Verwaltungsgericht Bayreuth Beschluss, 25. Nov. 2015 - B 3 S 15.832

bei uns veröffentlicht am25.11.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Bayreuth

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage (Az.: B 3 K 15.833) gegen den Festsetzungsbescheid des Antragsgegners vom 01.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.10.2015.

Er ist seit 1960 unter der Anschrift „... gemeldet und wird seit 01.01.2013 als Wohnungsinhaber beim Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio unter der Beitragsnummer ... geführt.

Mit Bescheid vom 01.05.2015 setzte der Antragsgegner zulasten des Antragstellers für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.12.2014 rückständige Rundfunkbeiträge sowie einen Säumniszuschlag in Höhe von insgesamt 439,52 EUR fest.

Mit Schreiben vom 18.05.2015, beim Antragsgegner eingegangen am 26.05.2015, legte der Antragsteller Widerspruch gegen den Festsetzungsbescheid vom 01.05.2015 ein. Die Erhebung der Rundfunkbeiträge sei verfassungswidrig. Außerdem sprächen alle Kriterien gegen eine Beitragspflicht. Es sei kein Wohnraum vorhanden. Außerdem benutze der Antragsteller keine Rundfunkgeräte. Er sei nicht im Besitz des Hauses und habe nur geringste Verdiensteinkünfte.

Mit Widerspruchsbescheid vom 19.10.2015 wies der Antragsgegner den Widerspruch des Antragstellers vom 18.05.2015 zurück. Die Einwände gegen die Beitragserhebung seien unbeachtlich. Nach § 2 Abs. 1 RBStV sei im privaten Bereich für jede Wohnung von derem Inhaber ein Rundfunkbeitrag zu entrichten. Als Inhaber werde nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RBStV jede Person vermutet, die dort nach dem Melderecht gemeldet sei. Ausweislich des durch das zuständige Einwohnermeldeamt übermittelten Datensatzes sei der Antragsteller unter der Anschrift ... gemeldet. Der Antragsteller werde daher kraft Gesetzes als Inhaber dieser Wohnung vermutet. Diese Vermutung sei bisher nicht widerlegt worden. Die Anknüpfung der Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags an das Innehaben einer Wohnung, unabhängig davon, ob in der Wohnung ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereitgestellt werde oder nicht, sei verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Bezüglich einer Befreiung werde auf den Inhalt der Vorschrift des § 4 RBStV hingewiesen. Für den Fall, dass eine Befreiungsvoraussetzung auf den Antragsteller zutreffe, werde um separate Antragstellung gebeten.

Mit Schreiben vom 02.11.2015 wurde der Antragsteller wegen der im streitgegenständlichen Zeitraum festgesetzten Rundfunkbeiträge gemahnt.

Mit Antrag vom 11.11.2015, erhoben zur Niederschrift des Verwaltungsgerichts Bayreuth, beantragte der Antragsteller, den Widerspruchsbescheid vom 19.10.2015 aufzuheben und ihm die Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht zu gewähren. Zugleich beantragte er,

die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen.

Zur Begründung wurde angegeben, dass aufgrund des tatsächlichen Einkommens des Antragstellers im Rahmen der Härtefallregelung die Voraussetzungen für eine Gebührenbefreiung vorliegen würden. Da er keine Sozialleistungen vom Staat haben wolle, könne er aber keine Bestätigung des Sozialamtes vorlegen. Außerdem sei er für die angegebene Wohnung nicht Wohnungsinhaber. Die benannte Anschrift sei für ihn nur eine reine Meldeanschrift, da er die letzten drei Jahre bei Freunden wohnhaft gewesen sei. Ansonsten sei er nur mit dem Geschäftsauto unterwegs. Das Eigentum, das ihm zur Verfügung stehe, beinhalte keine Wohnung für ihn. In der Scheune habe er seine Arbeitsgeräte untergebracht; eine Bewohnbarkeit sei hier nicht gegeben. Seine Eltern seien 2011 ins Seniorenheim gekommen. Bis dahin habe er selbst im Elternhaus gewohnt. Seither stehe das Haus leer.

Außerdem legte der Antragsteller Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2012, 2013 und 2014 vor. Daraus ergibt sich, dass die Einkünfte des Antragstellers (aus Gewerbebetrieb) im Kalenderjahr 2012 3.809,00 EUR und im Kalenderjahr 2014 3.369,00 EUR betrugen. Die Einkommenssteuer wurde jeweils auf 0,00 EUR festgesetzt.

Mit Schriftsatz vom 18.11.2015 beantragte der Antragsgegner,

den Antrag abzulehnen.

Er sei nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO bereits unzulässig. Nach § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO sei in den Fällen des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO - worunter auch Rundfunkbeiträge fallen würden - der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt habe. Der Antragsteller habe vorliegend keinen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des streitgegenständlichen Festsetzungsbescheides vom 01.05.2015 gestellt, sondern sich unmittelbar mit dem Antrag vom 11.11.2015 an das Verwaltungsgericht Bayreuth gewandt. Eine Ausnahme nach § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO liege nicht vor, da keine Vollstreckung aus dem streitgegenständlichen Beitragsbescheid drohe. Rein hilfsweise werde ausgeführt, dass der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO zudem unbegründet sei. Der Festsetzungsbescheid vom 01.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.10.2015 sei rechtmäßig. Der Antragsteller habe die gesetzliche Vermutung der Wohnungsinhaberschaft nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RBStV bisher nicht durch entsprechende Nachweise widerlegt. Außerdem sei sein Vorbringen widersprüchlich, weil der Antragsteller bei der Niederschrift vom 11.11.2015 angegeben habe, unter der Anschrift ... wohnhaft zu sein. Schließlich stehe dem Antragsteller im streitgegenständlichen Zeitraum auch kein Anspruch auf eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht nach § 4 Abs. 1 und 6 RBStV zu. Diese knüpfe an den Bezug bestimmter sozialer Leitungen an. Selbst wenn man zugunsten des Antragstellers davon ausgehe, dass er mit seinem Widerspruch vom 18.05.2015 einen Befreiungsantrag gestellt habe, so komme als Beginn für eine Befreiung gemäß § 4 Abs. 4 Satz 2 RBStV frühestens der 01.06.2015 in Betracht. Zudem habe der Antragsteller die Vorrausetzungen für eine Befreiung nicht gemäß § 4 Abs. 7 Satz 2 RBStV durch die entsprechende Bestätigung der Behörde oder des Leistungsträgers im Original oder durch den entsprechenden Bescheid im Original oder in beglaubigter Kopie nachgewiesen. Es liege auch kein besonderer Härtefall nach § 4 Abs. 6 RBStV vor. Diese Vorschrift stelle keinen bloßen Auffangtatbestand dar, der stets greife, wenn die Voraussetzungen für eine Befreiung nach § 4 Abs. 1 RBStV nicht vorlägen. Ein Härtefall liege nur vor, wenn eine vergleichbare Bedürftigkeit mit dem in § 4 Abs. 1 Nrn. 1 bis 10 RBStV genannten Personenkreis nachgewiesen werden könne. Eine bloße Einkommensschwäche als solche führe nicht zu einer Beitragsbefreiung. Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV seien gemäß § 4 Abs. 7 Satz 2 RBStV durch einen entsprechenden Ablehnungsbescheid im Original oder in beglaubigter Kopie nachzuweisen. Allein die nicht durch entsprechende Leistungsbescheide nachgewiesene materielle Bedürftigkeit führe nicht zu einer Befreiung von der Beitragspflicht gemäß § 4 Abs. 6 RBStV.

