Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht Beschluss, 22. Jan. 2016 - 3 B 8/16

ECLI:ECLI:DE:VGSH:2016:0122.3B8.16.0A
bei uns veröffentlicht am22.01.2016

Tenor

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller die beantragte Sondernutzungserlaubnis für die Aufstellung von 50 zweiseitigen Wahlplakaten (DIN A0) an 50 Standorten im gesamten Stadtgebiet für die Bürgermeisterwahl am 21.02.2016 zu erteilen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für die Aufstellung von 50 zweiseitigen Wahlplakaten (DIN A0) an 50 Standorten im gesamten Stadtgebiet für die Bürgermeisterwahl am 21.02.2016.

2

In der Stadt ..., die aktuell rund 9.100 Einwohner und eine Fläche von 18 Quadratkilometern aufweist, tritt zur Bürgermeisterwahl neben vier weiteren Bewerbern auch eine Bewerberin auf Vorschlag des Antragstellers an.

3

Die durch Beschlussfassung der Stadtvertretung vom 29.03.2012 erlassene „Satzung über die Sondernutzung an öffentlichen Straßen in der Stadt ..." (im Folgenden: Sondernutzungssatzung) enthält in § 3 folgende Regelungen:

4

§3
Erteilung der Sondernutzungserlaubnis

5

(1) [...]

6

(2) Die Sondernutzungserlaubnis wird auf Dauer mit der Möglichkeit des Widerrufs auf Zeit oder jederzeitigem Widerruf erteilt. Es können Bedingungen und Auflagen festgesetzt werden, insbesondere zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit sowie bei Stellschildern auch hinsichtlich der Anzahl.

7

(3) Abweichend von (2) können im Zeitraum von 4 Wochen vor dem Termin einer Europa-, Bundestags-, Landtags-, Kommunal- oder Bürgermeisterwahl politische Parteien im Sinne des Parteiengesetzes bzw. Einzelbewerber maximal 10 Stellschilder aufstellen, wenn Sie sich an der jeweiligen Wahl beteiligen.

8

Mit Schreiben vom 11.01.2016 hat der Antragsteller bei der Antragsgegnerin eine „Ausnahmegenehmigung von der Sondernutzungserlaubnis gemäß § 3 Abs. 3" der Sondernutzungssatzung für die Aufstellung von 50 zweiseitigen Wahlplakaten (DIN A0) an 50 Standorten im gesamten Stadtgebiet für die Bürgermeisterwahl am 21.02.2016 beantragt. Dieser Antrag wurde von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 14.01.2016 unter Bezugnahme auf die geltende Sondernutzungssatzung, die dem Zweck diene, „zu Gunsten eines optisch ansprechenden Ortsbildes ein übermäßiges, wildes Plakatieren zu unterbinden", abgelehnt. Der vom Antragsteller mit Schreiben vom 16.01.2016 eingelegte Widerspruch ist bislang noch nicht beschieden worden.

9

Am 18.01.2016 hat der Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Er ist der Auffassung, die Beschränkung auf lediglich 10 Stellplätze für Wahlplakate im Vorfeld der Bürgermeisterwahl verstoße gegen höherrangiges Recht, weil hiermit die verfassungsrechtliche Bedeutung von Wahlen verkannt werde.

10

Der Antragsteller beantragt,

11

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller die begehrte Sondernutzungserlaubnis gemäß seines Antrags vom 11. Januar 2016 bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über die Hauptsache zu erteilen.

12

Die Antragsgegnerin hat keinen Antrag gestellt und stattdessen mit Schriftsatz vom 21.01.2016 mitgeteilt, dass anlässlich des Antrags des Antragstellers zum 03.02.2016 eine Sitzung der Stadtvertretung A-Stadt einberufen worden sei, mit dem Ziel, die maximale Zahl der Stellschilder in § 3 Abs. 3 der Sondernutzungssatzung auf 50 zu erhöhen, um auf diese Weise den Antragsteller klaglos zu stellen.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

14

Der Antrag ist zulässig und begründet.

15

Der Antragsteller ist für dieses Verfahren beteiligungsfähig gemäß § 61 Nr. 2 VwGO. Danach sind Vereinigungen fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, soweit ihnen ein Recht zustehen kann. Eine Vereinigung i. S. des § 61 Nr. 2 VwGO ist ein Parteiortsverein im Streit um die straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis für Wahlsichtwerbung jedenfalls dann, wenn diese - wie hier - die Bürgermeisterwahl am Ort betrifft (vgl. OVG Saarland, Beschluss vom 05.08.1998 - 2 V 14/98 - juris).

16

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht werden.

17

Ein Anordnungsanspruch für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gegeben, wenn eine - in der Regel aufgrund summarischer Prüfung vorzunehmende - Vorausbeurteilung der Erfolgsaussichten einer eventuellen Hauptsacheklage ergibt, dass das Obsiegen in der Hauptsache zumindest überwiegend wahrscheinlich ist. Nimmt der Erlass der einstweiligen Anordnung die Hauptsache (vorläufig) vorweg, sind an einen solchen Antrag besondere Anforderungen zu stellen. Mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung darf grundsätzlich nicht etwas begehrt und im gerichtlichen Verfahren zugesprochen werden, was als Vorgriff auf den im Hauptsacheverfahren geltend zu machenden Anspruch anzusehen ist. Eine Durchbrechung dieses Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache kommt nur dann ausnahmsweise in Betracht, wenn das Abwarten der Hauptsache für den Antragsteller unzumutbar wäre (BVerwG, Beschluss vom 21.01.1999 - 11 VR 8/98 - NVwZ 1999, 650). Eine solche Ausnahme setzt voraus, dass einerseits zumindest eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit eines Obsiegens in der Hauptsache besteht und andererseits Rechtsschutz in der Hauptsache wegen der langen Verfahrensdauer nicht rechtzeitig erlangt werden kann und dies zu schweren und unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteilen für den Antragsteller führt, die sich auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr ausgleichen lassen (vgl. BVerfGE 79, 69; BVerwGE 109, 258, 262; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz in Verwaltungsstreitverfahren, 4. Auflage 1998, Rn. 212 m. w. N.). Dies ist bei einem Verfahren, in dem eine politische Partei unmittelbar vor einer Wahl die Verbesserung ihrer Werbemöglichkeiten erstrebt, wegen des drohenden Zeitablaufs regelmäßig der Fall (OVG Greifswald, Beschluss vom 24.08.2011, 1 M 145/11, zitiert nach Juris). Diese Voraussetzungen sind auch hier zu bejahen, da der Antragsteller vor dem Wahltag am 21.02.2016 eine Entscheidung in der Hauptsache nicht erhalten kann und im Hinblick auf die bereits laufende „heiße" Wahlkampfphase über den geltend gemachten Anspruch zu entscheiden ist.

18

Dem Antragsteller steht aufgrund der am 21.02.2016 stattfindenden Bürgermeisterwahl ein Anordnungsgrund zu. Dem steht auch die Ankündigung der Antragsgegnerin nicht entgegen, zum 03.02.2016 werde eine Sitzung der Stadtvertretung A-Stadt einberufen, mit dem Ziel, die maximale Zahl der Stellschilder in § 3 Abs. 3 der Sondernutzungssatzung auf 50 zu erhöhen. Denn zum einen kann das Ergebnis der Befassung des Gremiums nicht sicher vorausgesagt werden und zum anderen ist in Anbetracht der bevorstehenden Wahl und dem vom Antragsteller glaubhaft dargelegten Vorlauf von mindestens 10 Arbeitstagen zum Drucken der Plakate vorliegend eine besondere Eile geboten.

19

Auch ein Anordnungsanspruch steht dem Antragsteller zu. Die Ablehnung des Antrages vom 14.01.2016 durch die Antragsgegnerin ist rechtsfehlerhaft und verletzt den Antragsteller in seinen Rechten. Ihm steht der geltend gemachte Anspruch gemäß § 21 StrWG auf die beantragte Sondernutzungserlaubnis für die Aufstellung von 50 zweiseitigen Wahlplakaten (DIN A0) an 50 Standorten im gesamten Stadtgebiet zu.

20

Die Sichtwerbung politischer Parteien im Wahlkampf über den Gemeingebrauch hinaus stellt eine straßenrechtliche Sondernutzung dar, die der Erlaubnis nach dem Straßen- und Wegegesetz (§ 21 StrWG) bedarf. Mit Blick auf die Bedeutung von Wahlen in einem demokratischen Staat (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 und Art. 38 Abs. 1 GG) und die Bedeutung der Parteien für solche Wahlen im Rahmen der politischen Willensbildung (Art. 21 GG, §§ 1 f, 5 Parteiengesetz) müssen die durch Wahlsichtwerbung eintretenden Behinderungen der Straßenbenutzung in einem bestimmten Umfang hingenommen werden. Die Sichtwerbung für Wahlen gehört zu den Mitteln im Wahlkampf der politischen Parteien und ist zu einem wichtigen Bestandteil der Wahlvorbereitung in der heutigen Demokratie geworden. Die verfassungsrechtliche Bedeutung von Wahlen und Parteien schränkt das behördliche Ermessen bei der Entscheidung über die Erlaubnis zum Aufstellen von Wahlplakaten durch Parteien in so erheblichem Umfang ein, dass jedenfalls für den Regelfall ein Anspruch einer Partei auf Erlaubnis besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.1974, VII C 42.72, zitiert nach Juris).

21

Dabei braucht die zuständige Behörde jedoch die diesbezüglichen Wünsche der Parteien nicht unbeschränkt zu erfüllen, sondern kann in den Grenzen ihres durch das verfassungsrechtliche Gebot, ausreichende Flächen zur Verfügung zu stellen, beschränkten Ermessens entscheiden, auf welche Weise sie diesem Gebot Rechnung trägt (vgl. OVG Saarlouis, Beschluss vom 02.06.2009 - 1 B 347/09 in ZfS 8/2009, S. 477 f.). Dabei kann sie auch die Zahl der Werbeplakate im Stadtgebiet beschränken und bestimmte Standorte ausnehmen (OVG Greifswald, Beschluss vom 24.08.2011, 1 M 127/11, zitiert nach Juris). Zu beachten ist in jedem Fall, dass das Ermessen dahingehend auszuüben ist, dass eine angemessene Wahlwerbemöglichkeit sichergestellt, der allgemein in Art. 3 GG und speziell für Wahlen und Parteien in Art. 28 Abs. 1 S. 2, Art. 38 Abs. 1 GG und § 5 PartG normierte Gleichheitssatz beachtet und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.1974 - VII C 43.72).

22

Die Frage, was als Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung anzusehen ist, wird in der Rechtsprechung uneinheitlich beantwortet. Zum Teil wird das Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung in der Rechtsprechung dahingehend konkretisiert, dass es erforderlich, aber auch ausreichend sei, wenn - jedenfalls in Großstädten - ein Aufstellungsort für je 100 Einwohner (für alle Parteien) zur Verfügung stehe (vgl. VG Aachen, Beschl. v. 01.12.2006 - 6 L 628/06 -, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 02.09.1998 - 14L 2689/98 -, NWVBl 99, 106 ff.). Demgegenüber wird auch vertreten, jeder kandidierenden politischen Partei müsse ein Aufstellungsort für je 100 Einwohner zur Verfügung stehen (vgl. VG Gießen, Beschl. v. 27.02.2001 - 8 G 335/01 -, NVwZ-RR 2001, 417 - zitiert nach juris). Letztlich lässt sich diese Frage jedoch nicht abstrakt beantworten, sondern es hängt vielmehr von einer Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls ab, ob den Parteien eine angemessene Werbemöglichkeit eingeräumt wird. Die Betrachtung von rechnerisch ermittelten Quoten stellt sich lediglich als ein beachtliches, auf diesen materiellen Maßstab bezogenes Kriterium der erforderlichen Gesamtbetrachtung dar (vgl. OVG Greifswald, Beschluss vom 24.08.2011, 1 M 145/11, zitiert nach Juris). Im Ergebnis müssen die Plakatierungsmöglichkeiten jedenfalls hinreichend dicht sein, um den Parteien und Wählergruppen "gewissermaßen flächendeckend" Wahlwerbung im gesamten Gemeindegebiet zu ermöglichen und den nötigen Raum zur Selbstdarstellung zu geben (OVG Greifswald, Beschluss vom 24.08.2011, 1 M 127/11 m. w. N., zitiert nach Juris).

