr, die Sammelgrubenentsorgungsgebühr und die Niederschlagswassergebühr ist der Abrechnungszeitraum für den Wasserverbrauch (§ 24 AVBWasserV). Die Gebührenschuld entsteht jeweils mit Ablauf des Erhebungszeitraums.

34

Nach § 24 Abs. 1 der damit in Bezug genommenen Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit WasserAVBWasserV – vom 20. Juni 1980 (BGBl. I S. 750 ff., 1067) wird das Entgelt (hier dann: die Gebühr) nach Wahl des Wasserversorgungsunternehmens (hier dann: der Beklagten) monatlich oder in anderen Zeitabschnitten, die jedoch zwölf Monate nicht wesentlich überschreiten dürfen, abgerechnet. Die übrigen Absätze des § 24 AVBWasserV sind nicht einschlägig.

35

Erhebungs- und Abrechnungszeitraum soll folglich gemäß § 7 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der Abwassergebührensatzung nach Wahl der beklagten Behörde ein Monat oder ein anderer Zeitabschnitt, der zwölf Monate nicht wesentlich überschreiben darf, sein. Damit entsteht die (jeweilige) Gebühr gemäß dieser Satzungsregelung – erstens – nach Wahl der Beklagten – und zweitens – entweder monatsweise oder in anderen Zeitabschnitten, die ein Jahr nicht wesentlich überschreiten dürfen. Dies ist rechtlich jeweils unzulässig.

36

Der Verweis auf § 24 AVBWasserV ist so zu verstehen, dass hier die Verwaltung die Wahl hat, zwischen verschiedenen Abrechnungsintervallen zu wählen. Die Vorgaben für die Verwaltung, für welche Zeitabschnitte Heranziehungen vorzunehmen sind, sind aber vom Ortsgesetzgeber zu treffen; die Satzung darf nicht Wahlmöglichkeiten in das Ermessen der Abgaben erhebenden Behörde stellen (OVG Greifswald, Beschl. V. 6. September 2005, a. a. O., S. 419 zu einer vergleichbaren Satzungsbestimmung).

37

Die vorliegende Satzungsregelung zur Entstehung der (hier: Niederschlagswasser-)Gebühr bzw. zum Ablauf des Erhebungszeitraums ist zudem auch unabhängig davon zu unbestimmt. Gerade der Erhebungszeitraum bzw. dessen Ende ist nicht hinreichend exakt geregelt. Aus § 7 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der Abwassergebührensatzung ist (auch) nicht etwa zwingend zu entnehmen, dass hier (jedenfalls) eine Jahresgebühr vorliegen soll, die dann im Zweifel (bei fehlender näherer Regelung in der Satzung) mit Ablauf des jeweiligen (Kalender-)Jahres entstünde (vgl. OVG Greifswald, Beschl. V. 6. September 2005, a. a. O., S. 419 zu einer vergleichbaren Satzungsbestimmung). Dabei hilft es auch nichts, dass nach der Beschlussvorlage (zu Punkt 1.7) zur Abwassergebührensatzung 1997 wohl geplant war, diese Gebühr „als Jahresgebühr“ zu erheben; rechtstechnisch wäre dies in der Umsetzung jedenfalls missglückt. Die Satzung muss nicht nur aus sich selbst heraus verständlich sein, sondern die zwingenden Punkte für den Rechtsanwendenden selbst erkennbar hinreichend bestimmt bzw. eindeutig regeln.

38

b) Außerdem leidet die Niederschlagswassergebührenkalkulation an einem schweren methodischen Fehler, der ebenfalls zur Unwirksamkeit der Abwassergebührensatzung jedenfalls im Hinblick auf die Niederschlagswassergebühr führt.

39

Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern, welche die Kammer teilt, fällt die Festsetzung und Kalkulation eines Gebührensatzes in die Kompetenz des Vertretungsorgans. Dieses hat bei der Beschlussfassung über die Satzung sein ortsgesetzgeberisches Ermessen in den Grenzen, die ihm durch das Vorteilsprinzip, dem Kostendeckungsgrundsatz und den Gleichheitssatz gezogen sind, sachgerecht auszuüben. Zur Gültigkeit eines Gebührensatzes bedarf es dabei einer stimmigen Kalkulation, die vom Satzungsgeber mit der Beschlussfassung zu billigen ist (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. V. 2. Juni 2004 – 4 K 38/02 -, juris, Rn. 63 m. w. N.; Urt. V. 15. November 2000 – 4 K 8/99 -, LKV 2001, 516; Aussprung, a. a. O., § 2 Anm. 8.3.3.1). Soweit hier das Kommunalabgabengesetz vor Inkrafttreten des 1. Änderungsgesetzes vom 14. März 2005 den Prüfungsmaßstab vorgibt, bezieht sich die gerichtliche Überprüfung nicht bloß auf eine rechnerische „Ergebniskontrolle“ des Gebührensatzes, sondern auf die ihm zugrunde gelegten Sachverhalte und Wertentscheidungen. Aber auch unter der Geltung des seit dem 31. März 2005 geltenden Kommunalabgabengesetzes ist die Ungültigkeit einer Abgabensatzung nicht nur dann anzunehmen, wenn in erheblichem Umfang nicht beitragsfähiger Aufwand angesetzt und daher gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot verstoßen wird, sondern auch, wenn erhebliche methodische Fehler die Feststellung unmöglich machen, ob das Aufwandsüberschreitungsverbot beachtet ist oder nicht (vgl. OVG Greifswald, Beschl. V. 21. Oktober 2008 – 1 M 92/08 -, S. 5 des amtlichen Umdrucks; Aussprung, a. a. O., § 2 Anm. 8.3.5.2). So liegen die Dinge hier.

40

Die Kalkulation der Abwassergebührensatzung muss sich an der Definition der öffentlichen Einrichtung zur Niederschlagswasserbeseitigung orientieren, die hier in der Abwassersatzung vom 29. Juli 2002 definiert ist. Nur die dort definierten Bestandteile sind in die Kalkulation der Niederschlagswassergebühren einzubeziehen.

41

Nach § 1 Abs. 1 der Abwassersatzung betreibt die Landeshauptstadt Schwerin drei selbständige öffentliche Einrichtungen im Bereich Abwasser, eine solche zur zentralen und eine zur dezentralen Schmutzwasserbeseitigung sowie eine hier maßgebliche zur Niederschlagswasserbeseitigung.

42

Nach § 1 Abs. 3 der Abwassersatzung bestimmt die Landeshauptstadt Schwerin zwar u. a. Lage, Art und Umfang der öffentlichen Entwässerungsanlagen, also auch die öffentliche Niederschlagsbeseitigungseinrichtung (§ 2 Nr. 11 der Abwassersatzung). Dies betrifft aber nur die konkret-gegenständliche Ausdehnung des (hier: Regen-)Entwässerungsnetzes, mit Blick auf die Formulierung des „Umfangs“ gleichwohl nicht den rechtlichen Umfang der jeweiligen öffentlichen Einrichtung, hier denjenigen zur Niederschlagswasserbeseitigung.

43

Aus welchen Bestandteilen die öffentliche Niederschlagswasserbeseitigungseinrichtung besteht, wird in § 2 Nr. 3 lit. A bis c der Abwassersatzung definiert. Anders als in der Aufzählung, was zur zentralen öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung gehört (§ 2 Nr. 2 lit. B der Abwassersatzung), ist nach § 2 Nr. 3 der Abwassersatzung die „öffentliche(n) Kläranlage einschließlich aller ihrer technischen Einrichtungen“ nicht Bestandteil der öffentlichen Einrichtung zur Niederschlagswasserbeseitigung, obwohl die Entwässerung zum Teil auch im Mischsystem vorgenommen wird.

44

Gleichwohl sind in der Kalkulation für das Jahr 2002 die Niederschlagswassergebühren betreffend, die offenbar auch noch im Folgejahr (bzw. das 1. Quartal 2003) Gültigkeit hat, Kosten in Bezug auf die Kläranlage in Schwerin-… eingerechnet (z. B. Anlage 4 Blätter 1 und 2 der Kalkulation für das Jahr 2002). Die Kalkulation widerspricht insoweit dem satzungsrechtlichen Einrichtungsbegriff.

45

Selbst wenn hier anzunehmen wäre, dass dieser methodische Fehler nicht die Feststellung unmöglich machte, ob gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot (erheblich) verstoßen wurde, und deshalb nicht schon – neben der satzungsfehlerhaften Entstehungsregelung – zur Ungültigkeit der Abgabensatzung führte, wäre hier zwar zu bedenken, dass die betroffene Körperschaft nunmehr gemäß § 2 Abs. 3 KAG M-V berechtigt ist, der Kalkulation eine ergänzende Begründung oder einzelne Aufwands- und Kostenpositionen „nachzuschieben“, um den festgesetzten Gebührensatz zu rechtfertigen (vgl. Urt. Der Kammer vom 25. Januar 2007 – 4 A 217/06 -, S. 10 ff. des amtlichen Umdrucks). Von diesem Recht hat die Beklagte hier allerdings keinen Gebrauch gemacht.

46

c) Ob im Hinblick auf die zahlreichen Privilegierungen beim Gebührenmaßstab für die Niederschlagswasserbeseitigung gemäß § 5 der Abwassergebührensatzung (dortigen Abs. 5 bis 8) im Rahmen der Gebührenkalkulation die zutreffenden Grundstücksflächen ermittelt worden sind, braucht nicht abschließend beurteilt zu werden, zumal entsprechende Unterlagen von der Beklagten nicht vorgelegt wurden. Insoweit sei hier nur darauf hingewiesen, dass die ohne Rücksicht auf den Umfang der „Versickerungsfläche“ geregelte Ermäßigungsvorschrift nach § 5 Abs. 5 der Abwassergebührensatzung dazu führen dürfte, dass nahezu alle Grundstücke, soweit sie auch nur eine noch so kleine entsprechende Fläche zur Versickerung des Regenwassers aufweisen, in den Genuss der Ermäßigung kommen. Ob dies bei Betrachtung der vielen weiteren Ermäßigungsvorschriften, die allerdings nicht kumuliert zur Anwendung gelangen sollen (§ 5 Abs. 9 dieser Satzung), tatsächlich so umfassend vom Satzungsgeber gewollt ist, erscheint fraglich.

47

d) Da die angefochtenen Bescheide sich bereits aus den oben genannten Gründen als rechtswidrig erweisen, kann offen bleiben, ob und inwieweit hier die öffentliche Einrichtung der Niederschlagswasserbeseitigung in rechtlich einwandfreier Art und Weise gebildet worden ist. Dies gilt auch für die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob hier das Organisationsermessen des Ortsgesetzgebers bei der satzungsmäßigen Bestimmung der öffentlichen Einrichtung der Niederschlagswasserbeseitigung dahingehend eingeschränkt war/ist, dass statt nur einer aus tatsächlichen Gründen mehrere (rechtliche) öffentliche Einrichtungen zur Niederschlagswasserbeseitigung (mit dann verschiedenen Gebührensätzen) hätten errichtet werden müssen bzw. ob der Satzungsgeber sein entsprechendes Ermessen überhaupt (erkennbar) ausgeübt hat.

