Gericht

Verwaltungsgericht Regensburg

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht Regensburg

Az. RO 3 K 15.144

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 8. März 2016

3. Kammer

S., stv. Urkundsbeamtin

Sachgebiets-Nr: 140 99

Hauptpunkte:

Kommunalverfassungsstreit, Beschlussfähigkeit Gemeinderat, Recht auf ordnungsgemäße Ladung, Zugang einer Ladung zur Gemeinderatssitzung

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

Stadt B.

vertreten durch den 1. Bürgermeister ...

- Beklagte -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

beteiligt:

Regierung der ...

als Vertreter des öffentlichen Interesses Postfach, R.

wegen Kommunalverfassungsstreit

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg, 3. Kammer, unter Mitwirkung von

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg, 3. Kammer, unter Mitwirkung von Vorsitzendem Richter am Verwaltungsgericht Eichenseher, Richter am Verwaltungsgericht Dr. Motsch, Richterin am Verwaltungsgericht Pfleger, ehrenamtlichem Richter B., ehrenamtlichem Richter G. aufgrund mündlicher Verhandlung vom 8. März 2016

am 8. März 2016

folgendes Urteil:

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

III.

Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin, Gemeinderätin der Stadt B. und Mitglied der Stadtratsfraktion der 2... (2...-Fraktion), begehrt die Feststellung der Unwirksamkeit von Stadtratsbeschlüssen wegen fehlerhafter Ladung.

Der erste Bürgermeister der Beklagten lud die Stadtratsmitglieder der Beklagten mit Schreiben vom 20. November 2014 zu einer Stadtratssitzung am 26. November 2014 (18 Uhr). Der Ladung waren in der Anlage die Tagesordnungspunkte für die Sitzung beigefügt. Die Ladung der Klägerin wurde dieser laut Aushändigungsnachweis der Beklagten am 20. November 2014 um 16:11 Uhr von der Verwaltungsangestellten der Beklagten, Frau ... übermittelt.

Mit Schreiben vom 25. November 2014, im Rathaus der Beklagten eingegangen am 26. November 2014 um 7 Uhr, rügten die Mitglieder der 2...-Fraktion die nicht rechtzeitige Ladung zur Gemeinderatssitzung am 26. November 2014. In dem Schreiben wurde dargelegt, dass ihnen die Ladung zu dieser Sitzung erst am 21. November 2014 zugegangen und damit die fünftägige Ladungsfrist der Geschäftsordnung des Stadtrats nicht eingehalten sei. Die 2...-Fraktion werde deswegen nicht an der Sitzung teilnehmen und eine gerichtliche Klärung in Erwägung ziehen, falls dennoch in der Sitzung am 26. November 2014 Beschlüsse gefasst würden.

Die Stadtratssitzung fand am 26. November 2014 ab 18:00 Uhr ohne Anwesenheit der Mitglieder der 2...-Fraktion statt. Es wurden in öffentlicher Sitzung 26 Beschlüsse (unter Nrn. 117-142) sowie in nicht-öffentlicher Sitzung sechs Beschlüsse (unter Nrn. 143-148) gefasst.