23

Unter Zugrundelegung der vorstehend genannten Grundsätze hat die Antragsgegnerin ihr Ermessen bei der Entscheidung vom 14.01.2016 über die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis rechtsfehlerhaft ausgeübt, weil sie die sich aus der verfassungsrechtlichen Bedeutung von Wahlen in einem demokratischen Staat (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 und Art. 38 Abs. 1 GG) und der Parteien für solche Wahlen im Rahmen der politischen Willensbildung (Art. 21 GG, §§ 1 f, 5 Parteiengesetz) ergebenen Grenzen der Ermessungsausübung überschritten hat.

24

Wie der Begründung ihres Bescheides vom 14.01.2016 zu entnehmen ist, stützt die Antragsgegnerin ihre Ablehnung auf § 3 Abs. 3 der Sondernutzungssatzung, wobei sie offenkundig davon ausgeht, dass diese Regelung eine abschließende Höchstgrenze für das Aufstellen von Wahlplakaten von insgesamt nur 10 Stellschildern pro Partei im Stadtgebiet festlegt. Eine solche Beschränkung der Plakatierungsmöglichkeiten führt nach Auffassung des Gerichts dazu, dass den Parteien im Stadtgebiet von A-Stadt eine angemessene Wahlwerbung nicht möglich ist. Dies ergibt sich bereits aus einer Betrachtung der Relation zwischen den hiernach erlaubten Stellschildern auf der einen sowie Einwohnerzahl und Stadtfläche von A-Stadt auf der anderen Seite. Hier ergibt sich ein Verhältnis von rund 910 Einwohnern bzw. 1,8 Quadratkilometern pro Stellschild. Nach Überzeugung des Gerichts liegt es geradezu auf der Hand, dass bei einer solchen Quote hinreichend dichte und gewissermaßen flächendeckende Plakatierungsmöglichkeiten für eine Partei nicht gegeben sind. Vielmehr dürften 10 Plakate auf einer Fläche von 18 Quadratkilometern zwischen den im modernen Straßenbild allgemein bestehenden zahlreichen anderen, insbesondere gewerblichen, Werbeflächen geradezu „untergehen“. Im Rahmen der hier vorzunehmenden Gesamtbetrachtung sind auch keine Gesichtspunkte erkennbar, die eine derart restriktive - und im Übrigen auch undifferenzierte - Erlaubnispraxis rechtfertigen würden. Der pauschale Hinweis auf den Zweck, „zu Gunsten eines optisch ansprechenden Ortsbildes ein übermäßiges, wildes Plakatieren zu unterbinden“, stellt jedenfalls keinen hinreichenden Grund für eine derart erhebliche Einschränkung dar.

25

Aufgrund des Wortlautes und der Systematik des § 3 der Sondernutzungssatzung ist die von der Antragstellerin vorgenommene restriktive Auslegung der Regelung auch keineswegs zwingend. So heißt es in Abs. 3 ausdrücklich, dass Parteien „abweichend von (2)“ vor Wahlen maximal 10 Stellschilder aufstellen dürfen. Abs. 2 wiederum regelt die Modalitäten für die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis. Hieraus lässt sich ableiten, dass bis zu 10 Stellschilder pro Partei aufgestellt werden dürfen, ohne dass es - abweichend von Abs. 2 - hierfür einer ausdrücklichen Sondernutzungserlaubnis bedarf. Für alle weiteren Stellschilder wiederum ist eine Sondernutzungserlaubnis gemäß Abs. 2 zu beantragen. Nach diesem Verständnis legt die Regelung des Abs. 3 also lediglich eine für alle Parteien gleichermaßen geltende „Sockelanzahl“ fest, über welche die Antragsgegnerin nach pflichtgemäßen Ermessen im Rahmen einer Entscheidung nach Abs. 2 auch (deutlich) hinausgehen kann. Eine solche verfassungskonforme und damit geltungserhaltende Auslegung des § 3 Abs. 3 der Sondernutzungssatzung hält das Gericht vorliegend für geboten, da andernfalls bezüglich dieser Regelung ein Verstoß gegen höherrangiges (Verfassungs-)Recht festzustellen wäre.

26

Das Gericht hält es im Rahmen seines Ermessens für sachgerecht, dem Antragssteller zur Vermeidung schwerer und irreparabler Nachteile für seine Wahlwerbung zur Bürgermeisterwahl am 21.02.2016 einen Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für die Aufstellung von 50 zweiseitigen Wahlplakaten (DIN A0) an 50 Standorten im gesamten Stadtgebiet zu erteilen. Nach Überzeugung des Gerichts stellt das vom Antragsteller begehrte Aufstellen von 50 Wahlplakaten eine angemessene Wahlwerbung dar. Dies ergibt sich zunächst aus der damit entstehenden Relation von 182 Bürgern pro Plakat sowie dem Verhältnis von 36 ha Fläche pro Wahlplakat. Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung war zudem zu berücksichtigen, dass der Antragsteller ausweislich des Ergebnisses der letzten Kommunalwahl mit einem Stimmenanteil von 29,4 % derzeit die zweitstärkste politische Kraft in A-Stadt darstellt und demnach auch seinem Wahlvorschlag für die Bürgermeisterwahl eine entsprechende Bedeutung zukommen dürfte. Hinzu kommt, dass die vom Antragsteller unterstützte Bewerberin als einzige der fünf Bewerber nicht aus A-Stadt kommt und folglich ein besonderes Interesse besteht, ihren Bekanntheitsgrad gerade auch mit Hilfe von Wahlplakaten zu erhöhen.

27

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über den Streitwert aus §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.


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(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben,

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 61


Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind 1. natürliche und juristische Personen,2. Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,3. Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 38


(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen. (2) W

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Fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, sind

1.
natürliche und juristische Personen,
2.
Vereinigungen, soweit ihnen ein Recht zustehen kann,
3.
Behörden, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.

(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.

(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.

(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 16. April 2009 – 10 L 248/09 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller.

Der Streitwert wird unter gleichzeitiger Abänderung der Streitwertfestsetzung des Verwaltungsgerichts für das erstinstanzliche Verfahren und für das Beschwerdeverfahren auf jeweils 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

Die Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 16.4.2009, durch den das auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für das Aufstellen von 64 großflächigen Wahlwerbetafeln (Format 18/1 in der Größe 3,56 m x 2,52 m) im Stadtgebiet der Antragsgegnerin – hilfsweise auf Bescheidung des Sondernutzungserlaubnisantrags – gerichtete einstweilige Rechtsschutzbegehren des Antragstellers zurückgewiesen wurde, ist zulässig. Insbesondere ist der Antragsteller beteiligungsfähig. Die Kreisverbände politischer Parteien, die in ihrem Bezirk anlässlich einer Wahl Wahlsichtwerbung betreiben wollen und in diesem Zusammenhang ein gerichtliches Verfahren anstrengen, erfüllen die Voraussetzungen des § 61 Nr. 2 VwGO. (OVG des Saarlandes, Beschluss vom 5.8.1998 – 2 V 14/98 -, AS RP-SL 27, 116 = NVwZ-RR 1999, 218; VG des Saarlandes, Beschluss vom 12.2.2001 – 2 F 14/01 -, ZfSch 2001, 339.)

In der Sache bleibt die Beschwerde ohne Erfolg. Der Senat macht sich die überzeugenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu eigen.

Das Verwaltungsgericht hat zugunsten des Antragstellers unterstellt, dass die von ihm für die großflächige Wahlwerbung vorgesehenen Standorte entgegen der Darstellung der Antragsgegnerin als begleitende Grünstreifen Teile der jeweiligen öffentlichen Straßen, an die sie angrenzen, seien, und ausgehend von dieser Prämisse dargelegt, dass der behauptete Anspruch auf Erteilung der mithin notwendigen straßenrechtlichen Sondernutzungserlaubnis bei summarischer Prüfung der Sach- und Rechtslage aller Voraussicht nach zu verneinen sei. Die Antragsgegnerin habe zwischen den Interessen des als politischer Partei am derzeitigen Wahlkampfgeschehen teilnehmenden Antragstellers und den möglicherweise entgegenstehenden straßenrechtlichen Gesichtspunkten abzuwägen und dabei zu berücksichtigen, dass ihrem Ermessen gerade in der verfahrensgegenständlichen „heißen Wahlkampfphase“ in den letzten sechs Wochen vor dem jeweiligen Wahlkampftermin aus verfassungsrechtlichen Gründen enge Grenzen gezogen seien, denn es müsse sichergestellt sein, dass die Parteien angemessene und wirksame Wahlwerbemöglichkeiten haben. Gleichwohl brauche eine Gemeinde den Wünschen der Parteien auf Wahlsichtwerbung nicht unbeschränkt Rechnung zu tragen. In welcher Weise die Gemeinden dem verfassungsrechtlichen Gebot auf Einräumung von Stellplätzen für Werbetafeln in einem für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendigen und angemessenen Umfang Rechnung tragen, sei ihre Sache. Gemessen an diesen Grundsätzen stehe dem geltend gemachten Anspruch entgegen, dass die Antragsgegnerin von ihrem bei der Zulassung von Wahlsichtwerbung eingeschränktem Ermessen in rechtsfehlerfreier Weise Gebrauch gemacht habe. Die Antragsgegnerin habe sich bereit erklärt, dem Antragsteller – wie anlässlich vorausgegangener Wahlen – Wahlsichtwerbung mit den zugelassenen Wahlplakatformaten DIN A 1 und DIN A 0 unter Berücksichtigung der Bedeutung der Partei des Antragstellers und der Zahl der für die jeweilige Wahl vom Landeswahlleiter noch zuzulassenden Parteien zu gestatten. Durch diese Verfahrensweise werde dem Antragsteller eine angemessene und wirksame Wahlwerbung ermöglicht und das Stadtbild – wie die Antragsgegnerin zu Recht anführe – wesentlich weniger als bei Aufstellen von 64 großflächigen Werbetafeln beeinträchtigt. Im Falle von deren Zulassung sei zudem damit zu rechnen, dass die anderen politischen Parteien ebenfalls eine entsprechende Zahl von Stellplätzen für großformatige Wahlwerbung beanspruchen würden, so dass die für das Stadtbild bedeutsamen Grünflächen über fünf Monate hinweg in erheblichem Maße durch großformatige Tafelwände verstellt wären.

Diese Argumentation überzeugt. Auch im Beschwerdeverfahren haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass es zur Sicherstellung einer angemessenen und wirksamen Wahlsichtwerbung des Antragstellers geboten erschiene, diesem das Aufstellen der beantragten 64 großflächigen Wahlwerbetafeln zu gestatten. Das den Prüfungsumfang im Beschwerdeverfahren bestimmende Vorbringen des Antragstellers in seinem Schriftsatz vom 5.5.2009 (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), vermag - auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Ausführungen im Schriftsatz vom 29.5.2009 - keine Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung zu begründen.

Der Antragsteller bekräftigt im Rahmen seiner Beschwerdebegründung zunächst seine Auffassung, es handele sich bei den verfahrensgegenständlichen Aufstellungsorten um sogenannte begleitende Grünflächen und damit um öffentlichen Straßenraum im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 SStrG (Böschungen, Trenn-, Seiten-, Rand- oder Sicherheitsstreifen). Dies macht eine vertiefende Auseinandersetzung mit den diesbezüglichen gegensätzlichen Positionen der Beteiligten weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Hinsicht erforderlich, da das Verwaltungsgericht die Richtigkeit der Auffassung des Antragstellers ohnehin unterstellt und das einstweilige Rechtsschutzbegehren auf dieser Basis zu Recht zurückgewiesen hat.

