Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Urteil, 03. Juli 2018 - 9 A 401/17

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2018:0703.9A401.17.00
bei uns veröffentlicht am03.07.2018

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% der vollstreckbaren Kosten abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt ihre Zulassung zum Studium der Humanmedizin bei der Beklagten nach den Rechtsverhältnissen im Wintersemester 2017/2018 im Auswahlverfahren der Hochschule, hilfsweise die Zulassung zu einem Auswahlgespräch.

2

Die Beklagte vergibt nach § 2 Abs. 2 Satz 1 ihrer Satzung zur Durchführung des Auswahlverfahrens im Studiengang Humanmedizin vom 14.02.2014 in der zum Wintersemester 2017/2018 geltenden Fassung vom 03.02.2017 (NBl. HS MSGWG Schl.-H. S. 7; Internetauftritt der Beklagten – im Folgenden nur „Satzung“) 100 % der im hochschuleigenen Auswahlverfahren zu vergebenden Plätze durch Auswahlgespräche, wobei nach Satz 2 der Grad der Qualifikation maßgeblichen Einfluss hat. Nach § 2 Abs. 3 der Satzung sind Bewerbungen für das hochschuleigene Auswahlverfahren ausschließlich an die öffentlich-rechtliche Stiftung für Hochschulzulassung (SfH) zu richten, die nach § 2 Abs. 4 der Satzung das Auswahlverfahren mit Ausnahme der Auswahlgespräche durchführt und die Zulassungs- und Ablehnungsbescheide im Namen und Auftrag der Beklagten erstellt und versendet.

3

Die Satzung enthält zum Auswahlverfahren folgende Regelungen:

4

§ 3 Rangliste:

5

Die SfH erstellt eine Rangliste unter Berücksichtigung folgender Kriterien:

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a) Bei Vorliegen einer zum Bewerbungsstichtag abgeschlossenen Berufsausbildung in einem medizinischen Ausbildungsberuf verbessert sich die Abiturdurchschnittsnote um 0,4, wenn die Berufsausbildung zusätzlich zu einer anderweitig erworbenen Hochschulzugangsberechtigung absolviert wurde und die Berufsausbildung nicht selbst die Hochschulzugangsberechtigung begründet oder mitbegründet. Anerkannte Ausbildungsberufe sind in der Anlage 1 aufgeführt.

7

b) Der erfolgreiche Abschluss des Tests für medizinische Studiengänge (TMS) führt zu einer Verbesserung der Abiturdurchschnittsnote um 0,4, wenn das Testergebnis einen Prozentrangwert von 50 oder höher aufweist.

8

c) Der Nachweis einer in Anlage 2 aufgeführten außerschulischen Leistung führt zu einer Verbesserung der Abiturdurchschnittsnote um 0,2. Es wird nur eine Bonierung nach Anlage 2 berücksichtigt.

9

d) Liegen mehrere der unter a) bis c) genannten Kriterien vor, werden sie nebeneinander berücksichtigt und führen zu einer Verbesserung der Abiturdurchschnittsnote von insgesamt maximal 1,0.

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e) Liegt keiner der in a) bis c) genannten Kriterien vor, bestimmt sich der Platz in der Rangliste allein aufgrund der Abiturdurchschnittsnote.

11

Bei Ranggleichheit findet § 18 Abs. 2 VergabeVO Stiftung Anwendung.

12

§ 4 Vergabe über Auswahlgespräch:

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1. Für die Zulassung der zur Verfügung stehenden Studienplätze werden Auswahlgespräche durchgeführt. Zum Auswahlgespräch für die zu vergebenden Studienplätze wird die doppelte Anzahl an Bewerber/innen eingeladen. Die Auswahl erfolgt über die nach Maßgabe des § 3 Abs. 1 aufgestellte Rangliste.

14

2. Voraussetzung für die Teilnahme am Auswahlgespräch ist, dass die Bewerberin oder der Bewerber

15

a) durch die SfH der Universität zu Lübeck als Teilnehmer/in am Auswahlverfahren benannt wurde und

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b) die unter § 7 Abs. 2 angeforderten Unterlagen vollständig und fristgemäß vorlegt.

17

In Anlage 2 zur Satzung „Anerkannte außerschulische Leistungen nach § 3 Satz 1 Buchstabe c“ werden unter 1) „herausragende sportliche Leistungen, die durch die Mitgliedschaft in einem auf Bundesebene gebildeten A-, B- oder C-Kader eines Bundesfachverbands des Deutschen Olympischen Sportbundes nachgewiesen werden“, genannt.

18

Die Auswahlgespräche werden nach den §§ 5 ff. der Satzung durch Auswahlkommissionen geführt und sollen den Bewerbern Gelegenheit geben, ihre Motivation für das gewählte Studium sowie die Identifikation mit dem angestrebten Beruf mündlich darzulegen und zu begründen. Die Auswahlkommissionen vergeben maximal 30 Punkte nach einer in einem Gesprächsleitfaden festgelegten Punkteskala. § 8 der Satzung sieht dann eine Auswahl der zum Studium Zuzulassenden auf Basis eines Gesamtergebnisses vor, das anhand einer Addition der im Auswahlgespräch erreichten und der über die Abiturdurchschnittsnote errechneten Punkte ermittelt wird. In dieses Gesamtergebnis fließen nach §§ 8 Abs. 1 und 7 Abs. 4, 7 der Satzung maximal 30 Punkte für das Auswahlgespräch und maximal 31 Punkte für die Abiturdurchschnittsnote ein. Dabei entspricht eine Abiturdurchschnittsnote von 1,0 den maximal möglichen 31 Punkten, bei den folgenden Noten folgt aus jeder Erhöhung der Abiturdurchschnittsnote um eine Nachkommastelle eine Verminderung der Punktzahl um eins.

19

Die Klägerin bewarb sich mit einer Abiturdurchschnittsnote von 1,6 form- und fristgerecht bei der Stiftung zum Wintersemester 2017/2018 und gab bei der Bewerbung für das Auswahlverfahren der Hochschule die Universität Lübeck als 1. Präferenz an. Sie fügte dem Antrag Unterlagen über einen mit einem Prozentrangwert von 70 bestandenen TMS-Test sowie über ihre Mitgliedschaft im D/C–Kader des Bundessportfachverbandes im Springreiten bei.

