Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 10. Nov. 2015 - RO 4 K 15.287

bei uns veröffentlicht am10.11.2015

Gericht

Verwaltungsgericht Regensburg

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt die Gewährung von Hilfe zur Erziehung in der Form von Vollzeitpflege.

Der Kläger wurde mit Beschluss des Amtsgerichts R. Abteilung für Familiensachen vom 14.2.2013 zum Vormund des am ... 2011 geborenen Kindes 1. bestellt. Das Kind 1. hält sich seit dem 28.11.2012 im Haushalt seiner Großmutter mütterlicherseits G. auf. Der Großmutter war mit seit 1.12.2006 rechtskräftigem Beschluss des Amtsgerichts S. die elterliche Sorge für die Mutter von 1., M., teilweise entzogen worden. Im Haushalt der Großmutter leben drei weitere eigene Kinder im Alter von 11, 5 und 1 Jahren. Das ältere Kind ist lernbehindert, das mittlere geistig behindert. Ferner hat die Großmutter noch einen weiteren volljährigen Sohn.

Mit Schreiben vom 14.3.2013 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Antrag auf Hilfe zur Erziehung in Form der Verwandtenpflege. Die Beklagte bat das Kreisjugendamt J. unter dem 12.3.2013 im Rahmen der Amtshilfe, die Großelternpflegestelle zu überprüfen. Mit Schreiben vom 22.11.2013 übermittelte das Landratsamt J. der Beklagten den Abschlussbericht zur Überprüfung der Familie ... In diesem kommt der Pflegekinderdienst zu einer negativen Einschätzung bezüglich der Eignung.

Mit Bescheid vom 3.12.2014 lehnte die Beklagte die beantragte Gewährung von Hilfe zur Erziehung in Form von Vollzeitpflege bei Verwandten ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, vor allem durch den Hinweis auf eine zurückliegende Gefährdungsmeldung von Mitte Juni 2013 und die schließlich notwendige Unterbringung der beiden Kinder 1. und 2. in einem hohen Stundenumfang in Tageseinrichtungen, werde die nicht ausreichende Erziehungskompetenz der Großmutter bestätigt. Unterstrichen werde die Nichteignung der Großmutter durch die eigene Biographie und die Entwicklungsgeschichte der eigenen Kinder. Weiterhin sei das Belastungspotential bei zwei behinderten, noch relativ bedürftigen kleinen leiblichen Kindern, sowie einem straffällig gewordenen, derzeit anscheinend mit im Haushalt lebenden erwachsenen Sohn begrenzt und eine Überforderung durch die Gesamtsituation zu erwarten. Frau G. begehre ausschließlich finanzielle Leistungen. Es wäre nicht zu erwarten, dass die Großmutter Frau G. offen und in notwendiger Form in Fragen der Erziehung und in Konfliktsituationen mit dem Jugendamt zusammenarbeiten würde. Dem Vergleich mit einer nichtverwandten Pflegestelle halte das Familiensystem ... nicht stand. Die Jugendämter würden kein familienfremdes Kind bei dieser Familie unterbringen.

Unter dem 20.12.2013 legte der Kläger Widerspruch gegen den Ablehnungsbescheid ein. Zur Begründung machte er geltend, die besonderen Beziehungen des Kindes zu den sich als Pflegepersonen bewerbenden Verwandten seien bei der Pflegestellenprüfung besonders zu berücksichtigen. 1. sei durch die Mutter bereits im November 2012 bei der Großmutter untergebracht worden. Er habe darüber hinaus bereits ab der Geburt für einen längeren Zeitraum -Februar 2011 bis Mai 2011 und Dezember 2011 bis Juni 2012- mit seiner Mutter im Haushalt der Großmutter gelebt und habe auch in der dazwischen liegenden Zeit regelmäßige Kontakte zu dieser gehabt. Für 1. sei die Großmutter erkennbar eine wichtige - und seit der Aufnahme im November 2012 - die wichtigste und bedeutendste Bezugsperson. Im Bericht des Jugendamtes J. sei keinerlei Bewertung dieser gegebenen engen Bindung zwischen 1. und zumindest der Großmutter und deren besonderen Bedeutung für die weitere Entwicklung erfolgt. Die seitens der Jugendämter vorgetragenen Ablehnungsgründe seien nicht ausreichend mit dem grundsätzlich anzuerkennenden Interesse des Kindes, in seiner Herkunftsfamilie aufzuwachsen, in Abwägung gebracht worden. Wie das Jugendamt J. angegeben habe, habe lediglich ein Hausbesuch stattgefunden, weitere für die Beurteilung der Eignung zugrunde gelegte Informationen hätten sich nur durch Telefonate, E-Mail-Kontakte und Angaben Dritter ergeben. Eine Beurteilung einer Erziehungskompetenz sei ausschließlich anhand der dem Jugendamt vorliegenden Unterlagen aus der Vorgeschichte der Großmutter erfolgt. Diese ließen keine Rückschlüsse auf eine aktuell gegebene mangelnde Erziehungskompetenz zu. Im Ablehnungsbescheid werde auf die nicht verifizierte Gefährdungsmitteilung vom Juni 2013 verwiesen und die schließlich notwendige Unterbringung der beiden Kinder 1. und 2. in einem hohen Stundenumfang. Zum einen werde hiermit der falsche Eindruck vermittelt, dass als Folge einer Gefährdungsmitteilung eine Fremdbetreuung der Kinder erforderlich geworden sei und zum anderen werde dies als Bestätigung einer nicht ausreichenden Erziehungskompetenz gesehen, was ebenso nicht zutreffe. Die Partnerschaft von Frau G. und Herrn ... bestehe zutreffender Weise erst über einen relativ kurzen Zeitraum. Es sei jedoch zu würdigen, dass beide Partner bereits 40 und 37 Jahre alt seien und somit über eine entsprechende Lebenserfahrung und Reife verfügten. Dass derzeit in der Familie auch der finanzielle Aspekt im Vordergrund stehe, sei zum einen in jeder Hinsicht nachvollziehbar, zum anderen kein Ablehnungsgrund für eine Pflegestelle. Die Befürchtungen zur mangelnden Zusammenarbeit und Kooperationsbereitschaft seien ebenfalls nicht nachvollziehbar. Im Rahmen der Kooperationsbereitschaft sei auch die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der Herkunftsfamilie zu bewerten.

Am 15.4.2014 erfolgte ein Hausbesuch zweier Fachkräfte des Amtes für Jugend und Familie der Stadt Regensburg.

Mit Schreiben vom 2.7.2014 gab die Beklagte den Widerspruch an die Regierung der Oberpfalz ab. Die Nichtabhilfe wurde u. a. wie folgt begründet: Verwandtenpflege sei im vorliegenden Fall keine geeignete Hilfe. Es werde die Einschätzung des Jugendamtes J. geteilt. Auch wenn das Amt für Jugend und Familie der Beklagten die von Frau G. in der Vergangenheit erbrachten Bemühungen um ihren Enkelsohn 1. anerkenne, bestünden weiterhin Zweifel daran, dass eine am Wohl des Kindes orientierte Erziehung konstant gewährleistet, eine konstruktive und vertrauensvolle Kooperation mit dem Jugendamt gegeben und die Pflegeperson zur Annahme unterstützender Leistungen bereit sei.

Die Regierung der Oberpfalz wies den Widerspruch mit Bescheid vom 29.1.2015 zurück. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Betreuung von 1. im Haushalt der Großmutter G. trage einem erzieherischen Bedarf nicht angemessen Rechnung. Das Amt für Jugend und Familie habe die Eignung der Großmutter als Pflegeperson zu Recht abgelehnt. Der erzieherische Bedarf sei nicht mit dem bloßen Betreuungsbedarf des Kindes gleichzusetzen. Bei der Frage der Eignung der Großmutter G. habe das Amt für Jugend und Familie der Stadt Regensburg die gewichtigen Gründe einer bereits langfristig bestehenden intensiven Bindung zwischen 1. und seiner Großmutter G. berücksichtigt. Dem habe das Amt für Jugend und Familie der Stadt Regensburg die Erkenntnisse hinsichtlich der Eignung zur Erziehung der Pflegemutter G. gegenüber gestellt, die aus dem langjährigen Kontakt zur Familie ... selbst und im Wege der Amtshilfe durch das Jugendamt J... gewonnen worden seien. Die Bedenken, dass bei Nichteignung der Großmutter G. die Herausnahme von 1. aus dem großmütterlichen Haushalt folgen müsse, seien vom Amt für Jugend und Familie berücksichtigt und Alternativen aufgezeigt worden. Die Ablehnung des Antrags auf Hilfe zur Erziehung in Form einer Vollzeitpflege im Haushalt der Großmutter G. sei daher rechtmäßig.

Mit Schriftsatz vom 20.2.2015, bei Gericht eingegangen am 24.2.2015, erhob der Kläger Klage. Vorgetragen wird:

Der Kläger habe einen Anspruch auf Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege gemäß §§ 27 i. V. m. 33 SGB VIII. Unstreitig sei in der Herkunftsfamilie des Mündels der erzieherische Bedarf für dieses nicht gedeckt, so dass eine andere Form der Unterbringung bei der Großmutter des Mündels notwendig geworden sei. Die Hilfe durch die Großmutter sei auch geeignet den bestehenden erzieherischen Bedarf zu decken. Es sei davon auszugehen, dass das Kindeswohl in der Familie der Großmutter gewährleistet sei. Es werde nur vermutet, dass die Großmutter keine Kooperationsbereitschaft mit der Beklagten zeigen würde. Die Großmutter habe sämtliche Kontakte mit dem Jugendamt stets zuverlässig wahrgenommen, insbesondere hätten auch die Überprüfungskontakte ohne jegliche Beanstandung durchgeführt werden können. Dass die Großmutter möglicherweise manchmal eine ablehnende Haltung gegenüber Jugendbehörden zeige, sei aus der Chronologie ihrer Erfahrungen zu erklären. Dem Vorbringen der Beklagten, dass die Großmutter nicht als Pflegemutter geeignet sei, weil ihr im Jahre 2006 aufgrund eines Erziehungsversagens die elterliche Sorge für die Mutter des Mündels entzogen worden sei, sei entgegenzuhalten, dass die Großmutter nun in ihrem eigenen Haushalt auch ihre weiteren Kinder erziehe.

Der Kläger habe einen Anspruch gegen die Beklagte aus § 36 a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII auf Übernahme seiner erforderlichen Aufwendungen für die ab der Antragstellung erbrachte Vollzeitpflege des Mündels aufgrund einer Selbstbeschaffung der Leistung. Bei der Selbstbeschaffung habe der Kläger von der Notwendigkeit der geleisteten Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege ausgehen dürfen.

Der Kläger beantragt:

1. Der Bescheid der Stadt Regensburg vom 3.12.2013 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 29.1.2015 wird aufgehoben.

2. Die Stadt Regensburg wird verurteilt, ab dem 14.3.2013 Hilfe zur Erziehung in Form von Vollzeitpflege bei Frau G. zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es bestehe kein Anspruch auf Hilfe zur Erziehung in Form der Verwandtenpflege bei Frau G. Das Tatbestandsmerkmal Notwendigkeit sei unstreitig gegeben. Das Tatbestandsmerkmal Geeignetheit sei aus jugendfachlicher Sicht im Sinne des Jugendhilferechts nicht erfüllt. Dabei seien bei der Überprüfung von Pflegestellen bei Verwandten dieselben Kriterien heranzuziehen wie bei der Überprüfung von Pflegestellen bei familienfremden Personen. Die Frage der Eignung von Pflegepersonen als Leistungserbringer im Rahmen der Gewährung von Hilfe zur Erziehung nach §§ 27 ff SGB VIII unterliege Anforderungen, die deutlich oberhalb der Schwelle der Kindeswohlgefährdung lägen. Auch wenn die Großmutter von 1. keiner Pflegeerlaubnis bedürfe, könne als sachlicher Maßstab für die Beurteilung der Eignung zur Pflege von Kindern Art 35 AGSG herangezogen werden. Im Hinblick auf die 2006 gerichtlich festgestellte Erziehungsunfähigkeit von Frau G. werde bezweifelt, dass sie den erzieherischen Bedarf von 1. decken könne. In allen mit Frau G. geführten Gesprächen zeige diese eine deutliche Ablehnung gegen das Jugendamt als Institution. Neben der Betreuung von 1. müsse sich Frau G. intensiv um ihre beiden weiteren Töchter 3. und 2. kümmern. 3. sei schwer geistig behindert. 2. sei lernbehindert. Zudem erwarte Frau G. ein weiteres Kind von ihrem Lebensgefährten. Ein weiteres Kind werde möglicherweise zu einer erneuten Überforderung führen. Eine Kindeswohlgefährdung werde dadurch sehr wahrscheinlich. Von der Geeignetheit der Pflegestelle könne nicht ausgegangen werden, wenn Zweifel bestünden, ob das Kindeswohl in der Pflegestelle dauerhaft gewährleistet sei. Bei den Unterhaltsleistungen nach § 39 SGB VIII handle es sich um Annexleistungen, die nicht isoliert, sondern immer nur aufgrund einer Hilfegewährleistung geleistet werden könnten. Eben diese Hilfegewährung werde jedoch abgelehnt. Hinsichtlich der Ausführungen des Klägers zur Vereinbarkeit des § 39 SGB VIII mit dem Grundgesetz werde festgestellt, dass im Haushalt von Frau G. zwei weitere kleine Kinder leben würden. Sofern Frau G. keiner Erwerbstätigkeit nachgehe, könne dies nicht der Betreuung von 1. angelastet werden. Was die Selbstbeschaffung der Jugendhilfe betreffe, werde angezweifelt, dass es sich überhaupt um eine solche handle.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behördenakten, sowie die Gerichtsakte mit der Niederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung der beantragten Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege bei Verwandten ( § 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)).

1. Rechtsgrundlage für den vom Kläger geltend gemachten Anspruch ist § 36a Abs. 3 Satz 1 des Sozialgesetzbuches VIII (SGB VIII). Demgemäß ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe, wenn Hilfen vom Leistungsberechtigten selbst beschafft werden, zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen verpflichtet, wenn der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat (Nr. 1) bzw. falls ihm dies unmöglich war, dies unverzüglich nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachgeholt hat (§ 36a Abs. 3 Satz 2 SGB VIII), die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen (Nr. 2) und die Deckung des Bedarfs bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat (Nr. 3). Die Voraussetzungen für die Gewährung der beantragten Hilfe -Vollzeitpflege bei Verwandten- lagen hier nicht vor.

2. Gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII hat ein Personensorgeberechtigter, hier der Kläger, bei der Erziehung eines Kindes einen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. Nach § 33 Satz 1 SGB VIII soll Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Die Geeignetheit der Hilfe ist dabei nicht nur allgemein, sondern auch im Hinblick auf die konkrete Form der Hilfe zur Erziehung zu überprüfen. Dabei kann die Vollzeitpflege durch Großeltern nur dann ein geeignetes Mittel zum Ausgleich eines Erziehungsdefizits sein, wenn die Großeltern ihrerseits als Pflegepersonen geeignet sind (BVerwG, Urteil vom 9.12.2014, Az.: 5 C 32/13- juris). Hier fehlt es an einer Eignung der Großmutter als Pflegeperson.

3. Zur Geeignetheit im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII gehört auch, dass die Pflegepersonen zum einen eine dem Wohl des Kindes entsprechende Erziehung gewährleisten können und sich zum anderen auf die Kooperation mit dem Jugendamt einlassen und gegebenenfalls zur Annahme unterstützender Leistungen bereit sind. Dies folgt auch ausdrücklich aus § 27 Abs. 2a Halbs. 2 SGB VIII, wonach die Person geeignet und bereit sein muss, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe zu decken. Großeltern bedürfen zwar keiner Pflegeerlaubnis (§ 44 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB VIII), ihre persönliche Eignung ist jedoch anhand der Vorgaben des § 44 Abs. 2 SGB VIII und insbesondere daran zu messen, ob das Kindeswohl in der Pflegestelle gewährleistet ist (BVerwG a. a. O.).