Im Weiteren stellt der Antragsteller nicht in Abrede, dass die rechtlichen Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu den Voraussetzungen eines Anspruchs auf Wahlsichtwerbung den verfassungsrechtlichen Vorgaben und der einschlägigen höchstrichterlichen Rechtsprechung hierzu entsprechen, meint aber, das Verwaltungsgericht sei in tatsächlicher Hinsicht zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Antragsgegnerin einen Grundsatzbeschluss getroffen habe, wonach die in Rede stehenden großflächigen Wahlplakattafeln in ihrem Stadtgebiet weder auf fiskalischen noch auf zu den öffentlichen Straßen zu zählenden Flächen zuzulassen seien. Aus dem an ihn gerichteten Schreiben der Antragsgegnerin vom 10.2.2009 ergebe sich nämlich nur, dass „derartige“ Werbung auf fiskalischen Flächen nicht erlaubt werde. Hinsichtlich öffentlicher Straßen fehle es an einer entsprechenden Grundsatzentscheidung. Diesem Einwand kann nicht gefolgt werden. Die Antragsgegnerin hat im erstinstanzlichen Verfahren in ihrem Schriftsatz vom 25.3.2009 im Einzelnen dargelegt, dass sie den politischen Parteien seit einer Entscheidung des Verwaltungsgerichts vom 12.2.2001 - 2 F 14/01 - zum Zwecke der Wahlkampfwerbung das Anbringen von 1800 Wahlkampfplakaten der üblichen Größe DIN A 1 (0,59 m x 0,81 m) bzw. DIN A 0 (0,841 m x 1,189 m) im öffentlichen Straßenraum erlaubt und jeder an der Wahl teilnehmenden Partei ein entsprechendes Kontingent zuerkennt. Sie habe den Grundsatzbeschluss gefasst, großflächige Wahlwerbeplakattafeln des Formats 18/1 im öffentlichen Raum in ihrem Stadtgebiet weder auf fiskalischen Flächen noch auf öffentlichen Straßen für Wahlkampfzwecke zuzulassen. Dass diese Darstellung ihrer Praxis im Umgang mit Wahlwerbung politischer Parteien unzutreffend sein könnte, lässt sich aus dem vom Antragsteller in Bezug genommenen Schreiben vom 10.2.2009 nicht herleiten. Dass dort zunächst mitgeteilt wird, das Liegenschaftsamt habe die Entscheidung getroffen, keine Werbung im allgemeinen Liegenschaftsvermögen zuzulassen, erklärt sich aus der Rechtsauffassung der Antragsgegnerin, dass die beantragten Standorte nicht zum öffentlichen Straßenraum gehören. Sodann weist die Antragsgegnerin im weiteren Text ausdrücklich darauf hin, dass dem Antragsteller unbenommen sei – wie üblich – Wahlsichtwerbung im öffentlichen Straßenraum zu beantragen, und dass ihm auf entsprechenden Antrag mitgeteilt würde, wie viele Plakate (Format DIN A 1) er im öffentlichen Straßenraum anbringen dürfe. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern diese Hinweise im Schreiben vom 10.2.2009 geeignet sein sollten, die Darstellung der Antragsgegnerin, großflächige Wahlwerbetafeln würden in ihrem Stadtgebiet auch im öffentlichen Straßenraum grundsätzlich nicht zugelassen, in Zweifel zu ziehen. Vielmehr bestätigen die Ausführungen der Antragsgegnerin im Schreiben vom 10.2.2009, dass diese (zumindest) seit dem als Anlass einer Neuorientierung ihrer Praxis zur Zulassung von Wahlkampfwerbung genannten Zeitpunkt der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung vom 12.2.2001 im öffentlichen Verkehrsraum nur kleinformatige Wahlkampfwerbung zugelassen hat. Dass die Antragsgegnerin abweichend hiervon in den letzten Jahren großformatige Wahlwerbung im öffentlichen Verkehrsraum erlaubt habe, wird seitens des Antragstellers nicht behauptet. Das Verwaltungsgericht durfte seiner Entscheidung demnach die Annahme zugrunde legen, dass die Antragsgegnerin die behauptete und näher begründete Grundsatzentscheidung, weder auf fiskalischen Flächen noch im öffentlichen Verkehrsraum großflächige Wahlwerbetafeln zuzulassen, getroffen hat und dementsprechend verfährt. Die Verfügung der Oberbürgermeisterin vom 19.5.2009 bestätigt diese Verfahrensweise und dient daher der Klarstellung.

Der Zulässigkeit einer solchen Grundsatzentscheidung lässt sich insbesondere nicht entgegenhalten, dass im Stadtgebiet verschiedentlich gewerbliche Werbung auf großflächigen Plakatwänden vorzufinden ist. Es ist der Antragsgegnerin unbenommen, entsprechende Stellflächen an gewerbliche Anbieter zu vermieten. Inwiefern sich hieraus ein Anspruch der politischen Parteien, ebenfalls großformatig – und in dem vom Antragsteller beanspruchten Umfang – werben zu dürfen, herleiten sollte, ist weder dargelegt noch erkennbar.

Ebenso wenig kann der Antragsteller gegen die Zulässigkeit der Entscheidung, großflächige Wahlwerbung in ihrem Zuständigkeitsbereich grundsätzlich nicht zuzulassen, mit Erfolg einwenden, dass das Stadtgebiet durch eine Vielzahl von kleineren Plakaten gleichermaßen wie durch eine geringere Anzahl größerer Plakate beeinträchtigt werde. Maßgeblich ist nach der vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen höchstrichterlichen Rechtsprechung (grundlegend: BVerwG, Urteil vom 13.12.1974 – VII C 43.72 -, BVerwGE 47, 293 ff.) , dass sichergestellt ist, dass die Parteien angemessene und wirksame Wahlwerbemöglichkeiten haben, wobei es Sache der Gemeinden ist, zu entscheiden, in welcher Weise sie dem verfassungsrechtlichen Gebot auf Einräumung von Stellplätzen für Werbetafeln in einem für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendigen und angemessenen Umfang Rechnung tragen. Dass die Antragsgegnerin aus Gründen der Verkehrssicherheit und aus ästhetischen Gesichtspunkten zur Wahrung des Stadtbildes kleinformatige Plakate in höherer Anzahl im Vergleich zu einer geringeren Zahl von großformatigen Plakaten vorzieht, ist durch ihr Ermessen, wie sie dem Anspruch der Parteien auf angemessene Wahlwerbung Rechnung tragen will, gedeckt und aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.

Insbesondere kann der Antragsgegnerin nicht entgegengehalten werden, dass das Ministerium für Inneres und Sport und das Ministerium für Wirtschaft und Wissenschaft durch gemeinsamen Erlass vom 11.12.2008 verfügt haben, dass auf den freien Strecken von Bundes- und Landesstraßen unter Beachtung näher bezeichneter Einschränkungen abweichend von den für Anlagen der Außenwerbung geltenden gesetzlichen Verboten während der „heißen Wahlkampfphase“ ausnahmsweise Wahlplakate aufgestellt werden dürfen, wobei im jeweiligen Einzelfall vorab eine entsprechende Erlaubnis einzuholen sei. Abgesehen davon, dass sich diesem Erlass kein Anspruch, gerade großflächige Wahlplakate aufstellen zu dürfen, entnehmen lässt, beschränkt sich sein Regelungsinhalt der Zuständigkeit folgend auf den außerörtlichen Bereich der Bundes- und Landesstraßen. Hinsichtlich der Ortsdurchfahrten heißt es lediglich, dass von ministerieller Seite keine Bedenken gegen das Anbringen von Wahlwerbung bestünden und wird die Regelung im Einzelfall den zuständigen Gemeinden überlassen.

Schließlich meint der Antragsteller, der Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass ihm trotz Versagung großflächiger Wahlplakate eine angemessene und wirksame Wahlwerbung möglich sei, könne nicht gefolgt werden, weil gerade die geringe Zahl der Plakate eine gewisse Größe erfordere, um effektive Wahlwerbung betreiben zu können. Dem ist entgegen zu halten, dass dem Antragsteller zwischenzeitlich nicht nur 64 kleinformatige Plakate, sondern nach den unwidersprochenen Angaben der Antragsgegnerin in der Beschwerdeerwiderung für die am 7.6.2009 anstehenden Wahlen die Anbringung von 200 bzw. 250 bzw. 45 Wahlplakaten der Größen DIN A 1 und DIN A 0 erlaubt worden ist. Warum dies zur Sicherstellung angemessener und wirksamer Wahlsichtwerbung nicht ausreichen sollte, wird seitens des Antragstellers nicht näher dargelegt.

Auch der den Hilfsantrag betreffende Einwand, es fehle bislang an einer Ermessensentscheidung über den Antrag auf Erteilung der begehrten Sondernutzungserlaubnis, trifft nicht zu. Die Antragsgegnerin hat - wie ausgeführt - substantiiert dargelegt, dass großformatige Wahlwerbetafeln in ihrem Stadtgebiet „kraft eines Grundsatzbeschlusses“ nicht zugelassen werden. Diese Beschlusslage, die das städtische Ermessen im Einzelfall vorbestimmt, rechtlichen Bedenken an ihrer Zulässigkeit nach den zutreffenden Ausführungen des Verwaltungsgerichts nicht unterliegt und nach Aktenlage – wie die städtische Reaktion (Schreiben vom 10.11.2008) auf den Antrag der FDP vom 18.9.2008 (Bl. 37 ff. d. VA) belegt - konsequent umgesetzt wird, hat die Antragsgegnerin dem Begehren des Antragstellers sowohl vorgerichtlich wie auch im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens entgegen gehalten und keinen Zweifel daran gelassen, dass sein Antrag gemessen hieran keinen Erfolg hat. Damit hat die Antragsgegnerin ihr Ermessen bereits – wie dargelegt in nicht zu beanstandender Weise – ausgeübt, so dass die Beschwerde auch hinsichtlich des Hilfsantrags unbegründet ist.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 2 GKG. In Anwendung von Nr. 1.5 Satz 2 der Empfehlungen des Streitwertkataloges für die Verwaltungsgerichtsbarkeit ist unter dem Gesichtspunkt der Vorwegnahme der Hauptsache von einer Halbierung des Auffangwertes abzusehen, so dass der Streitwert für beide Instanzen unter entsprechender Abänderung des verwaltungsgerichtlichen Ausspruches auf 5.000,- EUR festzusetzen ist.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten im Zusammenhang mit dem Wahlkampf im Vorfeld der Landtags- und Kreistagswahlen am 04. September 2011 um einen Anspruch der Antragstellerin auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für das Anbringen von insgesamt (mindestens) 60 Wahlplakaten in einem Format von DIN A1 im Gemeindegebiet von Eggesin.

2

Auf den Antrag der Antragstellerin auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis vom 10. Mai 2011 für das Anbringen von insgesamt (mindestens) 60 Wahlplakaten in einem Format von DIN A1 im Gemeindegebiet von Eggesin erteilte der Antragsgegner mit Bescheid vom 30. Mai 2011 unter Auflagen die Erlaubnis zur Anbringung von zwanzig Wahlplakaten an 10 bestimmten (numerisch benannten) gemeindeeigenen Werberahmen mit beidseitiger Plakatierungsmöglichkeit und lehnte damit sinngemäß den weitergehenden Antrag ab. Im Übrigen ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung an. Rechtsgrundlage hinsichtlich des erlaubten Plakatierungskontingents ist die Satzung für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen im Gebiet der Stadt Eggesin (Sondernutzungssatzung) vom 15. September 2010. Die Sondernutzungssatzung bestimmt in ihrem § 8 Abs. 2 insbesondere, dass die Bereitstellung der Plakatflächen für Wahlwerbung ausschließlich auf Straßenzüge mit Werberahmen beschränkt ist und die Stadt Eggesin jeder politischen Partei/Wählergemeinschaft/Einzelbewerber zur Teilnahme an der jeweils bevorstehenden Wahl maximal 10 (numerisch vorgegeben) Werberahmen zur beidseitigen Nutzung (2 Plakate je Rahmen) zur Verfügung stellt.