Am 17.11.2015 legte der Antragsgegner im elektronischen Beitragskonto des Antragstellers eine Mahn- und Sollaussetzung bis November 2017 an. Die Behördenakten legte der Antragsgegner sodann mit Schriftsatz vom 18.11.2015 dem Gericht vor. Darin befindet sich kein Vollstreckungsersuchen i. S. d. Art. 24 Abs. 1 BayVwZVG.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf die Behörden- und die Gerichtsakte Bezug genommen.

II.

1. Der Antrag ist bereits unzulässig, hätte aber auch in der Sache keinen Erfolg.

a) Der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO ist unzulässig, weil die Voraussetzungen des § 80 Abs. 6 VwGO nicht erfüllt sind. Nach dieser Vorschrift ist, wenn die aufschiebende Wirkung (§ 80 Abs. 1 VwGO) - wie hier - entfällt, weil der angefochtene Bescheid die Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten (§ 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO) zum Gegenstand hat, der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt (§ 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO) oder über einen solchen Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat (§ 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 1 VwGO) oder eine Vollstreckung droht (§ 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO). Da § 80 Abs. 6 VwGO nicht nur eine bloße Sachentscheidungsvoraussetzung normiert‚ die noch im Laufe des gerichtlichen Eilverfahrens verwirklicht werden könnte‚ sondern eine Zugangsvoraussetzung‚ die nicht nachgeholt werden kann, muss eine der genannten Voraussetzungen im Zeitpunkt der Antragstellung vorliegen.

Vorliegend hat der Antragsteller im Verwaltungsverfahren einen nach § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO grundsätzlich erforderlichen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung weder konkludent noch ausdrücklich gestellt. Weil der Antragsteller ein solches „Vorverfahren“ nicht eingeleitet hat, liegen somit die Zugangsvoraussetzungen des § 80 Abs. 6 Satz 1 und 2 Nr. 1 VwGO nicht vor. Dem Antragsteller droht auch keine Vollstreckung i. S. d. § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO. Die schriftliche Mahnung vom 02.11.2015, die den formularmäßigen Hinweis auf Vollstreckungsmaßnahmen bei nicht fristgerechter Zahlung enthält, stellt keine konkrete Vorbereitungshandlung dar (vgl. BayVGH, B. v. 09.06.2008 - 8 CS 08.1117 - juris Rn. 3), zumal der Antragsgegner am 17.11.2015 das Beitragskonto des Antragstellers vorläufig mahn- und sollausgesetzt hat. Zudem ist bisher kein Vollstreckungsersuchen i. S. d. Art. 24 Abs. 1 BayVwZVG erstellt worden.

b) Der unzulässige Antrag hat auch in der Sache keinen Erfolg.

Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alternative 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 VwGO die aufschiebende Wirkung der Klage anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen und die vorläufige Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige und nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO).

Das Gericht hat bei seiner Entscheidung die Interessen des Antragstellers, des Antragsgegners und der Allgemeinheit zu berücksichtigen. Hierbei sind neben der Intensität des Eingriffs und der Unwiederbringlichkeit des drohenden Rechtsverlustes die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache zu berücksichtigen. Das Suspensivinteresse des Antragstellers überwiegt das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts vor allem dann, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen, denn an der sofortigen Vollziehung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts besteht kein öffentliches Interesse. Ernstliche Zweifel liegen dann vor, wenn die im Anordnungsverfahren gebotene summarische Überprüfung ergibt, dass ein Obsiegen des Antragstellers im Hauptsacheverfahren wahrscheinlich ist. Erscheint der angegriffene Verwaltungsakt dagegen als offensichtlich rechtmäßig, ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alternative 1 VwGO abzulehnen, weil in diesem Falle das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung das Suspensivinteresse des Antragstellers überwiegt.

Gemessen hieran ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO unbegründet, weil der streitgegenständliche Festsetzungsbescheid vom 01.05.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.10.2015 nicht (offensichtlich) rechtswidrig ist.

aa) Der Antragsteller ist nach § 2 Abs. 1 RBStV rundfunkbeitragspflichtig.

Gemäß § 2 Abs. 1 RBStV ist im privaten Bereich für jede Wohnung von deren Inhaber (Beitragsschuldner) ein Rundfunkbeitrag zu entrichten.

Unerheblich ist deshalb zunächst der Einwand des Antragstellers, dass er keine Rundfunkgeräte benutze. Denn die Beitragspflicht nach § 2 Abs. 1 RBStV ist wohnungs- und nicht gerätebezogen.

Inhaber einer Wohnung ist nach § 2 Abs. 2 Satz 1 RBStV jede volljährige Person, die die Wohnung selbst bewohnt. Als Inhaber wird nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 jede Person vermutet, die dort nach dem Melderecht gemeldet ist. Der Antragsteller ist ausweislich des vom zuständigen Einwohnermeldeamt im Rahmen des einmaligen Meldedatenabgleichs übermittelten Datensatzes bereits seit 1960 unter der Anschrift ... gemeldet. Er wird daher kraft Gesetzes als Inhaber dieser Wohnung vermutet. Diese Vermutung hat der Antragsteller nicht durch entsprechende Nachweise substantiiert widerlegt. Er hat lediglich behauptet, dass es sich bei der vorgenannten Adresse um eine reine Meldeanschrift handele und dass er die letzten drei Jahre bei Freunden wohnhaft gewesen sei. Einen Nachweis für seine Behauptungen hat der Antragsteller auch im gerichtlichen Verfahren nicht vorgelegt, obwohl ihn der Antragsgegner im Widerspruchsbescheid vom 19.10.2015 gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 der BR-Rundfunkbeitragssatzung darauf hingewiesen bzw. aufgefordert hat, Nachweise durch Urkunde zu erbringen. Für eine substantiierte Widerlegung der Vermutung der Wohnungsinhaberschaft nach § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RBStV wäre es daher erforderlich gewesen, dass der Antragsteller z. B. die Namen und die Anschrift seiner Freunde (ggf. eidesstattlich) benennt oder dass er eine schriftliche (ggf. eidesstattliche) Erklärung seiner Freunde vorlegt, die seine Behauptung stützen. Ein solcher oder ähnlicher Nachweis ist jedoch seitens des Antragstellers nicht vorgelegt worden. Die Vermutung des § 2 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 RBStV ist daher nicht widerlegt worden.

Im Übrigen hält das Gericht den Vortrag des Antragstellers, dass er unter der Adresse ... nicht wohnhaft sei, für eine reine Schutzbehauptung. Diese Einlassung zur Wohnungsinhaberschaft ist unglaubhaft, weil der Antragsteller laut der von ihm unterschriebenen Niederschrift des Verwaltungsgerichts Bayreuth vom 11.11.2015 in ... „wohnhaft“ ist. Die Einlassung des Antragstellers ist somit widersprüchlich und deswegen als Schutzbehauptung zu werten.

bb) Nach den Entscheidungen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes vom 15.05.2014 (Vf. 8-VII-12 und Vf. 24-VII-12) begegnet der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag auch keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Der Bayerische Verfassungsgerichtshof hat für alle bayerischen Verfassungsorgane, Gerichte und Behörden bindend entschieden, dass die Vorschrift des § 2 Abs. 1 RBStV über die Erhebung eines Rundfunkbeitrags im privaten Bereich für jede Wohnung mit der Bayerischen Verfassung vereinbar ist (Art. 29 Abs. 1 BayVfGHG).