Am 26. Januar 2015 hat die Klägerin hiergegen durch ihren Prozessbevollmächtigten Klage zum Verwaltungsgericht Regensburg erhoben. Zur Begründung wird Folgendes ausgeführt: Die in der Sitzung am 26. November 2014 unter Nrn. 117-142 (öffentlicher Teil) und 143-148 (nicht-öffentlicher Teil) gefassten Beschlüsse des Gemeinderats der Beklagten seien nichtig, weil die Ladungsfrist nach Art. 45 Abs. 2 der Bayerischen Gemeindeordnung i. V. m. § 24 der Geschäftsordnung des Gemeinderats der Beklagten nicht eingehalten und die Klägerin damit gehindert gewesen sei, sich ordnungsgemäß auf die Sitzung vorzubereiten und daran teilzunehmen. Die Ladung zur Gemeinderatssitzung sei der Klägerin erst am 21. November 2014 zugegangen. Nach der Geschäftsordnung der Beklagten dürften der 21. November 2014 als Tag des Zugangs und der 26. November 2014 als Tag der Sitzung nicht mitgezählt werden, weshalb die Ladungsfrist nicht, wie vorgeschrieben, fünf, sondern lediglich vier Tage betragen habe. Diesen Verstoß gegen die Ladungsfrist, der auch bezüglich anderer Gemeinderatsmitglieder zu verzeichnen sei, habe die Klägerin zusammen mit ihren Fraktionsmitgliedern unter dem 25. November 2014 noch vor der Sitzung gegenüber der Beklagten gerügt. Mangels ordnungsgemäßer Ladung seien die am 26. November 2014 gefassten Beschlüsse nichtig. Denn jedenfalls dann, wenn - wie hier - die verletzte Geschäftsordnungsnorm zwingende gesetzliche Vorschriften wiedergebe (hier Art. 45 Abs. 2 der Bayerischen Gemeindeordnung), habe dieser Verstoß die Nichtigkeit der trotz des Verstoßes gefassten Beschlüsse zur Folge. Soweit die Beklagte bislang argumentiert habe, sie hätte die Ladungen bei den Gemeinderäten im Laufe des späteren Nachmittags des 20. November 2014 persönlich an diese oder deren Familienmitglieder ausgehändigt bzw. in deren Briefkästen eingeworfen und damit die Ladungsfrist gewahrt, treffe das nicht zu. Die Ladungen seien zum Teil erst ein oder zwei Tage nach dem 20. November 2014 in den Bereich der jeweiligen Gemeinderäte gelangt; dies sei auch bei der Klägerin der Fall, die nach Rückkehr von ihrer Schicht in der Nacht vom 20. auf den 21. November 2014 nach 24 Uhr den Briefkasten kontrolliert, dabei nur Werbeprospekte gesehen und die Ladung erst am Morgen des 21. November 2014 im Briefkasten vorgefunden habe. Die Behauptung der Beklagten, sie habe am 20. November 2014 die Ladungen an alle Gemeinderäte verteilt, sei daher falsch. Hierauf komme es aber letztendlich nicht an. Denn selbst bei unterstellter wahrheitsgemäßer Sachdarstellung der Beklagten, also bei Übermittlung der Ladungen am 20. November 2014, wäre der Zugang der Ladungen im rechtlichen Sinne erst am 21. November 2014 erfolgt. Von den Gemeinderäten im Allgemeinen und der Klägerin im Besonderen könne nicht erwartet werden, zusätzlich zu den allgemein üblichen Sichtungen des Briefkastens am Morgen eines Tages noch eine weitere Sichtung am Abend vorzunehmen, nur auf den vagen Verdacht hin, dass sich darin eine Ladung der Beklagten befinden könnte. Aus diesem Grund liege ein Zugang der (unterstellt) am Nachmittag des 20. November 2014 in den Briefkasten eingeworfenen Ladung erst am nächsten Tag, nämlich am 21. November 2014, und damit ein Verstoß gegen die Ladungsfrist vor. Unzutreffend sei schließlich auch der Vortrag der Beklagten, die Gemeinderatssitzung vom 26. November 2014 sei allen Stadträten aus dem Sitzungskalender bekannt gewesen. Dieser sei nämlich - in unverbindlicher Form - erst in der Gemeinderatssitzung vom 26. November 2014 beschlossen worden.