20

Die Stiftung erstellte gem. § 3 der Satzung eine Rangliste für die Beklagte und berücksichtigte dabei insgesamt 1.776 Bewerber. Dabei wies die als Microsoft-Excel-Datei erstellte Liste die Bewerber u.a. mit der nach den Maßgaben von § 3 der Satzung verbesserten Abiturdurchschnittsnote (folgend „Verfahrensnote“), einem vorrangig nach § 18 Abs. 2 VergabeVO Stiftung zu berücksichtigendem Dienst sowie mit einer individuellen zufälligen Losnummer aus. Von den so erfassten Bewerbern hatten 194 Personen eine Verfahrensnote besser als 1,0 und 174 Personen eine Verfahrensnote von 1,0. Von den Bewerbern mit einer Verfahrensnote von 1,0 hatte eine Gruppe von 81 Personen einen vorrangig zu berücksichtigenden Dienst geleistet und eine Gruppe von 93 Personen nicht. Zu dieser letztgenannten Gruppe gehörte auch die Klägerin, die im Hinblick auf ihre Ergebnisse im TMS sowie ihre Mitgliedschaft im Springreit-Kader mit einer Verfahrensnote von 1,0 in die Liste aufgenommen worden war und keinen Dienst geleistet hatte. Aufgrund der zufällig vergebenen Losnummer erhielt sie den Rangplatz 359. Zu den durchzuführenden Auswahlgesprächen lud die Beklagte unter dem 08.08.2017 Bewerber bis zu Platz Nr. 241 der Rangliste und damit die Klägerin nicht ein. Die Auswahlgespräche fanden am 15. und 16.08.2017 statt, wobei 230 von den 241 Eingeladenen teilnahmen, und eine Bewerberin noch nachgeladen wurde.

21

Daraufhin beantragte die Klägerin am 16.08.2017 den Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, sie noch zu den Auswahlgesprächen zuzulassen, hilfsweise ein weiteres Auswahlgespräch mit ihr durchzuführen und nicht vorher über die Auswahl im Rahmen der AdH-Quote zu entscheiden. Mit Beschluss vom 22.08.2017 (Az. 9 B 27/17) lehnte die Kammer den Antrag ab; der Beschluss wurde rechtskräftig.

22

Unter dem 22.09.2017 erteilte die Stiftung der Klägerin im Namen und Auftrag der beteiligten Hochschulen – u.a. der Beklagten – einen endgültigen Ablehnungsbescheid für das Auswahlverfahren der Hochschulen.

23

Dagegen hat die Klägerin am 13.10.2017 Klage erhoben. Zur Begründung macht sie unter Bezugnahme auf ihr Vorbringen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes geltend, dass es an einer nachvollziehbaren und begründeten Auswahl der zu Auswahlgesprächen eingeladenen Bewerber durch die Beklagte selbst fehle. Diese habe die Entscheidung unzulässigerweise der Stiftung überlassen und sich deren Entscheidung auch nicht zu eigen gemacht.

24

Die Beschränkung der Zahl an Einladungen auf die doppelte Zahl an zu vergebenden Plätzen in § 4 Abs. 1 Satz 2 der Satzung sei zu unbestimmt. Da zur Zeit der Einladung noch nicht feststehe, wie viele Plätze die Beklagte in ihrem hochschuleigenen Auswahlverfahren zu vergeben habe, sei die Zahl an einzuladenden Bewerbern nicht bestimmbar. Auch hätten für diejenigen, die nicht zu den Auswahlgesprächen erschienen seien, weitere Bewerber nachgeladen werden müssen.

25

Im Übrigen sei die Auswahlsatzung der Beklagten unter Berücksichtigung der NC-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19.12.2017 unmittelbar verfassungswidrig. Die Beklagte stelle auch im hochschuleigenen Auswahlverfahren nach ihrer Satzung im Ergebnis ausschließlich auf die Qualifikation nach der Hochschulzulassungsberechtigung ab. Dies widerspreche schon den einfachgesetzlichen Regelungen, nach denen die Qualifikation nur maßgeblich und nicht allein ausschlaggebend sein dürfe. Auch von Verfassungs wegen sei es geboten, neben der Durchschnittsnote ein weiteres, nicht schulnotenbasiertes Auswahlkriterium heranzuziehen. In Kombination mit der zentralen Vergabe nach Abiturbestenquote würden bei der Beklagten annähernd 80 % der insgesamt zu vergebenden Studienplätze anhand der Abiturdurchschnittsquote vergeben. Ihre Satzung führe dazu, dass kein Bewerber mit einer schlechteren Abiturdurchschnittsnote als 1,1 eine Zulassungschance habe. Tatsächlich liege der Grenzrang für eine Zulassung zum Auswahlgespräch bei der Beklagten systemwidrig sogar bei 1,0 und sei damit noch niedriger als der für die Abiturbestenquote geltende Grenzrang von 1,1. Es müsse zudem ein Ausgleich vorgesehen sein, um die Vergleichbarkeit von Abiturdurchschnittsnoten zwischen verschiedenen Bundesländern herzustellen.

26

Die darin liegenden Verfassungsverstöße könne und müsse die Beklagte auch ohne Tätigwerden des Gesetzgebers ausräumen. Soweit das Bundesverfassungsgericht diesem eine Übergangsfrist zur Neuregelung der einfachgesetzlichen Grundlagen gewährt habe, folge daraus nicht etwa ein Schutz der satzungsrechtlichen Regelungen der Beklagten. Die Herstellung verfassungsgemäßer Zustände auch für die Übergangsfrist setze kein Tätigwerden des Gesetzgebers voraus.

27

Würde das Gericht einen unmittelbaren Zulassungsanspruch ablehnen, so habe die Klägerin jedenfalls einen Anspruch darauf, dass die Beklagte unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts ihre verfassungswidrige Satzung ändere und dann über ihren Zulassungsantrag neu entscheide.

28

Die Klägerin beantragt,

29

die Beklagte zu verpflichten, sie unter Aufhebung des Bescheides vom 22.09.2017 endgültig zum Studium der Humanmedizin nach den Rechtsverhältnissen des Wintersemesters 2017/18 zuzulassen,

30

hilfsweise, sie zu einem Auswahlgespräch im Studiengang Humanmedizin als Bevorrechtigte zum Wintersemester 2018/19 zuzulassen,

31

weiter hilfsweise, die Beklagte zu verpflichten, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut über ihren Zulassungsantrag/Zulassungsanspruch zu bescheiden.

32

Die Beklagte beantragt,

33

die Klage abzuweisen.

