Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 18. Aug. 2016 - 4 A 59/15
Tenor
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt.
Gründe
I.
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Die Klägerin begehrt eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht. Sie lebt zusammen mit ihren Ehemann und den vier gemeinsamen Kindern in einer Wohnung. Die Klägerin wurde vom Beklagten nach Vorlage entsprechender Bescheinigungen der Sozialleistungsbehörden über Leistungen nach dem SGB II zuletzt bis zum 31.03.2014 von der Rundfunkgebühren- bzw. Rundfunkbeitragspflicht befreit.
- 2
Die Klägerin beantragte beim Beklagten mit Schreiben vom 09.03.2014 die erneute Befreiung vom Rundfunkbeitrag und teilte Folgendes mit: Infolge der Beantragung und Gewährung von sog. Kinderzuschlag nach dem Bundeskindergeldgesetz (BKKG) würde kein Arbeitslosengeld II mehr bezogen. Die Höhe des gewährten Kinderzuschlags liege jedoch unter dem, was der Familie zustehen würde, wenn man Arbeitslosengeld II beantragen würde. Dem Antrag waren folgende Unterlagen beigefügt:
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- Bescheid des Jobcenter Ostholstein vom 25.09.2013 über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.10.2013 bis 31.03.2014
- 4
- Bescheid der Familienkasse Nord vom 28.01.2014 über die Bewilligung von Kinderzuschlag nach § 32 SGB X
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Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 20.06.2014 ab. Hiergegen legte die Klägerin am 13.07.2014 Widerspruch ein und wies darauf hin, dass sie eine Befreiung nach § 4 Abs. 6 Satz 2 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) begehre, da ihr Einkommen die Bedarfsgrenze einer Sozialleistung, die in § 4 Abs. 1 RBStV genannt ist, um weniger als einen monatlichen Rundfunkbeitrag überschreite. Mit Schreiben vom 13.08.2014 wurde die Klägerin um Vorlage entsprechender Bescheinigungen gebeten. Hierauf erwiderte die Klägerin mit Schreiben vom 29.08.2014 und teilte mit, dass es keinen Ablehnungsbescheid des Jobcenters gebe, da man die Behörde aus Zuständigkeitsgründen gewechselt habe. Zwar befinde sich ihr Ehemann seit Juli 2013 in einem festen Arbeitsverhältnis. Das Einkommen decke jedoch nicht das Existenzminimum. Nunmehr beziehe die Familie zusätzliche Leistungen von der Familienkasse in der Form des Kinderzuschlags. Die finanzielle Situation sei jedoch genauso wie beim Bezug von Arbeitslosengeld II. Die Klägerin reichte weiterhin den an sie und ihren Ehemann gerichteten Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2013 vom 03.07.2014 ein.
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Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07.02.2015 - abgeschickt am 20.03.2015 - zurück und führte zur Begründung im Wesentlichen Folgendes aus:
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Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Befreiung gem. § 4 Abs. 1 RBStV. Die Gewährung des Kinderzuschlags beruhe nicht auf einer gesetzlichen Grundlage, die der Gesetzgeber als Befreiungsvoraussetzung festgelegt habe.
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Es liege auch kein besonderer Härtefall nach § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV vor. Dieser stelle keinen pauschalen Auffangtatbestand für all diejenigen dar, die einem der in § 4 Abs. 1 RBStV normierten Personenkreise nicht zugeordnet werden können. Eine Befreiung auf Grund eines besonderen Härtefalls könne vielmehr nur dann gewährt werden, wenn ein atypischer Sachverhalt vorliege, den der Gesetzgeber, hätte er ihn gekannt, so nicht zu Lasten des Antragstellers geregelt hätte. Der Gesetzgeber habe bei der Verabschiedung von § 4 Abs. 1 RBStV jedoch Kenntnis von dem Kreis der Personen mit geringem Einkommen, die einen Kinderzuschlag erhalten, gehabt. Dass der Gesetzgeber die Vielzahl von Personen nur versehentlich nicht in den Katalog des § 4 Abs. 1 RBStV aufgenommen habe, sei ausgeschlossen. Ein atypischer Sachverhalt liege somit nicht vor.
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Die Klägerin könne sich auch nicht auf § 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV berufen. Sie habe trotz Aufforderung keine entsprechenden Nachweise vorgelegt. Eine Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine Befreiung im Rahmen der Härtefallregelung vorliegen, könne nicht erfolgen. Die Berechnung eines Sozialleistungsanspruchs obliege nicht den Landesrundfunkanstalten. Beitragszahler mit einem möglichen Sozialleistungsanspruch müssten sich der Prüfung ihrer wirtschaftlichen Verhältnisse durch die hierfür zuständigen Sozialleistungsbehörden unterziehen.
- 10
Die Klägerin hat am 17.04.2015 Klage erhoben. Unter Vertiefung ihres bisherigen Vortrags trägt sie ergänzend vor, dass sie neben der Gewährung des Kinderzuschlags auch Wohngeld beantragt und gewährt bekommen habe. Sie habe entsprechend § 12a SGB II pflichtgemäß alle Möglichkeiten zur Erlangung von anderen Sozialleistungen ausgeschöpft, um die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II zu vermeiden. Wegen des Vorrangs anderer Sozialleistungen sei eine Inanspruchnahme von Leistungen nach dem SGB II nicht in Betracht gekommen. Die Klägerin sei dennoch bedürftig, da sie auch nach Bewilligung des Kinderzuschlags nicht über ein höheres Einkommen als bei der Gewährung von Leistungen nach dem SGB II verfüge. Die Voraussetzungen von § 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV seien erfüllt.
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Derjenige, der aufgrund des in § 12a SGB II geregelten Vorrangs andere Sozialleistungen erhält, sei wirtschaftlich betrachtet einem Bezieher von Leistungen nach dem SGB II gleichzustellen. Daher sei - auch zur Vermeidung einer Ungleichbehandlung - Raum für eine analoge Anwendung von § 4 Abs. 1 RBStV gegeben.
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Für die Frage, ob ein Härtefall im Sinne von § 4 Abs. 6 RBStV vorliege, könne es nicht darauf ankommen, ob ein Ablehnungsbescheid des zuständigen Jobcenters über die Nichtgewährung von Leistungen nach dem SGB II vorliege. Eine entsprechende Antragstellung würde eine reine Formalität darstellen. Möglicherweise hätte das Jobcenter eine Bearbeitung wegen Unzuständigkeit abgelehnt. Der Beklagte könne sich nicht allein darauf berufen, dass kein Ablehnungsbescheid vorgelegt wurde, aus dem sich ergibt, dass die Einkünfte die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkbeitrags überschreiten. Die Berechnungsgrundsätze bei der Gewährung des Kinderzuschlags seien im Wesentlichen identisch.
- 13
Mit Schreiben vom 23.06.2015 überreichte die Klägerin eine Aufstellung ihrer Einkommens- und Belastungsverhältnisse nebst entsprechenden Anlagen (vgl. Bl. 21 ff. d.A.). Daraus ergebe sich, dass die Einkünfte die Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Gebührenbetrags überschreiten würden. Mit der Bewilligung des Kinderzuschlags durch die Familienkasse sei im Übrigen bereits ein ausreichender Nachweis geführt worden. Ausweislich der Bescheide der Familienkasse bestimme sich die Bemessungsgrenze nach dem elterlichen Bedarf im Sinne der Regelungen zum Arbeitslosengeld II.
- 14
Mit Schriftsatz vom 20.07.2015 legte die Klägerin die Berechnung des Kinderzuschlags durch die Familienkasse für März 2015 vor. Ausweislich der Berechnung übersteige das Einkommen der Klägerin nicht die Bemessungsgrenze.
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Die Klägerin beantragt,
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die Beklagte unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 20.06.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.02.2015 zu verpflichten, die Klägerin von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen und verweist im Wesentlichen auf den Widerspruchsbescheid vom 07.02.2015.
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Mit Beschluss vom 28.07.2016 hat die Kammer den Rechtsstreit gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO dem Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Schriftsätze der Beteiligten und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
II.
- 21
Die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe sind nicht gegeben. Nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 114 ZPO erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. „Hinreichende Aussicht auf Erfolg“ besteht nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 81, 347, 356 ff. m.w.N.) dann, wenn die Erfolgsaussicht in der Hauptsache nicht nur eine entfernte ist. Ob eine hinreichende Erfolgsaussicht besteht, ist anhand einer summarischen Prüfung zu beantworten (vgl. Olbertz, in: Schoch/Schneider/Bier, VwGO, 25. EL 2013, § 166 Rn 29 m.w.N.).
- 22
Nach der insofern gebotenen summarischen Prüfung bietet die beabsichtigte Rechtsverteidigung der Klägerin keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
- 23
Die gemäß § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO auf Verpflichtung des Beklagten zur Erteilung einer Befreiung gerichtete Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Beklagte hat den unter dem 09.03.2014 gestellten Befreiungsantrag der Klägerin zu Recht abgelehnt. Der Klägerin steht kein Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht für den hier streitgegenständlichen Zeitraum nach § 4 RBStV zu. Das Gericht schließt sich den zutreffenden und nachvollziehbaren Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 07.02.2015 an, § 117 Abs. 5 VwGO. Ergänzend gilt Folgendes:
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a) Gemäß § 4 Abs. 1 RBStV werden Personen in den in Nr. 1 bis 10 geregelten Fällen auf Antrag von der Beitragspflicht nach § 2 Abs. 1 RBStV befreit. Der Beginn des Befreiungszeitraums bemisst sich nach § 4 Abs. 4 Satz 1 und 2 RBStV. Die formellen Anforderungen an die Antragstellung ergeben sich aus § 4 Abs. 7 RBStV.
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Die Klägerin kann sich auf keinen der in § 4 Abs. 1 RBStV geregelten Befreiungstatbestände berufen. Sie hat keine entsprechenden Nachweise vorgelegt.
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Nach § 4 Abs. 7 Satz 2 RBStV sind die Voraussetzungen für die Befreiung oder Ermäßigung durch die entsprechende Bestätigung einer Behörde oder des Leistungsträgers im Original oder durch entsprechenden Bescheid im Original oder in beglaubigter Kopie nachzuweisen. Mit der Regelung des § 4 Abs. 1 RBStV hat der Gesetzgeber für sämtliche Befreiungstatbestände das Grundprinzip eingeführt, dass nur demjenigen ein Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht zusteht, dessen Bedürftigkeit durch eine staatliche Sozialbehörde geprüft und mit deren Bescheid bestätigt wurde („bescheidgebundene“ Befreiungsmöglichkeit). Die Befreiungstatbestände des § 4 Abs. 1 RBStV sind abschließend geregelt und die Rundfunkanstalten bei ihrer Entscheidung an die entsprechenden Sozialleistungsbescheide gebunden (vgl. OVG Bautzen, Beschl. v. 09.03.2016 - 3 D 100/15 -; OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 15.10.2015 - OVG 11 B 7.13 - VG des Saarlandes, Urt. v. 10.07.2014 - 6 K 970/13 -; VG Bayreuth, Beschl. v. 25.11.2015 - B 3 S 15.832 -, alle zitiert nach juris).