3

Den am 22. Juli 2011 von der Antragstellerin gestellten Antrag, den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig zu verpflichten, ihr „einstweilen zu erlauben, Wahlsichtwerbung durch Plakatierung nach ihrem Antrag vom 10. Mai 2011 zu erlauben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruches vom 27. Juni 2011 gegen die Teilversagungsverfügung des Antragsgegners vom 30. Mai 2011 wiederherzustellen“, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 29. Juli 2011 – 6 B 732/11 – abgelehnt.

II.

4

Die fristgemäß eingelegte und begründete (§§ 147 Abs. 1 Satz 1, 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) Beschwerde der Antragstellerin gegen diesen Beschluss, mit der sie ihr Begehren, weitere 40 Wahlplakate im Format DIN A1 im Gemeindegebiet von Eggesin anbringen zu dürfen, weiterverfolgt, hat keinen Erfolg und ist zurückzuweisen.

5

§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO bestimmt, dass die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen ist. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. In Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt. Wie sich aus § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO ergibt, können nur solche Gründe in die Prüfung einbezogen werden, die der Beschwerdeführer innerhalb der einmonatigen gesetzlichen Begründungsfrist vorbringt. Nach Ablauf dieser Frist können zwar fristgerecht – dem Darlegungserfordernis genügend – geltend gemachte Gründe vertieft, nicht aber neue Gründe in das Beschwerdeverfahren eingeführt werden.

6

Die Beschwerde ist unbegründet.

7

Nach § 123 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Maßgebend hierfür sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.

8

Die Antragstellerin hat zwar einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Auch wenn sie zwischenzeitlich nicht einmal die ihr zugebilligten Plakatierungsmöglichkeiten ausgenutzt haben mag, beabsichtigt sie die Anbringung weiterer Plakattafeln für die am 04. September 2011 stattfindenden Landtags- und Kreistagswahlen. Ihr Begehren ist daher eilbedürftig.

9

Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung stünde insoweit auch nicht entgegen, dass mit einer antragsgemäßen Entscheidung die Hauptsacheentscheidung vorweggenommen würde. Das Verbot der Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache gilt dann nicht, wenn die Versagung der Anordnung zu einem irreparablen Zustand führte und effektiver Rechtsschutz deshalb nur im Anordnungsverfahren gewährt werden kann. Dies ist bei einem Verfahren, in dem eine politische Partei unmittelbar vor einer Wahl die Verbesserung ihrer Werbemöglichkeiten erstrebt, wegen des drohenden Zeitablaufs regelmäßig der Fall. Diese Voraussetzungen wären auch hier zu bejahen, da die Antragstellerin vor dem Wahltag eine Entscheidung in der Hauptsache nicht erhalten kann und im Hinblick auf die bereits laufende „heiße“ Wahlkampfphase über den geltend gemachten Anspruch zu entscheiden ist.

10

Die Antragstellerin hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

11

Das ortsfeste Aufstellen oder Aufhängen von Wahlplakaten im öffentlichen Straßenraum stellt eine erlaubnispflichtige Sondernutzung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 StrWG M-V bzw. § 2 der Sondernutzungssatzung der Stadt Eggesin dar.

12

Die Benutzung der öffentlichen Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) bedarf danach der Erlaubnis des Trägers der Straßenbaulast. Die Erlaubnis darf, soweit es sich nicht um Zufahrten im Sinne des § 26 handelt, die der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung dienen, nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt werden. Für die Erlaubnis können Bedingungen und Auflagen festgesetzt werden (§ 22 Abs. 1 Satz 2 StrWG M-V).

13

Der Träger der Straßenbaulast befindet über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nach pflichtgemäßem Ermessen, welches gerichtlich nur in den Grenzen des § 114 VwGO überprüft werden kann. Ein strikter, im Wege der einstweiligen Anordnung in Gestalt der Regelungsanordnung durchzusetzender Rechtsanspruch kommt nur bei einer Ermessensreduzierung auf Null zugunsten der Antragstellerin in Betracht. Es ist allgemein anerkannt, dass für die Zeit des Wahlkampfes – jedenfalls in den letzten sechs Wochen vor dem festgesetzten Wahltermin – den zur Wahl zugelassenen Parteien und Gruppierungen aufgrund der Bedeutung der Wahlen in einem demokratischen Staat ein Anspruch darauf zusteht, in angemessener Weise Wahlsichtwerbung im Straßenraum zu betreiben. Dadurch wird in der Regel das Ermessen des Antragsgegners dahingehend eingeschränkt, dass entsprechende Sondernutzungserlaubnisse zu erteilen sind.

14

Bundesverfassungsrecht gibt nämlich – jedenfalls für den Regelfall – einen Anspruch, der darauf gerichtet ist, eine Wahlsichtwerbung auf öffentlichen Straßen zu ermöglichen.

15

Die Bedeutung von Wahlen für einen demokratischen Staat (vgl. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 und Art. 38 Abs. 1 GG) und die Bedeutung der Parteien für solche Wahlen, wie sie sich aus Art. 21 GG und den §§ 1 f. PartG ergibt, schränken das behördliche Ermessen bei der Entscheidung über die Erlaubnis zum Aufstellen von Wahlplakaten durch Parteien in so erheblichem Umfang ein, dass jedenfalls für den Regelfall – in den nachfolgend dargestellten Grenzen – ein Anspruch einer Partei auf Erlaubnis besteht. Die Sichtwerbung für Wahlen gehört auch aktuell noch zu den Mitteln im Wahlkampf der politischen Parteien und stellt weiterhin einen wichtigen Bestandteil der Vorbereitung demokratischer Wahlen dar, auch wenn ihre Bedeutung insbesondere mit Blick auf die Entwicklung der elektronischen Medien und moderne Kommunikationsformen in den letzten Jahren zurückgegangen sein dürfte. Die Wahlsichtwerbung als gewissermaßen selbstverständliches Wahlkampfmittel darf daher durch gänzliche oder auch nur weitgehende Verweigerung vorgesehener Erlaubnisse grundsätzlich nicht beschnitten werden. Bundesrecht gibt demnach zumindest dem Grunde nach einen Anspruch auf Gestattung der Wahlsichtwerbung durch Parteien (vgl. zum Ganzen grundlegend BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, BVerwGE 47, 280, und – VII C 43.72 –, BVerwGE 47, 293).

16

Dieser Anspruch besteht jedoch nicht unbeschränkt. Es ist in der Rechtsprechung ebenfalls anerkannt, dass die Gemeinde berechtigt ist, die Zahl der Werbeplakate im Stadtgebiet zu beschränken (kritisch dazu Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 27 ff.) und auch bestimmte Standorte – etwa aus Gründen der Verkehrssicherung – auszunehmen. Gleichfalls ist die Gemeinde berechtigt, dafür zu sorgen, dass eine wochenlange Verschandelung und Verschmutzung des Ortsbildes durch so genanntes "wildes Plakatieren" verhindert wird. Der Anspruch auf Gestattung einer Wahlsichtwerbung wird weiter dadurch beschränkt, dass er lediglich auf eine Werbung in einem Umfang gerichtet ist, der für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendig und angemessen ist. Ebenso wenig wie Rundfunk- und Fernsehanstalten verpflichtet sind, Sendezeiten für Wahlsendungen von Parteien unbegrenzt oder in dem von den Parteien für erforderlich gehaltenen Umfang bereitzustellen, braucht eine Gemeinde den Wünschen der Parteien auf Wahlsichtwerbung unbeschränkt Rechnung zu tragen. Der Anspruch der Parteien richtet sich auf eine angemessene Wahlsichtwerbung, ist aber auch auf eine solche beschränkt. In welcher Weise die Gemeinden dem verfassungsrechtlichen Gebot auf Einräumung von Stellplätzen in einem für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendigen und angemessenen Umfang Rechnung tragen, ist ihre Sache. Die Gemeinden sind dabei nur insofern eingeengt, als jedenfalls im Ergebnis jeweils angemessene Wahlwerbemöglichkeiten sichergestellt sein müssen, der allgemein in Art. 3 GG sowie speziell für Wahlen und Parteien in Art. 28 Abs. 1 Satz 2, Art. 38 Abs. 1 GG und in § 5 PartG niedergelegte Gleichheitssatz beachtet und schließlich sonstigen sich aus Bundesverfassungsrecht ergebenden Rechtsgrundsätzen, wie insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, Rechnung getragen sein muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.).

17

Die verfassungspolitische Unerwünschtheit von Splittergruppen und die Befugnis des Gesetzgebers, der Gefahr einer übermäßigen Aufsplitterung der Stimmen und Parteien bereits bei der Wahl und durch Aufnahme – jedenfalls bei der Landtagswahl – angemessener Sperrklauseln entgegenzuwirken, gibt dabei keine Rechtfertigung, die ohnehin nicht allzu optimistisch zu beurteilende Chance neuer und kleiner Parteien, ein Mandat zu erringen, im Vorfeld, also bei der Wahlvorbereitung und insbesondere der Wahlwerbung, zusätzlich zu reduzieren. Dies gilt vor allem für eine Wahlwerbung, die – wie die Plakatwerbung – verhältnismäßig billig, also auch für kleine und finanzschwache Parteien erschwinglich ist, aber einen nicht unerheblichen personellen Einsatz erfordert. Um die bestehenden Verhältnisse nicht durch die Beschränkung der Wahlwerbungsmöglichkeiten zu verfestigen, sind den einzelnen Parteien und Wählergruppen mindestens 5% der Gesamtzahl der Plakatierungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus kann sich die Verteilung nach dem Grundsatz der abgestuften Chancengleichheit des § 5 Abs. 1 Satz 2 PartG an der Bedeutung der Partei, insbesondere an deren letzten Wahlergebnissen bemessen. Jedoch ist kleineren Parteien und Wählergruppen im Verhältnis zu den großen Parteien grundsätzlich eine überproportionale, großzügig bemessene Mindestzahl an Plakatstellplätzen zuzuerkennen, während diese Zahl bei den großen Parteien entsprechend zu kürzen ist, damit diese nicht schon durch die bloße Menge der Plakate der großen Parteien ohne Wirkung bleiben. Die zulässige Grenze ist dabei überschritten, wenn der größten Partei mehr als etwa das Vier- bis Fünffache an Stellplätzen eingeräumt wird als der kleinsten Partei (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.). Nach anderer Auffassung sollen allerdings die hinsichtlich der Wahlwerbesendungen im Rundfunk entwickelten Grundsätze auf die Wahlsichtwerbung auf öffentlichen Straßen und Plätzen nicht übertragbar sein, es sei verfassungsrechtlich nicht geboten, den Parteien zum Zwecke der Wahrung staatlicher Wettbewerbsneutralität eine nach Maßgabe der Bedeutung der Parteien abgestufte Zahl von Stellplätzen zuzuweisen (vgl. Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 28).

18

Was als Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung zu sehen ist, lässt sich nicht abstrakt beantworten. Es hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab, unter welchen Voraussetzungen den Parteien jeweils eine nach Umfang (Zahl der Stellplätze) und Aufstellungsort (Werbewirksamkeit des Anbringungsortes) angemessene Werbemöglichkeit eingeräumt wird, um ihnen wirksame Wahlpropaganda zu ermöglichen. Insoweit ist auch nach der Art der Wahl, der Größe der Gemeinde und danach zu differenzieren, wie groß die Zahl der Parteien und Wählervereinigungen ist, die an der Wahl teilnehmen. Die Werbewirksamkeit eines Aufstellungsortes wird dabei durch eine Vielzahl von Parametern bestimmt, wie z. B. die Beschaffenheit seines näheren Umfeldes etwa im Hinblick auf sonstige Werbung. Die Rechtmäßigkeit der Beschränkung der Plakatierungsmöglichkeiten beurteilt sich demgemäß danach, ob im Hinblick auf die Anzahl der an der Wahl teilnehmenden Parteien und Wählergruppen eine ausreichende Anzahl von Plakatierungsmöglichkeiten insgesamt zugelassen wird, sowie danach, ob die Gesamtzahl der Plakatierungen in einem angemessenen Verhältnis auf die einzelnen Parteien und Wählergruppen verteilt worden ist (vgl. VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.).