34

Entsprechend ihrem Vorbringen im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes macht sie geltend, sie würde – erst recht angesichts des großen Aufwands und der Vielzahl an Bewerbern – im Wege der Vorbereitung der Rangliste durch die Stiftung anhand der von der Beklagten vorgegebenen Satzungskriterien eine hinreichend eigenständige Auswahl der zu den Auswahlgesprächen Einzuladenden treffen. Kern des Auswahlverfahrens sei zudem die sich an die Einladungen anschließende Durchführung von Auswahlgesprächen, aufgrund derer sie eine eigenständige Entscheidung ohne Beteiligung der Stiftung oder sonstiger Dritter treffe.

35

Zwar sei es richtig, dass die Zahl der im hochschuleigenen Auswahlverfahren zu vergebenden Studienplätzen und damit auch die Zahl der richtigerweise auszusprechenden Einladungen zu Auswahlgesprächen zur Zeit der Einladung noch nicht bekannt sei. Sie würde die Zahl jedoch anhand von Erfahrungswerten zu den zu erwartenden Absagen im zentralen Verfahren bestimmen. Auf diese Prognose könne und müsse sie zurückgreifen, um Auswahlgespräche angesichts der für das Gesamtverfahren vorgesehenen Termine überhaupt durchführen zu können.

36

Im Übrigen sei das hochschuleigene Auswahlverfahren der Beklagten weder verfassungs- noch sonst rechtswidrig. Sie räume der Abiturdurchschnittsnote in Übereinstimmung mit den sie bindenden einfachgesetzlichen Vorschriften, deren Fortgeltung das Bundesverfassungsgericht angeordnet habe, maßgeblichen Einfluss ein. Ein eigener Verfassungsverstoß ihrerseits liege nicht vor. Zudem stelle sie gerade nicht nur auf die Abiturdurchschnittsnote ab, sondern ziehe über § 3 der Satzung schon bei der Einladung zu Auswahlgesprächen neben der Durchschnittsnote verschiedene nicht schulnotenbasierte Kriterien heran.

37

Schließlich bestünde selbst bei einer Rechtswidrigkeit des Vergabesystems der Beklagten nicht ohne weiteres ein Zulassungsanspruch der Klägerin. Es obliege nicht der Klägerin oder dem Gericht, eine Regelung an die Stelle der etwaig rechtswidrigen Satzungsregelung zu setzen. Sowohl der ersatzlose Fortfall von Zulassungsregelungen als auch eine kompetenzwidrige Ersetzung stünden der verfassungsgemäßen Ordnung noch ferner, als es ein als verfassungswidrig unterstelltes Auswahlverfahren der Beklagten täte. Jedenfalls müsse die Klägerin für einen unmittelbaren Zulassungsanspruch zumindest darlegen, dass sie ohne die geltend gemachten Rechtsfehler ausgewählt worden wäre.

38

Die Beteiligten haben übereinstimmend auf mündliche Verhandlung verzichtet.

39

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ergänzend auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge auch zum Verfahren 9 B 27/17 (insbes. die digitale Rangliste als Microsoft-Excel-Datei auf CD) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

40

Die Kammer konnte gem. § 101 Abs. 2 VwGO im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

41

Die Klage ist zulässig; aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid vom 22.09.2017 – der zwar von der Stiftung übersandt wurde, aber namens und im Auftrage der Beklagten erging - ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.

42

Der mit dem Hauptantrag geltend gemachte Anspruch auf Zulassung zum Hochschulstudium, der seine Grundlage in Art. 12 Abs. 1 GG i.V.m. dem allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) und dem in Art. 20 Abs. 3 GG verankerten Sozialstaatsprinzip hat, steht der Klägerin nicht zu. Die Beklagte hat sie im Auswahlverfahren der Hochschule zu Recht schon nicht zu einem Auswahlgespräch eingeladen.

43

Rechtsgrundlage dafür ist § 4 der Satzung, wonach für die Zulassung der (im Auswahlverfahren der Hochschule) zur Verfügung stehenden Plätze ein Auswahlgespräch durchgeführt wird und die doppelte Anzahl an Bewerbern eingeladen wird, so dass die in der Rangliste nachfolgenden Bewerber ohne Auswahlgespräch ausscheiden. Die Satzung hat ihre Rechtsgrundlage in § 12 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 2 des Hochschulzulassungsgesetzes vom 05.02.2016 (GVOBl. S. 75), geändert durch Art. 2 des Gesetzes vom 10.06.2016 (GVOBl. S. 342) – HZG – und § 32 Abs. 3 Hochschulrahmengesetz vom 28.08.2004 – HRG -. In diesen Vorschriften ist vorgesehen, dass für 60 % der in den Hauptquoten vergebenden Studienplätze ein Auswahlverfahren stattfindet, bei dem die Hochschulen nach Maßgabe des Landesrechts aus vorgegebenen Eignungskriterien wählen und Auswahlmaßstäbe durch Satzung festlegen können. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil vom 19.12.2017 (– 1 BvL 3/14 – juris Rn. 141 ff., 249) diese Vorschriften zum Teil für verfassungswidrig erklärt, aber ihre Fortgeltung bis zum 31.12.2019 angeordnet. Damit besteht eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage.

44

Die Satzung der Beklagten entspricht dem einfachen Recht und ist auch nicht ihrerseits verfassungswidrig. Dies gilt sowohl für die verfahrensrechtlichen als auch für die materiell-rechtlichen Regelungen.

45

Zu Unrecht rügt die Klägerin hinsichtlich des Verfahrens zunächst, dass die Stiftung bei der Vorauswahl für die Auswahlgespräche einen zu großen Einfluss nehme und die Beklagte keine eigene Auswahlentscheidung treffe. Dies bezieht sich auf § 4 Abs. 2 a) der Satzung, wonach nur diejenigen am Auswahlgespräch teilnehmen, die der Beklagten durch die Stiftung benannt wurden. Diese erstellt nach § 3 der Satzung die Rangliste nach den von der Beklagten vorgegebenen Kriterien, indem sie die Abiturdurchschnittsnoten zugrunde legt, die Verbesserungen berechnet und bei Ranggleichheit geleistete Dienste prüft und letztlich Losnummern vergibt. Die Beklagte übernimmt die Rangliste und prüft nach § 4 Abs. 2 b) noch, ob die erforderlichen Unterlagen vollständig und fristgemäß vorliegen. Dieses Verfahren entspricht § 7 Abs. 1 HZG, wonach die Hochschulen die Stiftung damit beauftragen können, sie bei der Durchführung des Zulassungsverfahrens zu unterstützen und auch Befugnisse bei der Auswahl von Zulassung von Bewerbern auf die Stiftung übertragen können. Die Stiftung wendet bei der Erstellung der Rangliste die von der Beklagten in § 3 der Satzung vorgegebenen Auswahlkriterien an, ohne eigene Entscheidungen zu treffen. Dies entspricht der vom Gesetzgeber gewollten Zusammenarbeit von Stiftung und Hochschule; verfassungsrechtliche Bedenken dagegen sind nicht ersichtlich.