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Die Klägerin erhält unstreitig weder Leistungen dem SGB II (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 RBStV) noch andere Leistungen im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 RBStV. Weder der Bezug von Kindergeldzuschlag noch die Gewährung von Wohngeld entspricht den gesetzlichen Anforderungen für eine Befreiung gem. § 4 Abs. 1 RBStV.
- 28
Ein Befreiungsanspruch analog § 4 Abs. 1 Nr. 1 RBStV besteht ebenfalls nicht, denn die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung der Norm liegen schon aus systematischen Gründen nicht vor. Wegen des von den normgebenden Staatsvertragsparteien gewollten abschließenden Charakters der Befreiungsgründe nach § 4 Abs. 1 RBStV und insbesondere wegen des Vorhandenseins einer Auffangregelung für Härtefälle, in denen über die in Abs. 1 geregelten Fälle hinaus bei vergleichbarer Bedürftigkeit und atypischer Konstellation gleichwohl vom Rundfunkbeitrag befreit werden kann (§ 4 Abs. 6 RBStV), bedarf es einer solchen analogen Rechtsanwendung nicht (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 05.05.2015 - 16 E 537/14 - juris; VG Sigmaringen, Urt. v. 06.07.2016 - 5 K 4456/15 - juris; VG Gelsenkirchen, Urt. v. 14.12.2015 - 14 K 3864/13 - juris; VG Köln, Urt. v. 08.09.2015 - 17 K 4115/14 m.w.N; zur Vorgängernorm des § 6 RGebStV: BVerwG, Urt. v. 12.10.2011 - 6 C 34.10 - juris). Dieser Auffassung schließt sich das erkennende Gericht an. Aufgrund des unmissverständlichen Wortlauts der Norm ist keine planwidrige, dem mutmaßlichen Willen des Gesetzgebers entgegenstehende, Lücke feststellbar.
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b) Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf eine Beitragsbefreiung wegen eines Härtefalles nach § 4 Abs. 6 RBStV. Danach hat die Landesrundfunkanstalt in besonderen Härtefällen den Rundfunkteilnehmer von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien. Nach § 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV liegt ein Härtefall insbesondere vor, wenn eine Sozialleistung nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 bis 10 RBStVin einem durch die zuständige Behörde erlassenen Bescheid mit der Begründung versagt wurde, dass die Einkünfte die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkgebührenbeitrags überschreiten.
- 30
Die Klägerin hat keinen, die Anforderungen von § 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV erfüllenden, Bescheid vorgelegt. Hierauf hat der Beklagte im Widerspruchsbescheid und in der Klageerwiderung zu Recht hingewiesen.
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Die Regelung des § 4 Abs. 6 Satz 2 unterstreicht den seit dem 01.04.2005 geltenden Grundsatz, dass die Landesrundfunkanstalten nicht gehalten sind, eigenständige Erhebungen und Berechnungen über die Sozialleistungsbedürftigkeit anzustellen, sondern sich auf die - in entsprechende Bescheide bzw. entsprechende Negativtestate der zuständigen Stellen eingeflossenen - Erkenntnisse der Sozialleistungsbehörden stützen (müssen). Einkommensberechnungen sollen von den Landesrundfunkanstalten nach dem Willen des Gesetzgebers nicht mehr vorgenommen werden (vgl. zur Vorgängervorschrift: VGH Mannheim, Urt. v. 02.07.2009 - 2 S 507/09 - juris; OVG Berlin-Brandenburg, a.a.O.). Die Rechtsprechung geht bisher einheitlich davon aus, dass die Rundfunkanstalten die Vorlage eines behördlichen Ablehnungsbescheids verlangen dürfen, um überprüfen zu können, ob die Voraussetzungen einer Befreiung tatsächlich vorliegen. Dafür spricht bereits die Entstehungsgeschichte: Das erklärte Ziel der grundlegenden Neuregelung der Befreiungstatbestände mit dem Achten Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 17.03.2005 war eine deutliche Erleichterung des Verfahrens. Bis dahin mussten die Rundfunkanstalten selbst die Berechnung vornehmen, ob der Betroffene befreit werden könnte. Aus diesem Grund knüpfen sämtliche Befreiungstatbestände des bis zum 31.12.2012 geltenden § 6 Abs. 1 RGebStV an bestehende soziale Leistungen an, so dass insbesondere die bislang umfangreichen und schwierigen Berechnungen der Sozialbehörden und Rundfunkanstalten bei der Befreiung wegen geringen Einkommens entfallen sollten (vgl. OVG Schleswig, Beschl. v. 25.01.2007 - 2 O 46/06 - n.v.; OVG Berlin-Brandenburg, a.a.O.; VG Leipzig, Urt. v. 27.08.2014 - 1 K 655/13 -, juris; VG des Saarlandes, Urt. v. 10.07.2014 - 6 K 970/13 - juris; VG Sigmaringen, Urt. v. 06.07.2016 - 5 K 4456/15 - juris).
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Dies bedeutet, dass die Entscheidung des Beklagten, bestimmte einkommensschwache Personen auf der Grundlage von § 6 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 - 5 sowie 9 und 10 RGebStV von der Rundfunkgebührenpflicht zu befreien, an die Vorlage entsprechender Sozialleistungsbescheide gebunden ist. Angesichts dieses Normzwecks kann die gewollte Beschränkung der Befreiungstatbestände auf durch Leistungsbescheid nachweisbare Fälle der Bedürftigkeit nicht dadurch umgangen werden, dass einkommensschwache Personen, die keine Sozialleistung erhalten, weil sie deren Voraussetzungen (noch) nicht erfüllen oder weil sie diese Leistung nicht in Anspruch nehmen wollen, dem Härtefalltatbestand des § 6 Abs. 3 RGebStV zugeordnet werden (vgl. BVerwG, Beschl. v. 18.06.2008 - 6 B 1.08 - juris).
- 33
Gleiches gilt entsprechend, soweit ab Januar 2013 die neue Rechtslage maßgeblich ist (§ 4 Abs. 6 RBStV). Die Frage, ob der Klägerin nur deshalb eine Sozialleistung nach § 4 Abs. 1 Nrn. 1 bis 10 RBStV in einem durch die zuständige Behörde erlassenen Bescheid mit der Begründung versagt wurde bzw. versagt worden wäre, dass die Einkünfte - auch in Form anderer (vorrangiger) Sozialleistungen - die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkbeitrags überschreiten, ist deshalb allein von der dafür zuständigen Sozialbehörde und nicht vom Beklagten zu beurteilen. Es würde dem dargelegten Sinn und Zweck der Neuregelung der Befreiungstatbestände widersprechen, wenn die Rundfunkanstalten - parallel zur Prüfungskompetenz der Sozialbehörden - umfangreiche und schwierige Überprüfungen vornehmen müssten, um die Voraussetzungen von § 4 Abs. 1 RBStV festzustellen. Es wäre nötig gewesen, Sozialleistungen im Sinne des § 4 Abs. 1 RBStV zu beantragen und unter Vorlage einer Bestätigung des Leistungsträgers oder des Bescheides die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV zu belegen (vgl. OVG Münster, Beschl. v. 05.05.2015 - 16 E 537/14 - juris; VG Hannover, Urt. v. 23.03.2016 - 7 A 2512/15 - juris; VG München, Urt. v. 13.02.2015 - M 6a K 14.2340 - juris, jeweils m.w.N.).
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Es kommt insoweit nicht darauf an, ob es sich bei der Beantragung von Leistungen nach dem SGB II um eine „reine Formalie“ handeln würde. Die Notwendigkeit der Vorlage einer entsprechenden Bescheinigung ergibt sich aus den gesetzlichen Vorgaben und den hierzu in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen. Weder die Beklagte noch das Gericht sind verpflichtet, eigenständige Berechnungen vorzunehmen. Aus diesem Grund sind auch die von der Klägerin vorgelegten Nachweise und die Darstellung ihrer Einkommens- und Belastungssituation nicht entscheidungserheblich.
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d) Die Klägerin kann sich nicht auf einen sonstigen - unbenannten - Härtefall i. S. d. § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV berufen. Ein besonderer Härtefall liegt insbesondere vor, wenn, ohne dass die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 RBStV gegeben sind, eine vergleichbare Bedürftigkeit nachgewiesen werden kann.
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Der Bezug von Kinderzuschlag und Wohngeld reicht insoweit schon deshalb nicht aus, weil dies dem Willen des Gesetzgebers widersprechen würde, der bewusst solche Leistungen nicht in den Katalog des § 4 Abs. 1 RBStV aufgenommen hat. Die Annahme, diese Leistungsfälle seien bei der Schaffung des § 4 Abs. 1 RBStV bzw. der Vorläuferbestimmung des § 6 Abs. 1 Satz 1 RGebStV gleichsam übersehen worden, liegt angesichts der Bedeutung und der weiten Verbreitung der genannten Leistungen und angesichts des Umstandes, dass trotz vielfacher Anpassungen der Staatsverträge in den vergangenen Jahren offensichtlich kein Änderungsbedarf gesehen worden ist, fern.
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Auch hat der Normgeber des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages die Fallkonstellation des niedrigen Einkommens nicht ungeregelt gelassen, sondern ganz bewusst aus dem Katalog der Befreiungsgründe ausgeklammert. Die vorgenommene Beschränkung der Befreiungstatbestände soll nicht dadurch umgangen werden können, dass einkommensschwache Personen, die keine der in § 4 Abs. 1 RBStV benannten Transferleistungen erhalten, weil sie deren Voraussetzungen nicht (mehr) erfüllen oder diese Leistungen nicht beantragen (wollen), die Härtefallregelung des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV für sich in Anspruch nehmen können. § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV enthält nach der Absicht des Gesetzgebers keine allgemeine Härte-Auffangklausel (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.10.2011 - 6 C 34.10 - juris; OVG Bautzen, Beschl. .v. 23.04.2014 - 3 D 6/14 - juris OVG Lüneburg, Beschl. v. 12.05.2009 - 4 LB 188/08 - juris, zu der entspr. Regelung im Rundfunkgebührenstaatsvertrag). Die bloße Einkommensschwäche als solche führt nicht zur Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht (vgl. OVG Bautzen, Beschl. v. 09.03.2016 - 3 D 100/15 - juris).
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Weiterhin liegt ein Zweck des § 4 RBStV darin, eine - ggf. umfangreiche und schwierige - Berechnung des Einkommens und des Bedarfs durch die Rundfunkanstalten bei der Befreiungsentscheidung zu vermeiden. Wie § 4 Abs. 7 Satz 2, 1. Hs RBStV zeigt, hat der Normgeber nicht nur die Befreiung nach den Regeltatbeständen des § 4 Abs. 1 RBStV von der Vorlage eines Leistungsbescheides, der den Empfang einer der dort aufgeführten Transferleistungen nachweist, abhängig gemacht, sondern auch für die Befreiung nach der Härtefallvorschrift des § 4 Abs. 6 RBStV vorausgesetzt, dass eine den Regelfällen entsprechende Bedürftigkeit durch einen Leistungsbescheid nachgewiesen wird.
