Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 04. Feb. 2010 - 4 A 2284/05

bei uns veröffentlicht am04.02.2010

Tenor

Der Gebührenbescheid der Beklagten vom 5. Dezember 2004 und der Widerspruchsbescheid vom 27. September 2005 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin ficht einen Gebührenbescheid über Niederschlagswasser an.

2

Sie ist Eigentümerin eines Grundstücks in Schwerin(-…), bestehend aus dem Flurstück … der Flur …, Gemarkung …. Das Grundstück ist an die öffentliche Einrichtung zur Niederschlagswasserbeseitigung der Landeshauptstadt Schwerin angeschlossen.

3

Die Abwassersatzung der Landeshauptstadt Schwerin wurde am 29. Juli 2002 ausgefertigt und im Stadtanzeiger vom 20. September 2002 öffentlich bekannt gemacht (im Folgenden: Abwassersatzung).

4

Die Satzung über die Erhebung von Gebühren für die Entwässerung und Abwasserbeseitigung der Landeshauptstadt Schwerin (Abwassergebührensatzung) wurde am 17. Dezember 1997 ausgefertigt und im Stadtanzeiger vom 21. Dezember 1997 öffentlich bekannt gemacht, die 1. Änderungssatzung vom 14. Dezember 1998 im Stadtanzeiger vom 20. Dezember 1998, die 2. Änderungssatzung vom 20. Dezember 1999 im Stadtanzeiger vom 24. Dezember 1999, die 3. Änderungssatzung vom 18. Dezember 2000 im Stadtanzeiger vom 24. Dezember 2000, die Artikelsatzung zur Umrechnung und Glättung von Euro-Beträgen vom 24. August 2001 (Art. 13) im Stadtanzeiger vom 21. Oktober 2001 und die Änderungssatzung vom 7. November 2001 im Stadtanzeiger vom 25. November 2001.

5

Mit Inkrafttreten der am 21. März 2003 ausgefertigten Satzung zur Aufhebung der Abwassergebührensatzung zum 1. April 2003 (Stadtanzeiger v. 29. März 2003, S. 12) gestaltete die Landeshauptstadt Schwerin das entsprechende Benutzungsverhältnis mit den zugleich veröffentlichten Allgemeinen Entsorgungsbedingungen für Abwasser der Landeshauptstadt Schwerin (Stadtanzeiger v. 29. März 2003, S. 7 ff.) privatrechtlich.

6

Die Beklagte berechnete der Klägerin mit dem streitbefangenen Gebührenbescheid vom 5. Dezember 2004 für den Abrechnungszeitraum vom 1. Januar bis zum 31. März 2003 Niederschlagswassergebühren in Höhe von 3.444,95 €. Zugrunde gelegt wurden dabei … m² befestigte Grundstücksfläche.

7

Dagegen legte die Klägerin am 27. Dezember 2004 Widerspruch ein, ebenso gegen eine Rechnung vom 5. Dezember 2004 in Höhe von 9.210,47 € für den Abrechnungszeitraum des restlichen Kalenderjahres 2003. Zur Begründung wird im Wesentlichen geltend gemacht, es liege ein Verstoß gegen das grundsätzlich im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen Geltung beanspruchende Gesamtanlagenprinzip vor. Wegen der – näher dargestellten – Besonderheiten der Niederschlagsentwässerungsanlage in Schwerin-… sei das Organisationsermessen fehlerhaft bzw. willkürlich ausgeübt worden. Es hätte nicht zu einer Zusammenfassung technisch voneinander getrennter Anlagen zu einer rechtlichen Einheit und damit zu einheitlichen Gebührensätzen kommen dürfen. Die nachträglich übernommene Anlage in Schwerin-… sei hinsichtlich Arbeitsweise und Wirkung mit der übrigen öffentlichen Kanalisationsanlage im Stadtgebiet schlechthin nicht vergleichbar: Die Anlage sei früher durch die in Schwerin-… ansässigen Kombinate und Betriebe errichtet worden, die eine vollständig getrennte, voll funktionsfähige Ableitung des Niederschlagswassers ohne Bindung an das gemeindliche Abwassernetz errichteten. Auf der Basis von Einzelverträgen sei für die Regenwasserentsorgung ein Entgelt durch die angeschlossenen Nutzer entrichtet worden.

8

Außerdem sei der Globalkalkulationsansatz rechtswidrig, weil die vorliegende Kalkulation gerade mit Blick auf den Kaufvertrag zwischen der T… mbH und dem Eigenbetrieb der Landeshauptstadt Schwerin „Schweriner Abwasserentsorgung“ (SAE) vom 16. November/14. Dezember 2001 mit Blick auf den symbolischen Kaufpreis von 1,00 DM zzgl. Mehrwertsteuer fehlerhaft sei. Für die Altanlage habe nicht ein Wiederbeschaffungszeitwert in die Kalkulation eingestellt werden dürfen.

9

Die Beklagte wies den Widerspruch, soweit er sich auf den Gebührenbescheid vom 5. Dezember 2004 bezieht, mit Widerspruchsbescheid vom 27. September 2005 zurück. Zur Begründung wird im Wesentlichen darauf hingewiesen, dass Gemeinden und Zweckverbänden als Betreiber leitungsgebundener öffentlicher Einrichtungen ein weites betriebliches und als Satzungsgeber ein weites rechtliches Organisationsermessen zustehe. Sie könnten deshalb ohne weiteres verschiedene technische Anlagen und Systeme der Abwasserbeseitigung zu nur einer rechtlichen Anlage zusammenfassen. Das Zusammenfassen der einzelnen technischen Anlagen zur Niederschlagsentwässerung der Landeshauptstadt Schwerin sei auch nicht willkürlich. Die Arbeitsweisen und/oder Arbeitsergebnisse der verschiedenen separaten Niederschlagsentwässerungsanlagen seien nicht wesentlich verschieden, vielmehr sogar in ihrer Funktion und ihrer Wirkungsweise nach im Wesentlichen gleich. Es handele sich jeweils um Entwässerungskanäle nebst notwendiger Einrichtungen, die in ihrer Funktionsweise qualitativ gleichwertig seien. Auch die Wirkungsweise unterscheide sich nicht: Bei allen technischen Anlagen werde das Niederschlagswasser lediglich abgeleitet und in zulässiger Weise dem Wasserkreislauf wieder zugeführt. Dies unterschiede den vorliegenden Fall von denjenigen, der der Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Greifswald zugrunde gelegen habe. Auf die weiter von der Klägerin aufgeführten tatsächlichen Umstände komme es bei der Beurteilung der Frage, ob die technische Anlage in Schwerin-… zur einheitlichen öffentlichen Einrichtung zur Niederschlagswasserbeseitigung gehöre, nicht an.

10

Zudem sei die Kalkulation der Kosten nicht zu beanstanden. Es handele sich hier nicht um eine klassische Globalkalkulation. Jährlich würden die kalkulatorischen Kosten erneut berechnet und dementsprechend die Gebührensätze bzw. –entgelte angepasst. Insoweit handele es sich um eine Rechnungsperiodenkalkulation. Die Anlage aus Schwerin-… sei auch nicht mit ihrem Wiederbeschaffungszeitwert in die Kalkulation mit aufgenommen.

11

Die Klägerin hat am 28. Oktober 2005 die vorliegende Klage erhoben, in der sie nicht nur den hier streitgegenständlichen Gebührenbescheid vom 5. Dezember 2004 angegriffen hat, sondern auch die gleichdatierende Entgeltabrechnung. Insoweit hat die Kammer das Verfahren mit Beschluss vom 3. November 2005 im Hinblick auf die Rechnung abgetrennt (Az.: 4 A 2309/05) und sodann an das zuständige Landgericht Schwerin verwiesen.

12

Die Klägerin trägt unter Verweis auf die Widerspruchsbegründung vor:

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Die bestehende Gesamtanlage zur Regenwasser- und Abwasserentsorgung der Landeshauptstadt Schwerin im Allgemeinen sei getrennt von der isolierten Niederschlagsentwässerung im sogenannten … in Schwerin-… im Besonderen. Die auf der Basis des von der Beklagten reklamierten Gesamtanlagenprinzips verabschiedeten und festgesetzten Niederschlagswassergebühren seien daher im Ergebnis rechtlich nicht zulässig; sie verletzten das Willkürverbot. Es hätte jeweils eine isolierte Gebühr für die jeweilige Einzelanlage kalkuliert und beschlossen werden müssen. Dass die isolierte Niederschlagsentwässerung im … in Schwerin-… nicht als einzige technische Anlage von der Gesamtanlage der Niederschlagswasserbeseitigung getrennt sei, sondern zu dieser ca. 25 verschiedene technische Anlagen in verschiedenen Stadtgebieten gehörten, ändere daran nichts. Gerade die Niederschlagsentwässerung im streitigen Gebiet sei von der übrigen Niederschlagswasserentsorgung getrennt zu betrachten, denn es handele sich um eine technisch eigenständige Anlage, die zudem zu DDR-Zeiten im Privateigentum gestanden habe.

14

Dieser Fehler auf der Ebene des Begriffs der öffentlichen Abwasserbeseitigungsanlage schlage auf die dann gleichermaßen rechtswidrige Gebührenkalkulation auch insofern durch, als die Niederschlagsentwässerung im … in der Vergangenheit vom kommunalen System getrennt gewesen und zudem früher privat betrieben worden sei. Insoweit erscheine das Äquivalenzprinzip insofern verletzt, als die schlichte Eigentumsübertragung durch den Kaufvertrag aus dem Jahre 2001 für eine beklagtenseitig vorgenommene Subsumtion dieser Anlagen unter dem Oberbegriff der Gesamtanlage ausreichend sein solle. Das der Beklagten unstreitig einzuräumende Organisationsermessen finde jedenfalls dann seine Schranke, wenn gleichsam per Beschluss technisch selbständige Anlagen zur weiteren Verwaltung einer kommunalen Gesellschaft zugeordnet würden. Dieser schlichte Übertragungsakt führe rechtlich noch nicht zu einer einheitlich zu betrachtenden technischen Abwasserbeseitigungsanlage. Es komme deshalb auf die bereits in der Widerspruchsbegründung dargestellten tatsächlichen Umstände an. Zudem sei den Verwaltungsvorgängen nicht zu entnehmen, ob die Stadtvertretung überhaupt ihr Organisationsermessen ausgeübt habe.

15

Die Kalkulation sei insofern fehlerhaft, als sie den Globalkalkulationsansatz wähle, die Kosten jedoch jährlich neu berechne. Die Beklagte habe vorliegend keine „klassische“ Globalkalkulation durchgeführt, sondern bezüglich der kalkulatorischen Kosten eine Rechnungsperiodenkalkulation.

16

Die Klägerin beantragt,

17

den Gebührenbescheid vom 5. Dezember 2004 und den Widerspruchsbescheid vom 27. September 2005 aufzuheben.

18

Die Beklagte beantragt,

19

die Klage abzuweisen,

20

und trägt dazu vor:

21

Das Organisationsermessen dergestalt, dass technisch getrennte Anlagen im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen als rechtlich einheitliche „öffentliche Einrichtung“ zusammengefasst würden, sei weit gefasst. Auf technische Unterschiede komme es grundsätzlich nicht an. Das Zusammenfassen der im Wesentlichen gleich arbeitenden ca. 25 verschiedenen technischen Anlagen zur Niederschlagsentwässerung sei jedenfalls nicht willkürlich. Jede Anlage arbeite technisch im Wesentlichen gleich: Das Niederschlagswasser laufe über Gräben und/oder Kanäle mit freiem Gefälle und/oder unter Druck zunächst in ein Rückhaltebecken und anschließend in ein Gewässer 2. Ordnung (Vorfluter) bzw. – im Mischsystem – zusammen mit Schmutzwasser in eine Kläranlage. Eine qualitativ wesentlich verschieden arbeitende Niederschlagsentwässerungsanlage (etwa eine, die Niederschlagswasser zu Trinkwasser aufbereite o. a.) werde nicht unterhalten.

22

Die öffentliche Einrichtung zur Niederschlagswasserbeseitigung und deren Bestandteile seien in den §§ 1 Abs. 1, 3, 2 Ziff. 3 und 5 der Abwassersatzung hinreichend bestimmt definiert. Daraus gehe u. a. hervor, dass beim Mischsystem die Sammler sowohl von der öffentlichen Niederschlagswasserbeseitigungs- als auch von der zentralen öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung genutzt würden.