Zu berücksichtigen ist, dass es sich bei der Entscheidung über die Notwendigkeit und Geeignetheit der Hilfe um das Ergebnis eines kooperativen pädagogischen Entscheidungsprozesses unter Mitwirkung mehrere Fachkräfte handelt, welches nicht den Anspruch objektiver Richtigkeit erhebt, jedoch eine angemessene Lösung zur Bewältigung der festgestellten Belastungssituation enthält, die fachlich vertretbar und nachvollziehbar sein muss. Daraus folgt, dass die verwaltungsgerichtliche Überprüfung sich darauf zu beschränken hat, ob allgemein gültige fachliche Maßstäbe beachtet wurden, ob keine sachfremden Erwägungen eingeflossen und die Adressaten in umfassender Weise beteiligt worden sind (BayVGH, Beschluss vom 16.10.2013, Az.: 12 C 13.1599).

Dies zugrunde legend steht dem Jugendamt auch hinsichtlich der Frage nach der Geeignetheit der Pflegeperson i. S. d. §§ 27, 33 SGB VIII im konkreten Einzelfall ein Beurteilungsspielraum zu, der nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbar ist. Die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, nach der der Begriff der Eignung der Tagespflegeperson i. S.v. § 43 Abs. 2 SGB VIII ein unbestimmter Rechtsbegriff ist, dessen Auslegung und Anwendung der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ist im dortigen Kontext der Eignung als Tatbestandsvoraussetzung der (gebundenen) Erteilung von Erlaubnissen zur Tagespflege zu sehen; die genannte Rechtsprechung ist nicht übertragbar auf einen gegenüber dem Jugendamt geltend gemachten Anspruch auf Hilfe zur Erziehung i. S. d. §§ 27, 33, 39 SGB VIII (Verwaltungsgericht Augsburg, Beschluss vom 23.10.2015, Az.: Au 3 K 15.1172- juris mit weiteren Hinweisen auf die Rechtsprechung).

Aus Sicht der Kammer entspricht die Einschätzung des Jugendamtes, bei der Großmutter handle es sich nicht um eine geeignete Pflegeperson, diesen genannten fachlichen Maßstäben und ist daher nicht zu beanstanden. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass die Beklagte zumindest seit Antragstellung am 14.3.2013 und somit seit einem Zeitraum von zweidreiviertel Jahren die Betreuung des Kindes durch die Großmutter hinnimmt und nicht von einer Gefährdung des Kindeswohls ausgeht. Allerdings ist in diesem Zusammenhang zwischen der Kindeswohlgefährdung im Sinne des § 1666 des Bürgerlichen Gesetzbuches, die eine Inobhutnahme des Kindes nach § 42 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB VIII zur Folge haben kann, und der Definition des Kindeswohls bei der Prüfung der Geeignetheit einer Pflegeperson zu unterscheiden (so auch BayVGH a. a. O). Die Beklagtenseite hat hier ausführlich dargelegt, warum sie die Großmutter nicht für geeignet erachtet. Neben der eigenen Vorgeschichte der Großmutter wurde dabei auch die derzeitige Familiensituation eingehend beleuchtet. Insbesondere durch die überzeugenden Ausführungen in der mündlichen Verhandlung wurde die Einschätzung der Beklagten nochmals untermauert. Für die Beklagte ist ein entscheidendes Kriterium, das gegen die Großmutter als geeignete Pflegeperson spricht, die mangelnde Kooperationsbereitschaft mit dem Jugendamt. Auch diese Einschätzung ist aus Sicht des Gerichts nicht zu beanstanden. Sie wurde insbesondere dadurch belegt, dass die Beklagtenseite einzelne Vorfälle konkret benannt hat, aus denen sich die fehlende Bereitschaft zur Zusammenarbeit zwischen Großmutter und Jugendamt ergibt. Bei der Kooperationsbereitschaft handelt es sich um eine grundlegende Voraussetzung, um von einer Geeignetheit der Pflegeperson auszugehen. Bei der Bewilligung von Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege stellt die Pflegeperson eine Institution der öffentlichen Jugendhilfe dar. Es geht nicht nur darum, das Kind zu betreuen, vielmehr sollen erzieherische Defizite kompensiert werden. Dies kann nur gelingen, wenn alle Beteiligten, d. h. Pflegeperson, Vormund und der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zusammenwirken. Dies ergibt sich bereits aus § 36 Abs. 2 SGB VIII. Dort ist geregelt, dass als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe ein Hilfeplan aufzustellen ist, an dessen Aufstellung neben den Personensorgeberechtigten und dem Kind auch die Personen zu beteiligen sind, die die Hilfe durchführen, d. h. hier die Großmutter als Pflegeperson. Dafür ist es unabdingbar, dass zwischen dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe und der Pflegeperson ein Vertrauensverhältnis und die Bereitschaft besteht, sich zum Wohle des Kindes auszutauschen und zusammenzuarbeiten. Wie die Beklagte nachvollziehbar dargelegt hat, hat die Großmutter durch ihr Verhalten gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe klar gezeigt, dass zumindest derzeit ihr Interesse an dieser Zusammenarbeit, wenn überhaupt vorhanden, doch zumindest äußerst gering ist. Entgegen der Auffassung des Klägers, ist es auch nicht Aufgabe der Beklagten, erst während der laufenden Hilfe zu der Großmutter eine vertrauensvolle Beziehung aufzubauen. Vielmehr muss diese Vertrauensbeziehung bereits im Zeitpunkt der Hilfegewährung vorhanden sein. Nur dann können die mit der Hilfegewährung verfolgten Ziele sinnvoll festgelegt und erreicht werden. Dies schließt es nicht aus, dass sich die Zusammenarbeit im Laufe der Zeit intensiviert, vielmehr dürfte dies die Regel sein. Eine Zusammenarbeit in diesem Sinne bedeutet aus Sicht des Gerichts insbesondere auch, dass ein Austausch zwischen Pflegeperson und Träger der öffentlichen Jugendhilfe stattfindet. Dieser Austausch darf sich dabei nicht auf die Klärung finanzieller Bedürfnisse beschränken, sondern muss insbesondere auch den erzieherischen Bedarf des Kindes mit umfassen. Auch muss dieser Austausch gegenseitig erfolgen. D. h. beide Seiten müssen die Gewissheit haben, dass sich die jeweils andere Seite gegebenenfalls zur Klärung einer Frage oder einer Änderung des Hilfebedarfs meldet. Es kann sich insoweit nicht um eine einseitige Kommunikation, Nachfragen des Jugendamtes, handeln. Die Einschätzung der Beklagten, dass die Großmutter dazu nicht bereit ist, wurde aus Sicht des Gerichts durch die Beklagtenseite umfassend ausgeführt und in Ansätzen auch durch die Angaben des Klägers belegt. Aus diesen ergibt sich, dass auch die Kontaktaufnahme zwischen Kläger und Großmutter überwiegend vom Kläger ausgeht, die Großmutter möchte durch den Kläger ihr Erziehungsverhalten bestätigt bekommen. Sie selbst hält einen weiteren Unterstützungsbedarf für 1. derzeit nicht für erforderlich.

Das Gericht weist auf folgendes hin: Selbst wenn man davon ausgehen würde, dass es sich bei der Eignung der Pflegeperson um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, dessen Auslegung und Anwendung der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, würde dies an der getroffenen Entscheidung nichts ändern. Die Kammer teilt die von der Beklagtenseite getroffene Einschätzung und deren Begründung hinsichtlich der fehlenden Eignung der Großmutter als Pflegeperson vollumfänglich.

4.Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2 VwGO.

5. Der Ausspruch über die sofortige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 ff. ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 27 Hilfe zur Erziehung


(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe f

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 42 Inobhutnahme von Kindern und Jugendlichen


(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn 1. das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder2. eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhut

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 36a Steuerungsverantwortung, Selbstbeschaffung


(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 39 Leistungen zum Unterhalt des Kindes oder des Jugendlichen


(1) Wird Hilfe nach den §§ 32 bis 35 oder nach § 35a Absatz 2 Nummer 2 bis 4 gewährt, so ist auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen. Er umfasst die Kosten für den Sachaufwand sowie für di

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 33 Vollzeitpflege


Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kind

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 43 Erlaubnis zur Kindertagespflege


(1) Eine Person, die ein Kind oder mehrere Kinder außerhalb des Haushalts des Erziehungsberechtigten während eines Teils des Tages und mehr als 15 Stunden wöchentlich gegen Entgelt länger als drei Monate betreuen will, bedarf der Erlaubnis. (2) D

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 36 Mitwirkung, Hilfeplan


(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwickl

Sozialgesetzbuch (SGB) - Achtes Buch (VIII) - Kinder- und Jugendhilfe - (Artikel 1 des Gesetzes v. 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB 8 | § 44 Erlaubnis zur Vollzeitpflege


(1) Wer ein Kind oder einen Jugendlichen über Tag und Nacht in seinem Haushalt aufnehmen will (Pflegeperson), bedarf der Erlaubnis. Einer Erlaubnis bedarf nicht, wer ein Kind oder einen Jugendlichen 1. im Rahmen von Hilfe zur Erziehung oder von Eingl

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(1) Wird Hilfe nach den §§ 32 bis 35 oder nach § 35a Absatz 2 Nummer 2 bis 4 gewährt, so ist auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen. Er umfasst die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung des Kindes oder Jugendlichen.

(2) Der gesamte regelmäßig wiederkehrende Bedarf soll durch laufende Leistungen gedeckt werden. Sie umfassen außer im Fall des § 32 und des § 35a Absatz 2 Nummer 2 auch einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung des Kindes oder des Jugendlichen. Die Höhe des Betrages wird in den Fällen der §§ 34, 35, 35a Absatz 2 Nummer 4 von der nach Landesrecht zuständigen Behörde festgesetzt; die Beträge sollen nach Altersgruppen gestaffelt sein. Die laufenden Leistungen im Rahmen der Hilfe in Vollzeitpflege (§ 33) oder bei einer geeigneten Pflegeperson (§ 35a Absatz 2 Nummer 3) sind nach den Absätzen 4 bis 6 zu bemessen.

(3) Einmalige Beihilfen oder Zuschüsse können insbesondere zur Erstausstattung einer Pflegestelle, bei wichtigen persönlichen Anlässen sowie für Urlaubs- und Ferienreisen des Kindes oder des Jugendlichen gewährt werden.

(4) Die laufenden Leistungen sollen auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten gewährt werden, sofern sie einen angemessenen Umfang nicht übersteigen. Die laufenden Leistungen umfassen auch die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Pflegeperson. Sie sollen in einem monatlichen Pauschalbetrag gewährt werden, soweit nicht nach der Besonderheit des Einzelfalls abweichende Leistungen geboten sind. Ist die Pflegeperson in gerader Linie mit dem Kind oder Jugendlichen verwandt und kann sie diesem unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Verpflichtungen und ohne Gefährdung ihres angemessenen Unterhalts Unterhalt gewähren, so kann der Teil des monatlichen Pauschalbetrages, der die Kosten für den Sachaufwand des Kindes oder Jugendlichen betrifft, angemessen gekürzt werden. Wird ein Kind oder ein Jugendlicher im Bereich eines anderen Jugendamts untergebracht, so soll sich die Höhe des zu gewährenden Pauschalbetrages nach den Verhältnissen richten, die am Ort der Pflegestelle gelten.

(5) Die Pauschalbeträge für laufende Leistungen zum Unterhalt sollen von den nach Landesrecht zuständigen Behörden festgesetzt werden. Dabei ist dem altersbedingt unterschiedlichen Unterhaltsbedarf von Kindern und Jugendlichen durch eine Staffelung der Beträge nach Altersgruppen Rechnung zu tragen. Das Nähere regelt Landesrecht.

(6) Wird das Kind oder der Jugendliche im Rahmen des Familienleistungsausgleichs nach § 31 des Einkommensteuergesetzes bei der Pflegeperson berücksichtigt, so ist ein Betrag in Höhe der Hälfte des Betrages, der nach § 66 des Einkommensteuergesetzes für ein erstes Kind zu zahlen ist, auf die laufenden Leistungen anzurechnen. Ist das Kind oder der Jugendliche nicht das älteste Kind in der Pflegefamilie, so ermäßigt sich der Anrechnungsbetrag für dieses Kind oder diesen Jugendlichen auf ein Viertel des Betrages, der für ein erstes Kind zu zahlen ist.

(7) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so ist auch der notwendige Unterhalt dieses Kindes sicherzustellen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Der Träger der öffentlichen Jugendhilfe trägt die Kosten der Hilfe grundsätzlich nur dann, wenn sie auf der Grundlage seiner Entscheidung nach Maßgabe des Hilfeplans unter Beachtung des Wunsch- und Wahlrechts erbracht wird; dies gilt auch in den Fällen, in denen Eltern durch das Familiengericht oder Jugendliche und junge Volljährige durch den Jugendrichter zur Inanspruchnahme von Hilfen verpflichtet werden. Die Vorschriften über die Heranziehung zu den Kosten der Hilfe bleiben unberührt.

(2) Abweichend von Absatz 1 soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die niedrigschwellige unmittelbare Inanspruchnahme von ambulanten Hilfen, insbesondere der Erziehungsberatung nach § 28, zulassen. Dazu soll der Träger der öffentlichen Jugendhilfe mit den Leistungserbringern Vereinbarungen schließen, in denen die Voraussetzungen und die Ausgestaltung der Leistungserbringung sowie die Übernahme der Kosten geregelt werden. Dabei finden der nach § 80 Absatz 1 Nummer 2 ermittelte Bedarf, die Planungen zur Sicherstellung des bedarfsgerechten Zusammenwirkens der Angebote von Jugendhilfeleistungen in den Lebens- und Wohnbereichen von jungen Menschen und Familien nach § 80 Absatz 2 Nummer 3 sowie die geplanten Maßnahmen zur Qualitätsgewährleistung der Leistungserbringung nach § 80 Absatz 3 Beachtung.

(3) Werden Hilfen abweichend von den Absätzen 1 und 2 vom Leistungsberechtigten selbst beschafft, so ist der Träger der öffentlichen Jugendhilfe zur Übernahme der erforderlichen Aufwendungen nur verpflichtet, wenn

1.
der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat,
2.
die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen und
3.
die Deckung des Bedarfs
a)
bis zu einer Entscheidung des Trägers der öffentlichen Jugendhilfe über die Gewährung der Leistung oder
b)
bis zu einer Entscheidung über ein Rechtsmittel nach einer zu Unrecht abgelehnten Leistung
keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat.
War es dem Leistungsberechtigten unmöglich, den Träger der öffentlichen Jugendhilfe rechtzeitig über den Hilfebedarf in Kenntnis zu setzen, so hat er dies unverzüglich nach Wegfall des Hinderungsgrundes nachzuholen.

(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.

(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.

(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.

Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen.

Tatbestand

1

Die Klägerin begehrt jugendhilferechtlichen Aufwendungsersatz für die Vollzeitpflege ihrer beiden Enkel im Zeitraum vom 12. Mai 2011 bis zum 21. März 2012.

2

Für die im Januar 2008 bzw. Oktober 2009 geborenen Kinder stand zunächst ihrer leiblichen Mutter, der Tochter der Klägerin, das alleinige Sorgerecht zu. Nach Angaben der Klägerin lebten die Kinder aber bereits seit Ende Februar 2008 bzw. Mai 2010 durchgehend bei ihr, da ihre Tochter nicht in der Lage gewesen sei, genügend für sie zu sorgen. Die Klägerin erhielt für sich und die Kinder Grundsicherungsleistungen. Mit Beschluss vom 20. Januar 2011 übertrug ihr das Amtsgericht die elterliche Sorge für beide Kinder. Am 12. Mai 2011 beantragte die Klägerin bei dem Jugendamt der Beklagten die Bewilligung von Vollzeitpflege für beide Kinder bei ihr als Pflegeperson. Anfang Januar 2012 teilte sie dem Jugendamt auf Nachfrage schriftlich mit, dass sie nicht gewillt sei, die Kinder kostenlos zu betreuen.