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Die Klägerin hat vorliegend eine den Regelfällen des § 4 Abs. 1 RBStV entsprechende Bedürftigkeit nicht durch einen hierfür geeigneten Leistungsbescheid nachgewiesen.
- 40
Für das Vorliegen sonstiger atypischer Konstellationen im Sinne des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV ist nichts vorgetragen bzw. ersichtlich.
ra.de-Urteilsbesprechung zu Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 18. Aug. 2016 - 4 A 59/15
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Urteil einreichenSchleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 18. Aug. 2016 - 4 A 59/15 zitiert oder wird zitiert von 5 Urteil(en).
(1) Ein Verwaltungsakt, auf den ein Anspruch besteht, darf mit einer Nebenbestimmung nur versehen werden, wenn sie durch Rechtsvorschrift zugelassen ist oder wenn sie sicherstellen soll, dass die gesetzlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes erfüllt werden.
(2) Unbeschadet des Absatzes 1 darf ein Verwaltungsakt nach pflichtgemäßem Ermessen erlassen werden mit
- 1.
einer Bestimmung, nach der eine Vergünstigung oder Belastung zu einem bestimmten Zeitpunkt beginnt, endet oder für einen bestimmten Zeitraum gilt (Befristung), - 2.
einer Bestimmung, nach der der Eintritt oder der Wegfall einer Vergünstigung oder einer Belastung von dem ungewissen Eintritt eines zukünftigen Ereignisses abhängt (Bedingung), - 3.
einem Vorbehalt des Widerrufs
- 4.
einer Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird (Auflage), - 5.
einem Vorbehalt der nachträglichen Aufnahme, Änderung oder Ergänzung einer Auflage.
(3) Eine Nebenbestimmung darf dem Zweck des Verwaltungsaktes nicht zuwiderlaufen.
Leistungsberechtigte sind verpflichtet, Sozialleistungen anderer Träger in Anspruch zu nehmen und die dafür erforderlichen Anträge zu stellen, sofern dies zur Vermeidung, Beseitigung, Verkürzung oder Verminderung der Hilfebedürftigkeit erforderlich ist. Abweichend von Satz 1 sind Leistungsberechtigte nicht verpflichtet,
- 1.
bis zur Vollendung des 63. Lebensjahres eine Rente wegen Alters vorzeitig in Anspruch zu nehmen oder - 2.
Wohngeld nach dem Wohngeldgesetz oder Kinderzuschlag nach dem Bundeskindergeldgesetz in Anspruch zu nehmen, wenn dadurch nicht die Hilfebedürftigkeit aller Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft für einen zusammenhängenden Zeitraum von mindestens drei Monaten beseitigt würde.
(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn
- 1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.
(1) Die Vorschriften der Zivilprozeßordnung über die Prozesskostenhilfe sowie § 569 Abs. 3 Nr. 2 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Einem Beteiligten, dem Prozesskostenhilfe bewilligt worden ist, kann auch ein Steuerberater, Steuerbevollmächtigter, Wirtschaftsprüfer oder vereidigter Buchprüfer beigeordnet werden. Die Vergütung richtet sich nach den für den beigeordneten Rechtsanwalt geltenden Vorschriften des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes.
(2) Die Prüfung der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nach den §§ 114 bis 116 der Zivilprozessordnung einschließlich der in § 118 Absatz 2 der Zivilprozessordnung bezeichneten Maßnahmen, der Beurkundung von Vergleichen nach § 118 Absatz 1 Satz 3 der Zivilprozessordnung und der Entscheidungen nach § 118 Absatz 2 Satz 4 der Zivilprozessordnung obliegt dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des jeweiligen Rechtszugs, wenn der Vorsitzende ihm das Verfahren insoweit überträgt. Liegen die Voraussetzungen für die Bewilligung der Prozesskostenhilfe hiernach nicht vor, erlässt der Urkundsbeamte die den Antrag ablehnende Entscheidung; anderenfalls vermerkt der Urkundsbeamte in den Prozessakten, dass dem Antragsteller nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen Prozesskostenhilfe gewährt werden kann und in welcher Höhe gegebenenfalls Monatsraten oder Beträge aus dem Vermögen zu zahlen sind.
(3) Dem Urkundsbeamten obliegen im Verfahren über die Prozesskostenhilfe ferner die Bestimmung des Zeitpunkts für die Einstellung und eine Wiederaufnahme der Zahlungen nach § 120 Absatz 3 der Zivilprozessordnung sowie die Änderung und die Aufhebung der Bewilligung der Prozesskostenhilfe nach den §§ 120a und 124 Absatz 1 Nummer 2 bis 5 der Zivilprozessordnung.
(4) Der Vorsitzende kann Aufgaben nach den Absätzen 2 und 3 zu jedem Zeitpunkt an sich ziehen. § 5 Absatz 1 Nummer 1, die §§ 6, 7, 8 Absatz 1 bis 4 und § 9 des Rechtspflegergesetzes gelten entsprechend mit der Maßgabe, dass an die Stelle des Rechtspflegers der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle tritt.
(5) § 87a Absatz 3 gilt entsprechend.
(6) Gegen Entscheidungen des Urkundsbeamten nach den Absätzen 2 und 3 kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden.
(7) Durch Landesgesetz kann bestimmt werden, dass die Absätze 2 bis 6 für die Gerichte des jeweiligen Landes nicht anzuwenden sind.
(1) Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Für die grenzüberschreitende Prozesskostenhilfe innerhalb der Europäischen Union gelten ergänzend die §§ 1076 bis 1078.
(2) Mutwillig ist die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung, wenn eine Partei, die keine Prozesskostenhilfe beansprucht, bei verständiger Würdigung aller Umstände von der Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung absehen würde, obwohl eine hinreichende Aussicht auf Erfolg besteht.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.
(2) Das Urteil enthält
- 1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren, - 2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, - 3.
die Urteilsformel, - 4.
den Tatbestand, - 5.
die Entscheidungsgründe, - 6.
die Rechtsmittelbelehrung.
(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.
(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.
(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.
(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.
Tenor
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Gründe
I.
Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage (Az.: B 3 K 15.833) gegen den Festsetzungsbescheid des Antragsgegners vom
Er ist seit 1960 unter der Anschrift „... gemeldet und wird seit
Mit Bescheid vom
Mit Schreiben vom
Mit Widerspruchsbescheid vom
Mit Schreiben vom
Mit Antrag vom 11.11.2015, erhoben zur Niederschrift des Verwaltungsgerichts Bayreuth, beantragte der Antragsteller, den Widerspruchsbescheid vom 19.10.2015 aufzuheben und ihm die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht zu gewähren. Zugleich beantragte er,
die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.
Zur Begründung wurde angegeben, dass aufgrund des tatsächlichen Einkommens des Antragstellers im Rahmen der Härtefallregelung die Voraussetzungen für eine Gebührenbefreiung vorliegen würden. Da er keine Sozialleistungen vom Staat haben wolle, könne er aber keine Bestätigung des Sozialamtes vorlegen. Außerdem sei er für die angegebene Wohnung nicht Wohnungsinhaber. Die benannte Anschrift sei für ihn nur eine reine Meldeanschrift, da er die letzten drei Jahre bei Freunden wohnhaft gewesen sei. Ansonsten sei er nur mit dem Geschäftsauto unterwegs. Das Eigentum, das ihm zur Verfügung stehe, beinhalte keine Wohnung für ihn. In der Scheune habe er seine Arbeitsgeräte untergebracht; eine Bewohnbarkeit sei hier nicht gegeben. Seine Eltern seien 2011 ins Seniorenheim gekommen. Bis dahin habe er selbst im Elternhaus gewohnt. Seither stehe das Haus leer.
Außerdem legte der Antragsteller Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2012, 2013 und 2014 vor. Daraus ergibt sich, dass die Einkünfte des Antragstellers (aus Gewerbebetrieb) im Kalenderjahr 2012 3.809,00 EUR und im Kalenderjahr 2014 3.369,00 EUR betrugen. Die Einkommenssteuer wurde jeweils auf 0,00 EUR festgesetzt.
Mit Schriftsatz vom
den Antrag abzulehnen.
Er sei nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO bereits unzulässig. Nach § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO sei in den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO - worunter auch Rundfunkbeiträge fallen würden - der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt habe. Der Antragsteller habe vorliegend keinen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des streitgegenständlichen Festsetzungsbescheides vom 01.05.2015 gestellt, sondern sich unmittelbar mit dem Antrag vom 11.11.2015 an das Verwaltungsgericht Bayreuth gewandt. Eine Ausnahme nach § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO liege nicht vor, da keine Vollstreckung aus dem streitgegenständlichen Beitragsbescheid drohe. Rein hilfsweise werde ausgeführt, dass der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO zudem unbegründet sei. Der Festsetzungsbescheid vom 01.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.10.2015 sei rechtmäßig. Der Antragsteller habe die gesetzliche Vermutung der Wohnungsinhaberschaft nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RBStV bisher nicht durch entsprechende Nachweise widerlegt. Außerdem sei sein Vorbringen widersprüchlich, weil der Antragsteller bei der Niederschrift vom 11.11.2015 angegeben habe, unter der Anschrift ... wohnhaft zu sein. Schließlich stehe dem Antragsteller im streitgegenständlichen Zeitraum auch kein Anspruch auf eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht nach § 4 Abs. 1 und 6 RBStV zu. Diese knüpfe an den Bezug bestimmter sozialer Leitungen an. Selbst wenn man zugunsten des Antragstellers davon ausgehe, dass er mit seinem Widerspruch vom 18.05.2015 einen Befreiungsantrag gestellt habe, so komme als Beginn für eine Befreiung gemäß § 4 Abs. 4 Satz 2 RBStV frühestens der 01.06.2015 in Betracht. Zudem habe der Antragsteller die Vorrausetzungen für eine Befreiung nicht gemäß § 4 Abs. 7 Satz 2 RBStV durch die entsprechende Bestätigung der Behörde oder des Leistungsträgers im Original oder durch den entsprechenden Bescheid im Original oder in beglaubigter Kopie nachgewiesen. Es liege auch kein besonderer Härtefall nach § 4 Abs. 6 RBStV vor. Diese Vorschrift stelle keinen bloßen Auffangtatbestand dar, der stets greife, wenn die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 4 Abs. 1 RBStV nicht vorlägen. Ein Härtefall liege nur vor, wenn eine vergleichbare Bedürftigkeit mit dem in § 4 Abs. 1 Nrn. 1 bis 10 RBStV genannten Personenkreis nachgewiesen werden könne. Eine bloße Einkommensschwäche als solche führe nicht zu einer Beitragsbefreiung. Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV seien gemäß § 4 Abs. 7 Satz 2 RBStV durch einen entsprechenden Ablehnungsbescheid im Original oder in beglaubigter Kopie nachzuweisen. Allein die nicht durch entsprechende Leistungsbescheide nachgewiesene materielle Bedürftigkeit führe nicht zu einer Befreiung von der Beitragspflicht gemäß § 4 Abs. 6 RBStV.
