Tenor

Die Baugenehmigung des Beklagten vom 10.09.2008 für das Bauvorhaben Neubau Schweinemaststall, Halle und Güllebehälter in 19374 V. in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.11.2008 wird aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Beklagte und die Beigeladenen zu je 50 %.

Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten und der Beigeladenen tragen diese jeweils selbst.

Das Urteil ist wegen der Kosten für die Klägerin gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollsteckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die klagende Gemeinde wendet sich gegen eine dem Beigeladenen zu 1. erteilte Baugenehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Schweinemastanlage auf ihrem Gebiet. Seit dem 01.01.2011 ist der Sohn und Beigeladene zu 2. Betriebsinhaber. Der Wechsel des Bauherrn ist dem Beklagten angezeigt worden.

2

Mit Bauantrag 30.10.2007 beantragte der Beigeladene zu 1. die Genehmigung für die Errichtung und den Betrieb einer Schweinemastanlage als landwirtschaftliches Bauvorhaben auf seinem Grundstück, Flurstück 21 der Flur 1 der Gemarkung V.. Das Grundstück liegt nahe der Kreisstraße K östlich eines alten Ziegeleigeländes, in unmittelbaren Umfeld eines Moores. Nach dem Bauantrag soll das Vorhaben aus einem Stall für 1499 Mastschweine, einem Güllesilo, einem Lager, einem Hallengebäude sowie Straßen und Wegen bestehen. Die überbaute Fläche ist mit 4.117,20 qm angegeben. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Bauantragsunterlagen nebst Nachreichungen und Plänen in der Beiakte Nr. 1 verwiesen.

3

Das Grundstück befindet sich in einem im März 2008 der EU-Kommission gemeldeten besonderen Schutzgebiet für wildlebende Vögel, Special-Protection-Areas (SPA) nach der Richtlinie 79/409/EWG des Rates vom 2. April 1979 über die Erhaltung wildlebender Vogelarten (VRL), hier: DE 2437-401 „Wälder und Feldmark bei T.“ (nachfolgend: SPA 66). Zur Verdeutlichung des Gebietsumfangs sowie der Lage des Bauvorhabens wird auf die Karte 1 der Voruntersuchung von Dr. K. (Büro E.) vom 05.03.2008 auf Bl. 156 der Beiakte 1 (Behördenakte) verwiesen. Die Meldung des Gebiets beruhte auf einem Beschluss der Landesregierung Mecklenburg-Vorpommern vom 25.09.2007 zur Ausweisung des SPA 66. Diesbezüglich wird hinsichtlich der Einzelheiten auf das Schreiben des Landkreises C-Stadt vom 13.11.2007 nebst Mitteilung des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz (LMU) vom 26.09.2007, Bl. 541 – 544 der Beiakte 3 (Akten des Verfahrens 3 L 175/07), verwiesen. Ausgangspunkt für das der Meldung vorausgegangene Verfahren war der Gebietsvorschlag „L.“ aus den IBA-Vorschlägen (IBA: Important Birds Area) der Ornithologischen Arbeitsgemeinschaft Mecklenburg-Vorpommerns aus dem Jahr 2002. Dieser Vorschlag führte nach von fachgutachterlichen Stellungnahmen begleiteten Änderungen des Meldeentwurfes zur konkreten Gebietsmeldung des SPA 66. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Bericht des LMU vom 02.06.2007 auf Bl. 787-812 der Beiakte 3, das Kartenkonvolut zu Bl. 687 und 688 der Beiakte 3 sowie die Gutachten von B., Bl. 512 – 525 der Beiakte 3 = Bl. 140 – 150 der Gerichtsakte, und von T., Bl. 525 – 534 der Beiakte 3, verwiesen. Mit Vogelschutzgebietsverordnung vom 12.07.2011 (GVOBl. M-V 2011, 462) wurde das Gebiet SPA 66 nach der nunmehr aktualisierten Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 2009/147/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30.11.2009; nachfolgend ebenfalls mit VRL bezeichnet, sofern die in Bezug genommenen Artikel mit der früheren Fassung identisch sind) förmlich nach nationalem Recht unter Schutz gestellt.

4

Mit Schreiben vom 15.11.2007 bat der Beklagte die Klägerin um Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens gemäß § 36 Baugesetzbuch (BauGB) und beteiligte die zuständigen Fachämter. Der Beigeladene zu 1. ergänzte auf Anforderung die Bauunterlagen, u. a. um ein Investitionskonzept (Bl. 67 – 72 der Beiakte 1), Grundbuchauszüge zum Nachweis landwirtschaftlicher Flächen (Bl. 74-77 der Beiakte 1), eine Emissions- und Immissionsprognose von Geruch vom 06.03.2008 des Büro E. (Bl. 86 – 119 der Beiakte 1) sowie die von Dr. K. vom Büro E. erstellte Voruntersuchung zur Verträglichkeit mit den Schutz- und Erhaltungszielen des EU-Vogelschutzgebietes „Wälder und Feldmark bei T.“ vom 05.03.2008 („Vorprüfung auf FHH-Verträglichkeit“) (Bl. 146 – 159 der Beiakte 1). Die Geruchsprognose sowie die Voruntersuchung stellten keine unzulässigen Auswirkungen des Vorhabens fest. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die genannten Unterlagen verwiesen. Das Umweltamt des Landkreises C-Stadt erklärte sein Einvernehmen am 09.07.2008 mit der Maßgabe näherer in die Baugenehmigung zu übernehmender Nebenbestimmungen auf Basis der Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung vom 09.07.2008 (Bl. 138 – 145 der Beiakte 1). Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Stellungnahme des Umweltamtes des Landkreises C-Stadt vom 09.07.2008, Bl.167 – 169 der Beiakte 1, verwiesen.

5

Mit Formblatt vom 11.12.2007, Eingang beim Beklagten am 20.12.2007, verweigerte die Klägerin ihr Einvernehmen gemäß § 36 BauGB mit der Begründung, dass das Vorhaben sowohl der Darstellung im Flächennutzungsplan als Nutzfläche für Landwirtschaft als auch dem Schutzzweck des Europäischen Vogelschutzgebietes SPA 66 widerspreche. Mit Schreiben vom 25.07.2008, Eingang 30.07.2008, gab ihr der Beklagte Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 15.08.2008, die Entscheidung zum Einvernehmen zu überdenken (Bl. 134 der Beiakte 1). Mit Schreiben vom 05.08.2008 (Bl. 136 der Beiakte 1), Eingang beim Beklagten am 11.08.2008, bekräftigte der Bürgermeister der Klägerin seinen Standpunkt und wies darauf hin, dass die nächste Gemeindevertretersitzung im September 2008 stattfinde und frühestens dann das Vorhaben nochmals beraten werden könne.

6

Am 10.09.2008 erteilte der Beklagte dem Beigeladenen zu 1. die Baugenehmigung für das beantragte Vorhaben. Der Klägerin wurde dies am 15.09.2008 mitgeteilt (Bl. 76 der Beiakte 1). Zur Begründung führte der Beklagte aus, dass die Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung des EU-Vogelschutzgebiets nicht gegeben sei. Ferner wurde mit der Baugenehmigung die Naturschutzgenehmigung erteilt und der naturschutzrechtliche Eingriff gemäß § 15 Abs. 2, § 65 d Abs. 1 des Landesnaturschutzgesetzes Mecklenburg-Vorpommern (LNatG M-V) genehmigt. Unter Ziff. 1.1.1 wurde der Beigeladene zu 1. mit Kompensationsmaßnahmen beauflagt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 10.09.2008 nebst Anlagen verwiesen.

7

Am 09.10.2008 erhob die Klägerin Widerspruch gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung. Es sei davon auszugehen, dass die Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des EU-Vogelschutzgebietes DE 2437-401 „Wälder und Feldmark bei T.“ – SPA 66 – bestehe. So liege das Vorhaben nach dem Gutachten von Frau Dipl. Ing. S., 2007, innerhalb der Nahrungsflächen des Kranichs, des Schwarzstorchs, des Weißstorchs und des Rotmilans. Die Voruntersuchung von Dr. K. vom 05.03.2008 sei ungenügend und nicht geeignet, die Möglichkeit einer Beeinträchtigung auszuräumen. Bereits der Mangel der Bestandserfassung- und Bewertung führe zur Rechtswidrigkeit einer darauf basierenden Zulassung. Wegen der Einzelheiten wird auf die Widerspruchsbegründung verwiesen.

8

Mit Bescheid vom 19.11.2008, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 15.12.2008, wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führt er aus, bei dem betroffenen Vorhaben handele es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB. Die Betriebsfläche nehme ca. 117 ha Ackerfläche ein und bilde somit die überwiegende eigene Futtergrundlage. Im Übrigen hält der Beklagte an den Ergebnissen der Voruntersuchung vom 05.03.2008 fest. Flächenverluste beträfen lediglich Bereiche bereits anthropogen vorbelasteter und intensiv genutzter Ackerflächen in Straßenähe. Im Übrigen wird hinsichtlich der Einzelheiten auf den Widerspruchsbescheid vom 19.11.2008 verwiesen.

9

Der Beigeladene zu 1. nutzte die Baugenehmigung teilweise aus. Der Stall und der Güllebehälter sind errichtet. Die Halle ist bis zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung nicht errichtet worden. Ferner wurden im Hinblick auf die Zuwegung sowie die statischen Prüfungen Nachtragsgenehmigungen erteilt. Der Beklagte prüft ferner derzeit die Auswirkungen eines nahe gelegenen Waldes auf das Genehmigungsverfahren. Bisher war der Wald – wobei unklar ist, ob es sich um Wald im Sinne des Gesetzes handelt – nicht berücksichtigt worden. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Erklärungen der Beteiligten gemäß dem Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.01.2013 verwiesen.

10

Am 12.01.2009 hat die Klägerin Klage erhoben. Sie trägt im Wesentlichen vor:

11

Die Ersetzung des Einvernehmens sei bereits verfahrensfehlerhaft. Es fehle an einer gemäß § 39 Abs. 2 des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes (VwVfG M-V), § 71 Abs. 3 Satz 1 der Landesbauordnung Mecklenburg-Vorpommern (LBauO M-V) erforderlichen Begründung. Die nach § 71 Abs. 4 LBauO M-V erforderliche Anhörungsfrist sei nicht angemessen gewesen.

12

Materiell sei das Vorhaben nicht gemäß § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert. Es fehle an ausreichender Fläche zum Anbau von Tierfutter. Eine im Bauantrag angegebene Ackerfläche von 117 ha sei nicht nachzuvollziehen. Es fehle auch an einer dinglichen oder schuldrechtlichen Sicherung der vorhandenen Flächen für den Betrieb. Im Übrigen fehle es an einem schlüssigen wirtschaftlichen Konzept. Auch ein Betrieb nach § 35 Abs. 1 Nr. 4 BauGB sei nicht gegeben. Selbst wenn das Vorhaben privilegiert wäre, ständen ihm Belange des Umweltschutzes gemäß § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB entgegen. Das Vorhaben verstoße gegen das Beeinträchtigungsverbot gemäß Art. 4 Abs. 4 VRL, § 34 Abs. 2 des Bundesnaturschutzgesetzes (BNatG), § 28 LNatG M-V. Im maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung sei das Vogelschutzgebiet zwar gemeldet, jedoch noch nicht festgesetzt gewesen. Ein Wechsel des Schutzregimes vom allgemeinen Verschlechterungsverbot des Art. 4 Abs. 4 VRL zu Art. 6 Abs. 2 RL sei damit nicht eingetreten. Erhebliche Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele der Vogelschutzrichtlinie bzw. des Vogelschutzgebietes lägen vor. Nicht erkannt und berücksichtigt hätte der Beklagte, dass sich etwa hundert Meter westlich des Vorhabens im Moorbiotop nahe der alten Ziegelei ein Kranichbrutplatz befunden hätte. Die Errichtung der Schweinmastanlage habe zu einem Abbruch des Brutversuchs eines Kranichpaars geführt. Eine erhebliche Beeinträchtigung liege auch in Hinblick auf die Rohrweihe vor. Die Voruntersuchung vom 05.03.2008 von Dr. K. sei nicht geeignet, den Nachweis des Ausschlusses erheblicher Beeinträchtigungen zu erbringen. Vielmehr bestehe aufgrund der Flächeninanspruchnahme im gemeldeten Schutzgebiet und der Inanspruchnahme potentieller Nahrungsflächen für Rastvögel der begründete Verdacht möglicher erheblicher Beeinträchtigungen von Erhaltungszielen. Allein der plausible, nachvollziehbar dargelegte Ausschluss möglicher Beeinträchtigungen könne bei Projekten innerhalb von Schutzgebieten dazu führen, dass auf eine FHH-Verträglichkeitsprüfung verzichtet werde. Die vorliegende Voruntersuchung lasse nicht einmal erkennen, welche Erkenntnisse überhaupt herangezogen wurden und sei daher für die erforderliche Ermittlung und Bewertung unzureichend. Zudem bestehe auch die Möglichkeit erheblicher Beeinträchtigungen durch Stickstoffeintrag in das nährstoffarme Moor bei der Ziegelei und der damit verbundenen Entwertung als Lebensraum. Regenwasser fließe vom Anlagengelände in das Z.. Auch das nördliche Röhrichtbiotop sei betroffen. Es bestehe die nicht auszuschließende Möglichkeit, dass selbst lediglich bei Betrachtung des Nährstoffeintrags über die Luft die critical loads für diese Biotope überschritten seien. Ferner sei die klagende Gemeinde durch einen Verstoß gegen den Mindestabstand des Vorhabens zum Wald in eigenen Rechten verletzt.

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Die Klägerin beantragt,

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die Baugenehmigung des Beklagten vom 10. September 2008 für das Bauvorhaben Neubau Schweinemaststall, Halle und Güllebehälter in 19374 V. unter dem Aktenzeichen B. in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 19.11.2008 zum Aktenzeichen B. aufzuheben.

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Der Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Er hält die Genehmigung für rechtmäßig. Die Anhörungsfrist sei angemessen. Auch eine Begründung habe er der Klägerin mit der Baugenehmigung zukommen lassen. Materiell handele es sich um einen landwirtschaftlichen Betrieb. Erhebliche Beeinträchtigungen des (ehemals) faktischen Vogelschutzgebiets seien nicht festzustellen. Im Vergleich zur Gesamtgröße von 6.602 ha entspreche eine Flächenversiegelung von ca. 4.200 qm ca. 0,01 % der Gesamtfläche. Der Standort sei wegen der Kreisstraße und des benachbarten Waldes für Kraniche unattraktiv. Eine Beeinträchtigung des Bruthabitats für den Kranich im Zwischenmoor bei der ehemaligen Ziegelei sei nicht erheblich. Im SPA 66 seien ausreichend Brutplätze vorhanden. Bei dem nördlich gelegenen Röhrichtbiotop handele es sich um einen für die Rohrweihe unattraktiven und geringwertigen Standort. Gemäß dem Atlas für Brutvögel in Mecklenburg-Vorpommern 2006 seien 2-4 Brutpaare für das Vogelschutzgebiet angegeben. Für den Quadranten mit der Schweinemastanlage werde ein Brutverdacht angegeben. In diesem Quadranten befänden sich mindestens 70 gesetzlich geschützte Biotope, welche zumindest potentiell besser geeignet wären.

18

Die Beigeladenen beantragen,

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die Klage abzuweisen

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Sie tragen zu den dem Betrieb zur Verfügung stehenden Flächen vor. Ferner erklären sie, es sei zu berücksichtigen, dass der Beigeladene zu 2. am 15.04.2011 einen Antrag auf Herausnahme des Flurstücks 21 aus dem beabsichtigten Schutzgesetz gestellt habe und diesem Antrag nach Auskunft des zuständigen Ministeriums auch entsprochen werde, sobald der rechtskräftige Bestand der Baugenehmigung feststehe. In Hinblick auf den von Klägerseite vorgetragenen Wegfall eines Brutplatzes des Kranichs im Z. zeige der Anstieg der Kranichpopulation seit Erteilung der Genehmigung, dass dies offensichtlich keine Auswirkungen gehabt habe. Hinsichtlich der Rohrweihe lägen keine belastbaren Fakten vor. Eine negative Entwicklung der Anzahl der Brutpaare durch das Vorhaben sei nicht festgestellt. Gleiches gelte in Hinblick auf den Nährstoffeintrag in das Z. und das nördlich gelegene Röhrichtbiotop. Hier seien die Maximalwerte der critical loads nicht überschritten. Eine unmittelbare Nährstoffeintragung durch Wassereintrag finde nicht statt. Regenwasser könne von den Ackerflächen, nicht vom Vorhabengelände, in das Z. fließen.

21

Das Gericht hat die Akten des Verfahrens 2 A 1712/03, 3 L 175/07 nebst Beiakten beigezogen, das Gutachten der Sachverständigen S. angefordert und mit Beschluss vom 05.09.2012 die Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens durch den Sachverständigen Dipl. Ing. K. veranlasst. Die Klägerin hat ferner erklärt, im Falle eines Erfolgs der Klage sei der Nachtrag, den die Klägerin in Hinblick auf ihre subjektiven Rechte für irrelevant halte, gegenstandslos. Entsprechend brauche die Klage nicht angepasst zu werden. Im Termin am 17.01.2013 hat der Sachverständige sein Gutachten vom 12.11.2012 erläutert. Das Ergebnis der Beweisaufnahme wurde mit den Beteiligten erörtert. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf das Protokoll vom 17.01.2013 und das genannte Gutachten verwiesen.

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Im Übrigen wird zum Sach- und Streitstand auf die Gerichtsakte nebst Beiakten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage ist als Anfechtungsklage zulässig und begründet.

24

1. Die Klage ist zulässig. Gemäß § 42 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist eine Anfechtungsklage zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt (hier: die erteilte Baugenehmigung) in eigenen Rechten verletzt zu sein. Dies ist hier der Fall.

25

Die Klägerin beruft sich auf eine Verletzung der ihr zustehenden Planungshoheit durch eine formell und materiell rechtswidrige Ersetzungsentscheidung gemäß § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB. Auf der formellen Ebene dienen sowohl die in § 71 Abs. 3, 4 LBauO M-V vorgesehene Anhörung als auch die Begründungspflicht dem Schutz der Gemeinde (vgl. zu einer vergleichbaren Vorschrift: Lechner, in: Simon/Busse, Kommentar zu Bay. BauO, Art. 67 Rn. 174, Stand: September 2009). In materieller Hinsicht kann die Gemeinde insbesondere geltend machen, dass ein Vorhaben nicht nach § 35 Abs. 1 BauGB privilegiert sei und öffentliche Belange nach § 35 Abs. 3 BauGB beeinträchtige; sie kann sich zudem auch auf eine Verletzung ihrer Planungshoheit mit dem Argument berufen, dass die ausreichende Erschließung eines Vorhabens nicht gesichert sei. (vgl. BVerwG, Beschluss vom 24.06.2010, 4 B 60.09, BauR 2010, 1737; VGH München, Beschluss vom 19.10.2010, 9 B 10.1773 –; vgl. ferner BVerwG, Beschluss vom 11.08.2008, 4 B 25.08, BauR 2008, 1844 – zitiert nach Juris). So liegt der Fall hier. Die Klägerin beruft sich auf die Verletzung der Vorgaben der Vogelschutzrichtlinie (VRL). Diese gehören gemäß § 35 Abs. 3 Nr. 5, § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB zu den Belangen des Umweltschutzes, deren Prüfung zur im Rahmen von § 36 Abs. 1 Satz 1 vorgesehenen Mitwirkung der Gemeinde zählt.

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2. Die Klage ist begründet. Die Baugenehmigung und die Ersetzung des Einvernehmens in Gestalt des Widerspruchsbescheids sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

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Die Voraussetzungen für das Ersetzen des Einvernehmens gemäß § 36 Abs. 2 Satz 3 BauGB, § 71 Abs. 1 Satz 1, 2 LBauO M-V lagen nicht vor. Die Gemeinde hat ihre Zustimmung gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 BauGB zu Recht verweigert, denn dem Vorhaben des Beigeladenen zu 1. standen im für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung nach § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB von der Klägerin in eigener Verantwortung zu prüfende Belange des Umweltschutzes entgegen.

28

Es kommt hierbei nicht darauf an, ob es sich bei dem Vorhaben des Beigeladenen zu 1. um ein privilegiertes Vorhaben nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 4 BauGB handelt. Auch privilegierten Vorhaben stehen Belange des Natur- und Landschaftsschutzes entgegen, wenn diese nach dem einschlägigen Fachrecht unzulässig sind. So liegt der Fall hier.

29

2.1. Dem Vorhaben stand im maßgeblichen Zeitpunkt das Beeinträchtigungsverbot nach Art. 4 Abs. 4 VRL sowie nach § 28 Abs. 5 Satz 1 des Landesnaturschutzgesetzes Mecklenburg-Vorpommern in der Fassung der Bekanntmachung vom 22.10.2002 (GVOBl. M-V 2003, S. 1), zuletzt geändert durch Art. 3 des Gesetzes vom 14.07.2006 (GOVBl. M-V 2006, S. 560), im Folgenden: LNatG M-V a.F., entgegen. Nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL treffen die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen, um Verschmutzungen oder Beeinträchtigungen der Lebensräume sowie die Belästigung der Vögel, sofern sich diese auf die Zielsetzungen von Art. 4 Abs. 1 und 2 VRL erheblich auswirken, zu vermeiden. Art. 4 Abs. 1 VRL schreibt vor, dass die Mitgliedstaaten die für die Vögel nach Anhang I zur Richtlinie geeigneten Gebiete zu Schutzgebieten erklären. Gemäß § 28 Abs. 5 Satz 1 LNatG M-V a.F. sind Vorhaben, Maßnahmen, Veränderungen oder Störungen, die zu erheblichen Beeinträchtigungen eines Europäischen Vogelschutzgebietes in seinen für die Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen führen können, unzulässig. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

30

2.1.1. Das streitgegenständliche Vorhaben lag zum Zeitpunkt der Erteilung der Baugenehmigung sowie zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung in einem Gebiet im Sinne der zitierten Vorschriften – einem sogenannten faktischen Vogelschutzgebiet. Der Standort des Vorhabens lag – was zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten ist - ausweislich sämtlicher vorhandener Unterlagen sowie den Ausführungen des Sachverständigen in dem von der Landesregierung im März 2008 gemeldeten Vogelschutzgebiet „DE 2437-401 Wälder und Feldmark bei T.“ (SPA 66). Nach dieser Gebietsmeldung sind auch die Rohrweihe und der Kranich einschließlich der Bestandteile ihres Lebensraums geschützt. Vorhaben in diesem faktischen Vogelschutzgebiet waren daher zu diesen Zeitpunkten nach § 4 Abs. 4 V-RL und § 28 Abs. 5 Satz 1 LNatG M-V a.F. zu bewerten.