48

2. a) Auch die insoweit dann grundsätzlich wieder „auflebende“ alte Abwassergebührensatzung vom 11. Dezember 1996 (Stadtanzeiger vom 20. Dezember 1996) i. V. m. der Abwassersatzung vom 13. Dezember 1994 (Stadtanzeiger vom 18. Dezember 1994) i. d. F. der 1. Änderungssatzung vom 11. Dezember 1996 (Stadtanzeiger vom 29. Dezember 1996) kann den streitbefangenen Bescheid weder voll- noch teilumfänglich tragen. Die Heranziehung als Rechtsgrundlage für die hier erhobene Forderung der Niederschlagswassergebühren scheitert bereits daran, dass der damalige Gebührentatbestand bzw. –maßstab ein gänzlich anderer war. Nach § 2 dieser Satzung wurden Gebühren für die an die öffentlichen Kanalisationsanlagen angeschlossenen Grundstücke, von denen Abwasser in die Kanalisation eingeleitet wird (Kanalbenutzungsgebühr), erhoben. Abwasser war nach § 2 Nr. 1 der Abwassersatzung auch das von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder künstlich befestigten Flächen abfließende und gesammelte Wasser (Niederschlagswasser) sowie das sonstige zusammen mit Schmutzwasser oder Niederschlagswasser in Entwässerungsanlagen abfließende Wasser. Es gab insoweit indessen keine (eigene) Niederschlagswassergebühr, sondern nur die „Kanalbenutzungsgebühr“, die damals 6,34 DM/cbm Schmutzwasser (!) – nach der Definition von Abwasser in § 2 Nr. 1 der damaligen Abwassersatzung war das Schmutzwasser aber nur ein Teil des Abwassers, so vor allem neben dem weiter dort genannten Niederschlagswasser – betrug. Mangels eines wirksamen Gebührenmaßstabs für die Niederschlagsentwässerung ist diese Gebührensatzung als Rechtsgrundlage für die Festsetzung der vorliegenden Niederschlagswassergebühr untauglich.

49

b) Die vorstehenden Überlegungen gelten entsprechend für die im Falle der Unwirksamkeit auch dieser Abwassergebührensatzung wieder auflebende Abwassergebührensatzung vom 10. Januar 1993 (Stadtanzeiger vom 10. Januar 1993) in der Fassung der letzten Änderungssatzung vom 17. April 1996 (Stadtanzeiger vom 21. April 1996) i. V. m. der Abwassersatzung vom 28. Juni 1991 (Amtliche Mitteilungen der Stadtverwaltung Schwerin vom 28. Juni 1991).

50

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

51

Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit haben ihre Grundlage in § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird der Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 12. Februar 2014 – 3 A 180/12 – abgeändert und die Klage abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Rechtsstreits werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der Vollstreckungsschuld abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um Straßenreinigungsgebühren für das Jahr 2012.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks in der A-Stadt Gemarkung G..., Flur ..., Flurstück .../1. Zwischen diesem Grundstück und der Straße F... verläuft ein ca. 2,5 m breiter Grünstreifen. Zu diesem grenzt sich das Grundstück des Klägers mit einem Zaun und einer etwa 6 m hohen Hecke ab.

3

Mit Abgabenbescheid vom 12. Januar 2012 zog der Beklagte den Kläger zu Straßenreinigungsgebühren für das Jahr 2012 für das streitgegenständliche Grundstück heran. Dabei berechnete der Beklagte nur den Winterdienst und veranlagte den Kläger mit einer Gebühr in Höhe von (Berechnungseinheit 46 m x Hebesatz 1,43 =) 65,78 EUR. Den Widerspruch des Klägers vom 17. Januar 2012 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 2012 mit der Begründung zurück, eine objektive Beziehung zwischen dem Grundstück und der Straße liege vor. Es sei ausreichend, wenn dem Grundstück abstrakt ein Vorteil entstehe. Eine Zugänglichkeit vom Grundstück zur Straße bestehe nicht. Dennoch sei die Schaffung eines Zugangs vom Grundstück zur Straße möglich, womit das Grundstück straßenreinigungsrechtlich an der Straße „F...“ anliege.

4

Nach Zustellung des Widerspruchsbescheids am 01. Februar 2012 hat der Kläger am 28. Februar 2012 Klage erhoben. Er hat die Ansicht vertreten, er sei kein direkter Anlieger der Straße, da zwischen seinem Flurstück und der Straße ein weiteres Flurstück (Nr. .../2) liege und die Front seines Grundstücks zur Straße mit einer 6 m hohen Hecke und einem Zaun abgegrenzt sei. Auch erfolge der Zugang von der Straße zu seinem Grundstück Flurstück .../1 über das Grundstück Flurstück .../4. Die Grünfläche weise eine Breite von ca. 2,50 m und eine Länge von ca. 46 m auf. Dabei handele es sich um kein Straßenbegleitgrün, sondern die Fläche habe die Qualität einer eigenständigen Erschließungsanlage und gehöre somit auch nicht zum Straßenkörper. Sie sei als selbstständiges Flurstück ausgewiesen. Die abstrakte Möglichkeit der Schaffung einer zweiten Zuwegung bringe dem Kläger keinen Vorteil, da er bereits eine Zuwegung zum betreffenden Grundstück habe und ihm die Schaffung einer zweiten Zuwegung hinsichtlich Grundstücksgröße und Nutzung unverhältnismäßig erscheine. Darüber hinaus müsse er ein Wegerecht für das vor ihm liegende Grundstück geltend machen.

5

Der Kläger hat beantragt,

6

den Bescheid des Beklagten vom 12. Januar 2012 – Kassenzeichen ....... – in der Gestalt seines Widerspruchsbescheides vom 25. Januar 2012 aufzuheben.

7

Der Beklagte hat beantragt,

8

die Klage abzuweisen.

9

Er hat vorgetragen, das Grundstück des Klägers grenze unmittelbar an die öffentliche Straße „F...“ an. Bei dem Grünstreifen handele es sich um einen Seitenstreifen, der nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 Straßen- und Wegegesetz M-V (StrWG M-V) zur öffentlichen Straße gehöre. Der Grünstreifen sei kein eigenständiges Flurstück. Gemäß § 7 Abs. 2 der Straßenreinigungs- und Straßenreinigungsgebührensatzung gelten als anliegende Grundstücke auch Grundstücke, die vom Gehweg oder der Fahrbahn durch Gräben, Böschungen, Mauern, Trenn-, Rand-, Seiten- oder Sicherheitsstreifen oder auf ähnliche Weise getrennt seien. Ob ein Grünstreifen eine trennende oder eine eigenständige Bedeutung habe, hänge von der räumlichen Beziehung zwischen der Straße und dem Grundstück ab. Eine solche Beziehung bestehe. Zwar reiche nach der Rechtssprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern das geometrische Angrenzen eines Grundstücks an eine öffentliche Straße nicht in jedem Fall zur Begründung der Gebührenpflicht aus. Erforderlich sei, dass eine wirtschaftliche oder verkehrliche Nutzung des Anliegergrundstücks durch die Straße möglich sei. Dem Kläger sei es ohne weiteres möglich, einen Zugang zur öffentlichen Straße zu schaffen.

10

Nach Anhörung der Beteiligten unter Hinweis auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 01. November 2013 zum Az. 3 A 535/11 hat der Beklagte seinen Vortrag um die Berufungsbegründung aus dem dortigen Verfahren (OVG Mecklenburg-Vorpommern – 1 L 243/13 –) ergänzt. Darin hat der Beklagte ausgeführt, die Straßenreinigungsgebührensatzung vom 12. Dezember 2011 sei wirksam. Insbesondere seien die Gebührenschuldner in § 2 der Satzung wirksam bestimmt worden. Diese auf § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V beruhende Regelung sei eine wirksame Grundlage und werde nicht durch den „jüngeren“ § 6 Abs. 4 Satz 2 Kommunalabgabengesetz M-V (KAG M-V) verdrängt. Das Straßen- und Wegegesetz sei in seiner Gesamtheit das sachnähere Gesetz. Dort seien Art und Umfang der Reinigung, die Reinigungspflicht der Gemeinden, die Möglichkeit der Übertragung der Reinigungspflicht und die Kostenheranziehung insgesamt geregelt. Das Kommunalabgabengesetz M-V erwähne die Straßenreinigung lediglich mit einem Wort. § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V sei als Konkretisierung von § 6 Abs. 4 Satz 4 KAG M-V aufzufassen. Bei der Auslegung des Wortlauts „sonstige Nutzungsberechtigte“ in § 6 Abs. 4 Satz 4 KAG M-V überzeuge nicht, dass es sich um einen Personenkreis handeln müsse, der von der Bestimmung des Gebührenschuldners in § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V nicht erfasst sei. Selbst bei enger Auslegung des Wortes „sonstige“ eröffne § 6 Abs. 4 Satz 4 KAG M-V jedenfalls die Möglichkeit, einen zum Teil identischen Personenkreis als Gebührenschuldner zu bestimmen. Der Kreis der von § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V bezeichneten Gebührenschuldner sei nicht ausschließlich ein Minus gegenüber der Bestimmung der Gebührenschuldner in § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V. Im Falle einer Eigentumsübertragung am Anfang eines Jahres und einer zügigen Eintragung ins Grundbuch könnten Eigentümer des Grundstücks und Grundsteuerpflichtiger zeitweilig auseinanderfallen, da die Grundsteuer als Jahressteuer vom neuen Eigentümer des Grundstücks erst ab dem 01. Januar des Folgejahres erhoben werde (§§ 10, 17 Grundsteuergesetz, § 22 Bewertungsgesetz). Der vom Verwaltungsgericht herangezogene Grundsatz, dass das neuere Gesetz das ältere Gesetz verdränge, greife nicht. § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V enthalte eine Benutzungsfiktion, nach der die Pflichtigen als Benutzer einer öffentlichen Einrichtung im Sinne des Kommunalabgabengesetzes M-V gelten. Diese Fiktion korreliere mit § 6 Abs. 4 Satz 1 KAG M-V. Diese Wechselbeziehung zeige, dass das Kommunalabgabengesetz M-V keine das Straßen- und Wegegesetz M-V verdrängendes lex posterior sein könne.

11

Mit Gerichtsbescheid vom 12. Februar 2014 hat das Verwaltungsgericht Greifswald den angefochtenen Bescheid aufgehoben und die Berufung zugelassen. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dem Bescheid fehle die erforderliche Rechtsgrundlage. Er könne nicht auf die Straßenreinigungs- und Straßenreinigungsgebührensatzung der Hansestadt Stralsund vom 12. Dezember 2011 gestützt werden. Diese Satzung sei nichtig. Fehlerhaft und unwirksam sei die Bestimmung des Gebührenschuldners. Dies führe zur Gesamtnichtigkeit der Satzung.