Am
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf die Behörden- und die Gerichtsakte Bezug genommen.
II.
1. Der Antrag ist bereits unzulässig, hätte aber auch in der Sache keinen Erfolg.
a) Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO ist unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 80 Abs. 6 VwGO nicht erfüllt sind. Nach dieser Vorschrift ist, wenn die aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 1 VwGO) - wie hier - entfällt, weil der angefochtene Bescheid die Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO) zum Gegenstand hat, der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt (§ 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO) oder über einen solchen Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat (§ 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 VwGO) oder eine Vollstreckung droht (§ 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO). Da § 80 Abs. 6 VwGO nicht nur eine bloße Sachentscheidungsvoraussetzung normiert‚ die noch im Laufe des gerichtlichen Eilverfahrens verwirklicht werden könnte‚ sondern eine Zugangsvoraussetzung‚ die nicht nachgeholt werden kann, muss eine der genannten Voraussetzungen im Zeitpunkt der Antragstellung vorliegen.
Vorliegend hat der Antragsteller im Verwaltungsverfahren einen nach § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO grundsätzlich erforderlichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung weder konkludent noch ausdrücklich gestellt. Weil der Antragsteller ein solches „Vorverfahren“ nicht eingeleitet hat, liegen somit die Zugangsvoraussetzungen des § 80 Abs. 6 Satz 1 und 2 Nr. 1 VwGO nicht vor. Dem Antragsteller droht auch keine Vollstreckung i. S. d. § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO. Die schriftliche Mahnung vom 02.11.2015, die den formularmäßigen Hinweis auf Vollstreckungsmaßnahmen bei nicht fristgerechter Zahlung enthält, stellt keine konkrete Vorbereitungshandlung dar (vgl. BayVGH, B. v. 09.06.2008 - 8 CS 08.1117 - juris Rn. 3), zumal der Antragsgegner am 17.11.2015 das Beitragskonto des Antragstellers vorläufig mahn- und sollausgesetzt hat. Zudem ist bisher kein Vollstreckungsersuchen i. S. d. Art. 24 Abs. 1 BayVwZVG erstellt worden.
b) Der unzulässige Antrag hat auch in der Sache keinen Erfolg.
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alternative 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen und die vorläufige Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige und nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO).
Das Gericht hat bei seiner Entscheidung die Interessen des Antragstellers, des Antragsgegners und der Allgemeinheit zu berücksichtigen. Hierbei sind neben der Intensität des Eingriffs und der Unwiederbringlichkeit des drohenden Rechtsverlustes die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Das Suspensivinteresse des Antragstellers überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts vor allem dann, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen, denn an der sofortigen Vollziehung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts besteht kein öffentliches Interesse. Ernstliche Zweifel liegen dann vor, wenn die im Anordnungsverfahren gebotene summarische Überprüfung ergibt, dass ein Obsiegen des Antragstellers im Hauptsacheverfahren wahrscheinlich ist. Erscheint der angegriffene Verwaltungsakt dagegen als offensichtlich rechtmäßig, ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alternative 1 VwGO abzulehnen, weil in diesem Falle das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das Suspensivinteresse des Antragstellers überwiegt.
Gemessen hieran ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO unbegründet, weil der streitgegenständliche Festsetzungsbescheid vom
aa) Der Antragsteller ist nach § 2 Abs. 1 RBStV rundfunkbeitragspflichtig.
Gemäß § 2 Abs. 1 RBStV ist im privaten Bereich für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag zu entrichten.
Unerheblich ist deshalb zunächst der Einwand des Antragstellers, dass er keine Rundfunkgeräte benutze. Denn die Beitragspflicht nach § 2 Abs. 1 RBStV ist wohnungs- und nicht gerätebezogen.
Inhaber einer Wohnung ist nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RBStV jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohnt. Als Inhaber wird nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 jede Person vermutet, die dort nach dem Melderecht gemeldet ist. Der Antragsteller ist ausweislich des vom zuständigen Einwohnermeldeamt im Rahmen des einmaligen Meldedatenabgleichs übermittelten Datensatzes bereits seit 1960 unter der Anschrift ... gemeldet. Er wird daher kraft Gesetzes als Inhaber dieser Wohnung vermutet. Diese Vermutung hat der Antragsteller nicht durch entsprechende Nachweise substantiiert widerlegt. Er hat lediglich behauptet, dass es sich bei der vorgenannten Adresse um eine reine Meldeanschrift handele und dass er die letzten drei Jahre bei Freunden wohnhaft gewesen sei. Einen Nachweis für seine Behauptungen hat der Antragsteller auch im gerichtlichen Verfahren nicht vorgelegt, obwohl ihn der Antragsgegner im Widerspruchsbescheid vom 19.10.2015 gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 der BR-Rundfunkbeitragssatzung darauf hingewiesen bzw. aufgefordert hat, Nachweise durch Urkunde zu erbringen. Für eine substantiierte Widerlegung der Vermutung der Wohnungsinhaberschaft nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RBStV wäre es daher erforderlich gewesen, dass der Antragsteller z. B. die Namen und die Anschrift seiner Freunde (ggf. eidesstattlich) benennt oder dass er eine schriftliche (ggf. eidesstattliche) Erklärung seiner Freunde vorlegt, die seine Behauptung stützen. Ein solcher oder ähnlicher Nachweis ist jedoch seitens des Antragstellers nicht vorgelegt worden. Die Vermutung des § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RBStV ist daher nicht widerlegt worden.
Im Übrigen hält das Gericht den Vortrag des Antragstellers, dass er unter der Adresse ... nicht wohnhaft sei, für eine reine Schutzbehauptung. Diese Einlassung zur Wohnungsinhaberschaft ist unglaubhaft, weil der Antragsteller laut der von ihm unterschriebenen Niederschrift des Verwaltungsgerichts Bayreuth
bb) Nach den Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes vom 15.05.2014 (Vf. 8-VII-12
Inzwischen hat auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 19.06.2015 (Az.: 7 BV 14.1707) entschieden, dass die Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags im privaten Bereich für jede Wohnung durch deren Inhaber verfassungsgemäß ist. Dieser Rechtsauffassung schließt sich das Verwaltungsgericht Bayreuth an.
cc) Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht nach § 4 Abs. 1 RBStV.
Von der Beitragspflicht nach § 2 Abs. 1 RBStV werden gemäß § 4 Abs. 1 RBStV auf Antrag Personen befreit, wenn sie eine der in § 4 Abs. 1 Nrn. 1 bis 10 RBStV aufgezählten Sozialleistungen beziehen. Mit der Regelung des § 4 Abs. 1 RBStV hat der Gesetzgeber für sämtliche Befreiungstatbestände das Grundprinzip eingeführt, dass nur demjenigen ein Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht zusteht, dessen Bedürftigkeit durch eine staatliche Sozialbehörde geprüft und mit deren Bescheid bestätigt wurde („bescheidgebundene“ Befreiungsmöglichkeit). Die Befreiungstatbestände des § 4 Abs. 1 RBStV sind abschließend geregelt und die Rundfunkanstalten bei ihrer Entscheidung an die entsprechenden Sozialleistungsbescheide gebunden (VG des Saarlandes, U. v. 10.07.2014 - 6 K 970/13 - juris Rn. 31). Die Bescheidgebundenheit ergibt sich aus § 4 Abs. 4, 5 und 7 RBStV. So sind nach § 4 Abs. 7 Satz 2 RBStV die Voraussetzungen für die Befreiung durch die entsprechende Bestätigung der Behörde oder des Leistungsträgers im Original oder durch den entsprechenden Bescheid im Original oder in beglaubigter Kopie nachzuweisen. Allein der Umstand geringen Einkommens ohne Vorlage eines entsprechenden Sozialleistungsbescheides führt hingegen nicht zu einer Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht. Sinn und Zweck der Regelung des § 4 Abs. 1 RBStV ist es, das den Rundfunkanstalten obliegende Massenverfahren der Erhebung bzw. der Befreiung von Rundfunkgebühren dadurch zu erleichtern, dass die Rundfunkanstalten im Wege ihrer Bindung an Sozialleistungsbescheide von der Verpflichtung befreit werden, eigene umfangreiche und schwierige Einkommens- und Bedarfsberechnungen vornehmen zu müssen (vgl. VG des Saarlandes, U. v. 10.07.2014 a. a. O. juris Rn. 40).
Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat der Antragsteller die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 RBStV nicht durch einen entsprechenden Sozialleistungsbescheid nachgewiesen.
Unerheblich ist, dass der Antragsteller Einkommenssteuerbescheide für 2012, 2013 und 2014 vorlegt hat. Hierbei handelt es sich nicht um Sozialleistungsbescheide einer Sozialbehörde i. S. d. § 4 Abs. 7 Satz 2 RBStV. Das Finanzamt ist keine Sozialbehörde in diesem Sinne, weil es keine Sozialleistungen i. S. d. § 4 Abs. 1 Nrn. 1 bis 10 RBStV bewilligt. Dementsprechend lässt sich den vorgelegten Einkommensteuerbescheiden auch nicht entnehmen, ob der Antragsteller bedürftig ist oder nicht. Das Finanzamt hat im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung lediglich das Einkommen bzw. die Einkünfte des Antragstellers ermittelt und festgesetzt, nicht jedoch das Vermögen des Antragstellers geprüft. Eine Bedürftigkeitsprüfung durch das Finanzamt hat also nicht stattgefunden. Ein Einkommenssteuerbescheid ist daher offenkundig kein geeigneter Nachweis für das Vorliegen einer Beitragsbefreiung nach § 4 Abs. 1 RBStV.
Der Antragsteller muss sich insoweit zu seinen Ungunsten entgegenhalten lassen, dass er entgegen seinen rundfunkrechtlichen Obliegenheiten keine Sozialleistungen i. S. d. § 4 Abs. 1 Nrn. 1 bis 10 RBStV beantragt hat und somit keine entsprechenden Bestätigungen i. S. d. § 4 Abs. 7 Satz 2 RBStV vorlegen kann.
Im Übrigen hätte der mit Widerspruch vom
dd) Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht nach § 4 Abs. 6 RBStV.
Unbeschadet der Beitragsbefreiung nach § 4 Abs. 1 RBStV hat die Landesrundfunkanstalt gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV in besonderen Härtefällen auf gesonderten Antrag von der Beitragspflicht zu befreien. Ein Härtefall liegt insbesondere vor, wenn eine Sozialleistung nach § 4 Abs. 1 Nrn. 1 bis 10 RBStV in einem durch die zuständige Behörde erlassenen Bescheid mit der Begründung versagt wurde, dass die Einkünfte die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkbeitrags überschreiten, § 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV.