3

Mit Bescheid vom 19. Januar 2012 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Der dagegen erhobene Widerspruch der Klägerin wurde mit Widerspruchsbescheid vom 9. März 2012 zurückgewiesen. Es bestehe kein Hilfebedarf, weil die Kinder schon vor Antragstellung beim Jugendamt von der Klägerin gut betreut worden seien. Eine Herausgabe der Kinder habe die Klägerin durchgängig abgelehnt.

4

Das Verwaltungsgericht hat der von der Klägerin erhobenen Klage stattgegeben und die Beklagte antragsgemäß verpflichtet, der Klägerin wirtschaftliche Jugendhilfe für beide Kinder für den streitigen Zeitraum zu gewähren.

5

Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht die Entscheidung der Vorinstanz geändert und die Klage abgewiesen. Auf der Grundlage der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung - auch wenn diese im Ergebnis unbefriedigend sei - stehe der Klägerin kein Anspruch auf Gewährung wirtschaftlicher Jugendhilfe in Form von Unterhaltsleistungen für ihre Enkel zu. Danach habe, weil sie diese zunächst unentgeltlich betreut habe, ein erzieherischer Bedarf nur entstehen können, wenn die Klägerin ihre Bereitschaft zur unentgeltlichen Pflege zurückgezogen und das Jugendamt der Beklagten ernsthaft vor die Alternative gestellt hätte, für ihre Entlohnung zu sorgen oder auf ihre Betreuungsdienste verzichten zu müssen. Das habe sie jedoch nicht getan.

6

Mit der Revision verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie rügt eine Verletzung der §§ 27, 33 und 39 SGB VIII.

7

Die Beklagte verteidigt das angegriffene Urteil.

8

Der Vertreter des Bundesinteresses beteiligt sich an dem Verfahren und unterstützt die Rechtsauffassung der Klägerin.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Das angefochtene Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Die entscheidungstragende Annahme des Oberverwaltungsgerichts, dass ein personensorgeberechtigter Großelternteil, der den erzieherischen Bedarf eines Enkels zunächst unentgeltlich deckt, nur dann einen Anspruch auf Hilfe zur Erziehung haben kann, wenn er seine Bereitschaft zu unentgeltlicher Pflege zurückzieht und das Jugendamt ernsthaft vor die Alternative stellt, für seine Entlohnung zu sorgen oder aber auf seine Betreuungsdienste verzichten zu müssen, steht mit § 27 Abs. 1 und 2a des Achten Buches Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe - (Art. 1 des Gesetzes vom 26. Juni 1990, BGBl. I S. 1163) - SGB VIII - i.d.F. der Bekanntmachung vom 11. September 2012 (BGBl. I S. 2022) nicht in Einklang. Das angegriffene Urteil beruht auf dieser Verletzung von Bundesrecht und stellt sich auch nicht im Ergebnis als richtig dar (§ 144 Abs. 4 VwGO). Da der entscheidungserhebliche Sachverhalt geklärt ist, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 VwGO).

10

Die Klägerin hat einen Anspruch gegen die Beklagte aus § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII auf Übernahme ihrer erforderlichen Aufwendungen für die von ihr in der Zeit vom 12. Mai 2011 bis zum 21. März 2012 erbrachte Vollzeitpflege ihrer Enkel.

11

Diese Bestimmung verleiht einen Anspruch auf Übernahme der erforderlichen Aufwendungen für selbst beschaffte Hilfen. Das sind Hilfen, die - wie hier - vom Leistungsberechtigten selbst abweichend von § 36a Abs. 1 und 2 SGB VIII erbracht werden, ohne dass eine Entscheidung des Trägers der Jugendhilfe oder eine Zulassung durch diesen vorangegangen ist. Der Übernahmeanspruch setzt nach § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII voraus, dass der Leistungsberechtigte den Träger der öffentlichen Jugendhilfe vor der Selbstbeschaffung über den Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt hat (Nr. 1), die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe vorlagen (Nr. 2) und die Deckung des Bedarfs keinen zeitlichen Aufschub geduldet hat (Nr. 3). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

12

1. Die Klägerin, die als Personensorgeberechtigte anspruchsberechtigt im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII und mithin Leistungsberechtigte ist, hat die Beklagte zu Beginn des Zeitraums, für den die Übernahme der Aufwendungen beansprucht wird, von dem Hilfebedarf in Kenntnis gesetzt (§ 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII). Dies geschah spätestens mit dem Antrag der Klägerin vom 12. Mai 2011, mit dem diese die Gewährung von Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege bei der Beklagten beantragt hat.

13

2. Die Voraussetzungen für die Gewährung der Hilfe lagen im streitgegenständlichen Zeitraum vor. Der Klägerin stand ein Anspruch auf Gewährung von Hilfe zur Erziehung in Gestalt der Vollzeitpflege (§§ 27, 33, 39 SGB VIII) zu.

14

§ 27 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII gewährt dem Personensorgeberechtigten bei der Erziehung eines Kindes oder Jugendlichen einen Anspruch auf Hilfe zur Erziehung, wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet (a) und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet (b) und notwendig (c) ist. Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 SGB VIII gewährt (§ 27 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII). Nach § 33 Satz 1 SGB VIII soll Hilfe zur Erziehung in Gestalt der Vollzeitpflege Kindern oder Jugendlichen unter anderem entsprechend den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen (§ 27 Abs. 2a Halbs. 1 SGB VIII). Wird Hilfe zur Erziehung unter anderem in Form der Vollzeitpflege gewährt, so ist auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen (§ 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII). Danach konnte die Klägerin die Gewährung von Vollzeitpflege einschließlich des Unterhalts für ihre Enkel beanspruchen.

15

a) Ein erzieherischer Bedarf im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII war gegeben. Die Vorschrift setzt voraus, dass eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist. Sie verlangt damit, dass infolge einer erzieherischen Defizit- bzw. Mangelsituation ein entsprechender erzieherischer Bedarf begründet worden ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 12. Juli 2005 - 5 B 56.05 - JAmt 2005, 524 f.; OVG Münster, Beschluss vom 22. September 2011 - 12 A 1596/10 - juris Rn. 18). Dabei ist danach zu fragen, ob diese Mangelsituation infolge des erzieherischen Handelns bzw. Nichthandelns der leiblichen Eltern des Minderjährigen eingetreten ist, diese also nicht in der Lage sind, den Bedarf zu decken (vgl. BVerwG, Urteil vom 1. März 2012 - 5 C 12.11 - BVerwGE 142, 115 Rn. 19).

16

Nicht maßgeblich für die Feststellung des erzieherischen Bedarfs im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ist entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts, ob ein Verwandter - wie hier die Klägerin als Großmutter - den Bedarf des Kindes (im Einvernehmen mit den Eltern) freiwillig deckt. Dadurch kann nicht der aus der Mangelsituation in der Herkunftsfamilie herrührende Bedarf als solcher, sondern nur die Notwendigkeit seiner Deckung durch den Träger der Jugendhilfe entfallen (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. September 1996 - 5 C 31.95 - FEVS 47, 433 <437> = Buchholz 436.511 § 27 SGB VIII Kinder- und Jugendhilfegesetz Nr. 3 S. 10 f.). Soweit der Senat in dem vorgenannten Urteil vom 12. September 1996 (a.a.O.) für die soeben bezeichnete Konstellation der freiwilligen Verwandtenpflege auch schon ein Entfallen des erzieherischen Bedarfs erwogen bzw. angenommen hat, wird daran nicht mehr festgehalten. Die Frage, ob eine erzieherische Mangelsituation besteht, ist nicht mit Blick auf denjenigen zu beantworten, der sich als Verwandter um das Kind kümmert und der deshalb ggf. die elterliche Sorge vom Familiengericht übertragen bekommen und ein Kind in Pflege genommen hat. Es kommt vielmehr darauf an, ob die vor dem In-Pflege-Nehmen oder einer sorgerechtlichen Entscheidung des Familiengerichts verantwortlichen Eltern oder anderen Sorgeberechtigten eine dem Wohl des Kindes förderliche Erziehung gewährleistet haben (vgl. etwa Schmid-Obkirchner, in: Wiesner , SGB VIII, 4. Aufl. 2011, § 27 Rn. 16 m.w.N.).

17

Gemessen daran lag hier ein erzieherischer Bedarf im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII vor. Die Beteiligten gehen - wie in der mündlichen Verhandlung erörtert - auf der Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts zu Recht übereinstimmend davon aus, dass sich weder die Väter noch die alleinstehende und zunächst sorgeberechtigte Mutter der Kinder tatsächlich in dem erforderlichen Maße um die Pflege und Erziehung der Kinder gekümmert haben, so dass eine erzieherische Mangelsituation in der Herkunftsfamilie bestand.

18

b) Die Hilfe durch die Klägerin war auch geeignet im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, den bestehenden erzieherischen Bedarf im Hinblick auf die Entwicklung der Kinder zu decken.

19

Die Geeignetheit ist dabei nicht nur allgemein, sondern auch im Hinblick auf die konkrete Form der Hilfe zur Erziehung - hier der in Rede stehenden Vollzeitpflege (§ 33 SGB VIII) - zu überprüfen. Dabei kann die Vollzeitpflege durch Großeltern nur dann ein geeignetes Mittel zum Ausgleich eines Erziehungsdefizits sein, wenn die Großeltern ihrerseits als Pflegepersonen geeignet sind. Zur Geeignetheit im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII gehört also auch, dass die Pflegepersonen zum einen eine dem Wohl des Kindes entsprechende Erziehung gewährleisten können und sich zum anderen auf die Kooperation mit dem Jugendamt einlassen und gegebenenfalls zur Annahme unterstützender Leistungen bereit sind (DIJUF-Rechtsgutachten vom 1. März 2006, JAmt 2006, 129; Kunkel, in: ders. , LPK-SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 27 Rn. 36 jeweils m.w.N.). Dies folgt auch ausdrücklich aus § 27 Abs. 2a Halbs. 2 SGB VIII, wonach die Person geeignet und bereit sein muss, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe zu decken. Großeltern - wie die Klägerin - bedürfen zwar keiner Pflegeerlaubnis (§ 44 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB VIII), ihre persönliche Eignung ist jedoch anhand der Vorgaben des § 44 Abs. 2 SGB VIII und damit insbesondere daran zu messen, ob das Kindeswohl in der Pflegestelle gewährleistet ist.

20

Hieran gemessen bestehen auf der Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts keine durchgreifenden Zweifel daran, dass die in Rede stehende, von der Klägerin selbst geleistete Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege (§ 33 SGB VIII) geeignet war, den erzieherischen Bedarf ihrer beiden Enkelkinder zu decken. Die Geeignetheit dieser Hilfeform lässt sich insbesondere aus den vom Oberverwaltungsgericht in Bezug genommenen Umständen schließen, die im Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 19. Januar 2012 und im Widerspruchsbescheid vom 9. März 2012 festgestellt worden sind. Danach waren die Kinder bei der Klägerin gut untergebracht und betreut und ihre Erziehung sichergestellt. An der persönlichen Eignung der Klägerin, für die Pflege und Erziehung der Kinder zu sorgen, hat auch die Beklagte weder im Verwaltungs- noch im gerichtlichen Verfahren Zweifel aufkommen lassen. Ebenso wenig ist die Bereitschaft der Klägerin, die Vollzeitpflege ihrer Enkelkinder nach § 27 Abs. 2a SGB VIII in Zusammenarbeit mit dem Jugendamt der Beklagten entsprechend einem Hilfeplan zu leisten, ernsthaft in Frage gestellt worden.

21

c) Die Hilfe durch die Klägerin in Form der Vollzeitpflege war auch zur Deckung des erzieherischen Bedarfs ihrer Enkelkinder notwendig im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII.

22

Notwendig ist die Hilfe zur Erziehung, wenn sie zur Bedarfsdeckung erforderlich ist, weil andere Leistungen oder Maßnahmen des SGB VIII, die Hilfe Dritter oder die Eigenhilfe der Eltern nicht ausreichen, um den festgestellten erzieherischen Bedarf zu decken (vgl. Nellissen, in: jurisPK-SGB VIII, 1. Aufl. 2014, § 27 Rn. 46; Tammen/Trenczek, in: Münder/Meysen/Trenczek , Frankfurter Kommentar SGB VIII, 7. Aufl. 2013, § 27 Rn. 12; Kunkel, in: ders. , LPK-SGB VIII, 5. Aufl. 2014, § 27 Rn. 11). An die Notwendigkeit sind im Fall der Verwandtenpflege - hier der Pflege durch die Großmutter - keine erhöhten Anforderungen zu stellen. Die gegenteilige entscheidungstragende Annahme des Oberverwaltungsgerichts steht mit Bundesrecht nicht in Einklang (aa). Die Notwendigkeit der von der Klägerin geleisteten Vollzeitpflege lässt sich auch nicht aus anderen Gründen verneinen (bb).

23

aa) Großeltern können gegenüber dem Träger der Jugendhilfe einen Anspruch auf Übernahme der Aufwendungen für die Vollzeitpflege von Enkelkindern (§ 27 Abs. 1, § 33 Abs. 1 SGB VIII) auch dann haben, wenn sie das Jugendamt nicht ernsthaft vor die Alternative stellen, für ihre Entlohnung zu sorgen oder auf ihre Betreuungsdienste zu verzichten. Soweit - woran das Berufungsgericht anknüpft - in der früheren Rechtsprechung des Senats die Notwendigkeit der Hilfe zur Erziehung im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII von dieser Anforderung abhängig gemacht worden ist (BVerwG, Urteil vom 12. September 1996 - 5 C 31.95 - FEVS 47, 433 <437> = Buchholz 436.511 § 27 SGB VIII Kinder- und Jugendhilfegesetz Nr. 3 S. 10 f.; ebenso Urteil vom 4. September 1997 - 5 C 11.96 - Buchholz 436.511 § 27 SGB VIII Kinder- und Jugendhilfegesetz Nr. 4), hält der Senat daran nicht mehr fest. Die vorgenannte Rechtsprechung verhielt sich zur früheren Gesetzeslage und ist jedenfalls aufgrund nachfolgender Änderungen, namentlich der Einfügung des § 27 Abs. 2a SGB VIII und des § 39 Abs. 4 Satz 4 SGB VIII durch das Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz (KICK) vom 8. September 2005 (BGBl. I S. 2729), überholt. Dies erschließt sich im Wege der Auslegung der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen.

24

Zwar ergeben sich aus dem Wortlaut des § 27 Abs. 1 SGB VIII, der durch das vorgenannte Änderungsgesetz nicht modifiziert worden ist, keine näheren Hinweise und Grenzen dafür, wie das Merkmal der Notwendigkeit im vorliegenden Zusammenhang zu verstehen ist. Dass an den erhöhten Anforderungen, welche der Senat in seiner früheren Rechtsprechung aufgestellt hat, nicht mehr festzuhalten ist, folgt jedoch aus systematischen (1) und teleologischen Erwägungen (2) sowie insbesondere aus den Gesetzesmaterialien (3).

25

(1) Entgegen der Ansicht des Oberverwaltungsgerichts lassen sich die in der früheren Rechtsprechung des Senats aufgestellten erhöhten Anforderungen für die Notwendigkeit von Hilfe zur Erziehung nicht damit rechtfertigen, dass die Bereitschaft zur unentgeltlichen Pflege der Enkelkinder „aufgrund der engen familiären Verbundenheit zwischen Großeltern und ihren Enkeln regelmäßig erwartet werden“ könne (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. September 1996 - 5 C 31.95 - FEVS 47, 433 <439 f.> = Buchholz 436.511 § 27 SGB VIII Kinder- und Jugendhilfegesetz Nr. 3 S. 11). Dieser Erwägung liegt mehr eine ethische als eine rechtliche Bewertung zugrunde. Sie hat auch als solche im Gesetz keinen Niederschlag gefunden und vermag daher für sich genommen den rechtlichen Schluss nicht zu tragen. Rechtliche Wertungen, die sich unter anderem aus der Gesetzessystematik erschließen, legen vielmehr einen Verzicht auf die genannten Anforderungen nahe. Aussagekräftig ist dabei sowohl der Zusammenhang zwischen Absatz 1 und Absatz 2a des § 27 SGB VIII als auch der systematische Rückschluss aus § 39 Abs. 4 Satz 4 SGB VIII.