23

Die Gebührenkalkulation enthalte auch keinen problematischen Globalkalkulationsansatz. Das Vorgehen, jährlich die Globalberechnung zu hinterfragen und einen Über- oder Unterdeckungsausgleich vorzunehmen, entspreche den rechtlichen Erfordernissen des Äquivalenz- und Vorteilsprinzips sowie des Kostendeckungsprinzips mit seinem Kostenüber- und –unterschreitungsverbot. Vor der Änderung des Kommunalabgabengesetzes im April 2005 sei es gängige Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Greifswald gewesen, dass die Globalkalkulation hinreichend aktuell sein müsse, d. h. jedenfalls vier Jahre nach Erstellung der Globalberechnung zu hinterfragen sei. § 6 Abs. 2 S. 5 KAG a. F. sei dahingehend auszulegen gewesen, dass es im Rahmen des ortsgesetzgeberischen Ermessens gelegen habe, ob ein Unter- oder Überdeckungsausgleich in dem bzw. den (drei) Folgejahren vorgenommen werde. Auch nach der Änderung des Kommunalabgabengesetzes, aufgrund derer nunmehr ein Fünf-Jahres-Zeitraum als ausreichend angesehen werde, sei es dem Ortsgesetzgeber unbenommen, Über- oder Unterdeckungen in kürzeren Zeiträumen auszugleichen.

24

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.

Entscheidungsgründe

25

Die Anfechtungsklage hat Erfolg.

26

Der Gebührenbescheid der Beklagten betreffend Niederschlagswasser vom 5. Dezember 2004 ist – ebenso wie der Widerspruchsbescheid vom 27. September 2005 – rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

27

Dem Bescheid fehlt eine wirksame Rechtsgrundlage. Rechtsgrundlage ist zwar die Abwassergebührensatzung vom 17. Dezember 1997 in der Fassung der Änderungssatzung vom 7. November 2001 (im Folgenden: Abwassergebührensatzung). Diese Satzung hält aber im Hinblick auf die (Gebühren-)Regelungen zur öffentlichen Einrichtung der Niederschlagswasserbeseitigung einer rechtlichen Prüfung nicht stand (dazu unter 1.). Auch das zuvor geltende Satzungswerk kann den Bescheid nicht – auch nicht teilumfänglich – stützen (dazu unter 2.).

28

Dabei kann offen bleiben, ob Prüfungsmaßstab für das Satzungswerk das Kommunalabgabengesetz (KAG) vom 1. Juni 1993 (GVOBl. M-V 1993, S. 522, 916) i. d. F. des Änderungsgesetzes vom 22. November 2001 (GVOBl. M-V 2001, S. 438) oder aber das Kommunalabgabengesetz i. d. F. des Ersten Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 14. März 2005 (KAG M-V) ist. Jedenfalls § 2 Abs. 1 KAG/KAG M-V hat sich auch unter der Geltung der am 31. März 2005 in Kraft getretenen Fassung des Kommunalabgabengesetzes nicht geändert.

29

1. Die Abwassergebührensatzung ist hinsichtlich der Niederschlagswassergebühren nichtig. Rechtsfehlerhaft sind hier jedenfalls die Regelung zur Entstehung der Gebühren(schuld) und die Gebührenkalkulation.

30

b) Gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG/KAG M-V dürfen Abgaben nur aufgrund einer Satzung erhoben werden. Die Satzung muss den Kreis der Abgabenschuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab und den Satz der Abgabe sowie den Zeitpunkt ihrer Entstehung und Fälligkeit angeben, § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG/KAG M-V. Die dort geregelten sechs Komplexe gehören zwingend zum Mindestinhalt einer Abgabensatzung; fehlt nur eines dieser Kriterien in der Satzung, so ist die Abgabensatzung unwirksam (OVG Greifswald, Beschl. V. 6. September 2005 – 1 L 489/04 -, LKV 2006, 418 m. w. N.; Urt. V. 3. Juli 2002 – 4 K 35/01 -, zitiert nach juris; Aussprung in: ders./Siemers/Holz, Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern, Stand: Juli 2009, § 2 Anm. 2.4.; Driehaus in: ders. [Hrsg.], Kommunalabgabenrecht, Stand: September 2009, § 2 Rn. 50).

31

Nach den vorgenannten Normen ist in einer Abgabensatzung zwar keine Regelung im Hinblick auf das Entstehen der konkreten Gebührenschuld erforderlich. Die Satzung muss aber das abstrakte Gebührenschuldverhältnis (die Gebührenpflicht) regeln. Bei Gebühren, die für die laufende Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung erhoben werden, ist ferner die Festlegung des Zeitintervalls erforderlich, für welches die Gebühren jeweils anfallen sollen, also eine eindeutige satzungsmäßige Bestimmung, ob die Gebühr täglich, wöchentlich, monatlich, vierteljährlich oder jährlich entsteht (OVG Greifswald, Beschl. V. 6. September 2005, a. a. O., S. 419 m. w. N.; Urt. V. 25. Februar 1998 – 4 K 8/97, 4 K 18/97 -, NordÖR 1998, 256, 257, Urteile v. 7. November 1996 – 4 K 11/96 -, RanB 1997, 179 = juris, Rn. 22, und 4 K 20/96; Siemers, in: Aussprung/ders./Holz, a. a. O., § 6 Anm. 8.2; Lohmann, in Driehaus, a. a. O., § 6 Rn. 661). Bei satzungsgemäßen Jahresgebühren sollte in der Satzung, um eine zeitnahe Heranziehung zu ermöglichen, eine Aussage zu der Frage getroffen werden, ob die Gebühr bereits am Beginn des Kalenderjahres oder zu einem anderen Zeitpunkt entsteht, weil bei regelmäßig wiederkehrenden (Dauer-)Benutzungen die Gebührenschuld ansonsten erst mit Ablauf des Erhebungszeitraumes entsteht. Bei laufenden Jahresgebühren entsteht die Gebührenschuld somit grundsätzlich, d. h. wenn satzungsmäßig nichts Abweichendes bestimmt wird, erst im Ablauf des Kalenderjahres (OVG Greifswald, Beschl. V. 6. September 2005, a. a. O.; Urt. V. 25. Februar 1998, a. a. O., S. 257 unter Hinweis auf OVG Lüneburg, Beschl. V. 15. April 1993 – 9 M 5550/92 -, KStZ 1994, 77; OVG Lüneburg, Beschl. V. 20. März 1997 – 9 L 2554/95 -, KStZ 1998, 135; Lichtenfeld, in: Driehaus, a. a. O., § 6 Rn. 721a).

32

§ 7 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der Abwassergebührensatzung („Entstehung der Gebührenschuld, Fälligkeit, Vorauszahlung“) lauten wie folgt:

33

Erhebungszeitraum für die Schmutzwassergebühr, die Sammelgrubenentsorgungsgebühr und die Niederschlagswassergebühr ist der Abrechnungszeitraum für den Wasserverbrauch (§ 24 AVBWasserV). Die Gebührenschuld entsteht jeweils mit Ablauf des Erhebungszeitraums.

34

Nach § 24 Abs. 1 der damit in Bezug genommenen Verordnung über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung mit WasserAVBWasserV – vom 20. Juni 1980 (BGBl. I S. 750 ff., 1067) wird das Entgelt (hier dann: die Gebühr) nach Wahl des Wasserversorgungsunternehmens (hier dann: der Beklagten) monatlich oder in anderen Zeitabschnitten, die jedoch zwölf Monate nicht wesentlich überschreiten dürfen, abgerechnet. Die übrigen Absätze des § 24 AVBWasserV sind nicht einschlägig.

35

Erhebungs- und Abrechnungszeitraum soll folglich gemäß § 7 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der Abwassergebührensatzung nach Wahl der beklagten Behörde ein Monat oder ein anderer Zeitabschnitt, der zwölf Monate nicht wesentlich überschreiben darf, sein. Damit entsteht die (jeweilige) Gebühr gemäß dieser Satzungsregelung – erstens – nach Wahl der Beklagten – und zweitens – entweder monatsweise oder in anderen Zeitabschnitten, die ein Jahr nicht wesentlich überschreiten dürfen. Dies ist rechtlich jeweils unzulässig.

36

Der Verweis auf § 24 AVBWasserV ist so zu verstehen, dass hier die Verwaltung die Wahl hat, zwischen verschiedenen Abrechnungsintervallen zu wählen. Die Vorgaben für die Verwaltung, für welche Zeitabschnitte Heranziehungen vorzunehmen sind, sind aber vom Ortsgesetzgeber zu treffen; die Satzung darf nicht Wahlmöglichkeiten in das Ermessen der Abgaben erhebenden Behörde stellen (OVG Greifswald, Beschl. V. 6. September 2005, a. a. O., S. 419 zu einer vergleichbaren Satzungsbestimmung).

37

Die vorliegende Satzungsregelung zur Entstehung der (hier: Niederschlagswasser-)Gebühr bzw. zum Ablauf des Erhebungszeitraums ist zudem auch unabhängig davon zu unbestimmt. Gerade der Erhebungszeitraum bzw. dessen Ende ist nicht hinreichend exakt geregelt. Aus § 7 Abs. 1 Sätze 1 und 2 der Abwassergebührensatzung ist (auch) nicht etwa zwingend zu entnehmen, dass hier (jedenfalls) eine Jahresgebühr vorliegen soll, die dann im Zweifel (bei fehlender näherer Regelung in der Satzung) mit Ablauf des jeweiligen (Kalender-)Jahres entstünde (vgl. OVG Greifswald, Beschl. V. 6. September 2005, a. a. O., S. 419 zu einer vergleichbaren Satzungsbestimmung). Dabei hilft es auch nichts, dass nach der Beschlussvorlage (zu Punkt 1.7) zur Abwassergebührensatzung 1997 wohl geplant war, diese Gebühr „als Jahresgebühr“ zu erheben; rechtstechnisch wäre dies in der Umsetzung jedenfalls missglückt. Die Satzung muss nicht nur aus sich selbst heraus verständlich sein, sondern die zwingenden Punkte für den Rechtsanwendenden selbst erkennbar hinreichend bestimmt bzw. eindeutig regeln.

38

b) Außerdem leidet die Niederschlagswassergebührenkalkulation an einem schweren methodischen Fehler, der ebenfalls zur Unwirksamkeit der Abwassergebührensatzung jedenfalls im Hinblick auf die Niederschlagswassergebühr führt.

39

Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern, welche die Kammer teilt, fällt die Festsetzung und Kalkulation eines Gebührensatzes in die Kompetenz des Vertretungsorgans. Dieses hat bei der Beschlussfassung über die Satzung sein ortsgesetzgeberisches Ermessen in den Grenzen, die ihm durch das Vorteilsprinzip, dem Kostendeckungsgrundsatz und den Gleichheitssatz gezogen sind, sachgerecht auszuüben. Zur Gültigkeit eines Gebührensatzes bedarf es dabei einer stimmigen Kalkulation, die vom Satzungsgeber mit der Beschlussfassung zu billigen ist (OVG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. V. 2. Juni 2004 – 4 K 38/02 -, juris, Rn. 63 m. w. N.; Urt. V. 15. November 2000 – 4 K 8/99 -, LKV 2001, 516; Aussprung, a. a. O., § 2 Anm. 8.3.3.1). Soweit hier das Kommunalabgabengesetz vor Inkrafttreten des 1. Änderungsgesetzes vom 14. März 2005 den Prüfungsmaßstab vorgibt, bezieht sich die gerichtliche Überprüfung nicht bloß auf eine rechnerische „Ergebniskontrolle“ des Gebührensatzes, sondern auf die ihm zugrunde gelegten Sachverhalte und Wertentscheidungen. Aber auch unter der Geltung des seit dem 31. März 2005 geltenden Kommunalabgabengesetzes ist die Ungültigkeit einer Abgabensatzung nicht nur dann anzunehmen, wenn in erheblichem Umfang nicht beitragsfähiger Aufwand angesetzt und daher gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot verstoßen wird, sondern auch, wenn erhebliche methodische Fehler die Feststellung unmöglich machen, ob das Aufwandsüberschreitungsverbot beachtet ist oder nicht (vgl. OVG Greifswald, Beschl. V. 21. Oktober 2008 – 1 M 92/08 -, S. 5 des amtlichen Umdrucks; Aussprung, a. a. O., § 2 Anm. 8.3.5.2). So liegen die Dinge hier.

40

Die Kalkulation der Abwassergebührensatzung muss sich an der Definition der öffentlichen Einrichtung zur Niederschlagswasserbeseitigung orientieren, die hier in der Abwassersatzung vom 29. Juli 2002 definiert ist. Nur die dort definierten Bestandteile sind in die Kalkulation der Niederschlagswassergebühren einzubeziehen.

41

Nach § 1 Abs. 1 der Abwassersatzung betreibt die Landeshauptstadt Schwerin drei selbständige öffentliche Einrichtungen im Bereich Abwasser, eine solche zur zentralen und eine zur dezentralen Schmutzwasserbeseitigung sowie eine hier maßgebliche zur Niederschlagswasserbeseitigung.