Die Klägerin beantragt,

festzustellen, dass die Beschlüsse des Gemeinderats der Stadt B. vom 26. November 2014 Nrn. 117-142 (öffentlicher Teil) und Nrn. 143-148 (nicht-öffentlicher Teil) nichtig sind.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung führt der Prozessbevollmächtigte der Beklagten Folgendes aus: Es erschließe sich nicht, warum die Klägerin gehindert gewesen sein sollte, sich ordnungsgemäß auf die Sitzung am 26. November 2014 vorzubereiten oder an der Sitzung teilzunehmen. Denn zum einen sei ihr die Ladung nach eigenen Angaben am 21. November 2014 zugegangen, zum anderen seien allen Stadtratsmitgliedern die einschlägigen Sitzungen seit Monaten aus dem Sitzungskalender bekannt gewesen. Im Übrigen lasse sich auch beweisen, dass die Stadtratsmitglieder - einschließlich der Klägerin - ordnungsgemäß geladen worden seien. Die Verwaltungsangestellte der Beklagten, Frau ..., habe die Ladungen persönlich am 20. November 2014 zugestellt und die Zustellungen in einem Aushändigungsnachweis dokumentiert. Lediglich die Ladung der Stadträtin 3... sei nicht durch Frau ..., sondern durch den Gemeindemitarbeiter ... ausgehändigt worden. Aus dem Klagevorbringen ergebe sich nicht, dass die Ladung nicht so rechtzeitig erfolgt wäre, dass die Geladenen nicht pünktlich zur Sitzung hätten erscheinen können. Schließlich seien auch die Vorgaben der Geschäftsordnung beachtet. Dadurch, dass bei der Berechnung der Ladungsfrist weder der Sitzungstag noch der Tag des Zugangs der Ladung mitgerechnet werde, werde dem Umstand Rechnung getragen, dass nicht alle Gemeinderatsmitglieder die Ladung zur selben Zeit erhalten, sondern eventuell auch am späteren Nachmittag oder Abend. Im Übrigen habe auch die Rechtsaufsichtsbehörde bestätigt, dass der Einwurf der Ladungen im Laufe des Nachmittags des 20. Novembers 2014 noch rechtzeitig sei.

Unter dem 2. Juli 2015 haben die Beteiligten zu dem Aufklärungsschreiben des Gerichts vom 30. Juni 2015 übereinstimmend erklärt, dass die Ladung der Klägerin dieser nicht persönlich übergeben, sondern in deren Briefkasten gelegt worden sei.

Auf eine Anfrage des Gerichts vom 23. Februar 2016 hat der Beklagtenbevollmächtigte unter dem 29. Februar und 1. März 2016 Folgendes mitgeteilt: Der Stadtrat habe den Sitzungskalender für das Jahr 2014 am 18. Juni 2014 beschlossen. Die Ladungen zu den Sitzungen des Stadtrats in der Zeit von Mai bis November 2014 seien ausschließlich durch Boten überbracht worden; die Zustellung habe immer in gleicher Weise stattgefunden, entweder durch persönliche Übergabe oder durch Einwurf in den Briefkasten des Stadtratsmitglieds, wobei Letzteres geschehe, wenn auf das Klingelzeichen an der Haustüre nicht geöffnet werde. Das Rathaus habe im Jahr 2014 in der Zeit von Januar bis August am Donnerstag zwischen 8:00 Uhr und 17:30 Uhr, in der Zeit von September bis Dezember am Donnerstag zwischen 8:00 Uhr und 12:00 Uhr sowie 13:30 Uhr und 17:30 Uhr geöffnet gehabt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, die vorgelegte Behördenakte und die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 8. März 2016 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage hat keinen Erfolg.

1. Die Klage ist zulässig.

Die Klägerin begehrt die Feststellung der Nichtigkeit der in der Stadtratssitzung am 26. November 2014 gefassten Beschlüsse Nrn. 117 bis 142 und Nrn. 143 bis 148 wegen nicht ordnungsgemäßer Ladung. Dabei handelt es sich um eine sog. kommunalverfassungsrechtliche Streitigkeit über die Kompetenzen/Mitwirkungsrechte der Organe bzw. Organteile einer Kommune in ihrem Verhältnis zueinander (vgl. hierzu Hölzl/Hien/Huber, Gemeindeordnung mit Verwaltungsgemeinschaftsordnung, Landkreisordnung und Bezirksordnung für den Freistaat Bayern, Kommentar, Aktualisierungsstand März 2015, Erl. 5 zu Art. 29).