12

Die Schuldnerbestimmung in § 7 Abs. 3 Satz 1 der Gebührensatzung sei fehlerhaft. Sie bestimme im Einklang mit § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V, dass Gebührenschuldner die Eigentümer und die zur Nutzung dinglich Berechtigten der anliegenden Grundstücke seien. Diese Beschränkung sei jedoch nicht mit § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V zu vereinbaren. Diese Vorschrift, die auf die Grundsteuerpflichtigkeit abstelle, sei weiter als die des § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V, da Schuldner der Straßenreinigungsgebühr auch ein lediglich schuldrechtlich (nicht nur dinglich) Berechtigter sein könne, weil es für das wirtschaftliche Eigentum im Sinne des § 10 Abs. 1 Grundsteuergesetz nicht auf die bürgerlich-rechtliche Eigentumslage, sondern auf die Zurechnung ankomme. Für die bisher von der Rechtsprechung der Verwaltungsgerichte in Mecklenburg-Vorpommern vertretene Auffassung, § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V sei eine Spezialbestimmung zu § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V, fehle eine gesetzliche Stütze. Die Straßenreinigung sei in § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V aufgeführt. Spezieller könne der Anwendungsbereich einer Vorschrift nicht geregelt werden. Die Vorschriften stünden in einem Gleichordnungsverhältnis. Das Kriterium der Spezialität scheide als Unterscheidungsmerkmal aus. Die Normkollision müsse daher durch das Kriterium der zeitlichen Reihenfolge gelöst werden. Aus dem gewohnheitsrechtlich anerkannten Rechtssatz „lex posterior derogat legi priori“ ergebe sich ein Vorrang der jüngeren Vorschrift des § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V, die der älteren vorgehe und diese verdränge.

13

Die Bestimmung des § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V beschränke sich auf die Definition der durch die öffentliche Straßenreinigung bevorteilten Grundstücke und stelle klar, dass sich der Vorteil auf die anliegenden und die durch die gereinigte Straße erschlossenen Grundstücke erstrecke. Die Schuldnerbestimmung in § 7 Abs. 3 Satz 1 der Gebührensatzung könne nicht auf § 6 Abs. 4 Satz 4 KAG M-V gestützt werden. Eigentümer und zur Nutzung dinglich Berechtigte seien gerade keine sonstigen Berechtigten im Sinne des § 6 Abs. 4 Satz 4 KAG M-V. § 6 Abs. 4 Satz 4 KAG M-V erlaube lediglich die Erweiterung des Kreises der Gebührenpflichten auf Mieter und Pächter.

14

Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht darauf hingewiesen, dass das klägerische Grundstück bei Wirksamkeit der Gebührensatzung der Gebührenpflicht unterläge. In Bezug auf die Straße „F...“ handele es sich um ein anliegendes Grundstück im Sinne des § 2 Abs. 2 Satz 1 der Gebührensatzung. Das Grundstück grenze unmittelbar an die Straße. Denn bei dem Grünstreifen handele es sich um einen Seitenstreifen, der nach § 2 Abs. 2 Nr. 1 StrWG M-V zur öffentlichen Straße gehöre. Die Behauptung des Klägers, zwischen seinem Grundstück und dem Straßengrundstück läge das Flurstück .../2, treffe nicht zu. Im Übrigen komme einem Seitenstreifen von 2,50 m Tiefe keine trennende Wirkung zu. Der Umstand, dass sich auf der der gereinigten Straße zugewandten Grundstücksseite des klägerischen Grundstücks ein Zaun und eine Baumhecke befinden, stehe der Gebührenpflicht nicht entgegen. Die Straßenreinigungsgebührenpflicht knüpfe an den Vorteil an, der bereits durch die Möglichkeit entstehe, einen Zugang zur Straße zu schaffen.

15

Gegen den ihm am 17. Februar 2014 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Beklagte am 11. März 2014 Berufung eingelegt, die er am 10. April 2014 begründet hat. Zur Begründung wiederholt er seine bereits erstinstanzlich eingeführte Berufungsbegründung aus dem Verfahren vor dem OVG M-V – 1 L 243/13 –.

16

Der Beklagte beantragt,

17

den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 12. Februar 2014, Az. 3 A 180/12, abzuändern und die Klage abzuweisen.

18

Der Kläger beantragt,

19

die Berufung des Beklagten gegen den Gerichtsbescheid vom 12. Februar 2014 zurückzuweisen.

20

Seinen Antrag hat der Kläger nicht weiter begründet.

21

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

22

Die zulässige Berufung ist auch begründet. Denn die Klage ist unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 12. Januar 2012 und der Widerspruchsbescheid vom 25. Januar 2012 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

1.

23

Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid ist die Straßenreinigungsgebührensatzung der Hansestadt A-Stadt vom 12. Dezember 2011 (Gebührensatzung). Gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 Gebührensatzung sind die Eigentümer und die zur Nutzung dinglich Berechtigten Gebührenschuldner; nach Satz 2 dieser Vorschrift sind mehrere Gebührenschuldner Gesamtschuldner. Diese Satzungsregelung bezeichnet die Gebührenschuldner in Übereinstimmung mit § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 1. Halbsatz StrWG M-V und ist insoweit wirksame Ermächtigungsgrundlage für die Gebührenerhebung. § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V als gesetzliche Grundlage für § 7 Abs. 3 Satz 1 Gebührensatzung wird nicht durch § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V verdrängt. Folglich durfte der Satzungsgeber sich auf diese Ermächtigungsgrundlage stützen und die Eigentümer und die zur Nutzung dinglich Berechtigten der anliegenden Grundstücke als Gebührenschuldner bestimmen.

24

In § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V heißt es:

25

Reinigungspflichtig sind die Gemeinden. Sie sind berechtigt, durch Satzung

26

27

3. die Eigentümer oder die zur Nutzung dinglich berechtigten der anliegenden Grundstücke sowie der durch die Straße erschlossenen Grundstücke zu den entstehenden Kosten heranzuziehen; soweit die Gemeinde zur Deckung der Kosten Gebühren erheben, gelten die Pflichtigen als Benutzer einer öffentlichen Einrichtung im Sinne des Kommunalabgabengesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern.

28

§ 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V lautet:

29

Bei der Wasserversorgung, der Abwasserbeseitigung, der Abfallentsorgung und der Straßenreinigung ist Gebührenschuldner, wer nach den grundsteuerrechtlichen Vorschriften Schuldner der Grundsteuer ist oder sein würde, wenn das Grundstück nicht von der Grundsteuer befreit wäre.

30

Mithin treffen beide Vorschriften unterschiedliche Regelungen zum Kreis der Gebührenschuldner im Falle der Erhebung von Straßenreinigungsgebühren. Denn § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V ermächtigt den gemeindlichen Satzungsgeber, nur die dinglich Berechtigten (Eigentümer und sonstige dinglich Berechtigte, wie bspsw. Erbbauberechtigte, Nießbraucher) zu den entsprechenden Kosten heranzuziehen. Demgegenüber umfasst § 6 Abs. 4 KAG M-V mit der Bezugnahme auf die grundsteuerrechtlichen Vorschriften – wie das Verwaltungsgericht unter Hinweis auf den Senatsbeschluss vom 16. Juli 2012 (1 L 19/09) zu Recht hervorhebt – darüber hinaus aufgrund des wirtschaftlichen Eigentumsbegriffs (vgl. Eisele, GrStG, 9. Aufl., § 10 Rn. 2; Brockmeyer, in: Klein, AO, 9. Aufl., § 39 Rn. 1, 5) auch (nur) schuldrechtlich Berechtigte. Denn nach § 10 GrStG ist Schuldner derjenige, dem der Steuergegenstand bei der Feststellung des Einheitswertes zugerechnet wird. Gemäß § 39 Abs. 1 AO sind Wirtschaftsgüter (grundsätzlich) dem Eigentümer zuzurechnen. Nach Abs. 2 Nr. 1 der Vorschrift gilt jedoch, dass dann, wenn ein anderer als der Eigentümer die tatsächliche Herrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausschließen kann, ihm das Wirtschaftsgut zuzurechnen ist (wirtschaftliches Eigentum).

31

Die beiden Normen stehen jedoch nicht dergestalt in einem inhaltlichen Widerspruch zueinander, dass die Anwendung der einen oder der anderen Vorschrift ausgeschlossen wird. Insbesondere wird die Bestimmung des § 50 Abs. 4 StrWG M-V als Rechtsgrundlage für die satzungsrechtliche Regelung der Gebührenschuldner der Straßenreinigungsgebühr, wie sie in § 7 Abs. 3 Satz 1 Gebührensatzung erfolgt ist, nicht durch § 6 Abs. 4 KAG M-V verdrängt. Denn für den vom Verwaltungsgericht zur Begründung einer solchen von ihm angenommenen Verdrängung herangezogenen Rechtsgrundsatz “lex posterior derogat legi priori“ besteht dann kein Raum, wenn für die beiden sich anscheinend widersprechenden Normen eine normerhaltende Gesetzesauslegung möglich ist, die beiden Vorschriften einen Anwendungsbereich belässt. So liegt der Fall hier.

32

Beide Vorschriften sind in dem Sinne miteinander „verzahnt“, dass sie sich ergänzend nebeneinander anwendbar sind. So wird der Anwendungsbereich von § 6 Abs. 4 KAG M-V überhaupt erst durch § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 2. Halbsatz StrWG M-V eröffnet. § 6 KAG M-V regelt nach seiner Überschrift Benutzungsgebühren. Allein die Aufzählung der Straßenreinigungsgebühr in § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V lässt diese Gebühr jedoch nicht zu einer Benutzungsgebühr im Sinne des Gesetzes werden. Denn eine Benutzungsgebühr entsteht grundsätzlich nur dann, wenn die öffentliche Einrichtung oder Anlage vom Abgabepflichtigen auch tatsächlich unmittelbar in Anspruch genommen wird (§ 4 Abs. 1 und § 6 Abs. 1 Satz 1 u. Abs. 4 Satz 1 KAG M-V). Der Anknüpfungspunkt für das abgerechnete Benutzungsverhältnis liegt bei der Straßenreinigungsgebühr – anders als in den anderen Fällen des § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V – nicht unmittelbar auf dem Grundstück des Gebührenschuldners. Vielmehr wird die Gebühr dafür erhoben, dass die Gemeinde die ihr obliegende Reinigungspflicht (§ 50 Abs. 4 Satz 1 StrWG M-V) nicht bzw. nicht gänzlich den Anliegern gemäß § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 StrWG M-V auferlegt, sondern die Reinigung (flächendeckend) selbst durchführt und die Kosten auf die Anlieger (im weiteren Sinne) umlegt. Es bedarf daher einer Regelung zur Einbeziehung der an der Straße (im weiteren Sinne) anliegenden Grundstücksberechtigten, um die Reinigungskosten als Benutzungsgebühren geltend machen zu können. Eine solche Vorschrift findet sich jedoch nicht im Kommunalabgabengesetz M-V, sondern in der Fiktion des § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 2. Halbsatz StrWG M-V, wonach – soweit die Gemeinden zur Deckung der Kosten Gebühren erheben – die Pflichtigen als Benutzer einer öffentlichen Einrichtung im Sinne des Kommunalabgabengesetzes des Landes Mecklenburg-Vorpommern gelten (siehe nur Wichmann, Straßenreinigung und Winterdienst in der kommunalen Praxis, 5. Aufl. 2006, Rdn. 308). Diese Vorschrift fingiert die Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung „Straßenreinigung“ durch den Gebührenschuldner als gesetzliches Benutzungsverhältnis. Erst über diese Fiktion wird das Regelungsregime des § 6 KAG M-V (auch über die Kosten- und Gebührenberechnung) überhaupt eröffnet, insbesondere auch für die Vorschrift des § 6 Abs. 4 Satz 3, nach der Gebühren nach Satz 2 als öffentliche Last auf dem Grundstück ruhen, soweit es sich – wie bei der Straßenreinigungsgebühr – um grundstücksbezogene Gebühren handelt. Zutreffend zitiert die streitgegenständliche Gebührensatzung deshalb in ihrem Eingangssatz als Ermächtigungsgrundlage beide Vorschriften.