Vorliegend ist kein solcher besonderer Härtefall i. S. d. § 4 Abs. 6 RBStV gegeben.
Der Antragsteller hat insbesondere keinen ablehnenden Bescheid einer Sozialleistungsbehörde i. S. d. § 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV vorgelegt, weil er es obliegenheitswidrig unterlassen hat, zunächst Sozialleistungen zu beantragen. Er ist damit auch seinen Nachweispflichten aus § 4 Abs. 7 Satz 2 RBStV nicht nachgekommen. Ein Härtefall nach § 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV liegt also nicht vor und ist auch nicht nachgewiesen worden.
Der Antragsteller kann sich auch sonst nicht auf einen besonderen Härtefall i. S. d. § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV berufen. Denn derjenige, der nicht über den Nachweis in Form eines entsprechenden Bescheides der Sozialbehörde verfügt, kann auch aus der allgemeinen Härtefallregelung des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV keinen Befreiungsanspruch herleiten. Die Härtefallregelung ist nämlich keine generelle Auffangvorschrift für alle Fälle, in denen die abschließend aufgeführten Befreiungstatbestände nicht oder nicht vollständig erfüllt sind. Das Tatbestandsmerkmal der besonderen Härte erfasst vielmehr nur diejenigen Fälle, die nicht von der Typologie der im Einzelnen aufgeführten Befreiungstatbestände erfasst werden, d. h. atypische vom Normgeber versehentlich nicht berücksichtigte Bedarfslagen (vgl. VG des Saarlandes, U. v. 10.07.2014 a. a. O. juris Rn. 38). Eine solche atypische Bedarfslage ist vorliegend nicht gegeben, weil der Antragsteller bewusst und obliegenheitswidrig keine Sozialleistungen beantragt und daher die in § 4 Abs. 1 Nrn. 1 bis 10, Abs. 6 Satz 2 RBStV speziell und abschließend geregelten Befreiungstatbestände umgeht. Ein Rückgriff auf die allgemeine Härtefallregelung des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV ist in diesem Fall ausgeschlossen.
Im Übrigen hätte der gemäß § 4 Abs. 6 RBStV konkludent gestellte Befreiungsantrag vom 18.05.2015 auf die Rechtmäßigkeit des Festsetzungsbescheides vom 01.05.2015 keinen Einfluss, weil er gemäß § 4 Abs. 6 Satz 3 RBStV i. V. m. § 4 Abs. 4 Satz 2 RBStV erst zum 01.06.2015 zu einer Beitragsbefreiung hätte führen können.
2. Der Antragsteller hat nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden gemäß § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben, weil das Verfahren die Befreiung von Rundfunkgebühren zum Gegenstand hat und damit eine Angelegenheit der Fürsorge i. S. d. § 188 Satz 1 VwGO betroffen ist.
(1) Die Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende werden erbracht in Form von
(2) Die nach § 6 zuständigen Träger wirken darauf hin, dass erwerbsfähige Leistungsberechtigte und die mit ihnen in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen die erforderliche Beratung und Hilfe anderer Träger, insbesondere der Kranken- und Rentenversicherung, erhalten. Die nach § 6 zuständigen Träger wirken auch darauf hin, dass Kinder und Jugendliche Zugang zu geeigneten vorhandenen Angeboten der gesellschaftlichen Teilhabe erhalten. Sie arbeiten zu diesem Zweck mit Schulen und Kindertageseinrichtungen, den Trägern der Jugendhilfe, den Gemeinden und Gemeindeverbänden, freien Trägern, Vereinen und Verbänden und sonstigen handelnden Personen vor Ort zusammen. Sie sollen die Eltern unterstützen und in geeigneter Weise dazu beitragen, dass Kinder und Jugendliche Leistungen für Bildung und Teilhabe möglichst in Anspruch nehmen.
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 22. April 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des gerichtskostenfreien Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
1
Gründe
2Die Beschwerde der Klägerin ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Klageverfahren nicht in Betracht kommt, weil die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
3Der Senat legt seiner Entscheidung zugrunde, dass sich das Klageverfahren lediglich auf einen Befreiungszeitraum vom 1. Mai 2013 bis zum 31. August 2013 bezieht, wobei davon ausgegangen wird, dass die Klägerin nur insoweit eine gerichtliche Entscheidung begehrt, wie dies im Rahmen der Zulässigkeit möglich ist. Der Anfangszeitpunkt ergibt sich aus § 4 Abs. 4 Satz 2 RundfBeitrStV. Danach beginnt die Befreiung oder Ermäßigung, sofern nicht Satz 1 der Bestimmung eingreift, mit dem Ersten des Monats, der der Antragstellung folgt. Vorliegend hat die Klägerin den Antrag auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht mit Schreiben vom 11. April 2013 gestellt; am 18. April 2013 ist dieser beim Beitragsservice des Beklagten eingegangen. Der Fall des § 4 Abs. 4 Satz 1 RundfBeitrStV greift nicht ein, weil der Antrag nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Erstellung des mitübersandten Bewilligungsbescheides ‑ hier: des Bescheides der Bundesagentur für Arbeit vom 30. Januar 2013 ‑ gestellt worden ist, wobei es sich nicht auswirkt, dass dieser Bescheid über den Bezug von Leistungen nach dem SGB III seinem Inhalt nach nicht zu einer Befreiung nach § 4 Abs. 1 RundfBeitrStV führen konnte. Das Ende des der rechtlichen Prüfung zugrundezulegenden Zeitraums folgt aus der Gültigkeitsdauer des genannten Bescheides (§ 4 Abs. 4 Satz 3 RundfBeitrStV), wobei der Umstand vernachlässigt werden kann, dass der genannte Bescheid die beiden letzten Tage des Befreiungsmonats August 2013 nicht mehr erfasst hat. Der Beschränkung der Klage auf den genannten Zeitraum steht nicht entgegen, dass der mit dem Befreiungsantrag übersandte Bewilligungsbescheid ebenso wie die nachfolgend übersandten Bescheide im Ergebnis ‑ da nicht von § 4 Abs. 1 RundfBeitrStV erfasst ‑ allenfalls über den Härtefalltatbestand des § 4 Abs. 6 Satz 1 RundfBeitrStV zu einer Befreiung führen konnten. Zwar hat der Senat schon für das Recht der Rundfunkgebührenbefreiung wiederholt entschieden, dass sich das Ende des gerichtlicher Überprüfung zugänglichen Befreiungszeitraums nach dem Monat der abschließenden Verwaltungsentscheidung ‑ hier: dem Erlass des Widerspruchsbescheides ‑ richtet, wenn das Befreiungsbegehren auf den Härtefalltatbestand abzielt,
4vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Juli 2007 ‑ 16 E 294/07 ‑, juris, Rn. 2 f., und vom 13. März 2013 ‑ 16 A 326/12 ‑, juris, Rn. 2 f.,
5und für das nunmehr geltende Recht der Rundfunkbeitragsbefreiung ergibt sich nichts anderes. Der genannte Grundsatz gilt indes nicht, wenn der Härtefallantrag nicht ganz allgemein auf eine schlechte wirtschaftliche Lage des betroffenen Rundfunkteilnehmers, sondern auf Bescheide gestützt wird, auch wenn diese nicht zu den Bescheiden i. S. v. § 6 Abs. 1 des vormaligen Rundfunkgebührenstaatsvertrages bzw. nunmehr von § 4 Abs. 1 RundfBeitrStV gehören. In solchen Fällen liegt es näher, im Ausgangspunkt das verfahrensgegenständliche Befreiungsbegehren mit dem Geltungszeitraum der vorgelegten Bescheide zu synchronisieren.
6Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. August 2014 ‑ 16 E 198/14 ‑, juris, Rn. 4.
7Es wirkt sich auf das Ende des in den Blick zu nehmenden Befreiungszeitraums auch nicht aus, dass die Klägerin im Widerspruchsverfahren weitere Bescheide ‑ darunter auch einen Wohngeldbescheid ‑ vorgelegt und ihren Befreiungsanspruch nunmehr mit dem (kumulierten) Bezug von Arbeitslosengeld nach dem SGB III und von Wohngeld begründet hat. Denn jedenfalls die Geltung des vorgelegten Wohngeldbescheides war wiederum bis Ende des Monats August 2013 befristet. Vor diesem Hintergrund fehlt es schließlich auch an Anhaltspunkten dafür, dass die Klägerin einen über den soeben skizzierten Rahmen hinausgehenden Zeitraum – unzulässiger-weise – der gerichtlichen Prüfung unterziehen wollte.
8Für den genannten Zeitraum ergibt sich kein Befreiungsanspruch. Weder der Bezug von Arbeitslosengeld nach dem SGB III noch die Wohngeldberechtigung gehören zu den Befreiungstatbeständen nach § 4 Abs. 1 RundfBeitrStV. Das folgt schon daraus, dass diese beiden Leistungsarten in der genannten abschließenden Bestimmung nicht aufgeführt sind.
9Zum abschließenden Charakter der Aufzählung in der Vorläuferbestimmung des § 6 Abs. 1 Satz 1 RundfGebStV vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. April 2013 ‑ 16 A 2375/11 ‑, FEVS 65, 184 = juris, Rn. 32 f. m. w. N.
10Auch eine analoge Anwendung ‑ etwa ‑ des § 4 Abs. 1 Nr. 3 RundfBeitrStV (Sozialgeld und Arbeitslosengeld II) auf das Arbeitslosengeld I nach dem SGB III bzw. auf das Wohngeld kommt wegen des abschließenden Charakters des Katalogs des § 4 Abs. 1 RundfBeitrStV nicht in Betracht.
11Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. April 2013 ‑ 16 A 2375/11 ‑, a. a. O. (m. w. N.).
12Aller Voraussicht nach hatte die Klägerin auch keinen Anspruch auf Rundfunkbeitragsbefreiung wegen eines Härtefalles nach § 4 Abs. 6 Satz 1 RundfBeitrStV. Der Bezug von Arbeitslosengeld nach dem SGB III sowie von Wohngeld reicht insoweit schon deshalb nicht aus, weil dies dem Willen des Gesetzgebers bzw. der Vertragsschließenden widersprechen würde, die bewusst solche Leistungen nicht in den Katalog des § 4 Abs. 1 RundfBeitrStV aufgenommen haben. Die Annahme, diese Leistungsfälle seien bei der Schaffung des § 4 Abs. 1 RundfBeitrStV bzw. der Vorläuferbestimmung des § 6 Abs. 1 Satz 1 RundfGebStV gleichsam übersehen worden, liegt fern angesichts der Bedeutung und der weiten Verbreitung der genannten Leistungen und angesichts des Umstandes, dass trotz vielfacher Anpassungen der Staatsverträge in den vergangenen Jahren hinsichtlich des Arbeitslosengeldes I und des Wohngeldes offensichtlich kein Änderungsbedarf gesehen worden ist. Außerdem lassen der Bezug von Arbeitslosengeld I ‑ einer sozialversicherungsrechtlichen Leistung ‑ und von Wohngeld keinen sicheren Rückschluss auf eine etwa den Fällen des § 4 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 RundfBeitrStV vergleichbare wirtschaftliche Lage zu, weil der Zuerkennung dieser Leistungen keine umfassende Bedürftigkeitsprüfung vorangeht.
13Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 25. März 2009 ‑ 16 A 315/08 ‑ und vom 25. April 2013 ‑ 16 E 1206/12 ‑.
14Schließlich ist kein Härtefall i. S. v. § 4 Abs. 6 Satz 2 RundfBeitrStV ersichtlich. Nach dieser Bestimmung liegt ein Härtefall insbesondere vor, wenn eine Sozialleistung nach § 4 Abs. 1 Nrn. 1 bis 10 RundfBeitrStV in einem durch die zuständige Behörde erlassenen Bescheid mit der Begründung versagt wurde, dass die Einkünfte die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkbeitrags überschreiten. Einen solchen Bescheid hat die Klägerin nicht vorgelegt. Sie kann auch nicht allein deshalb beanspruchen, so gestellt zu werden, als liege ein solcher Bescheid vor, weil Bemühungen um die Erlangung eines solchen Bescheides bei dem betreffenden Leistungsträger erfolglos geblieben sind. § 4 Abs. 6 Satz 2 RundfBeitrStV unterstreicht den seit dem 1. April 2005 geltenden Grundsatz, dass die Landesrundfunkanstalten nicht gehalten sind, eigenständige Erhebungen und Berechnungen über die Sozialleistungsbedürftigkeit anzustellen, sondern sich auf die ‑ in entsprechende Bescheide bzw. entsprechende Negativtestate der zuständigen Stellen eingeflossenen ‑ Erkenntnisse der Sozialleistungsbehörden stützen. Daher war die Klägerin gehalten, sich nicht mit der Ablehnung einer Negativbescheinigung durch eine Mitarbeiterin des Sozialamtes der Stadt C. zufriedenzugeben, sondern einen förmlichen Antrag auf ergänzende Sozialleistungen zu stellen, und zwar sinnvollerweise bei der Agentur für Arbeit bzw. dem zuständigen Jobcenter, weil sie grundsätzlich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht.
15Abgesehen davon sprechen die Angaben der Klägerin dagegen, dass ihre Einkünfte den Bedarfssatz etwa für die Leistungsberechtigung nach dem SGB II ("Hartz IV") unterschreiten bzw. nur geringfügig ‑ um weniger als den monatlichen Rundfunkbeitrag ‑ überschreiten. Ihren eigenen Angaben sowie der Berechnung im von ihr übersandten Wohngeldbescheid des Oberbürgermeisters der Stadt C. vom 2. Dezember 2013 kann entnommen werden, dass sie während der hier fraglichen Zeitspanne über ein monatliches Einkommen von 845,70 Euro verfügte, das sich aus dem Arbeitslosengeld I (626,70 Euro), Unterhalt (150 Euro) sowie Wohngeld (75 Euro) zusammensetzte, wobei sich der Wohngeldbetrag aus dem nur unvollständig in den Akten enthaltenen Bescheid vom 2. Mai 2013 ergibt. Der sozialhilferechtliche Bedarf wird zumindest im Wesentlichen durch den Regelsatz für Alleinlebende bzw. den Haushaltsvorstand (seinerzeit 382 Euro) sowie die (angemessenen) Unterkunftskosten bestimmt, wobei letztere in dem Wohngeldbescheid mit 385 Euro beziffert worden sind, während in der Prozesskostenhilfeerklärung lediglich 340 Euro angegeben werden. In jedem Fall ergibt sich das Bild, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit der sozialhilferechtliche Bedarf deutlich überschritten wurde.
16Die Kostenentscheidung beruht auf § 188 Satz 2 VwGO sowie aus § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.
17Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
Tatbestand
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Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
1
Tatbestand
2Der verstorbene Ehemann der Klägerin war unter der Teilnehmernummer 000 000 000 mit einem Radio und einem Fernsehgerät als Rundfunkteilnehmer gemeldet. Er war Inhaber eines Schwerbehindertenausweises, in den das Merkzeichen RF eingetragen war. Aufgrund dessen war er vom Beklagten zuletzt mit Bescheid vom 15.06.2010 ab dem 01.07.2010 gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 8 Rundfunkgebührenstaatsvertrag (RGebStV) unbefristet von der Rundfunkgebührenpflicht befreit worden.
3Unter dem 25.11.2011 teilte die Klägerin mit, dass ihr Ehemann verstorben sei, und stellte zugleich einen eigenen Antrag auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht. Sie legte hierzu eine Kopie ihres Schwerbehindertenausweises vor, in dem die Merkzeichen „B“, „R“, „aG“, „H“ und „RF“ sowie ein Grad der Behinderung von 100 vermerkt waren.
4Der Beklagte schrieb das Teilnehmerkonto daraufhin auf die Klägerin um und vermerkte eine unbefristete Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht.
5Unter dem 14.10.2012 stellte die Klägerin einen Antrag auf Befreiung von der Beitragspflicht. Sie trug ergänzend vor, dass sie Empfängerin von Leistungen der Pflegeversicherung der Techniker Krankenkasse in Höhe von 440 Euro monatlich sei.
6Der Beklagte lehnte den von ihm als Antrag auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht verstandenen Antrag mit Bescheid vom 29.10.2012 ab. Zur Begründung führte er aus, die beigefügten Unterlagen wiesen nicht nach, dass die Klägerin die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 6 Abs. 1 RGebStV erfülle.
7Mit Schreiben vom 06.11.2012 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass die bisher vermerkte unbefristete Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht ab dem 01.01.2013 automatisch auf den ermäßigten Beitrag umgestellt werde.
8Mit Schreiben vom 26.11.2012 machte die Klägerin durch ihre damalige Bevollmächtigte geltend, dass der Beitrag nicht nur zu ermäßigen, sondern sie auch ab 2013 unbefristet von der Beitragspflicht zu befreien sei. Sie sei Inhaberin eines Schwerbehindertenausweises mit dem Merkzeichen „RF“ und beziehe seit 01.04.1995 Pflegegeld nach § 37 SGB XI.
9Der Beklagte führte hierzu mit Schreiben vom 18.01.2013 aus, dass die Zahlung eines ermäßigten Rundfunkbeitrages von 5,99 Euro monatlich für schwerbehinderte Personen mit dem Merkzeichen „RF“ ab dem 1.1.2013 in § 14 Abs. 4 Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) ausdrücklich geregelt sei. Eine (vollständige) Befreiung sei für diesen Personenkreis nur noch möglich, wenn eine bestimmte soziale Leistung wie z.B. Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe gewährt werde. Bei dem Bezug von Pflegegeld nach SGB XI seitens der Krankenkasse handele es sich nicht um eine solche Leistung.
10Nachdem die Klägerin trotz entsprechender Zahlungsaufforderungen den ermäßigten Rundfunkbeitrag nicht zahlte, setzte der Beklagte mit Bescheid vom 02.08.2013 rückständige Rundfunkbeiträge für den Zeitraum Januar bis März 2013 und mit Bescheid vom 01.09.2013 rückständige Rundfunkbeiträge für den Zeitraum April bis Juni 2013, jeweils in Höhe von 17,97 Euro zuzüglich eines Säumniszuschlages von 8 Euro, fest.
11Die Klägerin legte gegen beide Bescheide Widerspruch ein und beantragte die Aussetzung der Vollziehung. Zur Begründung machte sie geltend, dass für sie keine Beitragspflicht bestehe. Sie sei hiervon seit 1982 befreit.
12Der Beklagte wies die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 24.06.2014 – zugestellt am 30.06.2014 – zurück und lehnte zugleich eine Aussetzung der Vollziehung der angegriffenen Bescheide ab. Zur Begründung führte er aus: Seit dem 01.01.2013 habe sich die Rundfunkfinanzierung geändert. Der Rundfunkbeitrag ersetze die bisherige Rundfunkgebühr. Der zugunsten des verstorbenen Ehemannes der Klägerin erlassene Befreiungsbescheid vom 15.06.2010 sei auf der Grundlage des Rundfunkgebührenstaatsvertrages erlassen worden. Mit Inkrafttreten des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages sei er gegenstandslos geworden. Einer ausdrücklichen Aufhebung des Bescheides bedürfe es nicht. Eine (vollständige) Befreiung der Klägerin von der Rundfunkbeitragspflicht sei mit Bescheid vom 29.10.2012 zu Recht abgelehnt worden, da der Bezug von Leistungen der Pflegekasse nach SGB XI keine Befreiungsvoraussetzung im Sinne des § 4 Abs. 1 RBStV sei. Dieser Bescheid sei bestandskräftig.
13Die Klägerin hat am 30.07.2014 Klage erhoben und zugleich um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Dieses Verfahren (17 L 1423/14) haben die Beteiligten in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem der Beklagte/Antragsgegner zugesagt hat, die Vollziehung der Bescheide für die Dauer des Hauptsacheverfahrens auszusetzen.
14Zur Begründung ihrer Klage trägt die Klägerin unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens vor: Sie sei unverändert Inhaberin eines Schwerbehindertenausweise mit dem Merkzeichen „RF“. Dass der Rundfunkstaatsvertrag einseitig Änderung vorsehe, die sich unmittelbar auf das Schwerbehindertenrecht auswirkten, sei nicht zulässig. Unabhängig davon sei eine analoge Anwendung des Befreiungstatbestandes des § 4 Abs. 1 Nr. 10 RBStV geboten. Sie sei zwar nicht taubblind, aber nahezu blind und verfüge über das Merkzeichen „H“ (hilflos). Dies müsse zumindest in Kombination mit dem Merkzeichen „Bl“ zu einer Gleichstellung mit taubblinden Menschen führen.
15Die Klägerin beantragt,
16die Beitragsbescheide des Beklagten vom 02.08.2013 und 01.09.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, die Klägerin am dem 01.01.2013 von der Rundfunkbeitragspflicht zu befreien.
17Der Beklagte beantragt,
18die Klage abzuweisen.
19Er wiederholt und vertieft den Inhalt der angegriffenen Bescheide.
20Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den sonstigen Inhalt der Gerichtsakte des vorliegenden Verfahrens und des Verfahrens 17 L 1423/14 sowie die in diesen Verfahren beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
21Entscheidungsgründe
22Die Klage hat insgesamt keinen Erfolg.