31

2.1.1.1. Nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL, der die Bestimmung von Vogelschutzgebieten regelt, erklären die Mitgliedstaaten die für die Erhaltung der in Anhang I aufgeführten Vogelarten "zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete" zu Schutzgebieten. Unter Schutz zu stellen sind nicht sämtliche Landschaftsräume, in denen bedrohte Vogelarten vorkommen, sondern nur die Gebiete, die sich am ehesten zur Arterhaltung eignen. Maßgeblich sind ausschließlich ornithologische Kriterien. Bei der Frage, welche Gebiete nach ornithologischen Kriterien zu den geeignetsten zählen, besteht ein fachlicher Beurteilungsspielraum der Mitgliedstaaten. Zu den Beurteilungskriterien gehören neben Seltenheit, Empfindlichkeit und Gefährdung der Vogelarten insbesondere die Populationsgröße und -dichte, die Artendiversität eines Gebiets, sein Entwicklungspotenzial und seine Netzverknüpfung sowie die Erhaltungsperspektiven der dort vorkommenden bedrohten Arten. Je bedrohter, seltener oder empfindlicher die Arten sind, desto größere Bedeutung ist dem Gebiet beizumessen, das die für ihr Leben und ihre Fortpflanzung ausschlaggebenden physikalischen und biologischen Elemente aufweist. Nur Habitate, die unter Berücksichtigung dieser Maßstäbe für sich betrachtet in signifikanter Weise zur Arterhaltung beitragen, gehören zum Kreis der i.S.d. Art. 4 VRL geeignetsten Gebiete (sog. faktische Vogelschutzgebiete). Als bedeutsames Erkenntnismittel für die Gebietsauswahl und als gewichtiges Indiz bei der Eignungsbeurteilung stellt sich das Verzeichnis der „Important Bird Areas“ (IBA) dar (BVerwG, Urteil vom 12.03.2008, 9 A 3.06, NVwZ 2008, 1239 – zitiert nach Juris).

32

2.1.1.2. Die Vogelschutz-Richtlinie findet auch in solchen Gebieten unmittelbar Anwendung, die der Mitgliedstaat - wie hier im maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung - nicht nach Art. 4 Abs. 1 VRL zum Vogelschutzgebiet erklärt hat. Dies gilt für Gebiete, deren Erklärung zum Vogelschutzgebiet durch den Mitgliedstaat verweigert wird ebenso wie für solche Gebiete, deren Erklärung zwar ins Auge gefasst, aber noch nicht vollzogen ist. Zu berücksichtigen ist dabei, dass die Mitgliedstaaten verpflichtet sind, alle Landschaftsräume zu besonderen Schutzgebieten zu erklären, die für die Erhaltung der betreffenden Vogelarten nach ornithologischen Kriterien am geeignetsten erscheinen. Die Rechtsfigur des faktischen Vogelschutzgebiets knüpft nicht an eine wie auch immer geartete Erkennbarkeit eines Gebiets i.S. von Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL an. Für sie ist vielmehr lediglich maßgeblich, dass die Vogelschutz-Richtlinie gegenüber staatlichen Behörden auch ohne Umsetzung in nationales Recht unmittelbar rechtliche Verpflichtungen begründet; demzufolge sind alle für die Erhaltung der in Anhang I zur Vogelschutz-Richtlinie aufgeführten Vogelarten nach ornithologischer Beurteilung geeignetsten Landschaftsräume als faktische Vogelschutzgebiete zu behandeln, sofern sie nicht bereits in zureichender Weise zu Europäischen Vogelschutzgebieten erklärt worden sind (vgl. OVG Koblenz, Urteil vom 09.01.2003, 1 C 10187/01, NuR 2003, 441 m. w. N. – zitiert nach Juris).

33

2.1.1.3. Nach diesen Maßstäben ist – was zwischen Beteiligten auch nicht umstritten ist - von der Eignung des Gebiets nach den einschlägigen ornithologischen Kriterien spätestens seit der Meldung des Gebiets im März 2008 auszugehen. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass bei der Gebietsmeldung die Landesregierung ihren fachlichen Beurteilungsspielraum überschritten hätte, etwa weil es einer besonderen Bedeutung des Gebiets und seiner Eignung für die aufgeführten Vogelarten fehlen würde. Vielmehr beruht der Gebietsvorschlag auf in einem aufwändigen Verfahren gewonnenen Erkenntnissen und einer Listung im IBA-Verzeichnis. Ferner zeigt die förmliche Unterschutzstellung des Gebiets als Vogelschutzgebiet im Jahr 2011 eine Bestätigung der damals getroffenen Einschätzung. Gemäß Art. 4 Abs. 2 der VRL sind damit sämtliche in Anhang I aufgeführten Arten geschützt, auch wenn das Gebiet nicht gerade ihretwegen als Vogelschutzgebiet ausgewählt sein sollte.

34

2.1.2. Prüfungsmaßstab für die streitgegenständliche Baugenehmigung ist dagegen nicht das (mildere) Schutzregime nach der Richtlinie 92/43/EWG des Rates vom 21.05.1992 zur Erhaltung der natürlichen Lebensräume sowie der wildlebenden Tiere und Pflanzen (folgend FFH-RL).

35

2.1.2.1. Dass das Vogelschutzgebiet seit März 2008 gemeldet worden war, führt nicht zu einem solchen Regimewechsel. Nach Art. 7 FFH-RL bedarf es dafür einer Erklärung des Gebiets zum (nationalen) besonderen Schutzgebiet. Dies erfordert eine Erklärung zu geschützten Teilen der Landschaft nach dem Bundes- oder Landesnaturschutzgesetz (vgl. OVG Greifswald, Urteil vom 30.06.2010, 3 K 19/06, NuR 2011, 136 – zitiert nach Juris). Eine solche förmliche (landesrechtliche) Unterschutzstellung erfolgte jedoch erst im Jahr 2011.

36

2.1.2.2. Auch der Umstand, dass die förmliche Unterschutzstellung zwischenzeitlich mit der Vogelschutzgebietslandesverordnung (VSGLVO M-V) vom 12.07.2011 (GVOBl. M-V 2011 S. 462) erfolgt ist, führt nicht dazu, dass das erkennende Gericht die Prüfung der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Baugenehmigung am Maßstab von Art. 6 FFH-RL auszurichten hätte. Vielmehr ist der für das Gericht maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage derjenige der (letzten) Verwaltungsentscheidung, mithin der Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids im Jahre 2008 (vgl. auch K. Meßerschmidt, Europäisches Umweltrecht 2011, § 13 Rn 87 mit Hinweis auf EuGH, Urteil vom 26.10.2006 – Rs. C – 239/04 – Castro Verde – Rn 23; OVG Koblenz, a. a. O., Juris-Rn 43 f., unter Hinweis auf BVerwG, Beschluss vom 22.03.1999 – 4 BN 27.98 – NVwZ 1999, 1989, 990). Das folgt bereits daraus, dass das Gericht über die Frage zu befinden hat, ob die streitgegenständliche Baugenehmigung rechtmäßig erteilt worden ist und nicht darüber, ob der Beigeladene zu 1. bzw. zu 2. (jedenfalls) nunmehr die Baugenehmigung rechtmäßig erteilt erhalten kann. Denn die Beantwortung der letzteren Frage hängt in Anwendung von Art. 6 Abs. 3 und 3 FFH-RL von Voraussetzungen ab, die im von dem Beklagten durchgeführten Verwaltungsverfahren nicht ermittelt wurden, insbesondere den Ergebnissen einer für das streitgegenständliche Vorhaben durchzuführenden Prüfung auf Verträglichkeit mit den für das Vogelschutzgebiet festgelegten Erhaltungszielen (zur Notwendigkeit einer Verträglichkeitsprüfung siehe unten), die auf Grund des Ergebnisses der Voruntersuchung des Dr. K. gerade nicht vorgenommen wurde und deren Durchführung im Übrigen vor der förmlichen Unterschutzstellung auch für nicht zulässig erachtet wird (vgl. OVG Koblenz, a. a. O. Juris-Rn 49; vgl. auch OVG Greifswald, Urteil vom 30.06.2010, 3 K 19/06 NuR 2011, 136, Juris-Rn 93, 114 zur Unzulässigkeit einer FFH-Vorprüfung im faktischen Vogelschutzgebiet).

37

Auch folgt aus den Erwägungsgründen Nr. 50 bis 60 des Urteils des EuGH vom 07.12.2000 (- Rs. C-374/98 – Basses Corbierés -, NVwZ 2001, 550), dass auf die Rechtmäßigkeitsprüfung der hier streitgegenständlichen Baugenehmigung die zwischenzeitlich erfolgte förmliche Unterschutzstellung ohne Einfluss ist: Danach geht es bei der Dualität der Regelungen für besondere Schutzgebiete und solche, die hätten ausgewiesen werden müssen, darum, einen Anreiz für die Mitgliedstaaten zu schaffen, besondere Schutzgebiete auszuweisen, wenn sie sich dadurch die Möglichkeit eröffnen, sich eines Verfahrens zu bedienen, das es ihnen erlaubt, aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art unter bestimmten Voraussetzungen einen Plan oder ein Vorhaben zu beschließen, der oder das ein besonderes Schutzgebiet beeinträchtigt. Diese Anreizfunktion würde unterlaufen, wäre ein Vorhaben, das unter Verstoß gegen das in Art. 6 Abs. 3 und 4 FFH-RL vorgeschriebene Verfahren genehmigt worden ist, nachträglich an den Vorgaben eben dieses Verfahrens zu messen und Verstöße im Anwendungsbereich der Vogelschutzrichtlinie dadurch im Ergebnis folgenlos blieben. Schließlich greift in diesem Zusammenhang auch nicht die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Berücksichtigungsfähigkeit von Rechtsänderungen, wonach diese dann erheblich sind, wenn sie zum Fortfall eines vormaligen Rechtsverstoßes durch die angefochtene Genehmigung führen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008, 9 A 3.06, NuR 2008, 633, Juris-Rn 256).

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2.1.3. Das genehmigte Vorhaben stellte im maßgeblichen Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne von Art. 4 Abs. 4 VRL und § 28 Abs. 5 LNatG a.F. mit der Folge dar, dass die streitgegenständliche Baugenehmigung gegen das Vermeidungsgebot des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL verstößt.

39

Wann eine erhebliche Beeinträchtigung vorliegt, lässt sich nicht abstrakt und mit mathematischer Genauigkeit allgemein festlegen. Maßgeblich ist eine wertende Betrachtungsweise, die zu bedenken hat, dass Belästigungen der Vögel oder Beeinträchtigungen ihrer Lebensräume, die nach Art und Maß so geringfügig sind, dass sie im Hinblick auf den Schutzzweck und die Erhaltungsziele des jeweiligen Gebietes nicht ins Gewicht fallen, nicht als erheblich anzusehen sind. Es ist für eine erhebliche Beeinträchtigung hingegen nicht erforderlich, dass eine Verringerung der Anzahl der Vögel oder die konkrete Gefahr des Aussterbens einer geschützten Art nachgewiesen wird (vgl. OVG Greifswald, Urteil vom 14.10.2010, 3 L 175/07, NordÖR). Nur überragende Gemeinwohlbelange wie etwa der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen oder der Schutz der öffentlichen Sicherheit sowie Gründe des Natur- und Umweltschutzes selbst sind geeignet, das Beeinträchtigungs- und Störverbot nach Art. 4 Abs. 4 VRL zu überwinden (vgl. OVG Koblenz a. a. O.). Dieser Schutzstandard muss bei der Beurteilung der Erheblichkeit auf die konkrete Vogelart angewandt werden. (vgl. OVG Greifswald a. a. O.).

40

2.1.3.1. Zur geschützten Vogelart nach Anhang I zur Richtlinie in diesem Vogelschutzgebiet gehört die Rohrweihe. Sie zählt sowohl nach der Meldung des SPA 66 als auch nach der Vogelschutzverordnung vom 12.07.2011 zu den im Gebiet vorkommenden Arten. Nach dem Standard-Datenbogen wird von einer Population im Vogelschutzgebiet von (ca.) 5 Brutpaaren ausgegangen (Seite 6 des Gutachtens des Sachverständigen K.).

41

2.1.3.1.1. Nach der Meldung des Vogelschutzgebietes gehören zu den maßgeblichen Bestandteilen für die Rohrweihe als Lebensraumelemente u.a. störungsarme, weitgehend ungenutzte Röhrichte mit möglichst hohem Anteil an flach überstauten Wasserröhrichten und geringem Druck durch Boden Prädatoren (auch an Kleingewässern) und mit ausgedehnte Verlandungszonen oder landwirtschaftlich genutzten Flächen als Nahrungshabitat. Dies ergibt sich aus dem schriftlichen Gutachten des Sachverständigen Kr. vom 12.11.2012 (Seite 5 und 6, vgl. auch die Anlage 1 VSGLVO M-V ). Anhaltspunkte dafür, dass diese Ziele und genannten Bestandteile nicht nach ornithologischen Kriterien fachlich gerechtfertigt sind, sind weder ersichtlich noch vorgetragen.

42

Den Ausführungen des Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten und in der mündlichen Verhandlung entnimmt das Gericht, dass das ca. 100 m nördlich gelegene Wasserröhricht als Brutstätte potentiell – wenn auch mit Einschränkungen – geeignet gewesen war und zu den geschützten Röhrichten des Erhaltungsgebiets gehörte.

43

Der Sachverständige führte sinngemäß schriftlich und mündlich aus, die Rohrweihe brüte in Schilfröhricht, das eine Breite von mindestens 10 m aufweisen sollte. Das ca. 3.200 qm große Kleingewässer (Biotop-Nr. PCH06977) ca. 100 m nördlich vom Vorhaben der Schweinemastanlage sei fast vollständig mit Schilf bestanden und stelle ein potenzielles Bruthabitat dar. Ob dieses von der Rohrweihe tatsächlich genutzt werde, sei nicht bekannt, da hierzu keine Kartierungsdaten vorlägen. Nach der Biotopausstattung wäre ein Brutstandort möglich, auch wenn die von FLADE (1994) genannte Mindestgröße von 0,5 ha unterschritten werde. Ackersölle seien nach HOFMANN (2006) in einigen Teilen Mecklenburg-Vorpommerns wichtigste Bruthabitate und würden auch ohne permanente Wasserführung und selbst bei Vorhandensein kleinster Schilfbestände besiedelt. Als Fluchtdistanz gebe FLADE 100 bis 300 m an. Zur Kreisstraße K werde ein Abstand von mindestens 200 m eingehalten. Wie hoch die Fluchtdistanzen im konkreten Einzelfall anzusetzen gewesen wären, könne nicht mehr ermittelt werden.

44

Diesen überzeugenden Ausführungen schließt sich das erkennende Gericht an. Hinsichtlich des Beweisthemas verfügt der Sachverständige über einschlägiges, erworbenes und geprüftes Wissen und langjährige Erfahrung. Seine Argumentation weist keine Widersprüche auf und ist schlüssig. Der Sachverständige hat insbesondere entkräftet, das Röhrichtbiotop sei als Brutstandort aufgrund seiner geringen Größe ungeeignet, indem er auf hiervon abweichende Erfahrungen – welche das Gericht für vorzugswürdig hält – verwies. Eine Mindestgrößenvorgabe ergibt sich auch nicht aus der Gebietsmeldung. Auch die Entfernung zur Kreisstraße von deutlich über der Mindestfluchtdistanz von 100 m schließt nachvollziehbar eine Eignung des Biotops als Brutstätte nicht aus, auch wenn entsprechend den Ausführungen des Sachverständigen festgestellt werden muss, dass es sich aufgrund der Einschränkungen letztlich um ein weniger geeignetes Habitat handelt.

45

Bereits unmittelbar nach Art. 1 Abs. 2 VRL sind auch die Eier und Nester der Vögel als Bestandteile des Erhaltungsgebiets geschützt. Auf eine Erwähnung in der Gebietsmeldung kommt es nicht an.

46

2.1.3.1.2. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass das Röhricht als Brutstätte für die Rohrweihe durch das genehmigte Vorhaben dauerhaft nicht mehr geeignet ist. Ob durch das Vorhaben ein brütendes Paar vertrieben worden ist, und ob eine solche Vertreibung kompensiert werden konnte, etwa indem (noch) eine andere Brutstätte gewählt werden konnte, ist ungewiss, kann aber offenbleiben, weil es für die Beantwortung der Frage, ob mit dem streitgegenständlichen Vorhaben eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 Satz 1 VRL verbunden ist, darauf nicht ankommt. Maßgeblich für die Bejahung einer erheblichen Beeinträchtigung des nach Art. 4 Abs. 1 Satz 1 VRL der Sicherstellung des Überlebens und der Vermehrung dienenden Lebensraums einer im Anhang I der VRL aufgeführten geschützten Vogelart ist nicht die Feststellung – hier – des Vorhandenseins eines Brutplatzes. Vielmehr reicht aus, dass die nicht entfernte Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung – hier des Verlustes eines Brutplatzes – besteht. Das ist aber bereits dann der Fall, wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass durch das in Rede stehende Vorhaben ein potentieller Brutplatz und damit auch eine potentielle Brut verloren gegangen ist. Das ist hier der Fall.

47

Dies ergibt sich aus den Ausführungen des Sachverständigen. Er führte aus, zur Schweinemastanlage betrage der Abstand lediglich 80 m (bezogen auf den Güllebehälter), 100 m im Übrigen, so dass Störungen durch den Betrieb der Anlage bei einem möglichen Brutvorkommen anzunehmen wären. Das Biotop wäre dann als Brutstätte nicht mehr geeignet. Ein mögliches brütendes Paar wäre vertrieben worden. Wie sich dies auf das konkrete Brutpaar und den Bestand insgesamt auswirke, könne er nicht ermitteln. Der Bestand an Habitaten sei nicht erfasst. Nach seiner Auffassung hätte eine umfassende Prüfung im Hinblick auf die Rohrweihe im Rahmen einer Verträglichkeitsprüfung (die allerdings ohne förmliche Unterschutzstellung unstatthaft ist, vgl. OVG Koblenz, a. a. O.) erfolgen müssen, weil erhebliche Beeinträchtigungen nicht auszuschließen seien.

48

Das Gericht macht sich die Ausführungen des Sachverständigen wie dargestellt zu eigen. Zweifel an den Ergebnissen sowie der Argumentation haben die Beteiligten nicht geweckt. Der Vortrag der Beigeladenen bei der Erörterung des Beweisergebnisses, aufgrund einer Baumanpflanzung könne von der Anlage keine optische Störwirkung ausgehen, ist entkräftet. Wie der Sachverständige auch nachvollziehbar anhand der im Gutachten gefertigten Fotos und seinen Wahrnehmungen vor Ort ausführte, genüge selbst der (voraussichtliche) Baumbestand zum Zeitpunkt der Verhandlung nicht, um Störwirkungen durch die Anlage entgegen zu wirken. Sie sei weiterhin gut sichtbar. Ferner steht die Einschätzung der Beigeladenen, belastbare Fakten lägen nicht vor, dem Beweisergebnis nicht entgegen. Der Sachverständige hat bestehende Ungewissheiten offen gelegt sowie dargestellt, dass nachträgliche Ermittlungen nicht möglich oder sehr langwierig und aufwändig wären.

49

Insofern ist von den Beteiligten nicht vorgetragen und auch nicht ersichtlich, welche Tatsachen der Sachverständige bei seiner Begutachtung – im Blick auf die hier (allein) relevante Frage nach der Möglichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung - nicht oder fälschlicherweise zu Grunde gelegt hätte.

50

Auch das Ergebnis der sogenannten Vorprüfung des Dr. K. vom 05.03.2008 vermag keine Zweifel zu wecken. Konkrete Tatsachen zur Rohrweihe hat die Voruntersuchung gerade nicht aufgezeigt. Vielmehr ging diese aufgrund der darin behaupteten anthropogenen Vorbelastung pauschal ohne tiefer gehende Befassung davon aus, dass sich das Vorhaben (auf den Kranich als Zugvogel) nicht auswirken könne.

51

2.1.3.1.3. Die so festgestellten möglichen Auswirkungen sind erheblich im Sinne von Art. 4 Abs. 4 VRL und von § 28 Abs. 5 LNatG a.F.

52

2.1.3.1.3.1. Zunächst kommt es nicht darauf an, ob diese Auswirkungen feststehen oder überwiegend wahrscheinlich sind. Auch gewichtet sich die Erheblichkeit des Eingriffs mit Ausnahme von Extremfällen, die einem Nullrisiko gleichkommen, nicht nach dem Grad der Wahrscheinlichkeit des Eintritts der aufgezeigten Auswirkungen auf die Population. Vielmehr sind bei der Beurteilung der Erheblichkeit sämtliche nicht nur theoretischen, sondern ernsthaft möglichen negativen Auswirkungen auf einen positiven Erhaltungszustand als gegeben zu unterstellen.

53

Dies legt bereits der Wortlaut des § 28 Abs. 5 LNatG M-V a.F. nahe („können“), der insoweit der Umsetzung der Vorgaben der Vogelschutzrichtlinie dient. Dem Gebot der Sicherstellung des Überlebens und der Vermehrung der geschützten Vogelarten durch die Mitgliedstaaten gemäß Art. 4 Abs. 1 VRL sowie dem Gebot, erhebliche Belästigungen gemäß Art. 4 Abs. 4 VRL zu vermeiden, wäre kaum Rechnung getragen, wenn sich Unsicherheiten zu Lasten der Schutzziele auswirken dürften. Bereits nach dem (milderen) Regime nach der FFH-RL gilt, dass ein Projekt nur dann zulässig ist, wenn kein vernünftiger Zweifel verbleibt, dass erhebliche Beeinträchtigungen vermieden werden (BVerwG, Urteil vom 12.03.2009, 9 A 3.06, Juris-Rn. 94). Erst Recht gilt dies für das strengere (Übergangs) Regime im faktischen Vogelschutzgebiet.

54

Demnach sind der dauerhafte Wegfall eines bedingt geeigneten Bruthabitats sowie die Möglichkeit eines nicht kompensierten Abbruchs eines Brutversuches als gegeben in die Bewertung einzustellen.

55

2.1.3.1.3.2. Die so unterstellten Auswirkungen sind in Hinblick auf die konkret geschützte Rohrweihe sowie die für ihre Erhaltung und Vermehrung geschützten Bestandteile auch als erheblich zu werten.

56

Zwar ist nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL nicht jedwede, sei es noch so geringfügige Einflussnahme auf das Schutzgebiet in Form oder infolge menschlicher Aktivitäten verboten. Zu vermeiden ist jedoch alles, was sich auf die Sicherstellung des Überlebens und der Vermehrung der geschützten Arten erheblich auswirken kann (vgl. OVG Koblenz, a. a. O.). Das Beeinträchtigungsverbot kann grundsätzlich nur durch überragende Gemeinwohlbelange, wie den Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen oder den Schutz der öffentlichen Sicherheit sowie Gründe des Natur- und Umweltschutzes selbst, überwunden werden (vgl. OVG Koblenz, a. a. O.; K. Meßerschmidt, a. a. O. § 13 Rn 32).

