Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern Urteil, 11. Juli 2017 - 1 LB 92/15

bei uns veröffentlicht am11.07.2017

Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 4. Februar 2015 – 6 A 1006/11 – wird teilweise geändert:

Der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 7. September 2011 wird aufgehoben.

Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Beklagten vom 15. Juli 2011, soweit er nicht durch den Bescheid vom 25. August 2011 aufgehoben worden ist, rechtswidrig war. Der Beklagte war verpflichtet, den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für das Anbringen von weiteren 69 Wahlplakaten in einem Format von DIN A1 im Stadtgebiet Wolgast neu zu bescheiden.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen tragen der Kläger zu einem Viertel und der Beklagte zu drei Vierteln.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung nach Maßgabe der Kostenfestsetzung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten um die Rechtswidrigkeit der Nichterteilung einer Sondernutzungserlaubnis für das Anbringen von Wahlplakaten.

2

Der Kläger ist der Landesverband einer politischen Partei. Er beantragte mit Schreiben vom 5. April 2011 an alle Ämter und Städte in Mecklenburg-Vorpommern die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zur Durchführung von Plakatwerbung zur Landtagswahl am 4. September 2011. Am gleichen Tag fand die Wahl zum Kreistag des Landkreises Vorpommern-Greifswald statt, an der der entsprechende Kreisverband des Klägers teilnahm. Das Amt Am Peenestrom, dessen geschäftsführende Gemeinde die Stadt Wolgast ist, wies den Kläger mit Schreiben vom 11. April 2011 darauf hin, dass durch Beschlüsse der Stadtvertretung Wolgast geregelt sei, dass im Stadtgebiet von Wolgast lediglich das Anbringen von jeweils zwei Plakaten auf elf städtischen Wahlplakattafeln und auf Antrag von vier Plakaten zur Ankündigung von Wahl- und Parteiveranstaltungen erlaubt sei. Mit Schriftsatz vom 13. Juli 2011 beantragte der Kläger daraufhin die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für das Anbringen von insgesamt 119 Wahlplakaten im Gebiet der Stadt Wolgast. Der Beklagte lehnte den Antrag mit Bescheid vom 15. Juli 2011 ab. Der Kläger legte gegen diesen Bescheid mit Schriftsatz vom 18. Juli 2011 Widerspruch ein und suchte am 22. Juli 2011 um einstweiligen Rechtsschutz beim Verwaltungsgericht Greifswald mit dem Antrag nach, ihm über die erlaubte Sondernutzung hinaus das Anbringen von weiteren 97 Plakattafeln im Format DIN A1 im Stadtgebiet Wolgast zu erlauben. Das Verwaltungsgericht lehnte den Antrag mit Beschluss vom 29. Juli 2011 – 6 B 726/11 – ab. Auf die Beschwerde des Klägers verpflichtete der erkennende Senat den Beklagten mit Beschluss vom 23. August 2011 – 1 M 145/11 – unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts und unter Zurückweisung der Beschwerde im Übrigen, dem Kläger eine Sondernutzungserlaubnis für das Anbringen weiterer 28 Plakate im Format DIN A1 zu erteilen und ihm mindestens 14 zusätzliche Aufstellungsorte zu benennen. Der Beklagte erteilte dem Kläger am 25. August 2011 eine entsprechende Erlaubnis. Mit Widerspruchsbescheid vom 7. September 2011 (drei Tage nach dem Wahltag) gab der Beklagte in diesem Umfang dem Widerspruch des Klägers gegen den Bescheid vom 15. Juli 2011 statt und wies ihn hinsichtlich der für weitere 69 Plakate beantragten Sondernutzungserlaubnis zurück. Zur Begründung berief sich der Beklagte auf den Beschluss vom 23. August 2011. Der Widerspruchsbescheid wurde dem Kläger am 9. September 2011 zugestellt.

3

Am 4. Oktober 2011 hat der Kläger dagegen Klage zum Verwaltungsgericht Greifswald erhoben und beantragt, festzustellen, dass es rechtswidrig war, ihm für den Landtags- und Kreistagswahlkampf 2011 nur eine Sondernutzungserlaubnis von 50 Plakattafeln in einem Format von DIN A1 im Stadtgebiet Wolgast zu erteilen. Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit Urteil vom 4. Februar 2015 – 6 A 1006/11 – abgewiesen. Der Senat hat auf Antrag des Klägers mit Beschluss vom 11. April 2017 – 1 L 92/15 – die Berufung gegen das Urteil zugelassen. Der Beschluss ist dem Kläger am 21. April 2017 zugestellt worden. Am 27. April 2017 hat der Kläger die Berufung begründet.

4

Der Kläger ist im Wesentlichen der Auffassung, die Beschränkung der erteilten Sondernutzungserlaubnis auf insgesamt 50 Plakattafeln im Gebiet der Stadt Wolgast habe ihn in seinem verfassungsmäßigen Recht auf Mitwirkung an der politischen Willensbildung und in seinem Recht auf Gleichbehandlung aller Parteien verletzt. Ihm sei eine angemessene Wahlsichtwerbung im Sinne einer abgestuften Chancengleichheit der politischen Parteien zu gestatten gewesen. Dafür sei ein objektiver und praxisnaher Maßstab heranzuziehen. Ein solcher Maßstab sei etwa, einer politischen Partei je 100 Einwohner das Anbringen eines Wahlplakats zu erlauben. Die im Beschluss des Senats vom 23. August 2011 angestellten Überlegungen seien lediglich zur Begründung einer vorläufigen Regelung im Eilverfahren angestellt worden und hätten vom Beklagten und vom Verwaltungsgericht nicht deckungsgleich übernommen werden dürfen. Zudem seien die aufgestellten Maßstäbe zu kompliziert und nicht nachvollziehbar.

5

Der Kläger beantragt,

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das Urteil des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 4. Februar 2015 – 6 A 1006/11 – zu ändern und den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 7. September 2011 aufzuheben sowie festzustellen, dass es rechtswidrig war, dem Kläger keine Sondernutzungserlaubnis zum Anbringen von weiteren 69 Plakattafeln in einem Format von DIN A1 im Stadtgebiet Wolgast zu erteilen,

7

Der Beklagte beantragt,

8

die Berufung zurückzuweisen.

9

Die Stadtvertretung habe durch Beschlüsse vom 15. Mai 2006 und 15. Dezember 2008 entschieden, den Wahlbewerbern durch Bereitstellung gemeindeeigener Plakattafeln an vielbefahrenen Standorten ausreichend Werbemöglichkeit einzuräumen und zugleich der Verschandelung der Stadt und der Einschränkung der Verkehrssicherheit durch übermäßige Wahlwerbung vorzubeugen. Die angebotenen Stellwände verhinderten eine Einschränkung des Fußgängerverkehrs durch Wahlplakate an Lichtmasten. Der Vandalismus an Wahlplakaten werde zurückgedrängt, eine Beschädigung der Masten durch die Befestigung der Wahlplakate bleibe aus, es entstehe weniger Abfall. Der Rückbau der Plakatwände könne unmittelbar nach dem Wahltag erfolgen. Alle Wahlbewerber würden gleichbehandelt. Gerade für kleinere Parteien ohne großes Werbebudget stelle die von der Stadt angebotene Werbemöglichkeit eine kostengünstige Möglichkeit dar, um auf sich aufmerksam zu machen. Wahlplakate führten zu einer zusätzlichen Überfrachtung des öffentlichen Verkehrsraums und zur Ablenkung von Fahrzeugführern, die Adressaten der Wahlwerbung an Lichtmasten seien. Ein Wahlplakat sollte nicht vom Auto aus angesehen werden können. Jeder Partei 100 Wahlplakate zuzugestehen, würde dazu führen, dass die geeigneten Laternenmasten in der Stadt mit Wahlplakaten eingepackt würden. Das Aufstellen von Plakatwänden zur Wahlwerbung sei im süddeutschen Raum weithin üblich und bewährt. Bei der Wahl 2014 seien 240 Plakatflächen vorhanden gewesen, die nur zu 78 Prozent ausgenutzt worden seien. Dies zeige, dass die Stadt ausreichend Werbemöglichkeiten erlaube. Alle anderen Parteien außer dem Kläger seien mit der getroffenen Regelung einverstanden. Die Rechtsprechung zur Wahlsichtwerbung müsse angesichts der technischen Entwicklung und der Bedeutung von sozialen Medien überdacht werden. Die Bedeutung von Wahlplakaten im Wahlkampf sei rückläufig. Zudem könnten sich die Parteien und Wählergruppen durch Wahlwerbespots und Zeitungsanzeigen präsentieren.

10

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vom Beklagten übersandten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Diese waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

11

1. Die Berufung des Klägers ist insgesamt zulässig und mit dem Anfechtungsantrag begründet. Der Fortsetzungsfeststellungsantrag des Klägers ist dagegen nur zum Teil begründet.

12

a) Der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 7. September 2011 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

13

Das auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zum Anbringen von Wahlplakaten gerichtete Verpflichtungsbegehren des Klägers hatte sich mit dem Ende des Wahltages am 4. September 2011 durch Zeitablauf erledigt. Diesen Umstand hat der Beklagte jedoch nicht zum Anlass genommen, um das Widerspruchsverfahren einzustellen, sondern gleichwohl durch Widerspruchsbescheid in der Sache entschieden. Die ergangene Sachentscheidung beschwert den Kläger, weil durch die teilweise Zurückweisung seines Widerspruchs der Eindruck entstanden ist, das erledigte Begehren sei insoweit bestandskräftig abgelehnt worden (vgl. BVerwG, Urt. v. 12.04.2001 – 2 C 10/00 –, juris Rn. 18 unter Verweis auf BVerwG, Urt. v. 20.01.1989 – 8 C 30/87 –, BVerwGE 81, 226). Nach Erledigung des Verpflichtungsbegehrens durfte im Widerspruchsbescheid keine Entscheidung in der Sache mehr getroffen werden. Der Widerspruchsbescheid war daher auf den Anfechtungsantrag hin aufzuheben.

14

b) Der Fortsetzungsfeststellungsantrag ist gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig. Die auf Anfechtungsklagen zugeschnittene Vorschrift ist auf den Fall der Verpflichtungsklage, auch in Gestalt einer Bescheidungsklage, entsprechend anwendbar (vgl. BVerwG, Urt. v. 29.03.2017 – 6 C 1/16 –, juris Rn. 28; BVerwG, Urt. v. 12.10.1982 – I C 57.76 –, juris Rn. 11). Eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist überdies auch dann statthaft, wenn sich ein Verpflichtungsbegehren wie hier bereits vor Klageerhebung erledigt hat. Auch auf diesen Fall ist § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO entsprechend anzuwenden (vgl. BVerwG, Urt. v. 24.11.2010 – 6 C 16/09 –, BVerwGE 138, 186, Rn. 26). Dem Kläger steht das nach der genannten Vorschrift erforderliche berechtigte Interesse an der beantragten Feststellung zur Seite. Dieses ergibt sich bereits aus der Gefahr, dass der Beklagte in der Zukunft auf einen entsprechenden Antrag des Klägers in einem anderen Wahlkampf eine gleichartige Entscheidung treffen würde. Aus dem Vorbringen des Beklagten im Berufungsverfahren ergibt sich, dass dieser nicht beabsichtigt, seine Praxis der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für Wahlsichtwerbung zu ändern. Das Fortsetzungsfeststellungsinteresse ist bei einer hinreichend konkreten Wiederholungsgefahr zu bejahen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 23. Auflage, § 113, Rn. 141 m.w.N.).

15

c) Die Fortsetzungsfeststellungsklage ist nur teilweise begründet. Der den weitergehenden Antrag des Klägers auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis ablehnende Bescheid des Beklagten vom 15. Juli 2011 war auch insoweit rechtswidrig, als er nicht schon durch den Bescheid vom 25. August 2011 geändert worden war. Der Kläger kann jedoch nicht mit Erfolg die Feststellung begehren, dass der Beklagte verpflichtet war, ihm eine Sondernutzungserlaubnis für das Anbringen von weiteren 69 Wahlplakaten zu erteilen. Das Gericht hatte jedoch festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet war, den Antrag des Klägers insoweit neu zu bescheiden.

16

aa) Für den erledigten und hier zu beurteilenden Verpflichtungsanspruch des Klägers gelten die folgenden Grundsätze (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 24.08.2011 – 1 M 127/11 –, NordÖR 2012, 34 m.w.N. im Anschluss an BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 43.72 –, BVerwGE 47, 293):

17

Das Anbringen von Wahlplakaten im öffentlichen Straßenraum stellt eine erlaubnispflichtige Sondernutzung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 StrWG M-V dar und bedarf daher der Erlaubnis des jeweiligen Straßenbaulastträgers. Dieser befindet über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nach pflichtgemäßem Ermessen. Für die Zeit des „heißen“ Wahlkampfes, der die letzten sechs Wochen vor dem festgesetzten Wahltermin umfasst, steht den zur Wahl zugelassenen Parteien und Gruppierungen wegen der überragenden Bedeutung von Wahlen in einem demokratischen Staat (Art. 38 Abs. 1 GG) und der besonderen Bedeutung der Parteien für solche Wahlen (Art. 21 GG und §§ 1 ff. PartG) ein Anspruch darauf zu, in angemessener Weise Wahlsichtwerbung im Straßenraum zu betreiben. Dieser Anspruch schränkt in der Regel das Ermessen des Straßenbaulastträgers dahingehend ein, dass entsprechende Sondernutzungserlaubnisse zu erteilen sind. Der Anspruch auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen zur Plakatwerbung besteht allerdings nicht unbeschränkt, sondern ist auf eine angemessene Wahlsichtwerbung begrenzt. Was als Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung anzusehen ist, lässt sich nicht abstrakt beantworten. Es hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab, unter welchen Voraussetzungen den Parteien eine nach Umfang (Anzahl der Plakatplätze) und Aufstellungsort (Werbewirksamkeit des Anbringungsortes) angemessene Werbemöglichkeit eingeräumt wird, um ihnen wirksame Wahlpropaganda zu ermöglichen. Die Plakatierungsmöglichkeiten müssen in jedem Fall hinreichend dicht sein, um den Parteien „gewissermaßen flächendeckend“ Wahlwerbung im gesamten Gemeindegebiet zu ermöglichen und den nötigen Raum zur Selbstdarstellung zu geben. Für die Bemessung der Angemessenheit der Wahlwerbemöglichkeiten sind die Umstände des Einzelfalls umfassend zu würdigen. Die Betrachtung von auf die Zahl der Einwohner bezogenen Quoten stellt sich dabei lediglich als ein Kriterium der erforderlichen Gesamtbetrachtung dar.

18

Der vorliegende Fall gibt dem Senat Anlass, diese Grundsätze weiter zu konkretisieren:

19

(1) Die Befugnis einer Gemeinde, nach pflichtgemäßem Ermessen zu bestimmen, in welchem Umfang sie Wahlsichtwerbung im Gemeindegebiet zulässt, impliziert nicht zugleich, dass sie auch dazu verpflichtet wäre, Wahlwerbung überhaupt zahlenmäßig einzugrenzen. Die Gemeinde kann sich parteienfreundlich darauf beschränken, zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit (vgl. dazu Ziffer 2 des Erlasses des Wirtschaftsministers vom 17. August 1994, ABl. M-V S. 899) oder zur Wahrung anderer wegerechtlicher Belange, vor allem zur Aufrechterhaltung eines störungsfreien Gemeingebrauchs, die Wahlsichtwerbung an öffentlichen Straßen lediglich räumlich einzuschränken. Einer ordnungsgemäßen Ermessensausübung entspricht es daneben auch, mit Rücksicht auf andere Gesichtspunkte, die mit dem jeweiligen Widmungszweck der öffentlichen Einrichtung allerdings in einem noch engen Zusammenhang stehen müssen, bestimmte Straßen oder Teile davon von der Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen auszunehmen. So können im Einzelfall auch bauplanerische und baupflegerische Belange in die Entscheidung eingestellt werden (OVG Schleswig, Urt. v. 25.06.1991 – 4 L 51/91 –, juris Rn. 36 m.w.N.), etwa zum Schutz eines historischen Stadtbildes und von Denkmälern.

20

(2) Entscheidet sich die Gemeinde jedoch dafür, den Umfang von Wahlsichtwerbung im öffentlichen Straßenraum im Sinne einer höchstzulässigen Zahl von Plakaten zu begrenzen, muss sie die Beschränkung unter Berücksichtigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls ermessensfehlerfrei vornehmen und dabei vor allem sicherstellen, dass das Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung für die Parteien gewahrt bleibt. Den Trägern der Straßenbaulast kommt ein Ermessen darüber zu, wie sie im Einzelnen nach Umfang und Aufstellungsort eine wirkungsvolle Wahlsichtwerbung ermöglichen (vgl. Wiget, in: Zeitler, BayStrWG, Stand Oktober 2014, Art. 14, Rn. 45; dagegen jede rechtlich nicht gebotene Begrenzung ablehnend: Friehe, NVwZ 2016, 887). Das zu gewährende Mindestmaß an Wahlsichtwerbung wird dabei in aller Regel für eine im Sinne von § 5 PartG kleine Partei nicht unterschritten sein, wenn ihr die Gemeinde bei an einem Tag stattfindenden Wahlen die Sondernutzungserlaubnis für das Anbringen von jeweils einem Plakat auf 100 Einwohner (also einem Doppelplakat auf 200 Einwohner) erteilt. Dieses Zahlenverhältnis wurde in einem einstweiligen Anordnungsverfahren angenommen, um die notwendige mengenmäßige Bestimmung des Mindestmaßes an Plakatplätzen für die wirksame und flächendeckende Wahlwerbung einer kommunalen Wählergruppe vorzunehmen (VG Gießen, Beschl. v. 27.02.2001 – 8 G 335/01 –, juris Rn. 18: 69 Plakate in einer Stadt mit 6.885 Einwohnern; ähnlich VG Schleswig, Beschl. v. 22.01.2016 – 3 B 8/16 –, juris: dort wurden 50 Doppelplakate bei 9.100 Einwohnern für angemessen gehalten). Der vorgenannte Maßstab erscheint dem Senat auch angesichts der Überlegung vertretbar, dass es allein Sache der Parteien ist, über die Art ihres Wahlkampfes und der Wahlwerbemittel zu entscheiden. Dazu kann es auch gehören, vor allem auf Wahlsichtwerbung im öffentlichen Straßenraum zu setzen. Eine politische Partei darf ihre Kampagnenfähigkeit auch dadurch unter Beweis stellen wollen, dass sie im Gemeindegebiet tatsächlich eine flächendeckende Sichtbarkeit ihrer Wahlwerbung herstellt (vgl. dazu Friehe, a.a.O.). Erteilt und begrenzt die Gemeinde nach dieser Maßgabe die von den kleinen Parteien beantragten Sondernutzungserlaubnisse, begibt sie sich regelmäßig „auf die sichere Seite“, weitergehender Ermessenserwägungen bedarf es dann grundsätzlich nicht. Der Senat verkennt nicht, dass es sich bei diesem groben Maßstab um eine bloße „Faustformel“ handelt, die notwendigerweise gegriffen und – da auf nur ein Merkmal bezogen – sehr wenig differenziert ist. Er hält es aber für geboten, dass den Trägern der Straßenbaulast für die regelmäßig zahlreichen und binnen kurzer Zeit zu entscheidenden Anträge zur Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen für Wahlsichtwerbung ein einfach zu handhabender Maßstab zur Verfügung steht. Ob von diesem Grundsatz Ausnahmen zu machen sind, etwa weil Wahlbewerber im ländlichen Raum ortsgebundene oder thematische Schwerpunkte setzen wollen, muss vorliegend nicht entschieden werden.

21

(3) Eine Beschränkung der Wahlsichtwerbung über diesen Maßstab hinaus fordert von der Gemeinde eine Ermessensbetätigung unter umfangreicher Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls. So liegt es beispielsweise nahe, unter dem Blickwinkel der Werbewirksamkeit und Reichweite einer Wahlsichtwerbung durch Plakate Fläche und Bevölkerungsdichte in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen (OVG Greifswald, Beschl. v. 23.08.2011 – 1 M 145/11 –, juris Rn. 26). Die Werbewirksamkeit eines Plakats steigt mit der Bevölkerungsdichte, so dass es gerechtfertigt erscheint, bei einer überdurchschnittlichen Bevölkerungsdichte zum Beispiel in Großstädten die Angemessenheit von Wahlwerbung bereits bei einer verhältnismäßig geringeren Anzahl von Plakaten anzunehmen.

22

Beschränkt die Gemeinde, was ihr grundsätzlich erlaubt ist (vgl. Sauthoff, Öffentliche Straßen, 2. Auflage, Rn. 375), wie hier die Wahlsichtwerbung auf gemeindliche Plakatflächen, muss sie berücksichtigen, dass die Werbewirksamkeit der auf Großplakatflächen angebrachten Plakate, die mehrere Parteien gemeinsam nutzen, eingeschränkt ist. Hier besteht die Gefahr, dass die Plakate der jeweiligen Partei in einer Flut anderer Wahlplakate untergehen (vgl. OVG Greifswald, Beschl. v. 24.08.2011 – 1 M 127/11 – (Eggesin), NordÖR 2012, 34 = juris Rn. 30). Diesen Umstand muss die Gemeinde zugunsten der wahlwerbenden Parteien berücksichtigen. Zudem muss sie die Sichtbarkeit der Plakatflächen für alle Verkehrsteilnehmer in ihre Entscheidung über den Umfang der eingeräumten Plakatplätze einstellen. Das gilt umso mehr, wenn die Plakattafeln wie vorliegend von beiden Seiten genutzt werden sollen. Es wird nur wenige Aufstellplätze geben, an denen Großplakatflächen beidseitig gut wahrnehmbar und wirksam sind.

23

Beruft sich die Gemeinde nach Anzahl und Umfang der eingegangenen bzw. noch zu erwartenden Anträge auf Sondernutzungserlaubnisse auf eine Erschöpfung der Kapazität an für die Wahlwerbung geeigneten Flächen und Trägern (Lichtmasten), muss sie deren potentielle Anzahl nachvollziehbar ermitteln und unter Beachtung des Mindestmaßes für kleine Parteien im Sinne von § 5 Abs. 1 Satz 2 PartG nach dem Grundsatz der abgestuften Chancengleichheit verteilen (vgl. dazu OVG Greifswald, Beschl. v. 24.08.2011 – 1 M 127/11 –, juris Rn. 17).

24

Die Gemeinde hat ferner zugunsten der Wahlbewerber in seine Entscheidung einzustellen, wenn an einem Wahltag mehrere Wahlen stattfinden, an denen diese teilnehmen; einer schematischen Vervielfältigung bedarf es jedoch nicht.

25

bb) Diesen Maßgaben wird die Ermessensbetätigung des Beklagten im durch den Bescheid vom 25. August 2011 geänderten Bescheid vom 15. Juli 2011 nicht gerecht. Das gilt auch in Ansehung der vom Beklagten im gerichtlichen Verfahren durch die Bezugnahme auf die Begründung des Widerspruchsbescheides vom 7. September 2011 und darüber hinaus ergänzten Ermessenserwägungen.

26

Soweit sich der Beklagte für seine geänderte Entscheidung ohne weitere Erwägungen auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts vom 23. August 2011 – 1 M 145/11 – berufen hat, hat er verkannt, dass der Senat in diesem Beschluss nicht in unzulässiger Weise sein gerichtliches Ermessen an die Stelle des gemeindlichen Ermessens des Beklagten gesetzt, sondern nach summarischer Prüfung des geltend gemachten Anspruchs eine vorläufige Regelung im einstweiligen Anordnungsverfahren getroffen hat. Zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes ist diese unter teilweiser Vorwegnahme der Hauptsache erfolgt. Eine Betätigung des dem Beklagten selbst eingeräumten Ermessens lag darin nicht.

27

Die vom Beklagten darüber hinaus angeführten Gründe entsprechen in Teilen nicht dem Zweck der Ermächtigung, sondern beinhalten sachfremde Erwägungen. So gibt es keinen allgemeinen Erfahrungssatz, dass das Anbringen von Werbeplakaten an Lichtmasten generell die Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs beeinträchtigt. Eine Gemeinde darf die Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen deshalb nicht mit der Begründung ablehnen, dass Wahlplakate überhaupt nicht von Fahrzeuginsassen gesehen werden sollten. Keinen straßenrechtlichen Bezug hat die Erwägung des Beklagten, dass die Beschränkung der Plakatierungsmöglichkeiten der Abfallvermeidung diene. Der Verschmutzung des Straßenraums durch herabfallende Wahlplakate kann durch Nebenbestimmungen zur Erlaubnis und ordnungsbehördlich begegnet werden. Soweit der Beklagte darauf abstellt, dass Wahlsichtwerbung durch das Aufkommen von Sozialen Medien an Bedeutung verloren hat, verkennt er, dass es in erster Linie Sache der Parteien ist, die Art und den Stil ihrer Wahlpropaganda zu bestimmen (OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, juris Rn. 6). Ob schließlich andere Parteien Selbstbeschränkungsvereinbarungen getroffen oder das ihnen erlaubte Kontingent an Wahlplakaten ausgeschöpft haben, ist für den Anspruch des Klägers rechtlich ohne Belang.

28

Nach alledem lässt sich nicht feststellen, dass dem Kläger im Zeitpunkt der Erledigung der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für das Anbringen von weiteren 69 Wahlplakaten zustand. Es stand im Ermessen des Beklagten, Art und Umfang einer angemessenen Wahlsichtwerbung im Gemeindegebiet näher auszugestalten. Dieses Ermessen wurde nicht dem Zweck der Ermächtigung entsprechend ausgeübt. Der Anspruch des Klägers gegen den Beklagten beschränkte sich deshalb darauf, eine Neubescheidung seines Antrags verlangen zu können. Diese Feststellung war unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen auszusprechen.

29

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Vollstreckbarkeitsentscheidung beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 709 Satz 1 ZPO. Es liegen keine Gründe für eine Zulassung der Revision (§ 132 Abs. 2 VwGO) vor.

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Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Antragsgegner unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 29. Juli 2011 – 6 B 726/11 – zu Ziffer 1. des Tenors im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller bis zum 25. August 2011, 12.00 Uhr, eine Sondernutzungserlaubnis für die Anbringung weiterer 28 Plakate im Format DIN A1 zu erteilen und ihm mindestens 14 zusätzliche Aufstellorte zu benennen, an denen der Antragsteller diese Wahlwerbungsplakate anbringen darf.

Dem Antragsgegner wird dabei freigestellt, ob er seinerseits die erforderlichen Plakatflächen – für Einzelplakate oder für mehrere Plakate, auch von anderen Parteien – aufstellt oder dem Antragsteller erlaubt, eigene Plakatflächen zu verwenden.

Soweit dem Antragsteller erlaubt wird, eigene Plakatflächen zu verwenden, darf der Antragsgegner die Sondernutzungserlaubnis mit der Auflage versehen, dass der Antragsteller die betreffende Plakatwerbung innerhalb von zwei Wochen nach dem Wahltag aus dem öffentlichen Verkehrsraum zu entfernen hat.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten werden insgesamt gegeneinander aufgehoben.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten im Zusammenhang mit dem Wahlkampf im Vorfeld der Landtags- und Kreistagswahlen am 04. September 2011 um einen Anspruch des Antragstellers auf Erteilung einer – weiteren – Sondernutzungserlaubnis für das Anbringen von 97 Plakattafeln in einem Format von DIN A1 im Stadtgebiet von Wolgast.

2

Mit Schriftsatz vom 13. Juli 2011 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner, ihm „über die erlaubten vier Plakate die Anbringung weiterer 115 Plakate zu erlauben“. Mit Bescheid vom 15. Juli 2011 erteilte der Antragsgegner dem Antragsteller auf der Grundlage einer entsprechenden Beschlusslage der Stadtvertretung sinngemäß eine Sondernutzungserlaubnis für die Anbringung von jeweils zwei Plakaten im Format DIN A1 an 11 Standorten, für die die Stadt Wolgast Plakattafeln bereit gestellt hat, die in gleicher Weise allen anderen Parteien oder Wählervereinigungen zur Verfügung stehen. An diesen Standorten sind in zehn Fällen jeweils zwei Plakattafeln, in einem Fall eine einzelne Tafel vorhanden. Die Tafeln können auf Vorder- und Rückseite jeweils mit sechs Plakaten im Format DIN A1 beklebt werden. Im Übrigen lehnte der Antragsgegner sinngemäß den „Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zum Anbringen von 119 Wahlplakaten“ ab.

3

Den daraufhin vom Antragsteller gestellten Antrag, den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm für den Landtags- und Kreistagswahlkampf Mecklenburg-Vorpommern 2011 über die erteilte Sondernutzungserlaubnis hinaus das Anbringen von weiteren 97 Plakattafeln in einem Format von DIN A1 im Stadtgebiet von Wolgast zu erlauben, hilfsweise den Antragsteller neu zu bescheiden, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 29. Juli 2011 – 6 B 726/11 – abgelehnt.

II.

4

Die fristgemäß eingelegte und begründete (§§ 147 Abs. 1 Satz 1, 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) Beschwerde des Antragsstellers gegen diesen Beschluss hat nach Maßgabe des Tenors teilweise Erfolg und ist im Übrigen zurückzuweisen.

5

§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO bestimmt, dass die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen ist. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. In Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt. Wie sich aus § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO ergibt, können nur solche Gründe in die Prüfung einbezogen werden, die der Beschwerdeführer innerhalb der einmonatigen gesetzlichen Begründungsfrist vorbringt. Nach Ablauf dieser Frist können zwar fristgerecht – dem Darlegungserfordernis genügend – geltend gemachte Gründe vertieft, nicht aber neue Gründe in das Beschwerdeverfahren eingeführt werden.

6

Die Beschwerde ist im Hauptantrag teilweise begründet. Der Antragsteller macht mit seiner Beschwerde, deren Begründung dem Darlegungserfordernis genügt, teilweise zu Recht geltend, dass ihm nach dem Prüfungsmaßstab des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ein Anordnungsanspruch zur Seite steht, der ihm nach Maßgabe der nachfolgenden Erwägungen das Recht zur Aufstellung bzw. Anbringung weiterer 28 Plakate im Format DIN A1 bzw. einen Anspruch auf vorläufige Erteilung einer entsprechenden Sondernutzungserlaubnis einräumt. Der darüber hinaus vom Antragsteller geltend gemachte Anspruch besteht jedoch nicht, insoweit und im Hilfsantrag ist die Beschwerde unbegründet.

7

Nach § 123 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Maßgebend hierfür sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.

8

Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Er beabsichtigt die Anbringung weiterer Plakattafeln für die am 04. September 2011 stattfindenden Landtags- und Kreistagswahlen. Sein Begehren ist daher eilbedürftig.

9

Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung stünde insoweit auch nicht entgegen, dass mit einer antragsgemäßen Entscheidung die Hauptsacheentscheidung vorweggenommen würde. Das Verbot der Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache gilt dann nicht, wenn die Versagung der Anordnung zu einem irreparablen Zustand führte und effektiver Rechtsschutz deshalb nur im Anordnungsverfahren gewährt werden kann. Dies ist bei einem Verfahren, in dem eine politische Partei unmittelbar vor einer Wahl die Verbesserung ihrer Werbemöglichkeiten erstrebt, wegen des drohenden Zeitablaufs regelmäßig der Fall. Diese Voraussetzungen sind auch hier zu bejahen, da der Antragsteller vor dem Wahltag eine Entscheidung in der Hauptsache nicht erhalten kann und im Hinblick auf die bereits laufende „heiße“ Wahlkampfphase über den geltend gemachten Anspruch zu entscheiden ist.

10

Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch nach Maßgabe des stattgebenden Tenors glaubhaft gemacht.

11

Das ortsfeste Aufstellen oder Aufhängen von Wahlplakaten im öffentlichen Straßenraum stellt eine erlaubnispflichtige Sondernutzung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 StrWG M-V bzw. § 2 der Satzung über die Sondernutzung an öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen in der Stadt Wolgast vom 23. November 2001 (www.wolgast.de unter Ortsrecht, Ordnungsamt) dar.

12

Die Benutzung der öffentlichen Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) bedarf danach der Erlaubnis des Trägers der Straßenbaulast. Die Erlaubnis darf, soweit es sich nicht um Zufahrten im Sinne des § 26 handelt, die der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung dienen, nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt werden. Für die Erlaubnis können Bedingungen und Auflagen festgesetzt werden (§ 22 Abs. 1 Satz 2 StrWG M-V).

13

Der Träger der Straßenbaulast befindet über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nach pflichtgemäßem Ermessen, welches gerichtlich nur in den Grenzen des § 114 VwGO überprüft werden kann. Ein strikter, im Wege der einstweiligen Anordnung in Gestalt der Regelungsanordnung durchzusetzender Rechtsanspruch kommt nur bei einer Ermessensreduzierung auf Null zugunsten des Antragstellers in Betracht. Es ist allgemein anerkannt, dass für die Zeit des Wahlkampfes – jedenfalls in den letzten sechs Wochen vor dem festgesetzten Wahltermin – den zur Wahl zugelassenen Parteien und Gruppierungen aufgrund der Bedeutung der Wahlen in einem demokratischen Staat ein Anspruch darauf zusteht, in angemessener Weise Wahlsichtwerbung im Straßenraum zu betreiben. Dadurch wird in der Regel das Ermessen des Antragsgegners dahingehend eingeschränkt, dass entsprechende Sondernutzungserlaubnisse zu erteilen sind.

14

Bundesverfassungsrecht gibt nämlich – jedenfalls für den Regelfall – einen Anspruch, der darauf gerichtet ist, eine Wahlsichtwerbung auf öffentlichen Straßen zu ermöglichen.

15

Die Bedeutung von Wahlen für einen demokratischen Staat (vgl. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 und Art. 38 Abs. 1 GG) und die Bedeutung der Parteien für solche Wahlen, wie sie sich aus Art. 21 GG und den §§ 1 f. PartG ergibt, schränken das behördliche Ermessen bei der Entscheidung über die Erlaubnis zum Aufstellen von Wahlplakaten durch Parteien in so erheblichem Umfang ein, dass jedenfalls für den Regelfall – in den nachfolgend dargestellten Grenzen – ein Anspruch einer Partei auf Erlaubnis besteht. Die Sichtwerbung für Wahlen gehört auch aktuell noch zu den Mitteln im Wahlkampf der politischen Parteien und stellt weiterhin einen wichtigen Bestandteil der Vorbereitung demokratischer Wahlen dar, auch wenn ihre Bedeutung insbesondere mit Blick auf die Entwicklung der elektronischen Medien und moderne Kommunikationsformen in den letzten Jahren zurückgegangen sein dürfte. Die Wahlsichtwerbung als gewissermaßen selbstverständliches Wahlkampfmittel darf daher durch gänzliche oder auch nur weitgehende Verweigerung vorgesehener Erlaubnisse grundsätzlich nicht beschnitten werden. Bundesrecht gibt demnach zumindest dem Grunde nach einen Anspruch auf Gestattung der Wahlsichtwerbung durch Parteien (vgl. zum Ganzen grundlegend BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, BVerwGE 47, 280, und – VII C 43.72 –, BVerwGE 47, 293).

16

Dieser Anspruch besteht jedoch nicht unbeschränkt. Es ist in der Rechtsprechung ebenfalls anerkannt, dass die Gemeinde berechtigt ist, die Zahl der Werbeplakate im Stadtgebiet zu beschränken (kritisch dazu Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 27 ff.) und auch bestimmte Standorte – etwa aus Gründen der Verkehrssicherung – auszunehmen. Gleichfalls ist die Gemeinde berechtigt, dafür zu sorgen, dass eine wochenlange Verschandelung und Verschmutzung des Ortsbildes durch so genanntes "wildes Plakatieren" verhindert wird. Der Anspruch auf Gestattung einer Wahlsichtwerbung wird weiter dadurch beschränkt, dass er lediglich auf eine Werbung in einem Umfang gerichtet ist, der für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendig und angemessen ist. Ebenso wenig wie Rundfunk- und Fernsehanstalten verpflichtet sind, Sendezeiten für Wahlsendungen von Parteien unbegrenzt oder in dem von den Parteien für erforderlich gehaltenen Umfang bereitzustellen, braucht eine Gemeinde den Wünschen der Parteien auf Wahlsichtwerbung unbeschränkt Rechnung zu tragen. Der Anspruch der Parteien richtet sich auf eine angemessene Wahlsichtwerbung, ist aber auch auf eine solche beschränkt. In welcher Weise die Gemeinden dem verfassungsrechtlichen Gebot auf Einräumung von Stellplätzen in einem für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendigen und angemessenen Umfang Rechnung tragen, ist ihre Sache. Die Gemeinden sind dabei nur insofern eingeengt, als jedenfalls im Ergebnis jeweils angemessene Wahlwerbemöglichkeiten sichergestellt sein müssen, der allgemein in Art. 3 GG sowie speziell für Wahlen und Parteien in Art. 28 Abs. 1 Satz 2, Art. 38 Abs. 1 GG und in § 5 PartG niedergelegte Gleichheitssatz beachtet und schließlich sonstigen sich aus Bundesverfassungsrecht ergebenden Rechtsgrundsätzen, wie insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, Rechnung getragen sein muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.).