Inzwischen hat auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 19.06.2015 (Az.: 7 BV 14.1707) entschieden, dass die Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags im privaten Bereich für jede Wohnung durch deren Inhaber verfassungsgemäß ist. Dieser Rechtsauffassung schließt sich das Verwaltungsgericht Bayreuth an.

cc) Der Antragsteller hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht nach § 4 Abs. 1 RBStV.

Von der Beitragspflicht nach § 2 Abs. 1 RBStV werden gemäß § 4 Abs. 1 RBStV auf Antrag Personen befreit, wenn sie eine der in § 4 Abs. 1 Nrn. 1 bis 10 RBStV aufgezählten Sozialleistungen beziehen. Mit der Regelung des § 4 Abs. 1 RBStV hat der Gesetzgeber für sämtliche Befreiungstatbestände das Grundprinzip eingeführt, dass nur demjenigen ein Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht zusteht, dessen Bedürftigkeit durch eine staatliche Sozialbehörde geprüft und mit deren Bescheid bestätigt wurde („bescheidgebundene“ Befreiungsmöglichkeit). Die Befreiungstatbestände des § 4 Abs. 1 RBStV sind abschließend geregelt und die Rundfunkanstalten bei ihrer Entscheidung an die entsprechenden Sozialleistungsbescheide gebunden (VG des Saarlandes, U. v. 10.07.2014 - 6 K 970/13 - juris Rn. 31). Die Bescheidgebundenheit ergibt sich aus § 4 Abs. 4, 5 und 7 RBStV. So sind nach § 4 Abs. 7 Satz 2 RBStV die Voraussetzungen für die Befreiung durch die entsprechende Bestätigung der Behörde oder des Leistungsträgers im Original oder durch den entsprechenden Bescheid im Original oder in beglaubigter Kopie nachzuweisen. Allein der Umstand geringen Einkommens ohne Vorlage eines entsprechenden Sozialleistungsbescheides führt hingegen nicht zu einer Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht. Sinn und Zweck der Regelung des § 4 Abs. 1 RBStV ist es, das den Rundfunkanstalten obliegende Massenverfahren der Erhebung bzw. der Befreiung von Rundfunkgebühren dadurch zu erleichtern, dass die Rundfunkanstalten im Wege ihrer Bindung an Sozialleistungsbescheide von der Verpflichtung befreit werden, eigene umfangreiche und schwierige Einkommens- und Bedarfsberechnungen vornehmen zu müssen (vgl. VG des Saarlandes, U. v. 10.07.2014 a. a. O. juris Rn. 40).

Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe hat der Antragsteller die Voraussetzungen des § 4 Abs. 1 RBStV nicht durch einen entsprechenden Sozialleistungsbescheid nachgewiesen.

Unerheblich ist, dass der Antragsteller Einkommenssteuerbescheide für 2012, 2013 und 2014 vorlegt hat. Hierbei handelt es sich nicht um Sozialleistungsbescheide einer Sozialbehörde i. S. d. § 4 Abs. 7 Satz 2 RBStV. Das Finanzamt ist keine Sozialbehörde in diesem Sinne, weil es keine Sozialleistungen i. S. d. § 4 Abs. 1 Nrn. 1 bis 10 RBStV bewilligt. Dementsprechend lässt sich den vorgelegten Einkommensteuerbescheiden auch nicht entnehmen, ob der Antragsteller bedürftig ist oder nicht. Das Finanzamt hat im Rahmen der Einkommensteuerfestsetzung lediglich das Einkommen bzw. die Einkünfte des Antragstellers ermittelt und festgesetzt, nicht jedoch das Vermögen des Antragstellers geprüft. Eine Bedürftigkeitsprüfung durch das Finanzamt hat also nicht stattgefunden. Ein Einkommenssteuerbescheid ist daher offenkundig kein geeigneter Nachweis für das Vorliegen einer Beitragsbefreiung nach § 4 Abs. 1 RBStV.

Der Antragsteller muss sich insoweit zu seinen Ungunsten entgegenhalten lassen, dass er entgegen seinen rundfunkrechtlichen Obliegenheiten keine Sozialleistungen i. S. d. § 4 Abs. 1 Nrn. 1 bis 10 RBStV beantragt hat und somit keine entsprechenden Bestätigungen i. S. d. § 4 Abs. 7 Satz 2 RBStV vorlegen kann.

Im Übrigen hätte der mit Widerspruch vom 18.05.2015 konkludent gestellte Befreiungsantrag auf die Rechtmäßigkeit des Festsetzungsbescheides vom 01.05.2015 keinen Einfluss. In diesem Bescheid sind Rundfunkbeiträge für den Zeitraum vom 01.01.2013 bis 31.12.2014 festgesetzt worden. Gemäß § 4 Abs. 4 Satz 2 RBStV beginnt jedoch die Befreiung erst mit dem Ersten des Monats, der der Antragstellung folgt. Der konkludent gestellte Befreiungsantrag vom 18.05.2015 hätte daher erst zum 01.06.2015 zu einer Beitragsbefreiung führen können.

dd) Der Antragsteller hat auch keinen Anspruch auf Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht nach § 4 Abs. 6 RBStV.

Unbeschadet der Beitragsbefreiung nach § 4 Abs. 1 RBStV hat die Landesrundfunkanstalt gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV in besonderen Härtefällen auf gesonderten Antrag von der Beitragspflicht zu befreien. Ein Härtefall liegt insbesondere vor, wenn eine Sozialleistung nach § 4 Abs. 1 Nrn. 1 bis 10 RBStV in einem durch die zuständige Behörde erlassenen Bescheid mit der Begründung versagt wurde, dass die Einkünfte die jeweilige Bedarfsgrenze um weniger als die Höhe des Rundfunkbeitrags überschreiten, § 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV.

Vorliegend ist kein solcher besonderer Härtefall i. S. d. § 4 Abs. 6 RBStV gegeben.

Der Antragsteller hat insbesondere keinen ablehnenden Bescheid einer Sozialleistungsbehörde i. S. d. § 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV vorgelegt, weil er es obliegenheitswidrig unterlassen hat, zunächst Sozialleistungen zu beantragen. Er ist damit auch seinen Nachweispflichten aus § 4 Abs. 7 Satz 2 RBStV nicht nachgekommen. Ein Härtefall nach § 4 Abs. 6 Satz 2 RBStV liegt also nicht vor und ist auch nicht nachgewiesen worden.

Der Antragsteller kann sich auch sonst nicht auf einen besonderen Härtefall i. S. d. § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV berufen. Denn derjenige, der nicht über den Nachweis in Form eines entsprechenden Bescheides der Sozialbehörde verfügt, kann auch aus der allgemeinen Härtefallregelung des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV keinen Befreiungsanspruch herleiten. Die Härtefallregelung ist nämlich keine generelle Auffangvorschrift für alle Fälle, in denen die abschließend aufgeführten Befreiungstatbestände nicht oder nicht vollständig erfüllt sind. Das Tatbestandsmerkmal der besonderen Härte erfasst vielmehr nur diejenigen Fälle, die nicht von der Typologie der im Einzelnen aufgeführten Befreiungstatbestände erfasst werden, d. h. atypische vom Normgeber versehentlich nicht berücksichtigte Bedarfslagen (vgl. VG des Saarlandes, U. v. 10.07.2014 a. a. O. juris Rn. 38). Eine solche atypische Bedarfslage ist vorliegend nicht gegeben, weil der Antragsteller bewusst und obliegenheitswidrig keine Sozialleistungen beantragt und daher die in § 4 Abs. 1 Nrn. 1 bis 10, Abs. 6 Satz 2 RBStV speziell und abschließend geregelten Befreiungstatbestände umgeht. Ein Rückgriff auf die allgemeine Härtefallregelung des § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV ist in diesem Fall ausgeschlossen.