26

Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich - so stellt § 27 Abs. 2a Halbs. 1 SGB VIII klar -, entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen. Erhöhte Anforderungen dahingehend, die Notwendigkeit der Gewährung von Hilfe zur Erziehung im Falle der Vollzeitpflege durch unterhaltspflichtige Großeltern von deren ernsthafter Bereitschaft, ohne wirtschaftliche Jugendhilfe die Betreuung der Enkel ganz zu beenden, abhängig zu machen, lassen sich weder dieser Regelung noch sonstigen Vorschriften des Achten Buches des Sozialgesetzbuches entnehmen. Derartige Anforderungen stünden vielmehr mit der Wertung des § 27 Abs. 2a Halbs. 1 SGB VIII in Widerspruch. Denn die Vorschrift erfasst mit dem Begriff der anderen unterhaltspflichtigen Personen gerade auch Großeltern und will mit der Festlegung, dass deren Unterhaltspflicht einem Anspruch auf Gewährung von Hilfe zur Erziehung nicht entgegenstehen soll, die Gewährung an die Großeltern erleichtern, nicht aber durch erhöhte Voraussetzungen erschweren. Gleiches gilt für die ebenfalls mit § 27 Abs. 1 SGB VIII im Zusammenhang stehende Regelung des § 39 Abs. 4 Satz 4 SGB VIII. Danach ist, sofern die Pflegeperson in gerader Linie mit dem Kind verwandt ist und diesem Unterhalt gewähren kann, die Höhe des zu gewährenden Pflegegeldes von einer Prüfung der Einkommensverhältnisse und gegebenenfalls von einer Ermessensentscheidung des Jugendhilfeträgers abhängig. Auch darin kommt zum Ausdruck, dass die Unterhaltspflicht (und Fähigkeit zur Unterhaltsleistung) der Großeltern den Anspruch auf Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege (§§ 27, 33 SGB VIII) grundsätzlich nicht ausschließen, sondern nur dazu führen soll, dass eine Kürzung des Pflegegeldes vorgenommen werden kann.

27

(2) Zudem sprechen der Sinn und Zweck des § 27 Abs. 1 SGB VIII gegen die erhöhten Anforderungen an die Notwendigkeit im Rahmen der Verwandtenpflege. Zweck der Gewährung von Hilfe zur Erziehung nach § 27 Abs. 1 SGB VIII ist die Gewährleistung einer dem Wohl des Kindes oder Jugendlichen entsprechenden Erziehung. Sofern die Großeltern aus ideellen Motiven und persönlicher Verbundenheit die Pflege der Enkelkinder übernehmen, ist die Gewähr für die Orientierung am Kindeswohl grundsätzlich höher als in Fällen, in denen es ihnen vornehmlich um materielle bzw. finanzielle Aspekte geht. Mit der genannten Anforderung, dass ein ernsthafter Wille des Großelternteiles bestehen müsse, ohne Gewährung wirtschaftlicher Jugendhilfe die weitere Pflege seines Enkels tatsächlich einzustellen, wird dieser finanzielle Aspekt jedoch gerade in den Vordergrund gerückt. Handeln Großeltern allein aus diesem Gesichtspunkt heraus, kann dies eher ihre Eignung für die Vollzeitpflege der Enkelkinder in Frage stellen. Mithin sprechen der Sinn und Zweck der Vorschrift in gewichtiger Weise gegen die Statuierung der genannten Anforderungen. Hierauf weist auch das Oberverwaltungsgericht (UA S. 11) zu Recht hin, soweit es ausführt, dass danach Großeltern nur dann in den Genuss wirtschaftlicher Jugendhilfe gelangten, wenn sie unter allen Umständen allein gegen Entgelt bereit seien, ihre Enkel zu betreuen (oder wahrheitswidrig diesen Eindruck erweckten), obwohl wegen dieser Einstellung Zweifel an ihrer Geeignetheit als Pflegeperson bestünden, während Großeltern, die aus persönlichem Verantwortungsgefühl für ihre Enkelkinder notfalls auch bereit seien, diese unentgeltlich zu betreuen, und die sich deshalb als geeigneter erwiesen als erstere, keinen Anspruch auf wirtschaftliche Jugendhilfe hätten.

28

(3) Dieses Gesetzesverständnis, d.h. das Absehen von den genannten erhöhten Anforderungen bei der Verwandtenpflege, wird durch die Ziele bestätigt, die der Gesetzgeber mit der Einfügung des § 27 Abs. 2a SGB VIII durch das Kinder- und Jugendhilfeweiterentwicklungsgesetz (KICK) vom 8. September 2005 (BGBl. I S. 2729) verfolgt hat. Er wollte damit nämlich gerade die Verwandtenpflege unter erleichterten Bedingungen zulassen. In der Begründung des Gesetzentwurfs (BT-Drs. 15/3676 S. 35) wird dazu ausgeführt, es entspreche einer jahrzehntelangen Praxis, Vollzeitpflege als Leistung der Kinder- und Jugendhilfe nicht nur in Haushalten von Personen zu gewähren, die mit dem Kind oder Jugendlichen nicht (näher) verwandt seien, sondern auch in Haushalten von nahen Verwandten wie insbesondere Großeltern. Überdies hat der Gesetzgeber deutlich zum Ausdruck gebracht, von den erhöhten Anforderungen, welche die frühere Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts an die Großelternpflege geknüpft hat (nämlich den im Urteil vom 12. September 1996 - 5 C 31.95 - FEVS 47, 433 = Buchholz 436.511 § 27 SGB VIII Kinder- und Jugendhilfegesetz Nr. 3 statuierten Erfordernissen, dass Großeltern die Betreuung ihres Enkelkindes nicht in Erfüllung ihrer Unterhaltspflicht leisten dürfen und zur unentgeltlichen Pflege nicht bereit sein müssen), Abstand nehmen zu wollen. Unter ausdrücklicher Bezugnahme auf das Urteil vom 12. September 1996 (a.a.O.) heißt es dazu in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/3676 S. 35), dass gegen diese Rechtsprechung „unter fachlichen und rechtlichen Aspekten Kritik erhoben worden (dazu Happ, NJW 1998, 2409 = NDV 1998, 340)“ sei. Darüber hinaus führe der Ansatz dieser Rechtsprechung „zu kaum aufzulösenden Abgrenzungsproblemen mit der Sozialhilfe (vgl. DIJuF-Rechtsgutachten, JAmt 2003, 473)“. Daraus wird die Folgerung gezogen: „Der Entwurf will - anknüpfend an die Diskussion im Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge - die Vollzeitpflege im Interesse der betroffenen Kinder und Jugendlichen unter den Voraussetzungen des § 27 auch für Großeltern offenhalten. Durch eine klarstellende Regelung soll künftig erreicht werden, dass allein die Bereitschaft von Großeltern und anderen unterhaltspflichtigen Personen den Anspruch auf Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege bei diesen Personen nicht ausschließt.“ In dieselbe Richtung deuten die Ausführungen des Gesetzgebers zur Einfügung des § 39 Abs. 4 Satz 4 SGB VIII durch dasselbe Änderungsgesetz im Jahre 2005 (BT-Drs. 15/3676 S. 36). Dort wird ausgeführt, es solle sichergestellt werden, „dass auch künftig Großeltern die Aufgabe von Pflegeeltern im Rahmen von Hilfe zur Erziehung nach den §§ 27, 33 übernehmen können, wenn die Leistungsvoraussetzungen nach § 27 vorliegen und der Hilfebedarf auf diese Weise gedeckt werden kann.“

29

bb) Das angegriffene Urteil des Oberverwaltungsgerichts, das einen Anspruch der Klägerin auf Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege, zu Unrecht aufgrund der genannten überhöhten Anforderungen an die Verwandtenpflege abgelehnt hat, stellt sich auch nicht im Ergebnis als richtig dar. Zwar ist dem Träger der Jugendhilfe bei der Auswahl der notwendigen Hilfeleistung ein gerichtlich nur begrenzt überprüfbarer Einschätzungsspielraum zuzuerkennen. Die Beklagte hat die Grenzen dieses Spielraums jedoch überschritten (1). Bei der Selbstbeschaffung der Jugendhilfeleistung durfte die Klägerin von der Notwendigkeit ihrer Hilfeleistung ausgehen (2).

30

(1) Die Beklagte hat die Notwendigkeit der von der Klägerin geleisteten Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege (§ 27 Abs. 1, § 33 Satz 1 SGB VIII) nicht mit Erwägungen abgelehnt, die einer gerichtlichen Überprüfung standhalten. Zwar ist die gerichtliche Kontrolldichte aufgrund der Steuerungsverantwortung des Jugendhilfeträgers (§ 36a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII) beschränkt. Weil danach der Hilfeplan eine unverzichtbare Voraussetzung der Gewährung von Jugendhilfe bildet, ist es für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit entscheidend, ob die Notwendigkeit und Geeignetheit der Hilfe auch ohne eine schriftliche Fixierung in einem Hilfeplan festgestellt werden kann. Dabei ist zu beachten, dass es sich bei der Entscheidung über die Notwendigkeit und Geeignetheit der Hilfe um das Ergebnis eines kooperativen pädagogischen Entscheidungsprozesses unter Mitwirkung des Kindes bzw. des Jugendlichen und mehrerer Fachkräfte handelt, welches nicht den Anspruch objektiver Richtigkeit erhebt, jedoch eine angemessene Lösung zur Bewältigung der festgestellten Belastungssituation enthalten soll, die fachlich vertretbar und nachvollziehbar sein muss. Die verwaltungsgerichtliche Überprüfung hat sich dabei darauf zu beschränken, ob allgemeingültige fachliche und rechtliche Maßstäbe beachtet worden sind, ob keine sachfremden Erwägungen eingeflossen sind und die Leistungsadressaten in umfassender Weise beteiligt worden sind (BVerwG, Urteile vom 24. Juni 1999 - 5 C 24.98 - BVerwGE 109, 155 <167> und vom 18. Oktober 2012 - 5 C 21.11 - BVerwGE 145, 1 Rn. 32).

31

Auch bei Zugrundelegung dieses Einschätzungsspielraums erweist sich die Ablehnungsentscheidung der Beklagten jedoch als rechtswidrig. Diese ist nicht durchweg von fachlichen Gründen getragen, welche die Geeignetheit oder die Notwendigkeit der von der Klägerin geleisteten Hilfe nachvollziehbar verneinen. Vielmehr hat sich das Jugendamt der Beklagten an unzutreffenden rechtlichen Maßstäben ausgerichtet, indem es die Gewährung von Hilfe zur Erziehung maßgeblich mit der Erwägung abgelehnt hat, dass kein Hilfebedarf bestehe, weil die Kinder schon vor Antragstellung von der Klägerin gut betreut worden seien. Damit hat das Jugendamt der Beklagten verkannt, dass es - wie oben dargelegt - bei der Frage, ob eine erzieherische Mangelsituation vorliegt und damit ein erzieherischer Bedarf besteht, nicht auf die Situation in der Pflegefamilie, sondern auf diejenige in der Herkunftsfamilie (der Eltern) ankommt. Weil auch sonst fachlich durchgreifende Gründe für die Verweigerung der Leistung fehlten, war die Hilfeplanung der Beklagten insoweit als defizitär anzusehen, so dass die Steuerungsverantwortung des Jugendamts der Aufwendungserstattung für die selbst beschaffte Hilfe hier nicht entgegensteht.

32

(2) Bei der Selbstbeschaffung durfte die Klägerin von der Notwendigkeit der geleisteten Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege ausgehen.

33

Hat das Jugendamt nicht rechtzeitig oder - wie hier - nicht in einer den Anforderungen entsprechenden Weise über eine begehrte Hilfeleistung entschieden und beschafft sich ein Leistungsberechtigter daraufhin die begehrte Leistung im Sinne von § 36a Abs. 3 SGB VIII selbst, so kann er an Stelle des Jugendamtes den sonst diesem zustehenden und nur begrenzt gerichtlich überprüfbaren Einschätzungsspielraum für sich beanspruchen. Denn in dieser Situation ist er - obgleich ihm der Sachverstand des Jugendamtes fehlt - dazu gezwungen, im Rahmen der Selbstbeschaffung eine eigene Entscheidung über die Geeignetheit und Erforderlichkeit einer Maßnahme zu treffen mit der Folge, dass sich die Verwaltungsgerichte hinsichtlich der Geeignetheit und Erforderlichkeit der selbst beschafften Hilfe auf eine fachliche Vertretbarkeitskontrolle aus der ex-ante-Betrachtung des Leistungsberechtigten zu beschränken haben. Ist die Entscheidung des Leistungsberechtigten in diesem Sinne fachlich vertretbar, kann ihr im Nachhinein nicht etwa mit Erfolg entgegnet werden, das Jugendamt hätte eine andere Hilfe für geeignet oder notwendig gehalten (BVerwG, Urteil vom 18. Oktober 2012 - 5 C 21.11 - BVerwGE 145, 1 Rn. 34 m.w.N.).

34

Daran gemessen bestehen keine Bedenken dagegen, dass die Klägerin von der Notwendigkeit der Hilfe zur Erziehung ausgegangen ist. Sie durfte die Aufnahme der Kinder in ihren Haushalt und die Gewährung von Vollzeitpflege als erforderlich ansehen, um das bestehende erzieherische Defizit in der Herkunftsfamilie (ihrer Tochter) zu decken.

35

3. Die von der Klägerin erbrachte Vollzeitpflege duldete auch keinen zeitlichen Aufschub im Sinne von § 36a Abs. 3 Satz 1 Nr. 3 SGB VIII. Der erkennende Senat ist im Zusammenhang mit der sozialhilferechtlichen Hilfe zum Lebensunterhalt stets davon ausgegangen, dass schon während des Verwaltungsverfahrens ein unaufschiebbarer Bedarf vorliegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 23. Juni 1994 - 5 C 26.92 - BVerwGE 96, 152 <158>). Nichts anderes gilt, wenn es - wie hier - um die Deckung des erzieherischen Bedarfs von Kleinkindern durch jugendhilferechtliche Maßnahmen und die Sicherstellung des Unterhalts geht (BVerwG, Urteil vom 1. März 2012 - 5 C 12.11 - BVerwGE 142, 115 Rn. 21).

36

4. Was die Rechtsfolge des § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII betrifft, so ist die Klägerin danach so zu stellen, wie sie stehen würde, wenn die (selbst beschaffte) Jugendhilfeleistung, auf die ein Anspruch bestand, rechtzeitig bewilligt worden wäre. Denn in Fällen der vorliegenden Art entspricht der Umfang der nach § 36a Abs. 3 Satz 1 SGB VIII von der Beklagten zu übernehmenden erforderlichen Aufwendungen dem Betrag, der bei rechtzeitiger Gewährung der Leistung vom Jugendhilfeträger nach den zugrunde liegenden öffentlich-rechtlichen Bestimmungen zu tragen gewesen wäre (BVerwG, Urteil vom 1. März 2012 - 5 C 12.11 - BVerwGE 142, 115 Rn. 22 f.).

37

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 und § 188 Satz 2 Halbs. 1 VwGO.

(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.

(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.

(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.

(1) Wer ein Kind oder einen Jugendlichen über Tag und Nacht in seinem Haushalt aufnehmen will (Pflegeperson), bedarf der Erlaubnis. Einer Erlaubnis bedarf nicht, wer ein Kind oder einen Jugendlichen

1.
im Rahmen von Hilfe zur Erziehung oder von Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche auf Grund einer Vermittlung durch das Jugendamt,
2.
als Vormund oder Pfleger im Rahmen seines Wirkungskreises,
3.
als Verwandter oder Verschwägerter bis zum dritten Grad,
4.
bis zur Dauer von acht Wochen,
5.
im Rahmen eines Schüler- oder Jugendaustausches,
6.
in Adoptionspflege (§ 1744 des Bürgerlichen Gesetzbuchs)
über Tag und Nacht aufnimmt.

(2) Die Erlaubnis ist zu versagen, wenn das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen in der Pflegestelle nicht gewährleistet ist. § 72a Absatz 1 und 5 gilt entsprechend.