33

Die so eröffnete Regelung des § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V enthält keine abschließende Regelung zur satzungsrechtlichen Bestimmung der Gebührenschuldner. Das folgt schon aus Satz 4 dieser Norm; danach kann die Satzung bei grundstücksbezogenen Gebühren – zu denen auch die Straßenreinigungsgebühr gehört – bestimmen, dass sonstige Nutzungsberechtigte des Grundstücks gebührenpflichtig sind. Insoweit wird dem Satzungsgeber ein Ermessen eröffnet. Eine entsprechende Erweiterung seines Regelungsrahmens stellt auch die Vorschrift des § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 1. Halbsatz StrWG M-V dar. Diese Norm, die ebenfalls keine zwingende Vorgabe hinsichtlich der Gebührenschuldner enthält, eröffnet ein entsprechendes Satzungsermessen im Sinne einer Berechtigungsnorm („Sie sind berechtigt, durch Satzung …“). Dass es sich bei § 50 Abs. 4 Satz 2 StrWG M-V um eine solche Berechtigungsnorm handelt, lässt sich auch systematisch an der Struktur der Vorschrift erkennen, die nicht lediglich eine solche Regelung über die Gebührenschuldner trifft, sondern umfassend die Gemeinde berechtigt, ihre nach Satz 1 der Vorschrift bestehende Reinigungspflicht zu organisieren, und sie ermächtigt, dazu unter bestimmten Voraussetzungen Straßen außerhalb der Ortslage in die Reinigungspflicht einzubeziehen (Nr. 1), die Reinigungspflicht ganz oder teilweise auf die dinglich Berechtigten zu übertragen (Nr. 2), vorzusehen, dass ein Dritter anstelle des dinglich Berechtigten die Reinigungspflicht übernimmt (Nr. 4), sowie Art und Umfang der Reinigungspflicht zu bestimmen (Nr. 5). Der Landesgesetzgeber räumt damit den Gemeinden einen weiten Regelungsspielraum ein, ohne selbst verbindlich den Kreis der im Ergebnis Reinigungs- bzw. Gebührenpflichtigen vorzuschreiben.

34

§ 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V vermag § 50 Abs. 4 Satz 2 StrWG M-V auch deshalb nicht zu verdrängen, weil § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V den Gebührenschuldner nur für „das Grundstück“ benennt, ohne festzulegen, welche Grundstücke für die Bestimmung des Kreises der Benutzer maßgeblich sein sollen. Das erscheint zwar für die Gebühren, die – etwa wie bei der Wasserversorgung bzw. der Abwasserbeseitigung – technisch eine Zu-/bzw. Ableitung auf das jeweilige Grundstück benötigen, grundsätzlich auch nicht erforderlich. Das gilt für Straßenreinigungsgebühr jedoch so nicht, vielmehr eröffnet erst § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 1. Halbsatz StrWG M-V die Satzungsbefugnis, die Eigentümer und dinglich Berechtigten der anliegenden Grundstücke und darüber hinaus auch der durch die Straße erschlossenen Grundstücke zu Gebühren heranzuziehen.

35

Nach alldem sind beide Normen jeweils für sich als Berechtigungsnormen im Sinne einer Ermächtigungsgrundlage für den Erlass einer Straßenreinigungsgebührensatzung zu verstehen. Sowohl § 6 Abs. 4 KAG M-V als auch § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 StrWG M-V enthalten jeweils keine gesetzlich abschließende Regelung, sondern überlassen es dem Satzungsermessen der Gemeinde, die Gebührenschuldner konkret festzulegen. Die normhierarchisch gleichrangigen Bestimmungen zum Gebührenschuldner einer Straßenreinigungsgebühr in § 50 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 1. Halbsatz StrWG M-V und § 6 Abs. 4 Satz 2 KAG M-V schließen sich nicht gegenseitig aus. Sie bleiben auch nach der Einführung von § 6 Abs.4 Satz 2 KAG M-V durch das Kommunalabgabengesetz vom 01. Juni 1993 (GVOBl. M-V, S. 522, 922) sinnvoll nebeneinander anwendbar; sie wären für sich genommen hinsichtlich der streitigen Gebührenerhebung unvollständig. Gebührenschuldner ist, wer nach den grundsteuerrechtlichen Vorschriften Schuldner der Grundsteuer für das anliegende oder das erschlossene Grundstück ist oder sein würde, wenn das Grundstück nicht von der Grundsteuer befreit wäre. Der Satzungsgeber kann daneben oder anstelle dieser Personengruppe die Eigentümer, die zur Nutzung dinglich Berechtigten und sonstige Nutzungsberechtigte des Grundstücks gemeinsam oder einzeln zu Schuldnern der Straßenreinigungsgebühr bestimmen und deren Gesamtschuldnerschaft anordnen (§ 12 KAG M-V i. V. m. § 44 AO)

36

Hinsichtlich der weiteren vom Kläger vorgetragenen Einwände insbesondere auch im Hinblick auf die Rechtsanwendung verweist der Senat gemäß § 130b Satz 2 VwGO analog auf die zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab.

2.

37

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

38

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 u. Abs. 2 VwGO i. V .m. §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

39

Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tatbestand

5

Die Beteiligten streiten um die Wirksamkeit einer Niederschlagswassergebührensatzung.

6

Der Antragsteller ist Eigentümer eines Grundstücks in der Stadt B-Stadt. Die Antragsgegnerin betreibt in ihrem Stadtgebiet eine öffentliche Einrichtung zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung. Das Grundstück des Antragstellers ist an diese Anlage angeschlossen. Der Antragsteller wurde im Zeitraum von 2006 bis 2014 von der Antragsgegnerin zu Niederschlagswassergebühren veranlagt. Wegen der Bescheide für die Erhebungsjahre 2010 bis 2012 legte der Antragsteller Widersprüche ein; nach deren Zurückweisung erhob er Klage zum Verwaltungsgericht Schwerin (Aktenzeichen 4 A 820/11), über die bisher nicht entschieden ist.

7

Die Stadtvertretung der Antragsgegnerin beschloss am 4. November 2010 die Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt G (nachfolgend: Niederschlagswassergebührensatzung 2010). Die Satzung wurde am 4. November 2010 ausgefertigt und am 17. November 2010 im amtlichen Bekanntmachungsblatt der Antragsgegnerin „Heimatbote“ öffentlich bekanntgemacht. Sie trat rückwirkend zum 1. Januar 2006 in Kraft.

8

Am 19. September 2011 hat der Antragsteller einen Normenkontrollantrag gegen die Niederschlagswassergebührensatzung 2010 gestellt.

9

Am 13. Dezember 2012 beschloss die Stadtvertretung der Antragsgegnerin die 1. Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt Goldberg. Die Änderungssatzung wurde am 13. Dezember 2012 ausgefertigt und am 11. Januar 2013 öffentlich bekanntgemacht. Sie trat rückwirkend zum 1. Januar 2013 in Kraft.

10

Zur Begründung seines Antrags wendet sich der Antragsteller im Wesentlichen gegen die Bestimmungen zu den Gebührensätzen. Die in § 4 Abs. 2 Buchst. b der angefochtenen Satzung zum 1. Januar 2010 vorgenommene Erhöhung der Zusatzgebühr von 0,02 Euro auf 0,58 Euro je gebührenpflichtigen Quadratmeter verstoße gegen das Rückwirkungsverbot und sei nicht gerechtfertigt. Ein Unterdeckungsausgleich habe erst in dem auf die Kalkulation folgenden Jahr, also zum 1. Januar 2011 vorgenommen werden dürfen. Methodische Fehler in der vorangegangenen Kalkulation dürften ohnehin nicht im Wege des Kostenunterdeckungsausgleichs korrigiert werden. So liege es hier. In die Flächenermittlung zur Kalkulation der Gebührensätze der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt G vom 4. Oktober 2005 seien erheblich mehr Gebühreneinheiten eingestellt worden als bei der Kalkulation der angefochtenen Satzung. Das deute auf einen methodischen Fehler hin.

11

Auch die aktuelle Kalkulation sei auf der Kostenseite fehlerhaft. Die Herstellungswerte der Anlage, die über die vorgenommenen Abschreibungen gebührenwirksam geworden seien, seien unrichtig berechnet worden. Die Ermittlung des Mischzinssatzes berücksichtige zu Unrecht Kredite, die sich nicht der Herstellung der abgerechneten Anlage zuordnen ließen. Auch die Berechnung der kalkulatorischen Zinsen nach der Auflösungs-Restwertmethode sei vorliegend zu Lasten der Gebührenpflichtigen fehlerhaft erfolgt.

12

Der Antragsteller beantragt,

13

die Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt Goldberg vom 4. November 2010 mit Ausnahme des § 10 für unwirksam zu erklären, soweit sie Geltung für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 31. Dezember 2012 beansprucht.

14

Die Antragsgegnerin beantragt,

15

den Antrag abzulehnen.

16

Sie verteidigt die angegriffene Satzung und tritt der Antragsbegründung im Einzelnen entgegen.

17

Der rückwirkend festgesetzte und vergleichsweise geringe Satz der Zusatzgebühr für den Veranlagungszeitraum 2006 bis 2009 beruhe auf dem Schlechterstellungsverbot. Die Stadtvertretung habe keine rückwirkende Gebührenerhöhung beschließen und die Gebührensätze aus der vorangegangenen Satzung nicht überschreiten dürfen. Die Kalkulation aus dem Jahre 2005, die zu diesen Gebührensätzen geführt habe, habe keine „politische Gebühr“ zum Ergebnis gehabt, mit der eine Kostenunterdeckung bewusst in Kauf genommen worden wäre. Das gelte auch für die dortige Flächenermittlung, die die damaligen Katasterunterlagen und eine Einwohnerbefragung zur Grundlage gehabt habe. Daher sei die tatsächlich eingetretene Kostenunterdeckung in den folgenden drei Jahren von 2010 bis 2012 auszugleichen gewesen. Das Defizit sei überwiegend im Bereich der variablen Kosten entstanden und deshalb allein bei der Zusatzgebühr kostenerhöhend angesetzt worden. Die invariablen Kosten seien im Wesentlichen durch die Grundgebühr gedeckt worden. Ab 2013 sei mit einem Absinken der Gebührensätze zu rechnen gewesen. Mit der 1. Änderungssatzung seien dementsprechend zum 1. Januar 2013 auch niedrigere Gebührensätze festgesetzt worden.

18

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

19

Der Normenkontrollantrag ist zulässig (1.) und begründet (2.). Die Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt B vom 4. November 2010 ist im Umfang des gestellten Antrags unwirksam.