46

Nach § 4 Abs. 1 der Satzung in der hier anwendbaren Fassung vom 03.02.2017 wird zum Auswahlgespräch für die zu vergebenden Studienplätze „die doppelte Anzahl an Bewerber/innen eingeladen“. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist diese Regelung nicht deshalb zu unbestimmt und damit nichtig, weil „die doppelte Anzahl“ zum Zeitpunkt der Einladung noch nicht genau feststeht. Dies liegt daran, dass im hochschuleigenen Auswahlverfahren auch diejenigen Plätze zu vergeben sind, die im zentralen Verfahren nicht angenommen wurden und daher nicht vergeben werden konnten; diese Zahl kann zum Zeitpunkt der Einladungen aber noch nicht genau genannt werden. Die Satzungsregelung ist aber dahingehend auszulegen, dass anhand von Erfahrungswerten die doppelte Anzahl an Bewerbern für die voraussichtlich zu vergebenden Studienplätze eingeladen wird. Damit ist gewährleistet, dass eine hinreichend große Zahl von Bewerbern an den Auswahlgesprächen teilnehmen kann. Nur so kann auch gewährleistet werden, dass die aus der Verzahnung des zentralen Verfahrens und des hochschuleigenen Auswahlverfahrens folgenden Fristen gewahrt werden. So teilt namentlich die Stiftung der Beklagten nach § 10 Abs. 3 VergabeVO Stiftung erst bis zum 10.08. mit, welche Bewerber am hochschuleigenen Auswahlverfahren zu beteiligen sind und muss die Beklagte nach § 4 Abs. 1 VergabeVO Stiftung bereits am 25.08. der Stiftung die Ergebnisse ihres Auswahlverfahrens mitteilen, nachdem sie erst kurz zuvor (im streitgegenständlichen Jahr 2017 konkret am 23.08.) die Zahl an zu vergebenden Plätzen mitgeteilt bekommt. Deshalb muss nach Sinn und Zweck der Vorschrift auf die voraussichtliche Zahl der zu vergebenden Plätze abgestellt werden. In dieser Auslegung entspricht die Vorschrift des § 4 Abs. 1 der Satzung dem verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebot. Die Satzung in der Fassung vom 29.01.2018 enthält insoweit nunmehr eine Klarstellung und sieht vor, dass zum Auswahlgespräch für die zu vergebenden Studienplätze „basierend auf einer Prognoseentscheidung nach den Erfahrungswerten der vergangenen Jahre“, die voraussichtlich doppelte Anzahl an Bewerber/innen eingeladen wird. Da die Auswahlgespräche finanziell und zeitlich sehr aufwendig sind, war es auch nicht geboten, mehr Bewerber einzuladen.

47

Auch materiell bestehen gegen die Anwendung der Satzung zur Durchführung des Auswahlverfahrens keine Bedenken.

48

Die Beklagte vergibt 100 % der bei ihr in der AdH-Quote zur Verfügung stehenden Plätze nach Auswahlgesprächen (§ 12 Abs. 2 i.V.m. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 e HZG). Sie begrenzt dabei gem. § 6 Abs. 1 Satz 3 HZG die Zahl der Teilnehmer am Auswahlverfahren und entscheidet für die Vorauswahl nach einer Verbindung der in § 6 Abs. 1 Satz 1 a) – d) HZG genannten Maßstäbe. Entgegen der Ansicht der Klägerin stellt die Beklagte dafür gerade nicht „im Ergebnis ausschließlich auf die Qualifikation“ ab, sondern legt zwar die Abiturdurchschnittsnote zugrunde, berücksichtigt aber durch die in § 3 der Satzung genannten Verbesserungsmöglichkeiten in erheblichem Umfang auch andere Kriterien wie das Ergebnis des Studierfähigkeitstests, eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem medizinischen Ausbildungsberuf sowie außerschulische Leistungen wie z.B. die Mitgliedschaft in Kadern von Bundesfachverbänden des Deutschen Olympischen Sportbundes oder Preise bei einem bildungsbezogenen Wettbewerb auf nationaler Ebene wie „Jugend forscht“. Die Abiturdurchschnittsnote kann dadurch um insgesamt bis zu 1,0 verbessert werden. Dies ist auch der Klägerin zugutegekommen, die gerade nicht mit ihrer Abiturdurchschnittsnote von 1,6, sondern mit der „Verfahrensnote“ von 1,0 berücksichtigt worden ist. Aus der von der Beklagten vorgelegten Rangliste ist ersichtlich, dass zu Auswahlgesprächen auch Bewerber eingeladen wurden, die die Abiturdurchschnittsnote von 2,0 hatten. Die Klägerin verkennt den Unterschied zwischen Abiturdurchschnittsnote und Verfahrensnote, wenn sie beanstandet, dass kein Bewerber mit einer schlechteren Abiturdurchschnittsnote als 1,1 eine Zulassungschance habe. Die Beklagte stellt für die Vorauswahl entsprechend § 6 Abs. 1 Satz 2 HZG zwar maßgeblich, aber eben nicht allein auf die Abiturdurchschnittsnote ab. Es kann daher offen bleiben, ob die Vorauswahl für Auswahlgespräche ausschließlich nach der Abiturdurchschnittsnote erfolgen dürfte (verneint wohl in dem von der Klägerin zitierten Urteil des VG Mainz vom 04.09.2006 - 9 A K 875/05.MZ -).

49

Auch im eigentlichen Auswahlverfahren spielt die Abiturdurchschnittsnote noch eine maßgebliche Rolle, da dafür maximal 31 Punkte erreichbar sind und durch die Auswahlgespräche selbst maximal 30. Die Auswahl erfolgt dann nach der summierten Punktzahl (§ 4 Abs. 1 der Satzung). Auch hier wird das Ergebnis aber in fast ebenso großem Umfang durch das Gespräch beeinflusst. Insgesamt entspricht die Regelung der Satzung damit den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts, wonach die Abiturnote in hinreichend gewichtigem Umfang durch andere Kriterien zu ergänzen ist (a.a.O. Rn. 197 ff.). Für die von der Klägerin beantragte Anforderung einer Liste, aus der sich ergibt, welche Bewerber mit welcher Durchschnittsnote der Hochschulzugangsberechtigung und welcher Verfahrensnote im Auswahlgespräch eine Zulassung erhalten haben, sieht die Kammer keinen Anlass, da sich das Gewicht der Note aus den Regelungen der Satzung ergibt.