42

Nach § 1 Abs. 3 der Abwassersatzung bestimmt die Landeshauptstadt Schwerin zwar u. a. Lage, Art und Umfang der öffentlichen Entwässerungsanlagen, also auch die öffentliche Niederschlagsbeseitigungseinrichtung (§ 2 Nr. 11 der Abwassersatzung). Dies betrifft aber nur die konkret-gegenständliche Ausdehnung des (hier: Regen-)Entwässerungsnetzes, mit Blick auf die Formulierung des „Umfangs“ gleichwohl nicht den rechtlichen Umfang der jeweiligen öffentlichen Einrichtung, hier denjenigen zur Niederschlagswasserbeseitigung.

43

Aus welchen Bestandteilen die öffentliche Niederschlagswasserbeseitigungseinrichtung besteht, wird in § 2 Nr. 3 lit. A bis c der Abwassersatzung definiert. Anders als in der Aufzählung, was zur zentralen öffentlichen Schmutzwasserbeseitigungseinrichtung gehört (§ 2 Nr. 2 lit. B der Abwassersatzung), ist nach § 2 Nr. 3 der Abwassersatzung die „öffentliche(n) Kläranlage einschließlich aller ihrer technischen Einrichtungen“ nicht Bestandteil der öffentlichen Einrichtung zur Niederschlagswasserbeseitigung, obwohl die Entwässerung zum Teil auch im Mischsystem vorgenommen wird.

44

Gleichwohl sind in der Kalkulation für das Jahr 2002 die Niederschlagswassergebühren betreffend, die offenbar auch noch im Folgejahr (bzw. das 1. Quartal 2003) Gültigkeit hat, Kosten in Bezug auf die Kläranlage in Schwerin-… eingerechnet (z. B. Anlage 4 Blätter 1 und 2 der Kalkulation für das Jahr 2002). Die Kalkulation widerspricht insoweit dem satzungsrechtlichen Einrichtungsbegriff.

45

Selbst wenn hier anzunehmen wäre, dass dieser methodische Fehler nicht die Feststellung unmöglich machte, ob gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot (erheblich) verstoßen wurde, und deshalb nicht schon – neben der satzungsfehlerhaften Entstehungsregelung – zur Ungültigkeit der Abgabensatzung führte, wäre hier zwar zu bedenken, dass die betroffene Körperschaft nunmehr gemäß § 2 Abs. 3 KAG M-V berechtigt ist, der Kalkulation eine ergänzende Begründung oder einzelne Aufwands- und Kostenpositionen „nachzuschieben“, um den festgesetzten Gebührensatz zu rechtfertigen (vgl. Urt. Der Kammer vom 25. Januar 2007 – 4 A 217/06 -, S. 10 ff. des amtlichen Umdrucks). Von diesem Recht hat die Beklagte hier allerdings keinen Gebrauch gemacht.

46

c) Ob im Hinblick auf die zahlreichen Privilegierungen beim Gebührenmaßstab für die Niederschlagswasserbeseitigung gemäß § 5 der Abwassergebührensatzung (dortigen Abs. 5 bis 8) im Rahmen der Gebührenkalkulation die zutreffenden Grundstücksflächen ermittelt worden sind, braucht nicht abschließend beurteilt zu werden, zumal entsprechende Unterlagen von der Beklagten nicht vorgelegt wurden. Insoweit sei hier nur darauf hingewiesen, dass die ohne Rücksicht auf den Umfang der „Versickerungsfläche“ geregelte Ermäßigungsvorschrift nach § 5 Abs. 5 der Abwassergebührensatzung dazu führen dürfte, dass nahezu alle Grundstücke, soweit sie auch nur eine noch so kleine entsprechende Fläche zur Versickerung des Regenwassers aufweisen, in den Genuss der Ermäßigung kommen. Ob dies bei Betrachtung der vielen weiteren Ermäßigungsvorschriften, die allerdings nicht kumuliert zur Anwendung gelangen sollen (§ 5 Abs. 9 dieser Satzung), tatsächlich so umfassend vom Satzungsgeber gewollt ist, erscheint fraglich.

47

d) Da die angefochtenen Bescheide sich bereits aus den oben genannten Gründen als rechtswidrig erweisen, kann offen bleiben, ob und inwieweit hier die öffentliche Einrichtung der Niederschlagswasserbeseitigung in rechtlich einwandfreier Art und Weise gebildet worden ist. Dies gilt auch für die von der Klägerin aufgeworfene Frage, ob hier das Organisationsermessen des Ortsgesetzgebers bei der satzungsmäßigen Bestimmung der öffentlichen Einrichtung der Niederschlagswasserbeseitigung dahingehend eingeschränkt war/ist, dass statt nur einer aus tatsächlichen Gründen mehrere (rechtliche) öffentliche Einrichtungen zur Niederschlagswasserbeseitigung (mit dann verschiedenen Gebührensätzen) hätten errichtet werden müssen bzw. ob der Satzungsgeber sein entsprechendes Ermessen überhaupt (erkennbar) ausgeübt hat.

48

2. a) Auch die insoweit dann grundsätzlich wieder „auflebende“ alte Abwassergebührensatzung vom 11. Dezember 1996 (Stadtanzeiger vom 20. Dezember 1996) i. V. m. der Abwassersatzung vom 13. Dezember 1994 (Stadtanzeiger vom 18. Dezember 1994) i. d. F. der 1. Änderungssatzung vom 11. Dezember 1996 (Stadtanzeiger vom 29. Dezember 1996) kann den streitbefangenen Bescheid weder voll- noch teilumfänglich tragen. Die Heranziehung als Rechtsgrundlage für die hier erhobene Forderung der Niederschlagswassergebühren scheitert bereits daran, dass der damalige Gebührentatbestand bzw. –maßstab ein gänzlich anderer war. Nach § 2 dieser Satzung wurden Gebühren für die an die öffentlichen Kanalisationsanlagen angeschlossenen Grundstücke, von denen Abwasser in die Kanalisation eingeleitet wird (Kanalbenutzungsgebühr), erhoben. Abwasser war nach § 2 Nr. 1 der Abwassersatzung auch das von Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder künstlich befestigten Flächen abfließende und gesammelte Wasser (Niederschlagswasser) sowie das sonstige zusammen mit Schmutzwasser oder Niederschlagswasser in Entwässerungsanlagen abfließende Wasser. Es gab insoweit indessen keine (eigene) Niederschlagswassergebühr, sondern nur die „Kanalbenutzungsgebühr“, die damals 6,34 DM/cbm Schmutzwasser (!) – nach der Definition von Abwasser in § 2 Nr. 1 der damaligen Abwassersatzung war das Schmutzwasser aber nur ein Teil des Abwassers, so vor allem neben dem weiter dort genannten Niederschlagswasser – betrug. Mangels eines wirksamen Gebührenmaßstabs für die Niederschlagsentwässerung ist diese Gebührensatzung als Rechtsgrundlage für die Festsetzung der vorliegenden Niederschlagswassergebühr untauglich.

49

b) Die vorstehenden Überlegungen gelten entsprechend für die im Falle der Unwirksamkeit auch dieser Abwassergebührensatzung wieder auflebende Abwassergebührensatzung vom 10. Januar 1993 (Stadtanzeiger vom 10. Januar 1993) in der Fassung der letzten Änderungssatzung vom 17. April 1996 (Stadtanzeiger vom 21. April 1996) i. V. m. der Abwassersatzung vom 28. Juni 1991 (Amtliche Mitteilungen der Stadtverwaltung Schwerin vom 28. Juni 1991).

50

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

51

Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit haben ihre Grundlage in § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.

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Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 04. Feb. 2010 - 4 A 2284/05 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 04. Feb. 2010 - 4 A 2284/05 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 25. Jan. 2007 - 4 A 217/06

bei uns veröffentlicht am 25.01.2007

Tenor Der Bescheid über die Festsetzung des Anschlussbeitrages für die Herstellung der öffentlichen Einrichtungen zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung vom 05. September 2005 und der Widerspruchsbescheid vom 16. Januar 2006 werden aufgehoben.
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 04. Feb. 2010 - 4 A 2284/05.

Verwaltungsgericht Schwerin Urteil, 05. Jan. 2017 - 4 A 2868/15 SN

bei uns veröffentlicht am 05.01.2017

Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens. Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten über die Heranziehung zu Wasser- und Schmutzwassergebühren. 2 Die Klägerin ist Eigentümerin der in N. gelegenen fünf Grun

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Das Entgelt wird nach Wahl des Wasserversorgungsunternehmens monatlich oder in anderen Zeitabschnitten, die jedoch zwölf Monate nicht wesentlich überschreiten dürfen, abgerechnet.

(2) Ändern sich innerhalb eines Abrechnungszeitraumes die Preise, so wird der für die neuen Preise maßgebliche Verbrauch zeitanteilig berechnet; jahreszeitliche Verbrauchsschwankungen sind auf der Grundlage der für die jeweilige Abnehmergruppe maßgeblichen Erfahrungswerte angemessen zu berücksichtigen. Entsprechendes gilt bei Änderung des Umsatzsteuersatzes.

(3) Preisänderungsklauseln sind kostennah auszugestalten. Sie dürfen die Änderung der Preise nur von solchen Berechnungsfaktoren abhängig machen, die der Beschaffung und Bereitstellung des Wassers zuzurechnen sind. Die Berechnungsfaktoren müssen vollständig und in allgemein verständlicher Form ausgewiesen werden.

Tenor

Der Bescheid über die Festsetzung des Anschlussbeitrages für die Herstellung der öffentlichen Einrichtungen zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung vom 05. September 2005 und der Widerspruchsbescheid vom 16. Januar 2006 werden aufgehoben.

Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit eines Bescheides des Beklagten über die Heranziehung des Klägers zu einem Anschlussbeitrag für die Schmutzwasserbeseitigung.

2

Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks in ..., ... (Gemarkung ..., Flur ..., Flurstück ...) mit einer Größe von ... qm.

3

Am 12. November 2003 beschloss die Verbandsversammlung des Zweckverbandes Schweriner Umland die "Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung des Zweckverbandes Schweriner Umland Trinkwasserversorgung/Abwasserentsorgung", die am 13. November 2003 dem Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern angezeigt, am 13. November 2003 vom Verbandsvorsteher ausgefertigt und am 21. November 2003 in der "Schweriner Volkszeitung" öffentlich bekannt gemacht wurde.

4

Am 11. August 2005 beschloss die Verbandsversammlung des Zweckverbandes Schweriner Umland die "1. Satzung zur Änderung der Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung des Zweckverbandes Schweriner Umland Trinkwasserversorgung/Abwasserentsorgung", die am 31. August 2005 dem Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern angezeigt, am 31. August 2005 vom Verbandsvorsteher ausgefertigt und 30. September 2005 in der "Schweriner Volkszeitung" veröffentlicht wurde.

5

Am 12. November 2003 beschloss die Verbandsversammlung die "Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Schmutzwasserbeseitigung des Zweckverbandes Schweriner Umland Trinkwasserversorgung/Abwasserentsorgung", die am 13. November 2003 dem Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern angezeigt, am 13. November 2003 vom Verbandsvorsteher ausgefertigt und am 20. November 2003 bzw. am 22./23. November 2003 in der "Schweriner Volkszeitung" veröffentlicht wurde.

6

Am 02. Dezember 2004 beschloss die Verbandsversammlung die "1. Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Schmutzwasserbeseitigung des Zweckverbandes Schweriner Umland Trinkwasserversorgung/Abwasserentsorgung", die am 08. Dezember 2004 dem Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern angezeigt, am 25. Januar 2005 vom Verbandsvorsteher ausgefertigt und am 05./06. Februar 2005 in der "Schweriner Volkszeitung" veröffentlicht wurde.

7

Am 11. August 2005 beschloss die Verbandsversammlung die "2. Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Schmutzwasserbeseitigung des Zweckverbandes Schweriner Umland Trinkwasserversorgung/Abwasserentsorgung", die dem Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern am 31. August 2005 angezeigt, am 31. August 2005 vom Verbandsvorsteher ausgefertigt und am 01./02./03. Oktober 2005 in der "Schweriner Volkszeitung" veröffentlicht wurde.

8

Am 30. November 2005 beschloss die Verbandsversammlung die "3. Satzung zur Änderung der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Schmutzwasserbeseitigung des Zweckverbandes Schweriner Umland Trinkwasserversorgung/Abwasserentsorgung", die am 12. Dezember 2005 dem Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern angezeigt, am 12. Dezember 2005 vom Verbandsvorsteher ausgefertigt und am 23. Dezember 2005 in der "Schweriner Volkszeitung" veröffentlicht wurde.

9

Mit "Bescheid über die Festsetzung des Anschlussbeitrages für die Herstellung der öffentlichen Einrichtungen zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung" vom 05. September 2005 zog der Beklagte den Kläger zu einem Anschlussbeitrag für das oben bezeichnete, im Entsorgungsbereich 1 liegende Grundstück in Höhe von ... Euro heran.