57

Die Möglichkeit des dauerhaften Wegfalls eines bedingt geeigneten Brutreviers trotz der vom Beklagten behaupteten 70 besser geeigneten Brutreviere im Quadranten mit der Schweinemastanlage ist keine Bagatelle, sondern eine Reduzierung des Lebensraumes von substantiellem Gewicht. Dies wird in diesem Fall insbesondere durch die vor Augen geführten Folgewirkungen deutlich. Bei nur bis zu 5 Brutpaaren – nach dem Vortrag des Beklagten sogar nur 2 bis 4 Brutpaare – fällt der mit dem Vorhaben verbundene (mögliche) Verlust eines Bruterfolgs substantiell ins Gewicht. Derartige Auswirkungen stehen im direkten Widerspruch mit der Zielsetzung der Richtlinie, die Vermehrung und Verbreitung der Rohrweihe sicherzustellen.

58

2.1.3.2. Zur geschützten Vogelart nach Anhang I zur Richtlinie in diesem Vogelschutzgebiet gehört auch der Kranich. Dieser ist auf das Vogelschutzgebiet mit seinen Bestandteilen in zweierlei Hinsicht angewiesen: als Zugvogel und als Brutvogel. Er zählt sowohl nach der Meldung des SPA 66 zu den geschützten Arten als auch nach der Vogelschutzgebietslandesverordnung vom 12.07.2011. Nach dem Standard-Datenbogen wird von einer Population im Vogelschutzgebiet von (ca.) 35 Brutpaaren und 3.000 Zug- und Rastvögeln ausgegangen (Seite 6 des Gutachtens).

59

2.1.3.2.1. Zu den für seine Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen des SPA 66 für den Kranich als Brutvogel gehören gemäß der Übersicht im Gutachten des Sachverständigen Kr. u. a. störungsarme nasse Waldbereiche, wasserführende Sölle und Senken, Moore und Sümpfe (vgl. auch die Anlage 1 VSGLVO M-V). Ob sich das Vorhaben auf das ca. 200 m westlich gelegene und als Brutstätte nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen sehr gut geeignete Z in der Ziegelei in der Weise ausgewirkt hat, dass dessen Eignung während der Bauphase der streitgegenständlichen Anlage zeitweise weggefallen ist, kann offenbleiben.

60

Zwar spricht Einiges dafür, dass auch ein nur zeitweiser Wegfall als erheblich zu werten ist, wenn im Z im Jahr der Errichtung der Schweinemastanlage eine Brut stattgefunden hat. Denn nach den insoweit überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen wäre dann davon auszugehen, dass kein Nachwuchs in diesem Jahr für das Kranichpaar entstehen könnte. Damit wären funktional 3 % (ein Brutpaar von 35) des Bruterfolges in diesem Jahr weggefallen. Beim Wegfall eines Bruthabitats in der Brutphase könne zwar nach den in der mündlichen Verhandlung gemachten Angaben des Sachverständigen vom Kranichpaar der Versuch unternommen werden, ein Ersatzhabitat zu finden. Wenn es allerdings zu spät sei, könne kein neues Gelege gelegt werden, mit der Folge, dass in diesem Jahr das Kranichpaar keinen Nachwuchs haben werde. Nicht ausgeschlossen sei aber, dass im Folgejahr das Kranichpaar den Brutplatz wieder besetzen könne. Mit einer Bauzeitenregelung hätte dies vermieden werden können.

61

Ob im Jahr 2009 während der Bauarbeiten der Brutversuch eines Kranichpaares im Z. tatsächlich stattgefunden hat und (infolge der Bauarbeiten) abgebrochen wurde, kann indes offenbleiben. Dem auf diese Feststellung gerichteten Beweisantrag der Klägerin war daher nicht nachzugehen.

62

2.1.3.2.2. Nahrungsflächenverluste – hier bis zu 6,9 ha – für den Kranich als Zugvogel betrachtete der Sachverständige als unerheblich. Das Gericht schließt sich dem an, zumal selbst die Klägerin nach Anhörung des Sachverständigen dieses Ergebnis akzeptiert und ihren diesbezüglichen ursprünglichen Vortrag nicht mehr weiter verfolgt hat.

63

2.1.4 Selbst wenn auf die Rechtslage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung abzustellen wäre, änderte dies nichts daran, dass hier die Baugenehmigung aufzuheben wäre. Es fehlte dann an der erforderlichen Verträglichkeitsprüfung nach § 34 Abs. 1 Satz 1 BNatG, Art. 6 Abs. 3, 4 FFH-RL. Eine solche wurde nicht durchgeführt. Durchgeführt wurde lediglich eine Vorprüfung (das Gutachten Dr. K. vom 05.03.2008).

64

Zwischen der FFH-Vorprüfung und der eigentlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung ist zu unterschieden. Sind erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebietes schon nach einer Vorprüfung "offensichtlich" ausgeschlossen, erübrigt sich nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL eine Verträglichkeitsprüfung. Die FFH-Vorprüfung beschränkt sich auf die Frage, ob "nach Lage der Dinge ernsthaft die Besorgnis nachteiliger Auswirkungen" besteht. Ist das der Fall, kann dieser Verdacht nur durch eine - die besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse verwertende - schlüssige naturschutzfachliche Argumentation ausgeräumt werden. Unter Berücksichtigung insbesondere des Vorsorgegrundsatzes liegt eine solche Gefahr dann vor, wenn anhand objektiver Informationen nicht ausgeschlossen werden kann, dass der betreffende Plan oder das betreffende Projekt das fragliche Gebiet erheblich beeinträchtigt. Nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL reicht für das vorab zu prüfende Erfordernis einer FFH-Verträglichkeitsprüfung aus, dass die Wahrscheinlichkeit oder die Gefahr besteht, dass das betreffende Gebiet erheblich beeinträchtigt wird. Der notwendige Grad der Wahrscheinlichkeit ist dann erreicht, wenn anhand objektiver Umstände nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Vorhaben das fragliche Gebiet in dieser Weise beeinträchtigt. Nur bei einem offensichtlichen Ausschluss derartiger Beeinträchtigungen durch eine Vorprüfung wird die FFH-Verträglichkeitsprüfung entbehrlich. Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung ist somit erforderlich, wenn und soweit derartige Beeinträchtigungen nach dem Ergebnis der Vorprüfung nicht offensichtlich ausgeschlossen werden können. Eine solche Beeinträchtigung muss allerdings im Sinne einer Möglichkeit nur eintreten können, so dass – entsprechend dem Vorsorgeprinzip (Art. 174 Abs. 2 S. 2 EGV) - auch eine Gefahr oder ein Risiko ausreichend für die Auslösung der Pflicht zur Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung ist. Die Beeinträchtigung muss also gerade nicht bereits sicher erwiesen sein (vgl. OVG Greifswald, Urteil vom 30.06.2010, 3 K 19/06, NuR 2011, 136 – zitiert nach Juris).

65

2.1.4.1. Die im Genehmigungsverfahren durchgeführte Voruntersuchung vom 05.03.2008 genügte diesen Standards nicht. Wie der Sachverständige überzeugend dargelegt hat, waren entgegen dem Ergebnis der durchgeführten Voruntersuchung erhebliche Beeinträchtigungen nicht offensichtlich ausgeschlossen, sondern es hätte angesichts der Auswirkungen für die potentiellen Brutplätze eines Kranichpaars und der Rohrweihe einer eingehenden Untersuchung bedurft. Das Gericht schließt sich dem an. Nicht nur ist der Sachverständige einschlägig mit FFH-Prüfungen vertraut, auch kann das Gericht die Bedenken selbst nachvollziehen. Bereits angesichts der Größe des Vorhabens (überbaute Fläche sowie Sukzessionsfläche) und der Nähe zu zwei Biotopen hätte sich die Vorprüfung nicht mit einem pauschalen Verweis auf anthropogene Vorbelastungen durch die nahegelegene Kreisstraße begnügen dürfen. Weder hat die Vorprüfung den vom Sachverständigen festgestellten Nahrungsflächenverlust, noch den (möglichen) zeitweisen Wegfall eines (potentiellen) Kranichbrutplatzes und die Möglichkeit eines dauerhaften Wegfalls einer potentiellen Brutstätte für die Rohrweihe erkannt oder thematisiert.

66

2.1.4.2. Das FFH-Prüfungsverfahren könnte in einem gerichtlichen Verfahren auch nicht durch das Gericht nachgeholt werden. Das Gericht ist auf die Überprüfung des Verfahrens unter Feststellung der Auswirkungen nach § 46 VwVfG M-V beschränkt. Andernfalls würde das Gericht den den Fachbehörden eingeräumten Einschätzungsspielraum (vgl. BVerwG, Urteil vom 12.03.2008, 9 A 3.06, NuR 2008, 633, Juris-Rn. 74) an deren Stelle ausüben. Auch würde das Gericht originäre Verwaltungsaufgaben übernehmen, wenn es als Ergebnis einer solchen Überprüfung etwa Kompensationsmaßnahmen bestimmen würde (vgl. BVerwG a. a. O., Juris-Rn. 94 sowie Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie) oder Ausnahmen unter Einholung einer Stellungnahme der Kommission (vgl. § 34 Abs. 4 BNatG) zulassen könnte.

67

2.2. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1, 3 VwGO, § 159 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 100 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) im Verhältnis der Beigeladenen zum Beklagten, § 159 Abs. 2 VwGO im Verhältnis der Beigeladenen untereinander.

68

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.

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3.
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4.
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6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
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c)
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b)
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aa)
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9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
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das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
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c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Projekte sind vor ihrer Zulassung oder Durchführung auf ihre Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines Natura 2000-Gebiets zu überprüfen, wenn sie einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Projekten oder Plänen geeignet sind, das Gebiet erheblich zu beeinträchtigen, und nicht unmittelbar der Verwaltung des Gebiets dienen. Soweit ein Natura 2000-Gebiet ein geschützter Teil von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 ist, ergeben sich die Maßstäbe für die Verträglichkeit aus dem Schutzzweck und den dazu erlassenen Vorschriften, wenn hierbei die jeweiligen Erhaltungsziele bereits berücksichtigt wurden. Der Projektträger hat die zur Prüfung der Verträglichkeit sowie der Voraussetzungen nach den Absätzen 3 bis 5 erforderlichen Unterlagen vorzulegen.

(2) Ergibt die Prüfung der Verträglichkeit, dass das Projekt zu erheblichen Beeinträchtigungen des Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen kann, ist es unzulässig.

(3) Abweichend von Absatz 2 darf ein Projekt nur zugelassen oder durchgeführt werden, soweit es

1.
aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses, einschließlich solcher sozialer oder wirtschaftlicher Art, notwendig ist und
2.
zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht gegeben sind.

(4) Können von dem Projekt im Gebiet vorkommende prioritäre natürliche Lebensraumtypen oder prioritäre Arten betroffen werden, können als zwingende Gründe des überwiegenden öffentlichen Interesses nur solche im Zusammenhang mit der Gesundheit des Menschen, der öffentlichen Sicherheit, einschließlich der Verteidigung und des Schutzes der Zivilbevölkerung, oder den maßgeblich günstigen Auswirkungen des Projekts auf die Umwelt geltend gemacht werden. Sonstige Gründe im Sinne des Absatzes 3 Nummer 1 können nur berücksichtigt werden, wenn die zuständige Behörde zuvor über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit eine Stellungnahme der Kommission eingeholt hat.

(5) Soll ein Projekt nach Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 4, zugelassen oder durchgeführt werden, sind die zur Sicherung des Zusammenhangs des Netzes „Natura 2000“ notwendigen Maßnahmen vorzusehen. Die zuständige Behörde unterrichtet die Kommission über das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit über die getroffenen Maßnahmen.

(6) Bedarf ein Projekt im Sinne des Absatzes 1 Satz 1, das nicht von einer Behörde durchgeführt wird, nach anderen Rechtsvorschriften keiner behördlichen Entscheidung oder Anzeige an eine Behörde, so ist es der für Naturschutz und Landschaftspflege zuständigen Behörde anzuzeigen. Diese kann die Durchführung des Projekts zeitlich befristen oder anderweitig beschränken, um die Einhaltung der Voraussetzungen der Absätze 1 bis 5 sicherzustellen. Trifft die Behörde innerhalb eines Monats nach Eingang der Anzeige keine Entscheidung, kann mit der Durchführung des Projekts begonnen werden. Wird mit der Durchführung eines Projekts ohne die erforderliche Anzeige begonnen, kann die Behörde die vorläufige Einstellung anordnen. Liegen im Fall des Absatzes 2 die Voraussetzungen der Absätze 3 bis 5 nicht vor, hat die Behörde die Durchführung des Projekts zu untersagen. Die Sätze 1 bis 5 sind nur insoweit anzuwenden, als Schutzvorschriften der Länder, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten.

(7) Für geschützte Teile von Natur und Landschaft im Sinne des § 20 Absatz 2 und gesetzlich geschützte Biotope im Sinne des § 30 sind die Absätze 1 bis 6 nur insoweit anzuwenden, als die Schutzvorschriften, einschließlich der Vorschriften über Ausnahmen und Befreiungen, keine strengeren Regelungen für die Zulässigkeit von Projekten enthalten. Die Verpflichtungen nach Absatz 4 Satz 2 zur Beteiligung der Kommission und nach Absatz 5 Satz 2 zur Unterrichtung der Kommission bleiben unberührt.

(8) Die Absätze 1 bis 7 gelten mit Ausnahme von Bebauungsplänen, die eine Planfeststellung ersetzen, nicht für Vorhaben im Sinne des § 29 des Baugesetzbuches in Gebieten mit Bebauungsplänen nach § 30 des Baugesetzbuches und während der Planaufstellung nach § 33 des Baugesetzbuches.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Über die Zulässigkeit von Vorhaben nach den §§ 31, 33 bis 35 wird im bauaufsichtlichen Verfahren von der Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde entschieden. Das Einvernehmen der Gemeinde ist auch erforderlich, wenn in einem anderen Verfahren über die Zulässigkeit nach den in Satz 1 bezeichneten Vorschriften entschieden wird; dies gilt nicht für Vorhaben der in § 29 Absatz 1 bezeichneten Art, die der Bergaufsicht unterliegen. Richtet sich die Zulässigkeit von Vorhaben nach § 30 Absatz 1, stellen die Länder sicher, dass die Gemeinde rechtzeitig vor Ausführung des Vorhabens über Maßnahmen zur Sicherung der Bauleitplanung nach den §§ 14 und 15 entscheiden kann. In den Fällen des § 35 Absatz 2 und 4 kann die Landesregierung durch Rechtsverordnung allgemein oder für bestimmte Fälle festlegen, dass die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde erforderlich ist.

(2) Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde dürfen nur aus den sich aus den §§ 31, 33, 34 und 35 ergebenden Gründen versagt werden. Das Einvernehmen der Gemeinde und die Zustimmung der höheren Verwaltungsbehörde gelten als erteilt, wenn sie nicht binnen zwei Monaten nach Eingang des Ersuchens der Genehmigungsbehörde verweigert werden; dem Ersuchen gegenüber der Gemeinde steht die Einreichung des Antrags bei der Gemeinde gleich, wenn sie nach Landesrecht vorgeschrieben ist. Die nach Landesrecht zuständige Behörde kann ein rechtswidrig versagtes Einvernehmen der Gemeinde ersetzen.

(1) Im Außenbereich ist ein Vorhaben nur zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen, die ausreichende Erschließung gesichert ist und wenn es

1.
einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt,
2.
einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung dient,
3.
der öffentlichen Versorgung mit Elektrizität, Gas, Telekommunikationsdienstleistungen, Wärme und Wasser, der Abwasserwirtschaft oder einem ortsgebundenen gewerblichen Betrieb dient,
4.
wegen seiner besonderen Anforderungen an die Umgebung, wegen seiner nachteiligen Wirkung auf die Umgebung oder wegen seiner besonderen Zweckbestimmung nur im Außenbereich ausgeführt werden soll, es sei denn, es handelt sich um die Errichtung, Änderung oder Erweiterung einer baulichen Anlage zur Tierhaltung, die dem Anwendungsbereich der Nummer 1 nicht unterfällt und die einer Pflicht zur Durchführung einer standortbezogenen oder allgemeinen Vorprüfung oder einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung unterliegt, wobei bei kumulierenden Vorhaben für die Annahme eines engen Zusammenhangs diejenigen Tierhaltungsanlagen zu berücksichtigen sind, die auf demselben Betriebs- oder Baugelände liegen und mit gemeinsamen betrieblichen oder baulichen Einrichtungen verbunden sind,
5.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Windenergie nach Maßgabe des § 249 oder der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Wasserenergie dient,
6.
der energetischen Nutzung von Biomasse im Rahmen eines Betriebs nach Nummer 1 oder 2 oder eines Betriebs nach Nummer 4, der Tierhaltung betreibt, sowie dem Anschluss solcher Anlagen an das öffentliche Versorgungsnetz dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit dem Betrieb,
b)
die Biomasse stammt überwiegend aus dem Betrieb oder überwiegend aus diesem und aus nahe gelegenen Betrieben nach den Nummern 1, 2 oder 4, soweit letzterer Tierhaltung betreibt,
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben und
d)
die Kapazität einer Anlage zur Erzeugung von Biogas überschreitet nicht 2,3 Millionen Normkubikmeter Biogas pro Jahr, die Feuerungswärmeleistung anderer Anlagen überschreitet nicht 2,0 Megawatt,
7.
der Erforschung, Entwicklung oder Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken oder der Entsorgung radioaktiver Abfälle dient, mit Ausnahme der Neuerrichtung von Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität,
8.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie dient
a)
in, an und auf Dach- und Außenwandflächen von zulässigerweise genutzten Gebäuden, wenn die Anlage dem Gebäude baulich untergeordnet ist, oder
b)
auf einer Fläche längs von
aa)
Autobahnen oder
bb)
Schienenwegen des übergeordneten Netzes im Sinne des § 2b des Allgemeinen Eisenbahngesetzes mit mindestens zwei Hauptgleisen
und in einer Entfernung zu diesen von bis zu 200 Metern, gemessen vom äußeren Rand der Fahrbahn, oder
9.
der Nutzung solarer Strahlungsenergie durch besondere Solaranlagen im Sinne des § 48 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 Buchstabe a, b oder c des Erneuerbare-Energien-Gesetzes dient, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben steht in einem räumlich-funktionalen Zusammenhang mit einem Betrieb nach Nummer 1 oder 2,
b)
die Grundfläche der besonderen Solaranlage überschreitet nicht 25 000 Quadratmeter und
c)
es wird je Hofstelle oder Betriebsstandort nur eine Anlage betrieben.

(2) Sonstige Vorhaben können im Einzelfall zugelassen werden, wenn ihre Ausführung oder Benutzung öffentliche Belange nicht beeinträchtigt und die Erschließung gesichert ist.

(3) Eine Beeinträchtigung öffentlicher Belange liegt insbesondere vor, wenn das Vorhaben

1.
den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspricht,
2.
den Darstellungen eines Landschaftsplans oder sonstigen Plans, insbesondere des Wasser-, Abfall- oder Immissionsschutzrechts, widerspricht,
3.
schädliche Umwelteinwirkungen hervorrufen kann oder ihnen ausgesetzt wird,
4.
unwirtschaftliche Aufwendungen für Straßen oder andere Verkehrseinrichtungen, für Anlagen der Versorgung oder Entsorgung, für die Sicherheit oder Gesundheit oder für sonstige Aufgaben erfordert,
5.
Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert beeinträchtigt oder das Orts- und Landschaftsbild verunstaltet,
6.
Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur beeinträchtigt, die Wasserwirtschaft oder den Hochwasserschutz gefährdet,
7.
die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt oder
8.
die Funktionsfähigkeit von Funkstellen und Radaranlagen stört.
Raumbedeutsame Vorhaben dürfen den Zielen der Raumordnung nicht widersprechen; öffentliche Belange stehen raumbedeutsamen Vorhaben nach Absatz 1 nicht entgegen, soweit die Belange bei der Darstellung dieser Vorhaben als Ziele der Raumordnung abgewogen worden sind. Öffentliche Belange stehen einem Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 in der Regel auch dann entgegen, soweit hierfür durch Darstellungen im Flächennutzungsplan oder als Ziele der Raumordnung eine Ausweisung an anderer Stelle erfolgt ist.

(4) Den nachfolgend bezeichneten sonstigen Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 kann nicht entgegengehalten werden, dass sie Darstellungen des Flächennutzungsplans oder eines Landschaftsplans widersprechen, die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigen oder die Entstehung, Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lassen, soweit sie im Übrigen außenbereichsverträglich im Sinne des Absatzes 3 sind:

1.
die Änderung der bisherigen Nutzung eines Gebäudes, das unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 Nummer 1 errichtet wurde, unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Vorhaben dient einer zweckmäßigen Verwendung erhaltenswerter Bausubstanz,
b)
die äußere Gestalt des Gebäudes bleibt im Wesentlichen gewahrt,
c)
die Aufgabe der bisherigen Nutzung liegt nicht länger als sieben Jahre zurück,
d)
das Gebäude ist vor mehr als sieben Jahren zulässigerweise errichtet worden,
e)
das Gebäude steht im räumlich-funktionalen Zusammenhang mit der Hofstelle des land- oder forstwirtschaftlichen Betriebs,
f)
im Falle der Änderung zu Wohnzwecken entstehen neben den bisher nach Absatz 1 Nummer 1 zulässigen Wohnungen höchstens fünf Wohnungen je Hofstelle und
g)
es wird eine Verpflichtung übernommen, keine Neubebauung als Ersatz für die aufgegebene Nutzung vorzunehmen, es sei denn, die Neubebauung wird im Interesse der Entwicklung des Betriebs im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1 erforderlich,
2.
die Neuerrichtung eines gleichartigen Wohngebäudes an gleicher Stelle unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das vorhandene Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
das vorhandene Gebäude weist Missstände oder Mängel auf,
c)
das vorhandene Gebäude wurde oder wird seit längerer Zeit vom Eigentümer selbst genutzt und
d)
Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des bisherigen Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird; hat der Eigentümer das vorhandene Gebäude im Wege der Erbfolge von einem Voreigentümer erworben, der es seit längerer Zeit selbst genutzt hat, reicht es aus, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das neu errichtete Gebäude für den Eigenbedarf des Eigentümers oder seiner Familie genutzt wird,
3.
die alsbaldige Neuerrichtung eines zulässigerweise errichteten, durch Brand, Naturereignisse oder andere außergewöhnliche Ereignisse zerstörten, gleichartigen Gebäudes an gleicher Stelle,
4.
die Änderung oder Nutzungsänderung von erhaltenswerten, das Bild der Kulturlandschaft prägenden Gebäuden, auch wenn sie aufgegeben sind, wenn das Vorhaben einer zweckmäßigen Verwendung der Gebäude und der Erhaltung des Gestaltwerts dient,
5.
die Erweiterung eines Wohngebäudes auf bis zu höchstens zwei Wohnungen unter folgenden Voraussetzungen:
a)
das Gebäude ist zulässigerweise errichtet worden,
b)
die Erweiterung ist im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse angemessen und
c)
bei der Errichtung einer weiteren Wohnung rechtfertigen Tatsachen die Annahme, dass das Gebäude vom bisherigen Eigentümer oder seiner Familie selbst genutzt wird,
6.
die bauliche Erweiterung eines zulässigerweise errichteten gewerblichen Betriebs, wenn die Erweiterung im Verhältnis zum vorhandenen Gebäude und Betrieb angemessen ist.
In begründeten Einzelfällen gilt die Rechtsfolge des Satzes 1 auch für die Neuerrichtung eines Gebäudes im Sinne des Absatzes 1 Nummer 1, dem eine andere Nutzung zugewiesen werden soll, wenn das ursprüngliche Gebäude vom äußeren Erscheinungsbild auch zur Wahrung der Kulturlandschaft erhaltenswert ist, keine stärkere Belastung des Außenbereichs zu erwarten ist als in Fällen des Satzes 1 und die Neuerrichtung auch mit nachbarlichen Interessen vereinbar ist; Satz 1 Nummer 1 Buchstabe b bis g gilt entsprechend. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 2 und 3 sowie des Satzes 2 sind geringfügige Erweiterungen des neuen Gebäudes gegenüber dem beseitigten oder zerstörten Gebäude sowie geringfügige Abweichungen vom bisherigen Standort des Gebäudes zulässig.