19

Die Plakatierungsmöglichkeiten müssen hinreichend dicht sein, um den Parteien und Wählergruppen "gewissermaßen flächendeckend" Wahlwerbung im gesamten Gemeindegebiet zu ermöglichen und den nötigen Raum zur Selbstdarstellung zu geben (VG Saarlouis, Beschl. v. 12.02.2001 – 2 F 14/01 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 18.08.2009 – 14 L 842/09 –, juris; VG Aachen, Beschl. v. 01.12.2006 – 6 L 628/06 –, juris; VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris; Sauthoff, in: Sauthoff/Witting, StrWG M-V, Stand: Oktober 2010, § 22 Rn. 24).

20

Das Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung wird in der Rechtsprechung teilweise dahingehend konkretisiert, dass die nötige Selbstdarstellung jedenfalls dann noch gewährleistet sein soll, wenn jede Partei rechnerisch in „jedem Wahlbezirk“ mindestens eine Möglichkeit zur Wahlsichtwerbung besitze. Erforderlich, aber auch ausreichend sei es, wenn – jedenfalls in Großstädten – ein Aufstellungsort für je 100 Einwohner (für alle Parteien) zur Verfügung stehe (vgl. VG Aachen, Beschl. v. 01.12.2006 – 6 L 628/06 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 02.09.1998 – 14 L 2689/98 –, NWVBl 99, 106 ff.; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O.). Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Antragstellerin an Landtags- und Kreistagswahlen teilnimmt, sowie der Mindestquote von 5 % der bereitgestellten Plätze für kleine Parteien hat das Verwaltungsgericht im Ansatz zutreffend ausgeführt, dass der Antragsgegner der Antragstellerin nach diesem Maßstab ausgehend von einer Einwohnerzahl von ca. 5.200 mit 20 Plakatierungsmöglichkeiten für zwei Wahlen ausreichend Werbeflächen zur Verfügung gestellt hätte und dann kein weitergehender Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis bestünde.

21

Demgegenüber wird jedoch auch vertreten, dass jeder kandidierenden politischen Partei ein Aufstellungsort für je 100 Einwohner zur Verfügung stehen müsse (vgl. VG Gießen, Beschl. v. 27.02.2001 – 8 G 335/01 –, NVwZ-RR 2001, 417 – zitiert nach juris). Legte man diesen Maßstab zugrunde, hätte die Antragstellerin jedenfalls einen Anordnungsanspruch im Umfang der von ihr zusätzlich beanspruchten 40 Plakatierungsmöglichkeiten.

22

Noch weitergehender wird in der Literatur der Standpunkt eingenommen, solange mit der Sichtwerbung keine Gefahren für andere Rechtsgüter einhergingen, sei es nicht Aufgabe der öffentlichen Hand, die Aufstellung von Plakatständern zu Gunsten oder zu Lasten einzelner Parteien zu reglementieren (vgl. Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 28 f.; vgl. ähnlich OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 – zitiert nach juris).

23

Das Verwaltungsgericht hat schließlich zutreffend darauf hingewiesen, dass auch gerichtliche Entscheidungen vorliegen, denen Aufstellungsort/Einwohnerzahlquoten zugrunde lagen, die zwischen den vorstehend genannten Eckpunkten liegen (vgl. auch OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 , das eine Quote von einem Plakat pro 50 Einwohner verwirft, weil für die entsprechende rechnerische Ableitung keine tragfähigen Sachgründe benannt worden seien).

24

Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass die gerichtliche Überprüfung, ob das erforderliche Mindestmaß an Wahlwerbemöglichkeiten für die Parteien gewahrt ist, nicht auf die Betrachtung von Quoten im vorstehenden Sinne reduziert werden darf, sondern die Umstände des Einzelfalles umfassend – nach Maßgabe des Prüfungsmaßstabes des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens – in den Blick zu nehmen hat (vgl. VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris). Dabei sind auch veränderte Rahmenbedingungen, etwa eine Änderung des Kommunalwahlrechts durch Wegfall von Sperrklauseln, neuartige Möglichkeiten der Werbung (z. B. Internet) oder Erscheinungen wie eine vielfach beklagte „Reizüberflutung“ zu beachten. Nach diesen Umständen des Einzelfalles ist zu beurteilen, ob jeweils ein nach Umfang (Zahl der Stellplätze) und Aufstellungsort (Werbewirksamkeit des Anbringungsortes) angemessenes Mindestmaß an Werbemöglichkeit eingeräumt ist bzw. eine wirksame Wahlpropaganda ermöglicht wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., Rn. 13, 22); diese materiellen Anforderungen bilden den maßgeblichen materiellen Maßstab. Die Betrachtung von Quoten im vorstehenden Sinne stellt sich lediglich als ein beachtliches, auf diesen materiellen Maßstab bezogenes Kriterium der erforderlichen Gesamtbetrachtung dar.

25

Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin an zwei Wahlen teilnimmt, die zeitgleich stattfinden. Der Senat folgt insoweit dem Ansatz des Verwaltungsgerichts, dass der Antragstellerin für beide Wahlen angemessene Wahlwerbemöglichkeiten eingeräumt werden müssen. Eine weitere Differenzierung danach, ob eine Partei auch in dem betroffenen Gemeindegebiet mit einem Direktkandidaten/einer Direktkandidatin antritt, ist von Verfassungs wegen nach Auffassung des Senats nicht in dem Sinne gegeben, dass insoweit von einer weiteren Wahl auszugehen wäre, die nochmals eine entsprechende Erhöhung der Plakatierungsmöglichkeiten nach sich zöge. Die Wahl der Abgeordneten nach Wahlkreisen (§§ 1 Abs. 2, 3 LWG) und die Wahl nach Landeslisten der Parteien (§§ 1 Abs. 2, 4 LWG) sind Bestandteileiner Wahl zum Landtag. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin rechtfertigt auch der Umstand, dass am 04. September 2011 neben den Landtags- und Kreistagswahlen ein Bürgerentscheid gemäß § 2 Abs. 2 Landkreisneuordnungsgesetz über den Kreisnamen stattfindet, keine Erhöhung des ihr als Mindestmaß zustehenden Plakatierungskontingents. Die vorstehenden Erwägungen zum bundesverfassungsrechtlich abgesicherten Anspruch der Parteien auf eine angemessene Wahlsichtwerbung sind offensichtlich nicht einschlägig. Der Bürgerentscheid ist keine Wahl. Die Parteien haben selbstverständlich auch insoweit die Möglichkeit, bezogen auf einen Bürgerentscheid einen bestimmten Standpunkt einzunehmen. Im Grundsatz dürfte ihrer entsprechenden Meinungsäußerung hierzu jedoch kein größeres Gewicht beigemessen werden können als der Meinungsäußerung jedes einzelnen abstimmungsberechtigten Bürgers. Wollte man hier den Parteien – ohne verfassungsrechtliche Grundlage – einen Sichtwerbungsanspruch zubilligen, müsste folglich jedem abstimmungsberechtigten Bürger in gleicher Weise ein solcher Anspruch eingeräumt werden. Dass dies nicht möglich sein dürfte, scheint offensichtlich. Der Umstand, dass am 04. September 2011 im Übrigen ebenfalls die Direktwahl des Landrates/der Landrätin stattfindet, hat auf das Plakatkontingent der Antragstellerin keinen Einfluss, weil sie daran nicht mit einem eigenen Kandidaten/einer Kandidatin teilnimmt. Demnach ist davon auszugehen, dass von den der Antragstellerin zugebilligten Plakatierungsmöglichkeiten jeweils die eine Hälfte auf die Landtagswahl, die andere Hälfte auf die Kreistagswahl entfällt. Pro Wahl darf die Antragstellerin also 10 Plakate anbringen. Die entsprechende Beschränkung der Wahlsichtwerbung erweist sich vorliegend als ermessensfehlerfrei.

26

Die Gesamtbetrachtung, die zu dieser Schlussfolgerung führt, wird maßgeblich durch folgende Umstände bestimmt:

27

Der Antragsgegner hat in seiner Beschwerdeerwiderung nachvollziehbar und plausibel ausgeführt, dass die in Eggesin insbesondere der Antragstellerin an bestimmten Standorten im Ortszentrum zugewiesene Zahl an Werbemöglichkeiten ausreichend sei, um ihr das erforderliche Mindestmaß an bzw. eine angemessene Wahlwerbung zu ermöglichen. Insbesondere hat der Antragsgegner darauf hingewiesen, dass die Ortschaft auf eine relativ kleine Fläche konzentriert und derart überschaubar sei, dass schon wenige Plakate von nahezu allen Einwohnern wahrgenommen werden würden. Bei den Straßen, an denen die insgesamt 104 Plakatträger verteilt seien, handele es sich um hochfrequentierte Straßen, die die Ortslage Eggesin durchzögen. Zusätzlich sei die Straße „Am Binning“ mit insgesamt 23 Plakatträgern ausgestattet worden, da diese Gemeindeverbindungsstraße als Anbindung von Torgelow-Holl und anderen Umlandgemeinden sowie wegen eines dortigen Gewerbegebietes ebenfalls sehr frequentiert sei. Insoweit weisen die vorgegebenen Werbeträgerstandorte unter dem Blickwinkel ihrer Wirksamkeit eine hohe Qualität auf.

28

Die Stadt Eggesin hat zwar eine Gesamtfläche von ca. 88 km² (Quelle: www.sisonline.statistik.m-v.de/orte/2529/Eggesin_Stadt; vgl. auch wikipedia). Anders als im städtischen Bereich (Verfahren Az. 1 M 145/11) konzentriert sich die Einwohnerzahl dabei im Wesentlichen aber auf einer deutlich geringeren Fläche der Ortslage der Stadt Eggesin, während das Gemeindegebiet im Übrigen ländlich geprägt bzw. im Vergleich zu städtischen Gebieten dünn besiedelt ist und eine relativ niedrige Bevölkerungsdichte (ca. 59 Einwohner je km²) aufweist. Der Ansatz des Antragsgegners, die Wahlwerbung dort konzentriert zuzulassen, wo sich auch die Einwohner konzentrieren, erscheint deshalb grundsätzlich zulässig. Insoweit erweist sich die Gesamtfläche der betroffenen Gemeinde unter dem Blickwinkel der Wirksamkeit und Reichweite von Wahlsichtwerbung als erheblich weniger bedeutsam als in städtisch geprägten Gebieten. Die Ortslage Eggesin weist insgesamt lediglich eine bebaute bzw. bewohnte Fläche auf, die bei weitem nicht der Gesamtgröße der Gemeinde entspricht. Hinsichtlich dieser vergleichsweise geringen Fläche dürften die auf der Grundlage der Sondernutzungssatzung mit Bescheid vom 30. Mai 2011 vorgesehenen Werbeträgerstandorte unter dem Aspekt ihrer Werbewirksamkeit und Reichweite auch hinreichend eine „flächendeckende“ Wahlpropaganda ermöglichen, selbst wenn sich auf großen Flächen mehr oder weniger unbewohnter Gebiete keine Plakatierungsmöglichkeiten befinden. Dem von der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 23. August 2011 geltend gemachten Umstand, dass in zahlreichen Straßen keine Werbemöglichkeiten bestünden, steht gegenüber, dass die zugelassenen Plakatstandorte aufgrund ihres Standortes an hochfrequentierten Straßen in diese anderen Bereiche des Stadtgebiets „hineinstrahlen“. Wenn die Antragstellerin geltend macht, vor allem die kommunikationsintensiven zentralen Stadtbereiche würden faktisch von der Wahlwerbung ausgeschlossen, widerspricht dieser – im Übrigen nur pauschale – Vortrag ihrem eigenen Vorbringen in der Beschwerdebegründung, wonach das Argument des Schutzes eines historischen Stadtkerns im Falle der Stadt Eggesin nicht greife, weil Hauptdurchgangsstraßen durch den Stadtkern führten. Diese Hauptdurchgangsstraßen sind jedoch gerade mit Wahlwerbemöglichkeiten ausgestattet.