17

Die verfassungspolitische Unerwünschtheit von Splittergruppen und die Befugnis des Gesetzgebers, der Gefahr einer übermäßigen Aufsplitterung der Stimmen und Parteien bereits bei der Wahl und durch Aufnahme – jedenfalls bei der Landtagswahl – angemessener Sperrklauseln entgegenzuwirken, gibt dabei keine Rechtfertigung, die ohnehin nicht allzu optimistisch zu beurteilende Chance neuer und kleiner Parteien, ein Mandat zu erringen, im Vorfeld, also bei der Wahlvorbereitung und insbesondere der Wahlwerbung, zusätzlich zu reduzieren. Dies gilt vor allem für eine Wahlwerbung, die – wie die Plakatwerbung – verhältnismäßig billig, also auch für kleine und finanzschwache Parteien erschwinglich ist, aber einen nicht unerheblichen personellen Einsatz erfordert. Um die bestehenden Verhältnisse nicht durch die Beschränkung der Wahlwerbungsmöglichkeiten zu verfestigen, sind den einzelnen Parteien und Wählergruppen mindestens 5% der Gesamtzahl der Plakatierungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus kann sich die Verteilung nach dem Grundsatz der abgestuften Chancengleichheit des § 5 Abs. 1 Satz 2 PartG an der Bedeutung der Partei, insbesondere an deren letzten Wahlergebnissen bemessen. Jedoch ist kleineren Parteien und Wählergruppen im Verhältnis zu den großen Parteien grundsätzlich eine überproportionale, großzügig bemessene Mindestzahl an Plakatstellplätzen zuzuerkennen, während diese Zahl bei den großen Parteien entsprechend zu kürzen ist, damit diese nicht schon durch die bloße Menge der Plakate der großen Parteien ohne Wirkung bleiben. Die zulässige Grenze ist dabei überschritten, wenn der größten Partei mehr als etwa das Vier- bis Fünffache an Stellplätzen eingeräumt wird als der kleinsten Partei (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.). Nach anderer Auffassung sollen allerdings die hinsichtlich der Wahlwerbesendungen im Rundfunk entwickelten Grundsätze auf die Wahlsichtwerbung auf öffentlichen Straßen und Plätzen nicht übertragbar sein, es sei verfassungsrechtlich nicht geboten, den Parteien zum Zwecke der Wahrung staatlicher Wettbewerbsneutralität eine nach Maßgabe der Bedeutung der Parteien abgestufte Zahl von Stellplätzen zuzuweisen (vgl. Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 28).

18

Was als Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung zu sehen ist, lässt sich nicht abstrakt beantworten. Es hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab, unter welchen Voraussetzungen den Parteien jeweils eine nach Umfang (Zahl der Stellplätze) und Aufstellungsort (Werbewirksamkeit des Anbringungsortes) angemessene Werbemöglichkeit eingeräumt wird, um ihnen wirksame Wahlpropaganda zu ermöglichen. Insoweit ist auch nach der Art der Wahl, der Größe der Gemeinde und danach zu differenzieren, wie groß die Zahl der Parteien und Wählervereinigungen ist, die an der Wahl teilnehmen. Die Werbewirksamkeit eines Aufstellungsortes wird dabei durch eine Vielzahl von Parametern bestimmt, wie z. B. die Beschaffenheit seines näheren Umfeldes etwa im Hinblick auf sonstige Werbung. Die Rechtmäßigkeit der Beschränkung der Plakatierungsmöglichkeiten beurteilt sich demgemäß danach, ob im Hinblick auf die Anzahl der an der Wahl teilnehmenden Parteien und Wählergruppen eine ausreichende Anzahl von Plakatierungsmöglichkeiten insgesamt zugelassen wird, sowie danach, ob die Gesamtzahl der Plakatierungen in einem angemessenen Verhältnis auf die einzelnen Parteien und Wählergruppen verteilt worden ist (vgl. VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.).

19

Die Plakatierungsmöglichkeiten müssen hinreichend dicht sein, um den Parteien und Wählergruppen "gewissermaßen flächendeckend" Wahlwerbung im gesamten Gemeindegebiet zu ermöglichen und den nötigen Raum zur Selbstdarstellung zu geben (VG Saarlouis, Beschl. v. 12.02.2001 – 2 F 14/01 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 18.08.2009 – 14 L 842/09 –, juris; VG Aachen, Beschl. v. 01.12.2006 – 6 L 628/06 –, juris; VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris; Sauthoff, in: Sauthoff/Witting, StrWG M-V, Stand: Oktober 2010, § 22 Rn. 24).

20

Das Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung wird in der Rechtsprechung teilweise dahingehend konkretisiert, dass die nötige Selbstdarstellung jedenfalls dann noch gewährleistet sein soll, wenn jede Partei rechnerisch in „jedem Wahlbezirk“ mindestens eine Möglichkeit zur Wahlsichtwerbung besitze. Erforderlich, aber auch ausreichend sei es, wenn – jedenfalls in Großstädten – ein Aufstellungsort für je 100 Einwohner (für alle Parteien) zur Verfügung stehe (vgl. VG Aachen, Beschl. v. 01.12.2006 – 6 L 628/06 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 02.09.1998 – 14 L 2689/98 –, NWVBl 99, 106 ff.; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O.). Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Antragsteller an zwei Wahlen teilnimmt, sowie der Mindestquote von 5 % der bereitgestellten Plätze für kleine Parteien hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass der Antragsgegner dem Antragsteller nach diesem Maßstab ausgehend von einer Einwohnerzahl von ca. 12.000 mit 22 Plakatierungsmöglichkeiten gemäß dem Konzept des Antragsgegners ausreichend Werbeflächen zur Verfügung gestellt hätte und dann kein weitergehender Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis bestünde.

21

Demgegenüber wird – worauf sich der Antragsteller beruft – jedoch auch vertreten, dass jeder kandidierenden politischen Partei ein Aufstellungsort für je 100 Einwohner zur Verfügung stehen müsse (vgl. VG Gießen, Beschl. v. 27.02.2001 – 8 G 335/01 –, NVwZ-RR 2001, 417 – zitiert nach juris). Legte man diesen Maßstab zugrunde, hätte der Antragsteller jedenfalls einen Anordnungsanspruch im Umfang der von ihm zusätzlich beanspruchten 97 Plakatierungsmöglichkeiten.

22

Noch weitergehender wird in der Literatur der Standpunkt eingenommen, solange mit der Sichtwerbung keine Gefahren für andere Rechtsgüter einhergingen, sei es nicht Aufgabe der öffentlichen Hand, die Aufstellung von Plakatständern zu Gunsten oder zu Lasten einzelner Parteien zu reglementieren (vgl. Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 28 f.; vgl. ähnlich OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 – zitiert nach juris).

23

Das Verwaltungsgericht hat schließlich zutreffend darauf hingewiesen, dass auch gerichtliche Entscheidungen vorliegen, denen Aufstellungsort/Einwohnerzahlquoten zugrunde lagen, die zwischen den vorstehend genannten Eckpunkten liegen (vgl. auch OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 , das eine Quote von einem Plakat pro 50 Einwohner verwirft, weil für die entsprechende rechnerische Ableitung keine tragfähigen Sachgründe benannt worden seien).

24

Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass die gerichtliche Überprüfung, ob das erforderliche Mindestmaß an Wahlwerbemöglichkeiten für die Parteien gewahrt ist, nicht auf die Betrachtung von Quoten im vorstehenden Sinne reduziert werden darf, sondern die Umstände des Einzelfalles umfassend – nach Maßgabe des Prüfungsmaßstabes des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens – in den Blick zu nehmen hat (vgl. VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris). Dabei sind auch veränderte Rahmenbedingungen, etwa eine Änderung des Kommunalwahlrechts durch Wegfall von Sperrklauseln, neuartige Möglichkeiten der Werbung (z. B. Internet) oder Erscheinungen wie eine vielfach beklagte „Reizüberflutung“ zu beachten. Nach diesen Umständen des Einzelfalles ist zu beurteilen, ob jeweils ein nach Umfang (Zahl der Stellplätze) und Aufstellungsort (Werbewirksamkeit des Anbringungsortes) angemessenes Mindestmaß an Werbemöglichkeit eingeräumt ist bzw. eine wirksame Wahlpropaganda ermöglicht wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., Rn. 13, 22); diese materiellen Anforderungen bilden den maßgeblichen materiellen Maßstab. Die Betrachtung von Quoten im vorstehenden Sinne stellt sich lediglich als ein beachtliches, auf diesen materiellen Maßstab bezogenes Kriterium der erforderlichen Gesamtbetrachtung dar.

25

Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Antragsteller an zwei Wahlen teilnimmt, die zeitgleich stattfinden. Der Senat folgt dem Ansatz des Verwaltungsgerichts, dass dem Antragsteller für beide Wahlen angemessene Wahlwerbemöglichkeiten eingeräumt werden müssen. Demnach ist davon auszugehen, dass von den dem Antragsteller nach dem Konzept des Antragsgegners zugebilligten 22 Plakatierungsmöglichkeiten jeweils die eine Hälfte auf die Landtagswahl, die andere Hälfte auf die Kreistagswahl entfällt. Pro Wahl darf der Antragsteller folglich nur 11 Plakate im Format DIN A 1 anbringen. Diese Zahl ist im Ergebnis der folgenden Gesamtbetrachtung zu niedrig und gewährleistet nicht das erforderliche Mindestmaß an Wahlsichtwerbung. Die entsprechende Beschränkung der Wahlsichtwerbung durch den Antragsgegner ist ermessensfehlerhaft, seine Ermessensausübung steht im Widerspruch zum Zweck des ihm durch das Gesetz eingeräumten Ermessens und berücksichtigt nicht die nach Lage der Dinge in seine Ermessensausübung einzustellenden Belange.

26

Unter dem Blickwinkel der Werbewirksamkeit und Reichweite einer Wahlsichtwerbung durch Plakate liegt es nahe, die Fläche und Bevölkerungsdichte in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen. Dafür spricht auch die Überlegung, dass das Wahlwerbungskonzept des Antragsgegners weniger auf einen Einwohnerbezug bzw. eine Relation zur Zahl der Einwohner der Stadt Wolgast gründet, sondern einem eher flächenbezogenen Ansatz der Verteilung der gemeindeeigenen Plakattafeln im Stadtgebiet folgt. Es liegt auf der Hand, dass der Werbeeffekt umso größer ist, je höher die Wahrscheinlichkeit ist, dass Personen die Werbung zur Kenntnis nehmen werden. Diese Wahrscheinlichkeit hängt auch von der Bevölkerungsdichte des Gebietes ab, in dem die Wahlsichtwerbung erfolgt. Ausgehend von einer flächenmäßigen Ausdehnung der Stadt Wolgast von 19,2 km² (nach http://sisonline.statistik.m-v.de/orte/2291/Wolgast_Stadt; vgl. auch wikipedia) stünde demnach – losgelöst von den von der Stadt vorgegebenen Aufstellungsorten – pro Wahl noch nicht einmal auf einem km² ein Plakat des Antragstellers (Quote: 1 Plakat auf 1,75 km²). Dieser Gesichtspunkt gewinnt an Gewicht, betrachtet man die Bevölkerungsdichte von Wolgast, die ausgehend von 11.970 Einwohnern (vgl. http://sisonline.statistik.m-v.de/orte/2291/Wolgast_Stadt, Stand: 31.12.2009) 623 Einwohner je km² beträgt. Denn demgegenüber beträgt z. B. die Bevölkerungsdichte von Bochum – die Zahl der Aufstellorte in der Stadt Bochum zur Landtagswahl 1970 im Stadtgebiet Bochum war Gegenstand des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Dezember 1974, Az. VII C 43.72 (a. a. O.) – ähnlich wie im Jahr 1970 im Jahr 2009 2.532 je km² (Quelle: www.bochum.de), also mehr als das Vierfache. Mit anderen Worten hatte dort ein Wahlplakat pro km² bezogen auf die Zahl möglicher Adressaten grob gesagt die vierfache Reichweite bzw. Werbewirksamkeit wie in Wolgast. Ob und wie Fläche und Bevölkerungsdichte bei Betrachtung ländlicher Gemeinden in die Betrachtung einzugehen haben, bedarf vorliegend keiner Vertiefung; jedoch dürften insoweit grundsätzlich im Wesentlichen die jeweiligen Orte mit der entsprechenden bebauten Fläche zu berücksichtigen sein, ggf. auch die Zahl der Ortsteile oder besondere Eigenheiten der Ortsstruktur.

27

Dennoch hatte das Bundesverwaltungsgericht in der damals entschiedenen Sache die Auffassung der Vorinstanz bestätigt, dass die Zahl von 4.140 Werbeflächen insgesamt und von 295 Werbeflächen für die damals klagende Partei nicht ausreichend gewesen sei, obwohl bei einer Fläche von 145,40 km² im Jahr 2009 (Quelle: www.bochum.de) etwa 28 Werbeflächen pro km² für alle Parteien bzw. bei sechs zugelassenen Parteien rechnerisch für jede 4 bis 5 Flächen zur Verfügung gestanden hätten. Der damals klagenden Partei waren von der Behörde insoweit immerhin etwa 2 Flächen pro km² zugebilligt worden, also das drei- bis vierfache dessen, was dem Antragsteller eingeräumt worden ist.

28

Im Hinblick auf die Gesamtzahl der vom Antragsgegner zur Verfügung gestellten Plakatwände hat dieser bestätigt, dass an 10 Standorten 24 Plakate und an einem Standort 12 Plakate im Format DIN A1 (maximal) geklebt werden können. Da der Antragsgegner damit rechnen muss, dass die nach seinem Konzept maximal zulässige Plakatgröße DIN A1 von allen Parteien oder Wählervereinigungen ausgenutzt wird, errechnet sich eine Gesamtzahl von 252 Werbeflächen bzw. von rund 13 Werbeflächen pro km² für alle Parteien. Berücksichtigt man weiter den Umstand, dass jedenfalls zwei Wahlen stattfinden, an denen der Antragsteller teilnimmt, reduziert sich diese Zahl wahlbezogen entsprechend. Das bedeutet, dass in Wolgast im Vergleich zu der damaligen Situation in Bochum gerade ein Viertel der dortigen Zahl an Werbeflächen zur Verfügung steht und gleichzeitig – wie ausgeführt – bezogen auf die Bevölkerungsdichte die Reichweite bzw. Werbewirksamkeit der einzelnen Werbefläche in ähnlicher Weise reduziert ist.

29

Dieser Sachverhalt wird durch folgenden Gesichtspunkt noch verschärft: Hinsichtlich der Zahl der durch Werbeflächen erreichten Personen/Wähler liegt es auf der Hand, dass es einen Unterschied macht, ob die 252 Werbeflächen z. B. an einem einzigen Ort konzentriert oder auf 252 Einzelstandorte über das Stadtgebiet verteilt werden. Dies gilt entsprechend für die einer Partei zugebilligten Werbeflächen. Im ersten Fall kann offensichtlich nicht von einer flächendeckenden Wahlwerbung gesprochen werden. In der Tendenz ist ungeachtet der Relevanz anderer Faktoren insoweit die Aussage zulässig, dass die Reichweite bzw. Wirksamkeit einer Wahlwerbung durch Plakate sinkt, je stärker die Werbeflächen standortbezogen konzentriert werden. Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, dass eine entsprechende Standortkonzentration einen gezielt gegen einzelne oder alle Parteien gerichteten Vandalismus, wie er in den letzten Jahren zu verzeichnen ist, faktisch erleichtern kann. Insbesondere kleineren Parteien mit vergleichsweise eingeschränkten Mitteln dürfte es in einer solchen Situation schwer fallen, immer wieder nachzuplakatieren. Umso größer wird die Gefahr, dass sie mit ihrer Wahlwerbung nahezu vollständig untergehen.

30

Nimmt man im Weiteren die Aufstellorte der von der Stadt angebotenen Plakatwände in den Blick, verteilen sich diese eher ungleichmäßig über das Stadtgebiet; größere Flächen des Stadtgebiets bleiben einer Wahlwerbung durch den Antragsteller – und andere Parteien – verschlossen.

31

Eine Zahl von nur 11 Plakatstandorten dürfte auch zwischen den zahlreichen sonstigen, insbesondere gewerblichen Werbeflächen „untergehen“. Schon auf den vom Antragsgegner zur Verfügung gestellten Lichtbildern der Plakatständer sind eine Vielzahl anderweitiger Plakatierungen und Werbeträger – insbesondere auch an Laternenmasten – selbst im nächsten Umfeld der betreffenden Plakatwände erkennbar, die offensichtlich geeignet sind, von der Wahlwerbung abzulenken.

32

Da neben den Plakaten des Antragstellers auf den von der Stadt angebotenen Plakatwänden auch zahlreiche Plakate anderer Parteien bzw. der Kandidaten für die Landratswahl zu erwarten sind, dürfte es den Passanten und insbesondere solchen in vorbeifahrenden PKW kaum möglich sein, die Vielzahl der Plakate und der in ihnen enthaltenen Aussagen insbesondere bezogen auf die drei Wahlen differenziert zur Kenntnis zu nehmen. Auch dies dürfte den Effekt haben, dass die Wahlwerbung insbesondere des Antragstellers unterzugehen droht.

33

Schließlich gewinnt der Umstand Bedeutung, dass die Gesamtzahl der vom Antragsgegner zur Verfügung gestellten Plakatierungsmöglichkeiten seinem eigenen Konzept nicht gerecht werden dürfte, demzufolge jede Partei oder Wählervereinigung maximal zwei Plakate pro Standort anbringen können soll bei einer maximalen Größe von DIN A1. Der Antragsgegner muss damit rechnen, dass die maximale Plakatgröße von allen Parteien oder Wählervereinigungen ausgenutzt wird. Demnach könnten pro Doppelplakattafel 24 Plakate angebracht werden. Am 04. September 2011 treten aber bei der Landtagswahl 16 und bei der Kreistagswahl 10 Parteien bzw. Wählervereinigungen an. Wenn alle diese Parteien bzw. Wählervereinigungen entsprechend zwei Plakatflächen pro Standort in Anspruch nehmen wollten, wären die angebotenen Plakatwände offensichtlich bei weitem nicht ausreichend; selbst wenn jede Partei hinsichtlich der Wahl, an der sie teilnimmt, lediglich ein Plakat im Format DIN A1 aufhängen wollte, würden 26 Plakatflächen benötigt und die aufgestellten Plakattafeln nicht ausreichend sein. Dies gilt in gesteigertem Maße, wenn die für die Direktwahl des Landesrats bzw. der Landrätin antretenden vier Einzelbewerber/innen berücksichtigt werden, die den gleichen Anspruch haben dürften. Demnach dürfte unter diesem Blickwinkel schon nach dem eigenen Konzept des Antragsgegners für die Wahlen am 04. September 2011 keine ausreichende Gesamtanzahl an Werbeflächen vorhanden sein.

34

Jedenfalls in der Summe vermitteln diese Gesichtspunkte dem Senat nach summarischer Prüfung den Eindruck, dass die Gesamtzahl bzw. die Zahl der dem Antragsteller erlaubten Wahlplakate keine flächendeckende bzw. angemessene Werbewirkung entfalten kann. Der Vortrag des Antragsgegners, es handele sich bei den Plakatstandorten um mit Parteivertretern abgestimmte, „prädestinierte“ Standorte, kann diesen Eindruck nicht durchgreifend in Frage stellen.

35

Weder dem Bescheid des Antragsgegners noch dem Schreiben des Amtes Amt Peenestrom vom 11. April 2011 lassen sich zudem substantiell konkrete Gesichtspunkte im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entnehmen, die mit Blick auf den dem Grunde nach bestehenden Regelanspruch auf Zulassung der Sichtwerbung hinreichend geeignet wären, ermessensfehlerfrei zum einen die Beschränkung auf 11 vorgegebene Plakatstandorte bzw. 22 Plakate im Format DIN A1 zu rechtfertigen und zum anderen eine weitergehende Plakatierung auszuschließen. Die dortigen Ausführungen zur Motivation der Wahlwerbungsbeschränkung erschöpfen sich in pauschalen Befürchtungen betreffend eine „wochen- und monatelange ausgeuferte und verwilderte Plakatwerbung“ und eine „massive Überfrachtung des öffentlichen Verkehrsraumes“, die insbesondere für „benachteiligte Verkehrsteilnehmer wie Schüler und Senioren erhebliche Gefahren“ bewirke. Ebenso pauschal ist der Hinweis auf eine Beeinträchtigung des Denkmalschutzes im Stadtgebiet. Das gerichtliche Vorbringen des Antragsgegners wiederholt im Wesentlichen lediglich diese Ausführungen; soweit ergänzend eine Beeinträchtigung des Tourismus und des „Kleinstadtflairs“ angesprochen ist, gilt das Vorgesagte. Mit alledem sind keine tragfähigen Sachgründe benannt worden, die es rechtfertigen bzw. als ermessensfehlerfreie Entscheidung erscheinen lassen könnten, die Wahlwerbung des Antragstellers wie geschehen zu beschneiden (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 – zitiert nach juris).

36

Zu beachten ist zudem, dass der Antragsteller geltend macht, die Plakatwerbung sei gewissermaßen das „Werbemittel seiner Wahl“. Insoweit würde ihn die Werbebeschränkung des Antragsgegners in besonderer Weise treffen. Dass es sich insoweit um einen beachtlichen Gesichtspunkt handelt, hat bereits das Bundesverwaltungsgericht deutlich gemacht. Generell ist davon auszugehen, dass es in erster Linie Sache der Parteien ist, die Art und den Stil ihrer Wahlpropaganda zu bestimmen. Das beinhaltet, dass die Präferenzen, die einzelne Parteien in Bezug auf die Wahlsichtwerbung pflegen, in die Erwägungen über die Bildung einer Obergrenze einzustellen sind. Das Straßenrecht ist kein Instrument, um gezielt auf die Wahlkampfführung einzuwirken (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, a. a. O.).

37

Nach dem Prüfungsmaßstab des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist nach alledem davon auszugehen, dass die dem Antragsteller zur Verfügung gestellten Werbe- bzw. Plakatflächen nicht dem erforderlichen Mindestmaß für kleine Parteien entsprechen. Ab welcher Zahl von Plakatflächen dieses Mindestmaß bzw. eine angemessene Wahlsichtwerbung für den Antragsteller sichergestellt wäre, entzieht sich jedenfalls im Eilverfahren einer konkreten Bestimmung. Insoweit ist die Zahl der vom Antragsteller nutzbaren Plakatflächen bzw. Plakatstandorte maßvoll in dem Sinne zu erhöhen, dass eine flächendeckende Wahlwerbung möglich erscheint bzw. ein entsprechendes Mindestmaß an Werbewirkung erreicht wird; entsprechend ist das Ermessen des Antragsgegner reduziert. Nach Auffassung des Senats kann dieses Mindestmaß im Falle der Stadt Wolgast im Ergebnis der vorgenommenen Gesamtbetrachtung für Landtags- und Kommunalwahl mit insgesamt 50 Plakatflächen im Format DIN A1 bestimmt werden, die der Antragsteller beanspruchen kann. Diese Zahl wäre im Übrigen auch fast erreicht, würde man dem Antragsteller auf der Basis des Konzepts des Antragsgegners pro Wahl jeweils 22, also insgesamt 44 Plakate zubilligen. Zusätzlich zu den bereits sinngemäß genehmigten 22 Flächen kann der Antragsteller demzufolge weitere 28 Plakatflächen – dem Konzept des Antragsgegners, an einem Standort maximal 2 Plakate anbringen zu dürfen, folgend – an mindestens 14 Einzelstandorten und die Erteilung einer entsprechenden Sondernutzungserlaubnis beanspruchen; die Zahl der Standorte erhöht sich entsprechend, wenn der Antragsgegner an einzelnen Standorten nur die Anbringung eines einzelnen Plakats zulässt.

38

Die gerichtliche Zubilligung weiterer Plakatierungsmöglichkeiten zieht keine Verletzung der gebotenen Chancengleichheit anderer Parteien nach sich. Denn den konkurrierenden Parteien ist und war es unbenommen, ebenso wie der Antragsteller die Zulassung – über das vom Antragsgegner zugestandene Kontingent hinausgehend – zusätzlicher (eigener) Wahltafeln für ihre Kandidatinnen und Kandidaten zu beantragen. Dass sie dies offenbar bisher nicht getan haben, kann nicht den Anspruch des Antragstellers verkürzen (vgl. VG Saarlouis, Beschl. v. 12.02.2001 – 2 F 14/01 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 30.03.2010 – 14 L 295/2010 –, juris).

39

Da die Befugnis der Stadt Wolgast zu berücksichtigen ist, unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens Vorgaben hinsichtlich der Plakatstandorte machen zu dürfen, geht der Anspruch des Antragstellers dahin, dass der Antragsgegner ihm entsprechende Aufstellungsorte in der Sondernutzungserlaubnis benennt. Der Antragsgegner hat dabei den Anspruch des Antragstellers auf eine möglichst flächendeckende Wahlsichtwerbung in allen neun „Wahlbezirken“, wie sie unter www.wolgast.de (dort unter Rathaus/Wahlen/Weitere Informationen/Karte Wahlbereiche) dokumentiert sind, zu beachten und eine entsprechende Verteilung der Standorte vorzunehmen.

40

Dem Antragsgegner wird zudem freigestellt, ob er seinerseits die erforderlichen Plakatierungsflächen – für Einzelplakate oder für mehrere Plakate, auch von anderen Parteien – aufstellt oder dem Antragsteller erlaubt, eigene Plakatierungsflächen zu verwenden. Soweit dem Antragsteller erlaubt wird, eigene Plakatflächen zu verwenden bzw. aufzustellen, kann die Sondernutzungserlaubnis mit der Auflage versehen werden, die betreffende Plakatwerbung innerhalb von zwei Wochen nach dem Wahltag aus dem öffentlichen Verkehrsraum zu entfernen (vgl. Erlass „Lautsprecher und Plakatwerbung aus Anlass von Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern“ vom 17.08.1994 – V 690.55.1-1-4-7 –, AmtsBl. M-V 1994, S. 899).

41

Da bis zu den Wahlen nur kurze Zeit verbleibt, ist dem Antragsgegner für die Benennung der zusätzlichen Aufstellorte und die Erteilung der entsprechenden Sondernutzungserlaubnis die aus dem Tenor ersichtliche Frist zu setzen.

42

Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich zugleich, dass der weitergehende Hauptantrag des Antragstellers ebenso wie sein Hilfsantrag keinen Erfolg haben kann.

43

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.

44

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den § 52 Abs. 1 u. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 47 GKG und berücksichtigt den Umstand der Vorwegnahme der Hauptsache.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tatbestand

1

Die Klägerin ist ein europaweit agierendes Medienunternehmen. Die Beigeladenen sind Tochtergesellschaften der ProSiebenSat.1 Media AG (P7S1) und als private Veranstalter von bundesweit verbreiteten Fernsehprogrammen von der beklagten Landesmedienanstalt zugelassen. Gemeinsam mit zwei weiteren Fernsehveranstaltern, der Sat.1 Satelliten Fernsehen GmbH und der ProSieben Television GmbH, die ebenfalls Tochtergesellschaften der ProSiebenSat.1 Media AG sind, meldeten die Klägerin und die Beigeladenen mit Schreiben vom 8. August 2005 bei der Beklagten eine geplante mittelbare Veränderung von Beteiligungsverhältnissen an und beantragten, deren rundfunkrechtliche Unbedenklichkeit zu bestätigen. Gegenstand der im Verlauf des Verfahrens mehrfach modifizierten Anmeldung war das Vorhaben der Klägerin, sämtliche von der ProSiebenSat.1 Media AG Holding L.P. gehaltenen Anteile an der P7S1 käuflich zu erwerben und für die im Streubesitz befindlichen stimmrechtslosen Vorzugsaktien ein öffentliches Übernahmeangebot abzugeben. Nach Vollzug der beabsichtigten Beteiligungsveränderung hätte die Klägerin über 100 vom Hundert des stimmberechtigten Stammkapitals der ProSiebenSat.1 Media AG verfügt und wäre zu knapp 71 vom Hundert an deren Gesamtkapital beteiligt gewesen.

2

Die Beklagte legte die Anmeldung der Kommission zur Ermittlung der Konzentration im Medienbereich (KEK) vor, die mit Beschluss vom 10. Januar 2006 feststellte, dass die geplante Beteiligungsveränderung angesichts der Stellung der Klägerin auf medienrelevanten verwandten Märkten, insbesondere ihrer starken Position im Pressebereich, eine vorherrschende Meinungsmacht begründen würde, die derjenigen eines Fernsehveranstalters mit einem Zuschaueranteil von 42 vom Hundert entspräche. Nach den rundfunkstaatsvertraglichen Vorschriften über die Sicherung der Meinungsvielfalt könne das Vorhaben daher nicht als unbedenklich bestätigt werden. Zur Überprüfung dieses Beschlusses rief die Beklagte am 26. Januar 2006 die Konferenz der Direktoren der Landesmedienanstalten (KDLM) an.

3

Mit Beschluss vom 19. Januar 2006 untersagte das Bundeskartellamt den von der Klägerin angestrebten Zusammenschluss mit der ProSiebenSat.1 Media AG.

4

In einer Pressemitteilung vom 1. Februar 2006 gaben die Klägerin und die P7S1 Holding L.P. bekannt, die Pläne zur Übernahme der ProSiebenSat.1 Media AG durch die Klägerin wegen der damit verbundenen, auf wirtschaftlichen und juristischen Unsicherheiten beruhenden Risiken nicht weiterverfolgen zu wollen.

5

In ihrer Sitzung vom 7. März 2006 kam die KDLM mehrheitlich zu der Auffassung, dass sich der Antrag der Beklagten auf Aufhebung des Beschlusses der KEK vom 10. Januar 2006 durch die Aufgabe der Übernahmepläne in der Sache erledigt habe. Ihren nachgeschobenen Hilfsantrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit dieses Beschlusses nahm die Beklagte in der Sitzung zurück. In einer Presseerklärung teilte die KDLM mit, dass nach ihrer Ansicht - ungeachtet der Erledigung - die von der KEK angewandte Bewertung der Stellung der Klägerin auf medienrelevanten verwandten Märkten sowohl hinsichtlich der Abgrenzung als auch der Gewichtung der medienrelevanten Märkte in sich nicht schlüssig sei und einer rechtlichen Bewertung nicht standhalten würde.

6

Nachdem die Beklagte die Klägerin am 6. März 2006 als Beteiligte zum Verfahren hinzugezogen hatte, erklärte die Klägerin mit Schreiben vom 7. März 2006 gegenüber der Beklagten, dass man nach den negativen Bescheiden der KEK und des Bundeskartellamts angesichts der rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen keine Möglichkeit gesehen habe, den Anteilserwerb wie geplant umzusetzen. Allerdings sei die Übernahme von ProSiebenSat.1 Media AG weiterhin ein strategisch richtiger und sinnvoller Schritt, der bei positiven rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen auch zukünftig vollzogen werden könnte.

7

Mit Bescheid vom 15. Mai 2006 lehnte die Beklagte die Genehmigung der Fortsetzung der Anbietertätigkeit der Beigeladenen nach Erwerb der von der ProSiebenSat.1 Media AG gehaltenen Anteile durch die Klägerin ab. Zur Begründung führte die Beklagte unter anderem aus, dass sie zwar von einem grundsätzlich fortbestehenden Übernahmeinteresse der Klägerin ausgehe, dass jedoch auf der Grundlage der rechtlich bindenden Entscheidung der KEK, die zum Bestandteil des Bescheidinhalts gemacht werde, die Genehmigung versagt werden müsse.

8

Den dagegen eingelegten Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte nach Einholung einer Stellungnahme der KEK mit Widerspruchsbescheid vom 4. Juli 2006 zurück.

9

Die Anteile an der ProSiebenSat.1 Media AG, die die Klägerin ursprünglich erwerben wollte, wurden Ende 2006 von einem Drittunternehmen gekauft. Mit Beschluss vom 6. Februar 2007 beurteilte die KEK diese Veränderung der Beteiligungsverhältnisse als medienrechtlich unbedenklich. Die darüber erteilten Genehmigungsbescheide der Beklagten vom 22. und 29. März 2007 sind bestandskräftig geworden.

10

Mit ihrer am 14. Juli 2006 erhobenen Klage hat die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verpflichten, ihr die beantragte medienrechtliche Unbedenklichkeitsbestätigung zu erteilen, hilfsweise, die Beklagte zur Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu verpflichten, weiter hilfsweise, festzustellen, dass die Versagung der medienrechtlichen Unbedenklichkeitsbestätigung rechtswidrig gewesen sei. Das Verwaltungsgericht München hat die Klage mit Urteil vom 8. November 2007 abgewiesen. Das Verpflichtungsbegehren der Klägerin habe sich spätestens mit der Bestandskraft der Genehmigungsbescheide der Beklagten zum Erwerb der Unternehmensanteile durch einen Dritten und dem Vollzug dieser Beteiligungsveränderung erledigt. Die hilfsweise erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage sei im Hinblick darauf, dass die Klägerin nach eigenem Bekunden an der Übernahme der ProSiebenSat.1 Media AG weiterhin interessiert sei, zwar zulässig, aber unbegründet. Die Entscheidung der Beklagten, dass durch die geplante Beteiligungsveränderung eine vorherrschende Meinungsmacht entstehen könne, sei nicht zu beanstanden.

11

Ihre vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung hat die Klägerin unter Rücknahme der erstinstanzlich gestellten Verpflichtungsanträge auf die Feststellung der Rechtswidrigkeit des Bescheids der Beklagten vom 15. Mai 2006 und des Widerspruchsbescheids vom 4. Juli 2006 beschränkt. Die insoweit aufrechterhaltene Berufung hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 7. Juli 2009 zurückgewiesen. Zur Begründung hat er im Wesentlichen ausgeführt:

12

Die Klage sei unzulässig, weil die Klägerin kein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der streitbefangenen Bescheide habe. Da ungewiss sei, ob sich in Zukunft noch einmal die gleichen tatsächlichen Verhältnisse wie im Zeitpunkt des Bescheiderlasses einstellten, scheide die Annahme eines Fortsetzungsfeststellungsinteresses unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr aus. Ebenso wenig ergebe sich ein schutzwürdiges Feststellungsinteresse daraus, dass eine gerichtliche Klärung der Sachfragen ein etwaiges neuerliches Übernahmevorhaben der Klägerin präjudizieren würde. Dem stehe zum einen entgegen, dass die Anteile an der ProSiebenSat.1 Media AG seit ihrer Veräußerung im Jahr 2007 nicht mehr zum Erwerb angeboten worden seien und auch eine gegenwärtige Verkaufsabsicht nicht ersichtlich sei. Dass die Klägerin aktuell die Möglichkeit zur Übernahme der Sendergruppe habe, sei nicht erkennbar. Die Marktverhältnisse und die Medienlandschaft seien zudem generell einem ständigen Wandel unterworfen und hätten sich seit der Beschlussfassung der KEK grundlegend verändert. Zum anderen habe sich die Zusammensetzung der KEK durch den zum 1. September 2008 in Kraft getretenen Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag strukturell geändert. Vor dem Hintergrund der personellen Erweiterung der KEK um Vertreter der Landesmedienanstalten sei es als offen anzusehen, ob der Klägerin im Falle erneuter Übernahmepläne die rundfunkrechtliche Unbedenklichkeitsbestätigung nochmals verweigert würde. Die Klägerin könne ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse auch nicht aus der von ihr geltend gemachten Absicht herleiten, mit der verwaltungsgerichtlichen Klage einen Amtshaftungsprozess vorzubereiten. Schließlich könne sich die Klägerin auch nicht auf ein Rehabilitierungsinteresse berufen. Von dem Bescheid der Beklagten gehe keine diskriminierende, ansehensmindernde oder geschäftsschädigende Wirkung aus. Mit der objektiven Feststellung, dass die Klägerin durch die geplante Übernahme eine vorherrschende Meinungsmacht erlangen würde, sei insbesondere nicht der Vorwurf verknüpft, die Klägerin werde die erlangte Position missbräuchlich ausüben.