Im Übrigen hätte der gemäß § 4 Abs. 6 RBStV konkludent gestellte Befreiungsantrag vom 18.05.2015 auf die Rechtmäßigkeit des Festsetzungsbescheides vom 01.05.2015 keinen Einfluss, weil er gemäß § 4 Abs. 6 Satz 3 RBStV i. V. m. § 4 Abs. 4 Satz 2 RBStV erst zum 01.06.2015 zu einer Beitragsbefreiung hätte führen können.

2. Der Antragsteller hat nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden gemäß § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben, weil das Verfahren die Befreiung von Rundfunkgebühren zum Gegenstand hat und damit eine Angelegenheit der Fürsorge i. S. d. § 188 Satz 1 VwGO betroffen ist.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Bayreuth Beschluss, 25. Nov. 2015 - B 3 S 15.832

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Verwaltungsgericht Bayreuth Beschluss, 25. Nov. 2015 - B 3 S 15.832

Referenzen - Gesetze

Verwaltungsgericht Bayreuth Beschluss, 25. Nov. 2015 - B 3 S 15.832 zitiert 5 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 117


(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgr

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 188


Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in e

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Verwaltungsgericht Bayreuth Beschluss, 25. Nov. 2015 - B 3 S 15.832 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

Verwaltungsgericht Bayreuth Beschluss, 25. Nov. 2015 - B 3 S 15.832 zitiert 1 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 19. Juni 2015 - 7 BV 14.1707

bei uns veröffentlicht am 19.06.2015

Gründe Bayerischer Verwaltungsgerichtshof 7 BV 14.1707 Im Namen des Volkes Urteil vom 19. Juni 2015 (VG München, Entscheidung vom 16. Juli 2014, Az.: M 6b K 13.5628) 7. Senat Hauptpunkte: Rundfunkfr
1 Urteil(e) in unserer Datenbank zitieren Verwaltungsgericht Bayreuth Beschluss, 25. Nov. 2015 - B 3 S 15.832.

Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 18. Aug. 2016 - 4 A 59/15

bei uns veröffentlicht am 18.08.2016

Tenor Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird abgelehnt. Gründe I. 1 Die Klägerin begehrt eine Befreiung von der Rundfunkbeitragspflicht. Sie lebt zusammen mit ihren Ehemann und den vier gemeinsamen Kindern in einer Wohnung.

Referenzen

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof

7 BV 14.1707

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 19. Juni 2015

(VG München, Entscheidung vom 16. Juli 2014, Az.: M 6b K 13.5628)

7. Senat

Hauptpunkte:

Rundfunkfreiheit Öffentlich-rechtlicher Rundfunk Rundfunkbeitrag

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...

gegen

... Juristische Direktion, R-platz ..., M.,

- Beklagter -

beteiligt:

...

als Vertreter des öffentlichen Interesses, L-str. ..., M.

wegen Rundfunkbeitrags;

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 16. Juli 2014,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 7. Senat, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgerichtshof Häring, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Schmeichel, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Lotz-Schimmelpfennig ohne mündliche Verhandlung am 19. Juni 2015

folgendes Urteil:

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um die Rechtmäßigkeit der Erhebung des Rundfunkbeitrags.

Der Kläger hatte nach Maßgabe des bis zum 31. Dezember 2012 geltenden Rundfunkgebührenstaatsvertrags keine Rundfunkgebühren an den Beklagten gezahlt, weil er weder ein Fernsehgerät noch ein Hörfunkgerät zum Rundfunkempfang bereitgehalten hat. Seit Inkrafttreten des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags (RBStV) zum 1. Januar 2013 verlangt der Beklagte vom Kläger einen Rundfunkbeitrag in Höhe von (seinerzeit) monatlich 17,98 Euro (vierteljährlich: 53,94 Euro), dessen Zahlung der Kläger verweigert.

Der Beklagte setzte daraufhin mit Bescheid vom 1. Dezember 2013 für den Zeitraum vom 1. Januar 2013 bis zum 30. Juni 2013 einen rückständigen Rundfunkbeitrag in Höhe von 115,88 Euro fest (107,77 Euro Rundfunkbeitrag und 8 Euro Säumniszuschlag).

Das Bayerische Verwaltungsgericht München hat die hiergegen gerichtete Klage mit Urteil vom 16. Juli 2014 abgewiesen. Die Erhebung des Rundfunkbeitrags, die den Vorgaben des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags entspreche, begegne keinen durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Auf die Entscheidung des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs vom 15. Mai 2014 über die Vereinbarkeit des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags mit der Bayerischen Verfassung werde verwiesen.

Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter. Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts und den Bescheid des Beklagten vom 1. Dezember 2013 aufzuheben.

Die Erhebung des Rundfunkbeitrags im privaten Bereich (§ 2 Abs. 1 RBStV) verletze die Informationsfreiheit und Rundfunkempfangsfreiheit, die allgemeine Handlungsfreiheit, den allgemeinen Gleichheitssatz sowie das Verbot der Benachteiligung behinderter Menschen. Der im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag vorgesehene Meldeabgleich (§ 14 Abs. 9 RBStV) verstoße zudem gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung. Der Rundfunkbeitrag dürfe ferner nicht, wie gesetzlich vorgesehen (§ 1 RBStV), der Finanzierung von Aufgaben nach § 40 des Rundfunkstaatsvertrages dienen. Denn bei den dort genannten Aufgaben handele es sich um Zulassungs- und Aufsichtsfunktionen der Landesmedienanstalten oder um Förderungen, die nicht als Gegenleistung (Vorteil) zu werten seien, welche eine Beitragspflicht rechtfertigen könnten. Derartige Aufgaben seien aus dem allgemeinen Steueraufkommen der Länder zu finanzieren.

Der Rundfunkbeitrag sei vor allem deshalb verfassungswidrig, weil er von jedem Wohnungsinhaber zu entrichten sei, unabhängig davon, ob in der Wohnung ein Gerät zum Rundfunkempfang bereitgehalten werde oder nicht. Es handele sich bei ihm tatsächlich nicht um einen „Beitrag“, sondern um eine „Steuer“, für deren Erhebung es den Ländern an einer Rechtsgrundlage fehle. Der Abgabentatbestand des Rundfunkbeitrags (Innehaben einer Wohnung) entferne sich zu weit von dem menschlichen Verhalten, welches abgabepflichtig sein solle (Möglichkeit der Nutzung des Rundfunkangebots) und widerspreche einem abgabenrechtlichen Grundsatz, dass der Kreis der beitragspflichtigen Personen kleiner sein müsse als die Gesamtheit der Personen. Der Personenkreis der Wohnungsinhaber entspreche demgegenüber der Allgemeinheit der in Deutschland wohnenden Bevölkerung. Die Wohnungsinhaberschaft sei ohnehin kein sachgerechtes Anknüpfungskriterium für eine Vermutung der Möglichkeit der Nutzung des Rundfunkangebots. Mit mobilen Empfangsgeräten sei die Nutzung des Rundfunkangebots an jedem beliebigen Aufenthaltsort möglich.