Die erhobene Feststellungsklage stellt im Rahmen dieses Kommunalverfassungsstreits die statthafte Klageart nach § 43 Abs. 1 Hs. 1 Alt. 1 VwGO dar. Die Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit von Gemeinderatsbeschlüssen betrifft ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis zwischen den Organen bzw. Organteilen einer Gemeinde (vgl. Hölzl/Hien/Huber, Gemeindeordnung mit Verwaltungsgemeinschaftsordnung, Landkreisordnung und Bezirksordnung für den Freistaat Bayern, Kommentar, Aktualisierungsstand März 2015, Erl. 5.2 zu Art. 29). Zudem ist die Feststellungsklage in der vorliegenden Fallgestaltung nicht subsidiär gegenüber Gestaltungs- oder Leistungsklagen (§ 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Denn zum einen steht inmitten der Klage mangels unmittelbarer Außenwirkung von Stadtratsbeschlüssen als organschaftliche Akte kein Verwaltungsakt gemäß Art. 35 BayVwVfG, der Gegenstand einer Anfechtungs- oder Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 VwGO) sein könnte (vgl. Bauer/Böhle/Ecker/Masson/Samper, Bayerische Kommunalgesetze, Kommentar, Lieferungsstand Juli 2015, Rn. 15 zu Art. 29 GO); zum anderen ist Ziel der Klage kein Handeln, Dulden oder Unterlassen, das mit einer Leistungsklage verfolgt werden müsste (vgl. hierzu Becker/Heckmann/Kempen/Manssen, Öffentliches Recht in Bayern, 5. Aufl., Rn. 275 zu 2. Teil D).

Die für die Feststellungsklage notwendige Klagebefugnis der Klägerin nach § 42 Abs. 2 VwGO analog liegt vor (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 25.6.2007 - 4 CE 07.910 - juris). Die Klägerin kann geltend machen, möglicherweise in eigenen Rechten verletzt zu sein. Mit der Teilnahmepflicht der Gemeinderatsmitglieder an den Gemeinderatssitzungen gemäß Art. 48 Abs. 1 Satz 1 GO geht das Recht eines Gemeinderatsmitglieds einher, ordnungsgemäß zur Sitzung geladen zu werden, damit eine Vorbereitung und fraktionsinterne Abstimmung zu der anberaumten Sitzung und den in der Ladung anzugebenden Tagesordnungspunkten erfolgen kann (vgl. Art. 46 Abs. 2 Satz 2 GO und § 23 Abs. 2 der Geschäftsordnung für den Stadtrat der Beklagten). Die vorstehenden Bestimmungen verleihen der Klägerin rechtlich geschützte subjektive Mitgliedschaftsrechte, die Ausfluss der organschaftlichen Zugehörigkeit zum Stadtrat sind. Das einzelne Gemeinderatsmitglied kann gegen die Verletzung dieser subjektiven Mitgliedschaftsrechte im Wege der kommunalverfassungsrechtlichen Streitigkeit um gerichtlichen Rechtsschutz, insbesondere gegen die trotz gerügtem Ladungsmangel gefassten Gemeinderatsbeschlüsse nachsuchen, wenn, wie hier, nicht nur bloße Verstöße gegen die Geschäftsordnung, sondern Verstöße gegen gesetzliche Bestimmungen (Art. 47 Abs. 1 und 2, Art. 46 Abs. 2 Satz 2 i. V. m. Art. 45 Abs. 2 GO) im Raum stehen (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 6.10.1987 - 4 CE 87.02294; BayVGH, U.v. 15.7.1992 - 4 B 91.3106 - jeweils juris; Prandl/Zimmermann/Büchner/Pahlke, Kommunalrecht in Bayern, Lieferungsstand September 2015, 6.2 zu 10.30; Becker/Heckmann/Kempen/Manssen, Öffentliches Recht in Bayern, 5. Aufl., Rn. 243, 269, 275 zu 2. Teil D).

2. Die zulässige und gemäß § 78 Abs. 1 Nr. 1 VwGO zu Recht gegen die Stadt gerichtete Klage (vgl. hierzu BayVGH, U.v. 14.11.1984 - 4 B 83.A 1860 - BayVBl. 1985, 339) ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Feststellung der Nichtigkeit der in der Sitzung am 26. November 2014 vom Gemeinderat der Beklagten unter den Nrn. 117-142 und Nrn. 143-148 gefassten Beschlüsse. Denn entgegen der Auffassung der Klägerseite sind diese Beschlüsse in formell rechtmäßiger Weise ergangen. Der Stadtrat war insbesondere beschlussfähig i. S. d. Art. 47 Abs. 2 GO; den geltend gemachten Ladungsmangel, der die Unwirksamkeit bzw. Nichtigkeit der Beschlüsse zur Folge hätte (vgl. Widtmann/Grasser/Glaser, Bayerische Gemeindeordnung, Kommentar, Lieferungsstand Dezember 2014, Rn. 7 zu Art. 47; Prandl/Zimmermann/Büchner/Pahlke, Kommunalrecht in Bayern, Lieferungsstand September 2015, Rn. 5 zu 10.47), vermag das Gericht nicht zu erkennen.