29

Diese Betrachtung der Bevölkerungsverteilung führt zu der Annahme, dass auch unter Zugrundelegung der unterschiedlichen Maßstäbe für die Ermittlung des Mindestmaßes an erforderlicher Wahlsichtwerbung von einem Plakat pro 100 Einwohner für alle Parteien einerseits oder für jede Partei andererseits die vom Antragsgegner zugebilligte Plakatzahl von zwanzig für zwei Wahlen ausreichend sein dürfte.

30

Erhebliches Gewicht kommt auch dem Umstand zu, dass die Antragstellerin die Möglichkeit hat, an den ihr zugewiesenen Standorten ausschließlich ihre Wahlplakate ohne optische Konkurrenz durch Wahlwerbung anderer Parteien auf demselben Plakatträger anzubringen. Die Werbewirksamkeit ihrer Plakate wird insoweit nicht eingeschränkt; anders als im Fall von Großplakatflächen, die mehrere Parteien gemeinsam nutzen (müssen), besteht hier nicht die Gefahr, dass die Plakate der Antragstellerin in einer Flut anderer Wahlplakate untergehen.

31

Soweit die Antragstellerin auf die Zahl der Stimmbezirke in Eggesin (5) verweist, spricht dies nach der oben zitierten Rechtsprechung nicht für den Anspruch der Antragstellerin. Denn danach wird es als ausreichend für die nötige Selbstdarstellung angesehen, wenn jede Partei rechnerisch in „jedem Wahlbezirk“ mindestens eine Möglichkeit zur Wahlsichtwerbung besitze. Die Antragstellerin trägt selbst vor, dass ihr je Wahl rechnerisch die doppelte Anzahl von zwei Plakaten je Stimmbezirk zur Verfügung steht.

32

Wenn die Antragstellerin schließlich rügt, sie werde unter Missachtung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mit Kleinstparteien gleichbehandelt, begründet dies ebenfalls keinen weitergehenden Anspruch auf Wahlsichtwerbung. Zum einen übersieht die Antragstellerin, dass kleine Parteien nach der von ihr in Bezug genommenen – vorstehend zitierten – Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eher überproportional bei den Möglichkeiten zur Wahlsichtwerbung berücksichtigt werden sollen und die großen Parteien eher unterproportional. Sie blendet zum anderen aus, dass sie ihrerseits im Vergleich zu deutlich größeren Parteien von der Gleichbehandlung durch den Antragsgegner profitiert, also eine Benachteiligung auf der einen Seite jedenfalls durch eine Bevorzugung auf der anderen Seite wieder ausgeglichen wird und folglich eine Besserstellung der Antragstellerin im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht notwendig erscheint. Dass Bundesrecht in Gestalt von § 5 Abs. 1 Satz 4 ParteiG verletzt sein könnte und die Antragstellerin als im Bundestag mit Fraktionsstärke vertretene Partei nicht mindestens die Hälfte der Wahlwerbemöglichkeiten zugebilligt erhalten haben könnte wie jede andere Partei auch, ist nicht ersichtlich.

33

In Würdigung dieser Gesamtumstände bestehen nach dem Prüfungsmaßstab des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nach alledem keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin einen weitergehenden Anspruch auf Zulassung von Wahlsichtwerbung hat. Unter diesen Umständen ist auch nicht ersichtlich, dass für eine isolierte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die sinngemäße Ablehnung der über eine Wahlwerbung mit 20 Plakaten hinausgehenden Werbung ein Rechtsschutzbedürfnis bestehen könnte.

34

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

35

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1 u. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 47 GKG, und berücksichtigt den Umstand, dass eine stattgebende Entscheidung zur Vorwegnahme der Hauptsache geführt hätte.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Wenn ein Träger öffentlicher Gewalt den Parteien Einrichtungen zur Verfügung stellt oder andere öffentliche Leistungen gewährt, sollen alle Parteien gleichbehandelt werden. Der Umfang der Gewährung kann nach der Bedeutung der Parteien bis zu dem für die Erreichung ihres Zweckes erforderlichen Mindestmaß abgestuft werden. Die Bedeutung der Parteien bemißt sich insbesondere auch nach den Ergebnissen vorausgegangener Wahlen zu Volksvertretungen. Für eine Partei, die im Bundestag in Fraktionsstärke vertreten ist, muß der Umfang der Gewährung mindestens halb so groß wie für jede andere Partei sein.

(2) Für die Gewährung öffentlicher Leistungen in Zusammenhang mit einer Wahl gilt Absatz 1 während der Dauer des Wahlkampfes nur für Parteien, die Wahlvorschläge eingereicht haben.

(3) Öffentliche Leistungen nach Absatz 1 können an bestimmte sachliche, von allen Parteien zu erfüllende Voraussetzungen gebunden werden.

(4) Der Vierte Abschnitt bleibt unberührt.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten im Zusammenhang mit dem Wahlkampf im Vorfeld der Landtags- und Kreistagswahlen am 04. September 2011 um einen Anspruch der Antragstellerin auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für das Anbringen von insgesamt (mindestens) 60 Wahlplakaten in einem Format von DIN A1 im Gemeindegebiet von Eggesin.

2

Auf den Antrag der Antragstellerin auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis vom 10. Mai 2011 für das Anbringen von insgesamt (mindestens) 60 Wahlplakaten in einem Format von DIN A1 im Gemeindegebiet von Eggesin erteilte der Antragsgegner mit Bescheid vom 30. Mai 2011 unter Auflagen die Erlaubnis zur Anbringung von zwanzig Wahlplakaten an 10 bestimmten (numerisch benannten) gemeindeeigenen Werberahmen mit beidseitiger Plakatierungsmöglichkeit und lehnte damit sinngemäß den weitergehenden Antrag ab. Im Übrigen ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung an. Rechtsgrundlage hinsichtlich des erlaubten Plakatierungskontingents ist die Satzung für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen im Gebiet der Stadt Eggesin (Sondernutzungssatzung) vom 15. September 2010. Die Sondernutzungssatzung bestimmt in ihrem § 8 Abs. 2 insbesondere, dass die Bereitstellung der Plakatflächen für Wahlwerbung ausschließlich auf Straßenzüge mit Werberahmen beschränkt ist und die Stadt Eggesin jeder politischen Partei/Wählergemeinschaft/Einzelbewerber zur Teilnahme an der jeweils bevorstehenden Wahl maximal 10 (numerisch vorgegeben) Werberahmen zur beidseitigen Nutzung (2 Plakate je Rahmen) zur Verfügung stellt.

3

Den am 22. Juli 2011 von der Antragstellerin gestellten Antrag, den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig zu verpflichten, ihr „einstweilen zu erlauben, Wahlsichtwerbung durch Plakatierung nach ihrem Antrag vom 10. Mai 2011 zu erlauben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruches vom 27. Juni 2011 gegen die Teilversagungsverfügung des Antragsgegners vom 30. Mai 2011 wiederherzustellen“, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 29. Juli 2011 – 6 B 732/11 – abgelehnt.

II.

4

Die fristgemäß eingelegte und begründete (§§ 147 Abs. 1 Satz 1, 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) Beschwerde der Antragstellerin gegen diesen Beschluss, mit der sie ihr Begehren, weitere 40 Wahlplakate im Format DIN A1 im Gemeindegebiet von Eggesin anbringen zu dürfen, weiterverfolgt, hat keinen Erfolg und ist zurückzuweisen.

5

§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO bestimmt, dass die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen ist. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. In Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt. Wie sich aus § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO ergibt, können nur solche Gründe in die Prüfung einbezogen werden, die der Beschwerdeführer innerhalb der einmonatigen gesetzlichen Begründungsfrist vorbringt. Nach Ablauf dieser Frist können zwar fristgerecht – dem Darlegungserfordernis genügend – geltend gemachte Gründe vertieft, nicht aber neue Gründe in das Beschwerdeverfahren eingeführt werden.

6

Die Beschwerde ist unbegründet.

7

Nach § 123 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Maßgebend hierfür sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.

8

Die Antragstellerin hat zwar einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Auch wenn sie zwischenzeitlich nicht einmal die ihr zugebilligten Plakatierungsmöglichkeiten ausgenutzt haben mag, beabsichtigt sie die Anbringung weiterer Plakattafeln für die am 04. September 2011 stattfindenden Landtags- und Kreistagswahlen. Ihr Begehren ist daher eilbedürftig.

9

Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung stünde insoweit auch nicht entgegen, dass mit einer antragsgemäßen Entscheidung die Hauptsacheentscheidung vorweggenommen würde. Das Verbot der Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache gilt dann nicht, wenn die Versagung der Anordnung zu einem irreparablen Zustand führte und effektiver Rechtsschutz deshalb nur im Anordnungsverfahren gewährt werden kann. Dies ist bei einem Verfahren, in dem eine politische Partei unmittelbar vor einer Wahl die Verbesserung ihrer Werbemöglichkeiten erstrebt, wegen des drohenden Zeitablaufs regelmäßig der Fall. Diese Voraussetzungen wären auch hier zu bejahen, da die Antragstellerin vor dem Wahltag eine Entscheidung in der Hauptsache nicht erhalten kann und im Hinblick auf die bereits laufende „heiße“ Wahlkampfphase über den geltend gemachten Anspruch zu entscheiden ist.

10

Die Antragstellerin hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

11

Das ortsfeste Aufstellen oder Aufhängen von Wahlplakaten im öffentlichen Straßenraum stellt eine erlaubnispflichtige Sondernutzung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 StrWG M-V bzw. § 2 der Sondernutzungssatzung der Stadt Eggesin dar.

12

Die Benutzung der öffentlichen Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) bedarf danach der Erlaubnis des Trägers der Straßenbaulast. Die Erlaubnis darf, soweit es sich nicht um Zufahrten im Sinne des § 26 handelt, die der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung dienen, nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt werden. Für die Erlaubnis können Bedingungen und Auflagen festgesetzt werden (§ 22 Abs. 1 Satz 2 StrWG M-V).

13

Der Träger der Straßenbaulast befindet über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nach pflichtgemäßem Ermessen, welches gerichtlich nur in den Grenzen des § 114 VwGO überprüft werden kann. Ein strikter, im Wege der einstweiligen Anordnung in Gestalt der Regelungsanordnung durchzusetzender Rechtsanspruch kommt nur bei einer Ermessensreduzierung auf Null zugunsten der Antragstellerin in Betracht. Es ist allgemein anerkannt, dass für die Zeit des Wahlkampfes – jedenfalls in den letzten sechs Wochen vor dem festgesetzten Wahltermin – den zur Wahl zugelassenen Parteien und Gruppierungen aufgrund der Bedeutung der Wahlen in einem demokratischen Staat ein Anspruch darauf zusteht, in angemessener Weise Wahlsichtwerbung im Straßenraum zu betreiben. Dadurch wird in der Regel das Ermessen des Antragsgegners dahingehend eingeschränkt, dass entsprechende Sondernutzungserlaubnisse zu erteilen sind.

14

Bundesverfassungsrecht gibt nämlich – jedenfalls für den Regelfall – einen Anspruch, der darauf gerichtet ist, eine Wahlsichtwerbung auf öffentlichen Straßen zu ermöglichen.