Im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag fehle die nach der Systematik des Abgabenrechts notwendige Angabe des besonderen wirtschaftlichen Vorteils als Tatbestandsmerkmal, an den das Gesetz die Rechtsfolge der Beitragspflicht knüpfe. Das Innehaben einer Wohnung sei jedenfalls kein besonderer wirtschaftlicher Vorteil, der aus der Veranstaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks folge und deshalb beitragspflichtig sein könne. Im Übrigen dürfe auch nur ein individueller Vorteil mit einer Beitragspflicht belegt werden. Der Kläger halte allerdings kein (herkömmliches oder neuartiges) Gerät zum Rundfunkempfang bereit, so dass er die Möglichkeit zum Rundfunkempfang tatsächlich nicht nutzen könne. Der Gesetzgeber habe Fallgestaltungen wie beim Kläger, der kein bewusster „Medienverweigerer“ sei, sondern sein bisheriges Leben lediglich unverändert fortführen wolle, ersichtlich nicht im Blick.

Das öffentlich-rechtliche Programmangebot sei ferner keine „Gegenleistung“, welche eine Beitragserhebung rechtfertigen könne, weil das Programmangebot zu „kommerziell“ sei und durch Werbung finanziert werde und dem gesetzlichen Auftrag nicht gerecht werde, zur freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung beizutragen und einen umfassenden Überblick über das internationale, europäische, nationale und regionale Geschehen in allen wesentlichen Lebensbereichen zu geben sowie der Bildung, Information, Beratung und Unterhaltung zu dienen. Das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unterscheide sich nicht vom Programmangebot privatrechtlicher Anbieter.

Es sei schließlich verfassungswidrig, wenn die „Vermutung“ der Möglichkeit der Nutzung des Rundfunkangebots, welche der Gesetzgeber ohnehin nicht ausdrücklich formuliert habe, auch für denjenigen unwiderlegbar sein solle, der tatsächlich keine Möglichkeit zum Rundfunkempfang habe. Hierin liege ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), der auch durch die Befugnis des Gesetzgebers zu typisierendem Vorgehen nicht gerechtfertigt sei, weil sich diese Befugnis nur auf das „Wie“, nicht jedoch auf das „Ob“ der Abgabepflicht erstrecken könne. Eine Abgabenregelung sei verfassungswidrig, wenn man der Abgabe nicht ausweichen könne. Dies sei vorliegend der Fall, weil niemand seine Wohnung aufgebe, um der Rundfunkbeitragspflicht zu entgehen.

Der Beklagte beantragt unter Wiederholung und Vertiefung der Gründe des angefochtenen Urteils des Verwaltungsgerichts,

die Berufung zurückzuweisen.

Die Landesanwaltschaft Bayern hat sich als Vertreter des öffentlichen Interesses (ohne eigene Antragstellung) am Verfahren beteiligt.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg.

1. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Senat folgt den Gründen des angefochtenen Urteils. Die Pflicht zur Zahlung eines Rundfunkbeitrags im privaten Bereich für jede Wohnung von deren Inhaber (§ 2 Abs. 1 des Rundfunkbeitragsstaatsvertrags [RBStV] in der Fassung der Bekanntmachung vom 7.6.2011 [GVBl S. 258; BayRS 2251S]) ist verfassungsgemäß. Sie verletzt weder die Informationsfreiheit (Rundfunkempfangsfreiheit) noch die allgemeine Handlungsfreiheit, den allgemeinen Gleichheitssatz oder das Verbot der Benachteiligung behinderter Menschen. Ebenso wenig liegt ein Verstoß gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung vor.

a) Das Grundrecht der Informationsfreiheit gewährleistet das Recht, sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG). Es wird auch in seiner besonderen Ausprägung als Rundfunkempfangsfreiheit durch den Rundfunkbeitrag weder unmittelbar noch mittelbar beeinträchtigt. Der Kläger wird durch die Beitragserhebung weder gehindert noch verpflichtet, den öffentlichrechtlichen Rundfunk als Informationsquelle zu benutzen. Eine Garantie kostenloser Information enthält Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG nicht. Die Erhebung des Rundfunkbeitrags zielt auch nicht - ebenso wenig wie die frühere Erhebung von Rundfunkgebühren - darauf ab, Interessenten von Informationen aus bestimmten Quellen fernzuhalten (vgl. BVerfG, B.v. 6.9.1999 - 1 BvR 1013/99 - BayVBl 2000, 208).

b) Die Erhebung des Rundfunkbeitrags im privaten Bereich verstößt weder gegen die allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) noch gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG). Das Grundrecht des Klägers, nur aufgrund solcher Vorschriften mit einer Abgabe belastet zu werden, die formell und materiell der Verfassung gemäß sind (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 26.5.1976 - 2 BvR 995/75 - BVerfGE 42, 223), ist auch dann beachtet, wenn der Rundfunkbeitrag unabhängig davon erhoben wird, ob der Kläger in seiner Wohnung ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereit hält oder nicht.

aa) Beim Rundfunkbeitrag handelt es sich entgegen der Ansicht des Klägers nicht um eine Steuer, sondern um eine nichtsteuerliche und in die Gesetzgebungskompetenz der Länder fallende Abgabe (Beitrag).

(1) Steuern sind öffentliche Abgaben, die als Gemeinlast ohne individuelle Gegenleistung („voraussetzungslos“) zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs eines öffentlichen Gemeinwesens erhoben werden. Für eine Steuer ist somit wesentlich, dass sie ohne Gegenleistung erhoben wird (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 25.6.2014 - 1 BvR 668/10 u. a. - NVwZ 2014, 1448; B.v. 26.5.1976 - 2 BvR 995/75 - BVerfGE 42, 223). Abgaben, die einen individuellen Vorteil ausgleichen sollen, sind als Vorzugslasten zulässig. Darunter fallen Gebühren und Beiträge. Gebühren sind öffentlich-rechtliche Geldleistungen, die aus Anlass individuell zurechenbarer Leistungen dem Gebührenschuldner durch eine öffentlich-rechtliche Norm oder sonstige hoheitliche Maßnahme auferlegt werden und dazu bestimmt sind, in Anknüpfung an diese Leistung deren Kosten ganz oder teilweise zu decken. Das gilt entsprechend für Beiträge, die im Unterschied zu Gebühren schon für die potentielle Inanspruchnahme einer öffentlichen Einrichtung oder Leistung erhoben werden (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 25.6.2014 - 1 BvR 668/10 u. a. - NVwZ 2014, 1448).