20

1. Der Antrag ist gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i.V.m. § 13 AGGerStrG M-V statthaft und auch im Übrigen zulässig. Er ist rechtzeitig innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der streitbefangenen Satzung gestellt worden (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Der Antragsteller ist gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO antragsbefugt. Er kann als Gebührenschuldner nach § 5 Abs. 1 Satz 1 Niederschlagswassergebührensatzung 2010 geltend machen, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in seinen Rechten verletzt zu sein. Dem Antragsteller steht im Umfang der Antragstellung auch ein Rechtsschutzbedürfnis zur Seite. Da die gegen ihn ergangenen Bescheide über die Erhebung einer Niederschlagswasserbeseitigungsgebühr insoweit noch nicht bestandskräftig geworden sind, stellt die Feststellung der Unwirksamkeit der streitgegenständlichen Satzung den Antragsteller im Anfechtungsprozess rechtlich besser (vgl. OVG Greifswald, Urt. v. 03.07.2002 – 4 K 35/01 –, juris Rn. 11).

21

2. Der Normenkontrollantrag ist auch begründet. Die Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt B-Stadt vom 4. November 2010 verstößt, soweit sie Gegenstand dieses Verfahrens geworden ist, gegen höherrangiges Recht, das der Prüfung des Oberverwaltungsgerichts unterliegt. Im Ergebnis ist die Satzung nicht nur hinsichtlich einzelner Bestimmungen, sondern insgesamt unwirksam. Sie ist deshalb im beantragten Umfang gemäß § 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO für unwirksam zu erklären.

22

Die streitbefangene Niederschlagswassergebührensatzung weist nicht den durch § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V vorgeschriebenen Mindestinhalt einer Abgabensatzung auf. Sie enthält für die Veranlagungsjahre 2010 bis 2012 keine wirksame Bestimmung der Abgabensätze. Die Regelung des Gebührensatzes für die Zusatzgebühr in den Jahren 2010 bis 2012 in § 4 Abs. 2 Buchst. b Niederschlagswassergebührensatzung 2010, wonach die jährliche Zusatzgebühr für die Inanspruchnahme der Einrichtung zur zentralen Niederschlagswasserbeseitigung ab dem 1. Januar 2010 0,58 Euro je Quadratmeter zusatzgebührenpflichtiger Fläche beträgt, beruht auf einer methodisch fehlerhaften Kalkulation und ist daher unwirksam (a). Das führt mangels einer Teilbarkeit der Satzung zur Unwirksamkeit auch der Bestimmung über den Satz der Grundgebühr und damit zur Gesamtunwirksamkeit der Gebührensatzung für den genannten Zeitraum (b). Auf die sonstigen Einwendungen des Antragstellers gegen die Wirksamkeit der Satzung kommt es deshalb nicht mehr an.

23

a) Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichts muss dem Rechtssetzungsorgan – neben der Beschlussvorlage über die Satzung – bei der Beschlussfassung eine Kalkulation über den Abgabensatz vorliegen. Wird dem Vertretungsorgan vor oder bei seiner Beschlussfassung über den Abgabensatz eine solche Kalkulation nicht zur Billigung unterbreitet oder ist die unterbreitete Abgabenkalkulation in einem für die Abgabensatzhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft, hat dies die Unwirksamkeit der Bestimmung des Abgabensatzes zur Folge, weil das Vertretungsorgan anderenfalls sein Ermessen nicht fehlerfrei ausüben kann (vgl. zuletzt OVG Greifswald, Urt. v. 21.04.2015 – 1 K 46/11 –, juris Rn. 67 unter Hinweis auf OVG Greifswald, Urt. v. 02.06.2004 – 4 K 38/02 –, juris Rn. 63, 142, m.w.N.; grundlegend OVG Greifswald, Urt. V. 25.02.1998 – 4 K 8/97, 4 K 18/97 –, juris).

24

Die Gebührenkalkulation für die Veranlagungsjahre 2010 bis 2012 war in einem für die Gebührensatzhöhe wesentlichen Punkt mangelhaft. Sie berücksichtigte für diesen Zeitraum bei der Zusatzgebühr methodisch fehlerhaft einen Kostenunterdeckungsausgleich.

25

Der vorgenommene Unterdeckungsausgleich findet im Gesetz keine Stütze. Nach § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V in der bei Satzungserlass maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 12. April 2005 (GVOBl. M-V S. 146) – KAG M-V a.F. – sollen Kostenunterdeckungen innerhalb von drei Jahren nach Ende des abgeschlossenen Kalkulationszeitraums ausgeglichen werden, wenn am Ende des Kalkulationszeitraums die tatsächlichen von den kalkulierten Kosten abweichen.

26

Bereits aus dem Wortlaut der Vorschrift, die ein Abweichen der tatsächlichen von den kalkulierten Kosten und einen abgeschlossenen Kalkulationszeitraum voraussetzt, ergibt sich, dass die Berücksichtigung einer Kostenunterdeckung von vornherein ausscheiden muss, soweit sie in einem Zeitraum entstanden ist, für den es an einer Vorauskalkulation überhaupt fehlt. So liegt es hier für das Veranlagungsjahr 2009, das von der Kalkulation der Gebührensätze in der Satzung der Antragsgegnerin vom 4. Oktober 2005 nicht mehr erfasst wurde. Gleichwohl ist in der hier zu prüfenden Kalkulation eine Unterdeckung für diesen Zeitraum im Wege der Nachkalkulation ermittelt und für das Veranlagungsjahr 2012 kostenerhöhend in die Kalkulation des Zusatzgebührensatzes eingestellt worden.

27

Dass ein Unterdeckungsausgleich für das Jahr 2009 nicht in Betracht kommt, ergibt sich auch aus Sinn und Zweck des § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V a.F.. Die Vorschrift durchbricht den gebührenrechtlichen Grundsatz der Periodengerechtigkeit. Dieser hat zum Inhalt, dass die Gebührenpflichtigen nur mit denjenigen Kosten belastet werden dürfen, die den Nutzungen in der betreffenden Kalkulationsperiode entsprechen. Der Grundsatz der Periodengerechtigkeit stellt sich damit als Ausprägung des Äquivalenzprinzips und der Leistungsproportionalität in zeitlicher Hinsicht dar (Brüning, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September 2014, § 6, Rn. 92). Der Gebührenschuldner soll grundsätzlich nur solche Kosten tragen müssen, die im Veranlagungszeitraum durch die Inanspruchnahme der Leistung entstanden sind.

28

Die in § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V a.F. normierte Ausnahme von diesem Grundsatz findet ihre Rechtfertigung in dem Umstand, dass die Kalkulation eines Gebührensatzes als Vorauskalkulation notwendigerweise auf einer Prognose der Kosten für den Betrieb der öffentlichen Einrichtung und der Inanspruchnahme der Einrichtung durch die Gebührenschuldner im Kalkulationszeitraum beruhen muss. Eine Prognoseentscheidung ist notwendigerweise mit Unsicherheiten verbunden. Dem trägt eine Ausgleichsregelung im Sinne einer Risikoverteilung Rechnung. Sie erlaubt dem Aufgabenträger, eine von der Prognose abweichende Entwicklung der Kosten und der Gebühreneinheiten – insoweit ist die Vorschrift entsprechend anzuwenden – nach Ende des Kalkulationszeitraums auszugleichen (vgl. OVG Bautzen, Urt. v. 12.01.2015 – 5 A 597/09 –, juris Rn. 25 f. und OVG Münster, Urt. v. 20.01.2010 – 9 A 1469/08 –, juris Rn. 29; zur entsprechenden Anwendung der Vorschrift auf die Entwicklung der Gebühreneinheiten VG Greifswald, Urt. v. 23.01.2014 – 3 A 1372/12 –, juris Rn. 21, und Driehaus, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand September 2014, § 6, Rn. 102). Eine eingetretene Kostenunterdeckung darf gemäß § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V a.F. in den folgenden drei Jahren zu Lasten der Gebührenschuldner ausgeglichen werden. Die Regelung erfasst folgerichtig auch den umgekehrten Fall; eine eingetretene Kostenüberdeckung muss in diesem Zeitraum zu Gunsten der Gebührenschuldner ausgeglichen werden.

29

Daraus folgt zugleich, dass der Anwendungsbereich von § 6 Abs. 2d Satz 2 KAG M-V a.F. als Ausnahmevorschrift vom gebührenrechtlichen Äquivalenzprinzip zu beschränken ist. Die Norm ist kein Instrument, um methodische Fehler einer vorangegangenen Kalkulation auszugleichen. Diese sind nicht Ausdruck der unvermeidbaren Prognoseunsicherheit bei der Vorausschau von Kosten und Gebühreneinheiten. Auch sind die Ergebnisse einer bewussten Kostenunterdeckung (etwa durch einen „politischer Gebührensatz“) nicht über einen Kostenunterdeckungsausgleich zu korrigieren (vgl. Siemers, in: Aussprung/Siemers/Holz/Seppelt, KAG M-V, Stand Juli 2014, § 6, Anm. 6.2.5).

30

Durch die Bildung eines durchschnittlichen Gebührensatzes für den Kalkulationszeitraum 2010 bis 2012 wirkt sich der methodische Fehler der Berücksichtigung eines Kostenunterdeckungsausgleichs auf die Festsetzung des Zusatzgebührensatzes in § 4 Abs. 2 Buchst. b Niederschlagswassergebührensatzung 2010 für den gesamten Regelungszeitraum aus.

31

Der Senat musste nach alledem nicht mehr entscheiden, ob die Voraussetzungen für den Unterdeckungsausgleich schon wegen einer bewusst herbeigeführten Kostenunterdeckung nicht vorlagen, da die Niederschlagswassergebührensatzung 2010 hier rückwirkend zum 1. Januar 2006 und für den Zeitraum bis zum 31. Dezember 2009 mit den (nicht kostendeckenden) Zusatzgebührensätzen aus der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Niederschlagswasserbeseitigung in der Stadt B-Stadt vom 4. Oktober 2005 in Kraft gesetzt worden war. In Rechtsprechung und Literatur wird vertreten, dass im Falle der Rückwirkung einer Gebührensatzung für die Berechnung des Gebührensatzes keine Vorauskalkulation mehr in Betracht komme und vielmehr in vollem Umfang von den für die maßgebliche Abrechnungsperiode bekannten tatsächlichen Kosten auszugehen sei. Das schließe das Entstehen einer Kostenunterdeckung aus, weil keine Prognoseunsicherheit bestehen könne (vgl. OVG Münster, Urt. v. 20.01.2010 – 9 A 1469/08 –, juris Rn. 38; OVG Magdeburg, Urt. v. 27.07.2006 – 4 K 253/05 –, juris Rn. 40; VGH München, Urt. v. 02.04.2004 – 4 N 00.1645 –, juris Rn. 22; Siemers, in: Aussprung/Siemers/Holz/Seppelt, KAG M-V, Stand Juli 2014, § 6, Anm. 7.3.3.3 m.w.N.).

32

Dagegen ließe sich möglicherweise einwenden, dass eine Nacherhebung von Gebühren für den abgelaufenen Kalkulationszeitraum dann nicht in Betracht kommt, wenn eine Schlechterstellung der Gebührenschuldner aus verfassungsrechtlichen Gründen ausscheidet (vgl. zu den Voraussetzungen der rückwirkenden Schlechterstellung eines Abgabenschuldners BVerwG, Beschl. v. 29.01.2015 – 9 B 51/14 –, juris Rn. 7, m.w.N.). Das ist in der Rechtsprechung für den Fall angenommen worden, dass bei der rückwirkenden Ersetzung einer wegen einer fehlerhaften Maßstabsregel unwirksamen Gebührensatzung eine unabhängig davon eingetretene Kostenunterdeckung durch erhöhte Gebührensätze beseitigt werden sollte (VG Karlsruhe, Urt. v. 30.01.2014 – 2 K 2233/13 –, juris Rn. 50 ff.).