13

Zur Begründung ihrer vom Verwaltungsgerichtshof zugelassenen Revision trägt die Klägerin im Wesentlichen vor:

14

Der Verwaltungsgerichtshof habe ihr unter Verstoß gegen § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO das Feststellungsinteresse abgesprochen. Die Erledigung des Klagebegehrens sei - wie dies bei Ablehnung einer rundfunkrechtlichen Unbedenklichkeitsbestätigung für einen geplanten Unternehmenszusammenschluss typisch sei - eingetreten, bevor sie überhaupt gerichtlichen Rechtsschutz in der Hauptsache habe in Anspruch nehmen können. Ein anderer Weg zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns der Beklagten als die Fortsetzungsfeststellungsklage stehe ihr nicht zur Verfügung. Auch bei der rundfunkkonzentrationsrechtlichen Beurteilung möglicher künftiger Übernahmevorhaben der Klägerin werde es maßgeblich auf die zwischen den Beteiligten umstrittene Auslegung des § 26 RStV ankommen. Es gebe indes keinen Anhalt dafür, dass die KEK - ungeachtet ihrer veränderten Organisationsstruktur und ihrer erweiterten personellen Zusammensetzung - von ihrer im zugrunde liegenden Verfahren praktizierten Handhabung dieser Vorschrift, die ihrer ständigen Spruchpraxis entspreche, in Zukunft abweichen werde. Soweit die Berufungsentscheidung es demgegenüber als offen betrachte, in welchem Sinne die KEK § 26 RStV in einem künftigen Verfahren verstehen werde, beruhe dies auf einer unzureichenden Sachverhaltsermittlung (§ 86 Abs. 1 VwGO) und einer Überschreitung der Grenzen freier Beweiswürdigung (§ 108 Abs. 1 VwGO). Der Klägerin könne das Feststellungsinteresse auch nicht mit der Begründung abgesprochen werden, die von ihr in Aussicht genommene Verfolgung von Amtshaftungsansprüchen stelle sich als von vornherein aussichtslos dar. Die Versagung des gerichtlichen Rechtsschutzes durch den Verwaltungsgerichtshof verletze die Klägerin in ihrem Anspruch auf effektiven Rechtsschutz aus Art. 19 Abs. 4 GG sowie in ihren Grundrechten auf Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG), auf Eigentum (Art. 14 Abs. 1 GG) und auf unternehmerische Teilhabe am Wettbewerb (Art. 12 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG). Die Berufungsentscheidung stelle sie faktisch rechtsschutzlos und behindere sie massiv in ihrem Bestreben, als traditionelles Presseunternehmen in den Rundfunk- und Fernsehmarkt hineinzuwachsen. Es sei zu befürchten, dass ihr die Einwände in den Entscheidungen der Beklagten bzw. der KEK aus dem Jahr 2006 bei bevorstehenden Zusammenschlussvorhaben sowohl von Seiten der Verhandlungs- und Vertragspartner als auch von behördlicher Seite entgegengehalten würden.

15

Materiellrechtlich stehe der Bescheid der Beklagten nicht mit § 26 RStV in Einklang. Nach Absatz 2 dieser Vorschrift könne einer geplanten Veränderung der Beteiligungsverhältnisse an einem Rundfunkveranstalter allenfalls dann eine vorherrschende Meinungsmacht, die die medienrechtliche Unbedenklichkeit der geplanten Veränderung ausschließe, entgegengehalten werden, wenn das Unternehmen im Durchschnitt eines Jahres einen Zuschaueranteil von zumindest 25 vom Hundert erreiche. Es sei indes unstreitig, dass sie - die Klägerin - aufgrund der geänderten Beteiligungsverhältnisse nur einen Zuschaueranteil von weniger als 25 vom Hundert erreicht hätte. Weil dies unstreitig sei, sei die Sache spruchreif und könne das Revisionsgericht gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO zu ihren Gunsten durchentscheiden.

16

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 8. November 2007 und den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. Juli 2009 aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet gewesen ist, ihr nach Maßgabe ihres Antrags vom 8. August 2005 eine medienrechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung zu erteilen.

17

Die Beklagte beantragt,

die Revision der Klägerin zurückzuweisen.

18

Sie ist der Auffassung, dass die Klägerin ein schutzwürdiges Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Versagung der medienrechtlichen Unbedenklichkeitsbestätigung habe. Eine Sachentscheidung nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO sei dem Revisionsgericht aber verwehrt. Eine vorherrschende Meinungsmacht im Sinne des § 26 Abs. 1 RStV könne auch dann angenommen werden, wenn die Zuschaueranteile unter dem Schwellenwert des § 26 Abs. 2 RStV blieben. Der Verwaltungsgerichtshof habe keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, ob hiervon ausgehend die geplante Veränderung der Beteiligungsverhältnisse zu einer vorherrschenden Meinungsmacht der Klägerin geführt hätte. Die Sache sei daher an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen.

19

Die Beigeladenen zu 1 und 2 beantragten,

das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 8. November 2007 und den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 7. Juli 2009 aufzuheben und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet gewesen ist, ihr nach Maßgabe ihres Antrags vom 8. August 2005 eine medienrechtliche Unbedenklichkeitsbescheinigung zu erteilen.

20

Zur Begründung wiederholen sie im Wesentlichen die von der Klägerin vorgebrachten Gründe und vertiefen sie.

Entscheidungsgründe

21

Die Revision der Klägerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs ist begründet. Die angefochtene Berufungsentscheidung verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 VwGO). Der Verwaltungsgerichtshof hat die Klage unter Verstoß gegen § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO als unzulässig abgewiesen (1.). Ob die Klage in der Sache begründet oder unbegründet ist, kann der Senat mangels hierfür ausreichender tatsächlicher Feststellungen nicht beurteilen. Er kann daher weder gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO zu Gunsten der Klägerin entscheiden und ihrer Klage stattgeben (2.) noch die Klageabweisung gemäß § 144 Abs. 4 VwGO im Ergebnis aus anderen Gründen als richtig bestätigen (3.). Die Sache ist vielmehr gemäß § 144 Abs. 3 an den Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen.

22

1. Die Klage ist als Fortsetzungsfeststellungsklage in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO zulässig. Das Begehren der Klägerin hat sich erledigt (a). Ihr kann zudem entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht das besondere Feststellungsinteresse für eine Sachentscheidung abgesprochen werden (b).

23

a) Die Klägerin hatte ursprünglich von der Beklagten die Bestätigung der rundfunkrechtlichen Unbedenklichkeit gemäß § 29 Satz 3 des Staatsvertrages für Rundfunk und Telemedien (Rundfunkstaatsvertrag - RStV) in der Fassung der Bekanntmachung vom 27. Juli 2001, BayGVBl S. 502, hier noch anzuwenden in der Fassung des 7. Rundfunkänderungsstaatsvertrages vom 23. Februar 2004, BayGVBl S. 32, begehrt. Nach § 29 Satz 1 RStV ist jede geplante Veränderung von Beteiligungsverhältnissen oder sonstigen Einflüssen bei der zuständigen Landesmedienanstalt vor ihrem Vollzug schriftlich anzumelden. Anmeldepflichtig sind nach § 29 Satz 2 RStV der Veranstalter und die an dem Veranstalter unmittelbar oder mittelbar im Sinne von § 28 Beteiligten. Nach § 29 Satz 3 RStV dürfen die Veränderungen nur dann von der zuständigen Landesmedienanstalt als unbedenklich bestätigt werden, wenn unter den veränderten Voraussetzungen eine Zulassung erteilt werden könnte. Bei dieser Unbedenklichkeitsbestätigung handelt es sich um einen feststellenden Verwaltungsakt, der mit der Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) erstritten werden kann.

24

Das darauf gerichtete Verpflichtungsbegehren hat sich bereits vor Klageerhebung erledigt. Mit Schreiben vom 8. August 2005 meldeten die Klägerin und die Beigeladenen gemeinsam mit zwei weiteren Fernsehveranstaltern bei der Beklagten gemäß § 29 Satz 1 RStV eine geplante mittelbare Veränderung von Beteiligungsverhältnissen an und beantragten, deren rundfunkrechtliche Unbedenklichkeit gemäß § 29 Satz 3 RStV zu bestätigen. Das darauf gerichtete Begehren hat sich dadurch erledigt, dass die Klägerin mit Schreiben vom 7. März 2006 an die Beklagte erklärte, sie sehe nach den negativen Bescheiden der KEK und des Bundeskartellamts angesichts der rechtlichen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen keine Möglichkeit, den Anteilserwerb wie geplant umzusetzen.

25

Darin liegt einerseits die Aufgabe des Vorhabens, dessen medienrechtliche Unbedenklichkeit in dem eingeleiteten Verwaltungsverfahren hätte geprüft und bestätigt werden sollen, und andererseits verfahrensrechtlich die Rücknahme der Anmeldung einer beabsichtigten Änderung der Beteiligungsverhältnisse nach § 29 RStV, welche das Verwaltungsverfahren eingeleitet hat. Das Verwaltungsverfahren hat mit dieser Aufgabe des Vorhabens seinen Gegenstand verloren und sich dadurch erledigt. Über das antragsabhängige Begehren der Klägerin konnte danach keine Entscheidung in der Sache mehr getroffen werden, mit der Folge, dass es sich seinerseits erledigt hat (zu einer vergleichbaren Fallgestaltung vgl. Urteil vom 14. April 1989 - BVerwG 4 C 22.88 - Buchholz 406.17 Bauordnungsrecht Nr. 29). War aber das Verwaltungsverfahren gegenstandslos geworden, trifft dies auch auf die gleichwohl noch ergangenen Bescheide der Beklagten vom 15. Mai und 4. Juli 2006 zu. Sie gingen mangels eines noch regelungsfähigen Gegenstandes von vornherein ins Leere, waren deshalb rechtlich bedeutungslos und konnten insbesondere keine der Bestandskraft fähigen Regelungen mehr bewirken. Ihrer ausdrücklichen Aufhebung bedarf es daher nicht.

26

Aufgrund der danach eingetretenen Erledigung ihres Begehrens konnte die Klägerin dessen ursprüngliche Berechtigung mit der Fortsetzungsfeststellungsklage zur gerichtlichen Überprüfung stellen. Eine Fortsetzungsfeststellungsklage ist in entsprechender Anwendung von § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO auch dann statthaft, wenn sich ein Verpflichtungsbegehren bereits vor Klageerhebung erledigt hat (Urteil vom 18. Dezember 2007 - BVerwG 6 C 47.06 - Buchholz 442.066 § 42 TKG Nr. 3 S. 20). In diesem Fall ist die Klage darauf gerichtet, festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet gewesen ist, den ursprünglich begehrten Verwaltungsakt zu erlassen.

27

b) Die Zulässigkeit der Fortsetzungsfeststellungsklage erfordert ein besonderes Feststellungsinteresse. Dieses kann typischerweise in einer Wiederholungsgefahr, einem Rehabilitationsinteresse, der Absicht eines Schadensersatzprozesses oder weiteren besonderen Umständen des Einzelfalls liegen. Vorliegend hat die Klägerin ein Rehabilitationsinteresse, weil durch die ausdrücklich ablehnende Haltung der KEK und der Beklagten zu der rundfunkrechtlichen Übernahmeabsicht der Klägerin auch jedes zukünftige entsprechende Vorhaben mit einer drohenden Verweigerung der Unbedenklichkeitsbescheinigung nach § 29 Satz 3 RStV bemakelt ist. Bis zum Zeitpunkt der Erledigung des Verwaltungsverfahrens ist es zwar zu keiner Entscheidung der beklagten Landesmedienanstalt gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 RStV gekommen. Allerdings lag bereits am 10. Januar 2006 der Beschluss der KEK zum klägerischen Vorhaben vor, in dem die Gefahr der Entstehung einer vorherrschenden Meinungsmacht im Fall der Übernahme der ProSiebenSat.1 Media AG gesehen wurde. In diesem Beschluss lag die vor der Entscheidung der Beklagten gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 RStV abzugebende Beurteilung der KEK gemäß § 36 Abs. 1 Satz 2 RStV über die Frage der rundfunkkonzentrationsrechtlichen Unbedenklichkeit im Falle der Bestätigung von Veränderungen von Beteiligungsverhältnissen im Sinne von § 36 Abs. 1 Satz 2 RStV. Die daraufhin wegen der Verbindlichkeit dieser Beurteilung (§ 37 Abs. 2 RStV) absehbar gewesene ablehnende Entscheidung der Beklagten wirkte zwar nicht in der Weise ehrverletzend, dass sie in ein das Ansehen schützendes subjektives Recht der Klägerin eingegriffen hätte, behinderte sie aber beträchtlich in ihrer künftigen unternehmerischen Entfaltung.

28

Die Übernahme von Beteiligungen an Fernsehveranstaltern steht aus naheliegenden wirtschaftlichen Gründen unter besonderem Zeitdruck. Der Rechtsschutz, den das Gesetz den Beteiligten im Falle einer Verweigerung der medienrechtlichen Unbedenklichkeitsbestätigung gewährt, steht dagegen nicht in ähnlich kurzer Frist zur Verfügung. Vielmehr müssen die Beteiligten damit rechnen, dass ein gerichtliches Verfahren auch bei zügiger Bearbeitung durch immerhin drei Instanzen längere Zeit in Anspruch nehmen wird. Die damit verbundene Rechtsunsicherheit führt häufig dazu, dass die an der Veränderung der Beteiligungsverhältnisse Interessierten ihr Vorhaben im Falle einer Verweigerung der Unbedenklichkeitsbestätigung durch die zuständige Landesmedienanstalt aufgeben, ohne eine Klärung im Gerichtsverfahren abzuwarten. Diese für die Beteiligten im Hinblick auf den verfassungsrechtlich gewährleisteten Rechtsschutz unbefriedigende Situation wird zusätzlich dadurch gekennzeichnet, dass der gescheiterte Käufer bei zukünftigen Akquisitionsgelegenheiten damit rechnen muss, dass seinem Erwerbsvorhaben die Argumente aus dem Bescheid entgegengehalten werden, durch den für das frühere Vorhaben die medienrechtliche Unbedenklichkeitbestätigung verweigert worden ist. Es ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass sich ein Verkäufer kaum dem Risiko aussetzen wird, an einen solchen Kaufinteressenten zu verkaufen, wenn er mit einer entsprechenden Entscheidung wie dem früheren Bescheid rechnen muss. Im Übrigen würde auch der neuerliche Erwerb einer Beteiligung unter denselben wirtschaftlichen Zwängen stehen wie der erste, so dass häufig auch in dem zweiten Verfahren die zugrunde liegenden Fragen nicht gerichtlich geklärt werden können.

29

Die Klägerin muss mithin wegen der für sie ungünstigen Entscheidung der Beklagten damit rechnen, von einem potentiellen Veräußerer schon gar nicht als ernsthafter Verhandlungspartner für eine Übernahme in Betracht gezogen zu werden. Sie hat ein berechtigtes Interesse daran, diesen in der Verweigerung der medienrechtlichen Unbedenklichkeitsbestätigung liegenden Makel für zukünftige Fälle zu beseitigen.

30

Der Senat stimmt damit im Ergebnis mit dem Bundesgerichtshof überein, der der Klägerin in dem parallel geführten kartellrechtlichen Verfahren trotz dessen Erledigung ebenfalls ein berechtigtes Interesse an einer gerichtlichen Sachentscheidung zuerkannt hatte (BGH, Beschluss vom 25. September 2007 - KVR 30/06 - BGHZ 174, 179 <183 ff.>). Danach ist ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse ausnahmsweise schon dann zu bejahen, wenn die Beteiligten darlegen können, dass sie an der Klärung der durch den streitigen Bescheid aufgeworfenen Fragen ein besonderes berechtigtes Interesse haben, das sich auch aus der Präjudizierung eines vergleichbaren, wenn auch derzeit noch nicht absehbaren Vorhabens ergeben kann. Davon ist auszugehen, solange die früher beabsichtigte Veränderung der Beteiligungsverhältnisse jederzeit wieder in Angriff genommen werden und deswegen die frühere Beurteilung durch die Landesmedienanstalt noch prägende Bedeutung für die spätere Prüfung eines entsprechenden Vorhabens haben kann. Hier hat die Klägerin nachvollziehbar dargelegt, dass für sie das einstweilen gescheiterte Vorhaben weiterhin von Interesse ist und ungeachtet der zwischenzeitlichen Veräußerung der Unternehmensanteile an einen Finanzinvestor wirtschaftlich realisierbar ist. Die Beklagte wiederum hat wiederholt verlautbart, dass sie an der bisherigen tatsächlichen und rechtlichen Beurteilung des Vorhabens unverändert festhält.

31

2. Der Senat kann auf der Grundlage der bisherigen tatsächlichen Feststellungen nicht zu Gunsten der Klägerin in der Sache selbst entscheiden. Dies wäre nur dann der Fall, wenn ohne weitere tatsächliche Feststellungen der Klage als begründet stattzugeben wäre, weil eine medienrechtliche Unbedenklichkeit der beabsichtigten Veränderung der Beteiligungsverhältnisse hätte bestätigt werden müssen. Eine medienrechtliche Unbedenklichkeit kann einer beabsichtigten Veränderung der Beteiligungsverhältnisse an privaten Rundfunkveranstaltern nach § 29 Satz 3 RStV nicht bestätigt werden, wenn ein Unternehmen durch die Änderung der Beteiligungsverhältnisse eine vorherrschende Meinungsmacht im Sinne des § 26 Abs. 1 RStV erlangt. Dass vorherrschende Meinungsmacht gegeben ist, wird nach § 26 Abs. 2 Satz 1 RStV vermutet, wenn die einem Unternehmen zurechenbaren Programme im Durchschnitt eines Jahres einen Zuschaueranteil von 30 vom Hundert erreichen. Gleiches gilt nach § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV bei Erreichen eines Zuschaueranteils von 25 vom Hundert, sofern das Unternehmen auf einem medienrelevanten verwandten Markt eine marktbeherrschende Stellung hat oder eine Gesamtbeurteilung seiner Aktivitäten im Fernsehen und auf medienrelevanten verwandten Märkten ergibt, dass der dadurch erzielte Meinungseinfluss dem eines Unternehmens mit einem Zuschaueranteil von 30 vom Hundert im Fernsehen entspricht. Hiernach wäre die Klage ohne weiteres begründet und ihr bereits im Revisionsverfahren stattzugeben, wenn § 26 Abs. 1 und 2 RStV dahin auszulegen wären, dass eine vorherrschende Meinungsmacht im Sinne des § 26 Abs. 1 RStV nur dann angenommen werden darf, wenn die Schwellenwerte des § 26 Abs. 2 Satz 1 und 2 RStV erreicht sind. Denn nach dem insoweit zwischen den Beteiligten nicht streitigen Sachverhalt hätte die Klägerin nach der beabsichtigten Übernahme der Beteiligungen diese Schwellenwerte nicht erreicht. § 26 Abs. 2 RStV ist jedoch nicht als abschließende Regelung dahin zu verstehen, dass vorherrschende Meinungsmacht im Sinne des § 26 Abs. 1 RStV nur bei Vorliegen der Voraussetzungen des § 26 Abs. 2 RStV angenommen werden darf, insbesondere also zwingend erfordert, dass die dort genannten Schwellenwerte für den Zuschaueranteil erreicht werden. § 26 Abs. 2 RStV enthält vielmehr Regelbeispiele, die es nicht ausschließen, bei Vorliegen gewichtiger Gründe eine vorherrschende Meinungsmacht im Sinne des § 26 Abs. 1 RStV auch dann anzunehmen, wenn die Schwellenwerte des § 26 Abs. 2 RStV nicht ganz erreicht werden.

32

Der Wortlaut des Gesetzes steht dieser Auslegung nicht entgegen, sondern unterstützt sie vielmehr (a). Die Entstehungsgeschichte bestätigt die Auslegung (b). Sie ist mit der Systematik des Gesetzes vereinbar (c) und entspricht insbesondere dem Sinn und Zweck der Vorschrift (d). Die hier gefundene Auslegung der landesrechtlichen Vorschrift des § 26 Abs. 1 und 2 RStV verstößt schließlich nicht gegen höherrangiges Bundesrecht (e).

33

a) Die in § 26 Abs. 1 RStV verwendete Formulierung "vorherrschende Meinungsmacht nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen" zwingt nicht dazu, in § 26 Abs. 2 RStV eine abschließende Konkretisierung dieses Rechtsbegriffs zu erblicken. Der Wortsinn des § 26 Abs. 1 RStV ist offen dafür, dass sich der Verweis auf die "nachfolgenden Bestimmungen" nicht allein auf § 26 Abs. 2 RStV, sondern weitergehend auch auf die §§ 27 ff. RStV bezieht (vgl. Trute, in: Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 2. Auflage, München 2008, § 26 RStV Rn. 38). Bei den Regelungen des § 26 Abs. 2 RStV handelt es sich nach dem eindeutigen Sprachgebrauch des Gesetzes einerseits um Vermutungstatbestände (§ 26 Abs. 2 Satz 1 RStV: "so wird vermutet") und damit nach hergebrachter Rechtsdogmatik um Vorschriften des Beweisrechts. Gesetzliche Vermutungen, die unbeschadet des Amtsermittlungsgrundsatzes auch im Verwaltungsrecht nichts Ungewöhnliches sind und zu einer Umkehr der objektiven Beweislast führen (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 108 Rn. 12), erleichtern lediglich den Nachweis des Vorhandenseins gewisser Tatsachen (vgl. § 292 ZPO), bestimmen den materiellen Tatbestand, um dessen Nachweis es geht, aber nicht selbst, sondern setzen ihn voraus (vgl. Trute, a.a.O. § 26 RStV Rn. 37). Mit diesem Charakter als Beweislastregeln im Fall eines "non liquet" wäre es nicht vereinbar, § 26 Abs. 2 RStV abschließende materiellrechtliche Vorgaben für das Merkmal vorherrschender Meinungsmacht zu entnehmen. Der Gesetzeswortlaut lässt andererseits dafür Raum, die Bestimmungen des § 26 Abs. 2 RStV über bloße Vermutungsregeln hinaus zugleich als Regelbeispiele mit Leitbildcharakter für die Auslegung der sonst allzu vagen Generalklausel des § 26 Abs. 1 RStV aufzufassen, die, wie noch näher auszuführen sein wird, für den Normalfall eine bestimmte Entscheidung des Normanwenders intendieren.

34

b) Eine derartige Deutung im Sinne einer abschließenden Regelung könnte systematisch allerdings durch § 26 Abs. 4 Satz 1 RStV nahegelegt werden, der - soweit einem Unternehmen Maßnahmen zur Beseitigung der von ihm erlangten vorherrschenden Meinungsmacht vorzuschlagen sind - in Nr. 1 und 2 allein auf § 26 Abs. 2 Satz 1 und 2 RStV Bezug nimmt. Diese Bezugnahme nötigt indes für sich genommen und erst recht im Hinblick darauf, dass die nachfolgende Nr. 3 sowie die weitere Rechtsfolgennorm des § 26 Abs. 3 RStV nicht auf § 26 Abs. 2 RStV verweisen, nicht dazu, den Begriff der vorherrschenden Meinungsmacht als durch § 26 Abs. 2 RStV abschließend konkretisiert anzusehen.

35

c) Die amtliche Begründung zu § 26 RStV (abgedruckt bei Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, Rundfunkstaatsvertrag, § 26 RStV S. 2 ff.) bestätigt dieses Ergebnis. In ihr wird hervorgehoben, dass es "dem Unternehmen unbenommen (bleibt) nachzuweisen, dass trotz Erreichens der 30-vom-Hundert-Grenze vorherrschende Meinungsmacht nicht gegeben ist ... Die Ausgestaltung der 30-vom-Hundert-Grenze als Vermutungsgrenze schließt umgekehrt nicht aus, dass die KEK vorherrschende Meinungsmacht im Fernsehen auch unterhalb dieser Grenze feststellt. Allerdings wird dies an die KEK besondere Anforderungen an den Nachweis stellen." Aus diesen Erwägungen geht klar hervor, dass der Rundfunkgesetzgeber mit der Regelung der Zuschaueranteilsgrenze in § 26 Abs. 2 Satz 1 RStV die Absicht verfolgt hat, Maßgaben für den behördlichen Nachweis vorherrschender Meinungsmacht zu schaffen, nicht aber, diesen Begriff materiellrechtlich abschließend zu umreißen. An diesem Befund hat sich auch durch den 6. Rundfunkänderungsstaatsvertrag, mit dem in § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV die Voraussetzung einer "geringfügigen Unterschreitung des Zuschaueranteils" durch die 25-vom-Hundert-Grenze ersetzt worden ist, und die dafür angeführten Motive nichts geändert. In der Begründung dieses Staatsvertrags (ebenfalls abgedruckt bei Hartstein/Ring/Kreile/Dörr/Stettner, a.a.O. § 26 RStV S. 4) heißt es zwar: "Durch die Streichung des Wortes 'geringfügig' in Absatz 2 Satz 2 wird die Möglichkeit eröffnet, die Stellung eines Unternehmens auf medienrelevanten Märkten ab einer Untergrenze von 25 vom Hundert Zuschaueranteil einzubeziehen..." Dass mit der Änderung der Bestimmung des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV vom ursprünglichen Regelungskonzept des Verhältnisses zwischen § 26 Abs. 1 und 2 RStV abgerückt werden sollte, ist jedoch nicht erkennbar. Gegen eine solche Abkehr spricht auch, dass in der staatsvertraglichen Begründung anschließend ausgeführt wird: "§ 26 Abs. 2 Satz 1 bleibt durch die Änderung in § 26 Abs. 2 unberührt. Die in dieser Vorschrift verankerte 30-%-Grenze darf auch weiterhin nicht überschritten werden." Die Kontinuität mit der Vorgängerfassung wird darüber hinaus durch die Eingangspassage deutlich betont: "Die Regelung des § 26 geht auch weiterhin vom Zuschaueranteilsmodell aus. Weiterhin wird vorherrschende Meinungsmacht vermutet, wenn die einem Unternehmen zurechenbaren Programme im Durchschnitt eines Jahres einen Zuschaueranteil von 30 vom Hundert erreichen."

36

d) Dem Sinn und Zweck der Vorschrift, zur Sicherung der Meinungsvielfalt im Fernsehen (vgl. die amtliche Überschrift) dem Entstehen vorherrschender Meinungsmacht vorzubeugen, wird nur ein Normverständnis gerecht, das eine Konzentrationskontrolle auch außerhalb der starren Zuschaueranteilsgrenzen des § 26 Abs. 2 RStV für zulässig hält. Die Kernvorschrift der rundfunkrechtlichen Konzentrationskontrolle findet sich in der Generalklausel des § 26 Abs. 1 RStV und erlaubt die Veranstaltung einer unbegrenzten Anzahl von bundesweit verbreiteten Fernsehprogrammen, solange das Unternehmen "nach Maßgabe der folgenden Vorschriften" dadurch keine "vorherrschende Meinungsmacht" erlangt.

37

Das Zuschaueranteilsmodell des § 26 Abs. 2 RStV ist nicht ausreichend, um eine von Verfassungs wegen gebotene effektive Medienkonzentrationskontrolle sicherzustellen (vgl. Trute, a.a.O. § 26 RStV Rn. 38 m.w.N.). So wäre es schwer verständlich, wenn gegenüber einem Unternehmen mit einem Zuschaueranteil von 25 vom Hundert und einer marktbeherrschenden Stellung auf einem (einzigen) medienrelevanten verwandten Markt (vgl. § 26 Abs. 2 Satz 2 Alt. 1 RStV) Maßnahmen zur Vielfaltssicherung getroffen werden könnten, während bei einer geringfügigen Unterschreitung der 25-vom-Hundert-Grenze und gleichzeitig vorliegender marktbeherrschender Stellung auf mehreren medienrelevanten verwandten Märkten - etwa bei den verschiedenartigen Printmedien und den Online-Diensten - ein konzentrationsrechtliches Tätigwerden ausgeschlossen wäre (vgl. Trute, a.a.O. § 26 RStV Rn. 38). Auch unterhalb des Schwellenwerts von 25 vom Hundert kann ein - letztlich aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG abzuleitendes - Bedürfnis bestehen, zum Schutz der publizistischen Vielfalt bzw. zur Vermeidung eines dominierenden Einflusses auf die freie Meinungsbildung in dem nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts besonders sensiblen Bereich der Rundfunkordnung einzuschreiten (BVerfG, Urteil vom 4. November 1986 - 1 BvF 1/84 - BVerfGE 73, 118 <152 ff., insbes. 172 ff.>).

38

e) Die Anwendung der landesrechtlichen Vorschriften aus § 29 Satz 3 in Verbindung mit § 26 Abs. 1 und Abs. 2 RStV ist weder aus Gründen des Gewerbe- (aa) noch des Verfassungsrechts (bb) des Bundes zu beanstanden.

39

aa) Privatrechtlicher Rundfunk wird von gewerblichen Unternehmen veranstaltet, die grundsätzlich dem Recht gegen Wettbewerbsbeschränkungen, insbesondere der Fusionskontrolle nach deutschem und europäischem Recht unterliegen. So darf das Landesrundfunkrecht die Prüfung durch das Bundeskartellamt zur Voraussetzung der Rundfunkzulassung machen (BVerfG, Urteil vom 4. November 1986 - 1 BvF 1/84 - BVerfGE 73, 118 <174>). Der Landesgesetzgeber durfte aber das allgemeine Recht gegen Wettbewerbsbeschränkungen für unzureichend halten, eine hinreichende Vielfalt des Medienangebots zu gewährleisten und deshalb medienspezifische Konzentrationsregelungen als unverzichtbar ansehen. Denn das Kartellrecht allein ist unzureichend, das gebotene Maß an Vielfalt im Angebot der elektronischen Medien zu gewährleisten. Das Recht der Wettbewerbsbeschränkungen richtet sich gegen "Kartellierungen" durch vertragliche Absprachen und "Konzernierungen" durch den Zusammenschluss von Gesellschaften, während das interne Wachstum von Unternehmen nicht erfasst wird. Hinzu kommen Zieldivergenzen: Das Recht gegen Wettbewerbsbeschränkungen soll die übermäßige Konzentration wirtschaftlicher Macht verhindern. Demgegenüber verlangen die verfassungsrechtlichen Vorgaben des Medienrechts publizistische Vielfalt, die nicht schon dadurch gewährleistet wird, dass mehrere Anbieter miteinander konkurrieren. Der Entstehung vorherrschender Meinungsmacht kann nur mit den Instrumenten medienspezifischer Konzentrationskontrolle und Vielfaltssicherung begegnet werden (vgl. m.w.N. Kübler, Medien, Menschenrechte und Demokratie S. 266 ff.).

40

bb) Die einfachgesetzliche Vorschrift des § 26 Abs. 1 RStV, die einen unternehmerischen Anspruch auf Veranstaltung einer unbegrenzten Zahl von Fernsehprogrammen nur unter der Voraussetzung der Nichterlangung vorherrschender Meinungsmacht einräumt, schränkt die grundgesetzliche Gewährleistung des Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG ein. Die Rundfunkfreiheit bedarf jedoch der Ausgestaltung. Die wesentlichen Kriterien dafür ergeben sich aus der Funktion des Rundfunks, im Interesse der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung die Vielfalt der bestehenden Meinungen in möglichster Breite und Vollständigkeit zum Ausdruck zu bringen (BVerfG, Urteil vom 4. November 1986 - 1 BvF 1/84 - BVerfGE 73, 118 <152 f.>). Insoweit kann es die Rundfunkfreiheit nicht rechtfertigen, für den privaten Rundfunk auf rechtliche Sicherungen der Rundfunkfreiheit ganz zu verzichten und die Entwicklung im Wege der Deregulierung den Kräften des Marktes anzuvertrauen (BVerfG, Urteil vom 16. Juni 1981 - 1 BvL 89/78 - BVerfGE 57, 295 <323>). Vielmehr hat der Gesetzgeber, auch wenn an die Breite des Programmangebots und die Sicherung gleichgewichtiger Vielfalt im privaten Rundfunk nicht gleich hohe Anforderungen gestellt werden können wie im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, Vorkehrungen zu treffen, die dazu bestimmt und geeignet sind, ein möglichst hohes Maß gleichgewichtiger Vielfalt im privaten Rundfunk zu erreichen und zu sichern (Trute, in: Hahn/Vesting, Rundfunkrecht, 2. Auflage, München 2008, § 26 RStV Rn. 26 bis 27; BVerfG, Urteil vom 4. November 1986 - 1 BvF 1/84 - BVerfGE 73, 118 <159>).

41

3. Die Berufungsentscheidung erweist sich auf der Grundlage der bisher getroffenen tatsächlichen Feststellungen nicht aus anderen Gründen als richtig (§ 144 Abs. 4 VwGO). Das wäre nur dann der Fall, wenn ohne weitere tatsächliche Feststellungen davon ausgegangen werden könnte, dass die KEK mit ihrer für die Beklagte verbindlichen Beurteilung eine vorherrschende Meinungsmacht der Klägerin nach Änderung der Beteiligungsverhältnisse zu Recht angenommen hätte. Bei der Feststellung, ob eine vorherrschende Meinungsmacht eintritt, kommt der KEK jedoch ein Beurteilungsspielraum zu (a). Ob die KEK sich hier innerhalb der gerichtlich nachprüfbaren Grenzen ihres Beurteilungsspielraums (b) gehalten hat, kann im Revisionsverfahren nicht festgestellt werden, weil der Verwaltungsgerichtshof den insoweit erhobenen Einwänden der Klägerin nicht nachgegangen ist.

42

a) Der Begriff der vorherrschenden Meinungsmacht ist ein unbestimmter Gesetzesbegriff, bei dessen Konkretisierung die KEK über einen Beurteilungsspielraum verfügt. Zwar haben grundsätzlich die Gerichte die Rechtsanwendung der Verwaltungsbehörden uneingeschränkt zu überprüfen. Doch kann ein gesetzlich vorgegebenes Entscheidungsprogramm wegen der hohen Komplexität der geregelten Materie so vage und seine Konkretisierung im Nachvollzug der Verwaltungsentscheidung so schwierig sein, dass die gerichtliche Kontrolle an ihre Funktionsgrenzen stößt (BVerfG, Beschluss vom 17. April 1991 - 1 BvR 419/81 u.a. - BVerfGE 84, 34 <49 f.>). Die Pflicht zur gerichtlichen Überprüfung reicht nicht weiter als die materiellrechtliche Bindung der Exekutive. Sie endet dort, wo das materielle Recht der Verwaltungsbehörde in verfassungsrechtlich unbedenklicher Weise Entscheidungen abverlangt, ohne dafür hinreichend bestimmte Entscheidungsprogramme vorzugeben (BVerfG, Beschluss vom 16. Dezember 1992 - 1 BvR 167/87 - BVerfGE 88, 40 <56, 61>; Urteil vom 20. Februar 2001 - 2 BvR 1444/00 - BVerfGE 103, 142 <156 f.>). Vor diesem Hintergrund hat das Bundesverwaltungsgericht dem Gesetz unter anderem dann eine Beurteilungsermächtigung für die Exekutive entnommen, wenn der von ihr zu treffenden Entscheidung in hohem Maße wertende Elemente anhaften und das Gesetz für sie deshalb ein besonderes Verwaltungsorgan für zuständig erklärt, das mit besonderer fachlicher Legitimation in einem besonderen Verfahren entscheidet, zumal wenn es sich um ein Kollegialorgan handelt, das mögliche Auffassungsunterschiede bereits in sich zum Ausgleich bringt und die zu treffende Entscheidung damit zugleich versachlicht (s. Urteile vom 16. Mai 2007 - BVerwG 3 C 8.06 - BVerwGE 129, 27 Rn. 27, vom 28. November 2007 - BVerwG 6 C 42.06 - BVerwGE 130, 39 Rn. 29 und vom 2. April 2008 - BVerwG 6 C 15.07 - BVerwGE 131, 41 Rn. 20). Das ist hier der Fall. Die Beurteilung einer vorherrschenden Meinungsmacht nach § 26 RStV hängt, wie schon erwähnt, bei geringer gesetzlicher Determiniertheit von einer komplexen Bewertung ab, die die besonders sachverständigen (§ 35 Abs. 3 RStV) und an Weisungen nicht gebundenen (§ 35 Abs. 6 Satz 1 RStV) Mitglieder der KEK in einem dafür eigens vorgesehenen Verfahren durch Mehrheitsbeschluss (§ 37 Abs. 1 RStV) vorzunehmen haben.

43

b) Ob die KEK die Grenzen des ihr eingeräumten Beurteilungsspielraums eingehalten oder überschritten hat, unterliegt verwaltungsgerichtlicher Kontrolle. Die Verwaltungsgerichte haben nachzuprüfen, ob die Behörde die gültigen Verfahrensbestimmungen eingehalten hat, von einem richtigen Verständnis des anzuwendenden Gesetzesbegriffs ausgegangen ist, den erheblichen Sachverhalt vollständig und zutreffend ermittelt hat und sich bei der eigentlichen Beurteilung an allgemein gültige Wertungsmaßstäbe gehalten, insbesondere das Willkürverbot nicht verletzt hat.

44

Zum richtigen Verständnis des anzuwendenden Gesetzesbegriffs gehört hier, dass § 26 Abs. 2 RStV zwar nicht zwingend erfordert, dass die dort genannten Schwellenwerte für den Zuschaueranteil erreicht werden, aber Regelbeispiele enthält, die es nur bei Vorliegen gewichtiger Gründe ermöglichen, eine vorherrschende Meinungsmacht auch dann anzunehmen, wenn die Schwellenwerte nicht ganz erreicht werden. Diese indizielle Bedeutung der Regelbeispiele kann im Rahmen einer Gesamtabwägung nur kompensiert werden, wenn sich der Einzelfall aufgrund individueller Besonderheiten vom Normalfall so deutlich abhebt, dass ein Festhalten an der regelmäßig vorgesehenen Rechtsfolge unangemessen erscheint. Dabei hat die KEK zum einen den Sinn des Regelbeispiels und die dabei vom Gesetzgeber getroffenen Wertungen zu beachten und zum anderen sicherzustellen, dass die besonderen Umstände, auf die sie sich stützt, ihrem Gewicht nach den Regelbeispielen entsprechen. Besteht eine Ähnlichkeit mit einem Regelbeispiel, ist es dem Rechtsanwender nicht erlaubt, eigene Wertungen an die Stelle der Wertungen des Gesetzgebers zu setzen. Die KEK ist zu einer freien Gesamtabwägung erst dann aufgerufen, wenn der Einzelfall Besonderheiten aufweist, die sich durch kodifizierte Regelbeispiele nicht angemessen erfassen lassen. Die KEK hat danach die vom Gesetzgeber getroffene Wertung, dass ein Zuschaueranteil von weniger als 25 vom Hundert in der Regel als unbedenklich einzustufen ist, zu beachten. Nur wenn die vom Gesetzgeber vorgegebene Eingriffsschwelle im Lichte der Ziele des Gesetzes offensichtlich unangemessen ist, kann der § 26 Abs. 1 RStV im Rahmen einer Gesamtabwägung auch bei Unterschreitung der Schwellenwerte Anwendung finden (Holznagel/Krone, Wie frei ist die KEK? Ein Beitrag zur Auslegung des § 26 Abs. 2 Satz 2 RStV, MMR 2005, 666<673>).