15

Die Bedeutung von Wahlen für einen demokratischen Staat (vgl. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 und Art. 38 Abs. 1 GG) und die Bedeutung der Parteien für solche Wahlen, wie sie sich aus Art. 21 GG und den §§ 1 f. PartG ergibt, schränken das behördliche Ermessen bei der Entscheidung über die Erlaubnis zum Aufstellen von Wahlplakaten durch Parteien in so erheblichem Umfang ein, dass jedenfalls für den Regelfall – in den nachfolgend dargestellten Grenzen – ein Anspruch einer Partei auf Erlaubnis besteht. Die Sichtwerbung für Wahlen gehört auch aktuell noch zu den Mitteln im Wahlkampf der politischen Parteien und stellt weiterhin einen wichtigen Bestandteil der Vorbereitung demokratischer Wahlen dar, auch wenn ihre Bedeutung insbesondere mit Blick auf die Entwicklung der elektronischen Medien und moderne Kommunikationsformen in den letzten Jahren zurückgegangen sein dürfte. Die Wahlsichtwerbung als gewissermaßen selbstverständliches Wahlkampfmittel darf daher durch gänzliche oder auch nur weitgehende Verweigerung vorgesehener Erlaubnisse grundsätzlich nicht beschnitten werden. Bundesrecht gibt demnach zumindest dem Grunde nach einen Anspruch auf Gestattung der Wahlsichtwerbung durch Parteien (vgl. zum Ganzen grundlegend BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, BVerwGE 47, 280, und – VII C 43.72 –, BVerwGE 47, 293).

16

Dieser Anspruch besteht jedoch nicht unbeschränkt. Es ist in der Rechtsprechung ebenfalls anerkannt, dass die Gemeinde berechtigt ist, die Zahl der Werbeplakate im Stadtgebiet zu beschränken (kritisch dazu Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 27 ff.) und auch bestimmte Standorte – etwa aus Gründen der Verkehrssicherung – auszunehmen. Gleichfalls ist die Gemeinde berechtigt, dafür zu sorgen, dass eine wochenlange Verschandelung und Verschmutzung des Ortsbildes durch so genanntes "wildes Plakatieren" verhindert wird. Der Anspruch auf Gestattung einer Wahlsichtwerbung wird weiter dadurch beschränkt, dass er lediglich auf eine Werbung in einem Umfang gerichtet ist, der für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendig und angemessen ist. Ebenso wenig wie Rundfunk- und Fernsehanstalten verpflichtet sind, Sendezeiten für Wahlsendungen von Parteien unbegrenzt oder in dem von den Parteien für erforderlich gehaltenen Umfang bereitzustellen, braucht eine Gemeinde den Wünschen der Parteien auf Wahlsichtwerbung unbeschränkt Rechnung zu tragen. Der Anspruch der Parteien richtet sich auf eine angemessene Wahlsichtwerbung, ist aber auch auf eine solche beschränkt. In welcher Weise die Gemeinden dem verfassungsrechtlichen Gebot auf Einräumung von Stellplätzen in einem für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendigen und angemessenen Umfang Rechnung tragen, ist ihre Sache. Die Gemeinden sind dabei nur insofern eingeengt, als jedenfalls im Ergebnis jeweils angemessene Wahlwerbemöglichkeiten sichergestellt sein müssen, der allgemein in Art. 3 GG sowie speziell für Wahlen und Parteien in Art. 28 Abs. 1 Satz 2, Art. 38 Abs. 1 GG und in § 5 PartG niedergelegte Gleichheitssatz beachtet und schließlich sonstigen sich aus Bundesverfassungsrecht ergebenden Rechtsgrundsätzen, wie insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, Rechnung getragen sein muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.).

17

Die verfassungspolitische Unerwünschtheit von Splittergruppen und die Befugnis des Gesetzgebers, der Gefahr einer übermäßigen Aufsplitterung der Stimmen und Parteien bereits bei der Wahl und durch Aufnahme – jedenfalls bei der Landtagswahl – angemessener Sperrklauseln entgegenzuwirken, gibt dabei keine Rechtfertigung, die ohnehin nicht allzu optimistisch zu beurteilende Chance neuer und kleiner Parteien, ein Mandat zu erringen, im Vorfeld, also bei der Wahlvorbereitung und insbesondere der Wahlwerbung, zusätzlich zu reduzieren. Dies gilt vor allem für eine Wahlwerbung, die – wie die Plakatwerbung – verhältnismäßig billig, also auch für kleine und finanzschwache Parteien erschwinglich ist, aber einen nicht unerheblichen personellen Einsatz erfordert. Um die bestehenden Verhältnisse nicht durch die Beschränkung der Wahlwerbungsmöglichkeiten zu verfestigen, sind den einzelnen Parteien und Wählergruppen mindestens 5% der Gesamtzahl der Plakatierungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus kann sich die Verteilung nach dem Grundsatz der abgestuften Chancengleichheit des § 5 Abs. 1 Satz 2 PartG an der Bedeutung der Partei, insbesondere an deren letzten Wahlergebnissen bemessen. Jedoch ist kleineren Parteien und Wählergruppen im Verhältnis zu den großen Parteien grundsätzlich eine überproportionale, großzügig bemessene Mindestzahl an Plakatstellplätzen zuzuerkennen, während diese Zahl bei den großen Parteien entsprechend zu kürzen ist, damit diese nicht schon durch die bloße Menge der Plakate der großen Parteien ohne Wirkung bleiben. Die zulässige Grenze ist dabei überschritten, wenn der größten Partei mehr als etwa das Vier- bis Fünffache an Stellplätzen eingeräumt wird als der kleinsten Partei (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.). Nach anderer Auffassung sollen allerdings die hinsichtlich der Wahlwerbesendungen im Rundfunk entwickelten Grundsätze auf die Wahlsichtwerbung auf öffentlichen Straßen und Plätzen nicht übertragbar sein, es sei verfassungsrechtlich nicht geboten, den Parteien zum Zwecke der Wahrung staatlicher Wettbewerbsneutralität eine nach Maßgabe der Bedeutung der Parteien abgestufte Zahl von Stellplätzen zuzuweisen (vgl. Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 28).

18

Was als Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung zu sehen ist, lässt sich nicht abstrakt beantworten. Es hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab, unter welchen Voraussetzungen den Parteien jeweils eine nach Umfang (Zahl der Stellplätze) und Aufstellungsort (Werbewirksamkeit des Anbringungsortes) angemessene Werbemöglichkeit eingeräumt wird, um ihnen wirksame Wahlpropaganda zu ermöglichen. Insoweit ist auch nach der Art der Wahl, der Größe der Gemeinde und danach zu differenzieren, wie groß die Zahl der Parteien und Wählervereinigungen ist, die an der Wahl teilnehmen. Die Werbewirksamkeit eines Aufstellungsortes wird dabei durch eine Vielzahl von Parametern bestimmt, wie z. B. die Beschaffenheit seines näheren Umfeldes etwa im Hinblick auf sonstige Werbung. Die Rechtmäßigkeit der Beschränkung der Plakatierungsmöglichkeiten beurteilt sich demgemäß danach, ob im Hinblick auf die Anzahl der an der Wahl teilnehmenden Parteien und Wählergruppen eine ausreichende Anzahl von Plakatierungsmöglichkeiten insgesamt zugelassen wird, sowie danach, ob die Gesamtzahl der Plakatierungen in einem angemessenen Verhältnis auf die einzelnen Parteien und Wählergruppen verteilt worden ist (vgl. VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.).

19

Die Plakatierungsmöglichkeiten müssen hinreichend dicht sein, um den Parteien und Wählergruppen "gewissermaßen flächendeckend" Wahlwerbung im gesamten Gemeindegebiet zu ermöglichen und den nötigen Raum zur Selbstdarstellung zu geben (VG Saarlouis, Beschl. v. 12.02.2001 – 2 F 14/01 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 18.08.2009 – 14 L 842/09 –, juris; VG Aachen, Beschl. v. 01.12.2006 – 6 L 628/06 –, juris; VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris; Sauthoff, in: Sauthoff/Witting, StrWG M-V, Stand: Oktober 2010, § 22 Rn. 24).

20

Das Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung wird in der Rechtsprechung teilweise dahingehend konkretisiert, dass die nötige Selbstdarstellung jedenfalls dann noch gewährleistet sein soll, wenn jede Partei rechnerisch in „jedem Wahlbezirk“ mindestens eine Möglichkeit zur Wahlsichtwerbung besitze. Erforderlich, aber auch ausreichend sei es, wenn – jedenfalls in Großstädten – ein Aufstellungsort für je 100 Einwohner (für alle Parteien) zur Verfügung stehe (vgl. VG Aachen, Beschl. v. 01.12.2006 – 6 L 628/06 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 02.09.1998 – 14 L 2689/98 –, NWVBl 99, 106 ff.; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O.). Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Antragstellerin an Landtags- und Kreistagswahlen teilnimmt, sowie der Mindestquote von 5 % der bereitgestellten Plätze für kleine Parteien hat das Verwaltungsgericht im Ansatz zutreffend ausgeführt, dass der Antragsgegner der Antragstellerin nach diesem Maßstab ausgehend von einer Einwohnerzahl von ca. 5.200 mit 20 Plakatierungsmöglichkeiten für zwei Wahlen ausreichend Werbeflächen zur Verfügung gestellt hätte und dann kein weitergehender Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis bestünde.

21

Demgegenüber wird jedoch auch vertreten, dass jeder kandidierenden politischen Partei ein Aufstellungsort für je 100 Einwohner zur Verfügung stehen müsse (vgl. VG Gießen, Beschl. v. 27.02.2001 – 8 G 335/01 –, NVwZ-RR 2001, 417 – zitiert nach juris). Legte man diesen Maßstab zugrunde, hätte die Antragstellerin jedenfalls einen Anordnungsanspruch im Umfang der von ihr zusätzlich beanspruchten 40 Plakatierungsmöglichkeiten.

22

Noch weitergehender wird in der Literatur der Standpunkt eingenommen, solange mit der Sichtwerbung keine Gefahren für andere Rechtsgüter einhergingen, sei es nicht Aufgabe der öffentlichen Hand, die Aufstellung von Plakatständern zu Gunsten oder zu Lasten einzelner Parteien zu reglementieren (vgl. Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 28 f.; vgl. ähnlich OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 – zitiert nach juris).

23

Das Verwaltungsgericht hat schließlich zutreffend darauf hingewiesen, dass auch gerichtliche Entscheidungen vorliegen, denen Aufstellungsort/Einwohnerzahlquoten zugrunde lagen, die zwischen den vorstehend genannten Eckpunkten liegen (vgl. auch OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 , das eine Quote von einem Plakat pro 50 Einwohner verwirft, weil für die entsprechende rechnerische Ableitung keine tragfähigen Sachgründe benannt worden seien).

24

Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass die gerichtliche Überprüfung, ob das erforderliche Mindestmaß an Wahlwerbemöglichkeiten für die Parteien gewahrt ist, nicht auf die Betrachtung von Quoten im vorstehenden Sinne reduziert werden darf, sondern die Umstände des Einzelfalles umfassend – nach Maßgabe des Prüfungsmaßstabes des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens – in den Blick zu nehmen hat (vgl. VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris). Dabei sind auch veränderte Rahmenbedingungen, etwa eine Änderung des Kommunalwahlrechts durch Wegfall von Sperrklauseln, neuartige Möglichkeiten der Werbung (z. B. Internet) oder Erscheinungen wie eine vielfach beklagte „Reizüberflutung“ zu beachten. Nach diesen Umständen des Einzelfalles ist zu beurteilen, ob jeweils ein nach Umfang (Zahl der Stellplätze) und Aufstellungsort (Werbewirksamkeit des Anbringungsortes) angemessenes Mindestmaß an Werbemöglichkeit eingeräumt ist bzw. eine wirksame Wahlpropaganda ermöglicht wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., Rn. 13, 22); diese materiellen Anforderungen bilden den maßgeblichen materiellen Maßstab. Die Betrachtung von Quoten im vorstehenden Sinne stellt sich lediglich als ein beachtliches, auf diesen materiellen Maßstab bezogenes Kriterium der erforderlichen Gesamtbetrachtung dar.