33

b) Die Nichtigkeit der Satzungsregel zur Höhe des Zusatzgebührensatzes führt auch zur Nichtigkeit der Regelung über den Satz der Grundgebühr für den Veranlagungszeitraum 2010 bis 2012 und damit mangels einer Bestimmung des Abgabensatzes zur Gesamtnichtigkeit der Niederschlagswassergebührensatzung 2010 im beantragten Umfang. Eine auf die Bestimmung des Zusatzgebührensatzes beschränkte Teilnichtigkeit der Satzung scheidet aus. Die Teilnichtigkeit einer Abgabensatzung ist anzunehmen, wenn die Norm auch ohne den nichtigen Teil sinnvoll bleibt, insbesondere der Restbestand der Bestimmung den von § 2 Abs. 1 KAG M-V erforderten Mindestinhalt umfasst und anzunehmen ist, dass der Satzungsgeber die Vorschrift auch ohne den nichtigen Teil erlassen hätte (OVG Greifswald, Urt. v. 14.09.2010 – 4 K 12/07 –, juris Rn. 71). Es ist nicht anzunehmen, dass der Satzungsgeber, der ersichtlich eine Kostendeckung des Anlagenbetriebs durch ein System aus Grundgebühr und Zusatzgebühr angestrebt hat, die Satzung auch mit nur einer nicht kostendeckenden Grundgebühr beschlossen und auf die Erhebung von Zusatzgebühren ganz verzichtet hätte (vgl. in diesem Sinne auch OVG Lüneburg, Urt. v. 10.11.2014 – 9 KN 33/14 –, juris Rn. 91 und OVG Weimar, Urt. v. 12.12.2001 – 4 N 595/94 –, juris Rn. 106).

34

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Grundlage der Ausspruchs über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.

Tenor

Der Gebührenbescheid Trink-/Schmutzwasser vom 7. Oktober 2010, Bescheidsnummer VR 78061, und die Widerspruchsbescheide vom 30. Dezember 2010 werden aufgehoben, soweit darin Trink- und Schmutzwassergebühren über 612,86 € hinaus festgesetzt werden.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 38 % und die Beklagte zu 62 %.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen einen Trink- und Schmutzwassergebührenbescheid.

2

Die Klägerin, eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, ist – was unstreitig ist - Eigentümerin des bebauten Grundstücks mit der postalischen Adresse A.weg x in Z., bestehend aus dem Flurstück a der Flur b, Gemarkung Z.. Auf dem Grundstück befinden sich offenbar sechs Wohnungen.

3

Für den Zeitraum vom 1. Oktober 2008 bis 30. September 2009 setzte die Beklagte mit (wohl unanfechtbar gewordenem) Gebührenbescheid Trink-/Schmutzwasser vom 1. Oktober 2009 gegenüber einer „G. GbR“ im Hinblick auf dieses Grundstück entsprechende Gebühren fest.

4

Mit dem hier streitgegenständlichen Gebührenbescheid Trink-/Schmutzwasser vom 7. Oktober 2010, Bescheidsnummer VR 78061, setzte die Beklagte gegenüber der Klägerin bei einem Trinkwasserverbrauch von 389 m³ im Heranziehungszeitraum vom 1. Oktober 2009 bis 30. September 2010 Trinkwassergebühren in Höhe von 816,96 € und Schmutzwassergebühren in Höhe von 1.615,29 € fest. Die Gebühren wurden laut Bescheid zum 21. Oktober 2010 fällig. Auf das vierte Quartal des Kalenderjahres 2009 entfielen dabei bei offenbar sechs Wohneinheiten und ausgehend von einem Jahresanteil von 92/365stel 64,73 € Grund- und 141,12 € Zusatzgebühren für den Bereich der öffentlichen Einrichtung zur Trinkwasserversorgung sowie 151,23 € Grund- und 255,78 € Zusatzgebühren für den Bereich der öffentlichen Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserentsorgung, mithin insgesamt 612,86 €, für die ersten drei Quartale des Kalenderjahres 2010 waren es dann bei einem Jahresanteil von 273/365stel 192,07 € Grund- und 419,04 € Zusatzgebühren für den genannten Bereich Trinkwasser sowie 448,77 € Grund- und 759,51 € Zusatzgebühren für den genannten Bereich Schmutzwasser.

5

Zugleich wurden darin neue Abschläge für die beiden Gebührenbereiche festgelegt, wobei der festgesetzte „Gesamtbetrag“ von 405 € (für beide Gebühren) jeweils am 15. Dezember 2010, 15. Februar 2011, 15. April 2011, 15. Juni 2011 und 15. August 2011 fällig gestellt wurde.

6

Schließlich sind dort unter „(w)eitere offene Forderungen/Guthaben (-)“ 112,24 € aufgeführt.

7

Gegen diesen Gebührenbescheid legte die Klägerin mit Schreiben vom 8. Oktober 2010 Widerspruch ein, in dem sie die Gebührenhöhe bestritt und die detaillierte und prüffähige Offenlegung der Kostenkalkulationen sowie die „Ist-Nachkalkulation“ für die zurückliegenden drei Wirtschaftsjahre in attestierter Form erbat.

8

Die Beklagte wies den Widerspruch mit (vier gleichlautenden) Widerspruchsbescheiden vom 30. Dezember 2010 zurück, jeweils adressiert an einen der vier Gesellschafter „für“ die Klägerin. Die Widerspruchsbescheide wurden ihnen am 4. Januar 2011 zugestellt.

9

Für den dort so bezeichneten Abrechnungszeitraum vom 1. Oktober 2010 bis 30. September 2011 und die „Verbrauchsstelle“ im A.weg x, Z., erließ die Beklagte sodann, adressiert an die vier Gesellschafter „für“ die Klägerin, jeweils einen weiteren, hier nicht streitgegenständlichen Trink- und Schmutzwassergebührenbescheid vom 7. Oktober 2011.

10

Bereits am 2. Februar 2011 hat die Klägerin die vorliegende Klage gegen den Gebührenbescheid vom 7. Oktober 2010 erhoben, mit der sie vorträgt:

11

Der Bescheid entspreche insgesamt nicht den zugrunde liegenden Satzungen.

12

Die Fehlerhaftigkeit des Gebührenbescheids ergebe sich bereits aus der Festsetzung des Erhebungszeitraums. Nach § 6 der Satzung über die Erhebung von Gebühren über die Wasserversorgung vom 3. März 2010 als auch nach § 8 der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Schmutzwasserbeseitigung vom 3. März 2010 sei der Erhebungszeitraum für die Grund- und Zusatzgebühren das Kalenderjahr. Demzufolge entstehe die Gebührenschuld nach den genannten Satzungsnormen mit Ablauf des Kalenderjahres.

13

Unklar bleibe, woraus die „weitere offene Forderung“ in Höhe von 112,24 € resultiere. Der hinterfragte Betrag könne keine Altforderung aus dem Vorjahr sein. Sie, die Klägerin, habe immer alle Forderungen beglichen, die Beklagte könne sicherlich belegen, woraus die offene Forderung resultieren solle.

14

Gleichzeitig schrieben die benannten Regelungen vor, dass die Abschläge u. a. auch zum 15. Oktober 2010 des jeweiligen Jahres fällig sein sollten. Der Gebührenbescheid setze andere Fälligkeitszeiten fest. Was sei mit der Abschlagszahlung sowohl vom 15. Oktober 2010 als auch mit derjenigen vom 15. Oktober 2011?

15

Unabhängig davon, ob vorliegend die Satzungen in der Fassung vom 3. März 2010 oder in der Fassung vom 1. Dezember 2010 zur Anwendung gelangten, sei es notwendig, dass die Gebührensatzungen mit der Wasserversorgung- bzw. der Schmutzwassersatzung korrespondierten. Die aktuell beschlossenen Satzungen seien erst zum späteren Zeitpunkt in Kraft getreten.

16

Die Satzung müsse für Gebühren, die für die laufende Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung erhoben würden, das Zeitintervall festlegen, für welches die Gebühren jeweils anfallen sollten. Bei laufenden Jahresgebühren entstehe die Gebührenschuld grundsätzlich, d. h. wenn satzungsgemäß nichts Abweichendes bestimmt werde, erst mit Ablauf des Kalenderjahres. Nach Ablauf des Erhebungszeitraumes würden die Gebühren durch schriftlichen Bescheid festgesetzt, vgl. § 6 Abs. 4 Gebührensatzung Wasser und § 8 Abs. 3 Gebührensatzung Schmutzwasser.

17

Die festgesetzte Gebühr sei zum Zeitpunkt des Erlasses des Bescheids noch nicht entstanden gewesen. Das von der Beklagten benannte „rollierende System“ finde weder im Gesetz noch in den Satzungen eine Rechtsgrundlage.

18

Die Gebühr könne auch nur fällig werden, wenn die Abgabenschuld bereits entstanden sei.

19

Die Klägerin beantragt schriftsätzlich,

20

den Gebührenbescheid der Beklagten über Trink- und Schmutzwasser vom 7. Oktober 2010 unter der Bescheidsnummer VR 0000078061 in Form der Widerspruchsbescheide vom 30. Dezember 2010 aufzuheben.

21

Die Beklagte beantragt schriftsätzlich,

22

die Klage abzuweisen,

23

und trägt dazu vor:

24

Es werde zunächst auf die bisherige Argumentation, insbesondere im Widerspruchsverfahren, verwiesen.

25

Das einschlägige Satzungsrecht des Zweckverbands sei ebenso wenig zu beanstanden wie die Rechtsanwendung im vorliegenden Fall.

26

Erhebungszeitraum sei laut Satzung das Kalenderjahr. Nichtsdestoweniger könne der Verband im rollierenden System je nach erfolgender Ablesung seine Bescheide erlassen, solange Bezugsdatum und ermittelter Verbrauch stimmten. So könne die Abrechnung z. B. auf das Abrechnungsjahr von Objektverwaltungen pp. abgestimmt werden. Wünsche die Klägerin explizit eine Ablesung zum jeweiligen Kalenderjahreswechsel (und liefere die entsprechenden Ablesewerte zur Synchronisierung mit den Unterzählern), werde man dem – wie in anderen Fällen auch – Rechnung tragen. Solange dies nicht geschehe, werde dem satzungsgemäß als Abrechnungszeitraum angegebenen Kalenderjahr genügt, indem im Bescheid der zum 31. Dezember des jeweiligen Jahres errechnete Wert informatorisch mitgeteilt werde.

27

Die „weitere offene Forderung“ i. H. v. 112,24 € sei eine Altforderung aus dem Vorjahr, die indessen hier nicht angefochten sei, da der Bescheid nach dem Wortlaut der Klage lediglich i. H. v. 2.432,25 € (= Neuforderung) angefochten sei.