45

Da es an der Möglichkeit einer Entscheidung in der Sache selbst nach § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO fehlt und das angegriffene Urteil nicht aus anderen Gründen richtig ist (§ 144 Abs. 4 VwGO), ist das Berufungsurteil gemäß § 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zurückzuverweisen.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten im Zusammenhang mit dem Wahlkampf im Vorfeld der Landtags- und Kreistagswahlen am 04. September 2011 um einen Anspruch der Antragstellerin auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für das Anbringen von insgesamt (mindestens) 60 Wahlplakaten in einem Format von DIN A1 im Gemeindegebiet von Eggesin.

2

Auf den Antrag der Antragstellerin auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis vom 10. Mai 2011 für das Anbringen von insgesamt (mindestens) 60 Wahlplakaten in einem Format von DIN A1 im Gemeindegebiet von Eggesin erteilte der Antragsgegner mit Bescheid vom 30. Mai 2011 unter Auflagen die Erlaubnis zur Anbringung von zwanzig Wahlplakaten an 10 bestimmten (numerisch benannten) gemeindeeigenen Werberahmen mit beidseitiger Plakatierungsmöglichkeit und lehnte damit sinngemäß den weitergehenden Antrag ab. Im Übrigen ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung an. Rechtsgrundlage hinsichtlich des erlaubten Plakatierungskontingents ist die Satzung für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen im Gebiet der Stadt Eggesin (Sondernutzungssatzung) vom 15. September 2010. Die Sondernutzungssatzung bestimmt in ihrem § 8 Abs. 2 insbesondere, dass die Bereitstellung der Plakatflächen für Wahlwerbung ausschließlich auf Straßenzüge mit Werberahmen beschränkt ist und die Stadt Eggesin jeder politischen Partei/Wählergemeinschaft/Einzelbewerber zur Teilnahme an der jeweils bevorstehenden Wahl maximal 10 (numerisch vorgegeben) Werberahmen zur beidseitigen Nutzung (2 Plakate je Rahmen) zur Verfügung stellt.

3

Den am 22. Juli 2011 von der Antragstellerin gestellten Antrag, den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig zu verpflichten, ihr „einstweilen zu erlauben, Wahlsichtwerbung durch Plakatierung nach ihrem Antrag vom 10. Mai 2011 zu erlauben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruches vom 27. Juni 2011 gegen die Teilversagungsverfügung des Antragsgegners vom 30. Mai 2011 wiederherzustellen“, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 29. Juli 2011 – 6 B 732/11 – abgelehnt.

II.

4

Die fristgemäß eingelegte und begründete (§§ 147 Abs. 1 Satz 1, 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) Beschwerde der Antragstellerin gegen diesen Beschluss, mit der sie ihr Begehren, weitere 40 Wahlplakate im Format DIN A1 im Gemeindegebiet von Eggesin anbringen zu dürfen, weiterverfolgt, hat keinen Erfolg und ist zurückzuweisen.

5

§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO bestimmt, dass die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen ist. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. In Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt. Wie sich aus § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO ergibt, können nur solche Gründe in die Prüfung einbezogen werden, die der Beschwerdeführer innerhalb der einmonatigen gesetzlichen Begründungsfrist vorbringt. Nach Ablauf dieser Frist können zwar fristgerecht – dem Darlegungserfordernis genügend – geltend gemachte Gründe vertieft, nicht aber neue Gründe in das Beschwerdeverfahren eingeführt werden.

6

Die Beschwerde ist unbegründet.

7

Nach § 123 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Maßgebend hierfür sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.

8

Die Antragstellerin hat zwar einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Auch wenn sie zwischenzeitlich nicht einmal die ihr zugebilligten Plakatierungsmöglichkeiten ausgenutzt haben mag, beabsichtigt sie die Anbringung weiterer Plakattafeln für die am 04. September 2011 stattfindenden Landtags- und Kreistagswahlen. Ihr Begehren ist daher eilbedürftig.

9

Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung stünde insoweit auch nicht entgegen, dass mit einer antragsgemäßen Entscheidung die Hauptsacheentscheidung vorweggenommen würde. Das Verbot der Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache gilt dann nicht, wenn die Versagung der Anordnung zu einem irreparablen Zustand führte und effektiver Rechtsschutz deshalb nur im Anordnungsverfahren gewährt werden kann. Dies ist bei einem Verfahren, in dem eine politische Partei unmittelbar vor einer Wahl die Verbesserung ihrer Werbemöglichkeiten erstrebt, wegen des drohenden Zeitablaufs regelmäßig der Fall. Diese Voraussetzungen wären auch hier zu bejahen, da die Antragstellerin vor dem Wahltag eine Entscheidung in der Hauptsache nicht erhalten kann und im Hinblick auf die bereits laufende „heiße“ Wahlkampfphase über den geltend gemachten Anspruch zu entscheiden ist.

10

Die Antragstellerin hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

11

Das ortsfeste Aufstellen oder Aufhängen von Wahlplakaten im öffentlichen Straßenraum stellt eine erlaubnispflichtige Sondernutzung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 StrWG M-V bzw. § 2 der Sondernutzungssatzung der Stadt Eggesin dar.

12

Die Benutzung der öffentlichen Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) bedarf danach der Erlaubnis des Trägers der Straßenbaulast. Die Erlaubnis darf, soweit es sich nicht um Zufahrten im Sinne des § 26 handelt, die der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung dienen, nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt werden. Für die Erlaubnis können Bedingungen und Auflagen festgesetzt werden (§ 22 Abs. 1 Satz 2 StrWG M-V).

13

Der Träger der Straßenbaulast befindet über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nach pflichtgemäßem Ermessen, welches gerichtlich nur in den Grenzen des § 114 VwGO überprüft werden kann. Ein strikter, im Wege der einstweiligen Anordnung in Gestalt der Regelungsanordnung durchzusetzender Rechtsanspruch kommt nur bei einer Ermessensreduzierung auf Null zugunsten der Antragstellerin in Betracht. Es ist allgemein anerkannt, dass für die Zeit des Wahlkampfes – jedenfalls in den letzten sechs Wochen vor dem festgesetzten Wahltermin – den zur Wahl zugelassenen Parteien und Gruppierungen aufgrund der Bedeutung der Wahlen in einem demokratischen Staat ein Anspruch darauf zusteht, in angemessener Weise Wahlsichtwerbung im Straßenraum zu betreiben. Dadurch wird in der Regel das Ermessen des Antragsgegners dahingehend eingeschränkt, dass entsprechende Sondernutzungserlaubnisse zu erteilen sind.

14

Bundesverfassungsrecht gibt nämlich – jedenfalls für den Regelfall – einen Anspruch, der darauf gerichtet ist, eine Wahlsichtwerbung auf öffentlichen Straßen zu ermöglichen.

15

Die Bedeutung von Wahlen für einen demokratischen Staat (vgl. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 und Art. 38 Abs. 1 GG) und die Bedeutung der Parteien für solche Wahlen, wie sie sich aus Art. 21 GG und den §§ 1 f. PartG ergibt, schränken das behördliche Ermessen bei der Entscheidung über die Erlaubnis zum Aufstellen von Wahlplakaten durch Parteien in so erheblichem Umfang ein, dass jedenfalls für den Regelfall – in den nachfolgend dargestellten Grenzen – ein Anspruch einer Partei auf Erlaubnis besteht. Die Sichtwerbung für Wahlen gehört auch aktuell noch zu den Mitteln im Wahlkampf der politischen Parteien und stellt weiterhin einen wichtigen Bestandteil der Vorbereitung demokratischer Wahlen dar, auch wenn ihre Bedeutung insbesondere mit Blick auf die Entwicklung der elektronischen Medien und moderne Kommunikationsformen in den letzten Jahren zurückgegangen sein dürfte. Die Wahlsichtwerbung als gewissermaßen selbstverständliches Wahlkampfmittel darf daher durch gänzliche oder auch nur weitgehende Verweigerung vorgesehener Erlaubnisse grundsätzlich nicht beschnitten werden. Bundesrecht gibt demnach zumindest dem Grunde nach einen Anspruch auf Gestattung der Wahlsichtwerbung durch Parteien (vgl. zum Ganzen grundlegend BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, BVerwGE 47, 280, und – VII C 43.72 –, BVerwGE 47, 293).

16

Dieser Anspruch besteht jedoch nicht unbeschränkt. Es ist in der Rechtsprechung ebenfalls anerkannt, dass die Gemeinde berechtigt ist, die Zahl der Werbeplakate im Stadtgebiet zu beschränken (kritisch dazu Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 27 ff.) und auch bestimmte Standorte – etwa aus Gründen der Verkehrssicherung – auszunehmen. Gleichfalls ist die Gemeinde berechtigt, dafür zu sorgen, dass eine wochenlange Verschandelung und Verschmutzung des Ortsbildes durch so genanntes "wildes Plakatieren" verhindert wird. Der Anspruch auf Gestattung einer Wahlsichtwerbung wird weiter dadurch beschränkt, dass er lediglich auf eine Werbung in einem Umfang gerichtet ist, der für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendig und angemessen ist. Ebenso wenig wie Rundfunk- und Fernsehanstalten verpflichtet sind, Sendezeiten für Wahlsendungen von Parteien unbegrenzt oder in dem von den Parteien für erforderlich gehaltenen Umfang bereitzustellen, braucht eine Gemeinde den Wünschen der Parteien auf Wahlsichtwerbung unbeschränkt Rechnung zu tragen. Der Anspruch der Parteien richtet sich auf eine angemessene Wahlsichtwerbung, ist aber auch auf eine solche beschränkt. In welcher Weise die Gemeinden dem verfassungsrechtlichen Gebot auf Einräumung von Stellplätzen in einem für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendigen und angemessenen Umfang Rechnung tragen, ist ihre Sache. Die Gemeinden sind dabei nur insofern eingeengt, als jedenfalls im Ergebnis jeweils angemessene Wahlwerbemöglichkeiten sichergestellt sein müssen, der allgemein in Art. 3 GG sowie speziell für Wahlen und Parteien in Art. 28 Abs. 1 Satz 2, Art. 38 Abs. 1 GG und in § 5 PartG niedergelegte Gleichheitssatz beachtet und schließlich sonstigen sich aus Bundesverfassungsrecht ergebenden Rechtsgrundsätzen, wie insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, Rechnung getragen sein muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.).

17

Die verfassungspolitische Unerwünschtheit von Splittergruppen und die Befugnis des Gesetzgebers, der Gefahr einer übermäßigen Aufsplitterung der Stimmen und Parteien bereits bei der Wahl und durch Aufnahme – jedenfalls bei der Landtagswahl – angemessener Sperrklauseln entgegenzuwirken, gibt dabei keine Rechtfertigung, die ohnehin nicht allzu optimistisch zu beurteilende Chance neuer und kleiner Parteien, ein Mandat zu erringen, im Vorfeld, also bei der Wahlvorbereitung und insbesondere der Wahlwerbung, zusätzlich zu reduzieren. Dies gilt vor allem für eine Wahlwerbung, die – wie die Plakatwerbung – verhältnismäßig billig, also auch für kleine und finanzschwache Parteien erschwinglich ist, aber einen nicht unerheblichen personellen Einsatz erfordert. Um die bestehenden Verhältnisse nicht durch die Beschränkung der Wahlwerbungsmöglichkeiten zu verfestigen, sind den einzelnen Parteien und Wählergruppen mindestens 5% der Gesamtzahl der Plakatierungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus kann sich die Verteilung nach dem Grundsatz der abgestuften Chancengleichheit des § 5 Abs. 1 Satz 2 PartG an der Bedeutung der Partei, insbesondere an deren letzten Wahlergebnissen bemessen. Jedoch ist kleineren Parteien und Wählergruppen im Verhältnis zu den großen Parteien grundsätzlich eine überproportionale, großzügig bemessene Mindestzahl an Plakatstellplätzen zuzuerkennen, während diese Zahl bei den großen Parteien entsprechend zu kürzen ist, damit diese nicht schon durch die bloße Menge der Plakate der großen Parteien ohne Wirkung bleiben. Die zulässige Grenze ist dabei überschritten, wenn der größten Partei mehr als etwa das Vier- bis Fünffache an Stellplätzen eingeräumt wird als der kleinsten Partei (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.). Nach anderer Auffassung sollen allerdings die hinsichtlich der Wahlwerbesendungen im Rundfunk entwickelten Grundsätze auf die Wahlsichtwerbung auf öffentlichen Straßen und Plätzen nicht übertragbar sein, es sei verfassungsrechtlich nicht geboten, den Parteien zum Zwecke der Wahrung staatlicher Wettbewerbsneutralität eine nach Maßgabe der Bedeutung der Parteien abgestufte Zahl von Stellplätzen zuzuweisen (vgl. Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 28).

18

Was als Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung zu sehen ist, lässt sich nicht abstrakt beantworten. Es hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab, unter welchen Voraussetzungen den Parteien jeweils eine nach Umfang (Zahl der Stellplätze) und Aufstellungsort (Werbewirksamkeit des Anbringungsortes) angemessene Werbemöglichkeit eingeräumt wird, um ihnen wirksame Wahlpropaganda zu ermöglichen. Insoweit ist auch nach der Art der Wahl, der Größe der Gemeinde und danach zu differenzieren, wie groß die Zahl der Parteien und Wählervereinigungen ist, die an der Wahl teilnehmen. Die Werbewirksamkeit eines Aufstellungsortes wird dabei durch eine Vielzahl von Parametern bestimmt, wie z. B. die Beschaffenheit seines näheren Umfeldes etwa im Hinblick auf sonstige Werbung. Die Rechtmäßigkeit der Beschränkung der Plakatierungsmöglichkeiten beurteilt sich demgemäß danach, ob im Hinblick auf die Anzahl der an der Wahl teilnehmenden Parteien und Wählergruppen eine ausreichende Anzahl von Plakatierungsmöglichkeiten insgesamt zugelassen wird, sowie danach, ob die Gesamtzahl der Plakatierungen in einem angemessenen Verhältnis auf die einzelnen Parteien und Wählergruppen verteilt worden ist (vgl. VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.).

19

Die Plakatierungsmöglichkeiten müssen hinreichend dicht sein, um den Parteien und Wählergruppen "gewissermaßen flächendeckend" Wahlwerbung im gesamten Gemeindegebiet zu ermöglichen und den nötigen Raum zur Selbstdarstellung zu geben (VG Saarlouis, Beschl. v. 12.02.2001 – 2 F 14/01 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 18.08.2009 – 14 L 842/09 –, juris; VG Aachen, Beschl. v. 01.12.2006 – 6 L 628/06 –, juris; VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris; Sauthoff, in: Sauthoff/Witting, StrWG M-V, Stand: Oktober 2010, § 22 Rn. 24).

20

Das Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung wird in der Rechtsprechung teilweise dahingehend konkretisiert, dass die nötige Selbstdarstellung jedenfalls dann noch gewährleistet sein soll, wenn jede Partei rechnerisch in „jedem Wahlbezirk“ mindestens eine Möglichkeit zur Wahlsichtwerbung besitze. Erforderlich, aber auch ausreichend sei es, wenn – jedenfalls in Großstädten – ein Aufstellungsort für je 100 Einwohner (für alle Parteien) zur Verfügung stehe (vgl. VG Aachen, Beschl. v. 01.12.2006 – 6 L 628/06 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 02.09.1998 – 14 L 2689/98 –, NWVBl 99, 106 ff.; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O.). Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Antragstellerin an Landtags- und Kreistagswahlen teilnimmt, sowie der Mindestquote von 5 % der bereitgestellten Plätze für kleine Parteien hat das Verwaltungsgericht im Ansatz zutreffend ausgeführt, dass der Antragsgegner der Antragstellerin nach diesem Maßstab ausgehend von einer Einwohnerzahl von ca. 5.200 mit 20 Plakatierungsmöglichkeiten für zwei Wahlen ausreichend Werbeflächen zur Verfügung gestellt hätte und dann kein weitergehender Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis bestünde.

21

Demgegenüber wird jedoch auch vertreten, dass jeder kandidierenden politischen Partei ein Aufstellungsort für je 100 Einwohner zur Verfügung stehen müsse (vgl. VG Gießen, Beschl. v. 27.02.2001 – 8 G 335/01 –, NVwZ-RR 2001, 417 – zitiert nach juris). Legte man diesen Maßstab zugrunde, hätte die Antragstellerin jedenfalls einen Anordnungsanspruch im Umfang der von ihr zusätzlich beanspruchten 40 Plakatierungsmöglichkeiten.

22

Noch weitergehender wird in der Literatur der Standpunkt eingenommen, solange mit der Sichtwerbung keine Gefahren für andere Rechtsgüter einhergingen, sei es nicht Aufgabe der öffentlichen Hand, die Aufstellung von Plakatständern zu Gunsten oder zu Lasten einzelner Parteien zu reglementieren (vgl. Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 28 f.; vgl. ähnlich OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 – zitiert nach juris).

23

Das Verwaltungsgericht hat schließlich zutreffend darauf hingewiesen, dass auch gerichtliche Entscheidungen vorliegen, denen Aufstellungsort/Einwohnerzahlquoten zugrunde lagen, die zwischen den vorstehend genannten Eckpunkten liegen (vgl. auch OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 , das eine Quote von einem Plakat pro 50 Einwohner verwirft, weil für die entsprechende rechnerische Ableitung keine tragfähigen Sachgründe benannt worden seien).

24

Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass die gerichtliche Überprüfung, ob das erforderliche Mindestmaß an Wahlwerbemöglichkeiten für die Parteien gewahrt ist, nicht auf die Betrachtung von Quoten im vorstehenden Sinne reduziert werden darf, sondern die Umstände des Einzelfalles umfassend – nach Maßgabe des Prüfungsmaßstabes des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens – in den Blick zu nehmen hat (vgl. VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris). Dabei sind auch veränderte Rahmenbedingungen, etwa eine Änderung des Kommunalwahlrechts durch Wegfall von Sperrklauseln, neuartige Möglichkeiten der Werbung (z. B. Internet) oder Erscheinungen wie eine vielfach beklagte „Reizüberflutung“ zu beachten. Nach diesen Umständen des Einzelfalles ist zu beurteilen, ob jeweils ein nach Umfang (Zahl der Stellplätze) und Aufstellungsort (Werbewirksamkeit des Anbringungsortes) angemessenes Mindestmaß an Werbemöglichkeit eingeräumt ist bzw. eine wirksame Wahlpropaganda ermöglicht wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., Rn. 13, 22); diese materiellen Anforderungen bilden den maßgeblichen materiellen Maßstab. Die Betrachtung von Quoten im vorstehenden Sinne stellt sich lediglich als ein beachtliches, auf diesen materiellen Maßstab bezogenes Kriterium der erforderlichen Gesamtbetrachtung dar.

25

Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin an zwei Wahlen teilnimmt, die zeitgleich stattfinden. Der Senat folgt insoweit dem Ansatz des Verwaltungsgerichts, dass der Antragstellerin für beide Wahlen angemessene Wahlwerbemöglichkeiten eingeräumt werden müssen. Eine weitere Differenzierung danach, ob eine Partei auch in dem betroffenen Gemeindegebiet mit einem Direktkandidaten/einer Direktkandidatin antritt, ist von Verfassungs wegen nach Auffassung des Senats nicht in dem Sinne gegeben, dass insoweit von einer weiteren Wahl auszugehen wäre, die nochmals eine entsprechende Erhöhung der Plakatierungsmöglichkeiten nach sich zöge. Die Wahl der Abgeordneten nach Wahlkreisen (§§ 1 Abs. 2, 3 LWG) und die Wahl nach Landeslisten der Parteien (§§ 1 Abs. 2, 4 LWG) sind Bestandteileiner Wahl zum Landtag. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin rechtfertigt auch der Umstand, dass am 04. September 2011 neben den Landtags- und Kreistagswahlen ein Bürgerentscheid gemäß § 2 Abs. 2 Landkreisneuordnungsgesetz über den Kreisnamen stattfindet, keine Erhöhung des ihr als Mindestmaß zustehenden Plakatierungskontingents. Die vorstehenden Erwägungen zum bundesverfassungsrechtlich abgesicherten Anspruch der Parteien auf eine angemessene Wahlsichtwerbung sind offensichtlich nicht einschlägig. Der Bürgerentscheid ist keine Wahl. Die Parteien haben selbstverständlich auch insoweit die Möglichkeit, bezogen auf einen Bürgerentscheid einen bestimmten Standpunkt einzunehmen. Im Grundsatz dürfte ihrer entsprechenden Meinungsäußerung hierzu jedoch kein größeres Gewicht beigemessen werden können als der Meinungsäußerung jedes einzelnen abstimmungsberechtigten Bürgers. Wollte man hier den Parteien – ohne verfassungsrechtliche Grundlage – einen Sichtwerbungsanspruch zubilligen, müsste folglich jedem abstimmungsberechtigten Bürger in gleicher Weise ein solcher Anspruch eingeräumt werden. Dass dies nicht möglich sein dürfte, scheint offensichtlich. Der Umstand, dass am 04. September 2011 im Übrigen ebenfalls die Direktwahl des Landrates/der Landrätin stattfindet, hat auf das Plakatkontingent der Antragstellerin keinen Einfluss, weil sie daran nicht mit einem eigenen Kandidaten/einer Kandidatin teilnimmt. Demnach ist davon auszugehen, dass von den der Antragstellerin zugebilligten Plakatierungsmöglichkeiten jeweils die eine Hälfte auf die Landtagswahl, die andere Hälfte auf die Kreistagswahl entfällt. Pro Wahl darf die Antragstellerin also 10 Plakate anbringen. Die entsprechende Beschränkung der Wahlsichtwerbung erweist sich vorliegend als ermessensfehlerfrei.

26

Die Gesamtbetrachtung, die zu dieser Schlussfolgerung führt, wird maßgeblich durch folgende Umstände bestimmt:

27

Der Antragsgegner hat in seiner Beschwerdeerwiderung nachvollziehbar und plausibel ausgeführt, dass die in Eggesin insbesondere der Antragstellerin an bestimmten Standorten im Ortszentrum zugewiesene Zahl an Werbemöglichkeiten ausreichend sei, um ihr das erforderliche Mindestmaß an bzw. eine angemessene Wahlwerbung zu ermöglichen. Insbesondere hat der Antragsgegner darauf hingewiesen, dass die Ortschaft auf eine relativ kleine Fläche konzentriert und derart überschaubar sei, dass schon wenige Plakate von nahezu allen Einwohnern wahrgenommen werden würden. Bei den Straßen, an denen die insgesamt 104 Plakatträger verteilt seien, handele es sich um hochfrequentierte Straßen, die die Ortslage Eggesin durchzögen. Zusätzlich sei die Straße „Am Binning“ mit insgesamt 23 Plakatträgern ausgestattet worden, da diese Gemeindeverbindungsstraße als Anbindung von Torgelow-Holl und anderen Umlandgemeinden sowie wegen eines dortigen Gewerbegebietes ebenfalls sehr frequentiert sei. Insoweit weisen die vorgegebenen Werbeträgerstandorte unter dem Blickwinkel ihrer Wirksamkeit eine hohe Qualität auf.

28

Die Stadt Eggesin hat zwar eine Gesamtfläche von ca. 88 km² (Quelle: www.sisonline.statistik.m-v.de/orte/2529/Eggesin_Stadt; vgl. auch wikipedia). Anders als im städtischen Bereich (Verfahren Az. 1 M 145/11) konzentriert sich die Einwohnerzahl dabei im Wesentlichen aber auf einer deutlich geringeren Fläche der Ortslage der Stadt Eggesin, während das Gemeindegebiet im Übrigen ländlich geprägt bzw. im Vergleich zu städtischen Gebieten dünn besiedelt ist und eine relativ niedrige Bevölkerungsdichte (ca. 59 Einwohner je km²) aufweist. Der Ansatz des Antragsgegners, die Wahlwerbung dort konzentriert zuzulassen, wo sich auch die Einwohner konzentrieren, erscheint deshalb grundsätzlich zulässig. Insoweit erweist sich die Gesamtfläche der betroffenen Gemeinde unter dem Blickwinkel der Wirksamkeit und Reichweite von Wahlsichtwerbung als erheblich weniger bedeutsam als in städtisch geprägten Gebieten. Die Ortslage Eggesin weist insgesamt lediglich eine bebaute bzw. bewohnte Fläche auf, die bei weitem nicht der Gesamtgröße der Gemeinde entspricht. Hinsichtlich dieser vergleichsweise geringen Fläche dürften die auf der Grundlage der Sondernutzungssatzung mit Bescheid vom 30. Mai 2011 vorgesehenen Werbeträgerstandorte unter dem Aspekt ihrer Werbewirksamkeit und Reichweite auch hinreichend eine „flächendeckende“ Wahlpropaganda ermöglichen, selbst wenn sich auf großen Flächen mehr oder weniger unbewohnter Gebiete keine Plakatierungsmöglichkeiten befinden. Dem von der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 23. August 2011 geltend gemachten Umstand, dass in zahlreichen Straßen keine Werbemöglichkeiten bestünden, steht gegenüber, dass die zugelassenen Plakatstandorte aufgrund ihres Standortes an hochfrequentierten Straßen in diese anderen Bereiche des Stadtgebiets „hineinstrahlen“. Wenn die Antragstellerin geltend macht, vor allem die kommunikationsintensiven zentralen Stadtbereiche würden faktisch von der Wahlwerbung ausgeschlossen, widerspricht dieser – im Übrigen nur pauschale – Vortrag ihrem eigenen Vorbringen in der Beschwerdebegründung, wonach das Argument des Schutzes eines historischen Stadtkerns im Falle der Stadt Eggesin nicht greife, weil Hauptdurchgangsstraßen durch den Stadtkern führten. Diese Hauptdurchgangsstraßen sind jedoch gerade mit Wahlwerbemöglichkeiten ausgestattet.

29

Diese Betrachtung der Bevölkerungsverteilung führt zu der Annahme, dass auch unter Zugrundelegung der unterschiedlichen Maßstäbe für die Ermittlung des Mindestmaßes an erforderlicher Wahlsichtwerbung von einem Plakat pro 100 Einwohner für alle Parteien einerseits oder für jede Partei andererseits die vom Antragsgegner zugebilligte Plakatzahl von zwanzig für zwei Wahlen ausreichend sein dürfte.

30

Erhebliches Gewicht kommt auch dem Umstand zu, dass die Antragstellerin die Möglichkeit hat, an den ihr zugewiesenen Standorten ausschließlich ihre Wahlplakate ohne optische Konkurrenz durch Wahlwerbung anderer Parteien auf demselben Plakatträger anzubringen. Die Werbewirksamkeit ihrer Plakate wird insoweit nicht eingeschränkt; anders als im Fall von Großplakatflächen, die mehrere Parteien gemeinsam nutzen (müssen), besteht hier nicht die Gefahr, dass die Plakate der Antragstellerin in einer Flut anderer Wahlplakate untergehen.

31

Soweit die Antragstellerin auf die Zahl der Stimmbezirke in Eggesin (5) verweist, spricht dies nach der oben zitierten Rechtsprechung nicht für den Anspruch der Antragstellerin. Denn danach wird es als ausreichend für die nötige Selbstdarstellung angesehen, wenn jede Partei rechnerisch in „jedem Wahlbezirk“ mindestens eine Möglichkeit zur Wahlsichtwerbung besitze. Die Antragstellerin trägt selbst vor, dass ihr je Wahl rechnerisch die doppelte Anzahl von zwei Plakaten je Stimmbezirk zur Verfügung steht.

32

Wenn die Antragstellerin schließlich rügt, sie werde unter Missachtung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mit Kleinstparteien gleichbehandelt, begründet dies ebenfalls keinen weitergehenden Anspruch auf Wahlsichtwerbung. Zum einen übersieht die Antragstellerin, dass kleine Parteien nach der von ihr in Bezug genommenen – vorstehend zitierten – Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eher überproportional bei den Möglichkeiten zur Wahlsichtwerbung berücksichtigt werden sollen und die großen Parteien eher unterproportional. Sie blendet zum anderen aus, dass sie ihrerseits im Vergleich zu deutlich größeren Parteien von der Gleichbehandlung durch den Antragsgegner profitiert, also eine Benachteiligung auf der einen Seite jedenfalls durch eine Bevorzugung auf der anderen Seite wieder ausgeglichen wird und folglich eine Besserstellung der Antragstellerin im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht notwendig erscheint. Dass Bundesrecht in Gestalt von § 5 Abs. 1 Satz 4 ParteiG verletzt sein könnte und die Antragstellerin als im Bundestag mit Fraktionsstärke vertretene Partei nicht mindestens die Hälfte der Wahlwerbemöglichkeiten zugebilligt erhalten haben könnte wie jede andere Partei auch, ist nicht ersichtlich.

33

In Würdigung dieser Gesamtumstände bestehen nach dem Prüfungsmaßstab des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nach alledem keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin einen weitergehenden Anspruch auf Zulassung von Wahlsichtwerbung hat. Unter diesen Umständen ist auch nicht ersichtlich, dass für eine isolierte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die sinngemäße Ablehnung der über eine Wahlwerbung mit 20 Plakaten hinausgehenden Werbung ein Rechtsschutzbedürfnis bestehen könnte.

34

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

35

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1 u. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 47 GKG, und berücksichtigt den Umstand, dass eine stattgebende Entscheidung zur Vorwegnahme der Hauptsache geführt hätte.

(1) Die Abgeordneten des Deutschen Bundestages werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.

(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit eintritt.

(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.

(1) Wenn ein Träger öffentlicher Gewalt den Parteien Einrichtungen zur Verfügung stellt oder andere öffentliche Leistungen gewährt, sollen alle Parteien gleichbehandelt werden. Der Umfang der Gewährung kann nach der Bedeutung der Parteien bis zu dem für die Erreichung ihres Zweckes erforderlichen Mindestmaß abgestuft werden. Die Bedeutung der Parteien bemißt sich insbesondere auch nach den Ergebnissen vorausgegangener Wahlen zu Volksvertretungen. Für eine Partei, die im Bundestag in Fraktionsstärke vertreten ist, muß der Umfang der Gewährung mindestens halb so groß wie für jede andere Partei sein.

(2) Für die Gewährung öffentlicher Leistungen in Zusammenhang mit einer Wahl gilt Absatz 1 während der Dauer des Wahlkampfes nur für Parteien, die Wahlvorschläge eingereicht haben.

(3) Öffentliche Leistungen nach Absatz 1 können an bestimmte sachliche, von allen Parteien zu erfüllende Voraussetzungen gebunden werden.

(4) Der Vierte Abschnitt bleibt unberührt.

Tenor

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller die beantragte Sondernutzungserlaubnis für die Aufstellung von 50 zweiseitigen Wahlplakaten (DIN A0) an 50 Standorten im gesamten Stadtgebiet für die Bürgermeisterwahl am 21.02.2016 zu erteilen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.

Der Streitwert wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für die Aufstellung von 50 zweiseitigen Wahlplakaten (DIN A0) an 50 Standorten im gesamten Stadtgebiet für die Bürgermeisterwahl am 21.02.2016.

2

In der Stadt ..., die aktuell rund 9.100 Einwohner und eine Fläche von 18 Quadratkilometern aufweist, tritt zur Bürgermeisterwahl neben vier weiteren Bewerbern auch eine Bewerberin auf Vorschlag des Antragstellers an.

3

Die durch Beschlussfassung der Stadtvertretung vom 29.03.2012 erlassene „Satzung über die Sondernutzung an öffentlichen Straßen in der Stadt ..." (im Folgenden: Sondernutzungssatzung) enthält in § 3 folgende Regelungen:

4

§3
Erteilung der Sondernutzungserlaubnis

5

(1) [...]

6

(2) Die Sondernutzungserlaubnis wird auf Dauer mit der Möglichkeit des Widerrufs auf Zeit oder jederzeitigem Widerruf erteilt. Es können Bedingungen und Auflagen festgesetzt werden, insbesondere zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit sowie bei Stellschildern auch hinsichtlich der Anzahl.

7

(3) Abweichend von (2) können im Zeitraum von 4 Wochen vor dem Termin einer Europa-, Bundestags-, Landtags-, Kommunal- oder Bürgermeisterwahl politische Parteien im Sinne des Parteiengesetzes bzw. Einzelbewerber maximal 10 Stellschilder aufstellen, wenn Sie sich an der jeweiligen Wahl beteiligen.

8

Mit Schreiben vom 11.01.2016 hat der Antragsteller bei der Antragsgegnerin eine „Ausnahmegenehmigung von der Sondernutzungserlaubnis gemäß § 3 Abs. 3" der Sondernutzungssatzung für die Aufstellung von 50 zweiseitigen Wahlplakaten (DIN A0) an 50 Standorten im gesamten Stadtgebiet für die Bürgermeisterwahl am 21.02.2016 beantragt. Dieser Antrag wurde von der Antragsgegnerin mit Bescheid vom 14.01.2016 unter Bezugnahme auf die geltende Sondernutzungssatzung, die dem Zweck diene, „zu Gunsten eines optisch ansprechenden Ortsbildes ein übermäßiges, wildes Plakatieren zu unterbinden", abgelehnt. Der vom Antragsteller mit Schreiben vom 16.01.2016 eingelegte Widerspruch ist bislang noch nicht beschieden worden.

9

Am 18.01.2016 hat der Antragsteller einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Er ist der Auffassung, die Beschränkung auf lediglich 10 Stellplätze für Wahlplakate im Vorfeld der Bürgermeisterwahl verstoße gegen höherrangiges Recht, weil hiermit die verfassungsrechtliche Bedeutung von Wahlen verkannt werde.

10

Der Antragsteller beantragt,

11

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller die begehrte Sondernutzungserlaubnis gemäß seines Antrags vom 11. Januar 2016 bis zum Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung über die Hauptsache zu erteilen.

12

Die Antragsgegnerin hat keinen Antrag gestellt und stattdessen mit Schriftsatz vom 21.01.2016 mitgeteilt, dass anlässlich des Antrags des Antragstellers zum 03.02.2016 eine Sitzung der Stadtvertretung A-Stadt einberufen worden sei, mit dem Ziel, die maximale Zahl der Stellschilder in § 3 Abs. 3 der Sondernutzungssatzung auf 50 zu erhöhen, um auf diese Weise den Antragsteller klaglos zu stellen.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Parteien wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

II.

14

Der Antrag ist zulässig und begründet.

15

Der Antragsteller ist für dieses Verfahren beteiligungsfähig gemäß § 61 Nr. 2 VwGO. Danach sind Vereinigungen fähig, am Verfahren beteiligt zu sein, soweit ihnen ein Recht zustehen kann. Eine Vereinigung i. S. des § 61 Nr. 2 VwGO ist ein Parteiortsverein im Streit um die straßenrechtliche Sondernutzungserlaubnis für Wahlsichtwerbung jedenfalls dann, wenn diese - wie hier - die Bürgermeisterwahl am Ort betrifft (vgl. OVG Saarland, Beschluss vom 05.08.1998 - 2 V 14/98 - juris).

16

Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen notwendig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass ein Anordnungsanspruch und ein Anordnungsgrund glaubhaft gemacht werden.

17

Ein Anordnungsanspruch für den Erlass einer Regelungsanordnung ist gegeben, wenn eine - in der Regel aufgrund summarischer Prüfung vorzunehmende - Vorausbeurteilung der Erfolgsaussichten einer eventuellen Hauptsacheklage ergibt, dass das Obsiegen in der Hauptsache zumindest überwiegend wahrscheinlich ist. Nimmt der Erlass der einstweiligen Anordnung die Hauptsache (vorläufig) vorweg, sind an einen solchen Antrag besondere Anforderungen zu stellen. Mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung darf grundsätzlich nicht etwas begehrt und im gerichtlichen Verfahren zugesprochen werden, was als Vorgriff auf den im Hauptsacheverfahren geltend zu machenden Anspruch anzusehen ist. Eine Durchbrechung dieses Verbots der Vorwegnahme der Hauptsache kommt nur dann ausnahmsweise in Betracht, wenn das Abwarten der Hauptsache für den Antragsteller unzumutbar wäre (BVerwG, Beschluss vom 21.01.1999 - 11 VR 8/98 - NVwZ 1999, 650). Eine solche Ausnahme setzt voraus, dass einerseits zumindest eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit eines Obsiegens in der Hauptsache besteht und andererseits Rechtsschutz in der Hauptsache wegen der langen Verfahrensdauer nicht rechtzeitig erlangt werden kann und dies zu schweren und unzumutbaren, anders nicht abwendbaren Nachteilen für den Antragsteller führt, die sich auch bei einem späteren Erfolg in der Hauptsache nicht mehr ausgleichen lassen (vgl. BVerfGE 79, 69; BVerwGE 109, 258, 262; Finkelnburg/Jank, Vorläufiger Rechtsschutz in Verwaltungsstreitverfahren, 4. Auflage 1998, Rn. 212 m. w. N.). Dies ist bei einem Verfahren, in dem eine politische Partei unmittelbar vor einer Wahl die Verbesserung ihrer Werbemöglichkeiten erstrebt, wegen des drohenden Zeitablaufs regelmäßig der Fall (OVG Greifswald, Beschluss vom 24.08.2011, 1 M 145/11, zitiert nach Juris). Diese Voraussetzungen sind auch hier zu bejahen, da der Antragsteller vor dem Wahltag am 21.02.2016 eine Entscheidung in der Hauptsache nicht erhalten kann und im Hinblick auf die bereits laufende „heiße" Wahlkampfphase über den geltend gemachten Anspruch zu entscheiden ist.