10

Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 08. September 2005 Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 16. Januar 2006, zugegangen am 17. Januar 2006, als unbegründet zurückgewiesen wurde. Rechtsgrundlage für die Heranziehung des Klägers war hiernach die "Satzung über die öffentliche Abwasserbeseitigung des Zweckverbandes Schweriner Umland Trinkwasserversorgung/Abwasserentsorgung" in der Fassung der 1. Änderungssatzung (im folgenden: ABS) i.V.m. der "Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Gebühren für die Schmutzwasserbeseitigung des Zweckverbandes Schweriner Umland Trinkwasserversorgung/Abwasserentsorgung" in der Fassung der 3. Änderungssatzung (im folgenden: BS), die zur Schmutzwasserbeseitigung drei öffentliche Einrichtungen (sog. Entsorgungsbereiche) vorsehen.

11

Am 16. Februar 2006 hat der Kläger gegen die vorgenannten Bescheide Klage erhoben.

12

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor, die BS erfülle nicht die Anforderungen an die Bestimmtheit des Beitragsmaßstabes. Die Regelung des § 5 Abs. 5 Satz 4 BS stehe im Widerspruch zu dem § 5 Abs. 5 Sätze 2 und 3 BS. Gemäß § 5 Abs. 2 Sätze 2 und 3 BS würde in den Fällen, in denen beispielsweise die Höhen sämtlicher Geschosse 2,30 m unterschritten, die Firsthöhe durch 2,60 dividiert und die sich danach ergebende Bruchzahl auf ganze Zahlen abgerundet. Sei das Grundstück danach ausschließlich mit einem Gebäude bebaut, das lediglich eine Geschosshöhe von 2,20 m aufweise, verbleibe unter Berücksichtigung eines Quotienten von 2,60 kein Vollgeschoss auf dem Grundstück. Sei das Grundstück mit einem Bauwerk bebaut, das zwei Geschosse aufweise mit Höhen von jeweils unter 2,20 m, d.h. insgesamt 4,40 m, wäre das Grundstück mit einem Bauwerk bebaut, dass als mit einem Vollgeschoss bebaut gelte. Gemäß § 5 Abs. 5 Satz 4 BS solle hingegen ein Grundstück, auf dem vor dem 30. April 1994, dem Inkrafttreten der Landesbauordnung (LBauO M-V), ein Bauwerk errichtet worden sei, mit einem Geschoss in der Höhe von 2,20 m als ein Vollgeschoss angerechnet werden. Soweit das Gebäude zwei Geschosse mit jeweils 2,20 m Höhe, d.h. insgesamt 4,40 m Höhe aufweise, solle das Grundstück als mit zwei Vollgeschossen bebaut gelten. Der Beitragsmaßstab sei damit insbesondere für Grundstücke, auf denen vor dem 30. April 1994 ein Bauwerk errichtet worden sei, nicht hinreichend bestimmt.

13

Dies gelte umso mehr, da dem § 5 Abs. 5 Satz 4 BS nicht einmal hinreichend deutlich zu entnehmen sei, mit wie vielen Vollgeschossen bebaut diejenigen Grundstücke gelten sollen, auf denen vor dem 30. April 1994 ein Gebäude errichtet worden sei.

14

Darüber hinaus verstoße § 5 Abs. 5 Satz 4 BS gegen das Gleichheitsgebot. Gemäß § 5 Abs. 5 Satz 1 BS fänden für die Berechnung der Vollgeschosse bei Bauwerken, die nach dem 30. April 1994 errichtet worden seien, ausschließlich die Vorschriften der LBauO M-V Anwendung. Es sei nicht erkennbar, warum bei Grundstücken, die vor dem 30. April 1994 bebaut worden seien, beispielsweise mit Räumen, die nach der LBauO M-V keine Geschosse seien (§ 2 Abs. 6 Satz 2 und § 2 Abs. 7 Satz 2 LBauO M-V), als Vollgeschosse gelten sollten.

15

Die BS verstoße außerdem gegen das Rückwirkungsverbot. Die Beitrags- und Gebührensatzung des Beklagten vom 29. Januar 1997 habe noch eine Unterteilung in sieben Entsorgungsbereiche vorgenommen. Dem Entsorgungsbereich 5 hätten beispielsweise die Kommunen Böken (Teilgebiet), Grambow (Teilgebiet) und Wessin (Teilgebiet) angehört. Der Beitragssatz für diese Kommunen habe insgesamt 4,51 Euro/qm betragen (3,63 Euro/qm Kanalbaubeitrag; 0,89 Euro/qm Kläranlagenbeitrag). Gemäß § 1 der nunmehr geltenden BS gehörten die Kommunen dem Entsorgungsbereich 2 an mit einem Anschlussbeitrag in Höhe von 9,66 Euro/qm. Er liege damit um 5,15 Euro/qm höher als der in der ursprünglichen Satzung vom 29. Januar 1997. Eine Rechtfertigung für diese Erhöhung sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Gemessen an dem durch das Grundgesetz normierten Schlechterstellungsverbot sei der von dem Beklagten mit Rückwirkung festgesetzte Beitragssatz rechtswidrig und die BS damit nichtig. Äußerst vorsorglich werde die Einrede der Verjährung erhoben.

16

Es fehle zudem eine ortsgesetzgeberische Entscheidung unter Beachtung des bestehenden Organisationsermessens darüber, dass technisch getrennte Anlagen eine Einrichtung im rechtlichen Sinne bilden sollen. Es sei davon auszugehen, dass die Zusammenfassung der jeweiligen im Verbandsgebiet unterschiedlich arbeitenden Anlagen in drei Entsorgungsbereichen eine nicht mehr ermessensfehlerfreie Entscheidung darstelle. Unabhängig davon hätte die Zusammenfassung der jeweiligen Einrichtungen eine gesonderte Entscheidung durch die Verbandsversammlung erfordert.

17

Es wird bestritten, dass die Kalkulation rechtmäßig sei.

18

Nach der BS des Beklagten umfassten die jeweiligen öffentlichen Einrichtungen die Grundstücke der in der Satzung benannten Gemeinden, Ortsteilen und Ortslagen, die durch einen betriebsfertigen Hauptentwässerungskanal erschlossen seien. Folglich könne die Kalkulation des Beitragssatzes auch nur diejenigen Investitionen und Aufwendungen für diejenigen Flächen berücksichtigen, deren Grundstücke bereits angeschlossen seien. Ausweislich des Schlussberichtes des Beklagten zur BS des Jahres 2003 seien jedoch auch Investitionen und Aufwendungen für die zukünftige Erschließung von Flächen mit in die Kalkulation einbezogen worden. Investitionen und Aufwendungen für Flächen, die erst zukünftig durch einen betriebsfertigen Hauptentwässerungskanal erschlossen würden, seien jedoch nicht Bestandteil der jetzt bestehenden öffentlichen Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserbeseitigung. Eine Berücksichtigung dieser Kosten und Flächen bei der Kalkulation sei daher ausgeschlossen.

19

Zudem sei die Herstellung der Einrichtung zur zentralen Schmutzwasserbeseitigungsanlage in vielen Gemeinden, beispielsweise Grambow und Banzkow, bereits vor 1989 erfolgt. Bei der Übernahme der Einrichtungen durch den Zweckverband seien zunächst ganz überwiegend keine Kosten entstanden, diese seien erst in der Folgezeit nach 1993 entstanden durch Arbeiten an der bereits betriebsfertig hergestellten Anlage. Diese Kosten beträfen insoweit nicht die Herstellung, sondern die Verbesserung oder Erneuerung der öffentlichen Einrichtung.

20

Es sei auch davon auszugehen, dass die Flächen nicht zutreffend ermittelt worden seien. Der Beklagte habe nur diejenigen Flächen in die Kalkulation mit einbezogen, in denen tatsächlich Aufwendungen und Kosten dokumentiert worden seien. Flächen, für deren Erschließung keine Aufwendungen tatsächlich dokumentiert worden seien, seien in der Kalkulation - zumindest teilweise - nicht einbezogen worden.

21

Der Kläger beantragt,

22

den Bescheid vom 05. September 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 16. Januar 2006 aufzuheben.

23

Der Beklagte beantragt,

24

die Klage abzuweisen.

25

Er trägt im Wesentlichen vor, dass die in § 5 Abs. 5 BS enthaltene Definition eines Vollgeschosses der Mustersatzung entspreche. Es bestehe auch kein Widerspruch in § 5 Abs. 5 zwischen den Sätzen 2 und 3 einerseits und dem Satz 4 andererseits. Der Satz 4 habe erklärenden Charakter, nämlich, dass bei Nichtfeststellung eines Vollgeschosses bei Gebäuden, die vor dem 30. April 1994 errichtet worden seien, die Mindesthöhen von der Regelung der gültigen LBauO abweichen können. Die Anzahl der Vollgeschosse würde sich auch in diesem Fall nach der Vorschrift des Satzes 2 ergeben. Die von dem Kläger gezogenen Schlussfolgerungen träfen nicht zu. Es finde keine unterschiedliche Behandlung der Grundstücke zum Nachteil der Grundstückseigentümer statt, deren Gebäude vor dem 30. April 1994 errichtet worden seien. Damit verstoße der § 5 Abs. 5 Satz 4 BS auch nicht gegen das Gleichheitsgebot.

26

Es bestehe auch keine Diskrepanz zwischen § 1 Abs. 2 a ABS und § 1 BS. Der Zweckverband betreibe gemäß § 1 Abs. 2 a ABS drei öffentliche zentrale Einrichtungen zur Beseitigung des Schmutzwassers. Diese unterschieden sich nach den technischen Entsorgungsbereichen und deren örtlicher Ausdehnung entsprechend der BS. In § 1 BS finde sich die Formulierung "geplante Kläranlagen". In dieser Formulierung seien damit auch die erforderlichen übrigen öffentlichen Einrichtungen, wie Hauptentwässerungskanäle, eingeschlossen, so dass die Kalkulation die noch erforderlichen Investitionen einerseits und den Flächenzuwachs andererseits berücksichtigt habe. Dies sei auch aus der Kalkulation ersichtlich.

27

Die BS verstoße auch nicht gegen das Rückwirkungsverbot. Gemäß § 21 BS trete die Beitragssatzung Schmutzwasser ohne Rückwirkung am 01. Dezember 2003 in Kraft. Nach § 4 BS entstehe die Beitragspflicht frühestens mit dem Inkrafttreten der Satzung. Hierbei werde nach der geltenden Rechtsprechung immer von dem Inkrafttreten einer rechtsgültigen Satzung ausgegangen. Die vorherige Beitrags- und Gebührensatzung vom 29. Januar 1997 habe nicht diesen Anforderungen entsprochen. Insoweit verbiete sich jeder Vergleich.

28

Nach dem durch die Verbandsversammlung frei zu entscheidenden Organisationsprinzip hinsichtlich der Erfassung und Zuordnung der Mitgliedsgemeinden zu bestimmten Kläranlagen, die sich in ihrer Arbeitsweise und Reinigungsleistung unterschieden, enthalte die BS nur noch drei Entsorgungsbereiche. Hierauf sei auch die Kalkulation innerhalb der drei Entsorgungsbereiche aufgebaut. Sie umfasse den Zeitraum bis zum Jahre 2010 bzw. 2011. Auf der Grundlage dieser Zuordnung zu den drei Entsorgungsbereichen sei der Anschlussbeitragsbescheid an den Kläger erlassen worden. Im Übrigen treffe der in der Klagebegründung beispielhaft gezogene Vergleich mit dem Entsorgungsbereich 5 der Beitrags- und Gebührensatzung vom 29. Januar 1997 auf das Grundstück des Klägers in der Gemeinde ... nicht zu, denn diese Gemeinde habe auch nach der alten Beitragssatzung vom 29. Januar 1997 zum Entsorgungsbereich 1 gehört. Eine Vergleichsberechnung mit unwirksamen Vorgängersatzungen sei nicht erforderlich, da die Höhe der Beitragsforderung von dem Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflicht abhängig sei, der wiederum das Bestehen einer ersten wirksamen Satzung voraussetze. Von einer Rechtswidrigkeit des Beitragssatzes wegen Nichtbeachtung des Rückwirkungs- bzw. Schlechterstellungsverbotes könne demnach keine Rede sein.

29

Der Einwand der Verjährung werde zurückgewiesen. Der Anschlussbeitragsbescheid sei innerhalb der vierjährigen Festsetzungsverjährung bekannt gegeben worden.

30

Der Entsorgungsbereich 1 umfasse alle Kommunen ohne eigene Kläranlagen. Das Schmutzwasser dieser Kommunen werde in die Kläranlage Schwerin geleitet. Bei der Einordnung der einzelnen Kläranlagen in die Entsorgungsbereiche 2 und 3 sei auf die rechtlichen Erfordernisse gemäß der Verordnung über Anforderungen an das Einleiten von Abwasser in ein Gewässer - Abwasserverordnung - abgestellt worden. Bei der Zusammenfassung der drei Entsorgungsbereiche seien demnach konsequent die rechtlichen Vorgaben berücksichtigt worden.

31

Hinsichtlich der Einordnung in insgesamt drei Entsorgungsbereiche nach Arbeitsweise und Reinigungsleistung liege eine ermessensfehlerfreie Entscheidung der Verbandsversammlung vor.