(3) Das Jugendamt soll den Erfordernissen des Einzelfalls entsprechend an Ort und Stelle überprüfen, ob die Voraussetzungen für die Erteilung der Erlaubnis weiter bestehen. Ist das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen in der Pflegestelle gefährdet und ist die Pflegeperson nicht bereit oder in der Lage, die Gefährdung abzuwenden, so ist die Erlaubnis zurückzunehmen oder zu widerrufen.

(4) Wer ein Kind oder einen Jugendlichen in erlaubnispflichtige Familienpflege aufgenommen hat, hat das Jugendamt über wichtige Ereignisse zu unterrichten, die das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen betreffen.

(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.

(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.

(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.

Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen.

(1) Eine Person, die ein Kind oder mehrere Kinder außerhalb des Haushalts des Erziehungsberechtigten während eines Teils des Tages und mehr als 15 Stunden wöchentlich gegen Entgelt länger als drei Monate betreuen will, bedarf der Erlaubnis.

(2) Die Erlaubnis ist zu erteilen, wenn die Person für die Kindertagespflege geeignet ist. Geeignet im Sinne des Satzes 1 sind Personen, die

1.
sich durch ihre Persönlichkeit, Sachkompetenz und Kooperationsbereitschaft mit Erziehungsberechtigten und anderen Kindertagespflegepersonen auszeichnen und
2.
über kindgerechte Räumlichkeiten verfügen.
Sie sollen über vertiefte Kenntnisse hinsichtlich der Anforderungen der Kindertagespflege verfügen, die sie in qualifizierten Lehrgängen erworben oder in anderer Weise nachgewiesen haben. § 72a Absatz 1 und 5 gilt entsprechend.

(3) Die Erlaubnis befugt zur Betreuung von bis zu fünf gleichzeitig anwesenden, fremden Kindern. Im Einzelfall kann die Erlaubnis für eine geringere Zahl von Kindern erteilt werden. Landesrecht kann bestimmen, dass die Erlaubnis zur Betreuung von mehr als fünf gleichzeitig anwesenden, fremden Kindern erteilt werden kann, wenn die Person über eine pädagogische Ausbildung verfügt; in der Pflegestelle dürfen nicht mehr Kinder betreut werden als in einer vergleichbaren Gruppe einer Tageseinrichtung. Die Erlaubnis ist auf fünf Jahre befristet. Sie kann mit einer Nebenbestimmung versehen werden. Die Kindertagespflegeperson hat den Träger der öffentlichen Jugendhilfe über wichtige Ereignisse zu unterrichten, die für die Betreuung des oder der Kinder bedeutsam sind.

(4) Erziehungsberechtigte und Kindertagespflegepersonen haben Anspruch auf Beratung in allen Fragen der Kindertagespflege einschließlich Fragen zur Sicherung des Kindeswohls und zum Schutz vor Gewalt.

(5) Das Nähere regelt das Landesrecht.

(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.

(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.

(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.

Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege soll entsprechend dem Alter und Entwicklungsstand des Kindes oder des Jugendlichen und seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie Kindern und Jugendlichen in einer anderen Familie eine zeitlich befristete Erziehungshilfe oder eine auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder und Jugendliche sind geeignete Formen der Familienpflege zu schaffen und auszubauen.

(1) Wird Hilfe nach den §§ 32 bis 35 oder nach § 35a Absatz 2 Nummer 2 bis 4 gewährt, so ist auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen. Er umfasst die Kosten für den Sachaufwand sowie für die Pflege und Erziehung des Kindes oder Jugendlichen.

(2) Der gesamte regelmäßig wiederkehrende Bedarf soll durch laufende Leistungen gedeckt werden. Sie umfassen außer im Fall des § 32 und des § 35a Absatz 2 Nummer 2 auch einen angemessenen Barbetrag zur persönlichen Verfügung des Kindes oder des Jugendlichen. Die Höhe des Betrages wird in den Fällen der §§ 34, 35, 35a Absatz 2 Nummer 4 von der nach Landesrecht zuständigen Behörde festgesetzt; die Beträge sollen nach Altersgruppen gestaffelt sein. Die laufenden Leistungen im Rahmen der Hilfe in Vollzeitpflege (§ 33) oder bei einer geeigneten Pflegeperson (§ 35a Absatz 2 Nummer 3) sind nach den Absätzen 4 bis 6 zu bemessen.

(3) Einmalige Beihilfen oder Zuschüsse können insbesondere zur Erstausstattung einer Pflegestelle, bei wichtigen persönlichen Anlässen sowie für Urlaubs- und Ferienreisen des Kindes oder des Jugendlichen gewährt werden.

(4) Die laufenden Leistungen sollen auf der Grundlage der tatsächlichen Kosten gewährt werden, sofern sie einen angemessenen Umfang nicht übersteigen. Die laufenden Leistungen umfassen auch die Erstattung nachgewiesener Aufwendungen für Beiträge zu einer Unfallversicherung sowie die hälftige Erstattung nachgewiesener Aufwendungen zu einer angemessenen Alterssicherung der Pflegeperson. Sie sollen in einem monatlichen Pauschalbetrag gewährt werden, soweit nicht nach der Besonderheit des Einzelfalls abweichende Leistungen geboten sind. Ist die Pflegeperson in gerader Linie mit dem Kind oder Jugendlichen verwandt und kann sie diesem unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Verpflichtungen und ohne Gefährdung ihres angemessenen Unterhalts Unterhalt gewähren, so kann der Teil des monatlichen Pauschalbetrages, der die Kosten für den Sachaufwand des Kindes oder Jugendlichen betrifft, angemessen gekürzt werden. Wird ein Kind oder ein Jugendlicher im Bereich eines anderen Jugendamts untergebracht, so soll sich die Höhe des zu gewährenden Pauschalbetrages nach den Verhältnissen richten, die am Ort der Pflegestelle gelten.

(5) Die Pauschalbeträge für laufende Leistungen zum Unterhalt sollen von den nach Landesrecht zuständigen Behörden festgesetzt werden. Dabei ist dem altersbedingt unterschiedlichen Unterhaltsbedarf von Kindern und Jugendlichen durch eine Staffelung der Beträge nach Altersgruppen Rechnung zu tragen. Das Nähere regelt Landesrecht.

(6) Wird das Kind oder der Jugendliche im Rahmen des Familienleistungsausgleichs nach § 31 des Einkommensteuergesetzes bei der Pflegeperson berücksichtigt, so ist ein Betrag in Höhe der Hälfte des Betrages, der nach § 66 des Einkommensteuergesetzes für ein erstes Kind zu zahlen ist, auf die laufenden Leistungen anzurechnen. Ist das Kind oder der Jugendliche nicht das älteste Kind in der Pflegefamilie, so ermäßigt sich der Anrechnungsbetrag für dieses Kind oder diesen Jugendlichen auf ein Viertel des Betrages, der für ein erstes Kind zu zahlen ist.

(7) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so ist auch der notwendige Unterhalt dieses Kindes sicherzustellen.

Tenor

Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts wird abgelehnt.

Gründe

I.

Die Klägerin als Ergänzungspflegerin begehrt Prozesskostenhilfe für ihre Klage, die auf die Gewährung von Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege bei der Tante des Mündels gerichtet ist.

1. Nach der Trennung von ihrem Ehemann im Herbst 2011 litt die 1990 geborene Mutter des Kindes L. unter Depressionen. Im Rahmen eines stationären Aufenthalts im Bezirkskrankenhaus ... vom 21. September 2012 bis 30. November 2012 wurde bei ihr eine u. a. depressive Episode mittelschweren Ausmaßes (ICD-10: F32.1) diagnostiziert. In der Folge ihrer Erkrankung konnte sich die Mutter nicht ausreichend um ihre am 4. Oktober 2009 in ... geborene Tochter L. zu kümmern. Seit Dezember 2011 lebt L. daher bei ihrer 1975 geborenen Tante, der Schwester des Kindsvaters, in A.

Ab November 2012 wurde seitens des Jugendamts der Beklagten die Eignung der Tante als Pflegemutter näher geprüft. Von der Gewährung einer Vollzeitpflege i. S. d. §§ 27, 33 SGB VIII wurde seitens der Beklagten im Ergebnis abgesehen, da die Voraussetzungen einer Pflegeerlaubnis i. S. v. § 44 Abs. 1 SGB VIII im Fall der Tante mit Blick auf die Vorgeschichte ihres eigenen Sohns (mehrjährige stationäre Jugendhilfemaßnahme, Jugendstrafe wegen Sexualstraftat) nicht gegeben seien.

Mit Bestallung vom 16. Juli 2014 wurde die Klägerin durch das Amtsgericht - Familiengericht - ... zur Ergänzungspflegerin für L. bestellt. Der Wirkungskreis umfasst die Aufenthaltsbestimmung, Gesundheitsfürsorge, das Recht zur Zuführung zu medizinischen Behandlungen, Ansprüche nach dem Sozialgesetzbuch, das Recht zur Vermögenssorge sowie das Recht zur Regelung von Kindergarten- und Schulangelegenheiten.

Am 23. September 2014 bat die Klägerin als Ergänzungspflegerin die Beklagte, erneut die Eignung der Tante als Pflegeperson für L. zu prüfen.

Mit Schreiben der Beklagten vom 18. November 2014 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass die Tante nach den einschlägigen Richtlinien nicht die erforderliche Eignung als Vollzeitpflegestelle i. S. v. § 33 SGB VIII besitze. Es könne daher kein Pflegegeld gewährt werden. Es wurde auf die Möglichkeit der Stellung eines Antrags auf Sozialhilfe hingewiesen.

2. Mit Schreiben vom 6. Januar 2015 stellte die Klägerin als Ergänzungspflegerin einen förmlichen Antrag auf Gewährung von Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege (§§ 27, 33 SGB VIII) für L. bei ihrer Tante. Zur Begründung wurde u. a. ausgeführt, dass das Kind bereits seit Dezember 2011 bei der Tante lebe und eine sehr enge Bindung zu dieser aufgebaut habe. Der Kindesschutz sei gewährleistet und das Kind werde ausreichend betreut. Die Tante erfülle auch die Mindestkriterien für eine Verwandtenpflegeperson nach der Arbeitshilfe des Bayerischen Landesjugendamts. Dem Antrag waren u. a. Kopien einer fachärztlichen Stellungnahme des ... Förderzentrums für Kinder vom 14. Oktober 2014, eines ärztlichen Attests vom 10. Dezember 2014 sowie einer Stellungnahme einer Kindertagesstätte vom 12. Dezember 2014 beigefügt. Die fachärztliche Stellungnahme geht bei L. von einer emotionalen Störung des Kindesalters mit zum damaligen Zeitpunkt fast komplett rückläufigen mutistischen Zügen aus und empfiehlt zur weiteren Förderung, Begleitung und Beratung der erziehenden Tante eine heilpädagogische oder psychotherapeutische Begleitung und Therapie. Die Stellungnahme der Kindestagesstätte führt u. a. aus, dass die Tante von Beginn des Besuchszeitraums an die Hauptbezugsperson des Kindes und stets ein zuverlässiger und interessierter Ansprechpartner für alle Belange gewesen sei. Für das Kind sei viel Beständigkeit und Struktur wichtig, die ihr zusätzlich Sicherheit geben würden. Dies alles erhalte L. bei der Tante, die sich liebevoll und zuverlässig um sie kümmere.

Ausweislich eines internen Vermerks der Beklagten vom 27. Februar 2015 gelangte eine behördliche Prüfung erneut zu dem Ergebnis, dass keine Eignung der Tante als Vollzeitpflegestelle gegeben sei. Verwiesen wurde im Ergebnis auf eine mangelnde Erziehungsfähigkeit der Tante hinsichtlich ihres eigenen Sohnes (Erforderlichkeit einer mehrjährigen stationären Jugendhilfemaßnahme, Jugendstrafe wegen Kindesmissbrauchs, Bagatellisierung durch die Tante), eine mangelnde Kooperation der Tante mit der Kindsmutter, eine fragliche dauerhafte Sicherung des erforderlichen Wohnraums sowie ungeordnete finanzielle Verhältnisse (Privatinsolvenzverfahren).

Mit Schreiben der Beklagten vom 12. März 2015 wurde der Klägerin mitgeteilt, dass beabsichtigt sei, den Antrag vom 6. Januar 2015 auf Gewährung von Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege (§§ 27, 33 SGB VIII) für L. bei ihrer Tante abzulehnen. Zur Begründung wurde auf eine mangelnde Eignung der Tante als Pflegeperson verwiesen. Der Klägerin wurde Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb von zwei Wochen nach Erhalt des Schreibens gegeben.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 24. März 2015 wandte sich die Klägerin gegen eine Ablehnung ihres Antrags.

Ausweislich eines weiteren internen Vermerks der Beklagten vom 22. Mai 2015 gelangte eine nochmalige behördliche Prüfung unter Einbeziehung nunmehr auch der Jugendhilfeakte des eigenen Sohns der Tante erneut zu dem Ergebnis, dass keine Eignung der Tante als Vollzeitpflegestelle gegeben sei. Die im Vermerk vom 27. Februar 2015 angeführten Gesichtspunkte wurden aufrechterhalten und vertieft. Demnach habe es mit dem 1993 geborenen eigenen Sohn der Tante ab Dezember 2006 massive Probleme gegeben. Nach Wutausbrüchen, Diebstählen und Sachbeschädigungen sei es schließlich im Juli 2007 zum Missbrauch eines elfjährigen Mädchens durch den damals 14-jährigen Sohn der Tante gekommen. Nach Diagnostizierung einer Störung der Impulskontrolle und des Sozialverhaltens durch das Josefinum sei der Sohn daraufhin ab September 2007 in einer therapeutischen Wohngruppe untergebracht worden. Dort habe sich der Sohn jedoch mehrmals unerlaubt entfernt. Die Tante habe sodann ihren Sohn stets wieder aufgenommen; nach damaliger Einschätzung des Jugendamts fehle dieser jedoch „durchgängig die Kraft und das Durchsetzungsvermögen“, dem Sohn „eine konsequente Alltagsstruktur zu bieten“. Auch nach Einschätzung einer durch den Sohn im Oktober 2009 besuchten Einrichtung sei die Zusammenarbeit mit der Tante schwierig gewesen, da sie getroffene Abmachungen nicht habe umsetzen können und Termine nicht immer zuverlässig wahrgenommen habe. Mit Urteil des Jugendschöffengerichts vom 25. Januar 2015 sei der Sohn schließlich wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexueller Nötigung zu einer Jugendstrafe von zehn Monaten verurteilt worden, deren Vollzug jedoch im Zuge einer dreijährigen Bewährung ausgesetzt worden sei. Ausweislich der Urteilsgründe habe sich der Sohn der Tante mit einem Mitschüler verabredet, dass dieser die Arme eines Mädchens festhalte, um so den Geschlechtsverkehr zu erzwingen. Die Tat sei in der Mittagspause im Keller des Wohnhauses der Tante geschehen. Im Urteil sei u. a. die Aufnahme einer stationären Jugendhilfemaßnahme als Bewährungsauflage enthalten gewesen. Eine solche habe jedoch im Juni 2010 beendet werden müssen, als der Sohn ohne Absprache die Einrichtung verlassen habe und zu seiner Mutter - der Tante von L. - zurückgekehrt sei. Eine ambulante Anschlussmaßnahme sei mangels Beteiligung der Tante und ihres Sohnes nicht zustande gekommen. In der Folge sei es wohl auch zu einer Inhaftierung des Sohns aufgrund des Verstoßes gegen die Bewährungsauflagen gekommen. Die Sexualstraftat des eigenen Sohnes werde durch die Tante bagatellisiert; sie habe den Sachverhalt - entgegen der Urteilsgründe - so dargestellt, dass es im Rahmen der Feier zum 14. Geburtstag des Sohnes im Partykeller zu einem sexuellen Übergriff gekommen sei. Auch habe sie den Sohn in Schutz genommen und vielmehr die Angaben des damaligen Opfers in Frage gestellt. Zur Kindsmutter habe sich die Tante im Oktober 2014 abwertend geäußert und angegeben, den persönlichen Kontakt zu vermeiden.