23Dabei lässt die Kammer offen, ob sie mit dem Verpflichtungsantrag schon unzulässig ist, da die Klägerin gegen den ablehnenden Bescheid des Beklagten vom 29.10.2012 keinen Widerspruch eingelegt hat. Ob die Bestandskraft dieses Ablehnungsbescheides einer Zulässigkeit der Verpflichtungsklage mit dem Ziel einer Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht ab dem 01.01.2013 entgegensteht, erscheint allerdings insoweit zweifelhaft, als der Bescheid in seinem Tenor einen „Antrag auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht“ ablehnt und sich auch in der Begründung ausschließlich zu § 6 Abs. 1 RGebStV verhält. Der Antrag der Klägerin vom 14.10.2012 (eingegangen am 22.10.2012) bezog sich demgegenüber – ebenso wie der nochmalige Antrag ihrer damaligen Bevollmächtigten vom 26.11.2012 – explizit auf eine Befreiung von der Beitragspflicht und ist deshalb durch den Bescheid des Beklagten vom 29.10.2012 möglicherweise nicht beschieden worden. Ob der Verpflichtungsantrag vor diesem Hintergrund gemäß § 75 VwGO als Untätigkeitsklage zulässig ist, bedarf jedoch letztlich keiner Entscheidung.
24Denn die Klage ist jedenfalls insgesamt unbegründet. Die angegriffenen Beitragsbescheide des Beklagten vom 02.08.2013 und 01.09.2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.06.2014 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO). Der Beklagte hat gegenüber der Klägerin zu Recht rückständige ermäßigte Rundfunkbeiträge in Höhe von 5,99 Euro monatlich für den Zeitraum Januar bis Juni 2013 zuzüglich zweier Säumniszuschläge in Höhe von je 8 Euro festgesetzt. Die Klägerin ist ab dem 01.01.2013 weder – über die gewährte Ermäßigung hinaus – vollständig von der Rundfunkbeitragspflicht befreit (1.) noch steht ihr ab diesem Zeitpunkt ein Anspruch auf vollständige Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht zu (2.) (§ 113 Abs. 5 VwGO).
251. Die unbefristete Befreiung des Ehemannes der Klägerin von der Rundfunkgebührenpflicht durch Bescheid des Beklagten vom 15.06.2010 gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 8 RGebStV gilt – ungeachtet des Umstandes, dass dieser Befreiungsbescheid nicht an die Klägerin selbst adressiert war – nicht als Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht nach dem zum 01.01.2013 in Kraft getretenen Rundfunkbeitragsstaatsvertrag fort.
26Der Rundfunkgebührenstaatsvertrag ist mit Inkrafttreten des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages zum 01.01.2013 aufgehoben worden. Da ab diesem Zeitpunkt keine Rundfunkgebührenpflicht mehr besteht, geht der Befreiungsbescheid vom 15.06.2010 ins Leere, ohne dass es einer ausdrücklichen Aufhebung des Bescheides bedurft hätte; er hat sich durch den Wegfall des Regelungsobjektes erledigt (vgl. § 43 Abs. 2 VwVfG). Der Befreiungsbescheid fällt demgemäß auch nicht unter die Übergangsregelung des § 14 Abs. 7 RBStV, wonach bestandskräftige Rundfunkgebührenbefreiungsbescheide nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 6 und 9 bis 11 RGebStV bis zum Ablauf ihrer Gültigkeit als Rundfunkbeitragsbefreiungen fortgelten. Rundfunkgebührenbefreiungsbescheide nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 und 8 RGebStV – wie der dem Ehemann der Klägerin erteilte Bescheid – sind von dieser Regelung ausdrücklich ausgenommen. Zu Gunsten der Inhaber solcher Bescheide wird gemäß § 14 Abs. 4 Satz 2 RBStV vermutet, dass sie mit Krafttreten des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages nach § 4 Abs. 2 RBStV einen ermäßigten Rundfunkbeitrag in Höhe von einem Drittel zu zahlen haben, ohne insoweit einen neuen Antrag stellen zu müssen.
27Vgl. zum Vorstehenden insgesamt BayVGH, Beschluss vom 03.12.2013 – 7 ZB 13.1817 -, juris, Rn. 19; VG München, Urteil vom 03.12.2014 – M 6b K 14.3017 -, juris, Rn. 18; VG Minden, Urteil vom 26.03.2014 – 11 K 3353/13 -, juris, Rn. 21 ff.
28Diese Neuregelungen des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages verstoßen auch nicht gegen höherrangiges Recht. Der vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin sinngemäß vorgebrachte Einwand, nach dem vorrangigen Bundesrecht des § 3 Abs. 1 Nr. 5 Schwerbehindertenausweisverordnung (SchwbAwV) trete nach Zuerkennung des Merkzeichens RF als Rechtsfolge die vollständige Befreiung von der Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrages ein, trifft nicht zu. Die Vorschrift des § 3 Abs. 1 SchwbAwV regelt nur, welche Merkzeichen unter welchen Voraussetzungen auf der Rückseite des Ausweises einzutragen sind, nicht aber die daraus resultierenden Nachteilsausgleichansprüche. Sie verweist insoweit vielmehr auf die entsprechenden Gesetze und folgerichtig in Nr. 5 auf das in der Gesetzgebungskompetenz der Länder liegende Rundfunkgebühren- bzw. Rundfunkbeitragsrecht. Die rundfunkgebühren- bzw. rundfunkbeitragsrechtlichen Rechtsfolgen der Eintragung des Merkzeichens „RF“ im Schwerbehindertenausweis waren bzw. sind deshalb allein der Vorschrift des § 6 RGebStV (bis 31.12.2012) bzw. des § 4 Abs. 2 RBStV (ab 01.01.2013) zu entnehmen.
29Vgl. VG Stuttgart, Urteil vom 01.10.2014 – 3 K 4897/13 -, juris, Rn. 21.
30Die zuletzt genannte Vorschrift sieht dabei im Unterschied zur Vorgängerregelung, jedoch in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise,
31vgl. BayVerfGH, Entscheidung vom 15.05.2014 – Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 –, juris, Rn. 129 ff.; VG Ansbach, Urteil vom 16.04.2015 – AN 6 K 14.00228 –, juris, Rn. 49 ff.; VG München, Urteil vom 03.12.2014 – M 6b K 14.3017 -, juris, Rn. 19; VG Stuttgart, Urteil vom 01.10.2014 – 3 K 4897/13 -, juris, Rn. 22; zur Frage einer möglichen Verfassungswidrigkeit der Vorgängerregelung vgl. BSG, Urteil vom 28.06.2000 – B 9 SB 2/00 R –, juris, Rn. 14.
32für schwerbehinderte Personen, in deren Ausweis das Merkzeichen „RF“ eingetragen ist, keine vollständige Befreiung mehr vor, sondern eine Ermäßigung des Rundfunkbeitrages auf ein Drittel.
332. Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf (vollständige) Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht ab dem 01.01.2013 zu.
34a) Ein Befreiungsanspruch ergibt sich nicht aus den Befreiungstatbeständen des § 4 Abs. 1 RBStV. Danach werden von der Beitragspflicht auf Antrag natürliche Personen befreit, die die in Nr. 1 bis 9 aufgeführten Sozialleistungen empfangen, sowie außerdem gemäß Nr. 10 taubblinde Menschen und Empfänger von Blindenhilfe nach § 72 SGB XII.
35Die Klägerin zählt nicht zu diesem Personenkreis. Insbesondere ist auf sie nicht der Befreiungstatbestand des § 4 Abs. 1 Nr. 7 RBStV anwendbar, wonach Empfänger von Hilfe zur Pflege nach dem Siebten Kapitel des Zwölften Buches des Sozialgesetzbuches, von Hilfe zur Pflege als Leistung der Kriegsopferfürsorge nach dem Bundesversorgungsgesetz oder von Pflegegeld nach landesgesetzlichen Vorschriften einen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht haben. Empfänger von Pflegegeld als vermögens- und einkommensunabhängige Leistung der sozialen Pflegeversicherung nach § 37 SGB XI – wie die Klägerin – zählen nach dem Willen des Normgebers des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages hierzu ausdrücklich nicht. Eine analoge Anwendung der Vorschrift auf diesen Personenkreis kommt wegen des abschließenden Charakters des Kataloges des § 4 Abs. 1 RBStV nicht in Betracht.
36Vgl. Gall/Siekmann, in: Hahn/Vesting, Beck’scher Kommentar zum Rundfunkrecht, 3. A. 2012, § 4 RBStV, Rn. 24 i.V.m. § 6 RGebStV, Rn. 36 m.w.N.; OVG NRW, Beschluss vom 05.05.2015 – 16 E 537/14 – , juris, Rn. 9.
37Auch dem Befreiungstatbestand des § 4 Abs. 1 Nr. 10 RBStV (taubblinde Menschen) unterfällt die Klägerin nicht. Ihr Vorbringen, Personen, in deren Schwerbehindertenausweis die Merkzeichen „H“ und „Bl“ eingetragen sind, seien taubblinden Personen gleichzustellen, liegt ungeachtet der fehlenden Analogiefähigkeit der Vorschrift neben der Sache, denn die Klägerin verfügt nicht über das Merkzeichen „Bl“.
38b) Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf das Vorliegen eines besonderen Härtefalles im Sinne des § 4 Abs. 6 RBStV berufen. Härtefallregelungen wie § 4 Abs. 6 RBStV sollen gewährleisten, dass Fallgestaltungen, die wegen ihrer Atypik vom Gesetzgeber nicht vorherzusehen waren und daher keiner gesetzlichen Regelung zugeführt wurden, wegen ihrer weitgehenden Ähnlichkeit mit den ausdrücklich normierten Fallgestaltungen der gleichen Rechtsfolge unterliegen. Eine solche vom gesetzlich geregelten Normalfall abweichende Sondersituation liegt bei der Klägerin indessen nicht vor. Der Normgeber des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages hat den Fall des Beitragsschuldners, dem – wie der Klägerin – im Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen „RF“ zuerkannt worden ist, nicht ungeregelt gelassen. Vielmehr sieht § 4 Abs. 2 RBStV für diesen Personenkreis in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise eine Ermäßigung des Beitragssatzes auf ein Drittel vor.
39Vgl. Urteil der Kammer vom 10.07.2015 – 17 K 7876/13 –; außerdem VG Ansbach, Urteil vom 16.04.2015 – AN 6 K 14.00228 –, juris, Rn. 78 ff.; VG Minden, Urteil vom 26.03.2014 – 11 K 3353/13 –, juris, Rn. 28; VG Hannover, Urteil vom 15.01.2014 – 7 A 6087/13 –, juris, Rn. 22.
40Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Freiburg vom 2. Oktober 2008 - 2 K 1284/07 - wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des - gerichtskostenfreien - Berufungsverfahrens.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
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Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
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Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln vom 22. April 2014 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des gerichtskostenfreien Beschwerdeverfahrens werden nicht erstattet.
1
Gründe
2Die Beschwerde der Klägerin ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das erstinstanzliche Klageverfahren nicht in Betracht kommt, weil die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet (§ 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).