(5) Die nach den Absätzen 1 bis 4 zulässigen Vorhaben sind in einer flächensparenden, die Bodenversiegelung auf das notwendige Maß begrenzenden und den Außenbereich schonenden Weise auszuführen. Für Vorhaben nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6, 8 Buchstabe b und Nummer 9 ist als weitere Zulässigkeitsvoraussetzung eine Verpflichtungserklärung abzugeben, das Vorhaben nach dauerhafter Aufgabe der zulässigen Nutzung zurückzubauen und Bodenversiegelungen zu beseitigen; bei einer nach Absatz 1 Nummer 2 bis 6 und 8 Buchstabe b zulässigen Nutzungsänderung ist die Rückbauverpflichtung zu übernehmen, bei einer nach Absatz 1 Nummer 1 oder Absatz 2 zulässigen Nutzungsänderung entfällt sie. Die Baugenehmigungsbehörde soll durch nach Landesrecht vorgesehene Baulast oder in anderer Weise die Einhaltung der Verpflichtung nach Satz 2 sowie nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 Buchstabe g sicherstellen. Im Übrigen soll sie in den Fällen des Absatzes 4 Satz 1 sicherstellen, dass die bauliche oder sonstige Anlage nach Durchführung des Vorhabens nur in der vorgesehenen Art genutzt wird.

(6) Die Gemeinde kann für bebaute Bereiche im Außenbereich, die nicht überwiegend landwirtschaftlich geprägt sind und in denen eine Wohnbebauung von einigem Gewicht vorhanden ist, durch Satzung bestimmen, dass Wohnzwecken dienenden Vorhaben im Sinne des Absatzes 2 nicht entgegengehalten werden kann, dass sie einer Darstellung im Flächennutzungsplan über Flächen für die Landwirtschaft oder Wald widersprechen oder die Entstehung oder Verfestigung einer Splittersiedlung befürchten lassen. Die Satzung kann auch auf Vorhaben erstreckt werden, die kleineren Handwerks- und Gewerbebetrieben dienen. In der Satzung können nähere Bestimmungen über die Zulässigkeit getroffen werden. Voraussetzung für die Aufstellung der Satzung ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar ist,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
Bei Aufstellung der Satzung sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. § 10 Absatz 3 ist entsprechend anzuwenden. Von der Satzung bleibt die Anwendung des Absatzes 4 unberührt.

Tenor

Der Bebauungsplan Nr. 12 der Antragsgegnerin wird für unwirksam erklärt.

Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Die Antragsgegnerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn der Antragsteller nicht vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Antragsteller ist Eigentümer der Flurstücke ... der Flur ... und ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz. Er wendet sich gegen den Bebauungsplan Nr. 12 der Antragsgegnerin. Das Flurstück ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz ragt zu einer Fläche von 0,7 ha mit einem schmalen Streifen in das Plangebiet hinein.

2

Im Bereich des Bebauungsplans Nr. 12 wurde auf Grund des Kabinettsbeschlusses vom Dezember 1992 das Vogelschutzgebiet (SPA-Gebiet) "Küstenlandschaft Wismarbucht" (DE 2034-401) gemeldet. Die SPA-Grenze wurde durch Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 für das SPA "Wismarbucht und Salzhaff" (SPA 47) vergrößert und umfasste nun wesentliche Teile des Bebauungsplangebiets. Durch Kabinettsbeschluss vom 25.07.2007 wurde das Gebiet (DE 1943-401) verkleinert und betrifft nun einen geringen Teil des Plangebiets. Der Kabinettsbeschluss vom 25.05.2004 legte die Gebietsgrenze der Meldung des FFH-Gebiets "Wismarbucht" (DE 1943-302) fest.

3

Das Plangebiet befindet sich auf der Halbinsel Tarnewitz östlich vom Ortszentrum Boltenhagen sowie nord-östlich des Ortsteils Tarnewitz. Der Bebauungsplan ist Teil der Planung eines Marina Ferienparks. Westlich vom Plangebiet grenzt der Bebauungsplan Nr. 14 (Bootswerft mit Winterlager), der infrastrukturelle Einrichtungen der Marina beinhaltet, südlich der Bebauungsplan Nr. 13 (Sportboothafen) an, im Übrigen reicht das Plangebiet im Osten bis an die Ostsee heran. Für die Zufahrtsstraßen bestehen die Bebauungspläne Nr. 19 und 156 der Stadt Klütz.

4

Durch Landesverordnung vom 21.10.1993 wurde der Landschaftsteil "Tarnewitzer Huk" einstweilig als geplantes Naturschutzgebiet gesichert (GVOBl. M-V 1993 S. 899). Das Gebiet umfasst Teile einer aufgeschütteten Spülfläche am Nordwestufer der Wohlenberger Wiek und den westlich daran anschließenden Strandabschnitt. Die Geltungsdauer wurde auf zwei Jahre bestimmt. Durch Beschluss des Landkreises Nordwestmecklenburg vom 27.04.1998 wurde eine einstweilige Sicherung des künftigen Landschaftsschutzgebietes "Naturküste Nordwestmecklenburg" angeordnet. Nach § 3 Abs. 1 der Sicherungsverordnung dient diese dem Schutz des Küstensaumes als Lebensraum für zahlreiche zum Teil in ihrem Bestand gefährdete Vorgelarten und dem Erhalt der Sicherung der Wohlenberger Wiek als europaweit bedeutendes Vogelschutzgebiet. Durch Beschluss des Landkreises vom 28.09.1998 wurde außerdem eine einstweilige Sicherung des künftigen Landschaftsschutzgebietes "Niederung des Tarnewitzer Baches und Santower See" angeordnet. Gemäß § 3 Abs. 1 dieser Sicherungsverordnung ist die Erhaltung einer strukturreichen Landschaft mit Söllen, Hecken, Waldparzellen und Wasserläufen Schutzzweck der künftigen Landschaftsschutzverordnung. Die beiden Landschaftsschutzgebietsräume sind im regionalen Raumordnungsprogramm Westmecklenburg als "Vorsorgeraum Naturschutz und Landschaftspflege" dargestellt. Zu endgültigen Unterschutzstellungen durch naturschutzrechtliche Verordnungen ist es bis 2006 nicht gekommen.

5

Bereits seit Anfang der 90iger Jahre plante die Antragsgegnerin, die am östlichen Ortsrand gelegene Halbinsel der Tarnewitzer Huk, die im Eigentum der Bundesrepublik Deutschland stand und ein ehemaliges Militärgelände darstellte, für die Errichtung einer Marina und eines Ferienparks zu überplanen.

6

Die Firma A. GmbH erstellte im April 1994 eine Umweltverträglichkeitsstudie "Marina und Ferienpark Boltenhagen/Tarnewitz". Die Studie diskutiert zwei Varianten. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass auch die deutlich günstigere Variante 2 mit erheblichen Eingriffen in den Naturhaushalt verbunden sein werde.

7

Für das Projekt erstellte das Büro B. im April 1994 eine Umweltverträglichkeitsstudie. Die A. GmbH fertigte im Oktober 1995 hierzu einen Nachtrag und im Juli 1996 eine ornithologische Sonderuntersuchung.

8

Das Ministerium für Bau-, Landesentwicklung und Umwelt des Landes Mecklenburg-Vorpommern gab am 05.11.1996 eine landesplanerische Beurteilung des Vorhabens ab. Sie kommt zu dem Ergebnis, dass nach dem langen und umfangreichen Abstimmungsprozess mit allen betroffenen Belangen und der daraufhin erfolgten erheblichen Veränderung der ursprünglichen Planungsabsichten das Vorhaben den Zielen der Raumordnung und Landesplanung entspreche. Wenn auf der Grundlage der durchgeführten Umweltverträglichkeitsuntersuchung vermeidbare Beeinträchtigungen unterlassen und unvermeidbare Beeinträchtigungen durch Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen kompensiert würden, seien unvertretbare Belastungen des Naturhaushaltes nicht zu befürchten.

9

Am 15.05.1997 fasste die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Aufstellungsbeschluss für den Bebauungsplan Nr. 12. Planziel ist danach der Bau einer Ferienanlage, die ein Hotel, touristische Infrastruktureinrichtungen wie zum Beispiel Tennis-, Squash- und weitere Freizeitsportanlagen, sowie Appartementhäuser mit erdgeschossig hafentypischen Gewerbe- und Handelseinrichtungen, darüber hinaus eine Schwimmhalle umfasst.

10

Die Beigeladene zu 1 erwarb durch Kaufvertrag vom 05.06.1998 von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben die Flurstücke ..., ... und ... der Flur ... sowie ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz. In diesem Kaufvertrag verpflichtete sich die Beigeladene zu 1, der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben für Personen, die von ihr benannt werden, auf Verlangen Geh- und Fahrrechte sowie Leitungsrechte auf dem Kaufgrundstück unentgeltlich einzuräumen.

11

Im Februar 1999 erstellt die C. GmbH einen "Fachbeitrag zur Beurteilung von Auswirkungen des Projekts gemäß § 19c BNatSchG" - "Zufahrtstraße Boltenhagen". Dem Gutachten angefügt ist eine "avifaunistische Erhebung" von November 1998. Das Gutachten bezieht sich auf die Auswirkung des SPA-Gebiets "Küstenlandschaft Wismarer Bucht".

12

Die Firma C. erstellte im Mai 1999 eine "FFH-Verträglichkeitsstudie". Sie befasst sich mit den Auswirkungen auf das SPA-Gebiet "Küstenlandschaft Wismarbucht". Sie kommt zu dem Ergebnis, dass das Projekt an sich die Erhaltungsziele erheblich beeinträchtigen kann. Wenn hinsichtlich des Teilprojekts "Bau der Ferienanlage, des Hotels und des Jachthafens" im einzelnen genannte eingriffsmindernde Maßnahmen durchgeführt würden, könnten Beeinträchtigungen von Arten, für die das SPA-Gebiet ausgewiesen worden sei, vermieden werden.

13

Die Firma C. erstellte im Juli 2000 eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung - UVU - "Marina Boltenhagen - Tarnewitzer Huk". Gegenstand ist, als zweite Stufe der UVU festzustellen, ob die Planung mit den Erfordernissen nach der landesplanerischen Beurteilung von 05.11.1996 übereinstimmt und wie die Planungen untereinander abgestimmt und durchgeführt werden können. In der zusammenfassenden Bewertung werden im Einzelnen eingriffsmindernde und die Beeinträchtigung des SPA-Gebiets mindernde Maßnahmen vorgeschlagen.

14

Am 11.09.2003 fasste die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Entwurfs- und Auslegungsbeschluss des Bebauungsplans. Der Begründung ist ein Grünordnungsplan "Umweltbericht" sowie als Anlage 2 eine "ergänzende Bearbeitung zur FFH-Verträglichkeitsstudie Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" der C. 1999" aus September 2003 beigefügt, außerdem eine Bestandskarte aus dem Jahre 1999. In Anlage 2 wird ausgeführt: Durch C. sei 1999 auf der Grundlage der raumordnerischen Beurteilung (Ordnungsziffern 12, 13 und 14) eine Prüfung der Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen für das SPA-Gebiet Wismarbucht für alle Teilprojekte des Vorhabens mit Ferienanlage, Hotelkomplex, Jachthafen, Hochwasserschutz und für die Zufahrtsstraße im Einzelnen und im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten erarbeitet worden. Diese Einschätzungen könnten für den Bebauungsplan Nr. 12 - mit Überarbeitungs- und Ergänzungsbedarf - übernommen werden. Die hier vorgenommene Ergänzung bilde eine auf den Bebauungsplan Nr. 12 bezogene Auswertung und Aktualisierung der FFH-Prüfung von 1999, da sich aufgrund der geringen Anzahl von Zielarten eine Überarbeitung der Definition von Schutzzweck und Erhaltungsziel für das SPA Küstenlandschaft Wismarbucht ergeben habe und für den Bebauungsplan Nr. 12 in einzelnen Bereichen geänderte Flächenzuweisungen vorgenommen worden seien. Für die Beurteilung würden folgende Planwerke herangezogen:

15

- Umweltverträglichkeitsstudie Marina und Ferienpark Boltenhagen/Tarnewitz (A., 1995 neu)

16

- Ornithologisches Sondergutachten zum geplanten Projekt "Marina und Ferienpark Boltenhagen" (A., 1996)

17

- Nachtrag zur Umweltverträglichkeitsstudie Marina und Ferienpark Boltenhagen/Tarnewitz (A., 1995)

18

- Umweltverträglichkeitsuntersuchung UVU Zufahrtsstraße Boltenhagen (C. 1999)

19

- Umweltverträglichkeitsstudie zur Marina Boltenhagen (C. 1999)

20

- FFH-Verträglichkeitsstudie zur Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" (C. 1999)

21

- Ergänzungsbearbeitung zur FFH-Verträglichkeitsstudie (C. 2002).

22

Die Ergänzung kommt zu folgendem Ergebnis: Die Überbauung von geeigneten Brut- und Nahrungshabitaten der Sperbergrasmücke sei in Anbetracht der Größe des betroffenen Gebiets mit direktem Biotopsverlust und den genügend vorhandenen Ausweichmöglichkeiten nicht mit einer erheblichen Beeinträchtigung des Erhaltungsziels verbunden, vorausgesetzt, dass die angrenzenden Ausweichlebensräume von Störungen freigehalten werden könnten. So seien nördlich an das Plangebiet angrenzende Flächen wirksam gegen Beunruhigung abzuschirmen, ebenso die für die Sperbergrasmücke interessanten küstenbegleitenden Gebüschstrukturen südlich des Tarnewitzer Bachs. Desweiteren sollten alle im Plangebiet vorkommenden und nicht direkt überbauten Gebüschflächen erhalten und in neue Anpflanzungsflächen integriert und durch Neuanpflanzungen mit dornenreichen Gehölzflächen ergänzt werden.

23

Weitere erhebliche Beeinträchtigungen des SPA-Gebiets könnten verhindert werden, wenn folgende Vorgaben beachtet würden:

24

- Die Bauzeiten seien auf den Zeitraum von Mitte April bis September zu beschränken.

25

- Südlich des Auslaufes des Tarnewitzer Bachs sei eine Absperrung vorzusehen, die das Betreten des südlich angrenzenden Strandabschnitts bis Wohlenberg unterbinde.

26

- Ebenso seien entlang der Planstraße A und B Absperrungen vorzusehen, die das Betreten der hochwertig angrenzenden Gebüschzonen und des Naturschutzgebietes wirksam unterbinden könnten. Im westlichen Abschnitt seien Durchlässe zu belassen, um den Wildwechsel in Nord-Süd-Richtung nicht zu unterbinden.

27

- Die gesamte Außenbeleuchtung der Verkehrsfläche und an den Gebäuden habe unter Beachtung neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse so zu erfolgen, dass eine möglichst geringe Störung auf nachtaktive Insekten und weitere nachtaktive Wasservögel eintrete. Auch die seeseitig ausgerichteten Gebäudeseiten seien mit möglichst gering reflektierenden Glasscheiben auszustatten. Der Fahrzeugverkehr mit zusätzlichen Lichteinwirkungen sei im Einwirkungsbereich des Hafens zu begrenzen.

28

Zur Prüfung der Verträglichkeit im Zusammenhang mit anderen Plänen und Projekten könne auf die entsprechenden Aussagen in Kapitel 2.5 der FFH-Verträglichkeitsstudie Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" (C. 1999) sowie auf Kapitel V der Ergänzungsbearbeitung (C. 2002) verwiesen werden.

29

Am 17.11.2003 zeigte die Antragsgegnerin das Planvorhaben gemäß § 17 Landesplanungsgesetz dem Landkreis an.

30

Auf die Auslegung des Bebauungsplans bis zum 17.11.2003 gingen keine Einwendungen Privater ein. Das Staatliche Amt für Umwelt und Natur Schwerin wies in seiner Stellungnahme vom 17.11.2003 darauf hin, dass die übermittelten Unterlagen nicht geeignet seien, eine mögliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des vorgeschlagenen FFH-Gebiets abschließend zu beurteilen. In einer weiteren Stellungnahme vom 02.12.2003 wird ausgeführt, dass in dem Umweltbericht nicht sämtliche zu erwartenden erheblichen nachteiligen Auswirkungen beschrieben worden seien. Insbesondere fehle eine Beschreibung der Umweltauswirkungen auf das Küstenwasser, die sich in Folge der geplanten Hochwasserschutzmaßnahmen und möglicher Freizeitnutzungen ergäben. Die Grenze des SPA "Küstenlandschaft Wismarer Bucht" sei fehlerhaft dargestellt. Im Bereich der "Tarnewitzer Huk" würde die Uferlinie die Grenze des SPA werden. Auch seien die Eingriffe in das Küstengewässer im Grünordnungsplan nicht berücksichtigt worden. Schließlich sei nicht berücksichtigt, dass der Bebauungsplan teilweise unmittelbar an das zur Nachmeldung von FFH-Gebieten vorgesehene Gebiet "Wismarer Bucht" angrenze. Der Landkreis Nordwestmecklenburg - Untere Naturschutzbehörde - machte in seiner Stellungnahme vom 11.12.2003 geltend: Der Entwurf lege nicht dar, wie die in der Umweltverträglichkeitsuntersuchung geforderte Sperrung der Strandabschnitte südlich des Tarnewitzer Bachs realisiert werden solle. Auch fänden sich keinerlei Aussagen hinsichtlich möglicher Auswirkungen des Vorhabens in Hinblick auf eine Beeinträchtigung der Schutz- und Erhaltungsziele des FFH-Meldegebietes N 080 "Wismarer Bucht". Für den landseitigen Planbereich könne allerdings davon ausgegangen werden, dass bei Absicherung der Nichtzugänglichkeit des FFH-Gebiets (unter anderem durch eine feste Einzäunung) nicht von einer erheblichen Beeinträchtigung der im Gebiet vorkommenden Lebensraumtypen sowie der Schutz und Erhaltungsziele ausgegangen werden könne. Erhebliche Bedenken bestünden auch gegen die Abarbeitung der Eingriffsregelung. Die im Grünordnungsplan enthaltene Eingriffsbewertung weise etliche Defizite auf.

31

Am 07.05.2004 schloss der Antragsteller mit der Bundesrepublik Deutschland (Finanzverwaltung) den Kaufvertrag über die Flurstücke ... der Flur ... und ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz. In § 1 Abs. 4 heißt es:

32

"Bei dem Grundstück handelt es sich um kampfmittelbelastete Teilflächen eines ehemals militärisch genutzten Flugplatzgeländes. .... Eine ca. 68 ha große Teilfläche des Kaufgegenstandes, vorwiegend auf dem Flurstück ... wurde 1993 als geplantes Naturschutzgebiet "Tarnewitzer Huk" einstweilig sichergestellt."

33

Am 15.07.2005 wurde eine freiwillige Vereinbarung "Naturschutz, Wassersport und Angeln in der Wismarbucht" unterzeichnet, der weitere Beteiligte, unter anderem die Antragsgegnerin, das Umweltministerium Mecklenburg-Vorpommern, die Beigeladene zu 1 und die Projektgruppe Wismarbucht am 16.02.2006 beitraten. Ziel der Vereinbarung ist es, die Wismarbucht als Teil des Netzes "Natura 2000" hinsichtlich der Anforderungen des Vogelschutzes in einem guten Zustand zu erhalten. Für den sensiblen Bereich werden Nutzungsregelungen räumlicher und zeitlicher Art getroffen.

34

Am 29.09.2005 fand zwischen Vertretern des Umweltministeriums und des beauftragten Planungsbüros eine Besprechung zu Fragen des Umweltschutzes hinsichtlich der Planungen der Antragsgegnerin statt.

35

Am 01.12.2005 beschloss die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den geänderten Entwurf erneut auszulegen. Die Träger öffentlicher Belange nahmen wie folgt Stellung:

36

Das Amt für Raumordnung und Landesplanung Westmecklenburg teilte mit, die Vereinbarkeit des Bebauungsplans mit den Erfordernissen der Raumordnung und der Landesplanung könne bewirkt werden, wenn mehrere Maßgaben erfüllt würden. Das Staatliche Amt für Umwelt und Natur führte unter dem 20.01.2006 aus: Mit dem Bebauungsplan Nr. 12 würden keine festgesetzten oder einstweilig sichergestellten Naturschutzgebiete sowie keine durch das Land Mecklenburg-Vorpommern geförderten Flächen und Maßnahmen des Naturschutzes überplant. Erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzzwecks und der Erhaltungsziele der nicht zum Gebiet der Antragsgegnerin gehörenden Bereiche des FFH-Gebiets "Wismarbucht" und des Europäischen Vogelschutzgebietes "Küstenlandschaft Wismarbucht" seien nach derzeitigem Kenntnisstand nicht unmittelbar erkennbar. Entsprechend dem Protokoll vom 29.09.2005 über die oben genannte Besprechung zwischen Vertretern des Umweltministeriums und des beauftragten Planungsbüros seien sämtliche Vogelschutzbelange geklärt und eine Vereinbarkeit mit den Erhaltungszielen und dem Schutzzweck sei zu erreichen. Dazu sei allerdings unter anderem erforderlich, dass die freiwillige Vereinbarung über Befahrensregelungen für den Bootsverkehr etc. in der Wismarbucht von allen maßgeblichen Beteiligten, so auch vom Projektträger mitgetragen und unterschrieben werden müsse, um deren Umsetzung und Einhaltung sicherzustellen. Das gelte insbesondere für störungsintensive Freizeitnutzungen. Nach dem genannten Protokoll seien durch dauerhafte Maßnahmen (Bau eines dauerhaften Zaunes) Störungen und Beeinträchtigungen des angrenzenden Naturschutzgebietes "Tarnewitzer Huk" sowie der sich nördlich und südlich des Satzungsbereichs angrenzenden FFH-Lebensraumtypen innerhalb des FFH-Gebiets auszuschließen. Der Zaun entlang der nördliche Satzungsgrenze im Bereich des Strandes sei dergestalt zu errichten, dass eine Nutzung des Strandes außerhalb der Satzungsgrenze des Bebauungsplans wirksam ausgeschlossen werde. Desweiteren sei eine aktive Aufklärungsarbeit über Inhalt und Ziele der angrenzenden Schutzgebiete erforderlich, um ungewollte Störungen, z. B. durch Anlanden von Surfern im Uferbereich des Naturschutzgebietes "Tarnewitzer Huk" zu vermeiden. In ähnlicher Weise äußerte sich der Landkreis Nordwestmecklenburg unter dem 25.01.2006. Auch er bezog sich auf die Erörterung am 29.09.2005. Die Umsetzung der freiwilligen Vereinbarung der Befahrensregelung "Naturschutz, Wassersport und Angeln in der Wismarbucht" vom 15.07.2005 sowie die Einhaltung der Maßgabe Nr. 7 der landesplanerischen Beurteilung vom 05.11.1996 seien Voraussetzungen für die Vereinbarkeit der Umsetzung des Bebauungsplanes Nr. 13 wie Nr. 12 mit den Erhaltszielen und dem Schutzzweck des SPA "Küstenlandschaft Wismarbucht". Die im nordöstlichen Plangebiet des Bebauungsplans dargestellte Küstendüne sei ein gesetzlich geschütztes Biotop. Die beabsichtigte Ausweisung als Badestrand sei daher unzulässig. Im Grünordnungsplan würden Maßnahmen zum Ersatz für den Verlust von Fledermausquartieren festgesetzt. Es seien jedoch keine Aussagen zum tatsächlichen Verlust der Fledermausquartiere enthalten. In den Pappelbeständen am Hafen Tarnewitz gebe es Vorkommen des breitblättrigen Sitters, einer besonders geschützten Pflanzenart. Im Rahmen der Eingriffsbewertung entspreche die Einstufung etlicher Biotoptypen nicht dem "Hinweis zur Eingriffsregelung" des Landesamts für Umwelt und Naturschutz und Geologie Mecklenburg-Vorpommern.