50

Selbst wenn man der Ansicht der Klägerin folgen würde, dass die Satzung der Beklagten materiell verfassungswidrig zu stark auf das Kriterium der Note in der Hochschulzugangsberechtigung abstellt, würde daraus noch kein Anspruch auf Änderung der Satzung und damit „Herstellung verfassungsgemäßer Zustände auch für die Übergangsfrist“ folgen. Denn die einfachgesetzlichen Regelungen zu den Auswahlkriterien, die – wie sich aus § 6 Abs. 1 Satz 1 HZG ergibt – auch ein Abstellen auf nur einen Maßstab und damit ausschließlich auf den Grad der Qualifikation zuließen, gelten nach der Anordnung des Bundesverfassungsgerichts fort (Nr. 3 des Tenors). Das kann nur bedeuten, dass die Beklagte nach den weiterhin geltenden einfachgesetzlichen Regelungen dazu verpflichtet ist, der Abiturdurchschnittsnote maßgeblichen Einfluss zu geben und darüber hinaus sogar dazu berechtigt wäre, ihrem Auswahlverfahren ausschließlich die Abiturdurchschnittsnote zugrunde zu legen. Denn sonst würden die dies regelnden einfachgesetzlichen Vorschriften des § 32 Abs. 3 Satz 1 Nr. 3, 2, 4 HRG und § 12 Abs. 2 Satz 1 HZG entgegen der Anordnung des BVerfG gerade nicht fortgelten, sondern wären insoweit wirkungslos. Hätte das Bundesverfassungsgericht gewollt, dass etwa die Hochschulen in ihren Auswahlsatzungen bereits jetzt die von ihm genannten Anforderungen an die Auswahlkriterien erfüllen, hätte es die Anordnung der Fortgeltung mit entsprechenden Maßgaben verbinden können (vgl. Lenz/Hansel, BVerfGG, § 95 Rn. 67 m.w.N.). Auch die sachlichen Gründe, die das Bundesverfassungsgericht für die Fortgeltung der einfachgesetzlichen Regelungen anführt, sprechen aber für die Fortgeltung von auf deren Basis erlassenen Satzungen: Deren Nichtigkeit hätte einen regelungslosen Zustand zur Folge, der zu erheblichen, die Belange der Studienplatzbewerber noch stärker belastenden Folgewirkungen führen würde. Zudem verfügt der Gesetzgeber über Gestaltungsspielräume bei der Entscheidung, wie er den gegenwärtigen verfassungswidrigen Zustand beseitigt (BVerfG a.a.O. Rn. 253). Dieser durch die befristete Fortgeltungsanordnung vom Bundesverfassungsgericht ausdrücklich geschützte Gestaltungsspielraum würde ausgehöhlt, wenn man die Hochschulen zur Durchführung eines verfassungsgemäßen Verfahrens ohne oder gegen die Vorgaben des Gesetzgebers verpflichtete.

51

Die gleichen Erwägungen gelten für die weiteren vom Bundesverfassungsgericht hinsichtlich des Auswahlverfahrens der Hochschulen gerügten Punkte wie die fehlende Vergleichbarkeit der Abiturnoten, die fehlende Standardisierung und Strukturierung hochschuleigener Eignungsprüfungen und die Berücksichtigung der Ortspräferenz als Auswahlkriterium (vgl. Leitsatz Nr. 5) Auch insoweit sind die Regelungen der Satzung aufgrund des fortgeltenden einfachen Rechts weiter anzuwenden.

52

Fehler bei der Anwendung der Satzung bzw. der zugrundeliegenden rechtlichen Regelungen sind nicht ersichtlich. Die Beklagte hat die Klägerin zu Recht nicht zu einem Auswahlgespräch eingeladen.

53

Sie hat zunächst 240 Einladungen ausgesprochen. Dies entspricht mindestens der voraussichtlich zu erwartenden doppelten Anzahl der im Auswahlverfahren zu vergebenden Studienplätze. Bei der Beklagten standen zum Wintersemester 2017/2018 187 Studienplätze zur Verfügung. 60 % davon wären – ohne Berücksichtigung der Vorabquoten - 112,2 Plätze. Um Nachrücker aus den anderen Quoten berücksichtigen zu können, hat sie 240 statt (aufgerundet) 225 Einladungen ausgesprochen; eine weitere Einladung kam aufgrund eines Fehlers der Stiftung noch hinzu. Von den 241 Eingeladenen sind 230 Bewerber zu den Gesprächen erschienen. Eine „Nachladung“ weiterer Bewerber war schon aufgrund der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich und auch nicht erforderlich, um eine hinreichende Auswahl zu gewährleisten; auch bei einer Nachladung wäre die Klägerin im Übrigen aufgrund ihres Rangplatzes nicht zu berücksichtigen gewesen.

54

Nach der erstellten Rangliste hat die Klägerin unter Einrechnung der Verbesserungsmöglichkeiten die Verfahrensnote 1,0 erhalten und gehörte damit zu einer Gruppe von 174 Bewerbern, von der nur noch ein Teil eingeladen werden konnte. Davon waren nach § 3 der Satzung i.V.m. § 18 Abs. 2 VergabeVO Stiftung vorrangig diejenigen zu berücksichtigen, die einen Dienst geleistet hatten, dazu gehört die Klägerin nicht. Die danach verbleibenden Plätze wurden durch Vergabe von zufälligen Nummern verlost; dabei erhielt die Klägerin die nicht mehr ausreichende Rangziffer 359.

55

Damit hat die Beklagte die Klägerin zu Recht nicht zu den Auswahlgesprächen eingeladen, so dass auch die Hilfsanträge keinen Erfolg haben und die Frage, welche Folgen eine fehlerhafte Nichtberücksichtigung hätte, offen bleiben kann.

56

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin nach § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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Der Kläger wendet sich gegen eine von der Flurbereinigungsbehörde erlassene Anordnung von Ersatzpflanzungen.