32

Zudem könne derzeit nur ein Herstellungsbeitrag und kein Verbesserungs- oder Erneuerungsbeitrag erhoben werden, denn erst wenn etwas von dem Beklagten hergestellt worden sei, könne es sich bei weiteren Maßnahmen um die beitragsrechtlichen Tatbestände des Aus- und Umbaus, der Verbesserung, der Erweiterung oder der Erneuerung handeln. Hieraus folge, dass es sich auch bei den Grundstücken der sog. Altanschließer um Kosten für die Herstellung des Anschlusses handele.

33

Zurückgewiesen werde auch die Behauptung, dass Flächen bestimmter Straßen und Bereiche nicht in die Kalkulation einbezogen worden seien. Alle in Frage kommenden beitragsfähigen Grundstücke seien mit den Flurstücksbezeichnungen in die Kalkulation bei der Flächenerfassung einbezogen worden. Dies sei auch den Unterlagen zu entnehmen.

34

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird Bezug genommen auf die Gerichtsakte, insbesondere das Protokoll der mündlichen Verhandlung, den beigezogenen Verwaltungsvorgang, sowie die Beiakten Nr. 2 bis 17 aus dem Verfahren 4 A 744/04, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

35

Die Klage ist zulässig und begründet.

36

Die angefochtenen Bescheide sind rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

37

Dem angefochtenen Bescheid vom 05. September 2005 und dem Widerspruchsbescheid vom 16. Januar 2006 fehlt es bereits an einer wirksamen Rechtsgrundlage. Die BS hält einer rechtlichen Prüfung nicht stand.

38

Grundlage dieser rechtlichen Prüfung ist dabei nach dem Inkrafttreten des Ersten Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 14. März 2005 (GVOBl. M-V 2005, S. 91) das Kommunalabgabengesetz (KAG M-V) in der seit dem 31. März 2005 geltenden Fassung.

39

Gegenstand der gerichtlichen Kontrolle ist bei der hier gegebenen Anfechtungsklage der Verwaltungsakt, wie er von der Behörde erlassen wurde. Die gerichtliche Prüfung erfolgt grundsätzlich anhand der zu diesem Zeitpunkt gegebenen Sach- und geltenden Rechtslage (vgl. BVerwG, Urt. v. 06.04.2000, Az.: 3 C 6/99, veröffentlicht in: NVwZ 2001, 322:

40

"Das Berufungsgericht geht zutreffend von dem Grundsatz aus, daß es für die Begründetheit einer Anfechtungsklage auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung ankommt. Den mit dieser Klage verfolgten Anspruch auf Aufhebung einer belastenden Entscheidung mit Wirkung ex tunc hat der Bürger im allgemeinen nur, wenn die angegriffene Entscheidung in dem genannten Zeitpunkt rechtswidrig war. Allerdings steht dieser Grundsatz unter dem Vorbehalt, daß das materielle Recht einen anderen Zeitpunkt als maßgeblich bestimmen kann.",

41

vgl. eingehend zur Problematik: Schoch in: Schoch/Schmidt-Aßmann, VwGO, § 113 Rz.21 Fn.109). Eine Ausnahme von diesem Grundsatz wird im Anschlussbeitragsrecht insoweit für gerechtfertigt erachtet, als dass auch das Inkrafttreten einer neuen Beitragssatzung ohne Rückwirkungsanordnung bewirken kann, dass ein vorher erlassener, mangels Entstehens der Beitragspflicht wegen fehlender rechtmäßiger Satzung (vgl. § 8 Abs.7 S.2 KAG a.F.) zunächst rechtswidriger Beitragsbescheid rechtmäßig wird und dies im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung zu berücksichtigen, der angefochtene Bescheid mithin nicht mehr aufzuheben ist (vgl. BVerwG, Urt. v. 15.04.1983, Az.: 8 C 170/81, veröffentlicht in: BVerwGE 67, 129; BVerwG, Urt. v. 25.11.1981, Az.: 8 C 14/81, veröffentlicht in: BVerwGE 64, 218; OVG M-V, Beschl. v. 19.12.2001, Az.: 1 M 84/01, veröffentlicht in: NordÖR 2002, 268).

42

Diese Ausnahme ist indes beschränkt auf das Inkrafttreten einer neuen, wirksamen satzungsrechtlichen Grundlage eines Beitragsbescheides und kann nicht auf den hier gegebenen Fall angewendet werden, dass sich die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage für den Erlass der Beitragssatzung ändert. Aus dem Rechtsstaatsprinzip des Art.20 Abs.3 GG folgt, dass von einer gesetzlichen Ermächtigung erst dann Gebrauch gemacht werden kann, wenn diese in Kraft getreten ist (vgl. grundlegend BVerfG, Urt. v. vom 26.07.1972, Az.: 2 BvF 1/71, veröffentlicht in: BVerfGE 34, 9 (21); BVerwG, Urt. v. 28.06.1974, Az.: VII C 22/73, veröffentlicht in: BVerwGE 45, 277 (278)). Eine nach Beschlussfassung über eine ortsgesetzliche Satzung in Kraft tretende gesetzliche Regelung kann für diese mithin keine Ermächtigungsgrundlage sein. Es bedarf nach Inkrafttreten der gesetzlichen Grundlage zumindest einer neuen Beschlussfassung über die bereits bestehende Satzung, soll diese von der neuen Ermächtigungsgrundlage getragen werden (vgl. OVG M-V, Urt. v. 18.09.1996, Az.: 6 L 77/96, Umdruck S.10; OVG M-V, Urt. v. 18.09.1996, Az.: 6 L 11/96, veröffentlicht in: LKV 1997, 422). Der Grund für dieses Erfordernis -und zugleich der tragende Grund für die abweichende Behandlung der Abgabensatzung als Grundlage des Beitragsbescheides- liegt darin, dass die gesetzliche Ermächtigungsgrundlage dem Satzungsgeber einen Ermessenspielraum für die Ausgestaltung seiner ortsrechtlichen Regelung gibt, etwa bei der Wahl des Beitragsmaßstabes (vgl. § 8 Abs.1 KAG a.F. einerseits und § 9 Abs.4 bis 6 KAG M-V n.F. andererseits) oder der Entscheidung, ob eine gemischte Beitrags-/Gebühren- oder eine reine Gebührenfinanzierung erfolgen soll (vgl. § 8 Abs.1 KAG a.F. einerseits und § 9 Abs.1 KAG M-V n.F. andererseits) und damit verbunden zu welchem Grad der Aufwand für die Herstellung der öffentlichen Einrichtung durch Beiträge oder durch andere Mittel des öffentlichen Haushaltes finanziert werden soll. Dieses Ermessen kann vom Satzungsgeber bei Beschlussfassung über die Satzung aber nur dann ordnungsgemäß betätigt werden, wenn er den gesetzlich definierten Spielraum kennt, was ausgeschlossen ist, wenn die Ermächtigungsgrundlage zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses noch nicht in Kraft getreten ist (vgl. OVG M-V, Urt. v. 18.09.1996, Az.: 6 L 11/96, veröffentlicht in: LKV 1997, 422). Ist im Rahmen dieses Ermessensspielraums eine wirksame Beitragssatzung beschlossen worden und in Kraft getreten, besteht für die konkret-individuelle Beitragserhebung durch die örtliche Exekutive kein Ermessensspielraum mehr; sie ist aus Gründen der Gesetzmäßigkeit der Abgabenerhebung verpflichtet, die Satzung anzuwenden und die Beiträge zu erheben (OVG Schleswig, Urt. v. 24.02.1999, Az.: 2 L 146/96, veröffentlicht in: NordÖR 1999, 312). Aufgrund dieses gebundenen Verwaltungshandelns bei der Abgabenerhebung selbst, ist es gerechtfertigt, in dieser Rechtsbeziehung eine "Heilung" mangels wirksamer Satzung rechtswidriger Bescheide durch eine bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in Kraft getretene wirksame Abgabensatzung zuzulassen, nicht jedoch die Satzung ohne erneute Befassung des Normgebers auf eine neue gesetzliche Ermächtigungsgrundlage zu stellen (so bereits die Urteile der Kammer vom 09. Juni 2005, Az.: 4 A 2668/04 und vom 21. Februar 2006, Az.: 4 A 20/06).

43

Demgemäß geht die Kammer davon aus, dass Anschlussbeitragssatzungen und darauf beruhende Beitragsveranlagungen nach Maßgabe des bis zum 30. März 2005 geltenden Kommunalabgabengesetzes zu beurteilen sind, wenn die Anschlussbeitragssatzung bis zu diesem Zeitpunkt beschlossen war. Liegt eine Beschlussfassung über die Anschlussbeitragssatzung oder einer Änderungssatzung zu dieser ab dem 31. März 2005 vor, gilt hingegen das KAG-MV in der neuen Fassung (im folgenden: KAG M-V).

44

Vorliegend hat sich die Verbandsversammlung des Zweckverbandes Schweriner Umland zweimal nach dem Inkrafttreten des neuen KAG M-V mit dem beitragsrechtlichen Teil der BS befasst. Am 11. August 2005 hat sie in Bezug auf § 1 redaktionelle Änderungen beschlossen; am 30. November 2005 hat sie die Beitragskalkulation überprüft und einen Beschluss über die "2. Fortschreibung der Beitrags- und Gebührenkalkulation für die Abwasserbeseitigung in den Entsorgungsbereichen des Zweckverbandes Schweriner Umland Trinkwasserversorgung/Abwasserentsorgung" gefasst. Insbesondere mit dem letztgenannten Beschluss hat die Verbandsversammlung dokumentiert, dass sie nach dem Inkrafttreten des KAG M-V und damit in Kenntnis der neuen Rechtslage an ihren Beitragssätzen und damit auch an ihren Beitragsmaßstäben unverändert festhalten will. Die Verbandsversammlung war sich also spätestens im Zeitpunkt der Beschlussfassung am 30. November 2005 über ihren gesetzlich definierten Ermessensspielraum für die Ausgestaltung ihrer ortsrechtlichen Regelung im Klaren, den ihr das neue KAG M-V bietet.

45

Den damit geltenden Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG M-V genügt die BS jedoch nicht. Der Beitragsmaßstab verstößt teilweise gegen das Vorteilsprinzip und den Gleichheitsgrundsatz (a) und die Kalkulation des Abgabensatzes erweist sich als fehlerhaft (b).

a.

46

Die BS verwendet in § 5 einen grundsätzlich zulässigen kombinierten Flächen- und (abgestuften) Vollgeschossmaßstab. Die Kammer schließt sich insoweit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern an, wenn dieses grundlegend im Urt. v. 15.03.1995, Az.: 4 K 22/94, veröffentlicht in: KStZ 1996, 114 (bestätigt durch OVG M-V, Beschl. v. 13.11.2001, Az.: 4 K 24/99), ausführt:

47

"a) § 4 Abs. 2 Satz 1 EAS enthält einen rechtswirksamen, abgestuften Vollgeschoßmaßstab. Danach wird bei der Ermittlung des nutzungsbezogenen Flächenbeitrages für das erste Vollgeschoß 25% und für jedes weitere Vollgeschoß 15% der Grundstücksfläche in Ansatz gebracht. In Kerngebieten beträgt der Ansatz für das erste Vollgeschoß 50% und für jedes weitere Vollgeschoß 30%.

48

Die Verwendung eines Vollgeschoßmaßstabes ist in der Rechtsprechung zwischenzeitlich weitgehend anerkannt ( VGH Mannheim vom 13.01.1994, 2 S 1213/92 ; OVG Lüneburg, Beschluß vom 19.10.1993, 9 M 2240/93, KStZ 1994, 77 ; OVG Lüneburg, Urteil vom 27.01.1993, 9 L 4763/91 , OVG Lüneburg, Beschluß vom 02.05.1991, 9 M 4630/91 ). Dies gilt aber regelmäßig nur für solche Maßstäbe, die für jedes weitere Vollgeschoß eine Steigerung in gleicher Höhe vorsehen. Im vorliegenden Fall verwendet der Antragsgegner aber einen abgestuften Vollgeschoßmaßstab, bei dem das erste Vollgeschoß beitragsrechtlich höher in Ansatz gebracht wird als das zweite und eventuell weitere Vollgeschosse.

49

In diesem Zusammenhang wird die Rechtsansicht vertreten, es sei unter Wahrscheinlichkeitsgesichtspunkten nur eine lineare Steigerung je Vollgeschoß zulässig. Es widerspreche der Wahrscheinlichkeit, daß etwa bei Wohnhäusern die künftige Möglichkeit der Inanspruchnahme der Abwassereinrichtung in bezug auf die weiteren Vollgeschosse geringer sei als jeweils beim ersten Vollgeschoß. Insoweit sei die Maßstabsregelung systemwidrig und damit nicht vorteilsgerecht ( OVG Schleswig, Urteil vom 13.07.1993, 2 L 55/93 ).