(2) Der Rundfunkbeitrag, der - wie schon die frühere Rundfunkgebühr - dem der Gesetzgebungskompetenz der Länder unterliegenden Bereich des Rundfunks zuzuordnen ist (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 22.8.2012 - 1 BvR 199/1 - NJW 2012, 3423), erfüllt die an die Erhebung einer Abgabe in Gestalt eines Beitrags zu stellenden verfassungsrechtlichen Anforderungen. Er dient nach § 1 RBStV der funktionsgerechten Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Sinne von § 12 Abs. 1 des Rundfunkstaatsvertrags (RStV) sowie der Finanzierung der Aufgaben nach § 40 RStV und fließt damit nicht in den allgemeinen staatlichen Haushalt. Er wird im Gegensatz zu einer Steuer nicht „voraussetzungslos“ geschuldet, sondern als Gegenleistung für das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben. Weil er ohne Rücksicht auf die Nutzungsgewohnheiten und -absichten verlangt wird, also für die bloße Möglichkeit der Inanspruchnahme des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, ist er eine Vorzugslast in Gestalt des Beitrags und durch die mit ihm verfolgten Zwecke der Kostendeckung und des Vorteilsausgleichs legitimiert (vgl. BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12 u. a. - NJW 2014, 3215 = BayVBl 2014, 688, 723).

bb) Die Anknüpfung der Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags an das Innehaben einer Wohnung, unabhängig davon, ob in der Wohnung ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereitgehalten wird oder nicht, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

(1) Das Bundesverfassungsgericht hat als die dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk gemäße Art der Finanzierung in ständiger Rechtsprechung die „Gebührenfinanzierung“ als Vorzugslast anerkannt (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 22.8.2012 - 1 BvR 199/11 -BVerfGK 20, 37 m. w. N.). Die Gebührenfinanzierung erlaubt es dem öffentlichrechtlichen Rundfunk, unabhängig von Einschaltquoten und Werbeaufträgen ein Programm anzubieten, das den verfassungsrechtlichen Anforderungen gegenständlicher und meinungsmäßiger Vielfalt entspricht. In der ungeschmälerten Erfüllung dieser Funktion und in der Sicherstellung der Grundversorgung der Bevölkerung mit Rundfunkprogrammen im dualen System findet die Gebührenfinanzierung ihre Rechtfertigung (vgl. z. B. BVerfG, U.v. 22.2.1994 - 1 BvL 30/88 - BVerfGE 90, 60 m. w. N.). Schon die Pflicht zur Zahlung von Rundfunkgebühren war von den tatsächlichen Nutzungsgewohnheiten des Rundfunkteilnehmers unabhängig. Als Rundfunkteilnehmer galt bereits derjenige, der ein Rundfunkempfangsgerät zum Empfang bereithielt (vgl. § 1 Abs. 2 Satz 1, § 2 Abs. 2 des Rundfunkgebührenstaatsvertrags [RGebStV] in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.7.2001 [BayRS 2251S; GVBl S. 561], zuletzt geändert durch Art. 6 des Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag vom 5.5.2009 [GVBl S. 193]).

(2) Auch bei der Erhebung des Rundfunkbeitrags kommt es auf die tatsächlichen Nutzungsgewohnheiten des Beitragspflichtigen in Bezug auf das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht an. Der Wechsel des Anknüpfungstatbestands vom bisherigen Bereithalten eines Rundfunkempfangsgeräts zum Empfang hin zum nunmehr geforderten Innehaben einer Wohnung ist dadurch veranlasst, dass mit der technischen Entwicklung neuartiger Rundfunkempfangsgeräte, die Rundfunkprogramme z. B. über Angebote aus dem Internet wiedergeben können (vgl. § 5 Abs. 3 RGebStV), der bisherigen Gebührenfinanzierung ein strukturelles Erhebungs- und Vollzugsdefizit drohte, weil das Bereithalten derartiger Rundfunkempfangsgeräte zum Empfang (neben oder anstelle herkömmlicher Rundfunkempfangsgeräte wie Hörfunk- und Fernsehgeräten) nur unvollständig ermittelt und überprüft werden konnte und deshalb Anreize zur „Flucht aus der Rundfunkgebühr“ bot (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 22.8.2012 - 1 BvR 199/11 - BVerfGK 20, 37). Das an das Innehaben einer Wohnung typisierend und pauschalierend anknüpfende Modell des Rundfunkbeitrags vereinfacht demgegenüber das Erhebungsverfahren deutlich, weil sich die Ermittlung von Art und Zahl der (herkömmlichen oder neuartigen) zum Empfang bereitgehaltenen Rundfunkempfangsgeräte nunmehr erübrigt. Damit wird auch die bisher von behördlichen Ermittlungen beeinträchtigte Privatsphäre der Bürger besser geschützt. Ermittlungen „hinter der Wohnungstür“ entfallen. Das stellt einen gewichtigen Gemeinwohlbelang dar, zumal es zur Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Grundlagen der Abgabenerhebung führen kann, wenn die Gleichheit im Belastungserfolg verfehlt wird (vgl. BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12 u. a. - NJW 2014, 3215 = BayVBl 2014, 688, 723 m. w. N.).

(3) Die Anknüpfung des Rundfunkbeitrags an das Innehaben einer Wohnung ist entgegen der Ansicht des Klägers sachgerecht.

Die Rundfunkfreiheit dient der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung. Der in Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG enthaltene Auftrag zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit zielt auf eine Ordnung, die sicherstellt, dass die Vielfalt der bestehenden Meinungen im Rundfunk in möglichster Breite und Vollständigkeit Ausdruck findet. Die gesetzlichen Regelungen sollen es dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk ermöglichen, seinen klassischen Funktionsauftrag zu erfüllen, der neben seiner Rolle für die Meinungs- und Willensbildung, neben Unterhaltung und Information seine kulturelle Verantwortung umfasst. Nur wenn dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk dies gelingt und er im publizistischen Wettbewerb mit den privaten Veranstaltern bestehen kann, ist das duale System in seiner gegenwärtigen Form, in der die privatwirtschaftlich finanzierten Programme weniger strengen Anforderungen unterliegen als die öffentlichrechtlichen, mit Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG vereinbar. Zur Gewährleistung der Rundfunkfreiheit in der dualen Rundfunkordnung gehört die Sicherung der Funktionsfähigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks unter Einschluss seiner bedarfsgerechten Finanzierung. Dies hat sich im Grundsatz durch die technologischen Neuerungen der letzten Jahre und die dadurch ermöglichte Vermehrung der Übertragungskapazitäten sowie die Entwicklung der Medienmärkte nicht geändert (vgl. BVerfG, U.v. 11.9.2007 - 1 BvR 2270/05 u. a. - BVerfGE 119, 181).

Weil das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks aufgrund des gesetzlichen Auftrags an die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, durch die Herstellung und Verbreitung ihrer Angebote als Medium und Faktor des Prozesses freier individueller und öffentlicher Meinungsbildung zu wirken und dadurch die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen (vgl. § 11 Abs. 1 Satz 1 des Staatsvertrags für Rundfunk und Telemedien [Rundfunkstaatsvertrag - RStV]) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.7.2001 [BayRS 2251S; GVBl S. 502], zuletzt geändert durch Art. 3 des Fünfzehnten Rundfunkänderungs-staatsvertrages vom 7. Juni 2011 [GVBl S. 258]), innerhalb der Gesellschaft jedem Einzelnen zugutekommt, ist grundsätzlich auch jede Person im Einwirkungsbereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks an der Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu beteiligen. Auf die Möglichkeit der demokratischen Teilhabe am Prozess der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung kann der Einzelne nicht verzichten. Es gibt auch entgegen der Ansicht des Klägers keinen verfassungsrechtlichen Grundsatz, wonach es möglich sein müsse, einer gesetzlich geregelten Abgabe „auszuweichen“.