Mit Schreiben vom 22. Mai 2015 übersandte die Beklagte den Vermerk vom selben Tag der Klägerin und kündigte den Erlass eines förmlichen Bescheids an.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 11. Juni 2015 wandte sich die Klägerin nochmals gegen eine Ablehnung und bat um einen rechtsmittelfähigen Bescheid.

3. Mit kostenfreiem Bescheid vom 5. Mai 2015 - bekanntgeben mit Begleitschreiben erst vom 14. Juli 2015 - lehnte die Beklagte den Antrag auf Gewährung von Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege (§§ 27, 33 SGB VIII) für L. bei der Tante ab. Zur Begründung wurde angeführt, dass keine Eignung der Tante als Vollzeitpflegestelle gegeben sei. So habe die Tante mit ihrem eigenen Sohn (Alter nunmehr: 21 Jahre) Erziehungsprobleme gehabt, die ab September 2007 eine mehrjährige stationäre Jugendhilfemaßnahme erforderlich gemacht hätten, die schließlich aufgrund mangelnder Kooperation der Tante als Kindsmutter im Jahr 2010 habe beendet werden müssen. Aus diesem Grunde sei auch keine ambulante Anschlussmaßnahme mehr zustande gekommen. „Länger bestehende Erziehungsschwierigkeiten bei eigenen Kindern“ seien jedoch nach der Arbeitshilfe des Bayerischen Landesjugendamts (dort Vollzeitpflege - Kapitel 4 - Punkt 2. - Unterpunkt 2.2) ein Ausschlussgrund für die Erteilung einer Pflegeerlaubnis i. S. v. § 44 Abs. 1 SGB VIII; insoweit werde auch auf Art. 35 Satz 2 Nr. 1 AGSG verwiesen. Überdies habe der eigene Sohn der Tante im Alter von 14 Jahren ein Mädchen missbraucht und hierfür eine mehrjährige Jugendstrafe erhalten. Letzteren Sachverhalt bagatellisiere die Tante jedoch; sie nehme ihren Sohn in Schutz und zweifle die damaligen Aussagen des betroffenen Mädchens an. Hiervon ausgehend bestünden erhebliche Zweifel an einem hinreichenden Realitätsbezug sowie einer hinreichenden erzieherischen Kompetenz und Reflexionsfähigkeit der Tante. Es bestünden daher auch Zweifel, ob die Tante dem pädagogischen Bedarf eines Pflegekindes dauerhaft gerecht werden könne. Auch zeige die Tante bezüglich der Kindsmutter ein schwankendes Verhalten; die mangelnde Fähigkeit der Tante, mit der Kindsmutter angemessen zu kommunizieren, bedeute eine Belastung für das Kind. Ferner habe die Tante nach der Trennung von ihrem Ehemann erst nach neun Monaten wieder eine eigene Wohnung gefunden; es sei daher fraglich, ob sie auch in der Zukunft in der Lage sein werde, eine eigene Wohnung dauerhaft zu unterhalten und selbstständig zu leben. Zudem befinde sich die Tante in einem Privatinsolvenzverfahren mit unklarem Hintergrund. Es bestünden daher Zweifel an der Fähigkeit der Tante, dauerhaft stabile finanzielle Verhältnisse zu schaffen. Auch ein Privatinsolvenzverfahren sei nach der Arbeitshilfe des Bayerischen Landesjugendamts (dort Vollzeitpflege - Kapitel 4 - Punkt 2. - Unterpunkt 2.2) ein Ausschlussgrund für die Aufnahme von Pflegekindern; insoweit werde auch auf Art. 35 Satz 2 Nr. 5 AGSG verwiesen.

4. Hiergegen hat die Klägerin am 6. August 2015 Klage erhoben. Beantragt ist (sinngemäß),

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 5. Mai 2015 zu verpflichten, ihr für das Mündel L. Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege (§§ 27, 33 SGB VIII) bei der Tante des Kindes, Frau..., zu gewähren.

Die Tante sei sehr wohl als Pflegeperson geeignet. Dies gelte insbesondere hinsichtlich des Kriteriums der Erziehungsfähigkeit. Es sei zwar richtig, dass die Tante mit dem eigenen Sohn Erziehungsprobleme gehabt und auch zeitweilig Jugendhilfemaßnahmen in Anspruch genommen habe. Diese seien jedoch im Leistungsbereich durchgeführt worden, d. h. es sei kein Einschreiten des Jugendamts von Amts wegen zur Sicherung des Kindeswohls (Gefährdungsbereich, Graubereich) erforderlich gewesen. Die Beendigung einer Maßnahme durch den Sorgeberechtigten im Leistungsbereich könne jedoch nicht zur Begründung eines Erziehungsdefizits bzw. einer mangelnden Kooperation mit dem Jugendamt herangezogen werden. Unzutreffend sei die Aussage im Ablehnungsbescheid, dass der Sohn der Tante eine mehrjährige Jugendstrafe erhalten habe. Richtigerweise sei der Sohn zu einer Jugendstrafe von einem Jahr auf Bewährung verurteilt worden; die Strafe sei auch nicht vollzogen worden, der Sohn sei nie inhaftiert gewesen. Es sei als Elternteil auch legitim, dass die Tante die damaligen Angaben des Opfers der Sexualstraftat zumindest in Frage gestellt hat. So habe die Tante gehört, dass das Mädchen nach der Tat überall herumerzählt habe, dass sie dem Sohn „eins reingedrückt“ habe. Zum Beweis der Erziehungsfähigkeit der Tante werde - soweit erforderlich - die Einholung eines familienpsychologischen Erziehungsfähigkeitsgutachtens angeboten bzw. beantragt. Ohnehin lägen die Erziehungsprobleme mit dem Sohn nunmehr bereits acht Jahre zurück. Zudem leide der Sohn nachweislich an einer angeborenen Botenstoffstörung, die seine Fähigkeit zur Kontrolle seiner Emotionen beeinträchtige. Erziehungsprobleme seien daher mehr oder weniger prädestiniert gewesen. L. lebe nunmehr bereits seit Dezember 2011 bei der Tante. Dies sei auch grundsätzlich mit der Zustimmung des Jugendamts der Beklagten der Fall. Der Tante könne auch keine mangelnde Kooperation mit der Kindsmutter vorgeworfen werden. Es sei eine Entscheidung der Klägerin als Ergänzungspflegerin bzw. des Jugendamts gewesen, persönliche Treffen zwischen der Tante und der Kindsmutter zu vermeiden; so habe ein Loyalitätskonflikt für das Kind zwischen der faktischen Pflegemutter und der leiblichen Mutter ausgeschlossen werden sollen. Auch habe die Kindsmutter in der Vergangenheit vor dem Kind Diskussionen bzw. Streitigkeiten mit der Tante begonnen, was den Loyalitätskonflikt noch verschärft habe. Hinsichtlich der Sicherung des Wohnraums seien die Vorbehalte der Beklagten nicht nachvollziehbar bzw. völlig aus der Luft gegriffen; es sei rein spekulativ, dass die Tante die nunmehrige Wohnung wieder verlieren könnte. In finanzieller Hinsicht sei zwar zutreffend, dass sich die Tante seit November 2014 in einem Privatinsolvenzverfahren befinde. Derzeit lebe sie von Hartz-IV-Leistungen, Kindergeld sowie einem Unterhaltsbetrag für L. i. H. v. monatlich Euro 60,- vom Kindsvater (ihrem Bruder). Die Tante mache jedoch ab etwa September 2015 eine Umschulung zur Pflege-, Betreuungs- und Hauswirtschaftsassistentin und werde damit über kurz oder lang in der Lage sein, ihre Einkommenssituation deutlich zu verbessern. Auch diene das Privatinsolvenzverfahren gerade dazu, die bestehende finanzielle Schieflage zu beseitigen. Durch Überweisung auf ein Treuhandkonto könne ggf. auch sichergestellt werden, dass das Pflegegeld allein für den Lebensunterhalt und die Förderung des Kindes eingesetzt werde. Letztlich versuche die Beklagte vorliegend offenbar, die Leistungen einer Pflegefamilie in Anspruch zu nehmen, ohne dafür die notwendigen finanziellen Mittel bereitstellen zu müssen. Einzig leidtragend hierbei sei das Kind.

Mit der Klageerhebung wurde ein Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe gestellt.

5. Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der geltend gemachte Anspruch bestehe nicht. Zwar sei der erzieherische Bedarf i. S. d. §§ 27, 33 SGB VIII im Fall vom L. unstreitig, da die Kindsmutter aufgrund ihrer psychischen Verfassung nicht in der Lage sei, die volle Verantwortung für ihre Tochter zu übernehmen und für diese allein zu sorgen. Die Tante des Kindes sei jedoch nach einer Gesamtwürdigung des Einzelfalls als Vollzeitpflegeperson ungeeignet. Hierbei verkenne die Beklagte nicht, dass das Kind bereits seit Dezember 2011 bei der Tante lebt und daher eine enge Bindung zu dieser aufgebaut habe. Auch die positive Stellungnahme von Facharzt und Kindertagesstätte seien in die Überlegungen eingestellt worden. Jedoch seien bei der Eignung als Vollzeitpflegeperson die Richtlinien des Bayerischen Landesjugendamts sowie die Vorgaben aus Art. 35 AGSG zu beachten. Hiervon ausgehend bestünden zunächst erhebliche Zweifel an der Erziehungs- und Reflexionsfähigkeit der Tante. Insoweit werde grundsätzlich auf die Begründung des Ablehnungsbescheids verwiesen. Ergänzend sei auszuführen, dass die Erziehungsprobleme mit dem eigenen Sohn richtigerweise sehr wohl im Gefährdungsbereich angesiedelt gewesen seien. Ausweislich einer Falleinordnung des Jugendamts vom 29. Oktober 2009 sei der Fall damals im Gefährdungsbereich in Bezug auf körperliche/sexuelle Gefährdung im Sinne einer Fremdgefährdung, psychisch-seelische Gesundheit/Verwahrlosung eingestuft worden. Zur Begründung sei damals angeführt worden, dass die Tante nicht in der Lage gewesen sei, ihrem Sohn Grenzen zu setzen und es massive Suchtstrukturen in der Familie gebe. Ausweislich einer Falleinordnung des Jugendamts vom 6. Oktober 2010 sei der Fall dann in Bezug auf die Aufsichtspflicht durch Mutter/Stiefvater in den Graubereich eingeordnet worden; so habe die Tante ihren Sohn beim eigenmächtigen Auszug aus einer Einrichtung unterstützt, obwohl klar gewesen sei, dass dies einen Verstoß gegen die Bewährungsauflagen darstelle. Ausweislich eines Hilfeplans vom 7. September 2010 sei eine ambulante Anschlussmaßnahme sodann an mangelnder Kooperation der Tante und ihres Sohnes gescheitert. Die behördlichen Zweifel an der Reflexionsfähigkeit der Tante seien durch die Bagatellisierung der Sexualstraftat des eigenen Sohnes verstärkt worden; die Tante habe das durch rechtskräftiges Strafurteil festgestellte Tatgeschehen den Jugendamtsmitarbeitern bei einem Hausbesuch gänzlich anders geschildert und noch geäußert, der Sohn sei „halt ein kleiner Casanova“. Hinsichtlich des Vollzugs der Jugendstrafe habe es wohl ein Missverständnis gegeben. Richtigerweise sei der Sohn der Tante trotz Verstoßes gegen die Bewährungsauflagen nicht inhaftiert worden, es sei lediglich ein Zuchtmittel von einer Woche Dauerarrest ausgesprochen worden (AG ..., U. v. 21.5.2013 - .../13 jug). Auch die Privatinsolvenz der Tante stelle nach den Richtlinien des Bayerischen Landesjugendamts einen Ausschlussgrund für Pflegepersonen dar. Die diesbezüglichen Bedenken würden im Fall der Tante noch dadurch verstärkt, dass diese nicht in der Lage gewesen sei, den Hintergrund der Verbindlichkeiten plausibel darzulegen. Hinsichtlich der fehlenden Kooperation mit der Kindsmutter sei - unabhängig von der Vermeidung etwaiger Loyalitätskonflikte für das Kind - festzuhalten, dass sich die Tante bei einem Gespräch am 14. Oktober 2014 abwertend über die Kindsmutter geäußert habe. Dies begründe zwar für sich genommen noch keine fehlende Eignung der Tante als Pflegeperson, sei jedoch im Rahmen einer Gesamtwürdigung durchaus zu berücksichtigen. Gleiches gelte für die Tatsache, dass die Tante erst nach neun Monaten eine neue eigene Wohnung begründet habe. Nach alledem sei die Tante als Pflegeperson ungeeignet; bei der Eignungsfeststellung komme dem Jugendamt überdies ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum zu. Der Aufenthalt des Kindes bei der Tante werde derzeit toleriert, da keine akute Gefährdung des Kindeswohls gesehen und die Entscheidung von der sorgeberechtigten Klägerin als Ergänzungspflegerin getragen werde. Der notwendige Lebensunterhalt des Kindes sei bei Hilfebedürftigkeit durch Unterhalt und Sozialhilfe zu decken.

6. Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Verwaltungsakten verwiesen.

II.

Der Antrag auf Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts ist zulässig, jedoch unbegründet.

1. Gemäß § 166 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) i. V. m. § 114 Abs. 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag Prozesskostenhilfe, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Dafür genügt eine gewisse, nicht notwendig überwiegende Wahrscheinlichkeit des Erfolgs. Bei der dabei vom Gericht anzustellenden vorläufigen Prüfung dürfen im Hinblick auf die Rechtsschutzgleichheit von Bemittelten und Unbemittelten keine überspannten Anforderungen hinsichtlich der Erfolgsaussichten gestellt werden. Insbesondere wäre es unzulässig, schwierige Sach- oder Rechtsfragen, die in vertretbarer Weise auch anders beantwortet werden können als von der Beklagtenseite angenommen, bereits in Vorwegnahme des Hauptsacheverfahrens abschließend im Prozesskostenhilfeverfahren zu erörtern und damit den Zugang zu den Gerichten zu versagen (vgl. BVerfG, B. v. 5.2.2003 - 1 BVR 1526/02 - NJW 2003, 1857). Für die Bewilligung von Prozesskostenhilfe genügt deshalb bereits eine gewisse, nicht notwendig überwiegende Wahrscheinlichkeit des Erfolgs (siehe zum Ganzen: BayVGH, B. v. 25.11.2013 - 12 C 13.2126 - juris Rn. 11).

2. Unter Berücksichtigung obiger Grundsätze hat die vorliegend beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.

Ein Anspruch der Klägerin als Ergänzungspflegerin auf Gewährung von Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege gemäß §§ 27, 33 SGB VIII für das Mündel L. durch die Tante besteht nach summarischer Prüfung voraussichtlich nicht (§ 113 Abs. 5 VwGO).

Zwar ist die Klägerin aufgrund der familiengerichtlichen Bestallung vom 16. Juli 2014, wonach der Klägerin das alleinige Personensorgerecht für L. zusteht, grundsätzlich anspruchsberechtigt i. S. d. §§ 27, 33, 39 SGB VIII (vgl. BayVGH, B. v. 16.10.2013 - 12 C 13.1599 - juris Rn. 30 unter Bezugnahme auf BVerwG, U. v. 12.9.1996 - 5 C 31/95 - FEVS 47, 433 ff.). Jedoch ist die Auffassung der Beklagten, dass die Tante als Pflegeperson nicht geeignet ist, wohl rechtlich nicht zu beanstanden.

a) Nach § 27 Abs. 1 SGB VIII hat ein Personensorgeberechtigter bei der Erziehung eines Kindes oder Jugendlichen Anspruch auf Hilfe zur Erziehung, wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist. Gemäß § 27 Abs. 2 SGB VIII wird die Hilfe zur Erziehung insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 SGB VIII gewährt, wobei sich Art und Umfang nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall richten. Die Hilfe zur Erziehung in Vollzeitpflege gemäß der §§ 27, 33 SGB VIII soll dem Kind oder Jugendlichen entsprechend seinem Alter und Entwicklungsstand, seinen persönlichen Bindungen sowie den Möglichkeiten der Verbesserung der Erziehungsbedingungen in der Herkunftsfamilie in einer anderen Familie eine zeitlich befristete oder auf Dauer angelegte Lebensform bieten. Wird Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege gewährt, so ist nach § 39 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII - quasi als Annex - auch der notwendige Unterhalt des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses sicherzustellen (Pflegegeld).