2

Er ist Eigentümer verschiedener Grundstücke, die in einem Gebiet liegen, für das mit Beschluss vom 4. November 2010 ein Flurbereinigungsverfahren angeordnet wurde. Im Wege- und Gewässerplan wurden die betroffenen Flurstücke vollständig oder teilweise als "Wald, Holzung bzw. Aufforstung" mit dem Zusatz "Feldgehölz, Hecke, Sträucher oder andere Anpflanzung" festgesetzt. Nachdem der Kläger Ende 2012 sowie Ende 2013 den Gehölzbestand zurückgeschnitten hatte, erließ die Naturschutzbehörde im November 2014 eine auf § 17 Abs. 8 BNatSchG gestützte Wiederherstellungsverfügung und ordnete deren Sofortvollzug an. In dem anschließenden verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren ordnete der Verwaltungsgerichtshof die aufschiebende Wirkung des vom Kläger erhobenen Widerspruchs mit der Begründung an, nur die Flurbereinigungsbehörde sei für den Erlass einer auf § 17 Abs. 8 BNatSchG gestützten Verfügung zuständig. Daraufhin erließ die Flurbereinigungsbehörde am 3. Juni 2016 die auf § 34 Abs. 3 FlurbG gestützte streitgegenständliche Anordnung.

3

Der Verwaltungsgerichtshof (Flurbereinigungsbehörde) hat die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage abgewiesen. Die Anordnung der Ersatzpflanzung sei rechtmäßig. Die Eingriffsgrundlage des § 34 Abs. 3 FlurbG sei nicht deshalb unanwendbar, weil die Entfernung des Gehölzbestandes gleichzeitig einen ungenehmigten Eingriff in Natur und Landschaft im Sinne des § 17 Abs. 8 Satz 1 BNatSchG darstelle. Bei dem vom Kläger beseitigten Bewuchs auf seinen Grundstücken habe es sich um "Feldgehölz" im Sinne des § 34 Abs. 1 Nr. 3 FlurbG gehandelt, auch wenn die im Agrarförderrecht geltende maximale Größe von 2 000 qm überschritten worden sei. Die Anordnung sei auch verhältnismäßig, und die betreffende Befugnis sei weder verjährt noch verwirkt.

II

4

Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision, die auf die Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und eines Verfahrensmangels (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) gestützt ist, hat keinen Erfolg.

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1. Der Rechtssache kommt keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu.

6

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne dieser Vorschrift ist eine Rechtssache nur, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete fallübergreifende und bislang ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Den Darlegungen der Beschwerde lässt sich nicht entnehmen, dass diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.

7

a) Die Frage,

ob zur Auslegung des Begriffs "Feldgehölze" in § 34 Abs. 1 Nr. 3 FlurbG die Definition von "Feldgehölz" in § 8 Abs. 1 Nr. 3 Agrarzahlungen-Verpflichtungenverordnung heranzuziehen ist,

ist zwar vom Bundesverwaltungsgericht noch nicht geklärt. Sie lässt sich aber auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens beantworten.

8

Der Begriff der Feldgehölze wird in § 8 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 der Verordnung über die Einhaltung von Grundanforderungen und Standards im Rahmen unionsrechtlicher Vorschriften über Agrarzahlungen (Agrarzahlungen-Verpflichtungenverordnung - AgrarZahlVerpflV) vom 17. Dezember 2014, zuletzt geändert durch Verordnung vom 26. Mai 2017 (BGBl. I S. 1305) legaldefiniert. Danach handelt es sich um "überwiegend mit gehölzartigen Pflanzen bewachsene Flächen, die nicht der landwirtschaftlichen Erzeugung dienen, mit einer Größe von mindestens 50 Quadratmetern bis höchstens 2 000 Quadratmetern; Flächen, für die eine Beihilfe zur Aufforstung oder eine Aufforstungsprämie gewährt worden ist, gelten nicht als Feldgehölze." Diese Definition gilt unmittelbar nur für den Anwendungsbereich der Agrarzahlungen-Verpflichtungenverordnung, der in § 1 näher beschrieben wird. Danach regelt die Verordnung die Anforderungen an die Erhaltung von Flächen in gutem landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand im Sinne von Art. 93 Abs. 1 in Verbindung mit Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 352/78, (EG) Nr. 165/94, (EG) Nr. 2799/98, (EG) Nr. 814/2000, (EG) Nr. 1290/2005 und (EG) Nr. 485/2008 des Rates (ABl. L 347 vom 20. Dezember 2013, S. 549) in der jeweils geltenden Fassung, die von dem Begünstigten im Sinne von Art. 92 Satz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 (Begünstigter) einzuhalten sind, sowie die Einzelheiten zur Kontrolle und Sanktionierung der Anforderungen und Standards nach Nummer 1 und nach Art. 93 Abs. 1 bis 3 in Verbindung mit Anhang II der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013. Kurz gefasst geht es bei der Agrarzahlungen-Verpflichtungenverordnung, die ihrerseits auf § 4 Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit Abs. 4 Agrarzahlungen-Verpflichtungengesetz vom 2. Dezember 2014 (BGBl. I S. 1928) sowie auf § 9a Satz 1 und § 15 Satz 1 Marktorganisationsgesetz i.d.F. der Bekanntmachung vom 24. Juni 2005 (BGBl. I S. 1857) gestützt ist, also um nähere Konkretisierungen der Cross-Compliance-Regelungen, die ein Landwirt aus förderrechtlichen Gründen einhalten muss.

9

Dieser Legaldefinition des Feldgehölzes liegt damit ein spezifisch förderrechtlicher Regelungszweck zugrunde. Erfüllt ein Feldgehölz die normierten Voraussetzungen, so handelt es sich um ein Landschaftselement, das als Cross-Compliance-relevant einzustufen ist, und - sofern es sich auf der bewirtschafteten Fläche befindet oder an diese angrenzt - rechnerisch die jeweils angebaute Kulturfläche zur sog. Bruttofläche erhöhen kann. Die Betriebsinhaber erhalten hierfür eine Zahlung für dem Klima- und Umweltschutz förderliche Landbewirtschaftungsmethoden (sog. "Greeningprämie", vgl. genauer https://www.landwirtschaftskammer.de/foerderung/direktzahlungen/landschaftselemente.htm). Die in der Legaldefinition enthaltene Größenvorgabe dient vor allem der Abgrenzung von Wald, der nicht als Landschaftselement förderungsfähig ist. Zudem spielt die Größe für den Förderumfang eine entscheidende Rolle.