37

Mit Schreiben vom 10.02.2006 erhob der Antragsteller Bedenken.

38

Am 22.03.2006 wurde der wiederum geänderte Entwurf des Bebauungsplanes Nr. 12 erneut öffentlich ausgelegt. Die Änderungen wurden im Bereich des Sondergebiets Hotel und der anschließenden nördlichen Verkehrsfläche sowie in Teilen der textlichen Festsetzungen vorgenommen. Darüber hinaus wurde ein Nachtrag zur Umweltverträglichkeitsstudie beigefügt. Ersichtlich ist der Umweltbericht gegenüber der Fassung von Oktober 2005 in der nunmehrigen Fassung von März 2006 unverändert. Die "FFH-Vorprüfung" als Anlage 2 kommt nach wie vor zu dem Ergebnis, dass für die betroffenen terrestrischen oder marinen Lebensraumtypen bzw. die sonstigen terrestrischen Lebensräume der zum Schutzgebiet gehörenden Tarnewitzer Halbinsel keine erheblichen Beeinträchtigungen erkennbar seien. Für die meisten Anhang II-Arten seien entweder aufgrund des fehlenden Vorkommens dieser Arten im Einwirkungsbereich der Planung oder aufgrund des nichtrelevanten Wirkprozesses ebenfalls keine Beeinträchtigungen erkennbar. Für den Fischotter und die Kegelrobbe sowie den Seehund seien mit den im Rahmen der Bauleitplanung Nr. 12 getroffenen textlichen Festsetzungen zur Eingriffsvermeidung und Minderung, zum Ausgleich/Ersatz und der vor Satzungsbeschluss zu fassenden Vertragsvereinbarung sowie mit Einhaltung der Befahrensregelung erhebliche Beeinträchtigungen offensichtlich ausgeschlossen.

39

Am 11.04.2006 beschloss die Landesregierung, das SPA 47 "Wismarbucht und Salzhaff" zu melden und legte die Ausdehnung fest.

40

Die Firma "D." fertigte einen Protokollvermerk einer Besprechung am 26.06.2006 im Umweltministerium zu den Auswirkungen der Meldung der Gebietskulisse des Europäischen Vogelschutzgebietes SPA 47 "Wismarbucht und Salzhaff" vom 11.04.2006. Das Umweltministerium habe klargelegt, dass eine kurzfristige Korrektur der Gebietsabgrenzung ausscheide, sodass für den Bebauungsplan Nr. 12 eine Vorprüfung durchzuführen sei. Aufgrund der allein bei den Fachbehörden des Landes vorliegenden Daten und in Anbetracht möglicher Summationswerte anderer Projekte in der Wismarbucht sei diese Vorprüfung durch die Fachbehörden des Landes erfolgt mit dem Ergebnis, dass keine erheblichen Beeinträchtigungen zu erwarten seien. Weitere Prüfungen seien nicht erforderlich. Hinsichtlich der Sperbergrasmücke, des Neuntöters, der Gänse- und Mittelsäger sowie des Sandregenpfeifers seien ergänzende Maßnahmen vorzusehen, sodass die jeweiligen Beeinträchtigungen nicht als erheblich anzusehen seien. Diese Maßnahmen würden sich aus dem Managementplan ergeben. Die rechtliche Sicherung erfolge im Plangebiet des Bebauungsplans durch bindende Festsetzungen, an anderer Stelle durch Vorlage eines städtebaulichen Vertrags zur Durchführung und Sicherstellung der Maßnahme jeweils vor Satzungsbeschluss.

41

Durch Beschluss vom 13.07.2006 befand die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin über die im Rahmen der öffentlichen Auslegung eingegangenen Anregungen.

42

Der Antragsteller hatte mit Schreiben vom 10.02.2006 vorgetragen: Die Beigeladene zu 1 habe sich verpflichtet, auf sein - des Antragstellers - Verlangen ein Geh- und Fahrrecht sowie Leitungsrechte in dem im Bebauungsplan Nr. 12 erfassten Gebiet einzuräumen. Sie verweigere nun diese Rechte. Im Bebauungsplan Nr. 12 seien zu seinen Gunsten keine bestehenden Rechte angelegt. In der Abwägungsdokumentation wird hierzu ausgeführt, dass die Hauptzufahrtstraßen öffentliche Straßen seien und somit für jedermann benutzbar. Der Antragsteller hatte weiter vorgetragen, die Beigeladene zu 1 habe sich verpflichtet, einen Sicherheitszaun in Abgrenzung zu seinem Grundstück zu errichten. Anders sehe er nicht gewährleistet, wie in dem Bebauungsplan die Absicherung des kampfmittelbelasteten Gebiets gewährleistet werden solle. Dieser Gesichtspunkt sei in der Abwägung überhaupt nicht berücksichtigt worden. In der Abwägungsdokumentation wird hierzu ausgeführt, dass die Errichtung des Sicherheitszaunes mit der Bauleitplanung festgesetzt werde (Teil B, Ziffer 4 (8)). Die Realisierung werde im Rahmen der Durchführung der gesamten Maßnahme vorgenommen.

43

Das Vogelschutzkomitee e.V., X. erhob mit Schreiben vom 10.02.2006 und 17.04.2006 Einwendungen. In der Abwägungsdokumentation führt die Antragsgegnerin hierzu aus: Für den Bebauungsplan Nr.13 sei eine Ergänzungsbearbeitung der FFH-Studie im Jahre 2002 erstellt worden. 2003 sei für das Plangebiet des Bebauungsplanes Nr. 12 eine hierauf bezogene Aktualisierung der FFH-Prüfung von 1999 vorgenommen worden. Das mit Kabinettsbeschluss von Mai 2004 gemeldete und mit der Entscheidung der Kommission am 07.12.2004 in die Liste der von gemeinschaftlicher Bedeutung aufgenommenen FFH-Gebiete genannte FFH-Gebiet DE 1934-302 "Wismarbucht" sei bei der Darstellung der durch die Bauvorhaben induzierten möglichen erheblichen Beeinträchtigungen bislang nicht oder in Anbetracht der zwischenzeitlich vorliegenden Managementplanung ungenügend berücksichtigt, sodass der Prüfvorgang mit der erneuten Offenlage des Bebauungsplanes Nr. 12 überarbeitet werden musste. In Anlage 1 des Grünordnungsplans erfolge deshalb eine ergänzende Gesamtprüfung auf der Grundlage des aktuellen Datenmaterials (Managementplanung 2005). Einbezogen im Prüfvorgang seien ebenfalls die genehmigten, jedoch nicht rechtskräftigen Bebauungspläne Nr. 13 und 14. Lediglich für den Bebauungsplan Nr. 12 seien Nutzungsveränderungen gegenüber den bisherigen Planständen zu bewerten. Der Antragsgegnerin sei bekannt, dass ein ökologisch und naturschutzfachlich wertvoller Bereich überplant werde. Dies sei in den entsprechenden Verträglichkeitsprüfungen hinreichend abgearbeitet. Die grundsätzlichen Bedenken zum Gesamtvorhaben würden zur Kenntnis genommen. Nach langwierigem Planprozess, in dem sorgsam zwischen den Belangen des Natur- und Umweltschutzes und den übrigen Belangen abgewogen worden sei, komme die Antragsgegnerin zum Ergebnis, mit der Aufstellung entsprechender Bebauungspläne die bauleitplanerischen Voraussetzungen zur Gesamtverwirklichung des Projekts zu schaffen.

44

Die Untere Naturschutzbehörde führte in ihren Stellungnahmen vom 25.01.2006 und vom 25.04.2006 aus: Es sei zu berücksichtigen, dass die im nordöstlichen Plangebiet dargestellte Küstendüne (Dünengebüsch, mesophiles Laubgebüsch) sowie die Vordüne/Weißdüne ein Biotop nach § 20 Abs. 1 Landesnaturschutzgesetz darstellten. Es sei eine Ausnahmegenehmigung hierfür erforderlich. In der Abwägungsdokumentation wird der Inhalt des Grünordnungsplans näher dargelegt und mitgeteilt, dass die Anregungen zur Küstenlinie zur Kenntnis genommen würden. In der Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde wird weiter ausgeführt, im Grünordnungsplan seien Maßnahmen zum Ersatz für den Verlust von Fledermausquartieren festgesetzt. Es würden aber keine Aussagen zum tatsächlichen Verlust von Fledermausquartieren im Rahmen der Umsetzung der Planung getroffen. Die Ersatzquartiere seien vor dem Verlust der tatsächlichen Fledermausquartiere zu schaffen. Hierzu wird durch die Antragsgegnerin ausgeführt, es könnten auf Grund der Artenkenntnisse gezielte Ersatzquartiere geschaffen werden. Dem genügten die jetzt vorgesehenen Festsetzungen. Des Weiteren macht die Untere Naturschutzbehörde geltend, die Einstufung von Wertigkeiten im Rahmen der Eingriffsregelung entspreche in mehreren Punkten nicht den "Hinweisen zur Eingriffsregelung". Insoweit teilt die Antragsgegnerin in der Abwägungsdokumentation mit, dass die Hinweise nur teilweise berücksichtigt würden.

45

Unter dem 07.06.2006 genehmigte die Landesforst Mecklenburg-Vorpommern die vorgesehene Waldumwandlung. Durch Bescheid vom 06.07.2006 erteilte der Landrat des Landkreises Nordwestmecklenburg die naturschutzrechtliche Ausnahmegenehmigung gemäß § 20 Abs. 3 des Landesnaturschutzgesetzes zur Nutzung eines Strandabschnittes als öffentlicher Badestrand. Durch Bescheid vom 12.07.2006 erteilte er die Ausnahmegenehmigung vom Bauverbot gemäß § 19 Abs.1 des Landesnaturschutzgesetzes und unter dem 13.07.2006 den wasserrechtlichen Bescheid zur partiellen Wiedervernässung einer ca. 2 ha großen Fläche am Tarnewitzer Bach sowie die Öffnung eines an diesem Abschnitt bislang verrohrten Grabens.

46

Am 30.06.2006 schlossen die vier Beigeladenen mit der Antragsgegnerin einen städtebaulichen Vertrag. Darin verpflichten sie sich, die in den Bebauungsplänen festgesetzten Ausgleichsmaßnahmen innerhalb und außerhalb der Plangebiete durchführen zu lassen. In § 1 Abs.5 der Vertrags verpflichten sie sich ferner, den als Kompensation für die Beeinträchtigung von Natur und Landschaft durch die Anlage des Sportboothafens vorgesehenen angemessenen Beitrag zur Realisierung der Befahrensregelung gemäß der freiwilligen Vereinbarung Naturschutz, Wassersport und Angeln in der Wismarbucht vom 15.07.2005 bezogen auf die Marina Tarnewitz zu leisten, dies in Abstimmung mit dem Umweltministerium entweder nach Maßgabe der Anlage 1 Seite 6 oder durch Sicherstellung einer dauerhaften Gebietsbetreuung nach Maßgabe der freiwilligen Vereinbarung oder durch einen pauschalen Kostenbeitrag für eine dieser Maßnahmen. Durch einen weiteren städtebaulichen Vertrag vom 27.06.2006 verpflichten sich die Beigeladenen, die Bettenkapazität von 1000 Betten nicht zu überschreiten.

47

Am 13.07.2006 beschloss sodann die Gemeindevertretung der Antragsgegnerin den Bebauungsplan Nr. 12 als Satzung.

48

Die Begründung des Bebauungsplans erläutert die Zielsetzung, gibt eine Bestandsaufnahme, gibt die Plangrundunterlagen wieder, unter anderem den Stand der 4. Änderung des Flächennutzungsplans und erläutert das städtebauliche Konzept unter den Stichworten Bebauung/Nutzung, Erschließung, öffentliche Ver- und Entsorgung. Unter Ziff. 5 der Begründung werden die bauplanungsrechtlichen und bauordnungsrechtlichen Festsetzungen begründet. Unter Ziff. 7 wird als Wechselwirkung mit der Umgebung das Verhältnis zum Hochwasserschutzsystem mit der Notwendigkeit angesprochen, die Fundamente der Gebäude tief zu gründen. Die Hinweise unter Ziff. 9 betreffen Bodendenkmäler und Anlagen nach § 34 Bundeswasserstraßengesetz. Hier heißt es: "Dieser Bebauungsplan ist nur vollständig in Verbindung mit dem Grünordnungsplan". Es wird weiter ausgeführt, dass für das Gesamtvorhaben "Marina und Ferienpark Boltenhagen" eine Umweltverträglichkeitsstudie (1999, 2000) mit Nachtrag (2006) und entsprechende Zuarbeiten für FFH-Prüfvorgänge (2005, 2006) erarbeitet worden seien. Sowohl hinsichtlich des FFH-Gebiets Wismarbucht als auch hinsichtlich des EU-Vogelschutzgebiets "Wismarbucht und Salzhaff" sei durch Aufnahme entsprechender Festsetzungen und sonstiger vertraglicher Regelungen und Vereinbarungen eine Verträglichkeit gegeben. Für die nach § 20 Landesnaturschutzgesetz geschützten Strand- und Dünenbereiche im Norden des Plangebiets seien mit Öffnung des Strandabschnitts nachhaltige Biotopveränderungen und -schädigungen zu erwarten. Ein entsprechender Ausnahmeantrag sei gestellt worden. Der Ersatz solle in Kombination mit der erforderlichen Kompensation zum Lebensraumverlust des Fischotters auf einer externen ca. 2 ha großen Ausgleichsfläche im Tarnewitzer Hagen erbracht werden. Die entsprechenden Genehmigungen zur Umnutzung des geschützten Strandbereichs und zur naturgerechten Gewässerumgestaltung in der Ausgleichsfläche sowie die vertraglichen Vereinbarungen mit dem Eigentümer lägen vor. Die Vorprüfung zur Abschätzung der Umwelterheblichkeit im Rahmen des wasserrechtlichen Verfahrens zur Umgestaltung der Gewässer in der externen Ausgleichsfläche in Tarnewitzer Hagen Flurstücke ..., ... (Teilflächen) Flur ... komme zu dem Ergebnis, dass eine UVP entbehrlich sei. Als weitere Ersatzmaßnahme für nicht im Plangeltungsbereich des Bebauungsplanes auszugleichende Eingriffe werde eine ideelle Flächenzuordnung mit einer Größenordnung von 4,43 ha im Rahmen des Renaturierungsprojektes Neuendorfer Moor bei Gadebusch vorgenommen. Die rechtliche Absicherung erfolge über einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit der Stiftung Biosphäre Schaalsee, die die Umsetzung des Renaturierungsprojektes koordiniere.

49

Der Umweltbericht führt u. a. aus: Bezüglich der artenbiologischen Standortbedingungen könne auf die Erhebungen und Aussagen der UVU und des Grünordnungsplans von 1999 (C.) verwiesen werden. Die seither notwendige Aktualisierung sei im September 2005 durchgeführt und in Karte 1 dargestellt. Unter dem Stichwort "Eingriffsdarstellung" wird einleitend ausgeführt, die schutzgutbezogenen Auswirkungen und Risikoanalysen seien in der UVU Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" umfassend dargestellt und bewertet. Auf diese Aussagen könne im Wesentlichen verwiesen werden. Die nachfolgenden Ausführungen stellten die Eingriffsauswirkungen schutzgutbezogen dar. Dem vorangestellt seien schutzgutbezogene Maßnahmen zur Eingriffsvermeidung und Minderung. Auf die Lage und Größe der Baugebiete könne nur noch bedingt Einfluss genommen werden, da der Bebauungsplan Nr. 12 im engen funktionalen und räumlichen Zusammenhang mit den angrenzenden Bebauungsplänen Nr. 13 und 14 zu sehen sei. Dort seien bereits Zuordnungen und Straßenanbindungen vorgegeben. Weitere Einzelheiten ergeben sich aus der beigefügten Kopie der Begründung.

50

Dem Grünordnungsplan ist als Anlage 1 die "FFH-Vorprüfung - Überschlägige Prüfung gem. §§10 Abs. 1 Nr. 11 und 12 i.V.m. 34 und 35 BNatSchG zur Marina Boltenhagen "Tarnewitzer Huk" und als weitere Anlage der Protokollvermerk der Firma "..." vom 26.06.2006 über das Gespräch beim Umweltministerium beigefügt.

51

Der Bebauungsplan wurde am 15./16.07.2006 öffentlich bekannt gemacht.

52

Am 26.07.2006 hat der Antragsteller Normenkontrollantrag erhoben. Er macht im Wesentlichen geltend:

53

Er sei antragsbefugt. Dies folge schon daraus, dass etwa 0,7 ha seines Grundstücks 22/19 der Flur 2 im Planbereich lägen und in diesem Bereich öffentlicher Strand festgesetzt sei. Diese Festsetzung widerspreche der Nutzung des Gebietes als Eigenjagdrevier. Auf Grund des festgesetzten Zaunes entlang des Flurstücks ... der Flur ... sei ihm ein Betreten seines Eigentums nicht möglich. Ferner betreibe er auf seinem Eigentum einen Forstbetrieb. Diese Nutzungen würden durch die Festsetzungen beeinträchtigt. Der Zaun lasse auch kein Rückzugsgebiet der Tiere auf den Strand mehr zu. Es sei nicht ersichtlich, dass diese Belange im Abwägungsvorgang beachtet worden seien, obwohl beide für die Antragsgegnerin erkennbar gewesen seien.

54

Ihm stehe auch das Rechtsschutzbedürfnis zu. Es spreche nichts dagegen, dass die Antragsgegnerin einen neuen Bebauungsplan mit für ihn günstigeren Festsetzungen aufstelle, denn es dürfte unproblematisch möglich sein, die Festsetzung als öffentlicher Strand auf das Flurstück ## zu begrenzen, Zugangsmöglichkeiten für ihn über die Wege auf dem Grundstück der Marina zu seinem Grundstück zu schaffen bzw. die Leitungsrechte und das Jagdausübungsrecht sowie den Forstbetrieb in den Abwägungsvorgang einzubeziehen.

55

Der Antrag sei auch begründet. Der Bebauungsplan leide bereits an einem formellen Fehler. Der Beschluss über die Satzung sei unter unzulässigen Bedingungen gefasst worden. Aus dem Protokollauszug der Sitzung vom 13.07.2006 ergebe sich, dass über einen Zusatzantrag abgestimmt worden sei; danach habe die Bürgermeisterin sicherzustellen, dass die Antragsgegnerin durch dieses Projekt keine Kosten trage, dass die Verträge laut Beschluss der Gemeindevertretung vom 01.12.2005 Top 3 wirksam seien, die Finanzierung durch die Investition gesichert sei, dass Fahrten auf Grund veranlasster Baumaßnahmen von und zu den Baugebieten in den Bebauungsplänen 12, 13 und 14 nur im Einzelfall und mit Genehmigung der Gemeinde über die Ostseeallee erfolgten und dass die Bürgermeisterin versichere, dass die zwischen den Beteiligten geschlossenen Verträge existierten und dadurch die Betreibung des Projekts gesichert sei.

56

Der Bebauungsplan leide auch an materiellen Fehlern. Er sei abwägungsfehlerhaft. Es seien weder die Leitungsrechte noch das Jagdausübungsrecht und die Belange des Forstbetriebes berücksichtigt worden.

57

Der Bebauungsplan verstoße auch gegen naturschutzrechtliche Vorgaben. Das geplante Gebiet liege in einem "Natura 2000 Gebiet". Es liege eine Handlung im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 11 Bundesnaturschutzgesetz vor, weil ein Eingriff in Natur und Landschaft gegeben sei. Das Vorhaben führe zu einer großflächigen und dauerhaften Flächenveränderung. Bei einigen der betroffenen Vogelarten handele es sich um solche mit besonderem Schutz und Maßnahmeerfordernis. Die Ausführungen zum FFH-Gebiet würden diesen Zusammenhängen nur unzureichend gerecht. Die FFH-Verträglichkeitsprüfung habe nicht die besten der einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse genutzt. Es sei auch nicht erkennbar, wie die Antragsgegnerin die Aspekte des günstigen Erhaltungszustands, der Reaktions- und Belastungsschwellen der geschützten Arten und Lebensraumtypen, der Bagatellschwellen usw. gewürdigt habe. Hinzu komme, dass eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne der Vogelschutzrichtlinie bereits dann vorliege, wenn die Störungen/Beeinträchtigungen für sich betrachtet geeignet seien, den Erhaltungszielen zuwiderzulaufen. Eine gesamtgebietsbezogene Relativierung, wie sie bei Anwendung des Schutzregimes aus Art. 6 FFH-Richtlinie vorgenommen werde, gelte hier nicht. Bereits der Verlust oder die Beeinträchtigung von einzelnen Brutrevieren einer in Anhang I bezeichneten Art sei als erhebliche Beeinträchtigung anzusehen, ohne dass eine relevante Bestandsbeeinträchtigung nachgewiesen werden müsse. Damit hätte die Antragsgegnerin zwangsläufig in die Hauptprüfung eintreten müssen, sie habe jedoch nur eine Vorprüfung vorgenommen.

58

Unzutreffend sei der Ausgangspunkt der Antragsgegnerin, dass das Plangebiet an das Vogelschutzgebiet unmittelbar angrenze. Vielmehr liege ein Teil des geplanten Gebiets direkt im Vogelschutzgebiet.