50

Nach der Rechtsprechung des OVG Lüneburg (Beschluß vom 02.05.1991, 9 M 4630/91 ; vgl. Driehaus/Klausing, aaO., Rdn. 1024; ebenso Hatopp, NKAG, § 6, Rdn. 51c) ist es demgegenüber durchaus zulässig, wenn das erste Vollgeschoß mit einem höheren Ansatz als die weiteren Vollgeschosse berücksichtigt werden. Nach Auffassung des Senats ist dieser Ansicht zu folgen. Ein abgestufter Vollgeschoßmaßstab ist durchaus vorteilsgerecht, da die erhöhte beitragsrechtliche Belastung des ersten Vollgeschosses zum einen darin ihre Rechtfertigung findet, daß ein Gebäude in der Regel noch ein Dachgeschoß hat, das in zahlreichen Fällen nicht als Vollgeschoß im Sinne der Landesbauordnung gilt. Der Vorteil, der von einem solchen Dachgeschoß bzw. auch einem Kellergeschoß ausgeht, wird durch den höheren Ansatz für das erste Vollgeschoß abgegolten."

51

Auch der von dem Beklagten in § 5 Abs. 3 BS verwendete abgestufte Vollgeschossmaßstab ("Zur Berücksichtigung des unterschiedlichen Maßes der Nutzung wird die Fläche nach Abs. 2 mit einem Faktor von 0,25 für das erste Vollgeschoss und für jedes weitere Vollgeschoss mit einem Faktor von 0,2 berücksichtigt.") ist rechtlich nicht zu beanstanden (vgl. OVG M-V, Urt. v. 13.11.2001, Az.: 4 K 16/00, veröffentlicht in: KStZ 2002, 132).

52

Die Regelungen zum Flächenansatz in § 5 Abs.2 lit.c BS verstoßen jedoch gegen das Vorteilsprinzip und den Gleichheitssatz.

53

§ 5 Abs.2 lit.c Satz 1 BS ("Als Grundstücksfläche gilt: c) bei Grundstücken, für die kein B-Plan besteht und die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles (§ 34 BauGB) liegen, die Gesamtfläche des Grundstückes, höchstens jedoch die Fläche zwischen der der Straße zugewandten Grundstücksgrenze und einer im Abstand von 50 m dazu verlaufenden Parallele.") sieht für Grundstücke im unbeplanten Innenbereich eine generelle Tiefenbegrenzung von 50 m vor (sog. schlichte Tiefenbegrenzung). Der Ortsgesetzgeber statuiert damit eine widerlegbare Vermutung, dass die diesseits der Tiefenbegrenzung liegende Fläche Bauland ist und die jenseits der Tiefenbegrenzungslinie liegende Fläche dem bevorteilten Bauland nicht mehr zuzurechnen ist. Damit besteht ein sachlicher Grund für die mit der Tiefenbegrenzungsregelung verbundene Differenzierung, die folglich auch grundsätzlich für zulässig erachtet wird (vgl. OVG M-V, Urt. v. 13.11.2001, Az.: 4 K 16/00, veröffentlicht in: KStZ 2002, 132; Beschl. v. 13.11.2001, Az.: 4 K 24/99, veröffentlicht in: LKV 2002, 380; Beschl. v. 29.11.2001, Az.: 1 M 66/01, veröffentlicht in: NordÖR 2002, 81; Beschl. v. 17.12.2001, Az.: 1 L 118/01, veröffentlicht in: NordÖR 2002, 65; Beschl. v. 20.11.2003, Az.: 1 M 180/03, veröffentlicht in: NordÖR 2004, 262).

54

Auch wenn in Parallelverfahren gerügt wird, die von dem Beklagten vorgesehene schlichte Tiefenbegrenzungsregelung, die auch zentrale Grundstücke im unbeplanten Innenbereich erfasst, sei vorteilswidrig und damit unzulässig (so auch OVG Lüneburg, Beschl. v. 19.01.1999, Az.: 9 M 3626/98 veröffentlicht in: NVwZ-RR 2000, 249; OVG Weimar, Urt. v. 18.12.2000, Az.: 4 N 472/00, veröffentlicht in: LKV 2001, S. 415) ist die Kammer im Einklang mit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern der Auffassung, dass im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen eine sog. schlichte Tiefenbegrenzung bei Grundstücken, für die kein Bebauungsplan besteht und die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteiles liegen, den örtlichen Verhältnissen durchaus entsprechen kann (vgl. OVG M-V, Urt. v. 02.06.2004,, Az.: 4 K 38/02, veröffentlicht in: DVBl. 2005, S. 64; Beschl. v. 20.11.2003, Az.: 1 M 180/03, veröffentlicht in: DVBl. 2004, S. 587; Beschl. v. 17.12.2001, Az.: 1 M 118/01, veröffentlicht in: NordÖR 2002, S. 65; Urt. v. 13.11.2001, Az.: 4 K 16/00, veröffentlicht in: NVwZ-RR 2002, S. 687). Das Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat in seinem Urteil vom 13.11.2001, Az.: 4 K 16/00, S. 13ff. ausgeführt:

55

"Für das hier in Rede stehende Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen hält der Senat nach nochmaliger Überprüfung demgegenüber im Grundsatz daran fest, daß eine sogenannte schlichte Tiefenbegrenzungsregelung den örtlichen Verhältnissen entsprechen kann. Sie kann vom Ortsgesetzgeber in Übereinstimmung mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz willkürfrei angeordnet werden.

56

Die Tiefenbegrenzung ist eine nur in Ausnahmefällen widerlegbare Vermutung, daß der diesseits der Begrenzungslinie liegende Teil des Grundstücks Bauland ist. Die damit verbundene und im Recht der leitungsgebundenen Einrichtungen allgemein als zulässig angesehene Pauschalierung wirkt sich in Einzelfällen mehr oder weniger zu Lasten einzelner Beitragspflichtiger aus.

57

Der Grundsatz der Praktibilität kann aber auch unter Gleichheitsgesichtspunkten einen sachlichen Grund bilden, bei dem umgekehrten Sachverhalt (Einzelfälle unbeplanter Grundstücke, die über 50 m hinaus Baulandqualität haben) zu pauschalieren. Dies gilt, solange die Ungleichbehandlung in einem angemessenen Verhältnis zu den Vorteilen der Typisierung steht (vgl. BVerwG, Urt. v. 22.12.1999 - 11 CN 1.99, DÖV 2000, 550 ff., zum kommunalen Steuerrecht). So liegt es hier. Eine Tiefenbegrenzungsregelung findet gerade im Anschlußbeitragsrecht ihre Rechtfertigung darin, daß im Rahmen der Beitragskalkulation eine Ermittlung der Gesamtbeitragsfläche erforderlich ist, die auf metrische Festlegungen angewiesen ist (OVG Schleswig, Urt. v. 26.05.1999 - 2 K 23/97, NordÖR 1999, 304 <306>). Dadurch gewinnt der Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität besondere Bedeutung. Ohne eine Tiefenbegrenzung müßten ggf. eine exakte Einzelfallbewertung sämtlicher der Beitragspflicht unterliegender unbeplanter Grundstücke angestellt werden. Damit bewirkt die Tiefenbegrenzungsregelung auch im vorliegenden Fall eine deutliche Verwaltungsvereinfachung."

58

Voraussetzung einer satzungsrechtlichen Tiefenbegrenzung ist jedoch, dass die hiermit vom Satzungsgeber ausgesprochene Vermutung, die bauliche Ausnutzbarkeit der betroffenen Grundstücke ende an der Tiefenbegrenzungslinie, tatsächlich den örtlichen Verhältnissen im Bereich der jeweiligen öffentlichen Einrichtung entspricht (vgl. OVG M-V, Urt. v. 15.11.2000, Az.: 4 K 8/99, veröffentlicht in: KStZ 2001, 174; Urt. v. 13.11.2001, Az.: 4 K 16/00, veröffentlicht in: KStZ 2002, 132; Beschl. v. 17.12.2001, Az.: 1 L 118/01, veröffentlicht in: NordÖR 2002, 65, vgl. Aussprung in: Aussprung/Siemers/Holz, KAG, § 9 Anm.4.3.; Sauthoff in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: 33. Erg.-Lfg., KAG § 8 Rz.1653, 1655). Diese örtlichen Verhältnisse sind vor Beschlussfassung durch den Satzungsgeber zu ermitteln, und zwar wegen der typisierenden Festlegung in allen Bereichen des Verbandsgebietes, die von einer solchen Regelung erfasst werden (vgl. OVG M-V, Urt. v. 15.03.1995, Az.: 4 K 22/94, veröffentlicht in: KStZ 1996, 114), auch wenn dies dazu führen könnte, dass bei großen, inhomogenen Verbandsgebieten eine Tiefenbegrenzungsregelung ganz ausscheidet (Sauthoff in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: 33. Erg.-Lfg., KAG § 8 Rz.1655) bzw. dass bei verschiedenen öffentlichen Einrichtungen innerhalb des Verbandsgebietes unterschiedliche Tiefenbegrenzungslinien in Betracht kommen können.

59

Nachvollziehbare Unterlagen zum Ergebnis solcher Ermittlungen der örtlichen Verhältnisse, hier insbesondere im Entsorgungsbereich 1, konnte der Beklagte nicht vorlegen. Auf gerichtliche Nachfrage zur Vorbereitung der mündlichen Verhandlung hat der Beklagte ausgeführt, dass er bei der Ermittlung der Tiefenbegrenzungslinie die Abrundungssatzungen der Mitgliedsgemeinden herangezogen habe und dass ca. 20 Abrundungssatzungen dem Abbild ihrer jeweiligen Gemeindenstruktur entsprächen. Beispielshaft hat der Beklagte sieben Gemeinden mit Abrundungssatzungen aufgeführt (Goldenstädt OT Goldenstädt (Entsorgungsbereich 2), Banzkow OT Mirow (Entsorgungsbereich 1), Langen Brütz OT Kritzow (Entsorgungsbereich 2), Klein Rogahn OT Klein Rogahn (Entsorgungsbereich 1), Barnin OT Barnin (Entsorgungsbereich 3), Tramm (Entsorgungsbereich 2), Schossin OT Schossin (Entsorgungsbereich 2))und die durch die Abrundungssatzung bestimmte Tiefe der Grundstücke in diesen Gemeinden bzw. ihren Ortsteilen dargestellt. Abgesehen davon, dass von diesen sieben Gemeinden bzw. ihren Ortsteilen nur zwei dem Entsorgungsbereich 1 angehören, der Entsorgungsbereich 1 aber aus 20 Gemeinden mit insgesamt 44 Ortsteilen besteht, und abgesehen davon, dass bei diesen beispielhaft genannten sieben Gemeinden allein schon bei drei dieser Gemeinden die grundstücksbezogene durchschnittliche Tiefe jenseits der in der BS vorgesehenen Tiefenbegrenzung von 50 m liegt (Gemeinde Banzkow OT Mirow: 53,81 m; Gemeinde Klein Rogahn OT Klein Rogahn: 59,78 m; Gemeinde Schossin OT Schossin: 58,96 m) und insofern allein bei diesen sieben Gemeinden bzw. ihren Ortsteilen eine grundstücksbezogene durchschnittliche Tiefe von ca. 52 m feststellbar ist, ist die In Augenscheinseinnahme lediglich der geltenden Abrundungssatzungen im Verbandsgebiet zur Feststellung, ob eine Tiefenbegrenzung den örtlichen Verhältnissen entspricht, schon dem Grunde nach ungeeignet.

60

Eine (Abrundungs-/Ergänzungs-)Satzung gemäß § 34 Abs. 4 Nr. 3 BauGB erlaubt es der Gemeinde, einzelne Außenbereichsgrundstücke städtebaulich angemessen in Ortsteile nach § 34 BauGB einzubeziehen. Voraussetzung ist, dass die einzubeziehenden Außenbereichsflächen an die im Zusammenhang bebauten Ortsteile angrenzen (vgl. Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, Kommentar, 9. Aufl., § 34 Rz. 59). Die räumliche Reichweite einer derartigen Satzung ist deshalb von vornherein begrenzt und von den tatsächlichen Verhältnissen abhängig. Wenn durch Einbeziehung einzelner kleinerer Außenbereichsflächen eine Vereinfachung der Abgrenzung, d.h., eine klarere Grenzlinie zwischen Innen- und Außenbereich erzielt wird, kommt bauplanungsrechtlich der Erlass einer "Abrundungssatzung" in Betracht (vgl. BVerwG, Urteil vom 18.05.1990, Az.: 4 C 37/87, Beschluss vom 16.03.1994, Az.: 4 NB 34/93, jeweils zitiert nach JURIS). Das heißt aber, dass "Abrundungssatzungen" einzelner Gemeinden keine Aussage darüber treffen, welche Tiefenbegrenzung den örtlichen Verhältnissen im Bereich der jeweiligen öffentlichen Einrichtung entspricht und damit die Vorteilslage zutreffend abbildet. Andere Ermittlungen zur Feststellung der ortsüblichen Tiefenbegrenzung hat der Beklagte nicht angestellt.