Die Gewährung von Hilfe zur Erziehung nach §§ 27, 33 SGB VIII setzt die Eignung der Pflegeperson voraus; diese verlangt u. a., dass bei einer Gesamtwürdigung des konkreten Einzelfalls von der Pflegeperson keine Gefährdung des Wohls des Kindes bzw. Jugendlichen ausgeht (vgl. OVG NW, B. v. 19.9.2011 - 12 A 2493/10 - juris Rn. 13; vgl. auch § 44 Abs. 2 und 3 SGB VIII).

Bei der Beurteilung der Eignung der Pflegeperson sind in Bayern die Versagungsgründe aus Art. 35 des bayerischen Gesetzes zur Ausführung der Sozialgesetze (AGSG) zu berücksichtigen; dies gilt auch dann, wenn für eine geleistete Betreuung keine Pflegeerlaubnis i. S. v. § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII erforderlich ist - etwa im Fall von Hilfe zur Erziehung aufgrund einer Vermittlung durch das Jugendamt i. S. v. § 44 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB VIII oder der Verwandtenpflege nach § 44 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB VIII. Dies wird auch dadurch verdeutlicht, dass das Jugendamt einer Person, die nach § 44 Abs. 1 Satz 2 SGB VIII keiner Erlaubnis bedarf, gemäß Art. 40 Satz 2 AGSG untersagen kann, ein Kind oder einen Jugendlichen bzw. eine Jugendliche in ihrer Familie regelmäßig zu betreuen oder ihm oder ihr Unterkunft zu gewähren, wenn eine Pflegeerlaubnis wegen eines Versagungsgrundes nach Art. 35 AGSG verweigert werden müsste (vgl. zum Ganzen: VG München, U. v. 21.4.2010 - M 18 K 08.5104 - juris Rn. 32).

Gemäß Art. 35 Satz 1 AGSG ist die Pflegeerlaubnis nach § 44 Abs. 1 SGB VIII zu versagen, wenn das Wohl des Kindes oder des bzw. der Jugendlichen in der Pflegestelle nicht gewährleistet ist. Sie ist nach Art. 35 Satz 2 AGSG insbesondere zu versagen, wenn

1. eine Pflegeperson nicht über ausreichende erzieherische Fähigkeiten verfügt, die dem Entwicklungsstand und den jeweiligen erzieherischen Bedürfnissen des Kindes oder des bzw. der Jugendlichen gerecht werden,

2. die Aufnahme des Pflegekindes nicht mit dem Wohl aller in der Familie einer Pflegeperson lebender Kinder und Jugendlicher vereinbar oder eine Pflegeperson mit der Betreuung eines weiteren Kindes oder eines bzw. einer weiteren Jugendlichen überfordert ist; davon ist in der Regel auszugehen, wenn sich bereits drei Pflegekinder in der Pflegestelle befinden,

3. eine Pflegeperson nicht die Gewähr dafür bietet, dass die von den Personensorgeberechtigten bestimmte Grundrichtung der Erziehung einschließlich der religiösen oder weltanschaulichen Erziehung beachtet wird,

4. Anhaltspunkte bestehen, dass eine Pflegeperson oder eine in ihrem Haushalt lebende Person das sittliche Wohl des Kindes oder des bzw. der Jugendlichen gefährden könnte,

5. die wirtschaftlichen Verhältnisse einer Pflegeperson und ihre Haushaltsführung offensichtlich nicht geordnet sind,

6. eine Pflegeperson oder die in ihrem Haushalt lebenden Personen an einer Krankheit leiden, die das Wohl des Kindes oder des bzw. der Jugendlichen nicht nur unerheblich gefährdet, oder

7. nicht ausreichender Wohnraum für die Kinder oder Jugendlichen und die im Haushalt lebenden Personen vorhanden ist.

Art. 35 AGSG entspricht unverändert dem bis zum31. Dezember 2006 geltenden Art. 22 des Bayerischen Kinder- und Jugendhilfegesetzes (BayKJHG; amtliche Gesetzesbegründung zu Art. 35 AGSG, LT-Drs. 15/6305 v. 22.9.2006, S. 35).

Art. 35 AGSG enthält somit einen nicht abschließenden Katalog von Gründen, bei deren Vorliegen die Pflegeerlaubnis nach § 44 Abs. 1 SGB VIII zu versagen ist (vgl. amtliche Gesetzesbegründung zum wortgleichen Art. 22 BayKJHG, LT-Drs. 12/10454 v. 9.3.1993, S. 39 f.).

Dies ist nach Art. 35 Satz 2 Nr. 1 AGSG der Fall, wenn die Pflegeperson nicht über ausreichende erzieherische Fähigkeiten verfügt. Dabei wird nicht allgemein auf die erzieherischen Fähigkeiten der Pflegeperson abgestellt; vielmehr wird das in Pflege zu nehmende Kind oder der Jugendliche in den Mittelpunkt gerückt und seine erzieherischen Bedürfnisse und sein Entwicklungsstand werden zum Maßstab für die erzieherische Fähigkeit der Pflegeperson gemacht. Damit ist sichergestellt, dass ganz konkret das Wohl des jeweiligen Kindes oder Jugendlichen berücksichtigt wird (vgl. zum Ganzen: amtliche Gesetzesbegründung zum wortgleichen Art. 22 Satz 2 Nr. 1 BayKJHG, LT-Drs. 12/10454 v. 9.3.1993, S. 39 f.). Art. 35 Satz 2 Nr. 1 AGSG kann etwa einschlägig sein, wenn es der Pflegeperson an einer professionellen Kooperationsbereitschaft im Verhältnis zur Kindsmutter fehlt, vielmehr insoweit eine konfliktbehaftete und von Drohungen und Vorwürfen geprägte Beziehung besteht (vgl. BayVGH, B. v. 9.5.2012 - 12 ZB 10.2184 - juris Rn. 16-19).

Art. 35 Satz 2 Nr. 5 AGSG verpflichtet ferner zur Versagung der Pflegeerlaubnis, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse oder die Haushaltsführung der Pflegeperson offensichtlich nicht geordnet sind. Geordnete wirtschaftliche Verhältnisse sind eine Grundvoraussetzung für die Aufnahme eines Kindes oder Jugendlichen in die Familienpflege. Bei nicht geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen bestünde jederzeit die Gefahr, dass das Kind oder der Jugendliche wieder aus der Pflegefamilie herausgenommen und einem Wechsel der Bezugspersonen und der Lebensumstände unterworfen werden müsste. Dies wäre nicht zu seinem Wohl und widerspräche einer kontinuierlichen Erziehung. Das gleiche gilt im Hinblick auf eine geordnete Haushaltsführung. Art. 35 Satz 2 Nr. 5 AGSG verpflichtet die Jugendämter jedoch nicht, in jedem Einzelfall intensive und möglicherweise tief in die persönlichen Angelegenheiten der Pflegefamilie eingreifende Nachforschungen anzustellen, was sich aus der Verwendung des Wortes „offensichtlich“ ergibt (vgl. zum Ganzen: amtliche Gesetzesbegründung zum wortgleichen Art. 22 Satz 2 Nr. 5 BayKJHG, LT-Drs. 12/10454 v. 9.3.1993, S. 39 f.). Art. 35 Satz 2 Nr. 5 AGSG ist tatbestandlich nur dann nicht gegeben, wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse bereits ohne Berücksichtigung eines etwaigen Pflegegelds geordnet sind, d. h. auch so der normale Lebensunterhalt ohne Schulden bestritten werden kann (vgl. VG München, B. v. 15.6.2009 - M 18 E 09.2383 - juris Rn. 24).

Eine Versagung der Pflegeerlaubnis ist nach Art. 35 Satz 2 Nr. 7 AGSG schließlich angezeigt, wenn nicht ausreichender Wohnraum für die Pflegefamilie vorhanden ist. Dabei wird nicht nur auf das aufzunehmende Kind oder den Jugendlichen abgestellt, sondern auf alle im Haushalt lebenden Personen (vgl. zum Ganzen: amtliche Gesetzesbegründung zum wortgleichen Art. 22 Satz 2 Nr. 7 BayKJHG, LT-Drs. 12/10454 v. 9.3.1993, S. 39 f.).

Die Arbeitshilfe „Vollzeitpflege“ des Bayerischen Landesjugendamts (2. Aufl. 2009, abrufbar unter www.bl.b...de) führt unter Kapitel 2. („Eignungskriterien“), Ziffer 2.2 („Ausschlussgründe“) u. a. aus, dass mangelnde erzieherische Fähigkeiten i. S. v. Art. 35 Satz 2 Nr. 1 AGSG etwa bei länger bestehenden erheblichen Schwierigkeiten mit eigenen Kindern bestehen könnten. Auch mangelnde Kooperationsbereitschaft in Form der grundsätzlichen Ablehnung einer Zusammenarbeit mit der Herkunftsfamilie sei ein entsprechender Ausschlussgrund. Nicht geordnete wirtschaftliche Verhältnisse i. S. v. Art. 35 Satz 2 Nr. 5 AGSG seien bei fehlendem ausreichendem Einkommen oder Verschuldung anzunehmen.

Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart ist nach § 36 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII im Zusammenwirken der Fachkräfte des Jugendamts zu treffen. Bei der Entscheidung über die Notwendigkeit und Geeignetheit der Hilfe handelt es sich um das Ergebnis eines kooperativen pädagogischen Entscheidungsprozesses unter Mitwirkung mehrerer Fachkräfte, welches nicht den Anspruch objektiver Richtigkeit erhebt, jedoch eine angemessene Lösung zur Bewältigung der festgestellten Belastungssituation enthält, die fachlich vertretbar und nachvollziehbar sein muss. Daraus folgt, dass die verwaltungsgerichtliche Überprüfung sich darauf zu beschränken hat, ob allgemein gültige fachliche Maßstäbe beachtet wurden, ob keine sachfremden Erwägungen eingeflossen und die Adressaten in umfassender Weise beteiligt worden sind (vgl. zum Ganzen: BayVGH, B. v. 16.10.2013 - 12 C 13.1599 - juris Rn. 32; B. v. 29.7.2013 - 12 C 13.1183 - juris Rn. 18).

Hiervon ausgehend dürfte dem Jugendamt auch hinsichtlich der (Fach-)Frage der Geeignetheit der Pflegeperson i. S. d. §§ 27, 33 SGB VIII im konkreten Einzelfall ein nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbarer Beurteilungsspielraum zukommen. Die Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, nach der der Begriff der Eignung einer Tagespflegeperson i. S. v. § 43 Abs. 2 SGB VIII ein unbestimmter Rechtsbegriff ist, dessen Auslegung und Anwendung der vollen gerichtlichen Prüfung unterliegt (BayVGH, B. v. 16.1.2015 - 12 C 14.2846 - NJW 2015, 1192 - juris Rn. 15), ist im dortigen Kontext der Eignung als Tatbestandsvoraussetzung der (gebundenen) Erteilung von Erlaubnissen zur Tagespflege zu sehen; die genannte Rechtsprechung ist indes wohl nicht übertragbar auf einen gegenüber dem Jugendamt geltend gemachten Anspruch auf Hilfe zur Erziehung i. S. d. §§ 27, 33, 39 SGB VIII (vgl. zuletzt BayVGH, B. v. 16.10.2013 - 12 C 13.1599 - juris Rn. 32 a. E., wo die Eignung einer Großmutter als Pflegeperson wohl als Bestandteil der fachlichen Entscheidung des Jugendamts über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart i. S. v. § 36 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII gesehen wird; a.A. VG München, B. v. 20.3.2013 - M 18 E 12.4704 - juris Rn. 45 unter Bezugnahme auf die BayVGH-Rechtsprechung zu § 43 Abs. 2 SGB VIII; a. A. auch VG Hamburg, U. v. 30.8.2006 - 13 K 1769/06 - juris Rn. 28).

Behördliche Bedenken hinsichtlich der Eignung einer möglichen Pflegeperson - etwa hinsichtlich Zuverlässigkeit oder Kooperationsbereitschaft - müssen gleichwohl substantiiert und mit konkreten Ereignissen belegt werden, um tragfähig zu sein (vgl. BayVGH, B. v. 16.10.2013 - 12 C 13.1599 - juris Rn. 36; B. v. 29.7.2013 - 12 C 13.1183 - juris Rn. 24). Falls das Jugendamt davon ausgeht, dass das Wohl des Kindes in der Pflegestelle nicht gewährleistet ist, trägt es insoweit grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast (VG München, U. v. 11.12.2013 - M 18 K 12.5685 - juris Rn. 23 m. w. N.).

b) Unter Berücksichtigung obiger Vorgaben und Grundsätze besteht im vorliegenden Fall voraussichtlich kein Anspruch der Klägerin als Ergänzungspflegerin von L. auf Gewährung von Hilfe zur Erziehung in Form der Vollzeitpflege gemäß §§ 27, 33 SGB VIII durch die Tante des Mündels. Denn bei einer Gesamtwürdigung des Einzelfalls ist die Auffassung der Beklagten, dass der Tante nach den Kriterien von Art. 35 AGSG die Eignung als Pflegeperson fehlt, wohl jedenfalls fachlich vertretbar und daher mit Blick auf den gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum des Jugendamts rechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Zwar steht voraussichtlich eine Ungeeignetheit der Tante als Pflegeperson mangels erzieherischer Fähigkeiten i. S. v. Art. 35 Satz 2 Nr. 1 AGSG zum derzeitigen Zeitpunkt nach Aktenlage nicht hinreichend fest.

Dies gilt insbesondere mit Blick auf die erzieherischen Probleme der Tante mit ihrem eigenen Sohn, der sich ab September 2007 über mehrere Jahre in einer stationären Jugendhilfemaßnahme befunden hat und wegen eines im Juli 2007 begangenen Sexualdelikts im Jahr 2011 rechtskräftig zu einer nicht unerheblichen Jugendstrafe verurteilt worden ist. Zwar hat die Beklagte insoweit insbesondere auf eine mangelnde Kooperationsbereitschaft der Tante gegenüber dem Jugendamt verwiesen; eine solche ist auch grundsätzlich in den durch die Beklagte vorgelegten Auszügen aus der Jugendhilfeakte des Sohns der Tante dokumentiert (vgl. etwa Hilfeplan v. 7.9.2010, Blatt 60 der Gerichtsakte). Soweit jedoch eigene Kinder einer potentiellen Pflegeperson problembehaftete Lebensläufe aufweisen - etwa aufgrund Alkoholsucht, Drogen oder Kriminalität -, ist bei einem zeitlichen Abstand von mehreren Jahren und einer veränderten Gesamtsituation zu hinterfragen, ob und mit welchem Gewicht die genannten Umstände noch bei der Einschätzung der Eignung einer Pflegeperson berücksichtigt werden können (vgl. BayVGH, B. v. 16.10.2013 - 12 C 13.1599 - juris Rn. 36). Vorliegend liegt die Beendigung der Jugendhilfemaßnahme hinsichtlich des eigenen Sohns der Tante etwa fünf Jahre zurück, der sexuelle Missbrauch durch den Sohn der Tante sogar bereits mehr als acht Jahre. Auch hat sich die Gesamtsituation wohl nunmehr relevant verändert, da der nunmehr 21 Jahre alte Sohn der Tante nicht mehr bei dieser wohnt. Soweit die Beklagte in diesem Zusammenhang auf eine aktuelle Bagatellisierung der Sexualstraftat des Sohnes durch die Tante in Form einer Infragestellung der Angaben des damaligen Opfers verweist, so werden diese Äußerungen zwar durch die Klägerseite nicht grundsätzlich bestritten; jedoch erscheinen diese Äußerungen nicht geeignet, für sich genommen bereits nach Aktenlage eine mangelnde Erziehungsfähigkeit der Tante zu begründen. Gleiches gilt für wohl getätigte abfällige Äußerungen der Tante hinsichtlich der Kindsmutter - dies räumt auch die Beklagte ein (vgl. Klageerwiderung v. 17.9.2015, Blatt 52 der Gerichtsakte) - sowie einer Vermeidung des persönlichen Kontakts mit der Kindsmutter durch die Tante. Zur Erziehungsfähigkeit der Tante ist überdies die Stellungnahme der Kindertagesstätte vom 12. Dezember 2014 zu berücksichtigen (Blatt 15 f. der Gerichtsakte), die die Tante als zuverlässige und interessierte Ansprechpartnerin für alle Belange des Kindes L. ausweist und ausführt, dass L. durch die sich liebevoll und zuverlässig kümmernde Tante die erforderliche Beständigkeit, Struktur und Sicherheit erhalte.