59

In Hinblick auf die Kompensationsmaßnahmen werde im Grünordnungsplan auf die Schaffung von Nistplätzen hingewiesen. Nistkästen seien aber weder dauerhafter Ausgleich noch Ersatz.

60

Es sei auch davon auszugehen, dass eine erhebliche Beeinträchtigung im Sinne der Hauptprüfung vorliege. Dafür genüge es, dass eines der Schutz- oder Erhaltungsziele erheblich betroffen sei. In dem überplanten Vogelschutzgebiet werde eine ungestörte Naturentwicklung zum Schutz der vielfältigen Besiedelung mit gefährdeten und bedrohten Tier- und Pflanzenarten nicht mehr möglich sein. Damit sei der Schutzzweck nicht mehr gegeben. Auch sei die Erhaltung des störungsarmen Sandstrandes für den Sandregenpfeifer ausgeschlossen, schließlich müsse er umgesiedelt werden. Auch insoweit sei ein Erhaltungsziel beeinträchtigt. Im dritten Schritt hätte eine Ausnahmeprüfung vorgenommen werden müssen. Alternativen seien zwangsläufig nicht geprüft worden. Fraglich sei aber, ob es zwingende Gründe des öffentlichen Wohls gebe. Selbst wenn diese vorlägen, sei ein Kohärenzausgleich durchzuführen. Der status quo des Netzes müsse aufrechterhalten bleiben. Dies habe die Antragsgegnerin zwangsläufig nicht geprüft. Die Voraussetzungen seien auch nicht gegeben. Dabei werde darauf hingewiesen, dass das Gebiet, in dem der Sandregenpfeifer "umziehen" solle, bereits ein Schutzgebiet sei, nämlich zum Schutzgebiet "Tarnewitzer Huk" gehöre. Im Übrigen könne die Antragsgegnerin auf dem Flurstück ### der Flur # keine Ausgleichsmaßnahmen durchführen, da sie hier keine zivilrechtlichen Befugnisse habe, weil die Fläche im Eigentum von ihm - dem Antragsteller - stehe.

61

Hinsichtlich der Sicherstellung der Einhaltung der Befahrensregelung für die Wismarer Bucht sei offen, wie weit die Beigeladenen die zivilrechtlichen Befugnisse hätten, Sicherungsmaßnahmen zu realisieren und durchzusetzen.

62

Selbst wenn ein Kohärenzausgleich möglich sei, stelle sich die weitere Frage, ob sich in dem Gebiet prioritäre Biotope und Arten befänden. Im Grünordnungsplan sei lediglich festgestellt, dass keine prioritären Lebensraumtypen kartiert seien, sodass auch keine Meldung an die EU-Kommission erfolgt sei. Dies sei ein unzutreffender Ausgangspunkt, weil es ausreiche, dass das FFH-Gebiet durch eine Maßnahme betroffen werde, das FFH-Gebiet also einen prioritären Lebensraum einschließe. Dies sei nach den Verwaltungsvorgängen unstreitig hinsichtlich zweier Lebensraumtypen der Fall. Die EU-Kommission sei insoweit noch nicht befragt worden.

63

Der Antragsteller beantragt,

64

den Bebauungsplan Nr. 12 der Antragsgegnerin für unwirksam zu erklären.

65

Die Antragsgegnerin beantragt,

66

den Antrag zurückzuweisen.

67

Sie trägt vor:

68

Dem Antragsteller fehle die Antragsbefugnis. Zwar treffe es zu, dass das Flurstück ... im nördlichsten Planbereich mit einer geringfügigen Teilfläche in das Plangebiet hineinrage. Der Antragsteller werde durch die Festsetzungen des Bebauungsplanes jedoch nicht nachteilig berührt. Es sei ihm nicht verwehrt, die bisher ausgeübte Nutzung auch weiterhin auf seinen Flächen auszuüben. Außerdem sei die ihm gehörende Fläche im Wesentlichen eine Böschungskante, die faktisch kaum nutzbar sei und offensichtlich nur aus diesem Grunde in das Plangebiet einbezogen worden sei.

69

Die Antragsbefugnis folge auch nicht aus den Rechtswirkungen der Ausnahmegenehmigung nach § 19 Abs. 3 Nr. 4 Landesnaturschutzgesetz. Sie nehme auf das Flurstück des Antragstellers ... keinen Bezug. Insoweit sei der Bescheid des Landkreises Nordwestmecklenburg unter dem 30.01.2007 berichtigt worden.

70

Es sei vorgesehen, dass der Schutzzaun entlang der Grundstücksgrenze geführt werde. Es sei unproblematisch möglich, ihn ohne Verletzung des Grundstücks des Antragstellers zu errichten. Unzutreffend sei der Hinweis, der Zaun solle keine Durchgangsmöglichkeiten zum Grundstück des Antragstellers erhalten. Er sei hergestellt und in Abstimmung mit dem Antragsteller seien drei Öffnungen mit Zufahrten geschaffen worden. Dies habe insoweit allerdings keiner Festsetzung bedurft. Zudem seien Durchlässe für Wildwechsel festgesetzt worden.

71

Der Verweis auf die Leitungs- und Wegerechte gehe fehl. Der Antragsteller könne diese Rechte ausüben. Sie würden durch die Planung nicht erschwert, sondern begünstigt.

72

Dem Antragsteller fehle das Rechtsschutzbedürfnis. Hinsichtlich der Fläche, die Teil des Bebauungsplans und als öffentliche Grünfläche festgesetzt worden sei, würde es dem Antragsteller keinen irgendwie gearteten nachvollziehbaren Vorteil oder Nutzen bringen, wenn der Plan aufgehoben würde. Auch etwaige Zugangsmöglichkeiten von öffentlichen Gemeindestraßen zu Grundstücken außerhalb des Plangebietes seien nicht Gegenstand des Bebauungsplans. Das gelte auch für das Jagdausübungsrecht, das sich nicht auf irgendwelche Flächen im Plangebiet beziehe.

73

Der Antrag sei unbegründet, da der Bebauungsplan wirksam sei. Abwägungsfehler seien nicht ersichtlich, wie sich aus obigen Darlegungen ergebe.

74

Der Plan sei nicht aus Gründen des europäischen Naturschutzrechts unzulässig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes käme es für die Frage, ob erhebliche Beeinträchtigungen eines Schutzgebietes in seinen für die Erhaltungsziele und den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen zu erwarten seien, darauf an, ob nach einer vorrangig naturschutzrechtlichen Fragestellung, die an Hand der Umstände des jeweiligen Einzelfalls beantwortet werden müsse, der günstige Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten beeinträchtigt werde. Dies lasse sich anhand der eingeholten Studien und Gutachten ausschließen. Aus ihnen ergebe sich, dass der Küsten- und Strandbereich auf der Nordseite der Halbinsel Tarnewitz etwa 600 m vom Plangebiet entfernt liege, soweit er im Schutzbereich liege, sodass hier direkte oder unmittelbar schädigende Einwirkungen ausgeschlossen seien. Selbst dort, wo das FFH-Gebiet bis zur Uferlinie reiche, seien Einwirkungen auf Grund der Entfernung und der ohnehin nicht gegebenen Zugänglichkeit durch den Tarnewitzer Bach und den Schutzraum unwahrscheinlich und auszuschließen. Insoweit sei auch auf die Festsetzungen des Bebauungsplans Teil B Ziffer 4 (8) zu verweisen.

75

Es seien zehn Brutpaare der Mittel- und Gänsesäger festgestellt worden. Auch hier handele es sich um eine Art, die umsiedlungswillig und -fähig sei. In Abstimmung mit dem Umweltministerium und dem Staatlichen Amt für Umwelt und Natur sei auf der Grundlage der fachlichen Begutachtung dieses Amtes die Schaffung von jeweils 15 Nisthöhlen und Nistkästen vorgesehen.

76

Für den Sandregenpfeifer sei ein störungsfreies Areal zu gewährleisten gewesen. In Abstimmung mit dem Umweltministerium sei hierzu vereinbart, einen entsprechenden Strandabschnitt auf der Westseite der Halbinsel Tarnewitz und entsprechende bauliche Maßnahmen zu sperren, um hier für diese Art einen geeigneten Lebensraum zu schaffen. Unzutreffend sei der Hinweis des Antragstellers auf den Schutzbereich des Sandregenpfeifers. Als Fläche sei ein Strandbereich vorgesehen, der sich bis zum Grundstück des Antragstellers erstrecke, das selbst nicht erfasst sei. Dies ergebe sich unmittelbar aus der Regelung zu Ziffer 3 des Nachtrags Nr. 1 zum städtebaulichen Vertrag zwischen der Antragsgegnerin und der Beigeladenen zu 1 vom 14.12.2005, der unter dem 30.06.2006 geschlossen sei. Im Übrigen sei auf die geänderte Genehmigung vom 30.01.2007 zu verweisen.

77

Soweit der Antragsteller unter Hinweis auf das Vorhandensein zweier prioritärer Lebensraumtypen im FFH-Gebiet, aber außerhalb des Planbereiches die Einholung einer Stellungnahme der Europäischen Kommission verlange, dürfte dies nur in Betracht kommen, wenn der Bebauungsplan allein auf der Grundlage einer Abweichungsprüfung hätte zugelassen werden dürfen. Hierauf komme es jedoch nicht an, da eine Beeinträchtigung von Erhaltenszielen der hier in Rede stehenden Gebiete ausgeschlossen sei.

78

Die Beigeladenen haben sich zum Verfahren nicht geäußert und keinen Antrag gestellt.

79

Am 25.07.2006 hat der Antragsteller um vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht. Diesen Antrag hat der Senat durch Beschluss vom 31.08.2006 - 3 M 94/06 - abgelehnt.

80

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte dieses und des Verfahrens 3 M 94/06 sowie die beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe

81

Der Antrag ist zulässig und begründet.

82

A. Der Antrag ist zulässig.

83

I. Der Antragsteller ist antragsbefugt.

84

Für das Geltendmachen einer Rechtsverletzung im Sinne von § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ist erforderlich, aber auch ausreichend, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch Festsetzungen des Bebauungsplans in seinem Grundeigentum verletzt wird. Die Antragsbefugnis gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO für einen Normenkontrollantrag ist nämlich regelmäßig erfüllt, wenn sich der Eigentümer eines im Plangebiet gelegenen Grundstücks gegen eine Festsetzung wendet, die unmittelbar sein Grundstück betrifft (vgl. BVerwG, B. v. 07.07.1997 - 4 BN 11.97 - BauR 1997, 972; B. v. 25.05.1993 - 4 NB 50.92 - Buchholz 310 § 47 VwGO Nr. 79 = NVwZ 1994, 268). Der Antragsteller macht geltend, etwa 0,7ha seines Flurstücks ... der Flur ... Gemarkung Tarnewitz lägen im Planbereich und in diesem Bereich sei öffentlicher Strand festgesetzt. Diese Festsetzung widerspreche der Nutzung des Gebietes als Eigenjagdrevier. Allein durch diese Festsetzung kann der Antragsteller in seinen Rechten verletzt sein, wenn es sich um eine rechtswidrige Inhalts- und Schrankenbestimmung im Sinne von Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG handelt.

85

Dies kann nicht anhand eines Vergleichs der bisherigen Rechtslage mit der durch den Bebauungsplan geschaffenen Rechtslage in Frage gestellt werden. Eine solche Erwägung verkennt die Ambivalenz bauplanerischer Festsetzungen. Auch eine für den Eigentümer im Vergleich zur bisherigen Rechtslage an sich günstige Festsetzung kann ihn zugleich in der baulichen Nutzung seines Grundstücks beschränken und für ihn nachteilig sein. Der Nachteil, den ein Eigentümer dadurch erleidet, dass ihm weitergehende Nutzungsmöglichkeiten vorenthalten werden, kann auf einem Verstoß gegen zwingende gesetzliche Planungsvorgaben oder auf einer fehlerhaften planerischen Abwägung beruhen. Zur ordnungsgemäßen Geltendmachung und zur rechtlichen Begründung einer darin liegenden Verletzung des Grundeigentums bedarf es keines Vergleichs mit der Rechtslage, die ohne den angegriffenen Bebauungsplan bestehen würde. Ob ein Antragsteller ein bestimmtes Vorhaben ausführen dürfte, wenn sich der zur Überprüfung gestellte Bebauungsplan als nichtig erweist, ist keine Frage der Rechtsverletzung, sondern eine Frage des Rechtsschutzbedürfnisses für das Normenkontrollverfahren (BVerwG, U. v. 10.03.1998 - 4 CN 6/97 - NVwZ 1998, 732).

86

II. Dem Antrag kommt das notwendige Rechtsschutzbedürfnis zu.

87

Mit dem Erfordernis eines allgemeinen Rechtsschutzinteresses neben der Antragsbefugnis soll nur vermieden werden, dass die Gerichte in eine Normprüfung eintreten müssen, deren Ergebnis für den Antragsteller wertlos ist. Zu fragen ist, ob der Antragsteller durch die von ihm angestrebte Unwirksamkeitserklärung des Bebauungsplans seine Rechtsstellung verbessern kann (vgl. BVerwG, B. v. 28.08.1987 - 4 N 3.86 - BVerwGE 78, 85 <91>; B. v. 18.07.1989 - 4 N 3.87 - BVerwGE 82, 225 <231 f.>). Zur Bejahung des Rechtsschutzinteresses genügt es, wenn - im Sinne einer tatsächlichen Prognose - zu erwarten ist, dass die Gemeinde einen neuen Bebauungsplan mit möglicherweise für den Antragsteller günstigeren Festsetzungen aufstellen wird (BVerwG, B. v. 17.12.1992 - 4 N 2.91 - DVBl. 1993, 444 <445>, insoweit in BVerwGE 91, 318 nicht abgedruckt). Unnütz wird das Normenkontrollgericht nur dann in Anspruch genommen, wenn der Antragsteller unabhängig vom Ausgang des Normenkontrollverfahrens keine reale Chance hat, sein eigentliches Ziel zu erreichen (vgl. BVerwG, B. v. 25.05.1993 - 4 NB 50.92 - NVwZ 1994, 268), etwa weil er seine Rechtsstellung mit der begehrten Entscheidung nicht verbessern kann (BVerwG, U. v. 10.03.1998 - 4 CN 6.97 - BRS Bd. 60 Nr. 44 m.w.N.).

88

Danach ist das Rechtsschutzbedürfnis gegeben. Bei Unwirksamkeit des Bebauungsplans unterliegen seine einbezogen Flächen nicht mehr der festgesetzten öffentlichen Zweckbindung.

89

Der Umstand, dass die unmittelbar betroffene Fläche nur einen geringen Teil des Plangebiets ausmacht, lässt das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen. Kann ein Antragsteller geltend machen, durch Festsetzungen des Bebauungsplans in eigenen Rechten verletzt zu sein, so muss das Normenkontrollgericht die Wirksamkeit des Bebauungsplans grundsätzlich umfassend prüfen. Der gegen den Plan insgesamt gerichtete Normenkontrollantrag darf grundsätzlich nicht deshalb als teilweise unzulässig verworfen werden, weil der Bebauungsplan nur für teilunwirksam zu erklären ist (vgl. BVerwG, B. v. 18.07.1989 - 4 N 3.87 - BVerwGE 82, 225 <230 ff.> und vom 04.06.1991 - 4 NB 35.89 - BVerwGE 88, 268 <271 ff.>; U. v. 17.02.2005 - 7 CN 6.04 - NVwZ 2005, 695). Der Antragsteller kann mit seinem Antrag nur dann trotz Darlegung eines Nachteils bzw. einer Rechtsverletzung ausnahmsweise mit der Folge der (teilweisen) Unzulässigkeit zu weit greifen, wenn er auch solche ihn nicht berührende Teile des Bebauungsplans miteinbezieht, die sich schon aufgrund vorläufiger Prüfung offensichtlich und auch für den Antragsteller erkennbar als abtrennbare und selbständig lebensfähige Teile einer unter dem Dach eines einheitlichen Bebauungsplans zusammengefasste Gesamtregelung darstellen (BVerwG, U. v. 03.04.2008 - 4 CN 3.07 - BVerwGE 131, 86 = NVwZ 2008, 902).

90

Die Festsetzungen hinsichtlich der Grundstücke 9/64 der Flur 3 und 22/19 der Flur 2 Gemarkung Tarnewitz sind nicht abtrennbar. Die Ausweisung der öffentlichen Grünfläche - Strand - ist nach dem Planungswillen der Antragsgegnerin integraler Bestandteil des Gesamtprojekts. Hierauf hat sie auch in der mündlichen Verhandlung hingewiesen.

91

Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt nicht wegen Baugenehmigung und der Umsetzung der Nutzungsfestsetzung "öffentlicher Strand". Jedenfalls können die vorgesehenen Nutzungen von Flächen eingestellt oder geändert werden.

92

B. Der Antrag ist begründet. Der Bebauungsplan leidet an Rechtsfehlern, die zu seiner Unwirksamkeit führen.

93

I. Wesentlicher Mangel ist, dass die Antragsgegnerin das Verbot nach Art. 4 Abs. 4 der Vogelschutzrichtlinie (Richtlinie 79/409/EWG des Rats vom 02.04.1979) - VRL - nicht hinreichend beachtet hat. Zudem hat sie eine FFH-Vorprüfung durchgeführt. Der Weg zur Anwendung der Vorschriften über die FFH-Verträglichkeit stand indes insoweit nicht offen, als es um Beeinträchtigungen eines faktischen Vogelschutzgebiets geht.

94

1. Das Plangebiet lag im maßgeblichen Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 13.07.2006 in dem durch Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 bezeichneten Vogelschutzgebiet SPA "Wismarbucht und Salzhaff". Es handelt sich um ein sog. faktisches Vogelschutzgebiet. Es ist davon auszugehen, dass diese Meldung und der Zuschnitt des Gebiets nach fachlichen Kriterien erfolgte. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass die Fassung der Meldung zum Zeitpunkt der Beschlussfassung des Bebauungsplans insoweit nicht den maßgebenden fachlichen Anforderungen entsprach (dazu BVerwG, U. v. 21.06.2006 - 9 A 28/05 - BVerwGE 126, 166 = NVwZ 2006, 1161 - juris, Rn.24ff.; vgl. Füßer, NVwZ 2005, 144, 147 m.w.N.).

95

2. Ein faktisches, d.h. nicht zum besonderen Schutzgebiet nach Art. 4 Abs. 1 VRL erklärtes Vogelschutzgebiet unterliegt nach Art. 7 der Richtlinie 92/43/EWG - FFH-RL - dem Schutzregime der Vogelschutzrichtlinie. Nach Art. 4 Abs. 1 Satz4 VRL erklären die Mitgliedstaaten insbesondere die für die Erhaltung dieser Arten zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete zu Schutzgebieten, wobei die Erfordernisse des Schutzes dieser Arten in dem geografischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, zu berücksichtigen sind. Solange dies nicht geschehen ist, gilt das strenge Regime des Art. 4 Abs. 4 VRL.

96

Nach Art. 7 FFH-RL gilt: Was die nach Art. 4 Abs. 1 VRL zu besonderen Schutzgebieten erklärten oder nach Art. 4 Abs. 2 derselben Richtlinie als solche anerkannten Gebiete anbelangt, so treten die Verpflichtungen nach Art. 6 Abs. 2, 3 und 4 der FFH-RL ab dem Datum für die Anwendung der vorliegenden Richtlinie bzw. danach ab dem Datum, zu dem das betreffende Gebiet von einem Mitgliedstaat entsprechend der VRL zum besonderen Schutzgebiet erklärt oder als solches anerkannt wird, an die Stelle der Pflichten, die sich aus Art. 4 Abs. 4 S. 1 VRL ergeben.

97

Diese Rechtsfolge des Übergangs zum Regime der FFH-RL war zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses und ist bis heute nicht eingetreten.

98

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs erfordert die "Erklärung" zum besonderen Schutzgebiet im Sinne von Art. 7 FFH-RL einen "förmlichen Akt" (EuGH, U. v. 07.12.2000 - Rs. C-374/98 - Slg. 2000, I-10799 Rn. 53). Ein Mitgliedstaat erfüllt seine Ausweisungspflicht nach Art. 4 Abs. 1 und 2 VRL ferner nur dann rechtswirksam, wenn er die besonderen Schutzgebiete "vollständig und endgültig" ausweist (EuGH, U. v. 06.03.2003 - Rs. C-240/00 - Slg. 2003, I-2202 Rn. 21). Die Erklärung muss das Gebiet Dritten gegenüber rechtswirksam abgrenzen und nach nationalem Recht "automatisch und unmittelbar" die Anwendung einer mit dem Gemeinschaftsrecht in Einklang stehenden Schutz- und Erhaltungsregelung nach sich ziehen (EuGH, U. v. 27.02.2003 - Rs. C-415/01 - Slg. 2003, I-2089 Rn. 26). Hieraus ergibt sich nach Auffassung des BVerwG, dass die "Erklärung" zum besonderen Schutzgebiet nach Art. 4 Abs. 1 VRL, die nach Art. 7 FFH-RL den Wechsel des Schutzregimes auslöst, jedenfalls eine endgültige rechtsverbindliche Entscheidung mit Außenwirkung darstellen muss; deren rechtliche Gestalt wird durch das Recht der Mitgliedstaaten näher bestimmt. Nach § 33 Abs. 2 BNatSchG 2002 erklären die Länder die Europäischen Vogelschutzgebiete entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen zu geschützten Teilen von Natur und Landschaft im Sinne des § 22 Abs. 1 BNatSchG 2002. Die Schutzerklärung bestimmt den Schutzgegenstand, den Schutzzweck, die zur Erreichung des Schutzzwecks notwendigen Gebote und Verbote und, soweit erforderlich, die Pflege-, Entwicklungs- und Wiederherstellungsmaßnahmen (§ 22 Abs. 2 Satz 1, § 33 Abs. 3 Satz 1 BNatSchG 2002).

99

Für das hier betroffene Gebiet fehlt es an einer rechtsverbindlichen, außenwirksamen und endgültigen Gebietsausweisung.

100

Die Kabinettsbeschlüsse der Landesregierung stellen eine ministerielle Auswahlentscheidung dar. Sie dienen der autoritativen Identifizierung der für die Arterhaltung "zahlen- und flächenmäßig geeignetsten Gebiete" (Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL) und bilden als solche zunächst nur ein Verwaltungsinternum. Listenförmige Bekanntmachungen der ausgewählten Gebiete dokumentieren die getroffene Auswahlentscheidung, erfüllen jedoch nicht die Voraussetzungen einer rechtsverbindlichen Gebietserklärung. Diese Rechtsnatur wächst dieser Auswahlentscheidung auch nicht dadurch zu, dass sie nach Herstellung des Benehmens mit dem zuständigen Bundesministerium der Kommission zugeleitet wird. Die "Erklärung" zum Schutzgebiet ist mit der Übermittlung der Gebietsauswahl an die Kommission, zu der Art. 4 Abs. 3 VRL verpflichtet, nicht identisch. Die "Gebietsmeldung" hat eine reine Informationsfunktion und kann eine unterbliebene Gebietsausweisung nicht ersetzen (vgl. BVerwG, U. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 - BVerwGE 120, 276 = NVwZ 2004, 1114, Rn. 31 - 33).