61

Ausgehend davon dass die Tiefenbegrenzungsregelung vom Ortsgesetzgeber in Übereinstimmung mit dem Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG gerade vor dem Hintergrund des Gebotes verwaltungspraktikabler Lösungen nur dann willkürfrei angeordnet werden kann, wenn im Vorfeld der Beitragskalkulation die örtlichen Verhältnisse korrekt ermittelt wurden und belegen, dass die Situation des Grundstücks im unbeplanten Innenbereich mit Baulandqualität jenseits der Tiefenbegrenzung die Ausnahme (d.h. weniger als 10 v.H. der von der Tiefenbegrenzung betroffenen Grundstücke, vgl. BVerwG, Beschl. v. 19.09.1983, Az.: 8 N 1/83, veröffentlicht in: KStZ 1984, 9; BVerwG, Urt. v. 01.08.1986, Az.: 8 C 112/84, veröffentlicht in: KStZ 1987, 11; Gern, Aktuelle Probleme des Kommunalabgabenrechts. Analogie im Abgaberecht - Begründungspflicht von Abgabensatzungen - Die Zulässigkeit von Sozialtarifen, in: NVwZ 1995, 1145ff. m.w.N.) darstellt, leidet die BS bereits aufgrund der ungeeigneten Ermittlung der örtlichen Verhältnisse an einem schwerwiegenden Fehler.

62

Des Weiteren führt die Regelung in § 5 Abs.2 lit.c Satz 2 BS ("Liegt das Grundstück an mehreren Straßen, so ist die Tiefenbegrenzung von jeder einer der Straßen zugewandten Grundstücksseite über die gesamte Grundstücksbreite anzusetzen.") zu einer Beitragserhöhung für Eckgrundstücke im Vergleich zu einseitig tiefenbegrenzten Grundstücken. Eine sachliche Rechtfertigung hierfür ist nicht ersichtlich. Eine solche Doppelbelastung bzw. ein verminderter Anschlussvorteil ist im Anschlussbeitragsrecht nicht vorstellbar. Der durch den Beitrag abzugeltende Anschlussvorteil entsteht erst- und einmalig mit der Herstellung der Anschlussmöglichkeit, und zwar unabhängig davon, ob in beiden angrenzenden Straßen oder nur in einer Straße ein Anschlusskanal liegt. Eine sachliche Rechtfertigung für die hier in § 5 Abs.2 lit.c) Satz 2 BS enthaltene "Eckgrundstückserhöhung" ist nicht ersichtlich.

63

Zudem verstößt die BS teilweise gegen das Bestimmtheitsgebot. Der in § 2 Abs. 1 KAG M-V konkretisierte Grundsatz der Bestimmtheit von Normen verlangt, dass eine Satzung als abstrakte Regelung allein aus ihrem Text heraus verständlich sein muss. Der Wille der die Norm erlassenden Körperschaft muss vollständig und unzweideutig für den Rechtsunterworfenen aus der Satzung hervorgehen, damit dieser erkennen kann, was von ihm gefordert wird (VG Schwerin, Urt. v. 29.09.2000, Az.: 4 A 8/99).

64

§ 5 Abs. 2 lit. b) BS regelt, dass bei Grundstücken nach lit. a), die über die Grenzen des B-Planes hinausreichen, auch die Fläche außerhalb des Plangebietes, soweit diese Fläche baulich oder gewerblich genutzt werden kann, als beitragspflichtige Grundstücksfläche gilt. Diese Regelung ist an sich nicht zu beanstanden. Da sich der Satzungsgeber im vorliegenden Fall in § 5 Abs. 2 lit. c) BS aber für die Anwendung der schlichten Tiefenbegrenzungsregelung auf alle Grundstücke entschieden hat, für die kein B-Plan besteht und die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (§ 34 BauGB) liegen, stellt sich die Frage, ob diese schlichte Tiefenbegrenzung auch auf diejenigen Grundstücke anzuwenden ist, die unter § 5 Abs. 2 lit. b) BS fallen, denn auch die über die Grenzen des B-Planes hinausreichende Fläche, die baulich oder gewerblich genutzt werden kann, liegt im unbeplanten Innenbereich. Wenn die Tiefenbegrenzung auch auf diese Grundstücke Anwendung finden soll, stellt sich die Folgefrage, wo die Tiefenbegrenzung beginnt: an der der Straße zugewandten Grundstücksgrenze oder an der dem anschließenden unbeplanten Innenbereich zugewandten Grenze des B-Planes ? Hierzu trifft die Satzung keinerlei Aussage und widerspricht damit bereits dem Bestimmtheitsgebot. Der Rechtsunterworfene eines unter § 5 Abs. 2 lit. b) BS fallenden Grundstücks kann dem Satzungstext nicht entnehmen, wie sich der Beitrag seines Grundstücks berechnet.

65

Der Beklagte hat hierzu in der mündlichen Verhandlung ausgeführt, dass er bei den unter § 5 Abs. 2 lit. b) BS fallenden Grundstücken die schlichte Tiefenbegrenzung anwende, und zwar von der der Straße zugewandten Grundstücksseite ausgehend und dass, falls die bauliche Nutzung bei denjenigen unter § 5 Abs. 2 lit b) BS fallenden Grundstücke über die Tiefenbegrenzung hinaus reiche und dort Abwasser anfalle, das Ende der Bebauung als Ende der beitragspflichtigen Grundstücksfläche gelte. Diese Verwaltungspraxis ist dem Satzungstext nicht zu entnehmen, zumal § 5 Abs. 2 lit. e) BS "lediglich" eine diesbezügliche Regelung hinsichtlich der unter § 5 Abs. 2 lit. c) und d) BS fallenden Grundstücke getroffen hat, nicht jedoch eine Regelung die auch die unter § 5 Abs. 2 lit. b) BS fallenden Grundstücke betrifft.

66

Soweit der Beklagte in der mündlichen Verhandlung auf die Frage, warum die unter § 5 Abs. 2 lit h) BS genannten Grundstücke, die nicht den lit. a) bis g) zuzuordnen sind, also die nicht zu dauerhaften Wohnzwecken genutzten Bungalows, Ferienhäuser und als Kleingärten genutzten im Außenbereich liegenden Grundstücke, hinsichtlich der Grundflächenzahl um ein Vierfaches höher berechnet werden (Grundflächenzahl 0,05) als die unter § 5 Abs. 2 lit j) liegenden Außenbereichsgrundstücke (Grundflächenzahl 0,2), geantwortet hat, dass die unter § 5 Abs. 2 lit h) fallenden Grundstücke sehr schlecht erschlossen seien und der Abwasseranschluss weit höhere Kosten verursache als bei "normalen" Außenbereichsgrundstücken, ist dies kein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung dieser Grundstücke. Gemäß § 7 Abs. 1 Satz 3 KAG M-V ist die Beitragslast nach Vorteilen zu bemessen, d.h., dass die Beitragspflicht an den Vorteil anknüpft, den ein Grundstück von der Möglichkeit der Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung hat, nicht jedoch nach den Kosten, die der Anschluss des Grundstücks an die öffentliche Einrichtung verursacht. Dem Ortsgesetzgeber ist für die Gestaltung abgabenrechtlicher Regelungen durch Art. 3 GG zwar ein Gestaltungsspielraum eingeräumt, dieser ist aber dort überschritten, wo - unter Einschluss von Gesichtspunkten der Typengerechtigkeit und der Verwaltungspraktikabilität - ein sachlich einleuchtender Grund für die gesetzliche Differenzierung oder Gleichbehandlung fehlt (BVerwG, Urt. v. 30.04.1996, Az.: 8 B 32.96, OVG M-V, Beschl. v. 21.04.1999, Az.: 1 M 12/99, veröffentlicht in KStZ 2000, 118). Allein das Abstellen auf die höheren Investitionskosten bzw. auf die Schwierigkeit hinsichtlich der Erschließung ist kein sachlicher Grund für die unterschiedliche Behandlung obiger Grundstücke im Außenbereich.

67

§ 5 Abs. 2 lit i) BS wiederum verstößt gegen den Bestimmtheits-grundsatz. Hier wird eine Sonderregelung für Grundstücke getroffen, die nicht den lit. a) bis h) des § 5 Abs. 2 BS zuzuordnen sind und bei denen im B-Plan eine sonstige Nutzung (z.B. als Friedhof, Sportplatz, Grünfläche) festgesetzt ist oder die im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) tatsächlich so genutzt werden. Der Anwendungsbereich dieser Regelung erschließt sich nicht, zudem ist sie in sich widersprüchlich. Auf der einen Seite sollen Grundstücke erfasst werden, die den lit. a) bis h) (Grundstücke in B-Plan-Gebieten sowie Grundstücke in unbeplanten Innenbereichen (§ 34 BauGB)) nicht zuzuordnen sind, gleichzeitig soll sie aber Grundstücke erfassen, bei denen im B-Plan eine sonstige Nutzung festgesetzt ist oder die im unbeplanten Innenbereich (§ 34 BauGB) tatsächlich so genutzt werden. Diese Formulierung widerspricht dem Bestimmtheitsgebot. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung hierzu ausgeführt, dass bei der Veranlagung von Friedhöfen, Sportplätzen etc. unabhängig von der Lage der Grundstücke in der Praxis immer die Regelung des § 5 Abs. 2 lit. i) angewendet wird und er die Flächen für diese Grundstücke auch der Regelung des § 5 Abs. 2 lit. i) entsprechend in die Kalkulation eingestellt habe. Diese Verwaltungspraxis deckt sich ebenfalls nicht mit der satzungsrechtlichen Regelung, für die nach ihrer Formulierung allein schon aufgrund der Widersprüchlichkeit überhaupt kein Anwendungsfall denkbar ist.

68

§ 7 Abs. 1 Satz 3 BS, wonach der Eigentümer eines Gebäudes neben dem Pflichtigen nach Satz 1 oder 2 Beitragspflichtiger ist, wenn das Eigentum an dem Grundstück und an dem darauf befindlichen Gebäude infolge der Regelung des § 286 des Zivilgesetzbuches der DDR getrennt ist, widerspricht der nunmehr geltenden gesetzlichen Regelung des KAG M-V. Gemäß § 7 Abs. 2 Satz 4 KAG M-V ist in den Fällen, in denen das Grundstück mit einem dinglichen Nutzungsrecht nach Artikel 233 § 4 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch belastet ist, der Inhaber dieses Rechts anstelle des Eigentümers beitragspflichtig. Die im § 8 Abs. 10 Satz 3 KAG a.F. getroffene Regelung ist jetzt hinsichtlich der mit einem dinglichen Nutzungsrecht belasteten Grundstücke an die Regelung des Erschließungsbeitragsrechts (§ 134 Abs. 1 Satz 3 BauGB) angeglichen worden.

b.

69

Schließlich liegt der BS keine rechtmäßige Beitragskalkulation zugrunde anhand derer die Einhaltung des Aufwandsüberschreitungsverbotes überprüft werden könnte.

70

Nach der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichtes Mecklenburg-Vorpommern zum KAG a.F., welche die Kammer teilt, fällt die Festsetzung und Kalkulation eines Beitragssatzes in die Kompetenz des Vertretungsorgans. Dieses hat bei der Beschlussfassung über die Satzung sein ortsgesetzgeberisches Ermessen in den Grenzen, die ihm durch das Vorteilsprinzip, dem Kostendeckungsgrundsatz und den Gleichheitssatz gezogen sind, sachgerecht auszuüben. Zur Gültigkeit eines Beitragssatzes bedarf es daher einer stimmigen Kalkulation, die vom Satzungsgeber mit der Beschlussfassung zu billigen ist (OVG M-V, Urt. v. 15.11.2000, Az.: 4 K 8/99, veröffentlicht in: LKV 2001, 516). Insoweit bezieht sich die gerichtliche Überprüfung nicht bloß auf eine rechnerische "Ergebniskontrolle" des Beitragssatzes, sondern auf die ihm zugrunde gelegten Sachverhalte und Wertentscheidungen. Eine Abgabensatzung ist hiernach jedenfalls unwirksam, wenn in erheblichem Umfang nicht beitragsfähiger Aufwand angesetzt und daher gegen das Aufwandsüberschreitungsverbot verstoßen wird, oder wenn erhebliche methodische Fehler die Feststellung unmöglich machen, ob das Aufwandsüberschreitungsverbot verletzt ist oder nicht (vgl. OVG M-V, Urt. v. 07.11.1996, Az.: 4 K 11/96, veröffentlicht in: VwRR MO 1997, 13; Urt. v. 25.02.1998, Az.: 4 K 8/97, 4 K 18/97, veröffentlicht in: NordÖR 1998, 256 jeweils m.w.N.). An diesen Grundsätzen ist auch nach dem Inkrafttreten des neuen KAG und damit der Neufassung des § 2 Abs. 3 KAG M-V, festzuhalten.