Es spricht mithin vieles dafür, dass zur Erziehungsfähigkeit der Tante an sich bzw. zu ihrer Bereitschaft zur Kooperation mit dem Jugendamt bzw. der Kindsmutter (Art. 35 Satz 2 Nr. 1 AGSG) im weiteren Verfahren - soweit entscheidungserheblich - grundsätzlich eine Beweiserhebung in Betracht käme; die Erforderlichkeit einer Beweiserhebung würde jedoch bereits die Bewilligung von Prozesskostenhilfe rechtfertigen (vgl. vgl. BayVGH, B. v. 16.10.2013 - 12 C 13.1599 - juris Rn. 36; B. v. 29.7.2013 - 12 C 13.1183 - juris Rn. 22/24; B. v. 17.6.2013 - 12 CE 13.999 u. a. - juris Rn. 32 m. w. N.).

Überdies ist vorliegend zu bedenken, dass die faktische, seit Dezember 2011 erfolgte Hinnahme einer Betreuung von L. durch die Tante seitens des Jugendamts einerseits und der behördliche Vortrag einer angeblichen Ungeeignetheit der Vollzeitpflege als Jugendhilfemaßnahme durch die Tante andererseits grundsätzlich einen Widerspruch darstellt, der - wenn er sich denn überhaupt auflösen lässt - jedenfalls einer Erläuterung im Rahmen der fachlichen Einschätzung des Jugendamts nach § 36 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII bedarf (vgl. BayVGH, B. v. 16.10.2013 - 12 C 13.1599 - juris Rn. 34; B. v. 29.7.2013 - 12 C 13.1183 - juris Rn. 21). Hierzu hat das Jugendamt der Beklagten in der Klageerwiderung vom 17. September 2015 (Blatt 52 der Gerichtsakte) lediglich ausgeführt, dass der Aufenthalt des Kindes bei der Tante derzeit toleriert werde, da keine akute Gefährdung des Kindeswohls gesehen und die Entscheidung von der sorgeberechtigten Klägerin als Ergänzungspflegerin getragen werde. Dieser Vortrag der Beklagten überzeugt das Gericht nicht gänzlich. Zwar ist ein Verbleib von L. im Haushalt der Tante bei fehlender Eignung als Pflegeperson auch ohne Gewährung von Vollzeitpflege i. S. d. §§ 27, 33 SGB VIII rechtlich nicht ausgeschlossen; denn eine Untersagung der Pflegetätigkeit gegenüber einer ungeeigneten Person steht nach dem Wortlaut von Art. 40 AGSG („kann“) im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde, das an der Gewährleistung des Kindeswohls auszurichten ist (vgl. Art. 35 Satz 1 AGSG). Es fehlt vorliegend jedoch an einer hinreichenden Begründung, warum im Fall von L. keine akute Gefährdung des Kindeswohls vorliegen soll, wenn doch die Beklagte die Tante zugleich im Lichte von Art. 35 AGSG als ungeeignete Pflegeperson erachtet.

bb) Ebenfalls steht wohl nach Aktenlage derzeit nicht das Fehlen ausreichenden Wohnraums i. S. v. Art. 35 Satz 2 Nr. 7 AGSG hinreichend fest. Es ist durch die Beklagte weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Tante derzeit nicht über hinreichenden Wohnraum verfügen würde, um das Kind L. (weiter) aufzunehmen. Hiergegen spricht auch der Umstand, dass das Kind bereits seit Ende 2011 faktisch bei der Tante lebt. Die bloße hypothetische Möglichkeit eines künftigen Verlusts der aktuell genutzten Wohnung ist ohne konkrete Anhaltspunkte grundsätzlich nicht von Relevanz; die allgemeine finanzielle Situation einer potentiellen Pflegeperson ist insoweit vorrangig i. R. v. Art. 35 Satz 2 Nr. 5 AGSG zu bewerten.

cc) Gleichwohl dürfte es vorliegend bereits mit Blick auf Art. 35 Satz 2 Nr. 5 AGSG (offensichtlich nicht geordnete wirtschaftliche Verhältnisse) für sich genommen vertretbar sein, dass die Beklagte derzeit von einer fehlenden Eignung der Tante als Pflegeperson ausgeht.

Unstreitig befindet sich die Tante, die nach dem Klägervortrag aktuell Arbeitslosengeld II nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II; sog. Hartz-IV-Leistungen) bezieht, seit November 2014 in einem Verbraucherinsolvenzverfahren i. S. d. §§ 304 ff. der Insolvenzordnung (InsO). Nicht geordnete wirtschaftliche Verhältnisse liegen jedoch nach der Rechtsprechung regelmäßig dann vor, wenn über das Vermögen einer Person ein (Verbraucher-)Insolvenzverfahren eröffnet ist; erst wenn ein (Verbraucher-)Insolvenzverfahren zu einer Restschuldbefreiung führt, kann ein Zustand geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse wieder erreicht sein (vgl. allg. BVerwG, U. v. 17.8.2005 - 6 C 15/04 - BVerwGE 124, 110 - juris Rn. 27; NdsOVG, B. v. 25.9.2014 - 7 PA 20/14 - NJW 2014, 3529 - juris Rn. 5). Von einer Restschuldbefreiung ist die Tante vorliegend mit Blick auf die grundsätzlich sechsjährige Wohlverhaltensperiode (vgl. §§ 287 Abs. 2, 294 Abs. 1 InsO) jedoch zeitlich noch derart weit entfernt, dass vorliegend keine geordneten wirtschaftlichen Verhältnisse anzunehmen sein dürften. Auch der aktuelle Bezug von Arbeitslosengeld II (sog. Hartz-IV-Leistungen) durch die Tante spricht nachdrücklich gegen hinreichend geordnete wirtschaftliche Verhältnisse (vgl. hierzu VG München, B. v. 15.6.2009 - M 18 E 09.2383 - juris Rn. 24).

Wie bereits ausgeführt besteht bei nicht geordneten wirtschaftlichen Verhältnissen jederzeit die Gefahr, dass das Kind oder der Jugendliche wieder aus der Pflegefamilie herausgenommen und einem Wechsel der Bezugspersonen und der Lebensumstände unterworfen werden müsste; dies ist nicht zu seinem Wohl und widerspricht einer kontinuierlichen Erziehung (vgl. zum Ganzen: amtliche Gesetzesbegründung zum wortgleichen Art. 22 Satz 2 Nr. 5 BayKJHG, LT-Drs. 12/10454 v. 9.3.1993, S. 39 f.). Vor dem Hintergrund dieser mit Art. 35 Satz 2 Nr. 5 AGSG verfolgten gesetzgeberischen Intention gilt, dass auch der Vorschlag der Klägerseite, das Pflegegeld aus § 39 SGB VIII auf ein Treuhandkonto zu überweisen, um sicherzustellen, dass die Geldmittel nicht zweckwidrig zur Schuldentilgung der Tante verwendet werden, nicht sachgerecht ist; denn es geht nicht darum, die bestimmungsgemäße Verwendung des Pflegegelds für den Lebensunterhalt des Pflegekindes L. zu sichern, sondern der allgemeinen Gefahr vorzubeugen, das Pflegekind wegen einer finanziellen Schieflage der Pflegefamilie kurzfristig wieder aus seinem gewohnten Lebensumfeld herausnehmen zu müssen. Gründe, die zu einer abweichenden Risikobewertung im vorliegenden Fall der Tante von L. führen könnten, sind durch die Klägerseite weder substantiiert vorgetragen noch sonst ersichtlich. Die offenbar seit September 2015 erfolgende Umschulung zur Pflege-, Betreuungs- und Hauswirtschaftsassistentin wird nach dem eigenen Vortrag der Klägerseite allenfalls mittelfristig („über kurz oder lang“, vgl. Klageschrift v. 5.8.2015, Blatt 8 der Gerichtsakte) die Einkommenssituation der Tante nachhaltig verbessern können; sie ist daher vorliegend nicht von Relevanz. Erschwerend kommt hinzu, dass die Klägerseite auch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren - trotz entsprechenden Hinweises im gegenständlichen Ablehnungsbescheid - keine Angaben zum Hintergrund der offenbar erheblichen Verbindlichkeiten der Tante gemacht hat, die zur Einleitung des Verbraucherinsolvenzverfahrens geführt haben.

Hinsichtlich der ungeordneten wirtschaftlichen Verhältnisse i. S. v. Art. 35 Satz 2 Nr. 5 AGSG kann der Beklagten wohl von vornherein auch kein widersprüchliches Verhalten in Form eines gleichwohl mehrjährigen Hinnehmens des Verbleibs von L. bei der Tante vorgeworfen werden; denn das Verbraucherinsolvenzverfahren als eignungsrelevante Tatsache i. S. v. Art. 35 AGSG ist offenbar erst seit November 2014 anhängig.

dd) Nach alledem ist nach summarischer Prüfung die Auffassung der Beklagten, dass der Tante bei Gesamtwürdigung des Einzelfalls nach den Kriterien von Art. 35 AGSG derzeit die Eignung als Pflegeperson fehlt, wohl jedenfalls fachlich vertretbar und damit vom Beurteilungsspielraum des Jugendamts gedeckt.

Das Gericht verkennt hierbei nicht, dass eine Verwandtenpflege mit nicht unerheblichen Vorteilen verbunden ist, etwa dem Erhalt der Gesamtfamilie, der Vertrautheit der Verwandten mit der Biografie des Kindes, einer familiären Verbundenheit und sozialen Nähe zum Kind sowie der Bereitschaft, selbst in schwierigen Situationen das Kind zu behalten; soweit jedoch eine potentielle Pflegeperson eine dem Wohl des Kindes entsprechende Erziehung und Betreuung nicht gewährleisten kann, liegen die Voraussetzungen einer Vollzeitpflege i. S. d. §§ 27, 33 SGB VIII auch bei der Verwandtenpflege mangels Eignung der Pflegeperson nicht vor (vgl. zum Ganzen: Bayerisches Landesjugendamt, Arbeitshilfe „Vollzeitpflege“, 2. Aufl. 2009, abrufbar unter www.blja.bayern.de, Kapitel 6. „Phasen des Pflegeverhältnisses“, Ziffer 6. „Besonderheiten in der Verwandtenpflege“, Ziffer 6.2 „Zur Eignungsproblematik“). Das Gericht verkennt ebenfalls nicht, dass sich das Kind L. vorliegend bereits seit Ende 2011 - mithin seit etwa vier Jahren - faktisch im Haushalt der Tante befindet; auch dieser Umstand ändert jedoch nichts daran, dass es sich bei der Eignung der Pflegeperson um eine konstitutive Tatbestandsvoraussetzung einer Vollzeitpflege i. S. d. §§ 27, 33 SGB VIII handelt.

3. Nach alledem war der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe mangels Erfolgsaussichten der beabsichtigten Rechtsverfolgung abzulehnen, ohne dass es auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Kindes L. ankommt.

Nur der Vollständigkeit halber sei daher darauf hingewiesen, dass nach Auffassung des Gerichts im Rahmen des gegenständlichen Prozesskostenhilfeantrags nicht die Vermögensverhältnisse der Klägerin als Ergänzungspflegerin maßgeblich gewesen wären. Dies folgt aus § 166 VwGO i. V. m. § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO. Hiernach erhält Prozesskostenhilfe auf Antrag eine Partei kraft Amtes, wenn die Kosten aus der verwalteten Vermögensmasse nicht aufgebracht werden können und den am Gegenstand des Rechtsstreits wirtschaftlich Beteiligten nicht zuzumuten ist, die Kosten aufzubringen. Eine Partei kraft Amtes i. S. v. § 116 Satz 1 Nr. 1 ZPO dürfte auch die Klägerin als Ergänzungspflegerin darstellen (vgl. OLG Karlsruhe, B. v. 2.4.1990 - 4 W 76/85 - DAVorm 1990, 471 - juris).

(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn

1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder
2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und
a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder
b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen; im Fall von Satz 1 Nummer 2 auch ein Kind oder einen Jugendlichen von einer anderen Person wegzunehmen.

(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.

(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich

1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder
2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
Sind die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten nicht erreichbar, so gilt Satz 2 Nummer 2 entsprechend. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 ist unverzüglich die Bestellung eines Vormunds oder Pflegers zu veranlassen. Widersprechen die Personensorgeberechtigten der Inobhutnahme nicht, so ist unverzüglich ein Hilfeplanverfahren zur Gewährung einer Hilfe einzuleiten.

(4) Die Inobhutnahme endet mit

1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten,
2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.

(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.

(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.

(1) Der Personensorgeberechtigte und das Kind oder der Jugendliche sind vor der Entscheidung über die Inanspruchnahme einer Hilfe und vor einer notwendigen Änderung von Art und Umfang der Hilfe zu beraten und auf die möglichen Folgen für die Entwicklung des Kindes oder des Jugendlichen hinzuweisen. Es ist sicherzustellen, dass Beratung und Aufklärung nach Satz 1 in einer für den Personensorgeberechtigten und das Kind oder den Jugendlichen verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form erfolgen.

(2) Die Entscheidung über die im Einzelfall angezeigte Hilfeart soll, wenn Hilfe voraussichtlich für längere Zeit zu leisten ist, im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte getroffen werden. Als Grundlage für die Ausgestaltung der Hilfe sollen sie zusammen mit dem Personensorgeberechtigten und dem Kind oder dem Jugendlichen einen Hilfeplan aufstellen, der Feststellungen über den Bedarf, die zu gewährende Art der Hilfe sowie die notwendigen Leistungen enthält; sie sollen regelmäßig prüfen, ob die gewählte Hilfeart weiterhin geeignet und notwendig ist. Hat das Kind oder der Jugendliche ein oder mehrere Geschwister, so soll der Geschwisterbeziehung bei der Aufstellung und Überprüfung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe Rechnung getragen werden.

(3) Werden bei der Durchführung der Hilfe andere Personen, Dienste oder Einrichtungen tätig, so sind sie oder deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung zu beteiligen. Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist, sollen öffentliche Stellen, insbesondere andere Sozialleistungsträger, Rehabilitationsträger oder die Schule beteiligt werden. Gewährt der Träger der öffentlichen Jugendhilfe Leistungen zur Teilhabe, sind die Vorschriften zum Verfahren bei einer Mehrheit von Rehabilitationsträgern nach dem Neunten Buch zu beachten.

(4) Erscheinen Hilfen nach § 35a erforderlich, so soll bei der Aufstellung und Änderung des Hilfeplans sowie bei der Durchführung der Hilfe die Person, die eine Stellungnahme nach § 35a Absatz 1a abgegeben hat, beteiligt werden.

(5) Soweit dies zur Feststellung des Bedarfs, der zu gewährenden Art der Hilfe oder der notwendigen Leistungen nach Inhalt, Umfang und Dauer erforderlich ist und dadurch der Hilfezweck nicht in Frage gestellt wird, sollen Eltern, die nicht personensorgeberechtigt sind, an der Aufstellung des Hilfeplans und seiner Überprüfung beteiligt werden; die Entscheidung, ob, wie und in welchem Umfang deren Beteiligung erfolgt, soll im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte unter Berücksichtigung der Willensäußerung und der Interessen des Kindes oder Jugendlichen sowie der Willensäußerung des Personensorgeberechtigten getroffen werden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.