101

Welche rechtliche Bedeutung eine Bekanntgabe im Bundesanzeiger für den Wechsel des Schutzregimes hat, hat das BVerwG offen gelassen (BVerwG a.a.O. Rn. 33 a.E.). Darauf kommt es auch hier nicht an, da eine solche Bekanntmachung für die Meldungen aus Mecklenburg-Vorpommern nicht erfolgt ist.

102

Die erforderliche endgültige, vorbehaltslose, rechtsverbindliche und außenwirksame Schutzgebietserklärung lag zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nicht vor. Diese Rechtsfolge hat nicht die Landesverordnung zur einstweiligen Sicherung des geplanten Naturschutzgebietes "Tarnewitzer Huk" vom 21.10.1993 (GVOBl. M-V 1993, S. 899) ausgelöst, obwohl das von ihr erfasste Gebiet in vielen Unterlagen als Naturschutzgebiet bezeichnet wird. Zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 13.07.2006 war das später gemeldete Vogelschutzgebiet hierdurch nicht unter Schutz gestellt. Die Verordnung erklärte in § 1, dass Landschaftsteile der Gemeinde Boltenhagen im Landkreis Grevesmühlen in den in § 2 Abs. 3 genannten Grenzen für die Dauer von zwei Jahren mit der Bezeichnung "Tarnewitzer Huk" einstweilig gesichert werden. Der Geltungsbereich umfasst Teile einer aufgespülten Fläche am Nordwestufer der Wohlenberger Wiek in der äußeren Wismarbucht sowie den westlich daran anschließenden Strandabschnitt in der Gemarkung Tarnewitz, Flur 2 und 3. Damit war zum einen nicht die gesamte Halbinsel unter Schutz gestellt, namentlich nicht ein wesentlicher Teil des hier betroffenen Plangebiets. Einer derartigen einstweiligen Sicherstellung (§ 22 Abs. 3 Nr. 1 BNatSchG 2002) fehlt zudem die inhaltliche Qualität sowie die Dauerhaftigkeit und Festigkeit ("Endgültigkeit"), die für die rechtswirksame Erfüllung der Ausweisungspflicht des Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL zu fordern sind. Sie erfüllt damit auch nicht die rechtlichen Anforderungen, die Art. 7 FFH-RL an die den Regimewechsel herbeiführende "Erklärung" zum besonderen Schutzgebiet stellt (BVerwG, U. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 - BVerwGE 120, 276 = NVwZ 2004, 1114, Rn. 35). Aus diesem Grunde stellen auch die weiteren vorläufigen Unterschutzstellungen keine wirksamen Ausweisungen dar. Durch Beschluss des Landkreises Nordwestmecklenburg vom 27.04.1998 wurde eine einstweilige Sicherung des künftigen Landschaftsschutzgebietes "Naturküste Nordwestmecklenburg" angeordnet. Durch Beschluss des Landkreises vom 28.09.1998 wurde außerdem eine einstweilige Sicherung des künftigen Landschaftsschutzgebietes "Niederung des Tarnewitzer Baches und Santower See" angeordnet. Entsprechende Landschaftsschutz- oder Naturschutzverordnungen sind bislang nicht erlassen worden.

103

Die Meldung eines Natura 2000-Gebiets führte auch nicht zu einem gesetzlichen Schutz. Nach § 28 Abs. 2 und 3 LNatG M-V a.F. sind die von der Kommission in die Liste eingetragenen Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung und die gemeldeten Vogelschutzgebiete gemäß § 28 Abs. 2 LNatG M-V a.F. entsprechend den jeweiligen Erhaltungszielen durch Gesetz oder Rechtsverordnung zu Schutzgebieten gemäß § 21 Abs. 1 und 2 LNatG M-V a.F. zu erklären. Die Schutzgebietserklärung durch Gesetz oder Rechtsverordnung kann unterbleiben, soweit nach anderen Rechtsvorschriften, nach Verwaltungsvorschriften, durch die Verfügungsbefugnis eines öffentlichen oder gemeinnützigen Trägers oder durch vertragliche Vereinbarungen ein gleichwertiger Schutz gewährleistet ist. Keine dieser Voraussetzungen liegt vor.

104

3. Nach diesen Grundsätzen musste die Antragsgegnerin davon ausgehen, dass Art. 4 Abs. 4 VRL eingreift. Danach treffen die Mitgliedstaaten geeignete Maßnahmen, um die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume sowie die Belästigung der Vögel, sofern sich diese auf die Zielsetzungen dieses Artikels erheblich auswirken, in den in den Absätzen 1 und 2 genannten Schutzgebieten zu vermeiden. Sie bemühen sich ferner, auch außerhalb dieser Schutzgebiete die Verschmutzung oder Beeinträchtigung der Lebensräume zu vermeiden.

105

a) Der Schutzstandard, der in einem faktischen (nicht: erklärten) Vogelschutzgebiet zu wahren ist, beurteilt sich nach Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL. Das Erheblichkeitskriterium bezieht sich nicht nur auf die Belästigung der Vögel, sondern auch auf die Verschmutzung und Beeinträchtigung ihrer Lebensräume. Die Abgrenzung zwischen erheblichen und unerheblichen Beeinträchtigungen und Störungen beurteilt sich gemäß Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL nach den "Zielsetzungen dieses Artikels" (vgl. dazu Art. 4 Abs. 1 VRL). Mangels konkretisierender Festlegung gebietsspezifischer Erhaltungsziele im faktischen Vogelschutzgebiet ist ergänzend auf die allgemeinen Zielsetzungen in Art. 1 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 VRL zurückzugreifen. Danach dient die Richtlinie u.a. dem Zweck, durch die Einrichtung von Schutzgebieten eine ausreichende Artenvielfalt und eine ausreichende Flächengröße der Lebensräume zu erhalten und wiederherzustellen. Das Gewicht von Beeinträchtigungen und Störungen beurteilt sich jeweils nach Art und Ausmaß der negativen Auswirkungen auf diese Zielsetzungen. Die Schwelle zur Erheblichkeit ist nicht erst dann erreicht, wenn die Verwirklichung von Erhaltungszielen unmöglich oder unwahrscheinlich gemacht wird. Die Verpflichtungen der Mitgliedstaaten aus Art. 3 und 4 VRL bestehen bereits, bevor eine Verringerung der Anzahl von Vögeln oder die konkrete Gefahr des Aussterbens einer geschützten Art nachgewiesen wird. Die Verkleinerung eines besonderen Schutzgebiets durch den Bau einer Straße o.ä., die zum Verlust von Rückzugs-, Ruhe- und Nistgebieten der zu schützenden Vogelvorkommen führt, ebenso Aquakulturvorhaben und die Einleitung von Abwässern, ist jeweils für sich betrachtet als erhebliche Beeinträchtigungen der Richtlinienziele anzusehen, ohne dass es darauf ankommt, ob diese Eingriffe jeweils für sich oder in ihrer Gesamtheit geeignet gewesen wären, die Erhaltungsziele zu vereiteln oder Kernbestandteile des Gebiets unwiederbringlich zu zerstören (vgl. dazu BVerwG, Urt. v. 01.04.2004 - 4 C 2.03 - BVerwGE 120, 276 ff. mit Nachweisen aus der Rechtsprechung des EuGH).

106

b) Die Antragsgegnerin musste davon ausgehen, dass die für das faktische Vogelschutzgebiet maßgeblichen Erhaltungsziele durch das Vorhaben mehr als nur in einem so geringen Ausmaß beeinträchtigt werden, dass dessen Zulassung mit Art. 4 Abs. 4 VRL vereinbar wäre.

107

aa) Zunächst werden Vögel nach Anhang I beeinträchtigt.

108

Zwischen den am Planungsprozess Beteiligten besteht laut Protokollvermerk vom 26.06.2006 Einigkeit darüber, dass in dem durch Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 bezeichneten Gebiet drei aktuelle Brutnachweise der Sperbergrasmücke vorliegen; die Realisierung der Planung sei unweigerlich mit der Beseitigung der Standorte verbunden. Auch nach dem Grünordnungsplan (Seite 17) gehen innerhalb der in den Ruderalfluren eingestreuten Gehölzgruppen Bruthabitate für die geschützten Arten Sperbergrasmücke und Neuntöter verloren. Beide Arten sind in Anlage I der RL 79/409/EWG - VRL - genannt.

109

Allerdings geht die Antragsgegnerin davon aus, dass diese erheblichen Beeinträchtigungen der Sperbergrasmücke durch Ersatzanpflanzungen von Dornensträuchern zu nicht erheblichen Beeinträchtigungen herabgestuft werden können und damit der Planung nicht entgegenstehen. Dieses Vorgehen ist in einem faktischen Vogelschutzgebiet ausgeschlossen. Der baubedingte Wegfall mehrerer Brut- und Nahrungsreviere, die einem Hauptvorkommen einer der Vogelarten in Anhang I der Vogelschutz-Richtlinie dienen und innerhalb eines faktischen Vogelschutzgebiets liegen, reduziert den nach Art. 4 Abs. 1 Satz 4 VRL zu erhaltenden Lebensraum dieser Arten und wirkt sich deshalb unmittelbar und grundsätzlich in erheblicher Weise auf die Zielsetzung der Vogelschutz-Richtlinie aus, das Überleben der Vogelart und ihre Vermehrung in ihrem Verbreitungsgebiet sicherzustellen (vgl. BVerwG, U. v. 01.04.2004 - 4 C 2/03 - a.a.O.).

110

bb) Es sind auch Vögel im Sinne von Art. 4 Abs. 2 VRL betroffen. Danach treffen die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der Schutzerfordernisse in dem geographischen Meeres- und Landgebiet, in dem diese Richtlinie Anwendung findet, entsprechende Maßnahmen für die nicht in Anhang I aufgeführten, regelmäßig auftretenden Zugvogelarten hinsichtlich ihrer Vermehrungs-, Mauser- und Überwinterungsgebiete sowie der Rastplätze in ihren Wanderungsgebieten. Zu diesem Zweck messen die Mitgliedstaaten dem Schutz der Feuchtgebiete und ganz besonders der international bedeutsamen Feuchtgebiete besondere Bedeutung bei.

111

Insoweit geht der Vermerk vom 26.06.2006 davon aus, dass eine Beeinträchtigung des Sandregenpfeifers besteht, die "jedenfalls nicht erheblich" ist; es wird eine Ersatzmaßnahme vorgesehen. Auch im Grünordnungsplan (S. 17) wird darauf hingewiesen, dass ein Brutstandort des Sandregenpfeifers direkt betroffen ist. Der Sandregenpfeifer ist als regelmäßig vorkommender, nicht in Anlage I der RL 79/409/EWG-VRL - genannter Vogel in der Meldung des SPA 47 genannt. Hier geht die Antragsgegnerin davon aus, dass für den Sandregenpfeifer andere Nistplätze geschaffen werden können, indem Teile des bisherigen Bade- und Hundestrandes dauerhaft gesperrt werden. Auch diese Maßnahme beseitigt nicht die wesentliche Beeinträchtigung i.S.v. Art.4 Abs. 4 VRL.

112

Auch Gänse- und Mittelsäger fallen unter Art. 4 Abs. 2 VRL. Sie sind ebenfalls in der Meldung des SPA 47 genannt. Für sie geht die Planung davon aus, dass zwar die Beeinträchtigungen "jedenfalls nicht erheblich", jeweils aber 15 Ersatznisthilfen zu schaffen seien (Protokoll vom 26.06.2006), die in Ziff. 4 Abs. 10 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans auch vorgesehen sind. Damit ist auch hier eine im Zusammenhang mit Art. 4 Abs.4 VRL nicht zulässige Bewertung vorgenommen worden, indem Ersatzmaßnahmen zur Begründung der Nichterheblichkeit der Beeinträchtigung herangezogen worden sind.

113

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind nur überragende Gemeinwohlbelange, wie etwa der Schutz des Lebens und der Gesundheit von Menschen oder der Schutz der öffentlichen Sicherheit, geeignet, das Beeinträchtigungs- und Störungsverbot des Art. 4 Abs. 4 Satz 1 VRL zu überwinden (vgl. EuGH, U. v. 28.02.1991 C 57/89 - EuGHE I 1991 S. 883 Rn. 22). Sie sind nicht ersichtlich.

114

4. Hinzu kommt, dass die Durchführung einer FFH-Vorprüfung in Hinblick auf die Beeinträchtigung der durch die VRL geschützten Vogelarten schon deswegen ausscheidet, weil aus den oben dargelegten Gründen der Weg zur Anwendung der FFH-RL nicht eröffnet war.

115

5. Alledem steht nicht entgegen, dass der Großteil des Gebiets des Bebauungsplans Nr. 12, das im durch Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 gemeldeten Gebiet liegt, nicht mehr Gegenstand der Meldung auf Grund Kabinettbeschlusses vom 25.09.2007 ist. Zunächst liegt der südöstliche Teil des Strandes der Halbinsel Tarnewitz nach wie in dem durch Kabinettsbeschluss vom 25.09.2007 gemeldeten Vogelschutzgebiet. Dies wird aus der Karte deutlich, die die Antragsgegnerin überreicht hat. Im übrigen ist für die Beurteilung des Bebauungsplans Nr. 12 die zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses am 13.07.2006 geltende Meldung maßgebend. Wie ausgeführt geht der Senat davon aus, dass zu diesem Zeitpunkt die Meldung den vorgegebenen fachlichen Kriterien entsprach. Für die Anfechtung eines Planfeststellungsbeschlusses hat das BVerwG allerdings angenommen, dass von dem Grundsatz, dass für die Beurteilung der Klage gegen einen Planfeststellungsbeschluss auf die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Planfeststellungsbeschlusses abzustellen ist, insoweit eine Ausnahme gelte, als Änderungen zum Fortfall eines vormaligen Rechtsverstoßes des Planfeststellungsbeschlusses führten. Denn es könne keinen Anspruch auf Aufhebung des Beschlusses oder auf Feststellung seiner Rechtswidrigkeit und Nichtvollziehbarkeit geben, wenn der Beschluss aufgrund dieser Änderung mit gleichem Inhalt und gleicher Begründung erneut erlassen werden könnte (BVerwG, U. v. 12.03.2008 - 9 A 3/06 - BVerwGE 130, 299 = NuR 2008, 633 - juris Rn. 256). Das OVG Lüneburg hat in Frage gestellt, ob diese Rechtsprechung auch auf Normenkontrollverfahren übertragen werden kann. Es hat dies für den Fall verneint, dass eine Gebietsnachmeldung vorliegt und die dadurch bewirkte Netzschließung im Kern nur die Bestätigung bereits bei Satzungsbeschluss zugrunde gelegter fachlicher Annahmen darstellt, die von vornherein plausibel waren (OVG Lüneburg, U. v. 22.05.2008 - 1 KN 149/05 - NuR 2008, 805 - juris Rn. 79). Dem folgt der Senat. Die Überlegung des BVerwG kann für ein Normenkontrollverfahren gegen einen Bebauungsplan nicht gelten. Hier geht es nicht um die Feststellung, ob der Plan Rechte des Antragstellers verletzt, sondern es findet ein objektives Beanstandungsverfahren auf der Grundlage eines zulässigen Antrags statt. Das BVerwG hat im Übrigen die Revision gegen das o.a. Urteil des OVG Lüneburg zugelassen mit der Begründung, das Revisionsverfahren könne zur weiteren Klärung der Frage beitragen, ob ein Bebauungsplan für eine Umgehungsstraße, der beschlossen wurde, ohne zu klären, ob die Trasse in einem faktischen Vogelschutzgebiet lag, allein deshalb als wirksam betrachtet werden kann, weil das Land der Europäischen Kommission das fragliche Gebiet nach der ortsüblichen Bekanntmachung des Bebauungsplans als Europäisches Vogelschutzgebiet nachgemeldet hat, ohne das Plangebiet in die Meldung einzubeziehen (BVerwG, B. v. 17.06.2009 - 4 BN 28/08 - juris). Der Senat ist im Übrigen der Auffassung, dass ein solcher Grundsatz der Relevanz einer Änderung der Sach- und Rechtslage jedenfalls dann nicht angewendet werden könnte, wenn ein von der Landesregierung zum Europäischen Vogelschutzgebiet ausersehenes geeignetstes Gebiet i.S. von Art. 4 Abs. 1 Satz4 VRL, dessen Erklärung zum besonderen Schutzgebiet i.S. von Art. 7 noch aussteht, gemeldet, dann aber dessen Gebiet nach Wirksamwerden eines Bebauungsplans verkleinert wird. Das gilt um so mehr dann, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Änderung in Richtung Reduzierung der Meldung darauf beruht, dass zwischenzeitlich die Planung und Realisierung des betroffenen Vorhabens, zu dem hier auch die angrenzenden Bebauungspläne gehören, soweit gediehen ist, dass die Meldung dem Vorhaben wesentliche Schwierigkeiten bereiten würde oder durch Baumaßnahmen der Schutzstatus tatsächlich bereits beseitigt ist. Für Letzteres spricht einerseits, dass laut Protokollvermerk vom 26.06.2006 eine "kurzfristige Korrektur der Gebietsabgrenzung" auf Grund des Kabinettsbeschluss vom 11.04.2006 ausscheide. Andererseits sind die Antragsgegnerin bzw. die Beigeladenen unmittelbar nach Wirksamwerden des Bebauungsplans Nr. 12 zu dessen Realisierung geschritten. Baubeginn war am 11.09.2006, am 06.07.2007 Richtfest. Der Verlust schutzwürdiger Flächen durch Realisierung des angegriffenen Bebauungsplans kann nicht dazu führen, dass im Rahmen des objektiven Beanstandungsverfahrens nun von einer rechtmäßigen Planung auszugehen ist.

116

II. Im übrigen liegt ein weiterer Mangel des Bebauungsplans Nr. 12 darin, dass die Antragsgegnerin nicht von der Durchführung einer FFH-Verträglichkeitsprüfung absehen durfte.

117

1. Die Gemeinde hat vor Erlass eines Bebauungsplanes grundsätzlich dessen Verträglichkeit mit den Erhaltungszielen eines möglicherweise betroffenen FFH-Gebiets zu überprüfen. § 34 BNatSchG a.F. setzt Art. 6 Abs. 3 und Abs. 4 FFH-RL national in eine Verträglichkeitsprüfung um; hierauf verweist § 1a Abs. 4 BauGB. Nach Art. 6 Abs. 3 S. 1 FFH-RL sind Pläne oder Projekte, die nicht unmittelbar mit der Verwaltung des FFH-Gebiets in Verbindung stehen oder hierfür notwendig sind, einer Prüfung auf ihre Verträglichkeit mit den für das FFH-Gebiet festgelegten Erhaltungszielen zu unterziehen, wenn sie das FFH-Gebiet einzeln oder im Zusammenwirken mit anderen Plänen und Projekten "erheblich beeinträchtigen" könnten.

118

Es muss zwischen der FFH-Vorprüfung und der eigentlichen FFH-Verträglichkeitsprüfung unterschieden werden. Daher können entgegen der Ansicht des Antragstellers die rechtlichen Anforderungen, die das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17.01.2007 (- 9 A 20.05 - BVerwGE 128, 1)an die FFH-Verträglichkeitsprüfung stellt (a.a.O. Rn. 61 f. - "Beste einschlägige wissenschaftliche Erkenntnisse"), auf die FFH-Vorprüfung nicht ohne weiteres übertragen werden. Damit würden die rechtlichen Anforderungen, die das Europäische Gemeinschaftsrecht nach dem Urteil vom 17.01.2007 an die Prüfschwelle stellt, die für eine Vorprüfung (sog. Screening) maßgeblich sind, verkannt. Sind erhebliche Beeinträchtigungen des Schutzgebietes schon nach einer Vorprüfung "offensichtlich" ausgeschlossen, erübrigt sich nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL eine Verträglichkeitsprüfung. Die FFH-Vorprüfung beschränkt sich auf die Frage, ob "nach Lage der Dinge ernsthaft die Besorgnis nachteiliger Auswirkungen" besteht. Ist das der Fall, kann dieser Verdacht nur durch eine - die besten einschlägigen wissenschaftlichen Erkenntnisse verwertende - schlüssige naturschutzfachliche Argumentation ausgeräumt werden (vgl. BVerwG, B. v. 26.11.2007 - 4 BN 46/07 - NVwZ 2008, 210). Unter Berücksichtigung insbesondere des Vorsorgegrundsatzes liegt eine solche Gefahr dann vor, wenn anhand objektiver Informationen nicht ausgeschlossen werden kann, dass der betreffende Plan oder das betreffende Projekt das fragliche Gebiet erheblich beeinträchtigt (Ziff. 1.2.1.des Auslegungsleitfadens zu Artikel 6 Absatz4 der 'Habitat-Richtlinie' 92/43/EW der Europäischen Kommission). Nach Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL reicht für das vorab zu prüfende Erfordernis einer FFH-Verträglichkeitsprüfung aus, dass die Wahrscheinlichkeit oder die Gefahr besteht, dass sie das betreffende Gebiet erheblich beeinträchtigen. Der notwendige Grad der Wahrscheinlichkeit ist dann erreicht, wenn anhand objektiver Umstände nicht ausgeschlossen werden kann, dass ein Vorhaben das fragliche Gebiet in dieser Weise beeinträchtigt (vgl. EuGH, U. v. 07.09.2004 - C-127/02 - [sog. Muschelfischer-Urteil], NuR 2004, 788; vom 20.10.2005 - C-6/04 - und vom 10.01.2006 - C-98/03 -, NVwZ 2006, 319).

119

Nur bei einem offensichtlichen Ausschluss derartiger Beeinträchtigungen durch eine Vorprüfung wird die FFH-Verträglichkeitsprüfung entbehrlich (BVerwG, U. v. 17.01.2007 - BVerwGE 128, 1 = NVwZ 2007, 1054). In dieser Entscheidung führt das Bundesverwaltungsgericht unter dem Stichpunkt "Theoretische Besorgnisse, Nullrisiko" unter der Gliederungsnummer - Glnr. - 1.9 aus: "Das gemeinschaftsrechtliche Vorsorgeprinzip verlangt danach nicht, die FFH-Verträglichkeitsprüfung auf ein "Nullrisiko" auszurichten. Dies wäre im Gegenteil schon deswegen unzulässig, weil dafür ein wissenschaftlicher Nachweis nie geführt werden könnte (...). Schon bei der Vorprüfung, ob eine FFH-Verträglichkeitsprüfung geboten ist, müssen zumindest "vernünftige Zweifel am Ausbleiben von erheblichen Beeinträchtigungen bestehen" (...). Eine FFH-Verträglichkeitsprüfung ist somit nur erforderlich, wenn und soweit derartige Beeinträchtigungen nicht "offensichtlich ausgeschlossen werden können (so Nr. 2.2.1 der Empfehlungen der Bund/Länderarbeitsgemeinschaft Naturschutz, Landschaftspflege und Erholung zu "Anforderungen an die Prüfung der Erheblichkeit von Beeinträchtigungen der Natura 2000-Gebiete gemäß § 34 BNatSchG im Rahmen einer FFH-Verträglichkeitsprüfung" = LANA -Empfehlungen)". Eine solche Beeinträchtigung muss allerdings nur eintreten können, so dass - im Sinne des Vorsorgeprinzips (Art. 174 Abs. 2 S. 2 EGV) - auch eine Gefahr oder ein Risiko ausreichend für die Auslösung der Pflicht zur Durchführung einer Verträglichkeitsprüfung ist, so dass die Beeinträchtigung gerade nicht bereits sicher erwiesen sein muss.