18

Dem Antragsteller steht aufgrund der am 21.02.2016 stattfindenden Bürgermeisterwahl ein Anordnungsgrund zu. Dem steht auch die Ankündigung der Antragsgegnerin nicht entgegen, zum 03.02.2016 werde eine Sitzung der Stadtvertretung A-Stadt einberufen, mit dem Ziel, die maximale Zahl der Stellschilder in § 3 Abs. 3 der Sondernutzungssatzung auf 50 zu erhöhen. Denn zum einen kann das Ergebnis der Befassung des Gremiums nicht sicher vorausgesagt werden und zum anderen ist in Anbetracht der bevorstehenden Wahl und dem vom Antragsteller glaubhaft dargelegten Vorlauf von mindestens 10 Arbeitstagen zum Drucken der Plakate vorliegend eine besondere Eile geboten.

19

Auch ein Anordnungsanspruch steht dem Antragsteller zu. Die Ablehnung des Antrages vom 14.01.2016 durch die Antragsgegnerin ist rechtsfehlerhaft und verletzt den Antragsteller in seinen Rechten. Ihm steht der geltend gemachte Anspruch gemäß § 21 StrWG auf die beantragte Sondernutzungserlaubnis für die Aufstellung von 50 zweiseitigen Wahlplakaten (DIN A0) an 50 Standorten im gesamten Stadtgebiet zu.

20

Die Sichtwerbung politischer Parteien im Wahlkampf über den Gemeingebrauch hinaus stellt eine straßenrechtliche Sondernutzung dar, die der Erlaubnis nach dem Straßen- und Wegegesetz (§ 21 StrWG) bedarf. Mit Blick auf die Bedeutung von Wahlen in einem demokratischen Staat (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 und Art. 38 Abs. 1 GG) und die Bedeutung der Parteien für solche Wahlen im Rahmen der politischen Willensbildung (Art. 21 GG, §§ 1 f, 5 Parteiengesetz) müssen die durch Wahlsichtwerbung eintretenden Behinderungen der Straßenbenutzung in einem bestimmten Umfang hingenommen werden. Die Sichtwerbung für Wahlen gehört zu den Mitteln im Wahlkampf der politischen Parteien und ist zu einem wichtigen Bestandteil der Wahlvorbereitung in der heutigen Demokratie geworden. Die verfassungsrechtliche Bedeutung von Wahlen und Parteien schränkt das behördliche Ermessen bei der Entscheidung über die Erlaubnis zum Aufstellen von Wahlplakaten durch Parteien in so erheblichem Umfang ein, dass jedenfalls für den Regelfall ein Anspruch einer Partei auf Erlaubnis besteht (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.1974, VII C 42.72, zitiert nach Juris).

21

Dabei braucht die zuständige Behörde jedoch die diesbezüglichen Wünsche der Parteien nicht unbeschränkt zu erfüllen, sondern kann in den Grenzen ihres durch das verfassungsrechtliche Gebot, ausreichende Flächen zur Verfügung zu stellen, beschränkten Ermessens entscheiden, auf welche Weise sie diesem Gebot Rechnung trägt (vgl. OVG Saarlouis, Beschluss vom 02.06.2009 - 1 B 347/09 in ZfS 8/2009, S. 477 f.). Dabei kann sie auch die Zahl der Werbeplakate im Stadtgebiet beschränken und bestimmte Standorte ausnehmen (OVG Greifswald, Beschluss vom 24.08.2011, 1 M 127/11, zitiert nach Juris). Zu beachten ist in jedem Fall, dass das Ermessen dahingehend auszuüben ist, dass eine angemessene Wahlwerbemöglichkeit sichergestellt, der allgemein in Art. 3 GG und speziell für Wahlen und Parteien in Art. 28 Abs. 1 S. 2, Art. 38 Abs. 1 GG und § 5 PartG normierte Gleichheitssatz beachtet und dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit Rechnung getragen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 13.12.1974 - VII C 43.72).

22

Die Frage, was als Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung anzusehen ist, wird in der Rechtsprechung uneinheitlich beantwortet. Zum Teil wird das Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung in der Rechtsprechung dahingehend konkretisiert, dass es erforderlich, aber auch ausreichend sei, wenn - jedenfalls in Großstädten - ein Aufstellungsort für je 100 Einwohner (für alle Parteien) zur Verfügung stehe (vgl. VG Aachen, Beschl. v. 01.12.2006 - 6 L 628/06 -, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 02.09.1998 - 14L 2689/98 -, NWVBl 99, 106 ff.). Demgegenüber wird auch vertreten, jeder kandidierenden politischen Partei müsse ein Aufstellungsort für je 100 Einwohner zur Verfügung stehen (vgl. VG Gießen, Beschl. v. 27.02.2001 - 8 G 335/01 -, NVwZ-RR 2001, 417 - zitiert nach juris). Letztlich lässt sich diese Frage jedoch nicht abstrakt beantworten, sondern es hängt vielmehr von einer Gesamtbetrachtung der Umstände des Einzelfalls ab, ob den Parteien eine angemessene Werbemöglichkeit eingeräumt wird. Die Betrachtung von rechnerisch ermittelten Quoten stellt sich lediglich als ein beachtliches, auf diesen materiellen Maßstab bezogenes Kriterium der erforderlichen Gesamtbetrachtung dar (vgl. OVG Greifswald, Beschluss vom 24.08.2011, 1 M 145/11, zitiert nach Juris). Im Ergebnis müssen die Plakatierungsmöglichkeiten jedenfalls hinreichend dicht sein, um den Parteien und Wählergruppen "gewissermaßen flächendeckend" Wahlwerbung im gesamten Gemeindegebiet zu ermöglichen und den nötigen Raum zur Selbstdarstellung zu geben (OVG Greifswald, Beschluss vom 24.08.2011, 1 M 127/11 m. w. N., zitiert nach Juris).

23

Unter Zugrundelegung der vorstehend genannten Grundsätze hat die Antragsgegnerin ihr Ermessen bei der Entscheidung vom 14.01.2016 über die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis rechtsfehlerhaft ausgeübt, weil sie die sich aus der verfassungsrechtlichen Bedeutung von Wahlen in einem demokratischen Staat (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 und Art. 38 Abs. 1 GG) und der Parteien für solche Wahlen im Rahmen der politischen Willensbildung (Art. 21 GG, §§ 1 f, 5 Parteiengesetz) ergebenen Grenzen der Ermessungsausübung überschritten hat.

24

Wie der Begründung ihres Bescheides vom 14.01.2016 zu entnehmen ist, stützt die Antragsgegnerin ihre Ablehnung auf § 3 Abs. 3 der Sondernutzungssatzung, wobei sie offenkundig davon ausgeht, dass diese Regelung eine abschließende Höchstgrenze für das Aufstellen von Wahlplakaten von insgesamt nur 10 Stellschildern pro Partei im Stadtgebiet festlegt. Eine solche Beschränkung der Plakatierungsmöglichkeiten führt nach Auffassung des Gerichts dazu, dass den Parteien im Stadtgebiet von A-Stadt eine angemessene Wahlwerbung nicht möglich ist. Dies ergibt sich bereits aus einer Betrachtung der Relation zwischen den hiernach erlaubten Stellschildern auf der einen sowie Einwohnerzahl und Stadtfläche von A-Stadt auf der anderen Seite. Hier ergibt sich ein Verhältnis von rund 910 Einwohnern bzw. 1,8 Quadratkilometern pro Stellschild. Nach Überzeugung des Gerichts liegt es geradezu auf der Hand, dass bei einer solchen Quote hinreichend dichte und gewissermaßen flächendeckende Plakatierungsmöglichkeiten für eine Partei nicht gegeben sind. Vielmehr dürften 10 Plakate auf einer Fläche von 18 Quadratkilometern zwischen den im modernen Straßenbild allgemein bestehenden zahlreichen anderen, insbesondere gewerblichen, Werbeflächen geradezu „untergehen“. Im Rahmen der hier vorzunehmenden Gesamtbetrachtung sind auch keine Gesichtspunkte erkennbar, die eine derart restriktive - und im Übrigen auch undifferenzierte - Erlaubnispraxis rechtfertigen würden. Der pauschale Hinweis auf den Zweck, „zu Gunsten eines optisch ansprechenden Ortsbildes ein übermäßiges, wildes Plakatieren zu unterbinden“, stellt jedenfalls keinen hinreichenden Grund für eine derart erhebliche Einschränkung dar.

25

Aufgrund des Wortlautes und der Systematik des § 3 der Sondernutzungssatzung ist die von der Antragstellerin vorgenommene restriktive Auslegung der Regelung auch keineswegs zwingend. So heißt es in Abs. 3 ausdrücklich, dass Parteien „abweichend von (2)“ vor Wahlen maximal 10 Stellschilder aufstellen dürfen. Abs. 2 wiederum regelt die Modalitäten für die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis. Hieraus lässt sich ableiten, dass bis zu 10 Stellschilder pro Partei aufgestellt werden dürfen, ohne dass es - abweichend von Abs. 2 - hierfür einer ausdrücklichen Sondernutzungserlaubnis bedarf. Für alle weiteren Stellschilder wiederum ist eine Sondernutzungserlaubnis gemäß Abs. 2 zu beantragen. Nach diesem Verständnis legt die Regelung des Abs. 3 also lediglich eine für alle Parteien gleichermaßen geltende „Sockelanzahl“ fest, über welche die Antragsgegnerin nach pflichtgemäßen Ermessen im Rahmen einer Entscheidung nach Abs. 2 auch (deutlich) hinausgehen kann. Eine solche verfassungskonforme und damit geltungserhaltende Auslegung des § 3 Abs. 3 der Sondernutzungssatzung hält das Gericht vorliegend für geboten, da andernfalls bezüglich dieser Regelung ein Verstoß gegen höherrangiges (Verfassungs-)Recht festzustellen wäre.

26

Das Gericht hält es im Rahmen seines Ermessens für sachgerecht, dem Antragssteller zur Vermeidung schwerer und irreparabler Nachteile für seine Wahlwerbung zur Bürgermeisterwahl am 21.02.2016 einen Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für die Aufstellung von 50 zweiseitigen Wahlplakaten (DIN A0) an 50 Standorten im gesamten Stadtgebiet zu erteilen. Nach Überzeugung des Gerichts stellt das vom Antragsteller begehrte Aufstellen von 50 Wahlplakaten eine angemessene Wahlwerbung dar. Dies ergibt sich zunächst aus der damit entstehenden Relation von 182 Bürgern pro Plakat sowie dem Verhältnis von 36 ha Fläche pro Wahlplakat. Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung war zudem zu berücksichtigen, dass der Antragsteller ausweislich des Ergebnisses der letzten Kommunalwahl mit einem Stimmenanteil von 29,4 % derzeit die zweitstärkste politische Kraft in A-Stadt darstellt und demnach auch seinem Wahlvorschlag für die Bürgermeisterwahl eine entsprechende Bedeutung zukommen dürfte. Hinzu kommt, dass die vom Antragsteller unterstützte Bewerberin als einzige der fünf Bewerber nicht aus A-Stadt kommt und folglich ein besonderes Interesse besteht, ihren Bekanntheitsgrad gerade auch mit Hilfe von Wahlplakaten zu erhöhen.

27

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über den Streitwert aus §§ 52 Abs. 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG.


Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Antragsgegner unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 29. Juli 2011 – 6 B 726/11 – zu Ziffer 1. des Tenors im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller bis zum 25. August 2011, 12.00 Uhr, eine Sondernutzungserlaubnis für die Anbringung weiterer 28 Plakate im Format DIN A1 zu erteilen und ihm mindestens 14 zusätzliche Aufstellorte zu benennen, an denen der Antragsteller diese Wahlwerbungsplakate anbringen darf.

Dem Antragsgegner wird dabei freigestellt, ob er seinerseits die erforderlichen Plakatflächen – für Einzelplakate oder für mehrere Plakate, auch von anderen Parteien – aufstellt oder dem Antragsteller erlaubt, eigene Plakatflächen zu verwenden.

Soweit dem Antragsteller erlaubt wird, eigene Plakatflächen zu verwenden, darf der Antragsgegner die Sondernutzungserlaubnis mit der Auflage versehen, dass der Antragsteller die betreffende Plakatwerbung innerhalb von zwei Wochen nach dem Wahltag aus dem öffentlichen Verkehrsraum zu entfernen hat.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten werden insgesamt gegeneinander aufgehoben.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten im Zusammenhang mit dem Wahlkampf im Vorfeld der Landtags- und Kreistagswahlen am 04. September 2011 um einen Anspruch des Antragstellers auf Erteilung einer – weiteren – Sondernutzungserlaubnis für das Anbringen von 97 Plakattafeln in einem Format von DIN A1 im Stadtgebiet von Wolgast.

2

Mit Schriftsatz vom 13. Juli 2011 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner, ihm „über die erlaubten vier Plakate die Anbringung weiterer 115 Plakate zu erlauben“. Mit Bescheid vom 15. Juli 2011 erteilte der Antragsgegner dem Antragsteller auf der Grundlage einer entsprechenden Beschlusslage der Stadtvertretung sinngemäß eine Sondernutzungserlaubnis für die Anbringung von jeweils zwei Plakaten im Format DIN A1 an 11 Standorten, für die die Stadt Wolgast Plakattafeln bereit gestellt hat, die in gleicher Weise allen anderen Parteien oder Wählervereinigungen zur Verfügung stehen. An diesen Standorten sind in zehn Fällen jeweils zwei Plakattafeln, in einem Fall eine einzelne Tafel vorhanden. Die Tafeln können auf Vorder- und Rückseite jeweils mit sechs Plakaten im Format DIN A1 beklebt werden. Im Übrigen lehnte der Antragsgegner sinngemäß den „Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zum Anbringen von 119 Wahlplakaten“ ab.

3

Den daraufhin vom Antragsteller gestellten Antrag, den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm für den Landtags- und Kreistagswahlkampf Mecklenburg-Vorpommern 2011 über die erteilte Sondernutzungserlaubnis hinaus das Anbringen von weiteren 97 Plakattafeln in einem Format von DIN A1 im Stadtgebiet von Wolgast zu erlauben, hilfsweise den Antragsteller neu zu bescheiden, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 29. Juli 2011 – 6 B 726/11 – abgelehnt.

II.

4

Die fristgemäß eingelegte und begründete (§§ 147 Abs. 1 Satz 1, 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) Beschwerde des Antragsstellers gegen diesen Beschluss hat nach Maßgabe des Tenors teilweise Erfolg und ist im Übrigen zurückzuweisen.

5

§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO bestimmt, dass die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen ist. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. In Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt. Wie sich aus § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO ergibt, können nur solche Gründe in die Prüfung einbezogen werden, die der Beschwerdeführer innerhalb der einmonatigen gesetzlichen Begründungsfrist vorbringt. Nach Ablauf dieser Frist können zwar fristgerecht – dem Darlegungserfordernis genügend – geltend gemachte Gründe vertieft, nicht aber neue Gründe in das Beschwerdeverfahren eingeführt werden.

6

Die Beschwerde ist im Hauptantrag teilweise begründet. Der Antragsteller macht mit seiner Beschwerde, deren Begründung dem Darlegungserfordernis genügt, teilweise zu Recht geltend, dass ihm nach dem Prüfungsmaßstab des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ein Anordnungsanspruch zur Seite steht, der ihm nach Maßgabe der nachfolgenden Erwägungen das Recht zur Aufstellung bzw. Anbringung weiterer 28 Plakate im Format DIN A1 bzw. einen Anspruch auf vorläufige Erteilung einer entsprechenden Sondernutzungserlaubnis einräumt. Der darüber hinaus vom Antragsteller geltend gemachte Anspruch besteht jedoch nicht, insoweit und im Hilfsantrag ist die Beschwerde unbegründet.

7

Nach § 123 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Maßgebend hierfür sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.

8

Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Er beabsichtigt die Anbringung weiterer Plakattafeln für die am 04. September 2011 stattfindenden Landtags- und Kreistagswahlen. Sein Begehren ist daher eilbedürftig.

9

Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung stünde insoweit auch nicht entgegen, dass mit einer antragsgemäßen Entscheidung die Hauptsacheentscheidung vorweggenommen würde. Das Verbot der Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache gilt dann nicht, wenn die Versagung der Anordnung zu einem irreparablen Zustand führte und effektiver Rechtsschutz deshalb nur im Anordnungsverfahren gewährt werden kann. Dies ist bei einem Verfahren, in dem eine politische Partei unmittelbar vor einer Wahl die Verbesserung ihrer Werbemöglichkeiten erstrebt, wegen des drohenden Zeitablaufs regelmäßig der Fall. Diese Voraussetzungen sind auch hier zu bejahen, da der Antragsteller vor dem Wahltag eine Entscheidung in der Hauptsache nicht erhalten kann und im Hinblick auf die bereits laufende „heiße“ Wahlkampfphase über den geltend gemachten Anspruch zu entscheiden ist.

10

Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch nach Maßgabe des stattgebenden Tenors glaubhaft gemacht.

11

Das ortsfeste Aufstellen oder Aufhängen von Wahlplakaten im öffentlichen Straßenraum stellt eine erlaubnispflichtige Sondernutzung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 StrWG M-V bzw. § 2 der Satzung über die Sondernutzung an öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen in der Stadt Wolgast vom 23. November 2001 (www.wolgast.de unter Ortsrecht, Ordnungsamt) dar.

12

Die Benutzung der öffentlichen Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) bedarf danach der Erlaubnis des Trägers der Straßenbaulast. Die Erlaubnis darf, soweit es sich nicht um Zufahrten im Sinne des § 26 handelt, die der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung dienen, nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt werden. Für die Erlaubnis können Bedingungen und Auflagen festgesetzt werden (§ 22 Abs. 1 Satz 2 StrWG M-V).

13

Der Träger der Straßenbaulast befindet über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nach pflichtgemäßem Ermessen, welches gerichtlich nur in den Grenzen des § 114 VwGO überprüft werden kann. Ein strikter, im Wege der einstweiligen Anordnung in Gestalt der Regelungsanordnung durchzusetzender Rechtsanspruch kommt nur bei einer Ermessensreduzierung auf Null zugunsten des Antragstellers in Betracht. Es ist allgemein anerkannt, dass für die Zeit des Wahlkampfes – jedenfalls in den letzten sechs Wochen vor dem festgesetzten Wahltermin – den zur Wahl zugelassenen Parteien und Gruppierungen aufgrund der Bedeutung der Wahlen in einem demokratischen Staat ein Anspruch darauf zusteht, in angemessener Weise Wahlsichtwerbung im Straßenraum zu betreiben. Dadurch wird in der Regel das Ermessen des Antragsgegners dahingehend eingeschränkt, dass entsprechende Sondernutzungserlaubnisse zu erteilen sind.

14

Bundesverfassungsrecht gibt nämlich – jedenfalls für den Regelfall – einen Anspruch, der darauf gerichtet ist, eine Wahlsichtwerbung auf öffentlichen Straßen zu ermöglichen.

15

Die Bedeutung von Wahlen für einen demokratischen Staat (vgl. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 und Art. 38 Abs. 1 GG) und die Bedeutung der Parteien für solche Wahlen, wie sie sich aus Art. 21 GG und den §§ 1 f. PartG ergibt, schränken das behördliche Ermessen bei der Entscheidung über die Erlaubnis zum Aufstellen von Wahlplakaten durch Parteien in so erheblichem Umfang ein, dass jedenfalls für den Regelfall – in den nachfolgend dargestellten Grenzen – ein Anspruch einer Partei auf Erlaubnis besteht. Die Sichtwerbung für Wahlen gehört auch aktuell noch zu den Mitteln im Wahlkampf der politischen Parteien und stellt weiterhin einen wichtigen Bestandteil der Vorbereitung demokratischer Wahlen dar, auch wenn ihre Bedeutung insbesondere mit Blick auf die Entwicklung der elektronischen Medien und moderne Kommunikationsformen in den letzten Jahren zurückgegangen sein dürfte. Die Wahlsichtwerbung als gewissermaßen selbstverständliches Wahlkampfmittel darf daher durch gänzliche oder auch nur weitgehende Verweigerung vorgesehener Erlaubnisse grundsätzlich nicht beschnitten werden. Bundesrecht gibt demnach zumindest dem Grunde nach einen Anspruch auf Gestattung der Wahlsichtwerbung durch Parteien (vgl. zum Ganzen grundlegend BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, BVerwGE 47, 280, und – VII C 43.72 –, BVerwGE 47, 293).

16

Dieser Anspruch besteht jedoch nicht unbeschränkt. Es ist in der Rechtsprechung ebenfalls anerkannt, dass die Gemeinde berechtigt ist, die Zahl der Werbeplakate im Stadtgebiet zu beschränken (kritisch dazu Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 27 ff.) und auch bestimmte Standorte – etwa aus Gründen der Verkehrssicherung – auszunehmen. Gleichfalls ist die Gemeinde berechtigt, dafür zu sorgen, dass eine wochenlange Verschandelung und Verschmutzung des Ortsbildes durch so genanntes "wildes Plakatieren" verhindert wird. Der Anspruch auf Gestattung einer Wahlsichtwerbung wird weiter dadurch beschränkt, dass er lediglich auf eine Werbung in einem Umfang gerichtet ist, der für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendig und angemessen ist. Ebenso wenig wie Rundfunk- und Fernsehanstalten verpflichtet sind, Sendezeiten für Wahlsendungen von Parteien unbegrenzt oder in dem von den Parteien für erforderlich gehaltenen Umfang bereitzustellen, braucht eine Gemeinde den Wünschen der Parteien auf Wahlsichtwerbung unbeschränkt Rechnung zu tragen. Der Anspruch der Parteien richtet sich auf eine angemessene Wahlsichtwerbung, ist aber auch auf eine solche beschränkt. In welcher Weise die Gemeinden dem verfassungsrechtlichen Gebot auf Einräumung von Stellplätzen in einem für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendigen und angemessenen Umfang Rechnung tragen, ist ihre Sache. Die Gemeinden sind dabei nur insofern eingeengt, als jedenfalls im Ergebnis jeweils angemessene Wahlwerbemöglichkeiten sichergestellt sein müssen, der allgemein in Art. 3 GG sowie speziell für Wahlen und Parteien in Art. 28 Abs. 1 Satz 2, Art. 38 Abs. 1 GG und in § 5 PartG niedergelegte Gleichheitssatz beachtet und schließlich sonstigen sich aus Bundesverfassungsrecht ergebenden Rechtsgrundsätzen, wie insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, Rechnung getragen sein muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.).

17

Die verfassungspolitische Unerwünschtheit von Splittergruppen und die Befugnis des Gesetzgebers, der Gefahr einer übermäßigen Aufsplitterung der Stimmen und Parteien bereits bei der Wahl und durch Aufnahme – jedenfalls bei der Landtagswahl – angemessener Sperrklauseln entgegenzuwirken, gibt dabei keine Rechtfertigung, die ohnehin nicht allzu optimistisch zu beurteilende Chance neuer und kleiner Parteien, ein Mandat zu erringen, im Vorfeld, also bei der Wahlvorbereitung und insbesondere der Wahlwerbung, zusätzlich zu reduzieren. Dies gilt vor allem für eine Wahlwerbung, die – wie die Plakatwerbung – verhältnismäßig billig, also auch für kleine und finanzschwache Parteien erschwinglich ist, aber einen nicht unerheblichen personellen Einsatz erfordert. Um die bestehenden Verhältnisse nicht durch die Beschränkung der Wahlwerbungsmöglichkeiten zu verfestigen, sind den einzelnen Parteien und Wählergruppen mindestens 5% der Gesamtzahl der Plakatierungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus kann sich die Verteilung nach dem Grundsatz der abgestuften Chancengleichheit des § 5 Abs. 1 Satz 2 PartG an der Bedeutung der Partei, insbesondere an deren letzten Wahlergebnissen bemessen. Jedoch ist kleineren Parteien und Wählergruppen im Verhältnis zu den großen Parteien grundsätzlich eine überproportionale, großzügig bemessene Mindestzahl an Plakatstellplätzen zuzuerkennen, während diese Zahl bei den großen Parteien entsprechend zu kürzen ist, damit diese nicht schon durch die bloße Menge der Plakate der großen Parteien ohne Wirkung bleiben. Die zulässige Grenze ist dabei überschritten, wenn der größten Partei mehr als etwa das Vier- bis Fünffache an Stellplätzen eingeräumt wird als der kleinsten Partei (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.). Nach anderer Auffassung sollen allerdings die hinsichtlich der Wahlwerbesendungen im Rundfunk entwickelten Grundsätze auf die Wahlsichtwerbung auf öffentlichen Straßen und Plätzen nicht übertragbar sein, es sei verfassungsrechtlich nicht geboten, den Parteien zum Zwecke der Wahrung staatlicher Wettbewerbsneutralität eine nach Maßgabe der Bedeutung der Parteien abgestufte Zahl von Stellplätzen zuzuweisen (vgl. Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 28).

18

Was als Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung zu sehen ist, lässt sich nicht abstrakt beantworten. Es hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab, unter welchen Voraussetzungen den Parteien jeweils eine nach Umfang (Zahl der Stellplätze) und Aufstellungsort (Werbewirksamkeit des Anbringungsortes) angemessene Werbemöglichkeit eingeräumt wird, um ihnen wirksame Wahlpropaganda zu ermöglichen. Insoweit ist auch nach der Art der Wahl, der Größe der Gemeinde und danach zu differenzieren, wie groß die Zahl der Parteien und Wählervereinigungen ist, die an der Wahl teilnehmen. Die Werbewirksamkeit eines Aufstellungsortes wird dabei durch eine Vielzahl von Parametern bestimmt, wie z. B. die Beschaffenheit seines näheren Umfeldes etwa im Hinblick auf sonstige Werbung. Die Rechtmäßigkeit der Beschränkung der Plakatierungsmöglichkeiten beurteilt sich demgemäß danach, ob im Hinblick auf die Anzahl der an der Wahl teilnehmenden Parteien und Wählergruppen eine ausreichende Anzahl von Plakatierungsmöglichkeiten insgesamt zugelassen wird, sowie danach, ob die Gesamtzahl der Plakatierungen in einem angemessenen Verhältnis auf die einzelnen Parteien und Wählergruppen verteilt worden ist (vgl. VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.).

19

Die Plakatierungsmöglichkeiten müssen hinreichend dicht sein, um den Parteien und Wählergruppen "gewissermaßen flächendeckend" Wahlwerbung im gesamten Gemeindegebiet zu ermöglichen und den nötigen Raum zur Selbstdarstellung zu geben (VG Saarlouis, Beschl. v. 12.02.2001 – 2 F 14/01 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 18.08.2009 – 14 L 842/09 –, juris; VG Aachen, Beschl. v. 01.12.2006 – 6 L 628/06 –, juris; VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris; Sauthoff, in: Sauthoff/Witting, StrWG M-V, Stand: Oktober 2010, § 22 Rn. 24).

20

Das Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung wird in der Rechtsprechung teilweise dahingehend konkretisiert, dass die nötige Selbstdarstellung jedenfalls dann noch gewährleistet sein soll, wenn jede Partei rechnerisch in „jedem Wahlbezirk“ mindestens eine Möglichkeit zur Wahlsichtwerbung besitze. Erforderlich, aber auch ausreichend sei es, wenn – jedenfalls in Großstädten – ein Aufstellungsort für je 100 Einwohner (für alle Parteien) zur Verfügung stehe (vgl. VG Aachen, Beschl. v. 01.12.2006 – 6 L 628/06 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 02.09.1998 – 14 L 2689/98 –, NWVBl 99, 106 ff.; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O.). Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Antragsteller an zwei Wahlen teilnimmt, sowie der Mindestquote von 5 % der bereitgestellten Plätze für kleine Parteien hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass der Antragsgegner dem Antragsteller nach diesem Maßstab ausgehend von einer Einwohnerzahl von ca. 12.000 mit 22 Plakatierungsmöglichkeiten gemäß dem Konzept des Antragsgegners ausreichend Werbeflächen zur Verfügung gestellt hätte und dann kein weitergehender Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis bestünde.

21

Demgegenüber wird – worauf sich der Antragsteller beruft – jedoch auch vertreten, dass jeder kandidierenden politischen Partei ein Aufstellungsort für je 100 Einwohner zur Verfügung stehen müsse (vgl. VG Gießen, Beschl. v. 27.02.2001 – 8 G 335/01 –, NVwZ-RR 2001, 417 – zitiert nach juris). Legte man diesen Maßstab zugrunde, hätte der Antragsteller jedenfalls einen Anordnungsanspruch im Umfang der von ihm zusätzlich beanspruchten 97 Plakatierungsmöglichkeiten.

22

Noch weitergehender wird in der Literatur der Standpunkt eingenommen, solange mit der Sichtwerbung keine Gefahren für andere Rechtsgüter einhergingen, sei es nicht Aufgabe der öffentlichen Hand, die Aufstellung von Plakatständern zu Gunsten oder zu Lasten einzelner Parteien zu reglementieren (vgl. Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 28 f.; vgl. ähnlich OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 – zitiert nach juris).

23

Das Verwaltungsgericht hat schließlich zutreffend darauf hingewiesen, dass auch gerichtliche Entscheidungen vorliegen, denen Aufstellungsort/Einwohnerzahlquoten zugrunde lagen, die zwischen den vorstehend genannten Eckpunkten liegen (vgl. auch OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 , das eine Quote von einem Plakat pro 50 Einwohner verwirft, weil für die entsprechende rechnerische Ableitung keine tragfähigen Sachgründe benannt worden seien).

24

Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass die gerichtliche Überprüfung, ob das erforderliche Mindestmaß an Wahlwerbemöglichkeiten für die Parteien gewahrt ist, nicht auf die Betrachtung von Quoten im vorstehenden Sinne reduziert werden darf, sondern die Umstände des Einzelfalles umfassend – nach Maßgabe des Prüfungsmaßstabes des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens – in den Blick zu nehmen hat (vgl. VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris). Dabei sind auch veränderte Rahmenbedingungen, etwa eine Änderung des Kommunalwahlrechts durch Wegfall von Sperrklauseln, neuartige Möglichkeiten der Werbung (z. B. Internet) oder Erscheinungen wie eine vielfach beklagte „Reizüberflutung“ zu beachten. Nach diesen Umständen des Einzelfalles ist zu beurteilen, ob jeweils ein nach Umfang (Zahl der Stellplätze) und Aufstellungsort (Werbewirksamkeit des Anbringungsortes) angemessenes Mindestmaß an Werbemöglichkeit eingeräumt ist bzw. eine wirksame Wahlpropaganda ermöglicht wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., Rn. 13, 22); diese materiellen Anforderungen bilden den maßgeblichen materiellen Maßstab. Die Betrachtung von Quoten im vorstehenden Sinne stellt sich lediglich als ein beachtliches, auf diesen materiellen Maßstab bezogenes Kriterium der erforderlichen Gesamtbetrachtung dar.

25

Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Antragsteller an zwei Wahlen teilnimmt, die zeitgleich stattfinden. Der Senat folgt dem Ansatz des Verwaltungsgerichts, dass dem Antragsteller für beide Wahlen angemessene Wahlwerbemöglichkeiten eingeräumt werden müssen. Demnach ist davon auszugehen, dass von den dem Antragsteller nach dem Konzept des Antragsgegners zugebilligten 22 Plakatierungsmöglichkeiten jeweils die eine Hälfte auf die Landtagswahl, die andere Hälfte auf die Kreistagswahl entfällt. Pro Wahl darf der Antragsteller folglich nur 11 Plakate im Format DIN A 1 anbringen. Diese Zahl ist im Ergebnis der folgenden Gesamtbetrachtung zu niedrig und gewährleistet nicht das erforderliche Mindestmaß an Wahlsichtwerbung. Die entsprechende Beschränkung der Wahlsichtwerbung durch den Antragsgegner ist ermessensfehlerhaft, seine Ermessensausübung steht im Widerspruch zum Zweck des ihm durch das Gesetz eingeräumten Ermessens und berücksichtigt nicht die nach Lage der Dinge in seine Ermessensausübung einzustellenden Belange.

26

Unter dem Blickwinkel der Werbewirksamkeit und Reichweite einer Wahlsichtwerbung durch Plakate liegt es nahe, die Fläche und Bevölkerungsdichte in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen. Dafür spricht auch die Überlegung, dass das Wahlwerbungskonzept des Antragsgegners weniger auf einen Einwohnerbezug bzw. eine Relation zur Zahl der Einwohner der Stadt Wolgast gründet, sondern einem eher flächenbezogenen Ansatz der Verteilung der gemeindeeigenen Plakattafeln im Stadtgebiet folgt. Es liegt auf der Hand, dass der Werbeeffekt umso größer ist, je höher die Wahrscheinlichkeit ist, dass Personen die Werbung zur Kenntnis nehmen werden. Diese Wahrscheinlichkeit hängt auch von der Bevölkerungsdichte des Gebietes ab, in dem die Wahlsichtwerbung erfolgt. Ausgehend von einer flächenmäßigen Ausdehnung der Stadt Wolgast von 19,2 km² (nach http://sisonline.statistik.m-v.de/orte/2291/Wolgast_Stadt; vgl. auch wikipedia) stünde demnach – losgelöst von den von der Stadt vorgegebenen Aufstellungsorten – pro Wahl noch nicht einmal auf einem km² ein Plakat des Antragstellers (Quote: 1 Plakat auf 1,75 km²). Dieser Gesichtspunkt gewinnt an Gewicht, betrachtet man die Bevölkerungsdichte von Wolgast, die ausgehend von 11.970 Einwohnern (vgl. http://sisonline.statistik.m-v.de/orte/2291/Wolgast_Stadt, Stand: 31.12.2009) 623 Einwohner je km² beträgt. Denn demgegenüber beträgt z. B. die Bevölkerungsdichte von Bochum – die Zahl der Aufstellorte in der Stadt Bochum zur Landtagswahl 1970 im Stadtgebiet Bochum war Gegenstand des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Dezember 1974, Az. VII C 43.72 (a. a. O.) – ähnlich wie im Jahr 1970 im Jahr 2009 2.532 je km² (Quelle: www.bochum.de), also mehr als das Vierfache. Mit anderen Worten hatte dort ein Wahlplakat pro km² bezogen auf die Zahl möglicher Adressaten grob gesagt die vierfache Reichweite bzw. Werbewirksamkeit wie in Wolgast. Ob und wie Fläche und Bevölkerungsdichte bei Betrachtung ländlicher Gemeinden in die Betrachtung einzugehen haben, bedarf vorliegend keiner Vertiefung; jedoch dürften insoweit grundsätzlich im Wesentlichen die jeweiligen Orte mit der entsprechenden bebauten Fläche zu berücksichtigen sein, ggf. auch die Zahl der Ortsteile oder besondere Eigenheiten der Ortsstruktur.

27

Dennoch hatte das Bundesverwaltungsgericht in der damals entschiedenen Sache die Auffassung der Vorinstanz bestätigt, dass die Zahl von 4.140 Werbeflächen insgesamt und von 295 Werbeflächen für die damals klagende Partei nicht ausreichend gewesen sei, obwohl bei einer Fläche von 145,40 km² im Jahr 2009 (Quelle: www.bochum.de) etwa 28 Werbeflächen pro km² für alle Parteien bzw. bei sechs zugelassenen Parteien rechnerisch für jede 4 bis 5 Flächen zur Verfügung gestanden hätten. Der damals klagenden Partei waren von der Behörde insoweit immerhin etwa 2 Flächen pro km² zugebilligt worden, also das drei- bis vierfache dessen, was dem Antragsteller eingeräumt worden ist.

28

Im Hinblick auf die Gesamtzahl der vom Antragsgegner zur Verfügung gestellten Plakatwände hat dieser bestätigt, dass an 10 Standorten 24 Plakate und an einem Standort 12 Plakate im Format DIN A1 (maximal) geklebt werden können. Da der Antragsgegner damit rechnen muss, dass die nach seinem Konzept maximal zulässige Plakatgröße DIN A1 von allen Parteien oder Wählervereinigungen ausgenutzt wird, errechnet sich eine Gesamtzahl von 252 Werbeflächen bzw. von rund 13 Werbeflächen pro km² für alle Parteien. Berücksichtigt man weiter den Umstand, dass jedenfalls zwei Wahlen stattfinden, an denen der Antragsteller teilnimmt, reduziert sich diese Zahl wahlbezogen entsprechend. Das bedeutet, dass in Wolgast im Vergleich zu der damaligen Situation in Bochum gerade ein Viertel der dortigen Zahl an Werbeflächen zur Verfügung steht und gleichzeitig – wie ausgeführt – bezogen auf die Bevölkerungsdichte die Reichweite bzw. Werbewirksamkeit der einzelnen Werbefläche in ähnlicher Weise reduziert ist.