28

Auch die Angabe der Fälligkeit der neuen Abschläge sei nicht zu beanstanden bzw. mache jedenfalls den in Rede stehenden Bescheid nicht rechtswidrig. Erstens wäre es in einem Bescheid vom 7. Oktober 2010 inopportun gewesen, sogleich für den 15. Oktober 2010 einen Abschlag fällig zu stellen. Vor dem Abschlag vom 15. November 2011 sei indessen bereits die nächste Abrechnung zu erwarten. Insofern seien zunächst nur fünf Abschläge (zu insgesamt auch nur 5/6 des Gebührenaufkommens i. H. v. rund 2.450 €) fixiert, woraus der Klägerseite kein Nachteil entstehe. Der sechste Abschlag wäre sodann zu gegebener Zeit in der Höhe fixiert worden, die dann (Mitte Oktober 2011) zur Zahlung angestanden hätte, also unter Berücksichtigung bis dahin angefallener weiterer Verbräuche und sich hieraus ergebender weiterer Forderungen oder Guthaben.

29

Die Beteiligten haben sich mit Schriftsätzen vom 22. und 24. Februar 2011 mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 3. Dezember 2014 zur Entscheidung auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

Entscheidungsgründe

30

Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 VwGO).

31

A. I. Streitgegenständlich sind entgegen der Annahme der Beklagten nicht nur die Festsetzungen der Trink- und Schmutzwassergebühren für den dort genannten Heranziehungszeitraum im angefochtenen Gebührenbescheid vom 7. Oktober 2010. Die von ihr offenbar zur Feststellung des Klageumfangs herangezogene Passage in der Klageschrift enthält lediglich die (zutreffende) Darstellung der Addition der im Bescheid festgesetzten Trink- und Schmutzwassergebühren (2.432,25 €).

32

II. Klageziel ist ausweislich der Klagebegründung auch die Anfechtung der im genannten Gebührenbescheid zugleich festgesetzten Fälligkeiten der Vorauszahlungen („Abschläge“) auf die im nächsten Erhebungszeitraum (dazu später) anfallenden Trink- und Schmutzwassergebühren. Dies entnimmt das Gericht dem fünften Absatz des die Klagebegründung enthaltenden Schriftsatzes der anwaltlichen Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 31. Juli 2012. Er lautet:

33

Insgesamt* entspricht der Bescheid nicht den zugrundeliegenden Satzungen.“

34

*Hervorhebung durch das Gericht

35

Da zuvor von der Klägerin eine Diskrepanz zwischen den Satzungsregelungen zu den Abschlagsterminen und den entsprechenden Festsetzungen im Bescheid vom 7. Oktober 2010 ausdrücklich benannt und gefragt wird:

36

„Was ist mit der Abschlagszahlung sowohl vom 15.10.2010 als auch mit der Abschlagszahlung vom 15.10.2011?“,

37

muss das Gericht davon ausgehen, dass auch dieser weitere Regelungsgegenstand des (damit „insgesamt“ angefochtenen) Gebührenbescheids vom 7. Oktober 2010 streitgegenständlich ist, wobei allerdings in der gestellten Frage nur die dort genannten Termine als (rechtswidrigerweise fehlend) moniert werden könnten.

38

Im Ergebnis geht das Gericht aus den nachfolgenden Erwägungen heraus indessen nur von einem Angriff auf die fehlende Festsetzung eines „sechsten“ Fälligkeitstermins aus. Das bestmöglich erreichbare Klageziel wäre insoweit die rechtstreue „sklavische“ Übernahme der bereits dort „zementierten“ (insgesamt sechs) Termine im Regelungsteil zu den Vorauszahlungen des angegriffenen Gebührenbescheids, wobei hier im Rahmen der Ermittlung des Umfangs des Klagebegehrens offen bleiben kann, ob sich dann die Höhe des jeweiligen Abschlags verändert hätte oder nicht. Insofern geht das Gericht davon aus, dass die Klägerin die von ihr in der aufgeworfenen Frage im Zuge der Klagebegründung konkret genannten „weiteren“ Fälligkeitstermine nicht beide regelungstechnisch vermisst (mit der von ihr wohl kaum beabsichtigten Folge von dann sogar sieben Fälligkeitsterminen der Vorauszahlungen), sondern dass es ihr darum geht, ob nicht noch ein weiterer Fälligkeitstermin im Gleichklang mit der jeweils satzungsmäßigen Anzahl im Regelungsteil des Bescheids vom 7. Oktober 2010 herzustellen gewesen wäre. In diesem Zusammenhang schadet es dann auch nicht, dass die Klägerin ihre eigene vorangegangene Argumentationskette zur Konkordanz zwischen den Satzungsregelungen und den Gebührenfestsetzungen in der Fragestellung zu den Abschlägen aus den Augen verliert und einen – noch „rechtswidrigeren“ - Fälligkeitstermin am 15. Oktober 2010 für die Vorauszahlungen auf die endgültig satzungsrechtlich erst „mit dem Ablauf“ des Erhebungszeitraums des Kalenderjahres 2011 entstehenden und danach festzusetzenden Trink- und Schmutzwassergebühren dieses Jahres (= 2011) moniert, dagegen den im Bescheid festgesetzten Fälligkeitstermin am 15. Dezember 2010 nicht ausdrücklich als rechtswidrig „brandmarkt“.

39

III. Das Klagebegehren der Klägerin beinhaltet schließlich auch Angriffe gegen die im Bescheid benannten „weitere(n) offene(n) Forderungen … 112,24 EUR“, wie sie seit der Klagebegründung mit Schriftsatz vom 31. Juli 2012 formuliert und trotz der Replik der Beklagten mit Schriftsatz vom 26. November 2014 bis heute aufrechterhalten sind, wie der Schriftsatz der Klägerin vom 16. Dezember 2014 zeigt.

40

B. Die so umfänglich erfasste Klage hat nur teilweise Erfolg.

41

I. Die Anfechtungsklage gegen die Festsetzungen der Trink- und Schmutzwassergebühren im angefochtenen Gebührenbescheid ist überwiegend begründet.

42

Soweit darin Trink- und Schmutzwassergebühren für den Erhebungszeitraum vom 1. Oktober 2009 bis 31. Dezember 2009 festgesetzt werden, ist der streitgegenständliche Gebührenbescheid vom 7. Oktober 2010 – ebenso wie der jeweilige Widerspruchsbescheid vom 30. Dezember 2010 – zwar rechtmäßig. Anderes gilt für die festgesetzten ersten drei Quartale des Jahres 2010: Insoweit ist der Gebührenbescheid – ebenso wie der Widerspruchsbescheid - rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

43

Zur jeweiligen einschlägigen Satzungsrechtslage ist zu bemerken, dass § 6 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Wasserversorgung des Zweckverbandes W. - Gebührensatzung Wasser - vom 3. März 2010 in den insoweit unveränderten Fassungen der beiden ersten Änderungssatzungen jeweils vom 1. Dezember 2010 bzw. § 8 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 der Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Schmutzwasserbeseitigung des Zweckverbandes W. - Gebührensatzung Schmutzwasser - vom 3. März 2010 in den insoweit ebenso unveränderten Fassungen der beiden ersten Änderungssatzungen jeweils vom 1. Dezember 2010, die jeweils rückwirkend mindestens bis in das Jahr 2006 erlassen worden sind, lauten:

44

„(1) Der Erhebungszeitraum für die Grund- und Zusatzgebühr(en)* ist das Kalenderjahr …
(2) Die Gebührenschuld entsteht mit dem Ablauf des jeweiligen Erhebungszeitraumes …“
* Die Mehrzahl findet sich nur in der Gebührensatzung Schmutzwasser, Anm. des Gerichts.

45

Nach der Änderung der entsprechenden Regelungen in dem jeweiligen Gebührensatzungswerk – zuvor galt ein Erhebungszeitraum von „12 Monaten“ und die Entstehung der Gebührenschuld mit Erlass und Fälligkeit des Gebührenbescheids - durfte die Beklagte nicht mehr ein von ihr sog. „rollierendes System“ für die Erhebungszeiträume mit der Folge „variabler“ Entstehungszeitpunkte der jeweiligen Gebührenschulden einsetzen, also irgendeinen Erhebungszeitraum, der nur in der Summe einem Jahr entspricht, wählen. Seither ist sie vielmehr grundsätzlich – Ausnahmen werden in der jeweiligen Gebührensatzung nur für Benutzungsgebühren gemacht, die im laufenden Kalenderjahr erstmalig anfallen - an den satzungsmäßigen Erhebungszeitraum des Kalenderjahres gebunden, dessen Ablauf dann auch erst die jeweilige Gebührenschuld entstehen lässt.

46

Durch die im angefochtenen Bescheid jeweils teilumfängliche Heranziehung für zwei satzungsrechtliche Erhebungszeiträume, also ein „Crossover“ von Quartalen der Kalenderjahre 2009 und 2010, muss nach Auffassung des Gerichts allerdings differenziert werden.

47

Der Gebührenbescheid vom 7. Oktober 2010 durfte die Trink- und Schmutzwassergebühren für das Kalenderjahr 2009, den satzungsgemäßen Erhebungszeitraum, festsetzen. Sie waren im Zeitpunkt des Erlasses des Gebührenbescheids nach der o. g. jeweiligen Satzung mit entsprechender Rückwirkung mit Ablauf des Kalenderjahres, also mit Ablauf des 31. Dezember 2009 (vgl. zu dieser Formulierung im Gegensatz zu „nach Ablauf“ des Erhebungszeitraums OVG Magdeburg, Beschl. v. 6. Juli 2010 – 4 L 106/10 -, juris Rn. 3; Siemers, in: Aussprung/ders./Holz/Seppelt, Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern, Stand: Juli 2014, § 6 Erl. 8.2) entstanden. Dabei kann letztlich offen bleiben, ob – was hier wegen des vorangegangenen, noch auf den Grundlagen der vorangegangenen Gebührensatzungen erlassenen Gebührenbescheids vom 1. Oktober 2009 für die ersten drei Quartale des Jahre 2009 faktisch der Fall ist – das rückwirkend maßgeblich gewordene Kalenderjahr 2009 damit vollständig abgerechnet werden sollte bzw. erfasst worden ist oder werden konnte. Erhebungszeitraum ist stets das Kalenderjahr, selbst wenn die Behörde dafür nicht den gesamten Zeitraum des Kalenderjahres zugrunde legt, sondern nur Teile davon (hier: das letzte Quartal des Kalenderjahres 2009).

48

Im krassen Kontrast dazu steht dagegen die Festsetzung der Trink- und Schmutzwassergebühren für den nachfolgenden satzungsrechtlich maßgeblichen Erhebungszeitraum, das Kalenderjahr 2010. Diese Gebühren waren weder im Zeitpunkt der Ausgangsentscheidung vom 7. Oktober 2010 noch zum Zeitpunkt der getroffenen Widerspruchsentscheidung vom 30. Dezember 2010 bereits entstanden. Nach den genannten neuen Satzungsbestimmungen war die jeweilige Gebührenschuld vielmehr erst mit dem Ablauf des jeweiligen Erhebungszeitraums, also des jeweiligen Kalenderjahres und damit vorliegend mit Ablauf des Silvestertages 2010, entstanden, zwar damit noch am Ende des Kalenderjahres 2010, aber noch nicht zum Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung am 30. Dezember 2010. Da es insoweit im Benutzungsgebührenrecht kein abweichendes materielles Recht gibt, ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage derjenige der letzten Behördenentscheidung, hier also derjenige des Erlasses des Widerspruchsbescheids (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21. Dez. 1989 – 7 B 21/89 –, juris Rn. 4 m. w. N.; BVerwG, Urt. vom 27. Sept. 1995 – 11 C 34/94 –, BVerwGE 99, 249 = juris, Rn. 9; Wolff, in: Sodan/Ziekow, Verwaltungsgerichtsordnung, 3. Aufl. 2010, § 113 Rn. 97 f. m. w. N.).