120

2. Zugleich stellt das Bundesverwaltungsgericht in dieser Entscheidung klar, dass Pläne oder Projekte im Sinne von Art. 6 Abs. 3 Satz 1 FFH-RL das Gebiet erheblich beeinträchtigen können, wenn sie drohen, die für dieses Gebiet festgelegten Erhaltungsziele zu gefährden. Grundsätzlich ist somit jede Beeinträchtigung von Erhaltungszielen erheblich und muss als Beeinträchtigung des Gebiets als solches gewertet werden. Als geeignetes Bewertungskriterium für die Prüfung, ob ein Plan oder ein Projekt nach dem so konkretisierten Prüfungsmaßstab zu "erheblichen Beeinträchtigungen" führen kann, ist mit Blick auf die Erhaltungsziele des FFH-Gebiets auf den günstigen Erhaltungszustand der geschützten Lebensräume und Arten abzustellen (BVerwG, U. v. 17.01.2007, a.a.O., Glnr. 1.3). Es ist also zu fragen, ob sicher ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand trotz Durchführung des Vorhabens stabil bleiben wird, wobei die Ökosystemforschung unter Stabilität die Fähigkeit versteht, nach einer Störung wieder zum ursprünglichen Gleichgewicht zurückzukehren. Gemäß den Legaldefinitionen in Art. 1 lit e) und i) FFH-RL geht es beim günstigen Erhaltungszustand einer vom Erhaltungsziel des FFH-Gebietes umfassten Tier- oder Pflanzenart um deren Verbreitungsgebiet und die Populationsgröße; in beiden Bereichen soll langfristig gesehen eine Qualitätseinbuße vermieden werden (BVerwG, Urteil vom 17.01.2007, a.a.O., Glnr. 1.4).

121

Dies wiederum setzt voraus, dass hieran aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel besteht. Hierfür ist der Planungsträger beweispflichtig. Der ihm obliegende Gegenbeweis ist in der Regel nur dann geführt, wenn eine relevante Beeinträchtigung ausscheidet. Befindet sich das FFH-Gebiet gegenwärtig ganz oder teilweise in einem ungünstigen Erhaltungszustand, ist es grundsätzlich für jegliche Zusatzbelastung gesperrt (vgl. dazu BVerwG, U. v. 17.1.2007 - 9 A 20.05 -, BVerwGE 128, 1 ff.; EuGH, U. v. 10.1.2006 - C 98/03 - DVBl. 2006, 429 ff.; OVG Münster, U. v. 03.09.2009 - 10 D 121/07.NE - DVBl. 2009, 1385; nachfolgend BVerwG, B. v. 16.03.2010 - 4 BN 66/09 - zit. nach juris).

122

Maßstab für die Erheblichkeit von Gebietsbeeinträchtigungen sind die Festlegungen zur Erhaltung oder Wiederherstellung eines günstigen Erhaltungszustands der in einem FFH-Gebiet vorkommenden Lebensräume und Arten nach den Anhängen I bzw. II der FFH-RL (§ 10 Abs. 1 Nr. 9 BNatSchG). Eine an den Erhaltungszielen orientierte Prüfung ist jedoch nicht möglich, ohne neben den vorhabenbedingten Einwirkungen auch Einwirkungen in den Blick zu nehmen, denen der geschützte Lebensraum oder die geschützte Art von anderer Seite unterliegt. So kann eine Vorbelastung bereits zu Vorschädigungen führen, die einen verschlechterten Erhaltungszustand zur Folge haben. Sie kann aber auch Auswirkungen nach sich ziehen, die von dem Lebensraum oder der Art noch ungeschädigt verkraftet werden, die jedoch deren Fähigkeit, Zusatzbelastungen zu tolerieren, einschränken oder ausschließen. Daher ist die Berücksichtigung der Vorbelastung unverzichtbar. Dementsprechend ist der Einwand, bereits die Vorbelastung bewege sich in einem kritischen Bereich, beachtlich, weil ein aufgrund der Vorbelastung aktuell ungünstiger Erhaltungszustand keine zusätzliche Beeinträchtigung rechtfertigt (BVerwG, U. v. 10.11.2009 - 9 B 28/09 - NVwZ 2010, 319).

123

Solange ein FFH-Gebiet - wie hier - noch nicht unter Festlegung des Schutzzwecks zu einem besonderen Schutzgebiet erklärt worden ist, sind die Erhaltungsziele durch Auswertung der zur Vorbereitung der Gebietsmeldung gefertigten Standard-Datenbögen zu ermitteln, in denen die Merkmale des Gebiets beschrieben werden, die aus nationaler Sicht erhebliche ökologische Bedeutung für das Ziel der Erhaltung der natürlichen Lebensräume und Arten haben (vgl. BVerwG, U. v. 12.3.2008 - 9 A 3/06 - BVerwGE 130, 299 <326> [Rn. 72]; U. v. 17.1.2007 - 9 A 20/05 - NVwZ 2007, 1054 <1062> [Rn. 75] unter Bezugnahme auf EuGH vom 14.9.2006 - NVwZ 2007, S. 61 <63> [Rn. 39, 45 und 51]). Maßgebliche - den Gegenstand der Verträglichkeitsprüfung bildende - Gebietsbestandteile sind hiernach in der Regel die Lebensraumtypen des Anhangs I der FFH-Richtlinie, nach denen das Gebiet ausgewählt worden ist, einschließlich der "darin vorkommenden charakteristischen Arten" (vgl. Art. 1 Buchst. e FFH-RL) sowie die Arten des Anhangs II der Richtlinie, die für die Gebietsauswahl bestimmend waren. Lebensraumtypen und Arten, die im Standard-Datenbogen nicht genannt sind, können dagegen kein Erhaltungsziel des Gebiets darstellen (vgl. BVerwG, U. v. 17.1.2007 a.a.O. RdNr. 77). Ob dabei eine erhebliche Beeinträchtigung in Betracht kommt, ist in einer Vorprüfung zu ermitteln (vgl. Storost, DVBl 2009, 673/674).

124

Ob bei Flächeninanspruchnahme eine Bagatellgrenze angenommen werden kann, richtet sich danach, ob Anlage I oder II der FFH-RL betroffen ist: Bei dem Verlust von Lebensraumtyp-Flächen nach Anlage I ist im Regelfall jeder Flächenverlust erheblich. Bei einem Verlust von Habitatflächen geschützter Arten nach Anlage II ist danach zu fragen, ob eine Population nach einer Störung dazu in der Lage ist, wieder zum ursprünglichen Gleichgewicht zurückzukehren (vgl. Art. 1 Buchst. i FFH-RL). Ist dies der Fall, sei es, dass die Population für ihren dauerhaften Bestand in der bisherigen Qualität und Quantität auf die verlorenen Flächen nicht angewiesen ist, sei es, dass sie auf andere Flächen ohne Qualitäts- und Quantitätseinbuße ausweichen kann, so bleibt ein günstiger Erhaltungszustand erhalten und ist demgemäß eine erhebliche Beeinträchtigung zu verneinen (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.3.2008 - 9 A 30/6 - Rn. 132, v. 17.1.2007 - 9 A 20/05 - Rn.43).

125

3. Die Antragsgegnerin hat zu Unrecht durch Berücksichtigung geplanter bzw. behördlich angeordneter Schutz- und Kompensationsmaßnahmen von einer FFH-Verträglichkeitsprüfung abgesehen.

126

Das BVerwG hat in der Entscheidung vom 17.01.2007 zur FFH-Verträglichkeitsprüfung ausgeführt: "Wenn durch Schutz- und Kompensationsmaßnahmen gewährleistet ist, dass ein günstiger Erhaltungszustand der geschützten Lebensraumtypen und Arten stabil bleibt, bewegen sich die nachteiligen Wirkungen des Vorhabens unterhalb der Erheblichkeitsschwelle. Das Schutzkonzept erlaubt dann die Zulassung des Vorhabens. Es macht aus der Sicht des Habitatschutzes nämlich keinen Unterschied, ob durch ein Vorhaben verursachte Beeinträchtigungen von vornherein als unerheblich einzustufen sind oder ob sie diese Eigenschaft erst dadurch erlangen, dass Schutzvorkehrungen angeordnet und getroffen werden." (vgl. OVG Koblenz. U. v. 10.03.2009 - 8 C 10435/08 - NuR 2009, 636). In der FFH-Vorprüfung haben indes i.d.R. Kompensationsmaßnahmen bei der Beurteilung der Frage, ob erhebliche Beeinträchtigungen eintreten können, außer Betracht zu bleiben (ebenso Fischer-Hüftle u.a., Bundesnaturschutzgesetz, Komm. § 34 Rn. 16; Gellermann NuR 2009, 8, 10; a.A. VGH Kassel, U. v. 05.07.2007 - 4 N 867/06 - NuR 2008, 258, dazu BVerwG, B. v. 26.11.2007 - 4 BN 46.07 - NuR 2008, 115; Mitschang in Berliner Komm. zum BauGB (Stand April 2010) § 1a Rn. 521). Hierfür spricht, dass für Vermeidungsmaßnahmen, die bei der Prüfung nach Art. 6 Abs. 3 FFH-RL relevant sind, der volle Nachweis ihrer Wirksamkeit erbracht sein muss. Nur durch diesen Nachweis lässt sich die notwendige Gewissheit über die Verträglichkeit eines Plans oder Projekts gewinnen (vgl. BVerwG, U. v. 17.01.2007 - 9 A 20.05 - Rn. 54 ff.; Thyssen NuR 2010, 9, 15). Diese Beurteilung ist aber der summarischen Prüfung im Rahmen der FFH-Vorprüfung fremd. Das gebotene Offensichtlichkeitsurteil kann in diesem Fall nicht getroffen werden.

127

4. Die Untersuchungen setzten durchgehend kompensatorische Maßnahmen voraus, um die Erheblichkeit von Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des FFH-Gebiets zu verneinen.

128

Nach dem Protokollvermerk vom 26.06.2006 sind hinsichtlich der 3 aktuellen Brutnachweise für die Sperbergrasmücke Ersatzpflanzungen von Dornensträuchern vorgesehen. Für Gänse- und Mittelsäger sollen mindestens je 15 künstliche Ersatznisthilfen geschaffen werden, deren Standorte in Abstimmung mit den Fachbehörden zu wählen sind. Für den Sandregenpfeifer ist als "Ersatzmaßnahme" die Zugänglichkeit des bislang als Bade- und Hundestrand genutzten Abschnitts an der Westseite der Tarnewitzer Halbinsel dauerhaft zu sperren. Gleiches gilt für etliche Fledermausarten. Hier wird im Umweltbericht zum Bebauungsplan (S. 10) davon ausgegangen, dass für den potenziellen Verlust von Wochenstuben und Sommerquartieren Ersatzquartiere zu schaffen seien. Dazu seien an den Flugrouten der Jagdgebiete Kunstquartiere als Holzkästen und Holzbetonkästen eines Spezialherstellers anzubringen. Dementsprechend bestimmt der Bebauungsplan in Nr. 4 Abs. 10 und 11 der textlichen Festsetzungen, dass 15 Kästen für Fledermäuse und je mindestens 15 Nisthöhlen für Mittel- und Gänsesäger zu schaffen sind.

129

5. Die FFH-Vorprüfung stößt schließlich auch auf methodische Bedenken.

130

Die Vorprüfung ist schichtweise durchgeführt worden. Für den Bebauungsplan Nr. 12 wurde im Mai 1999 eine FFH-Verträglichkeitsstudie für den gesamten Bereich des Vorhabens (Bebauungspläne Nr. 12, 13, 14) erstellt. Sie wurde im Oktober 2002 hinsichtlich der betriebsbedingten Störungen durch touristische Aktivitäten im Bereich des Bebauungsplans Nr. 13 ergänzt. Die FFH-Studie 1999 wurde im September 2003 hinsichtlich des Bebauungsplans Nr. 12 ergänzt sowie nochmals im Oktober 2005 als Anhang zum Umweltbericht des Bebauungsplans Nr.12. Ein Protokollvermerk vom 26.06.2006 gibt wieder, dass die Vorprüfung als abgeschlossen anzusehen sei und fasst das Prüfergebnis zu 5 Tierarten zusammen. Der Aufbau der Studien ist so zu verstehen, dass die früheren Ergebnisse Bestand haben sollen, soweit sie nicht durch die nachfolgenden Studien modifiziert werden. Zwar dürfte ein solches Verfahren nicht grundsätzlich auf Bedenken stoßen. Voraussetzung muss aber sein, dass das Ergebnis insgesamt nachvollziehbar ist. Eine zusammenfassende, in sich konsistente Darstellung fehlt. Dies betrifft zum einen die Rückverweise auf frühere Studien, deren Ergebnisse teilweise modifiziert werden. Zum anderen betrifft dies den Umstand, dass die Untersuchungen sich auch auf die angrenzenden Bebauungspläne beziehen. Das gilt schließlich auch wegen des Umstandes, dass sich wesentliche Erwägungen im Umweltbericht und nicht im Abschnitt über die FFH-Vorprüfung befinden. Die Begründung des Bebauungsplans misst dem Protokoll vom 26.06.2006 wesentliche Bedeutung zu, ohne dass dies deutlich macht, ob es ein abgestimmtes Papier darstellt. Zudem handelt es sich lediglich um ein Ergebnisprotokoll, das nachvollziehbare Begründungen nicht enthält.

131

6. Der Umstand, dass die FFH-Vorprüfung fehlerhaft durchgeführt worden ist und daher zu Unrecht von einer FFH-Verträglichkeitsprüfung abgesehen worden ist, stellt einen beachtlichen Verfahrensfehler dar. Dies gilt unabhängig davon, ob die FFH-Verträglichkeitsprüfung als eigenständiges Verfahren oder im Zusammenhang mit der Umweltprüfung durchgeführt worden ist (vgl. Mitschang, a.a.O., Rn. 529).

132

III. Der Bebauungsplan leidet zudem an einem erheblichen Abwägungsmangel.

133

1. Nach § 1 Abs. 6 BauGB a. F. sind bei der Aufstellung von Bauleitplänen die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen. Dieses Abwägungsgebot wird verletzt, wenn eine sachgerechte Abwägung überhaupt nicht stattfindet oder in die Abwägung nicht eingestellt wird, was nach Lage der Dinge in sie eingestellt werden muss, die Bedeutung der betroffenen Belange verkannt oder der Ausgleich zwischen den von der Planung betroffenen Belangen in einer Weise vorgenommen wird, der zur objektiven Gewichtigkeit einzelner Belange außer Verhältnis steht (BVerwG, U. v. 12.12.1969 - 4 C 105.66, E 34, 301; U. v. 14.02.1975 - 4 C 21.74, E 48, 56). Innerhalb des vorstehend beschriebenen Rahmens wird das Abwägungsgebot jedoch nicht verletzt, wenn sich die zur Planung berufene Gemeinde bei einer Kollision zwischen verschiedenen Belangen für die Bevorzugung des einen und damit notwendiger Weise für die Zurückstellung eines anderen entscheidet. Innerhalb jenes Rahmens ist nämlich das Vorziehen oder Zurücksetzen bestimmter Belange überhaupt kein nachvollziehbarer Vorgang der Abwägung, sondern eine geradezu elementare planerische Entscheidung, die zum Ausdruck bringt, wie und in welche Richtung sich eine Gemeinde städtebaulich geordnet fortentwickeln will. Damit ist notwendig der Planungskontrolle der Verwaltungsgerichte eine Grenze gezogen (BVerwG, U. v. 12.12.1969, a.a.O.).

134

2. Der Bebauungsplan Nr. 12 leidet schon deshalb an einem Abwägungsdefizit, weil er auf einer FFH-Vorprüfung beruht, die den gesetzlichen Anforderungen nicht genügt. Es lässt sich nicht mit der erforderlichen Sicherheit feststellen, dass die Verwirklichung der Bauleitplanung keine nachteiligen Auswirkungen auf die gemeldeten FFH- und SPA-Gebiete hat (vgl. OVG Münster, U. v. 03.09.2009 - 10 D 121/07.NE - Rn. 228).

135

3. Darüber hinaus hat die Antragsgegnerin die allgemeinen Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sowie des Bodenschutzes nicht hinreichend berücksichtigt. Diese Belange waren bei der Abwägung nach Maßgabe der besonderen Anforderungen zu beachten, die sich aus § 1 Abs. 6 Nr. 7 a) und b) BauGB a.F. ergeben.

136

Den Verwaltungsvorgängen ist nicht zu entnehmen, dass die Antragsgegnerin eine derartige Abwägung vorgenommen hat. Die Begründung des Bebauungsplans beschränkt sich unter Ziff. 4.1 auf eine kurze Zusammenfassung des städtebaulichen Konzepts und unter Ziff. 5 auf die Begründung der Festsetzungen. Eine Abwägung mit den Belangen, die für die Durchführung dieses Vorhabens - auch in der hier ermöglichten Dimension im Zusammenhang mit dem Bebauungsplänen Nr. 13 und 14 - und den entgegenstehenden Belangen, namentlich denen nach §1 Abs. 6 Nr. 7 a) und b) BauGB a.F., findet nicht statt. Eine solche Abwägung kann auch nicht dem Abwägungsbeschluss entnommen werden, in dem über die Einwendungen und Anregungen befunden wird. Die Antragsgegnerin ist offenbar davon ausgegangen, dass die Auswirkungen der Überplanung eines ökologisch und naturschutzfachlich wertvollen Bereichs in den entsprechenden Verträglichkeitsprüfungen hinreichend abgearbeitet worden seien und sie damit nicht mehr als abwägungserhebliche Belange im eigentlichen Abwägungsvorgang zu berücksichtigen seien. So wird unter Ziff. 3 hinsichtlich der Einwendungen des Vogelschutzkomitees e. V. ausgeführt: "Die Verträglichkeit mit den Schutzzielen ist unter der Maßgabe, dass die durch Satzungs- oder Vertragsrecht gesicherten Maßnahmen zur Eingriffsvermeidung und -minderung eingehalten werden, gewährleistet. ... Der durch den Bebauungsplan Nr. 12 induzierte Lebensraumverlust ist im Grünordnungsplan dargestellt und hinsichtlich der Eingriffsregelung genügend abgearbeitet." Auch den Ausführungen zu den Anregungen des Landkreises Nordwestmecklenburg - Untere Naturschutzbehörde - unter Ziff. 25.4 sind Abwägungselemente nicht zu entnehmen. In der Stellungnahme zu den Anregungen des Landkreises Nordwestmecklenburg - SG Bauordnung und Bauleitplanung - Ziff. 25.14 heißt es auch nur: "Mit der vorgelegten Planung wird der Tourismus in besonderem Maße entwickelt. Touristische Angebote werden bedarfsgerecht und vielfältig unterbreitet mit dem Ziel, die Aufenthaltsdauer der Gäste zu verlängern und eine möglichst ganzjährige Auslastung zu erreichen. Die Gemeinde ist der Meinung, dass die Planung unter Berücksichtigung der aufgeführten Änderungen den vorgenannten Zielen gerecht wird. Da es sich hier um ein naturräumlich sensibles Gebiet handelt, sind insbesondere naturschutzrechtliche Belange aufzunehmen und zu berücksichtigen. In allen Konfliktpunkten ist im Rahmen des Planverfahrens Übereinstimmung zu erzielen. Die Umweltverträglichkeit der Planung wird belegt. Zu den Belangen des Natur- und Landschaftsschutzes wird auf die Auswertung der Stellungnahmen des Staatlichen Amtes für Natur und Umwelt sowie der Unteren Naturschutzbehörde verwiesen".

137

Diesen Ausführungen kann keine konkrete Abwägung der einander gegenüberstehenden Belange insbesondere hinsichtlich der Ausgestaltung im Einzelnen, etwa der hier angesprochenen intensiven Bebauung unmittelbar an der Wasserfläche, entnommen werden.

138

4. Die Abwägungsfehler sind beachtlich, denn sie sind offensichtlich und von Einfluss auf das Ergebnis (§ 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB). Die Offensichtlichkeit der Mängel folgt daraus, dass sie sich aus den Planvorgängen ergeben.

139

Die Ergebnisrelevanz der Abwägungsfehler liegt auf der Hand. Ein Abwägungsmangel hat im Sinne von § 214 Abs. 3 Satz 2 BauGB Einfluss auf das Abwägungsergebnis, wenn nach den Umständen des jeweiligen Falles die konkrete Möglichkeit besteht, dass ohne den Mangel im Vorgang die Planung anders ausgefallen wäre; eine solche konkrete Möglichkeit besteht immer dann, wenn sich anhand der Planungsunterlagen oder sonst erkennbarer oder naheliegender Umstände die Möglichkeit abzeichnet, dass der Mangel im Abwägungsvorgang von Einfluss auf das Abwägungsergebnis gewesen sein kann (vgl. BVerwG, U. v. 21.8.1981 - 4 C 57.80 -, BVerwGE 64, 33, 39; U. v. 9.4.2008 - 4 CN 1.07 -, UPR 2009, 59, 61). Danach waren die Planungsfehler ergebnisrelevant.

140

Eine Berücksichtigung der Störungen, die von der Gesamtanlage, die durch den Bebauungsplan Nr.12 ermöglicht werden soll, sowie der von dem Bebauungsplan ausgelösten Konflikte hätte zu einer Modifizierung des Plankonzeptes führen können. Es besteht jedenfalls die konkrete Möglichkeit, dass ohne den Mangel im Planungsvorgang die Planung anders ausgefallen wäre. So hätte eine Verkleinerung des Vorhabens oder der Verzicht auf den öffentlichen Strand erwogen werden können.

141

IV. Auf die weiteren, von dem Antragsteller angeführten Gesichtspunkte, die in der mündlichen Verhandlung am 22.08.2008 ausführlich erörtert worden sind, kommt es nach alledem nicht an.

142

C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1 und 3, 162 Abs. 3 VwGO.

143

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 707 ff. ZPO.

144

Die Revision ist nicht zuzulassen.

Die Aufhebung eines Verwaltungsaktes, der nicht nach § 44 nichtig ist, kann nicht allein deshalb beansprucht werden, weil er unter Verletzung von Vorschriften über das Verfahren, die Form oder die örtliche Zuständigkeit zustande gekommen ist, wenn offensichtlich ist, dass die Verletzung die Entscheidung in der Sache nicht beeinflusst hat.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

Besteht der kostenpflichtige Teil aus mehreren Personen, so gilt § 100 der Zivilprozeßordnung entsprechend. Kann das streitige Rechtsverhältnis dem kostenpflichtigen Teil gegenüber nur einheitlich entschieden werden, so können die Kosten den mehreren Personen als Gesamtschuldnern auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.