Das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks kann (mittels herkömmlicher oder neuartiger Rundfunkempfangsgeräte) in ganz Deutschland flächendeckend und von jedermann - sowohl innerhalb als auch außerhalb einer Wohnung -empfangen werden. Typischerweise besteht damit auch für jede Person in ihrer Wohnung die regelmäßig auch genutzte Möglichkeit zum Rundfunkempfang. Dass der beitragspflichtige Personenkreis der (volljährigen) Wohnungsinhaber (vgl. § 2 Abs. 2 Satz 1 RBStV) sehr groß ist, ist abgabenrechtlich unerheblich. Denn die Breite der Finanzierungsverantwortung korrespondiert mit der Größe des Adressatenkreises, an den sich das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks richtet (vgl. BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12 u. a. - NJW 2014, 3215 = BayVBl 2014, 688, 723). Der Rundfunkbeitrag - ebenso wie zuvor die Rundfunkgebühr - gilt daher unverändert den individuell bestehenden Vorteil der jederzeitigen Möglichkeit des Rundfunkempfangs ab. Dies kommt entgegen der Ansicht des Klägers im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag, der den Zweck des Rundfunkbeitrags und den Anknüpfungstatbestand für die Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags ausdrücklich nennt, auch hinreichend klar zum Ausdruck.

(4) Der allgemeine Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verlangt nicht, dass dem einzelnen Wohnungsinhaber zur Vermeidung der Beitragspflicht der Nachweis erlaubt wird, in dem durch seine Wohnung erfassten Haushalt werde das Programm des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht empfangen. Insbesondere muss der Gesetzgeber nicht an der für die frühere Rundfunkgebühr maßgeblichen Unterscheidung festhalten, ob ein Empfangsgerät bereitgehalten wird oder nicht.

Aus dem Gleichheitssatz folgt für das Abgabenrecht der Grundsatz der Belastungsgleichheit. Bei der Auswahl des Abgabengegenstands sowie bei der Bestimmung von Beitragsmaßstäben und Abgabensatz hat der Gesetzgeber allerdings einen weitreichenden Gestaltungsspielraum, der sich nicht nur auf das „Wie“, sondern auch auf das „Ob“ der Abgabepflicht erstrecken kann. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Abgabengesetze in der Regel Massenvorgänge des Wirtschaftslebens betreffen. Sie müssen, um praktikabel zu sein, Sachverhalte, an die sie dieselben abgabenrechtlichen Folgen knüpfen, typisieren und können dabei die Besonderheiten des einzelnen Falles vernachlässigen. Es ist auch ein legitimes Anliegen des Gesetzgebers, die Erhebung von Abgaben so auszugestalten, dass sie praktikabel bleibt und von übermäßigen, mit Rechtsunsicherheit verbundenen Differenzierungsanforderungen entlastet wird (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 25.6.2014 - 1 BvR 668/10 u. a. - NVwZ 2014, [1448]).

Aufgrund der technischen Entwicklung der elektronischen Medien im Zuge der Digitalisierung hat das Bereithalten eines Fernsehers oder Radios als Indiz für die Zuordnung eines Vorteils aus dem Rundfunkangebot spürbar an Überzeugungs- und Unterscheidungskraft eingebüßt. Rundfunkprogramme werden nicht mehr nur herkömmlich - terrestrisch, über Kabel oder Satellit - verbreitet, sondern im Rahmen des für neue Verbreitungsformen offenen Funktionsauftrags zugleich auch in das Internet eingestellt. Aufgrund der Vielgestaltigkeit und Mobilität neuartiger Rundfunkempfangsgeräte ist es nahezu ausgeschlossen, das Bereithalten solcher Geräte in einem Massenverfahren in praktikabler Weise und ohne unverhältnismäßigen Eingriff in die Privatsphäre verlässlich festzustellen, zumal sich individuelle Nutzungsgewohnheiten und Nutzungsabsichten jederzeit ändern können. Deshalb darf der Gesetzgeber davon ausgehen, dass die effektive Möglichkeit der Programmnutzung als abzugeltender Vorteil allgemein und geräteunabhängig besteht. Da der Beitragstatbestand im Regelfall einfach und anhand objektiver Kriterien festgestellt werden kann, beugt die Typisierung zudem gleichheitswidrigen Erhebungsdefiziten oder Umgehungen und beitragsvermeidenden Gestaltungen vor, wie sie durch weitere Differenzierungen zwangsläufig hervorgerufen würden. Er dient damit auch einer größeren Abgabengerechtigkeit (vgl. BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12 u. a. -NJW 2014, 3215 = BayVBl 2014, 688, 723).

Die Härten, die mit der typisierenden Anknüpfung der Rundfunkbeitragspflicht an eine Wohnung einhergehen, sind für die Betroffenen in ihren finanziellen Auswirkungen von monatlich derzeit 17,50 Euro (§ 8 Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrag [RFinStV] in der Fassung der Bekanntmachung vom 27.7.2001 [BayRS 2251S; GVBl S. 566], zuletzt geändert durch Art. 1 des Sechzehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 16.3.2015 [GVBl S. 26]) nicht besonders intensiv. Sie halten sich, zumal in § 4 RBStV Befreiungs- und Ermäßigungsregelungen für den Fall fehlender wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit vorgesehen sind, unter dem Gesichtspunkt der Abgabengerechtigkeit im Rahmen des Zumutbaren. Die Höhe des Rundfunkbeitrags bleibt auch mit Blick auf diejenigen Personen, die das Programmangebot nicht nutzen (wollen) und früher mangels Empfangsgeräts überhaupt keine Rundfunkgebühr zahlen mussten, in einer moderaten Höhe, die durch die Ausgleichsfunktion des Rundfunkbeitrags gerechtfertigt ist (vgl. auch BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12 u. a. - NJW 2014, 3215 = BayVBl 2014, 688, 723).

cc) Die Einwände des Klägers, beim Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks handle es sich nicht um eine anzuerkennende „Gegenleistung“ und der Rundfunkbeitrag dürfe nicht, wie gesetzlich vorgesehen (§ 1 RBStV), der Finanzierung von Aufgaben nach § 40 des Rundfunkstaatsvertrages dienen, greifen nicht durch.

(1) Das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist auch dann als „Gegenleistung“ in Bezug auf die Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags anzuerkennen, wenn Auswahl, Inhalt und Gestaltung des Programms nicht jedermanns Zustimmung finden.

Die grundrechtlich geschützte Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) gewährleistet die Programmfreiheit (Programmautonomie). Auswahl, Inhalt und Gestaltung des Programms sind danach Sache des Rundfunks selbst. Der Rundfunk darf bei der Entscheidung über die zur Erfüllung seines Funktionsauftrags als nötig angesehenen Inhalte und Formen des Programms weder den Interessen des Staates noch einer gesellschaftlichen Gruppe oder gar dem Einfluss einer einzelnen Person untergeordnet oder ausgeliefert werden. Der Rundfunk muss vielmehr die Vielfalt der Themen und Meinungen aufnehmen und wiedergeben, die in der Gesellschaft eine Rolle spielen (vgl. z. B. BVerfG, U.v. 22.2.1994 - 1 BvL 30/88 - BVerfGE 90, 60). Es ist dem Einzelnen deshalb verwehrt, seine Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags davon abhängig zu machen, ob ihm das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gefällt oder nicht. Es kommt in diesem Zusammenhang auch nicht darauf an, ob der Einzelne das Programmangebot für „zu kommerziell“ und dem Programmangebot privatrechtlicher Anbieter vergleichbar hält oder nicht. Das Bundesverfassungsgericht hat zur Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks auch Einnahmen aus Werbung als zulässig angesehen und ferner betont, dass der öffentlichrechtliche Rundfunk im dualen System im Wettbewerb mit den privaten Veranstaltern steht und deshalb auch ein dem klassischen Rundfunkauftrag entsprechendes Programm für die gesamte Bevölkerung anbieten darf, das dem Wettbewerb mit den privaten Veranstaltern standhalten kann (vgl. z. B. BVerfG, U.v. 22.2.1994 - 1 BvL 30/88 - BVerfGE 90, 60).