3Der Senat legt seiner Entscheidung zugrunde, dass sich das Klageverfahren lediglich auf einen Befreiungszeitraum vom 1. Mai 2013 bis zum 31. August 2013 bezieht, wobei davon ausgegangen wird, dass die Klägerin nur insoweit eine gerichtliche Entscheidung begehrt, wie dies im Rahmen der Zulässigkeit möglich ist. Der Anfangszeitpunkt ergibt sich aus § 4 Abs. 4 Satz 2 RundfBeitrStV. Danach beginnt die Befreiung oder Ermäßigung, sofern nicht Satz 1 der Bestimmung eingreift, mit dem Ersten des Monats, der der Antragstellung folgt. Vorliegend hat die Klägerin den Antrag auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht mit Schreiben vom 11. April 2013 gestellt; am 18. April 2013 ist dieser beim Beitragsservice des Beklagten eingegangen. Der Fall des § 4 Abs. 4 Satz 1 RundfBeitrStV greift nicht ein, weil der Antrag nicht innerhalb von zwei Monaten nach der Erstellung des mitübersandten Bewilligungsbescheides ‑ hier: des Bescheides der Bundesagentur für Arbeit vom 30. Januar 2013 ‑ gestellt worden ist, wobei es sich nicht auswirkt, dass dieser Bescheid über den Bezug von Leistungen nach dem SGB III seinem Inhalt nach nicht zu einer Befreiung nach § 4 Abs. 1 RundfBeitrStV führen konnte. Das Ende des der rechtlichen Prüfung zugrundezulegenden Zeitraums folgt aus der Gültigkeitsdauer des genannten Bescheides (§ 4 Abs. 4 Satz 3 RundfBeitrStV), wobei der Umstand vernachlässigt werden kann, dass der genannte Bescheid die beiden letzten Tage des Befreiungsmonats August 2013 nicht mehr erfasst hat. Der Beschränkung der Klage auf den genannten Zeitraum steht nicht entgegen, dass der mit dem Befreiungsantrag übersandte Bewilligungsbescheid ebenso wie die nachfolgend übersandten Bescheide im Ergebnis ‑ da nicht von § 4 Abs. 1 RundfBeitrStV erfasst ‑ allenfalls über den Härtefalltatbestand des § 4 Abs. 6 Satz 1 RundfBeitrStV zu einer Befreiung führen konnten. Zwar hat der Senat schon für das Recht der Rundfunkgebührenbefreiung wiederholt entschieden, dass sich das Ende des gerichtlicher Überprüfung zugänglichen Befreiungszeitraums nach dem Monat der abschließenden Verwaltungsentscheidung ‑ hier: dem Erlass des Widerspruchsbescheides ‑ richtet, wenn das Befreiungsbegehren auf den Härtefalltatbestand abzielt,
4vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 3. Juli 2007 ‑ 16 E 294/07 ‑, juris, Rn. 2 f., und vom 13. März 2013 ‑ 16 A 326/12 ‑, juris, Rn. 2 f.,
5und für das nunmehr geltende Recht der Rundfunkbeitragsbefreiung ergibt sich nichts anderes. Der genannte Grundsatz gilt indes nicht, wenn der Härtefallantrag nicht ganz allgemein auf eine schlechte wirtschaftliche Lage des betroffenen Rundfunkteilnehmers, sondern auf Bescheide gestützt wird, auch wenn diese nicht zu den Bescheiden i. S. v. § 6 Abs. 1 des vormaligen Rundfunkgebührenstaatsvertrages bzw. nunmehr von § 4 Abs. 1 RundfBeitrStV gehören. In solchen Fällen liegt es näher, im Ausgangspunkt das verfahrensgegenständliche Befreiungsbegehren mit dem Geltungszeitraum der vorgelegten Bescheide zu synchronisieren.
6Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 18. August 2014 ‑ 16 E 198/14 ‑, juris, Rn. 4.
7Es wirkt sich auf das Ende des in den Blick zu nehmenden Befreiungszeitraums auch nicht aus, dass die Klägerin im Widerspruchsverfahren weitere Bescheide ‑ darunter auch einen Wohngeldbescheid ‑ vorgelegt und ihren Befreiungsanspruch nunmehr mit dem (kumulierten) Bezug von Arbeitslosengeld nach dem SGB III und von Wohngeld begründet hat. Denn jedenfalls die Geltung des vorgelegten Wohngeldbescheides war wiederum bis Ende des Monats August 2013 befristet. Vor diesem Hintergrund fehlt es schließlich auch an Anhaltspunkten dafür, dass die Klägerin einen über den soeben skizzierten Rahmen hinausgehenden Zeitraum – unzulässiger-weise – der gerichtlichen Prüfung unterziehen wollte.
8Für den genannten Zeitraum ergibt sich kein Befreiungsanspruch. Weder der Bezug von Arbeitslosengeld nach dem SGB III noch die Wohngeldberechtigung gehören zu den Befreiungstatbeständen nach § 4 Abs. 1 RundfBeitrStV. Das folgt schon daraus, dass diese beiden Leistungsarten in der genannten abschließenden Bestimmung nicht aufgeführt sind.
9Zum abschließenden Charakter der Aufzählung in der Vorläuferbestimmung des § 6 Abs. 1 Satz 1 RundfGebStV vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. April 2013 ‑ 16 A 2375/11 ‑, FEVS 65, 184 = juris, Rn. 32 f. m. w. N.
10Auch eine analoge Anwendung ‑ etwa ‑ des § 4 Abs. 1 Nr. 3 RundfBeitrStV (Sozialgeld und Arbeitslosengeld II) auf das Arbeitslosengeld I nach dem SGB III bzw. auf das Wohngeld kommt wegen des abschließenden Charakters des Katalogs des § 4 Abs. 1 RundfBeitrStV nicht in Betracht.
11Vgl. OVG NRW, Urteil vom 25. April 2013 ‑ 16 A 2375/11 ‑, a. a. O. (m. w. N.).
12Aller Voraussicht nach hatte die Klägerin auch keinen Anspruch auf Rundfunkbeitragsbefreiung wegen eines Härtefalles nach § 4 Abs. 6 Satz 1 RundfBeitrStV. Der Bezug von Arbeitslosengeld nach dem SGB III sowie von Wohngeld reicht insoweit schon deshalb nicht aus, weil dies dem Willen des Gesetzgebers bzw. der Vertragsschließenden widersprechen würde, die bewusst solche Leistungen nicht in den Katalog des § 4 Abs. 1 RundfBeitrStV aufgenommen haben. Die Annahme, diese Leistungsfälle seien bei der Schaffung des § 4 Abs. 1 RundfBeitrStV bzw. der Vorläuferbestimmung des § 6 Abs. 1 Satz 1 RundfGebStV gleichsam übersehen worden, liegt fern angesichts der Bedeutung und der weiten Verbreitung der genannten Leistungen und angesichts des Umstandes, dass trotz vielfacher Anpassungen der Staatsverträge in den vergangenen Jahren hinsichtlich des Arbeitslosengeldes I und des Wohngeldes offensichtlich kein Änderungsbedarf gesehen worden ist. Außerdem lassen der Bezug von Arbeitslosengeld I ‑ einer sozialversicherungsrechtlichen Leistung ‑ und von Wohngeld keinen sicheren Rückschluss auf eine etwa den Fällen des § 4 Abs. 1 Nrn. 1 bis 3 RundfBeitrStV vergleichbare wirtschaftliche Lage zu, weil der Zuerkennung dieser Leistungen keine umfassende Bedürftigkeitsprüfung vorangeht.
13Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 25. März 2009 ‑ 16 A 315/08 ‑ und vom 25. April 2013 ‑ 16 E 1206/12 ‑.
14Schließlich ist kein Härtefall i. S. v. § 4 Abs. 6 Satz 2 RundfBeitrStV ersichtlich. Nach dieser Bestimmung liegt ein Härtefall insbesondere vor, wenn eine Sozialleistung nach § 4 Abs. 1 Nrn. 1 bis 10 RundfBeitrStV in einem durch die zuständige Behörde erlassenen Bescheid mit der Begründung versagt wurde, dass die Einkünfte die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkbeitrags überschreiten. Einen solchen Bescheid hat die Klägerin nicht vorgelegt. Sie kann auch nicht allein deshalb beanspruchen, so gestellt zu werden, als liege ein solcher Bescheid vor, weil Bemühungen um die Erlangung eines solchen Bescheides bei dem betreffenden Leistungsträger erfolglos geblieben sind. § 4 Abs. 6 Satz 2 RundfBeitrStV unterstreicht den seit dem 1. April 2005 geltenden Grundsatz, dass die Landesrundfunkanstalten nicht gehalten sind, eigenständige Erhebungen und Berechnungen über die Sozialleistungsbedürftigkeit anzustellen, sondern sich auf die ‑ in entsprechende Bescheide bzw. entsprechende Negativtestate der zuständigen Stellen eingeflossenen ‑ Erkenntnisse der Sozialleistungsbehörden stützen. Daher war die Klägerin gehalten, sich nicht mit der Ablehnung einer Negativbescheinigung durch eine Mitarbeiterin des Sozialamtes der Stadt C. zufriedenzugeben, sondern einen förmlichen Antrag auf ergänzende Sozialleistungen zu stellen, und zwar sinnvollerweise bei der Agentur für Arbeit bzw. dem zuständigen Jobcenter, weil sie grundsätzlich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung steht.
15Abgesehen davon sprechen die Angaben der Klägerin dagegen, dass ihre Einkünfte den Bedarfssatz etwa für die Leistungsberechtigung nach dem SGB II ("Hartz IV") unterschreiten bzw. nur geringfügig ‑ um weniger als den monatlichen Rundfunkbeitrag ‑ überschreiten. Ihren eigenen Angaben sowie der Berechnung im von ihr übersandten Wohngeldbescheid des Oberbürgermeisters der Stadt C. vom 2. Dezember 2013 kann entnommen werden, dass sie während der hier fraglichen Zeitspanne über ein monatliches Einkommen von 845,70 Euro verfügte, das sich aus dem Arbeitslosengeld I (626,70 Euro), Unterhalt (150 Euro) sowie Wohngeld (75 Euro) zusammensetzte, wobei sich der Wohngeldbetrag aus dem nur unvollständig in den Akten enthaltenen Bescheid vom 2. Mai 2013 ergibt. Der sozialhilferechtliche Bedarf wird zumindest im Wesentlichen durch den Regelsatz für Alleinlebende bzw. den Haushaltsvorstand (seinerzeit 382 Euro) sowie die (angemessenen) Unterkunftskosten bestimmt, wobei letztere in dem Wohngeldbescheid mit 385 Euro beziffert worden sind, während in der Prozesskostenhilfeerklärung lediglich 340 Euro angegeben werden. In jedem Fall ergibt sich das Bild, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit der sozialhilferechtliche Bedarf deutlich überschritten wurde.
16Die Kostenentscheidung beruht auf § 188 Satz 2 VwGO sowie aus § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.
17Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).