49

Die davon offenbar (sogar bewusst) vorgenommene Abweichung in der Bescheidungspraxis der Trink- und Schmutzwassergebühren seit Inkrafttreten der neuen Satzungsbestimmungen stellt sich als (grob) rechtswidrig dar, gleichsam als Rebellion der Verwaltung gegen den „Souverän“ des materiellen Regelungswerks, die Verbandsversammlung, und greift in gleichem Maße in die Rechte der Gebührenpflichtigen ein. Die Dinge werden sogar noch auf den Kopf gestellt durch das nur scheinbar bürgerfreundliche, in Wahrheit aber groteske Angebot der Beklagten, der Gebührenpflichtige könne sich doch äußern, wenn er – auf den Punkt gebracht - eine satzungsgemäße Abrechnung der Gebühren wünsche; man komme dem dann auch nach. Umgekehrt ist in der Rechtswirklichkeit allein vorstellbar, dass ein Gebührenschuldner die satzungswidrige Festsetzung und Entstehung „seiner“ Trink- und/oder Schmutzwassergebühren außerhalb des jeweiligen Kalenderjahrs begehrt und die Beklagte darin einwilligt; denn dann gilt: „Wo kein Kläger, da kein Richter“ (nullo actore nullus iudex).

50

Es spielt für die Beurteilung der Rechtswidrigkeit dieses satzungswidrigen Verwaltungshandelns auch keine Rolle, ob es für die Beklagte „gute“ und nachvollziehbare Gründe geben könnte, den jeweiligen Erhebungszeitraum und damit das Entstehen der Trink- bzw. Schmutzwassergebühren nicht im gesamten Zweckverbandsgebiet an einem bzw. auf einen Tag festzulegen, nämlich den Ablauf des Silvestertags des jeweiligen Kalenderjahres. Wenn die Beklagte als Verwaltung in ihrer Praxis bei dieser materiellen Rechtslage Erschwernisse für die Bearbeitung der entsprechenden Gebühren sieht, mag und muss vielmehr sie an die Verbandsversammlung mit dem Ansinnen herantreten, zu anderen Erhebungszeiträumen und damit Entstehungszeitpunkten durch entsprechende Änderungen der Gebührensatzungen zu kommen, etwa durch eine Anlage, in der z. B. geordnet nach Gemeinden der jeweilige (jährliche, aber nicht kalenderjährliche) Erhebungszeitraum ausdrückt aufgeführt wird (so geregelt beim Wasserversorgungs- und Abwasserzweckverband B-Stadt-Bützow-Sternberg), soweit es Bedenken gegen die vormalige Regelungen gibt. Stattdessen eigenmächtig bzw. selbstherrlich von der jeweiligen Satzungsrechtslage abzuweichen, steht der Verwaltung aber unter keinem Gesichtspunkt zu.

51

II. Die Anfechtungsklage gegen die im Bescheid vom 7. Oktober 2010 zugleich (terminlich teilweise abweichend von den Bestimmungen in den jeweiligen Gebührensatzungen, vgl. § 6 Abs. 4 Satz 3 der Gebührensatzung Wasser vom 3. März 2010 in den Fassungen der ersten beiden Änderungssatzungen vom 1. Dezember 2010 und § 8 Abs. 3 Satz 3 der Gebührensatzung Schmutzwasser vom 3. März 2010 in den Fassungen der ersten beiden Änderungssatzungen vom 1. Dezember 2010) festgesetzten Fälligkeiten der „Abschläge“, also der Vorauszahlungen (vgl. § 6 Abs. 6 des Kommunalabgabengesetzes - KAG M-V) auf die im nächsten Erhebungszeitraum, satzungsrechtlich mithin im Kalenderjahr 2011, voraussichtlich anfallenden Trink- und Schmutzwassergebühren ist dagegen, soweit sie in der Klage angegriffen werden, unzulässig (geworden).

52

Die Klage ist nunmehr unstatthaft und deshalb unzulässig geworden. Die festgesetzten Vorauszahlungen auf die prognostizierten Benutzungsgebühren des Kalenderjahres 2011 bzw. ihre teilweise satzungswidrig festgesetzten Fälligkeiten haben sich jedenfalls durch Zeitablauf erledigt. Inzwischen gibt es bereits einen endgültigen (wenngleich möglicherweise noch nicht bestandskräftigen) Trink- und Schmutzwassergebührenbescheid vom 7. Oktober 2011 für die endgültig festgesetzten Gebühren, der zudem nunmehr den „Behaltensgrund“ für etwaige darauf geleistete Vorauszahlungen sichert, unabhängig davon, ob der Verwaltungsakt unanfechtbar geworden ist oder nicht.

53

Dieser übliche Lauf der Dinge im Benutzungsgebührenrecht dürfte der anwaltlich vertretenen Klägerin ebenso wie jedenfalls das „überholende“ Ereignis, das Vorliegen eines nachfolgenden „endgültigen“ Gebührenbescheids, bekannt sein, ohne dass sie diese Umstände zum Anlass genommen hat, den Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt zu erklären.

54

Eine Umdeutung der insoweit erhobenen Anfechtungs- in eine Fortsetzungsfeststellungsklage scheidet bereits wegen der anwaltlichen Vertretung aus, erschiene aber auch im Übrigen nicht zulässig. Die Klägerin hat auch insoweit nicht den endgültigen, aber ggf. noch nicht bestandskräftigen Gebührenbescheid zur Ablösung des vorliegenden Verwaltungsakts über Vorauszahlungen (Abschläge) in das schon anhängige Klageverfahren im Wege der Klageänderung einbezogen (vgl. OVG Magdeburg, Beschl. v. 18. Februar 2009 – 4 L 36/08 -, juris). Ob eine solche Einbeziehung (statt eines damaligen Eilrechtsschutzantrags während der laufenden Fälligkeitstermine) überhaupt Sinn gemacht hätte, eine sachdienliche Klageänderung darstellte bzw. ein anerkennungswürdiges Rechtsschutzinteresse beinhaltete, soweit lediglich die terminliche Festlegung der Abschlagsfälligkeiten entgegen der Satzungsrechtslage (und nicht deren Höhe) moniert wird, muss deshalb nicht geklärt werden.

55

Insofern kann ebenfalls offen bleiben, ob hier das Fehlen der zwei genannten Fälligkeitstermine (15.10.2010 und 15.10.2011) für die Klägerin keine Beschwer darstellt. Satzungsgemäß waren die errechneten Vorauszahlungen jedenfalls auf sechs Termine in zweimonatigem Abstand festgelegt und im Bescheid zu übernehmen gewesen, vorliegend sind es dagegen im Bescheid vom 7. Oktober 2010 nur fünf Termine.

56

III. Die Klage wegen der im Bescheid vom 7. Oktober 2010 mitgeteilten „offenen“ Forderung(en) hat ebenfalls keinen Erfolg. Auch sie ist – von vornherein – unzulässig.

57

Dieser Teil des Bescheids trifft keine („zweite“ bzw. erneute und damit ggf. noch einmal angreifbare) Regelung i. S. des § 118 Satz 1 der Abgabenordnung (AO) i. V. m. § 12 Abs. 1 KAG M-V, sondern ist bei gehöriger Auslegung als bloße Nachricht zu verstehen, dass aus – noch anfechtbaren, angefochtenen oder bestandskräftigen, jedenfalls aber kraft Gesetzes sofort vollziehbaren - Trink- und/oder Schmutzwassergebührenbescheiden für frühere Erhebungszeiträume noch nicht alle dort festgesetzten Gebühren von dem Gebührenschuldner beglichen seien.

58

Entsteht darüber Streit, so muss der Gebührenschuldner von dem Gebührengläubiger grundsätzlich vor Anrufung des Gerichts den Erlass eines sog. Abrechnungsbescheids nach § 218 Abs. 2 Satz 1 AO i. V. m. § 12 Abs. 1 KAG M-V verlangen und regelmäßig auch ein Vorverfahren erfolglos durchführen lassen. Gegenstand dieses Bescheids ist die Entscheidung darüber, ob ein bestimmter Anspruch aus einem Abgabenschuldverhältnis verwirklicht ist oder nicht, d. h. ob der Abgabenschuldner wirksam und in welchem Umfang gezahlt hat bzw. ob und in welchem Umfang der Abgabenanspruch durch andere Rechtsakte (z. B. Aufrechnung oder Anrechnung nicht vom Leistenden zweckbestimmter Zahlungen nach Maßgabe des entsprechend anwendbaren § 366 des Bürgerlichen Gesetzbuchs) oder sonstige Einflüsse des Abgabenrechts (z. B. Zahlungsverjährung) erloschen ist (vgl. Kruse, in: Tipke/ders., Abgabenordnung Finanzgerichtsordnung, Stand: Juni 2015, § 218 Rn. 17 m. w. N.).

59

Erst wenn der Abgabengläubiger sich dem verweigert oder jedenfalls nicht innerhalb einer angemessenen Frist i. S. des § 75 VwGO über das genannte Begehren des Abgabenschuldners sachlich entscheidet bzw. über einen nach Erlass des Abrechnungsbescheids eingelegten Widerspruch nicht wiederum binnen angemessener Frist i. S. des § 75 VwGO über diesen Rechtsbehelf entscheidet, kann bei der dann vorliegenden Untätigkeit des Abgabengläubigers abweichend von § 68 VwGO zulässigerweise „sofort“ das Gericht (bei fehlender Bescheidung in Form einer Verpflichtungs- und bei fehlendem Widerspruchsbescheid nach erlassenem Abrechnungsbescheid in Gestalt einer Anfechtungs-) angerufen werden.

60

Daran fehlt es hier aber, da die Idee zum Bestreiten der nachrichtlich mitgeteilten „offenen“ Forderung in der Höhe von 112,24 € erst im Rahmen der anwaltlichen Vertretung im Laufe des Klageverfahrens geboren und formuliert worden ist. Insbesondere ist dieser Punkt in der Begründung ihres Widerspruchs von der (dort noch nicht anwaltlich vertretenen) Klägerin nicht angesprochen worden, sodass die Beklagte auch keine Veranlassung gehabt hat, bereits in diesem Zusammenhang über den Erlass eines Abrechnungsbescheids nachzudenken bzw. ihn vorzunehmen hatte.

61

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

62

Von Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit sieht das Gericht ab (vgl. § 167 Abs. 2 VwGO), da auf Beklagtenseite ein insolvenzunfähiger Zweckverband und damit ein kraft Gesetzes stets zahlungsfähiger Schuldner steht.

63

Gründe, die Berufung nach den §§ 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4, 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.