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Auch ohne Durchführung eines Revisionsverfahrens steht fest, dass die dem Förderungszweck geschuldete Flächenbegrenzung in § 8 Abs. 1 Nr. 3 AgrarZahlVerpflV auf § 34 Abs. 1 Nr. 3 FlurbG nicht übertragbar ist, mag auch insoweit der "Begriffskern" der Legaldefinition als Auslegungshilfe dienen können (vgl. OVG Lüneburg, Beschluss vom 15. Januar 2016 - 15 MF 21/15 - ZUR 2016, 293 Rn. 19). Nach der zuletzt genannten Vorschrift führt die durch die Bekanntgabe des Flurbereinigungsbeschlusses ausgelöste Veränderungssperre dazu, dass neben Obstbäumen, Beerensträuchern auch "Feld- und Ufergehölze" nur in Ausnahmefällen und nur mit Zustimmung der Flurbereinigungsbehörde beseitigt werden dürfen. Dieses Veränderungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt erfüllt einen besonderen flurbereinigungsrechtlichen Zweck. Es korrespondiert mit dem das Flurbereinigungsrecht beherrschenden Prinzip, dass jeder Teilnehmer eine seiner Einlage entsprechende wertgleiche Abfindung beanspruchen, aber nicht verlangen kann, in bestimmter Lage abgefunden zu werden. Damit dient es ersichtlich dazu, die Neugestaltung des Flurbereinigungsgebietes, deren Ergebnisse im Flurbereinigungsplan zusammengefasst werden, zu gewährleisten und die planerische Gestaltungsfreiheit im Rahmen des Verfahrenszweckes zu sichern. Außerdem sollen der zur Mitwirkung berufenen Teilnehmergemeinschaft vermeidbare Aufwendungen erspart werden, die bei vorgenommenen Veränderungen - soweit deren Wiederherstellungskosten nicht abwälzbar sind - erwachsen (BVerwG, Urteil vom 25. April 1989 - 5 C 24/86 - Buchholz 424.01 § 34 FlurbG Nr. 3 S. 2). Auf die genauen Größenverhältnisse des Feldgehölzes kommt es danach nicht an. Vielmehr soll nach der flurbereinigungsrechtlichen Regelung jede Veränderung des "Status Quo" aus den genannten Gründen erlaubnispflichtig sein.

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b) Auch die Frage,

ob § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG dem § 34 Abs. 3 FlurbG als lex specialis vorgeht,

erfordert nicht die Durchführung eines Revisionsverfahrens. Denn das Verhältnis der beiden Vorschriften lässt sich auf der Grundlage des Gesetzeswortlauts mit Hilfe der üblichen Auslegungsregeln eindeutig beantworten, so dass kein Klärungsbedarf besteht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Januar 2015 - 6 B 43.14 - NVwZ-RR 2015, 416 Rn. 8). Danach verdrängt - wie vom Flurbereinigungsgericht angenommen (UA S. 6) - die naturschutzrechtliche Wiederherstellungsverfügung nach § 17 Abs. 8 Satz 2 BNatSchG nicht die flurbereinigungsrechtliche Ermächtigungsgrundlage des § 34 Abs. 3 FlurbG, die hinsichtlich der Rechtsfolge strenger ist (vgl. zum fehlenden Ermessen BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 2014 - 9 B 39.14 - Buchholz 424.01 § 34 FlurbG Nr. 4 Rn. 6).

12

Zwar handelt es sich bei der in § 34 Abs. 1 Nr. 3 FlurbG angeordneten notwendigen Zustimmung der Flurbereinigungsbehörde um eine behördliche Zulassung im Sinne des § 17 Abs. 1 BNatSchG, so dass die zuständige Flurbereinigungsbehörde grundsätzlich auch für die Anordnung von naturschutzrechtlichen Maßnahmen einschließlich der Wiederherstellung des früheren Zustandes nach § 17 Abs. 8 BNatSchG zuständig ist (VGH Kassel, Beschluss vom 7. August 2015 - 4 B 958/15 - NUR 2015, 791 Rn. 6). Hierdurch wird die fachgesetzliche Ermächtigungsgrundlage des § 34 Abs. 3 FlurbG, die ihrerseits auf die der Behörde durch das Flurbereinigungsgesetz zugewiesenen Aufgaben beschränkt ist (BVerwG, Beschluss vom 18. Juli 2014 - 9 B 39.14 - Buchholz 424.01 § 34 FlurbG Nr. 4 Rn. 7), aber nicht verdrängt. Denn die Regelung des § 17 Abs. 8 BNatSchG ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die fachgesetzlichen Befugnisse nicht stets auf die Eingriffsregelung zugeschnitten sind, so dass unter Umständen nicht alle erforderlichen Maßnahmen nach dem jeweiligen Fachgesetz getroffen werden können. Daher räumt die Vorschrift den in § 17 Abs. 1 BNatSchG genannten Fachbehörden eine eigene Ermächtigung ein (vgl. nur Fischer-Hüftle, in: Schumacher/Fischer-Hüftle, BNatSchG, 2. Aufl. 2011, § 17 Rn. 45; vgl. zum sog. "Huckepackverfahren" auch Siegel, in: Frenz/Müggenborg, BNatSchG, 2. Aufl. 2016, § 17 Rn. 4 ff. und Prall, in: Schlacke, GK-BNatSchG, 2. Aufl. 2017, § 17 Rn. 4). Die Regelung bezweckt also eine Erweiterung der Eingriffsmöglichkeiten der Fachbehörde, soll aber nicht bereits bestehende fachgesetzliche Ermächtigungsgrundlagen verdrängen (der Sache nach - trotz missverständlicher Formulierung - ebenso: VGH Kassel, Beschluss vom 7. August 2015 - 4 B 958/15 - juris Rn. 6).

13

c) Keiner grundsätzlichen Klärung bedarf schließlich die Frage,

ob und gegebenenfalls in welcher Frist die Befugnis zum Erlass von Anordnungen nach § 34 Abs. 3 FlurbG verjährt.

14

Nach verbreiteter Auffassung unterliegen Eingriffsbefugnisse des öffentlichen Rechts - anders als öffentlich-rechtliche Vermögensansprüche - keiner Verjährung, soweit es an einer abweichenden gesetzlichen Regelung fehlt (vgl. hierzu nur Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Aufl. 2017, § 53 Rn. 15; Sachs, in: Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 53 Rn. 11 f., jeweils m.w.N.; differenzierend - allerdings vorwiegend unter rechtspolitischen Gesichtspunkten - dagegen Guckelberger, Die Verjährung im öffentlichen Recht, S. 229 ff.). Eine solche Regelung ist für das Flurbereinigungsrecht nicht vorhanden.