71

Die Beschlussempfehlung und der Bericht des Innenausschusses (2. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Landesregierung - Drucksache 4/1307 - Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes und dem Gesetzentwurf der Fraktion der CDU - Drucksache 4/1230 - Entwurf eines Zweiten Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes (KAG) - 2. ÄndG KAG - vom 02. März 2005, lautet zu § 2 Abs. 3 KAG M-V wie folgt (LT-Drs. 4/1576, S. 72f.):

72

"Einem Antrag der Koalitionsfraktionen folgend hat der Ausschuss einstimmig § 2 Abs. 3 Kommunalabgabengesetz neu gefasst und damit entgegen dem Gesetzentwurf Absatz 3 nicht aufgehoben.

73

Zur Antragsbegründung hatten die Koalitionsfraktionen ausgeführt, dass unter Berücksichtigung der weit reichenden Auswirkungen auf die abgabenberechtigten Körperschaften, die zahlungspflichtigen Bürger sowie die Belastung der Verwaltungsgerichtsbarkeit durch die Neufassung des § 2 Abs. 3 auch in Mecklenburg-Vorpommern die gerichtliche Kontrolle von Abgabensatzungen auf eine bloße Ergebnisrichtigkeitsprüfung beschränkt werden solle.

74

Es sei weder aus Zweckmäßigkeitserwägungen noch wegen verfassungs- oder sonstiger bundesrechtlicher Vorgaben geboten, die Nichtigkeitsfolge für Abgabensatzungen nur deshalb vorzusehen, weil dem Satzungsgeber bei der Kalkulationserstellung Fehler unterlaufen seien. Vielmehr solle die Unwirksamkeit nur dann eintreten, wenn die Festsetzungen mit höherrangigem Recht unvereinbar seien, wie z. B. bei einem Verstoß gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz (Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes) oder das Kosten- bzw. Aufwandsüberschreitungsverbot des Kommunalabgabengesetzes. Den abgabenberechtigten Körperschaften solle aus diesem Grund ermöglicht werden, einzelne Aufwands- und Kostenpositionen in die Kalkulation nachträglich einzustellen oder anders zu bewerten, um den beschlossenen Abgabensatz in einem gerichtlichen Verfahren zu begründen. Hierdurch werde gewährleistet, dass die Kalkulation des Abgabensatzes auf entsprechende Rüge der klagenden Partei vom Gericht umfassend und abschließend geprüft werde. Ist die ursprüngliche Kalkulation nicht ausreichend, um den durch die Satzung umgelegten Aufwand zu rechtfertigen, könne die abgabenberechtigte Körperschaft durch Berücksichtigung von ursprünglich nicht oder anders bewerteten Aufwandsposten die Kalkulation im gerichtlichen Verfahren noch nachbessern. Das Nachschieben oder die Neubewertung von Aufwandsposten in der Kalkulation diene aber lediglich zur Rechtfertigung des vom zuständigen Vertretungsorgan beschlossenen Abgabensatzes. Ob die abgabenberechtigte Körperschaft so verfahren werde, stehe in ihrem Ermessen. Das Gericht solle nicht von sich aus nach anderen Rechnungsposten suchen, die den beschlossenen Abgabensatz rechtfertigen könnten. Durch die Neufassung des § 2 Abs. 3 würde es den abgabenberechtigten Körperschaften jedoch nicht ermöglicht werden, Aufwandsposten in die Kalkulation einzustellen, die grundsätzlich nicht ansatzfähig seien. Auch bleibe die Pflicht zur Erstellung eines Rechenwerkes als Grundlage für die Abgabensatzung bestehen. Vielmehr werde der Streit um Fehler in der Kalkulation, insbesondere um die Berücksichtigungsfähigkeit und Höhe der Aufwandsposten, auf ein gerichtliches Verfahren konzentriert und einer vermeidbaren Belastung der Verwaltungsgerichte entgegengewirkt. Nach gegenwärtiger Rechtslage sei demgegenüber die Aufstellung einer weiteren Satzung mit einer geänderten Kalkulation erforderlich, die dann erneut einer gerichtlichen Prüfung unterliege. In die Belange der abgabenpflichtigen Bürger werde durch die Möglichkeit zur Korrektur der Kalkulation nicht unangemessen eingegriffen. Wird das Rechenwerk erst im Verlauf eines Verwaltungsstreitverfahrens berichtigt und richtig gestellt, könne der Kläger die Klage für erledigt erklären, das Gericht entscheide dann nur noch über die Verfahrenskosten. Sei die Kalkulation zunächst unrichtig gewesen, werde dies bei der Kostenentscheidung zu Gunsten des Antragstellers berücksichtigt. Zur Abschätzung der Erfolgsaussichten eines Rechtsstreites habe der abgabenpflichtige Bürger nach § 12 Abs. 4 (Absatz 3 des Gesetzentwurfes) ein Einsichtsrecht in die von dem zuständigen Vertretungsorgan beschlossenen bzw. nachträglich geänderten Kalkulationsunterlagen.

75

Der Ausschuss hat Nummer 3 des Gesetzentwurfes in der von ihm geänderten Fassung einstimmig angenommen."

76

Der Umfang der gerichtlichen Überprüfung einer Kalkulation zur Feststellung der Wahrung des Aufwandsüberschreitungsverbotes wird damit durch die Änderung des Kommunalabgabengesetzes nicht beschränkt. Damit verbleibt es bei dem bisherigen Prüfungsansatz im gerichtlichen Verfahren. Jedoch führt die Feststellung eines Fehlers nicht notwendig zur Ungültigkeit der Satzung. Die betroffene Körperschaft ist nunmehr gemäß § 2 Abs. 3 KAG M-V berechtigt, der Kalkulation eine ergänzende Begründung oder einzelne Aufwands- und Kostenpositionen "nachzuschieben", um den festgesetzten Beitragssatz zu rechtfertigen. Von diesem Recht hat der Beklagte hier allerdings keinen Gebrauch gemacht und es hat sich aufgrund der vorliegenden Mängel auch nicht angeboten.

77

Der Beklagte hat vorliegend eine Globalkalkulation erstellt. Die Globalkalkulation verlangt, dass alle Herstellungskosten, die der Vergangenheit wie auch die der Zukunft, bis zur endgültigen Herstellung der Einrichtung ermittelt bzw. geschätzt und für den gleichen Zeitraum alle Verteilungseinheiten (Beitragsflächen) bestimmt werden. In der danach erforderlichen "Jahrhundertrechnung" sind die insgesamt nach dem jeweiligen Verteilungsmaßstab in Frage kommenden Vereitlungseinheiten und der gesamte verteilungsfähige Aufwand für die Vergangenheit zu ermitteln und für die Zukunft zu veranschlagen (so Aussprung in: Aussprung/Siemers/Holz, Kommunalabgabengesetz Mecklenburg-Vorpommern, Kommentar, § 9 Anm. 3.4.1). Indem der beitragsfähige Aufwand durch die Verteilungseinheiten geteilt wird, führt diese Kalkulationsmethode zum richtigen Beitragssatz.

78

Zu einem wesentlichen Bestandteil des Verteilungsmaßstabes gehört u.a. die Ermittlung der Grundstücksflächen, also die Ermittlung, welche Flächen im räumlichen Bereich der Anlage bevorteilt sind. Das sind neben den Grundstücken, die im Zeitpunkt der Erstellung der Kalkulation eine Anschlussmöglichkeit haben, auch die Flächen, die in dem Zeitraum, für den die Kalkulation gelten soll, angeschlossen werden können.

79

Wie bereits oben ausgeführt, hat der Beklagte nicht rechtsfehlerfrei ermittelt, ob die von ihm vorgesehene Tiefenbegrenzungslinie von 50 m den ortsüblichen Verhältnissen im Bereich seiner öffentlichen Einrichtungen, hier dem Entsorgungsbereich 1, entspricht. Der damit einhergehende Verstoß gegen das Vorteilsprinzip und den Grundsatz der konkreten Vollständigkeit (vgl. Sauthoff in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, Stand: 33. Erg.-Lfg., KAG § 8 Rz.1660) sowie die fehlende Berücksichtigung der über die unzulässige Tiefenbegrenzung hinausreichenden, baulich nutzbaren und damit bevorteilten Grundstücksflächen im Rahmen der Kalkulation und damit verbunden deren methodische Fehlerhaftigkeit führen bereits für sich zur Unwirksamkeit der BS, unabhängig von der nicht satzungsrechtlich gedeckten Verwaltungspraxis bei der Anwendung des § 5 Abs. 2 lit i) BS.

80

Zudem findet sich in der Kalkulation bezüglich des Entsorgungsbereichs 1 nicht beitragsfähiger Aufwand auf der Kostenseite.

81

Nach der "2. Fortschreibung der Beitrags- und Gebührenkalkulation für die Abwasserbeseitigung in den Entsorgungsbereichen des Zweckverbandes Schweriner Umland Trinkwasserversorgung/Abwasserentsorgung - hier: Schmutzwasserentsorgung" vom 26.10.2005 (im folgenden: 2. Fortschreibung), (Beiakte Nr. 15), dort Tabelle 4-1, wurden für den Entsorgungsbereich 1 Investitionen per 31.12.2002 für Kläranlagen in Höhe von 91.842,29 Euro in die Kalkulation eingestellt, obwohl zur öffentlichen Einrichtung Entsorgungsbereich 1 gemäß der Definition in § 1 Abs. 2 lit. aa) ABS, die da lautet

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"Öffentliche Einrichtung "Hauptentwässerungskanäle ohne eigene Kläranlagen" nachfolgend "Entsorgungsbereich 1" genannt, bestehend aus Hauptentwässerungskanälen, über die das Schmutzwasser in die öffentliche Kläranlage der Landeshauptstadt Schwerin sowie in öffentliche Kläranlagen benachbarter Zweckverbände eingeleitet wird",

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keine Kläranlagen gehören.

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Soweit der Beklagte hierzu in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, dass es sich bei diesen Kosten um Investitionen für den Rückbau von Containerkläranlagen handele, rechtfertigt dies eine Berücksichtigung beim beitragsfähigen Aufwand nicht. Nach der Definition sind Kläranlagen nicht Bestandteile der öffentlichen Einrichtung Entsorgungsbereich 1, insofern kann dahingestellt bleiben, ob diese Containerkläranlagen als Provisorien gebaut worden sind oder nicht.

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Weiterhin sind Kosten für Regenwasserleitungen in die Kalkulation eingestellt worden, obwohl im gesamten Verbandsgebiet im Trennsystem entwässert wird und nach der BS ausschließlich Herstellungsbeiträge für die Schmutzwasserentsorgung erhoben werden. Beispielhaft seien hier nach der Tabelle "Anschaffungs-/Herstellungskosten und Restbuchwerte per 31.12.2002 sowie Abschreibungen/Restbuchwertentwicklung für Zeitraum 2003 bis 2011, Entsorgungsbereich 1" der 2. Fortschreibung die Kostenstellen 88, 131, 359, 435, 972 genannt.

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Des Weiteren finden sich in der Kalkulation Kosten für den Betrieb der öffentlichen Einrichtungen, die nicht in den Herstellungsbeitrag mit eingerechnet werden können. So wurden nach der Tabelle: "Umlage der Anschaffungs-/Herstellungskosten der KST 201 per 31.12.2002 auf Entsorgungsbereich" der 2. Fortschreibung allein für den Entsorgungsbereich 1 Kosten für die Geschäftsstelle des Zweckverbandes in Höhe von 94.093,35 Euro eingestellt. Weiterhin finden sich in der Tabelle "Abschreibungen des Anlagevermögens aus 2003 und 2004" der 2. Fortschreibung für den Entsorgungsbereich 1 Kosten beispielsweise für einen Rasentraktor (Kosten-Nr.: 37000600, 4.292,07 Euro), zwei Rasenmäher (Kosten-Nrn. 37001300 und 37001400, 1.658,61 Euro sowie 1.639 Euro), drei VW-Transporter Kasten (Kosten-Nrn. 47000300, 47000800 sowie 47001200, 20.383,03 Euro, 21.270,40 Euro sowie 22.812,20 Euro).

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Da die Kalkulation aus den dargestellten Gründen erhebliche Unsicherheiten in Bezug auf den Flächenansatz aber auch im Hinblick auf die Aufwandsseite aufweist, kann die Kammer nicht feststellen, ob dass Aufwandsüberschreitungsverbot eingehalten worden ist, so dass die BS auch allein schon aus diesen Gründen unwirksam ist.

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Da die angefochtenen Bescheide sich bereits aus den oben genannten Gründen als rechtswidrig erweisen, kommt es auf die weiteren Rügen des Klägers nicht mehr an und ist eine weitere Überprüfung der BS nicht mehr angezeigt.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs.1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr.11, 711 ZPO.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.