29

Dieser Sachverhalt wird durch folgenden Gesichtspunkt noch verschärft: Hinsichtlich der Zahl der durch Werbeflächen erreichten Personen/Wähler liegt es auf der Hand, dass es einen Unterschied macht, ob die 252 Werbeflächen z. B. an einem einzigen Ort konzentriert oder auf 252 Einzelstandorte über das Stadtgebiet verteilt werden. Dies gilt entsprechend für die einer Partei zugebilligten Werbeflächen. Im ersten Fall kann offensichtlich nicht von einer flächendeckenden Wahlwerbung gesprochen werden. In der Tendenz ist ungeachtet der Relevanz anderer Faktoren insoweit die Aussage zulässig, dass die Reichweite bzw. Wirksamkeit einer Wahlwerbung durch Plakate sinkt, je stärker die Werbeflächen standortbezogen konzentriert werden. Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, dass eine entsprechende Standortkonzentration einen gezielt gegen einzelne oder alle Parteien gerichteten Vandalismus, wie er in den letzten Jahren zu verzeichnen ist, faktisch erleichtern kann. Insbesondere kleineren Parteien mit vergleichsweise eingeschränkten Mitteln dürfte es in einer solchen Situation schwer fallen, immer wieder nachzuplakatieren. Umso größer wird die Gefahr, dass sie mit ihrer Wahlwerbung nahezu vollständig untergehen.

30

Nimmt man im Weiteren die Aufstellorte der von der Stadt angebotenen Plakatwände in den Blick, verteilen sich diese eher ungleichmäßig über das Stadtgebiet; größere Flächen des Stadtgebiets bleiben einer Wahlwerbung durch den Antragsteller – und andere Parteien – verschlossen.

31

Eine Zahl von nur 11 Plakatstandorten dürfte auch zwischen den zahlreichen sonstigen, insbesondere gewerblichen Werbeflächen „untergehen“. Schon auf den vom Antragsgegner zur Verfügung gestellten Lichtbildern der Plakatständer sind eine Vielzahl anderweitiger Plakatierungen und Werbeträger – insbesondere auch an Laternenmasten – selbst im nächsten Umfeld der betreffenden Plakatwände erkennbar, die offensichtlich geeignet sind, von der Wahlwerbung abzulenken.

32

Da neben den Plakaten des Antragstellers auf den von der Stadt angebotenen Plakatwänden auch zahlreiche Plakate anderer Parteien bzw. der Kandidaten für die Landratswahl zu erwarten sind, dürfte es den Passanten und insbesondere solchen in vorbeifahrenden PKW kaum möglich sein, die Vielzahl der Plakate und der in ihnen enthaltenen Aussagen insbesondere bezogen auf die drei Wahlen differenziert zur Kenntnis zu nehmen. Auch dies dürfte den Effekt haben, dass die Wahlwerbung insbesondere des Antragstellers unterzugehen droht.

33

Schließlich gewinnt der Umstand Bedeutung, dass die Gesamtzahl der vom Antragsgegner zur Verfügung gestellten Plakatierungsmöglichkeiten seinem eigenen Konzept nicht gerecht werden dürfte, demzufolge jede Partei oder Wählervereinigung maximal zwei Plakate pro Standort anbringen können soll bei einer maximalen Größe von DIN A1. Der Antragsgegner muss damit rechnen, dass die maximale Plakatgröße von allen Parteien oder Wählervereinigungen ausgenutzt wird. Demnach könnten pro Doppelplakattafel 24 Plakate angebracht werden. Am 04. September 2011 treten aber bei der Landtagswahl 16 und bei der Kreistagswahl 10 Parteien bzw. Wählervereinigungen an. Wenn alle diese Parteien bzw. Wählervereinigungen entsprechend zwei Plakatflächen pro Standort in Anspruch nehmen wollten, wären die angebotenen Plakatwände offensichtlich bei weitem nicht ausreichend; selbst wenn jede Partei hinsichtlich der Wahl, an der sie teilnimmt, lediglich ein Plakat im Format DIN A1 aufhängen wollte, würden 26 Plakatflächen benötigt und die aufgestellten Plakattafeln nicht ausreichend sein. Dies gilt in gesteigertem Maße, wenn die für die Direktwahl des Landesrats bzw. der Landrätin antretenden vier Einzelbewerber/innen berücksichtigt werden, die den gleichen Anspruch haben dürften. Demnach dürfte unter diesem Blickwinkel schon nach dem eigenen Konzept des Antragsgegners für die Wahlen am 04. September 2011 keine ausreichende Gesamtanzahl an Werbeflächen vorhanden sein.

34

Jedenfalls in der Summe vermitteln diese Gesichtspunkte dem Senat nach summarischer Prüfung den Eindruck, dass die Gesamtzahl bzw. die Zahl der dem Antragsteller erlaubten Wahlplakate keine flächendeckende bzw. angemessene Werbewirkung entfalten kann. Der Vortrag des Antragsgegners, es handele sich bei den Plakatstandorten um mit Parteivertretern abgestimmte, „prädestinierte“ Standorte, kann diesen Eindruck nicht durchgreifend in Frage stellen.

35

Weder dem Bescheid des Antragsgegners noch dem Schreiben des Amtes Amt Peenestrom vom 11. April 2011 lassen sich zudem substantiell konkrete Gesichtspunkte im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entnehmen, die mit Blick auf den dem Grunde nach bestehenden Regelanspruch auf Zulassung der Sichtwerbung hinreichend geeignet wären, ermessensfehlerfrei zum einen die Beschränkung auf 11 vorgegebene Plakatstandorte bzw. 22 Plakate im Format DIN A1 zu rechtfertigen und zum anderen eine weitergehende Plakatierung auszuschließen. Die dortigen Ausführungen zur Motivation der Wahlwerbungsbeschränkung erschöpfen sich in pauschalen Befürchtungen betreffend eine „wochen- und monatelange ausgeuferte und verwilderte Plakatwerbung“ und eine „massive Überfrachtung des öffentlichen Verkehrsraumes“, die insbesondere für „benachteiligte Verkehrsteilnehmer wie Schüler und Senioren erhebliche Gefahren“ bewirke. Ebenso pauschal ist der Hinweis auf eine Beeinträchtigung des Denkmalschutzes im Stadtgebiet. Das gerichtliche Vorbringen des Antragsgegners wiederholt im Wesentlichen lediglich diese Ausführungen; soweit ergänzend eine Beeinträchtigung des Tourismus und des „Kleinstadtflairs“ angesprochen ist, gilt das Vorgesagte. Mit alledem sind keine tragfähigen Sachgründe benannt worden, die es rechtfertigen bzw. als ermessensfehlerfreie Entscheidung erscheinen lassen könnten, die Wahlwerbung des Antragstellers wie geschehen zu beschneiden (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 – zitiert nach juris).

36

Zu beachten ist zudem, dass der Antragsteller geltend macht, die Plakatwerbung sei gewissermaßen das „Werbemittel seiner Wahl“. Insoweit würde ihn die Werbebeschränkung des Antragsgegners in besonderer Weise treffen. Dass es sich insoweit um einen beachtlichen Gesichtspunkt handelt, hat bereits das Bundesverwaltungsgericht deutlich gemacht. Generell ist davon auszugehen, dass es in erster Linie Sache der Parteien ist, die Art und den Stil ihrer Wahlpropaganda zu bestimmen. Das beinhaltet, dass die Präferenzen, die einzelne Parteien in Bezug auf die Wahlsichtwerbung pflegen, in die Erwägungen über die Bildung einer Obergrenze einzustellen sind. Das Straßenrecht ist kein Instrument, um gezielt auf die Wahlkampfführung einzuwirken (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, a. a. O.).

37

Nach dem Prüfungsmaßstab des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist nach alledem davon auszugehen, dass die dem Antragsteller zur Verfügung gestellten Werbe- bzw. Plakatflächen nicht dem erforderlichen Mindestmaß für kleine Parteien entsprechen. Ab welcher Zahl von Plakatflächen dieses Mindestmaß bzw. eine angemessene Wahlsichtwerbung für den Antragsteller sichergestellt wäre, entzieht sich jedenfalls im Eilverfahren einer konkreten Bestimmung. Insoweit ist die Zahl der vom Antragsteller nutzbaren Plakatflächen bzw. Plakatstandorte maßvoll in dem Sinne zu erhöhen, dass eine flächendeckende Wahlwerbung möglich erscheint bzw. ein entsprechendes Mindestmaß an Werbewirkung erreicht wird; entsprechend ist das Ermessen des Antragsgegner reduziert. Nach Auffassung des Senats kann dieses Mindestmaß im Falle der Stadt Wolgast im Ergebnis der vorgenommenen Gesamtbetrachtung für Landtags- und Kommunalwahl mit insgesamt 50 Plakatflächen im Format DIN A1 bestimmt werden, die der Antragsteller beanspruchen kann. Diese Zahl wäre im Übrigen auch fast erreicht, würde man dem Antragsteller auf der Basis des Konzepts des Antragsgegners pro Wahl jeweils 22, also insgesamt 44 Plakate zubilligen. Zusätzlich zu den bereits sinngemäß genehmigten 22 Flächen kann der Antragsteller demzufolge weitere 28 Plakatflächen – dem Konzept des Antragsgegners, an einem Standort maximal 2 Plakate anbringen zu dürfen, folgend – an mindestens 14 Einzelstandorten und die Erteilung einer entsprechenden Sondernutzungserlaubnis beanspruchen; die Zahl der Standorte erhöht sich entsprechend, wenn der Antragsgegner an einzelnen Standorten nur die Anbringung eines einzelnen Plakats zulässt.

38

Die gerichtliche Zubilligung weiterer Plakatierungsmöglichkeiten zieht keine Verletzung der gebotenen Chancengleichheit anderer Parteien nach sich. Denn den konkurrierenden Parteien ist und war es unbenommen, ebenso wie der Antragsteller die Zulassung – über das vom Antragsgegner zugestandene Kontingent hinausgehend – zusätzlicher (eigener) Wahltafeln für ihre Kandidatinnen und Kandidaten zu beantragen. Dass sie dies offenbar bisher nicht getan haben, kann nicht den Anspruch des Antragstellers verkürzen (vgl. VG Saarlouis, Beschl. v. 12.02.2001 – 2 F 14/01 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 30.03.2010 – 14 L 295/2010 –, juris).

39

Da die Befugnis der Stadt Wolgast zu berücksichtigen ist, unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens Vorgaben hinsichtlich der Plakatstandorte machen zu dürfen, geht der Anspruch des Antragstellers dahin, dass der Antragsgegner ihm entsprechende Aufstellungsorte in der Sondernutzungserlaubnis benennt. Der Antragsgegner hat dabei den Anspruch des Antragstellers auf eine möglichst flächendeckende Wahlsichtwerbung in allen neun „Wahlbezirken“, wie sie unter www.wolgast.de (dort unter Rathaus/Wahlen/Weitere Informationen/Karte Wahlbereiche) dokumentiert sind, zu beachten und eine entsprechende Verteilung der Standorte vorzunehmen.

40

Dem Antragsgegner wird zudem freigestellt, ob er seinerseits die erforderlichen Plakatierungsflächen – für Einzelplakate oder für mehrere Plakate, auch von anderen Parteien – aufstellt oder dem Antragsteller erlaubt, eigene Plakatierungsflächen zu verwenden. Soweit dem Antragsteller erlaubt wird, eigene Plakatflächen zu verwenden bzw. aufzustellen, kann die Sondernutzungserlaubnis mit der Auflage versehen werden, die betreffende Plakatwerbung innerhalb von zwei Wochen nach dem Wahltag aus dem öffentlichen Verkehrsraum zu entfernen (vgl. Erlass „Lautsprecher und Plakatwerbung aus Anlass von Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern“ vom 17.08.1994 – V 690.55.1-1-4-7 –, AmtsBl. M-V 1994, S. 899).

41

Da bis zu den Wahlen nur kurze Zeit verbleibt, ist dem Antragsgegner für die Benennung der zusätzlichen Aufstellorte und die Erteilung der entsprechenden Sondernutzungserlaubnis die aus dem Tenor ersichtliche Frist zu setzen.

42

Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich zugleich, dass der weitergehende Hauptantrag des Antragstellers ebenso wie sein Hilfsantrag keinen Erfolg haben kann.

43

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.

44

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den § 52 Abs. 1 u. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 47 GKG und berücksichtigt den Umstand der Vorwegnahme der Hauptsache.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten im Zusammenhang mit dem Wahlkampf im Vorfeld der Landtags- und Kreistagswahlen am 04. September 2011 um einen Anspruch der Antragstellerin auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für das Anbringen von insgesamt (mindestens) 60 Wahlplakaten in einem Format von DIN A1 im Gemeindegebiet von Eggesin.

2

Auf den Antrag der Antragstellerin auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis vom 10. Mai 2011 für das Anbringen von insgesamt (mindestens) 60 Wahlplakaten in einem Format von DIN A1 im Gemeindegebiet von Eggesin erteilte der Antragsgegner mit Bescheid vom 30. Mai 2011 unter Auflagen die Erlaubnis zur Anbringung von zwanzig Wahlplakaten an 10 bestimmten (numerisch benannten) gemeindeeigenen Werberahmen mit beidseitiger Plakatierungsmöglichkeit und lehnte damit sinngemäß den weitergehenden Antrag ab. Im Übrigen ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung an. Rechtsgrundlage hinsichtlich des erlaubten Plakatierungskontingents ist die Satzung für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen im Gebiet der Stadt Eggesin (Sondernutzungssatzung) vom 15. September 2010. Die Sondernutzungssatzung bestimmt in ihrem § 8 Abs. 2 insbesondere, dass die Bereitstellung der Plakatflächen für Wahlwerbung ausschließlich auf Straßenzüge mit Werberahmen beschränkt ist und die Stadt Eggesin jeder politischen Partei/Wählergemeinschaft/Einzelbewerber zur Teilnahme an der jeweils bevorstehenden Wahl maximal 10 (numerisch vorgegeben) Werberahmen zur beidseitigen Nutzung (2 Plakate je Rahmen) zur Verfügung stellt.

3

Den am 22. Juli 2011 von der Antragstellerin gestellten Antrag, den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig zu verpflichten, ihr „einstweilen zu erlauben, Wahlsichtwerbung durch Plakatierung nach ihrem Antrag vom 10. Mai 2011 zu erlauben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruches vom 27. Juni 2011 gegen die Teilversagungsverfügung des Antragsgegners vom 30. Mai 2011 wiederherzustellen“, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 29. Juli 2011 – 6 B 732/11 – abgelehnt.

II.

4

Die fristgemäß eingelegte und begründete (§§ 147 Abs. 1 Satz 1, 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) Beschwerde der Antragstellerin gegen diesen Beschluss, mit der sie ihr Begehren, weitere 40 Wahlplakate im Format DIN A1 im Gemeindegebiet von Eggesin anbringen zu dürfen, weiterverfolgt, hat keinen Erfolg und ist zurückzuweisen.

5

§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO bestimmt, dass die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen ist. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. In Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt. Wie sich aus § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO ergibt, können nur solche Gründe in die Prüfung einbezogen werden, die der Beschwerdeführer innerhalb der einmonatigen gesetzlichen Begründungsfrist vorbringt. Nach Ablauf dieser Frist können zwar fristgerecht – dem Darlegungserfordernis genügend – geltend gemachte Gründe vertieft, nicht aber neue Gründe in das Beschwerdeverfahren eingeführt werden.

6

Die Beschwerde ist unbegründet.

7

Nach § 123 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Maßgebend hierfür sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.

8

Die Antragstellerin hat zwar einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Auch wenn sie zwischenzeitlich nicht einmal die ihr zugebilligten Plakatierungsmöglichkeiten ausgenutzt haben mag, beabsichtigt sie die Anbringung weiterer Plakattafeln für die am 04. September 2011 stattfindenden Landtags- und Kreistagswahlen. Ihr Begehren ist daher eilbedürftig.

9

Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung stünde insoweit auch nicht entgegen, dass mit einer antragsgemäßen Entscheidung die Hauptsacheentscheidung vorweggenommen würde. Das Verbot der Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache gilt dann nicht, wenn die Versagung der Anordnung zu einem irreparablen Zustand führte und effektiver Rechtsschutz deshalb nur im Anordnungsverfahren gewährt werden kann. Dies ist bei einem Verfahren, in dem eine politische Partei unmittelbar vor einer Wahl die Verbesserung ihrer Werbemöglichkeiten erstrebt, wegen des drohenden Zeitablaufs regelmäßig der Fall. Diese Voraussetzungen wären auch hier zu bejahen, da die Antragstellerin vor dem Wahltag eine Entscheidung in der Hauptsache nicht erhalten kann und im Hinblick auf die bereits laufende „heiße“ Wahlkampfphase über den geltend gemachten Anspruch zu entscheiden ist.

10

Die Antragstellerin hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

11

Das ortsfeste Aufstellen oder Aufhängen von Wahlplakaten im öffentlichen Straßenraum stellt eine erlaubnispflichtige Sondernutzung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 StrWG M-V bzw. § 2 der Sondernutzungssatzung der Stadt Eggesin dar.

12

Die Benutzung der öffentlichen Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) bedarf danach der Erlaubnis des Trägers der Straßenbaulast. Die Erlaubnis darf, soweit es sich nicht um Zufahrten im Sinne des § 26 handelt, die der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung dienen, nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt werden. Für die Erlaubnis können Bedingungen und Auflagen festgesetzt werden (§ 22 Abs. 1 Satz 2 StrWG M-V).

13

Der Träger der Straßenbaulast befindet über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nach pflichtgemäßem Ermessen, welches gerichtlich nur in den Grenzen des § 114 VwGO überprüft werden kann. Ein strikter, im Wege der einstweiligen Anordnung in Gestalt der Regelungsanordnung durchzusetzender Rechtsanspruch kommt nur bei einer Ermessensreduzierung auf Null zugunsten der Antragstellerin in Betracht. Es ist allgemein anerkannt, dass für die Zeit des Wahlkampfes – jedenfalls in den letzten sechs Wochen vor dem festgesetzten Wahltermin – den zur Wahl zugelassenen Parteien und Gruppierungen aufgrund der Bedeutung der Wahlen in einem demokratischen Staat ein Anspruch darauf zusteht, in angemessener Weise Wahlsichtwerbung im Straßenraum zu betreiben. Dadurch wird in der Regel das Ermessen des Antragsgegners dahingehend eingeschränkt, dass entsprechende Sondernutzungserlaubnisse zu erteilen sind.

14

Bundesverfassungsrecht gibt nämlich – jedenfalls für den Regelfall – einen Anspruch, der darauf gerichtet ist, eine Wahlsichtwerbung auf öffentlichen Straßen zu ermöglichen.

15

Die Bedeutung von Wahlen für einen demokratischen Staat (vgl. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 und Art. 38 Abs. 1 GG) und die Bedeutung der Parteien für solche Wahlen, wie sie sich aus Art. 21 GG und den §§ 1 f. PartG ergibt, schränken das behördliche Ermessen bei der Entscheidung über die Erlaubnis zum Aufstellen von Wahlplakaten durch Parteien in so erheblichem Umfang ein, dass jedenfalls für den Regelfall – in den nachfolgend dargestellten Grenzen – ein Anspruch einer Partei auf Erlaubnis besteht. Die Sichtwerbung für Wahlen gehört auch aktuell noch zu den Mitteln im Wahlkampf der politischen Parteien und stellt weiterhin einen wichtigen Bestandteil der Vorbereitung demokratischer Wahlen dar, auch wenn ihre Bedeutung insbesondere mit Blick auf die Entwicklung der elektronischen Medien und moderne Kommunikationsformen in den letzten Jahren zurückgegangen sein dürfte. Die Wahlsichtwerbung als gewissermaßen selbstverständliches Wahlkampfmittel darf daher durch gänzliche oder auch nur weitgehende Verweigerung vorgesehener Erlaubnisse grundsätzlich nicht beschnitten werden. Bundesrecht gibt demnach zumindest dem Grunde nach einen Anspruch auf Gestattung der Wahlsichtwerbung durch Parteien (vgl. zum Ganzen grundlegend BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, BVerwGE 47, 280, und – VII C 43.72 –, BVerwGE 47, 293).

16

Dieser Anspruch besteht jedoch nicht unbeschränkt. Es ist in der Rechtsprechung ebenfalls anerkannt, dass die Gemeinde berechtigt ist, die Zahl der Werbeplakate im Stadtgebiet zu beschränken (kritisch dazu Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 27 ff.) und auch bestimmte Standorte – etwa aus Gründen der Verkehrssicherung – auszunehmen. Gleichfalls ist die Gemeinde berechtigt, dafür zu sorgen, dass eine wochenlange Verschandelung und Verschmutzung des Ortsbildes durch so genanntes "wildes Plakatieren" verhindert wird. Der Anspruch auf Gestattung einer Wahlsichtwerbung wird weiter dadurch beschränkt, dass er lediglich auf eine Werbung in einem Umfang gerichtet ist, der für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendig und angemessen ist. Ebenso wenig wie Rundfunk- und Fernsehanstalten verpflichtet sind, Sendezeiten für Wahlsendungen von Parteien unbegrenzt oder in dem von den Parteien für erforderlich gehaltenen Umfang bereitzustellen, braucht eine Gemeinde den Wünschen der Parteien auf Wahlsichtwerbung unbeschränkt Rechnung zu tragen. Der Anspruch der Parteien richtet sich auf eine angemessene Wahlsichtwerbung, ist aber auch auf eine solche beschränkt. In welcher Weise die Gemeinden dem verfassungsrechtlichen Gebot auf Einräumung von Stellplätzen in einem für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendigen und angemessenen Umfang Rechnung tragen, ist ihre Sache. Die Gemeinden sind dabei nur insofern eingeengt, als jedenfalls im Ergebnis jeweils angemessene Wahlwerbemöglichkeiten sichergestellt sein müssen, der allgemein in Art. 3 GG sowie speziell für Wahlen und Parteien in Art. 28 Abs. 1 Satz 2, Art. 38 Abs. 1 GG und in § 5 PartG niedergelegte Gleichheitssatz beachtet und schließlich sonstigen sich aus Bundesverfassungsrecht ergebenden Rechtsgrundsätzen, wie insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, Rechnung getragen sein muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.).

17

Die verfassungspolitische Unerwünschtheit von Splittergruppen und die Befugnis des Gesetzgebers, der Gefahr einer übermäßigen Aufsplitterung der Stimmen und Parteien bereits bei der Wahl und durch Aufnahme – jedenfalls bei der Landtagswahl – angemessener Sperrklauseln entgegenzuwirken, gibt dabei keine Rechtfertigung, die ohnehin nicht allzu optimistisch zu beurteilende Chance neuer und kleiner Parteien, ein Mandat zu erringen, im Vorfeld, also bei der Wahlvorbereitung und insbesondere der Wahlwerbung, zusätzlich zu reduzieren. Dies gilt vor allem für eine Wahlwerbung, die – wie die Plakatwerbung – verhältnismäßig billig, also auch für kleine und finanzschwache Parteien erschwinglich ist, aber einen nicht unerheblichen personellen Einsatz erfordert. Um die bestehenden Verhältnisse nicht durch die Beschränkung der Wahlwerbungsmöglichkeiten zu verfestigen, sind den einzelnen Parteien und Wählergruppen mindestens 5% der Gesamtzahl der Plakatierungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus kann sich die Verteilung nach dem Grundsatz der abgestuften Chancengleichheit des § 5 Abs. 1 Satz 2 PartG an der Bedeutung der Partei, insbesondere an deren letzten Wahlergebnissen bemessen. Jedoch ist kleineren Parteien und Wählergruppen im Verhältnis zu den großen Parteien grundsätzlich eine überproportionale, großzügig bemessene Mindestzahl an Plakatstellplätzen zuzuerkennen, während diese Zahl bei den großen Parteien entsprechend zu kürzen ist, damit diese nicht schon durch die bloße Menge der Plakate der großen Parteien ohne Wirkung bleiben. Die zulässige Grenze ist dabei überschritten, wenn der größten Partei mehr als etwa das Vier- bis Fünffache an Stellplätzen eingeräumt wird als der kleinsten Partei (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.). Nach anderer Auffassung sollen allerdings die hinsichtlich der Wahlwerbesendungen im Rundfunk entwickelten Grundsätze auf die Wahlsichtwerbung auf öffentlichen Straßen und Plätzen nicht übertragbar sein, es sei verfassungsrechtlich nicht geboten, den Parteien zum Zwecke der Wahrung staatlicher Wettbewerbsneutralität eine nach Maßgabe der Bedeutung der Parteien abgestufte Zahl von Stellplätzen zuzuweisen (vgl. Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 28).

18

Was als Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung zu sehen ist, lässt sich nicht abstrakt beantworten. Es hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab, unter welchen Voraussetzungen den Parteien jeweils eine nach Umfang (Zahl der Stellplätze) und Aufstellungsort (Werbewirksamkeit des Anbringungsortes) angemessene Werbemöglichkeit eingeräumt wird, um ihnen wirksame Wahlpropaganda zu ermöglichen. Insoweit ist auch nach der Art der Wahl, der Größe der Gemeinde und danach zu differenzieren, wie groß die Zahl der Parteien und Wählervereinigungen ist, die an der Wahl teilnehmen. Die Werbewirksamkeit eines Aufstellungsortes wird dabei durch eine Vielzahl von Parametern bestimmt, wie z. B. die Beschaffenheit seines näheren Umfeldes etwa im Hinblick auf sonstige Werbung. Die Rechtmäßigkeit der Beschränkung der Plakatierungsmöglichkeiten beurteilt sich demgemäß danach, ob im Hinblick auf die Anzahl der an der Wahl teilnehmenden Parteien und Wählergruppen eine ausreichende Anzahl von Plakatierungsmöglichkeiten insgesamt zugelassen wird, sowie danach, ob die Gesamtzahl der Plakatierungen in einem angemessenen Verhältnis auf die einzelnen Parteien und Wählergruppen verteilt worden ist (vgl. VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.).

19

Die Plakatierungsmöglichkeiten müssen hinreichend dicht sein, um den Parteien und Wählergruppen "gewissermaßen flächendeckend" Wahlwerbung im gesamten Gemeindegebiet zu ermöglichen und den nötigen Raum zur Selbstdarstellung zu geben (VG Saarlouis, Beschl. v. 12.02.2001 – 2 F 14/01 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 18.08.2009 – 14 L 842/09 –, juris; VG Aachen, Beschl. v. 01.12.2006 – 6 L 628/06 –, juris; VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris; Sauthoff, in: Sauthoff/Witting, StrWG M-V, Stand: Oktober 2010, § 22 Rn. 24).

20

Das Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung wird in der Rechtsprechung teilweise dahingehend konkretisiert, dass die nötige Selbstdarstellung jedenfalls dann noch gewährleistet sein soll, wenn jede Partei rechnerisch in „jedem Wahlbezirk“ mindestens eine Möglichkeit zur Wahlsichtwerbung besitze. Erforderlich, aber auch ausreichend sei es, wenn – jedenfalls in Großstädten – ein Aufstellungsort für je 100 Einwohner (für alle Parteien) zur Verfügung stehe (vgl. VG Aachen, Beschl. v. 01.12.2006 – 6 L 628/06 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 02.09.1998 – 14 L 2689/98 –, NWVBl 99, 106 ff.; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O.). Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Antragstellerin an Landtags- und Kreistagswahlen teilnimmt, sowie der Mindestquote von 5 % der bereitgestellten Plätze für kleine Parteien hat das Verwaltungsgericht im Ansatz zutreffend ausgeführt, dass der Antragsgegner der Antragstellerin nach diesem Maßstab ausgehend von einer Einwohnerzahl von ca. 5.200 mit 20 Plakatierungsmöglichkeiten für zwei Wahlen ausreichend Werbeflächen zur Verfügung gestellt hätte und dann kein weitergehender Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis bestünde.

21

Demgegenüber wird jedoch auch vertreten, dass jeder kandidierenden politischen Partei ein Aufstellungsort für je 100 Einwohner zur Verfügung stehen müsse (vgl. VG Gießen, Beschl. v. 27.02.2001 – 8 G 335/01 –, NVwZ-RR 2001, 417 – zitiert nach juris). Legte man diesen Maßstab zugrunde, hätte die Antragstellerin jedenfalls einen Anordnungsanspruch im Umfang der von ihr zusätzlich beanspruchten 40 Plakatierungsmöglichkeiten.

22

Noch weitergehender wird in der Literatur der Standpunkt eingenommen, solange mit der Sichtwerbung keine Gefahren für andere Rechtsgüter einhergingen, sei es nicht Aufgabe der öffentlichen Hand, die Aufstellung von Plakatständern zu Gunsten oder zu Lasten einzelner Parteien zu reglementieren (vgl. Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 28 f.; vgl. ähnlich OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 – zitiert nach juris).

23

Das Verwaltungsgericht hat schließlich zutreffend darauf hingewiesen, dass auch gerichtliche Entscheidungen vorliegen, denen Aufstellungsort/Einwohnerzahlquoten zugrunde lagen, die zwischen den vorstehend genannten Eckpunkten liegen (vgl. auch OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 , das eine Quote von einem Plakat pro 50 Einwohner verwirft, weil für die entsprechende rechnerische Ableitung keine tragfähigen Sachgründe benannt worden seien).

24

Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass die gerichtliche Überprüfung, ob das erforderliche Mindestmaß an Wahlwerbemöglichkeiten für die Parteien gewahrt ist, nicht auf die Betrachtung von Quoten im vorstehenden Sinne reduziert werden darf, sondern die Umstände des Einzelfalles umfassend – nach Maßgabe des Prüfungsmaßstabes des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens – in den Blick zu nehmen hat (vgl. VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris). Dabei sind auch veränderte Rahmenbedingungen, etwa eine Änderung des Kommunalwahlrechts durch Wegfall von Sperrklauseln, neuartige Möglichkeiten der Werbung (z. B. Internet) oder Erscheinungen wie eine vielfach beklagte „Reizüberflutung“ zu beachten. Nach diesen Umständen des Einzelfalles ist zu beurteilen, ob jeweils ein nach Umfang (Zahl der Stellplätze) und Aufstellungsort (Werbewirksamkeit des Anbringungsortes) angemessenes Mindestmaß an Werbemöglichkeit eingeräumt ist bzw. eine wirksame Wahlpropaganda ermöglicht wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., Rn. 13, 22); diese materiellen Anforderungen bilden den maßgeblichen materiellen Maßstab. Die Betrachtung von Quoten im vorstehenden Sinne stellt sich lediglich als ein beachtliches, auf diesen materiellen Maßstab bezogenes Kriterium der erforderlichen Gesamtbetrachtung dar.

25

Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin an zwei Wahlen teilnimmt, die zeitgleich stattfinden. Der Senat folgt insoweit dem Ansatz des Verwaltungsgerichts, dass der Antragstellerin für beide Wahlen angemessene Wahlwerbemöglichkeiten eingeräumt werden müssen. Eine weitere Differenzierung danach, ob eine Partei auch in dem betroffenen Gemeindegebiet mit einem Direktkandidaten/einer Direktkandidatin antritt, ist von Verfassungs wegen nach Auffassung des Senats nicht in dem Sinne gegeben, dass insoweit von einer weiteren Wahl auszugehen wäre, die nochmals eine entsprechende Erhöhung der Plakatierungsmöglichkeiten nach sich zöge. Die Wahl der Abgeordneten nach Wahlkreisen (§§ 1 Abs. 2, 3 LWG) und die Wahl nach Landeslisten der Parteien (§§ 1 Abs. 2, 4 LWG) sind Bestandteileiner Wahl zum Landtag. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin rechtfertigt auch der Umstand, dass am 04. September 2011 neben den Landtags- und Kreistagswahlen ein Bürgerentscheid gemäß § 2 Abs. 2 Landkreisneuordnungsgesetz über den Kreisnamen stattfindet, keine Erhöhung des ihr als Mindestmaß zustehenden Plakatierungskontingents. Die vorstehenden Erwägungen zum bundesverfassungsrechtlich abgesicherten Anspruch der Parteien auf eine angemessene Wahlsichtwerbung sind offensichtlich nicht einschlägig. Der Bürgerentscheid ist keine Wahl. Die Parteien haben selbstverständlich auch insoweit die Möglichkeit, bezogen auf einen Bürgerentscheid einen bestimmten Standpunkt einzunehmen. Im Grundsatz dürfte ihrer entsprechenden Meinungsäußerung hierzu jedoch kein größeres Gewicht beigemessen werden können als der Meinungsäußerung jedes einzelnen abstimmungsberechtigten Bürgers. Wollte man hier den Parteien – ohne verfassungsrechtliche Grundlage – einen Sichtwerbungsanspruch zubilligen, müsste folglich jedem abstimmungsberechtigten Bürger in gleicher Weise ein solcher Anspruch eingeräumt werden. Dass dies nicht möglich sein dürfte, scheint offensichtlich. Der Umstand, dass am 04. September 2011 im Übrigen ebenfalls die Direktwahl des Landrates/der Landrätin stattfindet, hat auf das Plakatkontingent der Antragstellerin keinen Einfluss, weil sie daran nicht mit einem eigenen Kandidaten/einer Kandidatin teilnimmt. Demnach ist davon auszugehen, dass von den der Antragstellerin zugebilligten Plakatierungsmöglichkeiten jeweils die eine Hälfte auf die Landtagswahl, die andere Hälfte auf die Kreistagswahl entfällt. Pro Wahl darf die Antragstellerin also 10 Plakate anbringen. Die entsprechende Beschränkung der Wahlsichtwerbung erweist sich vorliegend als ermessensfehlerfrei.

26

Die Gesamtbetrachtung, die zu dieser Schlussfolgerung führt, wird maßgeblich durch folgende Umstände bestimmt:

27

Der Antragsgegner hat in seiner Beschwerdeerwiderung nachvollziehbar und plausibel ausgeführt, dass die in Eggesin insbesondere der Antragstellerin an bestimmten Standorten im Ortszentrum zugewiesene Zahl an Werbemöglichkeiten ausreichend sei, um ihr das erforderliche Mindestmaß an bzw. eine angemessene Wahlwerbung zu ermöglichen. Insbesondere hat der Antragsgegner darauf hingewiesen, dass die Ortschaft auf eine relativ kleine Fläche konzentriert und derart überschaubar sei, dass schon wenige Plakate von nahezu allen Einwohnern wahrgenommen werden würden. Bei den Straßen, an denen die insgesamt 104 Plakatträger verteilt seien, handele es sich um hochfrequentierte Straßen, die die Ortslage Eggesin durchzögen. Zusätzlich sei die Straße „Am Binning“ mit insgesamt 23 Plakatträgern ausgestattet worden, da diese Gemeindeverbindungsstraße als Anbindung von Torgelow-Holl und anderen Umlandgemeinden sowie wegen eines dortigen Gewerbegebietes ebenfalls sehr frequentiert sei. Insoweit weisen die vorgegebenen Werbeträgerstandorte unter dem Blickwinkel ihrer Wirksamkeit eine hohe Qualität auf.

28

Die Stadt Eggesin hat zwar eine Gesamtfläche von ca. 88 km² (Quelle: www.sisonline.statistik.m-v.de/orte/2529/Eggesin_Stadt; vgl. auch wikipedia). Anders als im städtischen Bereich (Verfahren Az. 1 M 145/11) konzentriert sich die Einwohnerzahl dabei im Wesentlichen aber auf einer deutlich geringeren Fläche der Ortslage der Stadt Eggesin, während das Gemeindegebiet im Übrigen ländlich geprägt bzw. im Vergleich zu städtischen Gebieten dünn besiedelt ist und eine relativ niedrige Bevölkerungsdichte (ca. 59 Einwohner je km²) aufweist. Der Ansatz des Antragsgegners, die Wahlwerbung dort konzentriert zuzulassen, wo sich auch die Einwohner konzentrieren, erscheint deshalb grundsätzlich zulässig. Insoweit erweist sich die Gesamtfläche der betroffenen Gemeinde unter dem Blickwinkel der Wirksamkeit und Reichweite von Wahlsichtwerbung als erheblich weniger bedeutsam als in städtisch geprägten Gebieten. Die Ortslage Eggesin weist insgesamt lediglich eine bebaute bzw. bewohnte Fläche auf, die bei weitem nicht der Gesamtgröße der Gemeinde entspricht. Hinsichtlich dieser vergleichsweise geringen Fläche dürften die auf der Grundlage der Sondernutzungssatzung mit Bescheid vom 30. Mai 2011 vorgesehenen Werbeträgerstandorte unter dem Aspekt ihrer Werbewirksamkeit und Reichweite auch hinreichend eine „flächendeckende“ Wahlpropaganda ermöglichen, selbst wenn sich auf großen Flächen mehr oder weniger unbewohnter Gebiete keine Plakatierungsmöglichkeiten befinden. Dem von der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 23. August 2011 geltend gemachten Umstand, dass in zahlreichen Straßen keine Werbemöglichkeiten bestünden, steht gegenüber, dass die zugelassenen Plakatstandorte aufgrund ihres Standortes an hochfrequentierten Straßen in diese anderen Bereiche des Stadtgebiets „hineinstrahlen“. Wenn die Antragstellerin geltend macht, vor allem die kommunikationsintensiven zentralen Stadtbereiche würden faktisch von der Wahlwerbung ausgeschlossen, widerspricht dieser – im Übrigen nur pauschale – Vortrag ihrem eigenen Vorbringen in der Beschwerdebegründung, wonach das Argument des Schutzes eines historischen Stadtkerns im Falle der Stadt Eggesin nicht greife, weil Hauptdurchgangsstraßen durch den Stadtkern führten. Diese Hauptdurchgangsstraßen sind jedoch gerade mit Wahlwerbemöglichkeiten ausgestattet.