15

Die von der Beschwerde zitierten früheren Verjährungsregelungen des § 8 Abs. 3 HessNatSchG i.d.F. vom 19. September 1980 (GVBl. S. 313) und § 10 Abs. 4 ThürNatSchG i.d.F. vom 30. August 2006 (GVBl. S. 421) betreffen nicht das Flurbereinigungsrecht, sondern naturschutzrechtliche Maßnahmen, um die es hier gerade nicht geht (s. dazu oben unter b). Unbeschadet dessen ist die Revision im Hinblick auf eine etwaige Verjährung der Anordnungsbefugnis des § 34 Abs. 3 FlurbG jedenfalls deshalb nicht zuzulassen, weil eine fallübergreifende Klärung dieser Frage in dem erstrebten Revisionsverfahren nicht zu erwarten ist. So liegt es auf der Hand, dass sich die Verjährungsregelung des § 31 OWiG in Anbetracht des auf die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten bezogenen Normzweckes nicht auf die Anordnungsbefugnis in § 34 Abs. 3 FlurbG übertragen lässt. Sollte diese Befugnis - trotz vorstehender Erwägungen - einer Verjährung entsprechend den Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs unterliegen (vgl. für vermögensrechtliche Ansprüche BVerwG, Urteil vom 15. Juli 2016 - 9 A 16.15 - Buchholz 11 Art. 104a GG Nr. 28 Rn. 33 ff. m.w.N.), wären die Voraussetzungen für den Verjährungseintritt hier offensichtlich nicht erfüllt. So beginnt die regelmäßige - und kürzestmögliche - dreijährige Verjährung nicht vor dem Schluss des Jahres, in dem der Berechtigte von den maßgeblichen Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen (§§ 195, 199 Abs. 1 BGB). Letzteres war hier, wie der Kläger selbst nicht in Abrede stellt, nicht vor Beginn des Jahres 2013 der Fall. Daher konnte eine etwaige Verjährung frühestens mit dem Schluss jenes Jahres begonnen haben und daher bei Erlass der Verfügung vom 3. Juni 2016 noch nicht abgelaufen sein.

16

2. Die Revision ist auch nicht deshalb zuzulassen, weil ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

17

a) Der Kläger rügt, das Flurbereinigungsgericht habe den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt, insbesondere habe es die streitgegenständlichen Flächen nicht in Augenschein genommen. Die Quadratmeterzahl allein sage nichts darüber aus, ob der Eingriff geringfügig sei; auch hätte geprüft werden müssen, ob einige Jahre nach dem Rückschnitt "wieder eine intakte nicht zerstörte Struktur" vorliege. Mit diesem Vorbringen wird ein Verfahrensfehler nicht dargetan. Das Flurbereinigungsgericht hat im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung untersucht, ob der vom Kläger vorgenommene Eingriff nach § 34 Abs. 1 Nr. 3 Flurbereinigungsgesetz materiell rechtswidrig war. Dies hat es - gestützt auf näher bezeichnete Erkenntnisse (insbesondere eine Biotopkartierung aus dem Jahre 1998 sowie Luftbilder aus August 2012 und August 2015) - damit begründet, dass der vom Kläger beseitigte Gehölzbestand (Schwarzdorn) einen hohen ökologischen Wert gehabt habe, insbesondere habe sich innerhalb der beseitigten Gehölzbestände ein Brutrevier der Vogelarten Bluthänfling und Feldsperling sowie der Klappergrasmücke befunden (UA S. 10). Es hat sich damit gerade nicht auf die Flächengröße bezogen und erst recht nicht auf diese beschränkt; auch kam es - ausgehend von der insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung des Gerichts - nicht auf den Zustand der Fläche nach der Abholzung an.

18

b) Soweit der Kläger beanstandet, das Flurbereinigungsgericht habe die Anordnung der Ersatzpflanzungen für verhältnismäßig gehalten, obwohl ein gegen ihn eingeleitetes Bußgeldverfahren vom Amtsgericht eingestellt worden sei, hat dieser Umstand nach der im Hinblick auf die Verfahrensrüge maßgeblichen materiellen Rechtsauffassung des Flurbereinigungsgerichts keine Rolle gespielt.

19

c) Ebenfalls kein Verfahrensfehler ergibt sich aus dem Vorbringen des Klägers, er habe einen Anspruch auf Erteilung der Genehmigung zum Rückschnitt gehabt, weil es sich um ackerbaulich gut geeignete Flächen gehandelt habe. Auf diesen Gesichtspunkt kam es - wie oben ausgeführt - aus Sicht des Flurbereinigungsgerichts nicht an. Denn nach dessen Rechtsauffassung durfte die Zustimmung nach § 34 Abs. 1 Nr. 3 FlurbG gerade wegen des hohen ökologischen Wertes des vom Kläger beseitigten Gehölzbestandes nicht erteilt werden. Soweit der Kläger pauschal bezweifelt, dass der ökologische Wert aus einer Biotopkartierung aus dem Jahre 1998 abgeleitet werden kann, bleibt seine Kritik zu unsubstantiiert. So legt die Beschwerde weder dar, inwiefern der Kläger auf die weitere Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben er rügt, hingewirkt hat, noch, wieso sich die Ermittlungsmaßnahmen dem Gericht auf der Grundlage seiner materiellen Rechtsauffassung von sich aus hätten aufdrängen müssen.

20

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestset-zung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG. Dabei berücksichtigt der Senat neben dem wirtschaftlichen Interesse des Klägers an der Nutzung der streitigen Fläche als Ackerfläche, das der Kläger selbst mit 1 755 € beziffert, die Kosten für die angeordnete Ersatzpflanzung. Insofern sind nicht nur die Kosten für die erstmalige Neubepflanzung auf einer Fläche von immerhin 2 742 qm nach einem recht engen Pflanzschema zu beachten, vielmehr kommen Kosten für etwaige Ersatzpflanzungen, für die Herstellungs- und Erhaltungspflege sowie für Vorsorgemaßnahmen gegen Wildverbiss hinzu.

(1) Das Gericht entscheidet, soweit nichts anderes bestimmt ist, auf Grund mündlicher Verhandlung. Die mündliche Verhandlung soll so früh wie möglich stattfinden.

(2) Mit Einverständnis der Beteiligten kann das Gericht ohne mündliche Verhandlung entscheiden.

(3) Entscheidungen des Gerichts, die nicht Urteile sind, können ohne mündliche Verhandlung ergehen, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Für Absolventen eines Hochschulstudiums können zur Vermittlung weiterer wissenschaftlicher oder beruflicher Qualifikationen oder zur Vertiefung eines Studiums, insbesondere zur Heranbildung des wissenschaftlichen und künstlerischen Nachwuchses, Zusatz-, Ergänzungs- und Aufbaustudien (postgraduale Studien) angeboten werden. Postgraduale Studiengänge, die zu einem Diplom- oder Magistergrad führen, sollen höchstens zwei Jahre dauern. § 19 Abs. 3 bleibt unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.