(2) Dass der Rundfunkbeitrag - wie früher bereits die Rundfunkgebühr - zu einem geringen Teil auch der Finanzierung der Aufgaben nach § 40 des Rundfunkstaatsvertrags dient (§ 1 RBStV), ist unbedenklich.

Nach Maßgabe des § 40 RStV darf der in § 10 RFinStV bestimmte Anteil (1,8989 v. H. des Rundfunkbeitragsaufkommens) für die Finanzierung von Zulassungs- und Aufsichtsfunktionen der Landesmedienanstalten und die Förderung offener Kanäle verwendet werden (§ 40 Abs. 1 Satz 1 RStV). Mittel aus diesem Anteil können bis zum 31. Dezember 2020 aufgrund besonderer Ermächtigung durch den Landesgesetzgeber auch für die Förderung von landesrechtlich gebotener technischer Infrastruktur zur Versorgung des Landes und zur Förderung von Projekten für neuartige Rundfunkübertragungstechniken verwendet werden (§ 40 Abs. 1 Satz 2 RStV). Ebenso können Formen der nichtkommerziellen Veranstaltung von lokalem und regionalem Rundfunk und Projekte zur Förderung der Medienkompetenz aus dem genannten Anteil aufgrund besonderer Ermächtigung durch den Landesgesetzgeber gefördert werden (§ 40 Abs. 1 Satz 4 RStV).

Der in § 10 RFinStV bestimmte Anteil des Rundfunkbeitragsaufkommens kommt dem Rundfunk zugute. Die verfassungsrechtliche Garantie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erstreckt sich nicht nur auf seinen bisherigen Bestand, sondern auch auf seine künftige Entwicklung. Das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks muss auch für neue Inhalte und Formate und neue Verbreitungsformen offen bleiben. Der Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist damit dynamisch an die Funktion des Rundfunks gebunden (vgl. z. B. BVerfG, U.v. 11.9.2007 - 1 BvR 2270/05 u. a. - BVerfGE 119,181). Die in § 40 RStV genannten Aufgaben sind im dualen System nicht nur für den privaten Rundfunk, sondern stets auch für die künftige Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Wettbewerb mit privaten Rundfunkveranstaltern von Bedeutung. Die Finanzierung dieser Aufgaben mit einem Anteil am Rundfunkbeitragsaufkommen ist daher sachlich gerechtfertigt und hat nicht zwingend aus dem allgemeinem Steueraufkommen zu erfolgen.

c) Entgegen dem nicht näher substantiierten Vorbringen des Klägers enthalten die Bestimmungen über die Rundfunkbeitragspflicht im privaten Bereich weder unmittelbar noch mittelbar nachteilige Ungleichbehandlungen, die an eine Behinderung anknüpfen (Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG).

Personen mit Behinderungen nutzen in der Regel uneingeschränkt das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Nur soweit eine Nutzungsmöglichkeit aus gesundheitlichen Gründen ausgeschlossen oder wesentlich gemindert ist, das Programmangebot den Einzelnen also aus objektiven Gründen nicht oder nur deutlich eingeschränkt erreichen kann, ist systembedingt mangels beitragsrelevantem Vorteil eine Ausnahme oder Vergünstigung angezeigt. Dem trägt der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag dadurch Rechnung, dass aus gesundheitlichen Gründen - unabhängig von der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit - insbesondere taubblinde Menschen und Empfänger von Blindenhilfe nach § 72 SGB XII von der Beitragspflicht befreit werden (§ 4 Abs. 1 Nr. 10 RBStV) und der Rundfunkbeitrag für blinde, hörgeschädigte und behinderte Menschen unter den in § 4 Abs. 2 Satz 1 RBStV genannten Voraussetzungen auf ein Drittel ermäßigt wird. Sollten diese grundsätzlich ausreichenden Typisierungen nicht jeden Einzelfall erfassen, in dem es an einem Vorteil aus dem Programmangebot fehlt, kann dem durch eine Einzelfallprüfung im Rahmen der Härteregelung des § 4 Abs. 6 RBStV Rechnung getragen werden (vgl. auch BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12 u. a. - NJW 2014, 3215 = BayVBl 2014, 688, 723).

d) Entgegen dem ebenfalls nicht näher substantiierten Vorbringen des Klägers verstößt auch der im Rundfunkbeitragsstaatsvertrag vorgesehene Meldeabgleich (§ 14 Abs. 9 RBStV) nicht gegen das Recht auf informationelle Selbstbestimmung.

Das durch Art. 2 Abs. 1 GG in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verbürgte Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung gewährleistet die Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden (vgl. z. B. BVerfG, B.v. 29.9.2013 - 2 BvR 939/13 - NStZ-RR 2014, 48). § 14 Abs. 9 RBStV greift in das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ein, indem er anordnet, dass jede Meldebehörde einmalig zum Zweck der Bestands- und Ersterfassung für einen bundesweit einheitlichen Stichtag automatisiert in standardisierter Form im Einzelnen bezeichnete Daten aller volljährigen Personen an die jeweils zuständige Landesrundfunkanstalt übermittelt. Dieser Eingriff ist jedoch verfassungsrechtlich gerechtfertigt, weil er im überwiegenden Interesse der Allgemeinheit und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfolgt.

§ 14 Abs. 9 RBStV regelt einen einmaligen Meldedatenabgleich. Er erlaubt es den Landesrundfunkanstalten einmalig zum Inkrafttreten des neuen Rundfunkbeitragsmodells, ihre Rundfunkteilnehmerdatenbank im privaten Bereich zu konsolidieren, indem sie ihre vorhandenen Daten mit einem Katalog an Meldedaten aller volljährigen Personen abgleichen. Unverzüglich nach dem Abgleich werden die erhobenen Meldedaten wieder gelöscht, soweit sie nicht mehr benötigt werden. Indem der einmalige Abgleich der Rundfunkteilnehmerdatenbank mit den Meldedaten die Vervollständigung und Konsolidierung des vorhandenen Datenbestandes ermöglicht, dient er zugleich der Herstellung größerer Beitragsgerechtigkeit und der Vermeidung eines Vollzugsdefizits (vgl. BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12 u. a. - NJW 2014, 3215 = BayVBl 2014, 688, 723).

e) Sonstige Verstöße gegen Grundrechte des Klägers oder in Bezug auf europarechtliche Bestimmungen sind weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich (vgl. auch BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 - Vf. 8-VII-12 u. a. - NJW 2014, 3215 = BayVBl 2014, 688, 723).

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

3. Die Revision wird zugelassen, weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 139 VwGO kann die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) schriftlich eingelegt werden. Die Revision muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig (Postfachanschrift: Postfach 10 08 54, 04008 Leipzig), einzureichen. Die Revisionsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 115,88 Euro festgesetzt. (§ 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 3 GKG)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

Die Sachgebiete in Angelegenheiten der Fürsorge mit Ausnahme der Angelegenheiten der Sozialhilfe und des Asylbewerberleistungsgesetzes, der Jugendhilfe, der Kriegsopferfürsorge, der Schwerbehindertenfürsorge sowie der Ausbildungsförderung sollen in einer Kammer oder in einem Senat zusammengefaßt werden. Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in den Verfahren dieser Art nicht erhoben; dies gilt nicht für Erstattungsstreitigkeiten zwischen Sozialleistungsträgern.