29

Diese Betrachtung der Bevölkerungsverteilung führt zu der Annahme, dass auch unter Zugrundelegung der unterschiedlichen Maßstäbe für die Ermittlung des Mindestmaßes an erforderlicher Wahlsichtwerbung von einem Plakat pro 100 Einwohner für alle Parteien einerseits oder für jede Partei andererseits die vom Antragsgegner zugebilligte Plakatzahl von zwanzig für zwei Wahlen ausreichend sein dürfte.

30

Erhebliches Gewicht kommt auch dem Umstand zu, dass die Antragstellerin die Möglichkeit hat, an den ihr zugewiesenen Standorten ausschließlich ihre Wahlplakate ohne optische Konkurrenz durch Wahlwerbung anderer Parteien auf demselben Plakatträger anzubringen. Die Werbewirksamkeit ihrer Plakate wird insoweit nicht eingeschränkt; anders als im Fall von Großplakatflächen, die mehrere Parteien gemeinsam nutzen (müssen), besteht hier nicht die Gefahr, dass die Plakate der Antragstellerin in einer Flut anderer Wahlplakate untergehen.

31

Soweit die Antragstellerin auf die Zahl der Stimmbezirke in Eggesin (5) verweist, spricht dies nach der oben zitierten Rechtsprechung nicht für den Anspruch der Antragstellerin. Denn danach wird es als ausreichend für die nötige Selbstdarstellung angesehen, wenn jede Partei rechnerisch in „jedem Wahlbezirk“ mindestens eine Möglichkeit zur Wahlsichtwerbung besitze. Die Antragstellerin trägt selbst vor, dass ihr je Wahl rechnerisch die doppelte Anzahl von zwei Plakaten je Stimmbezirk zur Verfügung steht.

32

Wenn die Antragstellerin schließlich rügt, sie werde unter Missachtung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mit Kleinstparteien gleichbehandelt, begründet dies ebenfalls keinen weitergehenden Anspruch auf Wahlsichtwerbung. Zum einen übersieht die Antragstellerin, dass kleine Parteien nach der von ihr in Bezug genommenen – vorstehend zitierten – Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eher überproportional bei den Möglichkeiten zur Wahlsichtwerbung berücksichtigt werden sollen und die großen Parteien eher unterproportional. Sie blendet zum anderen aus, dass sie ihrerseits im Vergleich zu deutlich größeren Parteien von der Gleichbehandlung durch den Antragsgegner profitiert, also eine Benachteiligung auf der einen Seite jedenfalls durch eine Bevorzugung auf der anderen Seite wieder ausgeglichen wird und folglich eine Besserstellung der Antragstellerin im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht notwendig erscheint. Dass Bundesrecht in Gestalt von § 5 Abs. 1 Satz 4 ParteiG verletzt sein könnte und die Antragstellerin als im Bundestag mit Fraktionsstärke vertretene Partei nicht mindestens die Hälfte der Wahlwerbemöglichkeiten zugebilligt erhalten haben könnte wie jede andere Partei auch, ist nicht ersichtlich.

33

In Würdigung dieser Gesamtumstände bestehen nach dem Prüfungsmaßstab des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nach alledem keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin einen weitergehenden Anspruch auf Zulassung von Wahlsichtwerbung hat. Unter diesen Umständen ist auch nicht ersichtlich, dass für eine isolierte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die sinngemäße Ablehnung der über eine Wahlwerbung mit 20 Plakaten hinausgehenden Werbung ein Rechtsschutzbedürfnis bestehen könnte.

34

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

35

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1 u. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 47 GKG, und berücksichtigt den Umstand, dass eine stattgebende Entscheidung zur Vorwegnahme der Hauptsache geführt hätte.

(1) Wenn ein Träger öffentlicher Gewalt den Parteien Einrichtungen zur Verfügung stellt oder andere öffentliche Leistungen gewährt, sollen alle Parteien gleichbehandelt werden. Der Umfang der Gewährung kann nach der Bedeutung der Parteien bis zu dem für die Erreichung ihres Zweckes erforderlichen Mindestmaß abgestuft werden. Die Bedeutung der Parteien bemißt sich insbesondere auch nach den Ergebnissen vorausgegangener Wahlen zu Volksvertretungen. Für eine Partei, die im Bundestag in Fraktionsstärke vertreten ist, muß der Umfang der Gewährung mindestens halb so groß wie für jede andere Partei sein.

(2) Für die Gewährung öffentlicher Leistungen in Zusammenhang mit einer Wahl gilt Absatz 1 während der Dauer des Wahlkampfes nur für Parteien, die Wahlvorschläge eingereicht haben.

(3) Öffentliche Leistungen nach Absatz 1 können an bestimmte sachliche, von allen Parteien zu erfüllende Voraussetzungen gebunden werden.

(4) Der Vierte Abschnitt bleibt unberührt.

Tenor

Die Beschwerde der Antragstellerin wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten im Zusammenhang mit dem Wahlkampf im Vorfeld der Landtags- und Kreistagswahlen am 04. September 2011 um einen Anspruch der Antragstellerin auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für das Anbringen von insgesamt (mindestens) 60 Wahlplakaten in einem Format von DIN A1 im Gemeindegebiet von Eggesin.

2

Auf den Antrag der Antragstellerin auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis vom 10. Mai 2011 für das Anbringen von insgesamt (mindestens) 60 Wahlplakaten in einem Format von DIN A1 im Gemeindegebiet von Eggesin erteilte der Antragsgegner mit Bescheid vom 30. Mai 2011 unter Auflagen die Erlaubnis zur Anbringung von zwanzig Wahlplakaten an 10 bestimmten (numerisch benannten) gemeindeeigenen Werberahmen mit beidseitiger Plakatierungsmöglichkeit und lehnte damit sinngemäß den weitergehenden Antrag ab. Im Übrigen ordnete der Antragsgegner die sofortige Vollziehung an. Rechtsgrundlage hinsichtlich des erlaubten Plakatierungskontingents ist die Satzung für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen im Gebiet der Stadt Eggesin (Sondernutzungssatzung) vom 15. September 2010. Die Sondernutzungssatzung bestimmt in ihrem § 8 Abs. 2 insbesondere, dass die Bereitstellung der Plakatflächen für Wahlwerbung ausschließlich auf Straßenzüge mit Werberahmen beschränkt ist und die Stadt Eggesin jeder politischen Partei/Wählergemeinschaft/Einzelbewerber zur Teilnahme an der jeweils bevorstehenden Wahl maximal 10 (numerisch vorgegeben) Werberahmen zur beidseitigen Nutzung (2 Plakate je Rahmen) zur Verfügung stellt.

3

Den am 22. Juli 2011 von der Antragstellerin gestellten Antrag, den Antragsgegner im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorläufig zu verpflichten, ihr „einstweilen zu erlauben, Wahlsichtwerbung durch Plakatierung nach ihrem Antrag vom 10. Mai 2011 zu erlauben und die aufschiebende Wirkung des Widerspruches vom 27. Juni 2011 gegen die Teilversagungsverfügung des Antragsgegners vom 30. Mai 2011 wiederherzustellen“, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 29. Juli 2011 – 6 B 732/11 – abgelehnt.

II.

4

Die fristgemäß eingelegte und begründete (§§ 147 Abs. 1 Satz 1, 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) Beschwerde der Antragstellerin gegen diesen Beschluss, mit der sie ihr Begehren, weitere 40 Wahlplakate im Format DIN A1 im Gemeindegebiet von Eggesin anbringen zu dürfen, weiterverfolgt, hat keinen Erfolg und ist zurückzuweisen.

5

§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO bestimmt, dass die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen ist. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. In Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt. Wie sich aus § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO ergibt, können nur solche Gründe in die Prüfung einbezogen werden, die der Beschwerdeführer innerhalb der einmonatigen gesetzlichen Begründungsfrist vorbringt. Nach Ablauf dieser Frist können zwar fristgerecht – dem Darlegungserfordernis genügend – geltend gemachte Gründe vertieft, nicht aber neue Gründe in das Beschwerdeverfahren eingeführt werden.

6

Die Beschwerde ist unbegründet.

7

Nach § 123 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Maßgebend hierfür sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.

8

Die Antragstellerin hat zwar einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Auch wenn sie zwischenzeitlich nicht einmal die ihr zugebilligten Plakatierungsmöglichkeiten ausgenutzt haben mag, beabsichtigt sie die Anbringung weiterer Plakattafeln für die am 04. September 2011 stattfindenden Landtags- und Kreistagswahlen. Ihr Begehren ist daher eilbedürftig.

9

Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung stünde insoweit auch nicht entgegen, dass mit einer antragsgemäßen Entscheidung die Hauptsacheentscheidung vorweggenommen würde. Das Verbot der Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache gilt dann nicht, wenn die Versagung der Anordnung zu einem irreparablen Zustand führte und effektiver Rechtsschutz deshalb nur im Anordnungsverfahren gewährt werden kann. Dies ist bei einem Verfahren, in dem eine politische Partei unmittelbar vor einer Wahl die Verbesserung ihrer Werbemöglichkeiten erstrebt, wegen des drohenden Zeitablaufs regelmäßig der Fall. Diese Voraussetzungen wären auch hier zu bejahen, da die Antragstellerin vor dem Wahltag eine Entscheidung in der Hauptsache nicht erhalten kann und im Hinblick auf die bereits laufende „heiße“ Wahlkampfphase über den geltend gemachten Anspruch zu entscheiden ist.

10

Die Antragstellerin hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

11

Das ortsfeste Aufstellen oder Aufhängen von Wahlplakaten im öffentlichen Straßenraum stellt eine erlaubnispflichtige Sondernutzung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 StrWG M-V bzw. § 2 der Sondernutzungssatzung der Stadt Eggesin dar.

12

Die Benutzung der öffentlichen Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) bedarf danach der Erlaubnis des Trägers der Straßenbaulast. Die Erlaubnis darf, soweit es sich nicht um Zufahrten im Sinne des § 26 handelt, die der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung dienen, nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt werden. Für die Erlaubnis können Bedingungen und Auflagen festgesetzt werden (§ 22 Abs. 1 Satz 2 StrWG M-V).

13

Der Träger der Straßenbaulast befindet über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nach pflichtgemäßem Ermessen, welches gerichtlich nur in den Grenzen des § 114 VwGO überprüft werden kann. Ein strikter, im Wege der einstweiligen Anordnung in Gestalt der Regelungsanordnung durchzusetzender Rechtsanspruch kommt nur bei einer Ermessensreduzierung auf Null zugunsten der Antragstellerin in Betracht. Es ist allgemein anerkannt, dass für die Zeit des Wahlkampfes – jedenfalls in den letzten sechs Wochen vor dem festgesetzten Wahltermin – den zur Wahl zugelassenen Parteien und Gruppierungen aufgrund der Bedeutung der Wahlen in einem demokratischen Staat ein Anspruch darauf zusteht, in angemessener Weise Wahlsichtwerbung im Straßenraum zu betreiben. Dadurch wird in der Regel das Ermessen des Antragsgegners dahingehend eingeschränkt, dass entsprechende Sondernutzungserlaubnisse zu erteilen sind.

14

Bundesverfassungsrecht gibt nämlich – jedenfalls für den Regelfall – einen Anspruch, der darauf gerichtet ist, eine Wahlsichtwerbung auf öffentlichen Straßen zu ermöglichen.

15

Die Bedeutung von Wahlen für einen demokratischen Staat (vgl. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 und Art. 38 Abs. 1 GG) und die Bedeutung der Parteien für solche Wahlen, wie sie sich aus Art. 21 GG und den §§ 1 f. PartG ergibt, schränken das behördliche Ermessen bei der Entscheidung über die Erlaubnis zum Aufstellen von Wahlplakaten durch Parteien in so erheblichem Umfang ein, dass jedenfalls für den Regelfall – in den nachfolgend dargestellten Grenzen – ein Anspruch einer Partei auf Erlaubnis besteht. Die Sichtwerbung für Wahlen gehört auch aktuell noch zu den Mitteln im Wahlkampf der politischen Parteien und stellt weiterhin einen wichtigen Bestandteil der Vorbereitung demokratischer Wahlen dar, auch wenn ihre Bedeutung insbesondere mit Blick auf die Entwicklung der elektronischen Medien und moderne Kommunikationsformen in den letzten Jahren zurückgegangen sein dürfte. Die Wahlsichtwerbung als gewissermaßen selbstverständliches Wahlkampfmittel darf daher durch gänzliche oder auch nur weitgehende Verweigerung vorgesehener Erlaubnisse grundsätzlich nicht beschnitten werden. Bundesrecht gibt demnach zumindest dem Grunde nach einen Anspruch auf Gestattung der Wahlsichtwerbung durch Parteien (vgl. zum Ganzen grundlegend BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, BVerwGE 47, 280, und – VII C 43.72 –, BVerwGE 47, 293).

16

Dieser Anspruch besteht jedoch nicht unbeschränkt. Es ist in der Rechtsprechung ebenfalls anerkannt, dass die Gemeinde berechtigt ist, die Zahl der Werbeplakate im Stadtgebiet zu beschränken (kritisch dazu Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 27 ff.) und auch bestimmte Standorte – etwa aus Gründen der Verkehrssicherung – auszunehmen. Gleichfalls ist die Gemeinde berechtigt, dafür zu sorgen, dass eine wochenlange Verschandelung und Verschmutzung des Ortsbildes durch so genanntes "wildes Plakatieren" verhindert wird. Der Anspruch auf Gestattung einer Wahlsichtwerbung wird weiter dadurch beschränkt, dass er lediglich auf eine Werbung in einem Umfang gerichtet ist, der für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendig und angemessen ist. Ebenso wenig wie Rundfunk- und Fernsehanstalten verpflichtet sind, Sendezeiten für Wahlsendungen von Parteien unbegrenzt oder in dem von den Parteien für erforderlich gehaltenen Umfang bereitzustellen, braucht eine Gemeinde den Wünschen der Parteien auf Wahlsichtwerbung unbeschränkt Rechnung zu tragen. Der Anspruch der Parteien richtet sich auf eine angemessene Wahlsichtwerbung, ist aber auch auf eine solche beschränkt. In welcher Weise die Gemeinden dem verfassungsrechtlichen Gebot auf Einräumung von Stellplätzen in einem für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendigen und angemessenen Umfang Rechnung tragen, ist ihre Sache. Die Gemeinden sind dabei nur insofern eingeengt, als jedenfalls im Ergebnis jeweils angemessene Wahlwerbemöglichkeiten sichergestellt sein müssen, der allgemein in Art. 3 GG sowie speziell für Wahlen und Parteien in Art. 28 Abs. 1 Satz 2, Art. 38 Abs. 1 GG und in § 5 PartG niedergelegte Gleichheitssatz beachtet und schließlich sonstigen sich aus Bundesverfassungsrecht ergebenden Rechtsgrundsätzen, wie insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, Rechnung getragen sein muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.).

17

Die verfassungspolitische Unerwünschtheit von Splittergruppen und die Befugnis des Gesetzgebers, der Gefahr einer übermäßigen Aufsplitterung der Stimmen und Parteien bereits bei der Wahl und durch Aufnahme – jedenfalls bei der Landtagswahl – angemessener Sperrklauseln entgegenzuwirken, gibt dabei keine Rechtfertigung, die ohnehin nicht allzu optimistisch zu beurteilende Chance neuer und kleiner Parteien, ein Mandat zu erringen, im Vorfeld, also bei der Wahlvorbereitung und insbesondere der Wahlwerbung, zusätzlich zu reduzieren. Dies gilt vor allem für eine Wahlwerbung, die – wie die Plakatwerbung – verhältnismäßig billig, also auch für kleine und finanzschwache Parteien erschwinglich ist, aber einen nicht unerheblichen personellen Einsatz erfordert. Um die bestehenden Verhältnisse nicht durch die Beschränkung der Wahlwerbungsmöglichkeiten zu verfestigen, sind den einzelnen Parteien und Wählergruppen mindestens 5% der Gesamtzahl der Plakatierungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus kann sich die Verteilung nach dem Grundsatz der abgestuften Chancengleichheit des § 5 Abs. 1 Satz 2 PartG an der Bedeutung der Partei, insbesondere an deren letzten Wahlergebnissen bemessen. Jedoch ist kleineren Parteien und Wählergruppen im Verhältnis zu den großen Parteien grundsätzlich eine überproportionale, großzügig bemessene Mindestzahl an Plakatstellplätzen zuzuerkennen, während diese Zahl bei den großen Parteien entsprechend zu kürzen ist, damit diese nicht schon durch die bloße Menge der Plakate der großen Parteien ohne Wirkung bleiben. Die zulässige Grenze ist dabei überschritten, wenn der größten Partei mehr als etwa das Vier- bis Fünffache an Stellplätzen eingeräumt wird als der kleinsten Partei (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.). Nach anderer Auffassung sollen allerdings die hinsichtlich der Wahlwerbesendungen im Rundfunk entwickelten Grundsätze auf die Wahlsichtwerbung auf öffentlichen Straßen und Plätzen nicht übertragbar sein, es sei verfassungsrechtlich nicht geboten, den Parteien zum Zwecke der Wahrung staatlicher Wettbewerbsneutralität eine nach Maßgabe der Bedeutung der Parteien abgestufte Zahl von Stellplätzen zuzuweisen (vgl. Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 28).

18

Was als Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung zu sehen ist, lässt sich nicht abstrakt beantworten. Es hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab, unter welchen Voraussetzungen den Parteien jeweils eine nach Umfang (Zahl der Stellplätze) und Aufstellungsort (Werbewirksamkeit des Anbringungsortes) angemessene Werbemöglichkeit eingeräumt wird, um ihnen wirksame Wahlpropaganda zu ermöglichen. Insoweit ist auch nach der Art der Wahl, der Größe der Gemeinde und danach zu differenzieren, wie groß die Zahl der Parteien und Wählervereinigungen ist, die an der Wahl teilnehmen. Die Werbewirksamkeit eines Aufstellungsortes wird dabei durch eine Vielzahl von Parametern bestimmt, wie z. B. die Beschaffenheit seines näheren Umfeldes etwa im Hinblick auf sonstige Werbung. Die Rechtmäßigkeit der Beschränkung der Plakatierungsmöglichkeiten beurteilt sich demgemäß danach, ob im Hinblick auf die Anzahl der an der Wahl teilnehmenden Parteien und Wählergruppen eine ausreichende Anzahl von Plakatierungsmöglichkeiten insgesamt zugelassen wird, sowie danach, ob die Gesamtzahl der Plakatierungen in einem angemessenen Verhältnis auf die einzelnen Parteien und Wählergruppen verteilt worden ist (vgl. VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.).

19

Die Plakatierungsmöglichkeiten müssen hinreichend dicht sein, um den Parteien und Wählergruppen "gewissermaßen flächendeckend" Wahlwerbung im gesamten Gemeindegebiet zu ermöglichen und den nötigen Raum zur Selbstdarstellung zu geben (VG Saarlouis, Beschl. v. 12.02.2001 – 2 F 14/01 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 18.08.2009 – 14 L 842/09 –, juris; VG Aachen, Beschl. v. 01.12.2006 – 6 L 628/06 –, juris; VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris; Sauthoff, in: Sauthoff/Witting, StrWG M-V, Stand: Oktober 2010, § 22 Rn. 24).

20

Das Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung wird in der Rechtsprechung teilweise dahingehend konkretisiert, dass die nötige Selbstdarstellung jedenfalls dann noch gewährleistet sein soll, wenn jede Partei rechnerisch in „jedem Wahlbezirk“ mindestens eine Möglichkeit zur Wahlsichtwerbung besitze. Erforderlich, aber auch ausreichend sei es, wenn – jedenfalls in Großstädten – ein Aufstellungsort für je 100 Einwohner (für alle Parteien) zur Verfügung stehe (vgl. VG Aachen, Beschl. v. 01.12.2006 – 6 L 628/06 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 02.09.1998 – 14 L 2689/98 –, NWVBl 99, 106 ff.; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O.). Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die Antragstellerin an Landtags- und Kreistagswahlen teilnimmt, sowie der Mindestquote von 5 % der bereitgestellten Plätze für kleine Parteien hat das Verwaltungsgericht im Ansatz zutreffend ausgeführt, dass der Antragsgegner der Antragstellerin nach diesem Maßstab ausgehend von einer Einwohnerzahl von ca. 5.200 mit 20 Plakatierungsmöglichkeiten für zwei Wahlen ausreichend Werbeflächen zur Verfügung gestellt hätte und dann kein weitergehender Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis bestünde.

21

Demgegenüber wird jedoch auch vertreten, dass jeder kandidierenden politischen Partei ein Aufstellungsort für je 100 Einwohner zur Verfügung stehen müsse (vgl. VG Gießen, Beschl. v. 27.02.2001 – 8 G 335/01 –, NVwZ-RR 2001, 417 – zitiert nach juris). Legte man diesen Maßstab zugrunde, hätte die Antragstellerin jedenfalls einen Anordnungsanspruch im Umfang der von ihr zusätzlich beanspruchten 40 Plakatierungsmöglichkeiten.

22

Noch weitergehender wird in der Literatur der Standpunkt eingenommen, solange mit der Sichtwerbung keine Gefahren für andere Rechtsgüter einhergingen, sei es nicht Aufgabe der öffentlichen Hand, die Aufstellung von Plakatständern zu Gunsten oder zu Lasten einzelner Parteien zu reglementieren (vgl. Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 28 f.; vgl. ähnlich OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 – zitiert nach juris).

23

Das Verwaltungsgericht hat schließlich zutreffend darauf hingewiesen, dass auch gerichtliche Entscheidungen vorliegen, denen Aufstellungsort/Einwohnerzahlquoten zugrunde lagen, die zwischen den vorstehend genannten Eckpunkten liegen (vgl. auch OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 , das eine Quote von einem Plakat pro 50 Einwohner verwirft, weil für die entsprechende rechnerische Ableitung keine tragfähigen Sachgründe benannt worden seien).

24

Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass die gerichtliche Überprüfung, ob das erforderliche Mindestmaß an Wahlwerbemöglichkeiten für die Parteien gewahrt ist, nicht auf die Betrachtung von Quoten im vorstehenden Sinne reduziert werden darf, sondern die Umstände des Einzelfalles umfassend – nach Maßgabe des Prüfungsmaßstabes des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens – in den Blick zu nehmen hat (vgl. VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris). Dabei sind auch veränderte Rahmenbedingungen, etwa eine Änderung des Kommunalwahlrechts durch Wegfall von Sperrklauseln, neuartige Möglichkeiten der Werbung (z. B. Internet) oder Erscheinungen wie eine vielfach beklagte „Reizüberflutung“ zu beachten. Nach diesen Umständen des Einzelfalles ist zu beurteilen, ob jeweils ein nach Umfang (Zahl der Stellplätze) und Aufstellungsort (Werbewirksamkeit des Anbringungsortes) angemessenes Mindestmaß an Werbemöglichkeit eingeräumt ist bzw. eine wirksame Wahlpropaganda ermöglicht wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., Rn. 13, 22); diese materiellen Anforderungen bilden den maßgeblichen materiellen Maßstab. Die Betrachtung von Quoten im vorstehenden Sinne stellt sich lediglich als ein beachtliches, auf diesen materiellen Maßstab bezogenes Kriterium der erforderlichen Gesamtbetrachtung dar.

25

Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist zunächst zu berücksichtigen, dass die Antragstellerin an zwei Wahlen teilnimmt, die zeitgleich stattfinden. Der Senat folgt insoweit dem Ansatz des Verwaltungsgerichts, dass der Antragstellerin für beide Wahlen angemessene Wahlwerbemöglichkeiten eingeräumt werden müssen. Eine weitere Differenzierung danach, ob eine Partei auch in dem betroffenen Gemeindegebiet mit einem Direktkandidaten/einer Direktkandidatin antritt, ist von Verfassungs wegen nach Auffassung des Senats nicht in dem Sinne gegeben, dass insoweit von einer weiteren Wahl auszugehen wäre, die nochmals eine entsprechende Erhöhung der Plakatierungsmöglichkeiten nach sich zöge. Die Wahl der Abgeordneten nach Wahlkreisen (§§ 1 Abs. 2, 3 LWG) und die Wahl nach Landeslisten der Parteien (§§ 1 Abs. 2, 4 LWG) sind Bestandteileiner Wahl zum Landtag. Entgegen der Auffassung der Antragstellerin rechtfertigt auch der Umstand, dass am 04. September 2011 neben den Landtags- und Kreistagswahlen ein Bürgerentscheid gemäß § 2 Abs. 2 Landkreisneuordnungsgesetz über den Kreisnamen stattfindet, keine Erhöhung des ihr als Mindestmaß zustehenden Plakatierungskontingents. Die vorstehenden Erwägungen zum bundesverfassungsrechtlich abgesicherten Anspruch der Parteien auf eine angemessene Wahlsichtwerbung sind offensichtlich nicht einschlägig. Der Bürgerentscheid ist keine Wahl. Die Parteien haben selbstverständlich auch insoweit die Möglichkeit, bezogen auf einen Bürgerentscheid einen bestimmten Standpunkt einzunehmen. Im Grundsatz dürfte ihrer entsprechenden Meinungsäußerung hierzu jedoch kein größeres Gewicht beigemessen werden können als der Meinungsäußerung jedes einzelnen abstimmungsberechtigten Bürgers. Wollte man hier den Parteien – ohne verfassungsrechtliche Grundlage – einen Sichtwerbungsanspruch zubilligen, müsste folglich jedem abstimmungsberechtigten Bürger in gleicher Weise ein solcher Anspruch eingeräumt werden. Dass dies nicht möglich sein dürfte, scheint offensichtlich. Der Umstand, dass am 04. September 2011 im Übrigen ebenfalls die Direktwahl des Landrates/der Landrätin stattfindet, hat auf das Plakatkontingent der Antragstellerin keinen Einfluss, weil sie daran nicht mit einem eigenen Kandidaten/einer Kandidatin teilnimmt. Demnach ist davon auszugehen, dass von den der Antragstellerin zugebilligten Plakatierungsmöglichkeiten jeweils die eine Hälfte auf die Landtagswahl, die andere Hälfte auf die Kreistagswahl entfällt. Pro Wahl darf die Antragstellerin also 10 Plakate anbringen. Die entsprechende Beschränkung der Wahlsichtwerbung erweist sich vorliegend als ermessensfehlerfrei.

26

Die Gesamtbetrachtung, die zu dieser Schlussfolgerung führt, wird maßgeblich durch folgende Umstände bestimmt:

27

Der Antragsgegner hat in seiner Beschwerdeerwiderung nachvollziehbar und plausibel ausgeführt, dass die in Eggesin insbesondere der Antragstellerin an bestimmten Standorten im Ortszentrum zugewiesene Zahl an Werbemöglichkeiten ausreichend sei, um ihr das erforderliche Mindestmaß an bzw. eine angemessene Wahlwerbung zu ermöglichen. Insbesondere hat der Antragsgegner darauf hingewiesen, dass die Ortschaft auf eine relativ kleine Fläche konzentriert und derart überschaubar sei, dass schon wenige Plakate von nahezu allen Einwohnern wahrgenommen werden würden. Bei den Straßen, an denen die insgesamt 104 Plakatträger verteilt seien, handele es sich um hochfrequentierte Straßen, die die Ortslage Eggesin durchzögen. Zusätzlich sei die Straße „Am Binning“ mit insgesamt 23 Plakatträgern ausgestattet worden, da diese Gemeindeverbindungsstraße als Anbindung von Torgelow-Holl und anderen Umlandgemeinden sowie wegen eines dortigen Gewerbegebietes ebenfalls sehr frequentiert sei. Insoweit weisen die vorgegebenen Werbeträgerstandorte unter dem Blickwinkel ihrer Wirksamkeit eine hohe Qualität auf.

28

Die Stadt Eggesin hat zwar eine Gesamtfläche von ca. 88 km² (Quelle: www.sisonline.statistik.m-v.de/orte/2529/Eggesin_Stadt; vgl. auch wikipedia). Anders als im städtischen Bereich (Verfahren Az. 1 M 145/11) konzentriert sich die Einwohnerzahl dabei im Wesentlichen aber auf einer deutlich geringeren Fläche der Ortslage der Stadt Eggesin, während das Gemeindegebiet im Übrigen ländlich geprägt bzw. im Vergleich zu städtischen Gebieten dünn besiedelt ist und eine relativ niedrige Bevölkerungsdichte (ca. 59 Einwohner je km²) aufweist. Der Ansatz des Antragsgegners, die Wahlwerbung dort konzentriert zuzulassen, wo sich auch die Einwohner konzentrieren, erscheint deshalb grundsätzlich zulässig. Insoweit erweist sich die Gesamtfläche der betroffenen Gemeinde unter dem Blickwinkel der Wirksamkeit und Reichweite von Wahlsichtwerbung als erheblich weniger bedeutsam als in städtisch geprägten Gebieten. Die Ortslage Eggesin weist insgesamt lediglich eine bebaute bzw. bewohnte Fläche auf, die bei weitem nicht der Gesamtgröße der Gemeinde entspricht. Hinsichtlich dieser vergleichsweise geringen Fläche dürften die auf der Grundlage der Sondernutzungssatzung mit Bescheid vom 30. Mai 2011 vorgesehenen Werbeträgerstandorte unter dem Aspekt ihrer Werbewirksamkeit und Reichweite auch hinreichend eine „flächendeckende“ Wahlpropaganda ermöglichen, selbst wenn sich auf großen Flächen mehr oder weniger unbewohnter Gebiete keine Plakatierungsmöglichkeiten befinden. Dem von der Antragstellerin in ihrem Schriftsatz vom 23. August 2011 geltend gemachten Umstand, dass in zahlreichen Straßen keine Werbemöglichkeiten bestünden, steht gegenüber, dass die zugelassenen Plakatstandorte aufgrund ihres Standortes an hochfrequentierten Straßen in diese anderen Bereiche des Stadtgebiets „hineinstrahlen“. Wenn die Antragstellerin geltend macht, vor allem die kommunikationsintensiven zentralen Stadtbereiche würden faktisch von der Wahlwerbung ausgeschlossen, widerspricht dieser – im Übrigen nur pauschale – Vortrag ihrem eigenen Vorbringen in der Beschwerdebegründung, wonach das Argument des Schutzes eines historischen Stadtkerns im Falle der Stadt Eggesin nicht greife, weil Hauptdurchgangsstraßen durch den Stadtkern führten. Diese Hauptdurchgangsstraßen sind jedoch gerade mit Wahlwerbemöglichkeiten ausgestattet.

29

Diese Betrachtung der Bevölkerungsverteilung führt zu der Annahme, dass auch unter Zugrundelegung der unterschiedlichen Maßstäbe für die Ermittlung des Mindestmaßes an erforderlicher Wahlsichtwerbung von einem Plakat pro 100 Einwohner für alle Parteien einerseits oder für jede Partei andererseits die vom Antragsgegner zugebilligte Plakatzahl von zwanzig für zwei Wahlen ausreichend sein dürfte.

30

Erhebliches Gewicht kommt auch dem Umstand zu, dass die Antragstellerin die Möglichkeit hat, an den ihr zugewiesenen Standorten ausschließlich ihre Wahlplakate ohne optische Konkurrenz durch Wahlwerbung anderer Parteien auf demselben Plakatträger anzubringen. Die Werbewirksamkeit ihrer Plakate wird insoweit nicht eingeschränkt; anders als im Fall von Großplakatflächen, die mehrere Parteien gemeinsam nutzen (müssen), besteht hier nicht die Gefahr, dass die Plakate der Antragstellerin in einer Flut anderer Wahlplakate untergehen.

31

Soweit die Antragstellerin auf die Zahl der Stimmbezirke in Eggesin (5) verweist, spricht dies nach der oben zitierten Rechtsprechung nicht für den Anspruch der Antragstellerin. Denn danach wird es als ausreichend für die nötige Selbstdarstellung angesehen, wenn jede Partei rechnerisch in „jedem Wahlbezirk“ mindestens eine Möglichkeit zur Wahlsichtwerbung besitze. Die Antragstellerin trägt selbst vor, dass ihr je Wahl rechnerisch die doppelte Anzahl von zwei Plakaten je Stimmbezirk zur Verfügung steht.

32

Wenn die Antragstellerin schließlich rügt, sie werde unter Missachtung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mit Kleinstparteien gleichbehandelt, begründet dies ebenfalls keinen weitergehenden Anspruch auf Wahlsichtwerbung. Zum einen übersieht die Antragstellerin, dass kleine Parteien nach der von ihr in Bezug genommenen – vorstehend zitierten – Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts eher überproportional bei den Möglichkeiten zur Wahlsichtwerbung berücksichtigt werden sollen und die großen Parteien eher unterproportional. Sie blendet zum anderen aus, dass sie ihrerseits im Vergleich zu deutlich größeren Parteien von der Gleichbehandlung durch den Antragsgegner profitiert, also eine Benachteiligung auf der einen Seite jedenfalls durch eine Bevorzugung auf der anderen Seite wieder ausgeglichen wird und folglich eine Besserstellung der Antragstellerin im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nicht notwendig erscheint. Dass Bundesrecht in Gestalt von § 5 Abs. 1 Satz 4 ParteiG verletzt sein könnte und die Antragstellerin als im Bundestag mit Fraktionsstärke vertretene Partei nicht mindestens die Hälfte der Wahlwerbemöglichkeiten zugebilligt erhalten haben könnte wie jede andere Partei auch, ist nicht ersichtlich.

33

In Würdigung dieser Gesamtumstände bestehen nach dem Prüfungsmaßstab des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nach alledem keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass die Antragstellerin einen weitergehenden Anspruch auf Zulassung von Wahlsichtwerbung hat. Unter diesen Umständen ist auch nicht ersichtlich, dass für eine isolierte Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen die sinngemäße Ablehnung der über eine Wahlwerbung mit 20 Plakaten hinausgehenden Werbung ein Rechtsschutzbedürfnis bestehen könnte.

34

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.

35

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 52 Abs. 1 u. 2, 53 Abs. 2 Nr. 2, 47 GKG, und berücksichtigt den Umstand, dass eine stattgebende Entscheidung zur Vorwegnahme der Hauptsache geführt hätte.

Tenor

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Antragsgegner unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Greifswald vom 29. Juli 2011 – 6 B 726/11 – zu Ziffer 1. des Tenors im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller bis zum 25. August 2011, 12.00 Uhr, eine Sondernutzungserlaubnis für die Anbringung weiterer 28 Plakate im Format DIN A1 zu erteilen und ihm mindestens 14 zusätzliche Aufstellorte zu benennen, an denen der Antragsteller diese Wahlwerbungsplakate anbringen darf.

Dem Antragsgegner wird dabei freigestellt, ob er seinerseits die erforderlichen Plakatflächen – für Einzelplakate oder für mehrere Plakate, auch von anderen Parteien – aufstellt oder dem Antragsteller erlaubt, eigene Plakatflächen zu verwenden.

Soweit dem Antragsteller erlaubt wird, eigene Plakatflächen zu verwenden, darf der Antragsgegner die Sondernutzungserlaubnis mit der Auflage versehen, dass der Antragsteller die betreffende Plakatwerbung innerhalb von zwei Wochen nach dem Wahltag aus dem öffentlichen Verkehrsraum zu entfernen hat.

Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.

Die Kosten werden insgesamt gegeneinander aufgehoben.

Der Streitwert wird für das Beschwerdeverfahren auf 5.000,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Beteiligten streiten im Zusammenhang mit dem Wahlkampf im Vorfeld der Landtags- und Kreistagswahlen am 04. September 2011 um einen Anspruch des Antragstellers auf Erteilung einer – weiteren – Sondernutzungserlaubnis für das Anbringen von 97 Plakattafeln in einem Format von DIN A1 im Stadtgebiet von Wolgast.

2

Mit Schriftsatz vom 13. Juli 2011 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner, ihm „über die erlaubten vier Plakate die Anbringung weiterer 115 Plakate zu erlauben“. Mit Bescheid vom 15. Juli 2011 erteilte der Antragsgegner dem Antragsteller auf der Grundlage einer entsprechenden Beschlusslage der Stadtvertretung sinngemäß eine Sondernutzungserlaubnis für die Anbringung von jeweils zwei Plakaten im Format DIN A1 an 11 Standorten, für die die Stadt Wolgast Plakattafeln bereit gestellt hat, die in gleicher Weise allen anderen Parteien oder Wählervereinigungen zur Verfügung stehen. An diesen Standorten sind in zehn Fällen jeweils zwei Plakattafeln, in einem Fall eine einzelne Tafel vorhanden. Die Tafeln können auf Vorder- und Rückseite jeweils mit sechs Plakaten im Format DIN A1 beklebt werden. Im Übrigen lehnte der Antragsgegner sinngemäß den „Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zum Anbringen von 119 Wahlplakaten“ ab.