25

Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin an zwei Wahlen teilnimmt, die zeitgleich stattfinden. Der Senat folgt insoweit dem Ansatz des Verwaltungsgerichts, dass der Antragstellerin für beide Wahlen angemessene Wahlwerbemöglichkeiten eingeräumt werden müssen. Eine weitere Differenzierung danach, ob eine Partei auch in dem betroffenen Gemeindegebiet mit einem Direktkandidaten/einer Direktkandidatin antritt, ist von Verfassungs wegen nach Auffassung des Senats nicht in dem Sinne gegeben, dass insoweit von einer weiteren Wahl auszugehen wäre, die nochmals eine entsprechende Erhöhung der Plakatierungsmöglichkeiten nach sich zöge. Die Wahl der Abgeordneten nach Wahlkreisen (§§ 1 Abs. 2, 3 LWG) und die Wahl nach Landeslisten der Parteien (§§ 1 Abs. 2, 4 LWG) sind Bestandteileiner Wahl zum Landtag. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin rechtfertigt auch der Umstand, dass am 04. September 2011 neben den Landtags- und Kreistagswahlen ein Bürgerentscheid gemäß § 2 Abs. 2 Landkreisneuordnungsgesetz über den Kreisnamen stattfindet, keine Erhöhung des ihr als Mindestmaß zustehenden Plakatierungskontingents. Die vorstehenden Erwägungen zum bundesverfassungsrechtlich abgesicherten Anspruch der Parteien auf eine angemessene Wahlsichtwerbung sind offensichtlich nicht einschlägig. Der Bürgerentscheid ist keine Wahl. Die Parteien haben selbstverständlich auch insoweit die Möglichkeit, bezogen auf einen Bürgerentscheid einen bestimmten Standpunkt einzunehmen. Im Grundsatz dürfte ihrer entsprechenden Meinungsäußerung hierzu jedoch kein größeres Gewicht beigemessen werden können als der Meinungsäußerung jedes einzelnen abstimmungsberechtigten Bürgers. Wollte man hier den Parteien – ohne verfassungsrechtliche Grundlage – einen Sichtwerbungsanspruch zubilligen, müsste folglich jedem abstimmungsberechtigten Bürger in gleicher Weise ein solcher Anspruch eingeräumt werden. Dass dies nicht möglich sein dürfte, scheint offensichtlich. Der Umstand, dass am 04. September 2011 im Übrigen ebenfalls die Direktwahl des Landrates/der Landrätin stattfindet, hat auf das Plakatkontingent der Antragstellerin keinen Einfluss, weil sie daran nicht mit einem eigenen Kandidaten/einer Kandidatin teilnimmt. Demnach ist davon auszugehen, dass von den der Antragstellerin zugebilligten Plakatierungsmöglichkeiten jeweils die eine Hälfte auf die Landtagswahl, die andere Hälfte auf die Kreistagswahl entfällt. Pro Wahl darf die Antragstellerin also 10 Plakate anbringen. Die entsprechende Beschränkung der Wahlsichtwerbung erweist sich vorliegend als ermessensfehlerfrei.

26

Die Gesamtbetrachtung, die zu dieser Schlussfolgerung führt, wird maßgeblich durch folgende Umstände bestimmt:

27

Der Antragsgegner hat in seiner Beschwerdeerwiderung nachvollziehbar und plausibel ausgeführt, dass die in Eggesin insbesondere der Antragstellerin an bestimmten Standorten im Ortszentrum zugewiesene Zahl an Werbemöglichkeiten ausreichend sei, um ihr das erforderliche Mindestmaß an bzw. eine angemessene Wahlwerbung zu ermöglichen. Insbesondere hat der Antragsgegner darauf hingewiesen, dass die Ortschaft auf eine relativ kleine Fläche konzentriert und derart überschaubar sei, dass schon wenige Plakate von nahezu allen Einwohnern wahrgenommen werden würden. Bei den Straßen, an denen die insgesamt 104 Plakatträger verteilt seien, handele es sich um hochfrequentierte Straßen, die die Ortslage Eggesin durchzögen. Zusätzlich sei die Straße „Am Binning“ mit insgesamt 23 Plakatträgern ausgestattet worden, da diese Gemeindeverbindungsstraße als Anbindung von Torgelow-Holl und anderen Umlandgemeinden sowie wegen eines dortigen Gewerbegebietes ebenfalls sehr frequentiert sei. Insoweit weisen die vorgegebenen Werbeträgerstandorte unter dem Blickwinkel ihrer Wirksamkeit eine hohe Qualität auf.

28

Die Stadt Eggesin hat zwar eine Gesamtfläche von ca. 88 km² (Quelle: www.sisonline.statistik.m-v.de/orte/2529/Eggesin_Stadt; vgl. auch wikipedia). Anders als im städtischen Bereich (Verfahren Az. 1 M 145/11) konzentriert sich die Einwohnerzahl dabei im Wesentlichen aber auf einer deutlich geringeren Fläche der Ortslage der Stadt Eggesin, während das Gemeindegebiet im Übrigen ländlich geprägt bzw. im Vergleich zu städtischen Gebieten dünn besiedelt ist und eine relativ niedrige Bevölkerungsdichte (ca. 59 Einwohner je km²) aufweist. Der Ansatz des Antragsgegners, die Wahlwerbung dort konzentriert zuzulassen, wo sich auch die Einwohner konzentrieren, erscheint deshalb grundsätzlich zulässig. Insoweit erweist sich die Gesamtfläche der betroffenen Gemeinde unter dem Blickwinkel der Wirksamkeit und Reichweite von Wahlsichtwerbung als erheblich weniger bedeutsam als in städtisch geprägten Gebieten. Die Ortslage Eggesin weist insgesamt lediglich eine bebaute bzw. bewohnte Fläche auf, die bei weitem nicht der Gesamtgröße der Gemeinde entspricht. Hinsichtlich dieser vergleichsweise geringen Fläche dürften die auf der Grundlage der Sondernutzungssatzung mit Bescheid vom 30. Mai 2011 vorgesehenen Werbeträgerstandorte unter dem Aspekt ihrer Werbewirksamkeit und Reichweite auch hinreichend eine „flächendeckende“ Wahlpropaganda ermöglichen, selbst wenn sich auf großen Flächen mehr oder weniger unbewohnter Gebiete keine Plakatierungsmöglichkeiten befinden. Dem von der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 23. August 2011 geltend gemachten Umstand, dass in zahlreichen Straßen keine Werbemöglichkeiten bestünden, steht gegenüber, dass die zugelassenen Plakatstandorte aufgrund ihres Standortes an hochfrequentierten Straßen in diese anderen Bereiche des Stadtgebiets „hineinstrahlen“. Wenn die Antragstellerin geltend macht, vor allem die kommunikationsintensiven zentralen Stadtbereiche würden faktisch von der Wahlwerbung ausgeschlossen, widerspricht dieser – im Übrigen nur pauschale – Vortrag ihrem eigenen Vorbringen in der Beschwerdebegründung, wonach das Argument des Schutzes eines historischen Stadtkerns im Falle der Stadt Eggesin nicht greife, weil Hauptdurchgangsstraßen durch den Stadtkern führten. Diese Hauptdurchgangsstraßen sind jedoch gerade mit Wahlwerbemöglichkeiten ausgestattet.

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Diese Betrachtung der Bevölkerungsverteilung führt zu der Annahme, dass auch unter Zugrundelegung der unterschiedlichen Maßstäbe für die Ermittlung des Mindestmaßes an erforderlicher Wahlsichtwerbung von einem Plakat pro 100 Einwohner für alle Parteien einerseits oder für jede Partei andererseits die vom Antragsgegner zugebilligte Plakatzahl von zwanzig für zwei Wahlen ausreichend sein dürfte.

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Erhebliches Gewicht kommt auch dem Umstand zu, dass die Antragstellerin die Möglichkeit hat, an den ihr zugewiesenen Standorten ausschließlich ihre Wahlplakate ohne optische Konkurrenz durch Wahlwerbung anderer Parteien auf demselben Plakatträger anzubringen. Die Werbewirksamkeit ihrer Plakate wird insoweit nicht eingeschränkt; anders als im Fall von Großplakatflächen, die mehrere Parteien gemeinsam nutzen (müssen), besteht hier nicht die Gefahr, dass die Plakate der Antragstellerin in einer Flut anderer Wahlplakate untergehen.

31

Soweit die Antragstellerin auf die Zahl der Stimmbezirke in Eggesin (5) verweist, spricht dies nach der oben zitierten Rechtsprechung nicht für den Anspruch der Antragstellerin. Denn danach wird es als ausreichend für die nötige Selbstdarstellung angesehen, wenn jede Partei rechnerisch in „jedem Wahlbezirk“ mindestens eine Möglichkeit zur Wahlsichtwerbung besitze. Die Antragstellerin trägt selbst vor, dass ihr je Wahl rechnerisch die doppelte Anzahl von zwei Plakaten je Stimmbezirk zur Verfügung steht.

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Wenn die Antragstellerin schließlich rügt, sie werde unter Missachtung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mit Kleinstparteien gleichbehandelt, begründet dies ebenfalls keinen weitergehenden Anspruch auf Wahlsichtwerbung. Zum einen übersieht die Antragstellerin, dass kleine Parteien nach der von ihr in Bezug genommenen – vorstehend zitierten – Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eher überproportional bei den Möglichkeiten zur Wahlsichtwerbung berücksichtigt werden sollen und die großen Parteien eher unterproportional. Sie blendet zum anderen aus, dass sie ihrerseits im Vergleich zu deutlich größeren Parteien von der Gleichbehandlung durch den Antragsgegner profitiert, also eine Benachteiligung auf der einen Seite jedenfalls durch eine Bevorzugung auf der anderen Seite wieder ausgeglichen wird und folglich eine Besserstellung der Antragstellerin im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht notwendig erscheint. Dass Bundesrecht in Gestalt von § 5 Abs. 1 Satz 4 ParteiG verletzt sein könnte und die Antragstellerin als im Bundestag mit Fraktionsstärke vertretene Partei nicht mindestens die Hälfte der Wahlwerbemöglichkeiten zugebilligt erhalten haben könnte wie jede andere Partei auch, ist nicht ersichtlich.

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In Würdigung dieser Gesamtumstände bestehen nach dem Prüfungsmaßstab des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nach alledem keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin einen weitergehenden Anspruch auf Zulassung von Wahlsichtwerbung hat. Unter diesen Umständen ist auch nicht ersichtlich, dass für eine isolierte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die sinngemäße Ablehnung der über eine Wahlwerbung mit 20 Plakaten hinausgehenden Werbung ein Rechtsschutzbedürfnis bestehen könnte.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

35

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1 u. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 47 GKG, und berücksichtigt den Umstand, dass eine stattgebende Entscheidung zur Vorwegnahme der Hauptsache geführt hätte.

(1) Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muß den Grundsätzen des republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses Grundgesetzes entsprechen. In den Ländern, Kreisen und Gemeinden muß das Volk eine Vertretung haben, die aus allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen hervorgegangen ist. Bei Wahlen in Kreisen und Gemeinden sind auch Personen, die die Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der Europäischen Gemeinschaft besitzen, nach Maßgabe von Recht der Europäischen Gemeinschaft wahlberechtigt und wählbar. In Gemeinden kann an die Stelle einer gewählten Körperschaft die Gemeindeversammlung treten.

(2) Den Gemeinden muß das Recht gewährleistet sein, alle Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft im Rahmen der Gesetze in eigener Verantwortung zu regeln. Auch die Gemeindeverbände haben im Rahmen ihres gesetzlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe der Gesetze das Recht der Selbstverwaltung. Die Gewährleistung der Selbstverwaltung umfaßt auch die Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung; zu diesen Grundlagen gehört eine den Gemeinden mit Hebesatzrecht zustehende wirtschaftskraftbezogene Steuerquelle.

(3) Der Bund gewährleistet, daß die verfassungsmäßige Ordnung der Länder den Grundrechten und den Bestimmungen der Absätze 1 und 2 entspricht.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.