3

Den daraufhin vom Antragsteller gestellten Antrag, den Antragsgegner im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm für den Landtags- und Kreistagswahlkampf Mecklenburg-Vorpommern 2011 über die erteilte Sondernutzungserlaubnis hinaus das Anbringen von weiteren 97 Plakattafeln in einem Format von DIN A1 im Stadtgebiet von Wolgast zu erlauben, hilfsweise den Antragsteller neu zu bescheiden, hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 29. Juli 2011 – 6 B 726/11 – abgelehnt.

II.

4

Die fristgemäß eingelegte und begründete (§§ 147 Abs. 1 Satz 1, 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) Beschwerde des Antragsstellers gegen diesen Beschluss hat nach Maßgabe des Tenors teilweise Erfolg und ist im Übrigen zurückzuweisen.

5

§ 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO bestimmt, dass die Beschwerde innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen ist. Nach § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO muss die Beschwerdebegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. In Beschwerdeverfahren des vorläufigen Rechtsschutzes ist der Gegenstand der gerichtlichen Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO darauf beschränkt, den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts an Hand derjenigen Gründe nachzuprüfen, die der Beschwerdeführer darlegt. Wie sich aus § 146 Abs. 4 Sätze 1 und 3 VwGO ergibt, können nur solche Gründe in die Prüfung einbezogen werden, die der Beschwerdeführer innerhalb der einmonatigen gesetzlichen Begründungsfrist vorbringt. Nach Ablauf dieser Frist können zwar fristgerecht – dem Darlegungserfordernis genügend – geltend gemachte Gründe vertieft, nicht aber neue Gründe in das Beschwerdeverfahren eingeführt werden.

6

Die Beschwerde ist im Hauptantrag teilweise begründet. Der Antragsteller macht mit seiner Beschwerde, deren Begründung dem Darlegungserfordernis genügt, teilweise zu Recht geltend, dass ihm nach dem Prüfungsmaßstab des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ein Anordnungsanspruch zur Seite steht, der ihm nach Maßgabe der nachfolgenden Erwägungen das Recht zur Aufstellung bzw. Anbringung weiterer 28 Plakate im Format DIN A1 bzw. einen Anspruch auf vorläufige Erteilung einer entsprechenden Sondernutzungserlaubnis einräumt. Der darüber hinaus vom Antragsteller geltend gemachte Anspruch besteht jedoch nicht, insoweit und im Hilfsantrag ist die Beschwerde unbegründet.

7

Nach § 123 VwGO kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Dabei hat der Antragsteller sowohl die Notwendigkeit einer vorläufigen Regelung (Anordnungsgrund) als auch das Bestehen eines zu sichernden Rechts (Anordnungsanspruch) glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO). Maßgebend hierfür sind die rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.

8

Der Antragsteller hat einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Er beabsichtigt die Anbringung weiterer Plakattafeln für die am 04. September 2011 stattfindenden Landtags- und Kreistagswahlen. Sein Begehren ist daher eilbedürftig.

9

Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung stünde insoweit auch nicht entgegen, dass mit einer antragsgemäßen Entscheidung die Hauptsacheentscheidung vorweggenommen würde. Das Verbot der Vorwegnahme der Entscheidung in der Hauptsache gilt dann nicht, wenn die Versagung der Anordnung zu einem irreparablen Zustand führte und effektiver Rechtsschutz deshalb nur im Anordnungsverfahren gewährt werden kann. Dies ist bei einem Verfahren, in dem eine politische Partei unmittelbar vor einer Wahl die Verbesserung ihrer Werbemöglichkeiten erstrebt, wegen des drohenden Zeitablaufs regelmäßig der Fall. Diese Voraussetzungen sind auch hier zu bejahen, da der Antragsteller vor dem Wahltag eine Entscheidung in der Hauptsache nicht erhalten kann und im Hinblick auf die bereits laufende „heiße“ Wahlkampfphase über den geltend gemachten Anspruch zu entscheiden ist.

10

Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsanspruch nach Maßgabe des stattgebenden Tenors glaubhaft gemacht.

11

Das ortsfeste Aufstellen oder Aufhängen von Wahlplakaten im öffentlichen Straßenraum stellt eine erlaubnispflichtige Sondernutzung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 StrWG M-V bzw. § 2 der Satzung über die Sondernutzung an öffentlichen Straßen, Wegen und Plätzen in der Stadt Wolgast vom 23. November 2001 (www.wolgast.de unter Ortsrecht, Ordnungsamt) dar.

12

Die Benutzung der öffentlichen Straßen über den Gemeingebrauch hinaus (Sondernutzung) bedarf danach der Erlaubnis des Trägers der Straßenbaulast. Die Erlaubnis darf, soweit es sich nicht um Zufahrten im Sinne des § 26 handelt, die der land- und forstwirtschaftlichen Nutzung dienen, nur auf Zeit oder auf Widerruf erteilt werden. Für die Erlaubnis können Bedingungen und Auflagen festgesetzt werden (§ 22 Abs. 1 Satz 2 StrWG M-V).

13

Der Träger der Straßenbaulast befindet über die Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis nach pflichtgemäßem Ermessen, welches gerichtlich nur in den Grenzen des § 114 VwGO überprüft werden kann. Ein strikter, im Wege der einstweiligen Anordnung in Gestalt der Regelungsanordnung durchzusetzender Rechtsanspruch kommt nur bei einer Ermessensreduzierung auf Null zugunsten des Antragstellers in Betracht. Es ist allgemein anerkannt, dass für die Zeit des Wahlkampfes – jedenfalls in den letzten sechs Wochen vor dem festgesetzten Wahltermin – den zur Wahl zugelassenen Parteien und Gruppierungen aufgrund der Bedeutung der Wahlen in einem demokratischen Staat ein Anspruch darauf zusteht, in angemessener Weise Wahlsichtwerbung im Straßenraum zu betreiben. Dadurch wird in der Regel das Ermessen des Antragsgegners dahingehend eingeschränkt, dass entsprechende Sondernutzungserlaubnisse zu erteilen sind.

14

Bundesverfassungsrecht gibt nämlich – jedenfalls für den Regelfall – einen Anspruch, der darauf gerichtet ist, eine Wahlsichtwerbung auf öffentlichen Straßen zu ermöglichen.

15

Die Bedeutung von Wahlen für einen demokratischen Staat (vgl. Art. 28 Abs. 1 Satz 2 und Art. 38 Abs. 1 GG) und die Bedeutung der Parteien für solche Wahlen, wie sie sich aus Art. 21 GG und den §§ 1 f. PartG ergibt, schränken das behördliche Ermessen bei der Entscheidung über die Erlaubnis zum Aufstellen von Wahlplakaten durch Parteien in so erheblichem Umfang ein, dass jedenfalls für den Regelfall – in den nachfolgend dargestellten Grenzen – ein Anspruch einer Partei auf Erlaubnis besteht. Die Sichtwerbung für Wahlen gehört auch aktuell noch zu den Mitteln im Wahlkampf der politischen Parteien und stellt weiterhin einen wichtigen Bestandteil der Vorbereitung demokratischer Wahlen dar, auch wenn ihre Bedeutung insbesondere mit Blick auf die Entwicklung der elektronischen Medien und moderne Kommunikationsformen in den letzten Jahren zurückgegangen sein dürfte. Die Wahlsichtwerbung als gewissermaßen selbstverständliches Wahlkampfmittel darf daher durch gänzliche oder auch nur weitgehende Verweigerung vorgesehener Erlaubnisse grundsätzlich nicht beschnitten werden. Bundesrecht gibt demnach zumindest dem Grunde nach einen Anspruch auf Gestattung der Wahlsichtwerbung durch Parteien (vgl. zum Ganzen grundlegend BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, BVerwGE 47, 280, und – VII C 43.72 –, BVerwGE 47, 293).

16

Dieser Anspruch besteht jedoch nicht unbeschränkt. Es ist in der Rechtsprechung ebenfalls anerkannt, dass die Gemeinde berechtigt ist, die Zahl der Werbeplakate im Stadtgebiet zu beschränken (kritisch dazu Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 27 ff.) und auch bestimmte Standorte – etwa aus Gründen der Verkehrssicherung – auszunehmen. Gleichfalls ist die Gemeinde berechtigt, dafür zu sorgen, dass eine wochenlange Verschandelung und Verschmutzung des Ortsbildes durch so genanntes "wildes Plakatieren" verhindert wird. Der Anspruch auf Gestattung einer Wahlsichtwerbung wird weiter dadurch beschränkt, dass er lediglich auf eine Werbung in einem Umfang gerichtet ist, der für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendig und angemessen ist. Ebenso wenig wie Rundfunk- und Fernsehanstalten verpflichtet sind, Sendezeiten für Wahlsendungen von Parteien unbegrenzt oder in dem von den Parteien für erforderlich gehaltenen Umfang bereitzustellen, braucht eine Gemeinde den Wünschen der Parteien auf Wahlsichtwerbung unbeschränkt Rechnung zu tragen. Der Anspruch der Parteien richtet sich auf eine angemessene Wahlsichtwerbung, ist aber auch auf eine solche beschränkt. In welcher Weise die Gemeinden dem verfassungsrechtlichen Gebot auf Einräumung von Stellplätzen in einem für die Selbstdarstellung der jeweiligen Partei notwendigen und angemessenen Umfang Rechnung tragen, ist ihre Sache. Die Gemeinden sind dabei nur insofern eingeengt, als jedenfalls im Ergebnis jeweils angemessene Wahlwerbemöglichkeiten sichergestellt sein müssen, der allgemein in Art. 3 GG sowie speziell für Wahlen und Parteien in Art. 28 Abs. 1 Satz 2, Art. 38 Abs. 1 GG und in § 5 PartG niedergelegte Gleichheitssatz beachtet und schließlich sonstigen sich aus Bundesverfassungsrecht ergebenden Rechtsgrundsätzen, wie insbesondere dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, Rechnung getragen sein muss (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.).

17

Die verfassungspolitische Unerwünschtheit von Splittergruppen und die Befugnis des Gesetzgebers, der Gefahr einer übermäßigen Aufsplitterung der Stimmen und Parteien bereits bei der Wahl und durch Aufnahme – jedenfalls bei der Landtagswahl – angemessener Sperrklauseln entgegenzuwirken, gibt dabei keine Rechtfertigung, die ohnehin nicht allzu optimistisch zu beurteilende Chance neuer und kleiner Parteien, ein Mandat zu erringen, im Vorfeld, also bei der Wahlvorbereitung und insbesondere der Wahlwerbung, zusätzlich zu reduzieren. Dies gilt vor allem für eine Wahlwerbung, die – wie die Plakatwerbung – verhältnismäßig billig, also auch für kleine und finanzschwache Parteien erschwinglich ist, aber einen nicht unerheblichen personellen Einsatz erfordert. Um die bestehenden Verhältnisse nicht durch die Beschränkung der Wahlwerbungsmöglichkeiten zu verfestigen, sind den einzelnen Parteien und Wählergruppen mindestens 5% der Gesamtzahl der Plakatierungsmöglichkeiten zur Verfügung zu stellen. Darüber hinaus kann sich die Verteilung nach dem Grundsatz der abgestuften Chancengleichheit des § 5 Abs. 1 Satz 2 PartG an der Bedeutung der Partei, insbesondere an deren letzten Wahlergebnissen bemessen. Jedoch ist kleineren Parteien und Wählergruppen im Verhältnis zu den großen Parteien grundsätzlich eine überproportionale, großzügig bemessene Mindestzahl an Plakatstellplätzen zuzuerkennen, während diese Zahl bei den großen Parteien entsprechend zu kürzen ist, damit diese nicht schon durch die bloße Menge der Plakate der großen Parteien ohne Wirkung bleiben. Die zulässige Grenze ist dabei überschritten, wenn der größten Partei mehr als etwa das Vier- bis Fünffache an Stellplätzen eingeräumt wird als der kleinsten Partei (vgl. zum Ganzen BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.). Nach anderer Auffassung sollen allerdings die hinsichtlich der Wahlwerbesendungen im Rundfunk entwickelten Grundsätze auf die Wahlsichtwerbung auf öffentlichen Straßen und Plätzen nicht übertragbar sein, es sei verfassungsrechtlich nicht geboten, den Parteien zum Zwecke der Wahrung staatlicher Wettbewerbsneutralität eine nach Maßgabe der Bedeutung der Parteien abgestufte Zahl von Stellplätzen zuzuweisen (vgl. Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 28).

18

Was als Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung zu sehen ist, lässt sich nicht abstrakt beantworten. Es hängt vielmehr von den Umständen des Einzelfalls ab, unter welchen Voraussetzungen den Parteien jeweils eine nach Umfang (Zahl der Stellplätze) und Aufstellungsort (Werbewirksamkeit des Anbringungsortes) angemessene Werbemöglichkeit eingeräumt wird, um ihnen wirksame Wahlpropaganda zu ermöglichen. Insoweit ist auch nach der Art der Wahl, der Größe der Gemeinde und danach zu differenzieren, wie groß die Zahl der Parteien und Wählervereinigungen ist, die an der Wahl teilnehmen. Die Werbewirksamkeit eines Aufstellungsortes wird dabei durch eine Vielzahl von Parametern bestimmt, wie z. B. die Beschaffenheit seines näheren Umfeldes etwa im Hinblick auf sonstige Werbung. Die Rechtmäßigkeit der Beschränkung der Plakatierungsmöglichkeiten beurteilt sich demgemäß danach, ob im Hinblick auf die Anzahl der an der Wahl teilnehmenden Parteien und Wählergruppen eine ausreichende Anzahl von Plakatierungsmöglichkeiten insgesamt zugelassen wird, sowie danach, ob die Gesamtzahl der Plakatierungen in einem angemessenen Verhältnis auf die einzelnen Parteien und Wählergruppen verteilt worden ist (vgl. VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., und – VII C 43.72 –, a. a. O.).

19

Die Plakatierungsmöglichkeiten müssen hinreichend dicht sein, um den Parteien und Wählergruppen "gewissermaßen flächendeckend" Wahlwerbung im gesamten Gemeindegebiet zu ermöglichen und den nötigen Raum zur Selbstdarstellung zu geben (VG Saarlouis, Beschl. v. 12.02.2001 – 2 F 14/01 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 18.08.2009 – 14 L 842/09 –, juris; VG Aachen, Beschl. v. 01.12.2006 – 6 L 628/06 –, juris; VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris; Sauthoff, in: Sauthoff/Witting, StrWG M-V, Stand: Oktober 2010, § 22 Rn. 24).

20

Das Mindestmaß einer angemessenen Wahlwerbung wird in der Rechtsprechung teilweise dahingehend konkretisiert, dass die nötige Selbstdarstellung jedenfalls dann noch gewährleistet sein soll, wenn jede Partei rechnerisch in „jedem Wahlbezirk“ mindestens eine Möglichkeit zur Wahlsichtwerbung besitze. Erforderlich, aber auch ausreichend sei es, wenn – jedenfalls in Großstädten – ein Aufstellungsort für je 100 Einwohner (für alle Parteien) zur Verfügung stehe (vgl. VG Aachen, Beschl. v. 01.12.2006 – 6 L 628/06 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 02.09.1998 – 14 L 2689/98 –, NWVBl 99, 106 ff.; vgl. auch BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O.). Unter Berücksichtigung des Umstandes, dass der Antragsteller an zwei Wahlen teilnimmt, sowie der Mindestquote von 5 % der bereitgestellten Plätze für kleine Parteien hat das Verwaltungsgericht zutreffend ausgeführt, dass der Antragsgegner dem Antragsteller nach diesem Maßstab ausgehend von einer Einwohnerzahl von ca. 12.000 mit 22 Plakatierungsmöglichkeiten gemäß dem Konzept des Antragsgegners ausreichend Werbeflächen zur Verfügung gestellt hätte und dann kein weitergehender Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis bestünde.

21

Demgegenüber wird – worauf sich der Antragsteller beruft – jedoch auch vertreten, dass jeder kandidierenden politischen Partei ein Aufstellungsort für je 100 Einwohner zur Verfügung stehen müsse (vgl. VG Gießen, Beschl. v. 27.02.2001 – 8 G 335/01 –, NVwZ-RR 2001, 417 – zitiert nach juris). Legte man diesen Maßstab zugrunde, hätte der Antragsteller jedenfalls einen Anordnungsanspruch im Umfang der von ihm zusätzlich beanspruchten 97 Plakatierungsmöglichkeiten.

22

Noch weitergehender wird in der Literatur der Standpunkt eingenommen, solange mit der Sichtwerbung keine Gefahren für andere Rechtsgüter einhergingen, sei es nicht Aufgabe der öffentlichen Hand, die Aufstellung von Plakatständern zu Gunsten oder zu Lasten einzelner Parteien zu reglementieren (vgl. Ipsen, in: Ipsen, ParteienG, § 5 Rn. 28 f.; vgl. ähnlich OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 – zitiert nach juris).

23

Das Verwaltungsgericht hat schließlich zutreffend darauf hingewiesen, dass auch gerichtliche Entscheidungen vorliegen, denen Aufstellungsort/Einwohnerzahlquoten zugrunde lagen, die zwischen den vorstehend genannten Eckpunkten liegen (vgl. auch OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 , das eine Quote von einem Plakat pro 50 Einwohner verwirft, weil für die entsprechende rechnerische Ableitung keine tragfähigen Sachgründe benannt worden seien).

24

Der Senat ist jedoch der Auffassung, dass die gerichtliche Überprüfung, ob das erforderliche Mindestmaß an Wahlwerbemöglichkeiten für die Parteien gewahrt ist, nicht auf die Betrachtung von Quoten im vorstehenden Sinne reduziert werden darf, sondern die Umstände des Einzelfalles umfassend – nach Maßgabe des Prüfungsmaßstabes des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens – in den Blick zu nehmen hat (vgl. VG München, Beschl. v. 26.05.2006 – M 22 E 06.1484 –, BayVBl. 2007, 732 – zitiert nach juris). Dabei sind auch veränderte Rahmenbedingungen, etwa eine Änderung des Kommunalwahlrechts durch Wegfall von Sperrklauseln, neuartige Möglichkeiten der Werbung (z. B. Internet) oder Erscheinungen wie eine vielfach beklagte „Reizüberflutung“ zu beachten. Nach diesen Umständen des Einzelfalles ist zu beurteilen, ob jeweils ein nach Umfang (Zahl der Stellplätze) und Aufstellungsort (Werbewirksamkeit des Anbringungsortes) angemessenes Mindestmaß an Werbemöglichkeit eingeräumt ist bzw. eine wirksame Wahlpropaganda ermöglicht wird (vgl. BVerwG, Urt. v. 13.12.1974 – VII C 42.72 –, a. a. O., Rn. 13, 22); diese materiellen Anforderungen bilden den maßgeblichen materiellen Maßstab. Die Betrachtung von Quoten im vorstehenden Sinne stellt sich lediglich als ein beachtliches, auf diesen materiellen Maßstab bezogenes Kriterium der erforderlichen Gesamtbetrachtung dar.

25

Im Rahmen dieser Gesamtbetrachtung ist zunächst zu berücksichtigen, dass der Antragsteller an zwei Wahlen teilnimmt, die zeitgleich stattfinden. Der Senat folgt dem Ansatz des Verwaltungsgerichts, dass dem Antragsteller für beide Wahlen angemessene Wahlwerbemöglichkeiten eingeräumt werden müssen. Demnach ist davon auszugehen, dass von den dem Antragsteller nach dem Konzept des Antragsgegners zugebilligten 22 Plakatierungsmöglichkeiten jeweils die eine Hälfte auf die Landtagswahl, die andere Hälfte auf die Kreistagswahl entfällt. Pro Wahl darf der Antragsteller folglich nur 11 Plakate im Format DIN A 1 anbringen. Diese Zahl ist im Ergebnis der folgenden Gesamtbetrachtung zu niedrig und gewährleistet nicht das erforderliche Mindestmaß an Wahlsichtwerbung. Die entsprechende Beschränkung der Wahlsichtwerbung durch den Antragsgegner ist ermessensfehlerhaft, seine Ermessensausübung steht im Widerspruch zum Zweck des ihm durch das Gesetz eingeräumten Ermessens und berücksichtigt nicht die nach Lage der Dinge in seine Ermessensausübung einzustellenden Belange.

26

Unter dem Blickwinkel der Werbewirksamkeit und Reichweite einer Wahlsichtwerbung durch Plakate liegt es nahe, die Fläche und Bevölkerungsdichte in die Gesamtbetrachtung einzubeziehen. Dafür spricht auch die Überlegung, dass das Wahlwerbungskonzept des Antragsgegners weniger auf einen Einwohnerbezug bzw. eine Relation zur Zahl der Einwohner der Stadt Wolgast gründet, sondern einem eher flächenbezogenen Ansatz der Verteilung der gemeindeeigenen Plakattafeln im Stadtgebiet folgt. Es liegt auf der Hand, dass der Werbeeffekt umso größer ist, je höher die Wahrscheinlichkeit ist, dass Personen die Werbung zur Kenntnis nehmen werden. Diese Wahrscheinlichkeit hängt auch von der Bevölkerungsdichte des Gebietes ab, in dem die Wahlsichtwerbung erfolgt. Ausgehend von einer flächenmäßigen Ausdehnung der Stadt Wolgast von 19,2 km² (nach http://sisonline.statistik.m-v.de/orte/2291/Wolgast_Stadt; vgl. auch wikipedia) stünde demnach – losgelöst von den von der Stadt vorgegebenen Aufstellungsorten – pro Wahl noch nicht einmal auf einem km² ein Plakat des Antragstellers (Quote: 1 Plakat auf 1,75 km²). Dieser Gesichtspunkt gewinnt an Gewicht, betrachtet man die Bevölkerungsdichte von Wolgast, die ausgehend von 11.970 Einwohnern (vgl. http://sisonline.statistik.m-v.de/orte/2291/Wolgast_Stadt, Stand: 31.12.2009) 623 Einwohner je km² beträgt. Denn demgegenüber beträgt z. B. die Bevölkerungsdichte von Bochum – die Zahl der Aufstellorte in der Stadt Bochum zur Landtagswahl 1970 im Stadtgebiet Bochum war Gegenstand des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 13. Dezember 1974, Az. VII C 43.72 (a. a. O.) – ähnlich wie im Jahr 1970 im Jahr 2009 2.532 je km² (Quelle: www.bochum.de), also mehr als das Vierfache. Mit anderen Worten hatte dort ein Wahlplakat pro km² bezogen auf die Zahl möglicher Adressaten grob gesagt die vierfache Reichweite bzw. Werbewirksamkeit wie in Wolgast. Ob und wie Fläche und Bevölkerungsdichte bei Betrachtung ländlicher Gemeinden in die Betrachtung einzugehen haben, bedarf vorliegend keiner Vertiefung; jedoch dürften insoweit grundsätzlich im Wesentlichen die jeweiligen Orte mit der entsprechenden bebauten Fläche zu berücksichtigen sein, ggf. auch die Zahl der Ortsteile oder besondere Eigenheiten der Ortsstruktur.

27

Dennoch hatte das Bundesverwaltungsgericht in der damals entschiedenen Sache die Auffassung der Vorinstanz bestätigt, dass die Zahl von 4.140 Werbeflächen insgesamt und von 295 Werbeflächen für die damals klagende Partei nicht ausreichend gewesen sei, obwohl bei einer Fläche von 145,40 km² im Jahr 2009 (Quelle: www.bochum.de) etwa 28 Werbeflächen pro km² für alle Parteien bzw. bei sechs zugelassenen Parteien rechnerisch für jede 4 bis 5 Flächen zur Verfügung gestanden hätten. Der damals klagenden Partei waren von der Behörde insoweit immerhin etwa 2 Flächen pro km² zugebilligt worden, also das drei- bis vierfache dessen, was dem Antragsteller eingeräumt worden ist.

28

Im Hinblick auf die Gesamtzahl der vom Antragsgegner zur Verfügung gestellten Plakatwände hat dieser bestätigt, dass an 10 Standorten 24 Plakate und an einem Standort 12 Plakate im Format DIN A1 (maximal) geklebt werden können. Da der Antragsgegner damit rechnen muss, dass die nach seinem Konzept maximal zulässige Plakatgröße DIN A1 von allen Parteien oder Wählervereinigungen ausgenutzt wird, errechnet sich eine Gesamtzahl von 252 Werbeflächen bzw. von rund 13 Werbeflächen pro km² für alle Parteien. Berücksichtigt man weiter den Umstand, dass jedenfalls zwei Wahlen stattfinden, an denen der Antragsteller teilnimmt, reduziert sich diese Zahl wahlbezogen entsprechend. Das bedeutet, dass in Wolgast im Vergleich zu der damaligen Situation in Bochum gerade ein Viertel der dortigen Zahl an Werbeflächen zur Verfügung steht und gleichzeitig – wie ausgeführt – bezogen auf die Bevölkerungsdichte die Reichweite bzw. Werbewirksamkeit der einzelnen Werbefläche in ähnlicher Weise reduziert ist.

29

Dieser Sachverhalt wird durch folgenden Gesichtspunkt noch verschärft: Hinsichtlich der Zahl der durch Werbeflächen erreichten Personen/Wähler liegt es auf der Hand, dass es einen Unterschied macht, ob die 252 Werbeflächen z. B. an einem einzigen Ort konzentriert oder auf 252 Einzelstandorte über das Stadtgebiet verteilt werden. Dies gilt entsprechend für die einer Partei zugebilligten Werbeflächen. Im ersten Fall kann offensichtlich nicht von einer flächendeckenden Wahlwerbung gesprochen werden. In der Tendenz ist ungeachtet der Relevanz anderer Faktoren insoweit die Aussage zulässig, dass die Reichweite bzw. Wirksamkeit einer Wahlwerbung durch Plakate sinkt, je stärker die Werbeflächen standortbezogen konzentriert werden. Dabei soll nicht unerwähnt bleiben, dass eine entsprechende Standortkonzentration einen gezielt gegen einzelne oder alle Parteien gerichteten Vandalismus, wie er in den letzten Jahren zu verzeichnen ist, faktisch erleichtern kann. Insbesondere kleineren Parteien mit vergleichsweise eingeschränkten Mitteln dürfte es in einer solchen Situation schwer fallen, immer wieder nachzuplakatieren. Umso größer wird die Gefahr, dass sie mit ihrer Wahlwerbung nahezu vollständig untergehen.

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Nimmt man im Weiteren die Aufstellorte der von der Stadt angebotenen Plakatwände in den Blick, verteilen sich diese eher ungleichmäßig über das Stadtgebiet; größere Flächen des Stadtgebiets bleiben einer Wahlwerbung durch den Antragsteller – und andere Parteien – verschlossen.

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Eine Zahl von nur 11 Plakatstandorten dürfte auch zwischen den zahlreichen sonstigen, insbesondere gewerblichen Werbeflächen „untergehen“. Schon auf den vom Antragsgegner zur Verfügung gestellten Lichtbildern der Plakatständer sind eine Vielzahl anderweitiger Plakatierungen und Werbeträger – insbesondere auch an Laternenmasten – selbst im nächsten Umfeld der betreffenden Plakatwände erkennbar, die offensichtlich geeignet sind, von der Wahlwerbung abzulenken.

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Da neben den Plakaten des Antragstellers auf den von der Stadt angebotenen Plakatwänden auch zahlreiche Plakate anderer Parteien bzw. der Kandidaten für die Landratswahl zu erwarten sind, dürfte es den Passanten und insbesondere solchen in vorbeifahrenden PKW kaum möglich sein, die Vielzahl der Plakate und der in ihnen enthaltenen Aussagen insbesondere bezogen auf die drei Wahlen differenziert zur Kenntnis zu nehmen. Auch dies dürfte den Effekt haben, dass die Wahlwerbung insbesondere des Antragstellers unterzugehen droht.

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Schließlich gewinnt der Umstand Bedeutung, dass die Gesamtzahl der vom Antragsgegner zur Verfügung gestellten Plakatierungsmöglichkeiten seinem eigenen Konzept nicht gerecht werden dürfte, demzufolge jede Partei oder Wählervereinigung maximal zwei Plakate pro Standort anbringen können soll bei einer maximalen Größe von DIN A1. Der Antragsgegner muss damit rechnen, dass die maximale Plakatgröße von allen Parteien oder Wählervereinigungen ausgenutzt wird. Demnach könnten pro Doppelplakattafel 24 Plakate angebracht werden. Am 04. September 2011 treten aber bei der Landtagswahl 16 und bei der Kreistagswahl 10 Parteien bzw. Wählervereinigungen an. Wenn alle diese Parteien bzw. Wählervereinigungen entsprechend zwei Plakatflächen pro Standort in Anspruch nehmen wollten, wären die angebotenen Plakatwände offensichtlich bei weitem nicht ausreichend; selbst wenn jede Partei hinsichtlich der Wahl, an der sie teilnimmt, lediglich ein Plakat im Format DIN A1 aufhängen wollte, würden 26 Plakatflächen benötigt und die aufgestellten Plakattafeln nicht ausreichend sein. Dies gilt in gesteigertem Maße, wenn die für die Direktwahl des Landesrats bzw. der Landrätin antretenden vier Einzelbewerber/innen berücksichtigt werden, die den gleichen Anspruch haben dürften. Demnach dürfte unter diesem Blickwinkel schon nach dem eigenen Konzept des Antragsgegners für die Wahlen am 04. September 2011 keine ausreichende Gesamtanzahl an Werbeflächen vorhanden sein.

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Jedenfalls in der Summe vermitteln diese Gesichtspunkte dem Senat nach summarischer Prüfung den Eindruck, dass die Gesamtzahl bzw. die Zahl der dem Antragsteller erlaubten Wahlplakate keine flächendeckende bzw. angemessene Werbewirkung entfalten kann. Der Vortrag des Antragsgegners, es handele sich bei den Plakatstandorten um mit Parteivertretern abgestimmte, „prädestinierte“ Standorte, kann diesen Eindruck nicht durchgreifend in Frage stellen.

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Weder dem Bescheid des Antragsgegners noch dem Schreiben des Amtes Amt Peenestrom vom 11. April 2011 lassen sich zudem substantiell konkrete Gesichtspunkte im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entnehmen, die mit Blick auf den dem Grunde nach bestehenden Regelanspruch auf Zulassung der Sichtwerbung hinreichend geeignet wären, ermessensfehlerfrei zum einen die Beschränkung auf 11 vorgegebene Plakatstandorte bzw. 22 Plakate im Format DIN A1 zu rechtfertigen und zum anderen eine weitergehende Plakatierung auszuschließen. Die dortigen Ausführungen zur Motivation der Wahlwerbungsbeschränkung erschöpfen sich in pauschalen Befürchtungen betreffend eine „wochen- und monatelange ausgeuferte und verwilderte Plakatwerbung“ und eine „massive Überfrachtung des öffentlichen Verkehrsraumes“, die insbesondere für „benachteiligte Verkehrsteilnehmer wie Schüler und Senioren erhebliche Gefahren“ bewirke. Ebenso pauschal ist der Hinweis auf eine Beeinträchtigung des Denkmalschutzes im Stadtgebiet. Das gerichtliche Vorbringen des Antragsgegners wiederholt im Wesentlichen lediglich diese Ausführungen; soweit ergänzend eine Beeinträchtigung des Tourismus und des „Kleinstadtflairs“ angesprochen ist, gilt das Vorgesagte. Mit alledem sind keine tragfähigen Sachgründe benannt worden, die es rechtfertigen bzw. als ermessensfehlerfreie Entscheidung erscheinen lassen könnten, die Wahlwerbung des Antragstellers wie geschehen zu beschneiden (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, NordÖR 2003, 251 – zitiert nach juris).

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Zu beachten ist zudem, dass der Antragsteller geltend macht, die Plakatwerbung sei gewissermaßen das „Werbemittel seiner Wahl“. Insoweit würde ihn die Werbebeschränkung des Antragsgegners in besonderer Weise treffen. Dass es sich insoweit um einen beachtlichen Gesichtspunkt handelt, hat bereits das Bundesverwaltungsgericht deutlich gemacht. Generell ist davon auszugehen, dass es in erster Linie Sache der Parteien ist, die Art und den Stil ihrer Wahlpropaganda zu bestimmen. Das beinhaltet, dass die Präferenzen, die einzelne Parteien in Bezug auf die Wahlsichtwerbung pflegen, in die Erwägungen über die Bildung einer Obergrenze einzustellen sind. Das Straßenrecht ist kein Instrument, um gezielt auf die Wahlkampfführung einzuwirken (vgl. OVG Bremen, Beschl. v. 09.05.2003 – 1 B 181/03 –, a. a. O.).

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Nach dem Prüfungsmaßstab des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens ist nach alledem davon auszugehen, dass die dem Antragsteller zur Verfügung gestellten Werbe- bzw. Plakatflächen nicht dem erforderlichen Mindestmaß für kleine Parteien entsprechen. Ab welcher Zahl von Plakatflächen dieses Mindestmaß bzw. eine angemessene Wahlsichtwerbung für den Antragsteller sichergestellt wäre, entzieht sich jedenfalls im Eilverfahren einer konkreten Bestimmung. Insoweit ist die Zahl der vom Antragsteller nutzbaren Plakatflächen bzw. Plakatstandorte maßvoll in dem Sinne zu erhöhen, dass eine flächendeckende Wahlwerbung möglich erscheint bzw. ein entsprechendes Mindestmaß an Werbewirkung erreicht wird; entsprechend ist das Ermessen des Antragsgegner reduziert. Nach Auffassung des Senats kann dieses Mindestmaß im Falle der Stadt Wolgast im Ergebnis der vorgenommenen Gesamtbetrachtung für Landtags- und Kommunalwahl mit insgesamt 50 Plakatflächen im Format DIN A1 bestimmt werden, die der Antragsteller beanspruchen kann. Diese Zahl wäre im Übrigen auch fast erreicht, würde man dem Antragsteller auf der Basis des Konzepts des Antragsgegners pro Wahl jeweils 22, also insgesamt 44 Plakate zubilligen. Zusätzlich zu den bereits sinngemäß genehmigten 22 Flächen kann der Antragsteller demzufolge weitere 28 Plakatflächen – dem Konzept des Antragsgegners, an einem Standort maximal 2 Plakate anbringen zu dürfen, folgend – an mindestens 14 Einzelstandorten und die Erteilung einer entsprechenden Sondernutzungserlaubnis beanspruchen; die Zahl der Standorte erhöht sich entsprechend, wenn der Antragsgegner an einzelnen Standorten nur die Anbringung eines einzelnen Plakats zulässt.

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Die gerichtliche Zubilligung weiterer Plakatierungsmöglichkeiten zieht keine Verletzung der gebotenen Chancengleichheit anderer Parteien nach sich. Denn den konkurrierenden Parteien ist und war es unbenommen, ebenso wie der Antragsteller die Zulassung – über das vom Antragsgegner zugestandene Kontingent hinausgehend – zusätzlicher (eigener) Wahltafeln für ihre Kandidatinnen und Kandidaten zu beantragen. Dass sie dies offenbar bisher nicht getan haben, kann nicht den Anspruch des Antragstellers verkürzen (vgl. VG Saarlouis, Beschl. v. 12.02.2001 – 2 F 14/01 –, juris; VG Gelsenkirchen, Beschl. v. 30.03.2010 – 14 L 295/2010 –, juris).

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Da die Befugnis der Stadt Wolgast zu berücksichtigen ist, unter Ausübung pflichtgemäßen Ermessens Vorgaben hinsichtlich der Plakatstandorte machen zu dürfen, geht der Anspruch des Antragstellers dahin, dass der Antragsgegner ihm entsprechende Aufstellungsorte in der Sondernutzungserlaubnis benennt. Der Antragsgegner hat dabei den Anspruch des Antragstellers auf eine möglichst flächendeckende Wahlsichtwerbung in allen neun „Wahlbezirken“, wie sie unter www.wolgast.de (dort unter Rathaus/Wahlen/Weitere Informationen/Karte Wahlbereiche) dokumentiert sind, zu beachten und eine entsprechende Verteilung der Standorte vorzunehmen.

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Dem Antragsgegner wird zudem freigestellt, ob er seinerseits die erforderlichen Plakatierungsflächen – für Einzelplakate oder für mehrere Plakate, auch von anderen Parteien – aufstellt oder dem Antragsteller erlaubt, eigene Plakatierungsflächen zu verwenden. Soweit dem Antragsteller erlaubt wird, eigene Plakatflächen zu verwenden bzw. aufzustellen, kann die Sondernutzungserlaubnis mit der Auflage versehen werden, die betreffende Plakatwerbung innerhalb von zwei Wochen nach dem Wahltag aus dem öffentlichen Verkehrsraum zu entfernen (vgl. Erlass „Lautsprecher und Plakatwerbung aus Anlass von Wahlen in Mecklenburg-Vorpommern“ vom 17.08.1994 – V 690.55.1-1-4-7 –, AmtsBl. M-V 1994, S. 899).

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Da bis zu den Wahlen nur kurze Zeit verbleibt, ist dem Antragsgegner für die Benennung der zusätzlichen Aufstellorte und die Erteilung der entsprechenden Sondernutzungserlaubnis die aus dem Tenor ersichtliche Frist zu setzen.

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Aus den vorstehenden Erwägungen ergibt sich zugleich, dass der weitergehende Hauptantrag des Antragstellers ebenso wie sein Hilfsantrag keinen Erfolg haben kann.

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Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO.

44

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den § 52 Abs. 1 u. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 47 GKG und berücksichtigt den Umstand der Vorwegnahme der Hauptsache.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.