Gemäß Art. 47 Abs. 2 GO ist der Stadtrat beschlussfähig, wenn sämtliche Mitglieder ordnungsgemäß geladen sind und die Mehrheit der Mitglieder anwesend und stimmberechtigt ist. Dass die Mehrheit der Stadtratsmitglieder bei den vorgenannten Beschlüssen nicht anwesend und stimmberechtigt war, wurde weder vorgetragen noch ergibt sich dies aus den Behördenakten. Die Ladung der Klägerin erfolgte ordnungsgemäß, insbesondere fristgerecht zur Sitzung am 26. November 2014, weshalb die Anforderungen für die Beschlussfähigkeit des Gemeinderats gemäß Art. 47 Abs. 2 GO insgesamt erfüllt sind.

Wann eine Ladung fristgerecht ist, wird in der Bayerischen Gemeindeordnung nicht im Einzelnen geregelt. Art. 46 Abs. 2 Satz 2 GO spricht lediglich von einer Sitzungseinberufung mit „angemessener Frist“; Näheres hat nach Art. 45 Abs. 2 GO die Geschäftsordnung der Gemeinde zu bestimmen. Diese enthält in § 24 Abs. 4 hierzu folgende Vorgabe: „Die Ladungsfrist beträgt fünf Tage, sie kann in dringenden Fällen auf drei Tage verkürzt werden. Der Sitzungstag und der Tag der Zugang der Ladung werden bei der Berechnung der Frist nicht mitgerechnet.“

Da die Voraussetzungen für eine Verkürzung der Ladungsfrist in dringlichen Fällen von der Beklagtenseite weder geltend gemacht wurden noch ersichtlich sind, ist die fünftägige Ladungsfrist nach § 24 Abs. 4 der Geschäftsordnung maßgeblich. Diese Frist wurde eingehalten; denn das Gericht geht von einem Zugang der Ladung an die Klägerin am 20. November 2015 aus (s.u. Nrn. 2.1 und 2.2), mit der Folge, dass zwischen diesem Tag und dem Tag der Sitzung (26.11.2014), die nicht mitzählen, die nach der Geschäftsordnung notwendigen fünf Tage (21. bis 25.11.2014) liegen.

Weder in der Gemeindeordnung noch in der Geschäftsordnung der Beklagten finden sich Erläuterungen zur Frage des Zugangs einer Ladung. Das Gericht greift deshalb auf die allgemeinen Grundsätze zum Zugang von Verwaltungsakten oder öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen unter Abwesenden zurück, wonach insoweit die Bestimmung des § 130 BGB (analog) heranzuziehen ist (vgl. bzgl. Verwaltungsakten Kopp/Ramsauer, VwVfG, 14. Aufl., Rn. 7c ff zu § 41 m. w. N., und bzgl. öffentlich-rechtlichen Willenserklärungen Jäde/Dirnberger/Weiß, Baugesetzbuch, 7. Aufl., Rn. 35 zu § 36; BayVGH, B.v. 27.10.2000 - 1 ZS/CS 00.2727 - juris). Gemäß der zu § 130 BGB (analog) ergangenen Rechtsprechung (vgl. BAG, U.v. 2.3.1989 - 2 AZR 275/88; BGH, U.v. 21.1.2004 - XII ZR 214/00; BVerwG, B.v. 22.4.1994 - 4 B 212/93 - jeweils juris) setzt der Zugang einer Erklärung unter Abwesenden voraus, dass die Erklärung in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers bzw. eines empfangsberechtigten Dritten gelangt ist (s.u. Nr. 2.1) und unter gewöhnlichen Umständen eine Kenntnisnahme zu erwarten ist (s.u. Nr. 2.2).

2.1 Wann (als erste faktische Voraussetzung für den Zugang) die Ladung der Klägerin zur Stadtratssitzung am 26. November 2014 in den Machtbereich der Klägerin gelangt ist, ist zwischen den Beteiligten streitig. Die Klägerin lässt hierzu schriftsätzlich durch ihren Prozessbevollmächtigten vortragen, dass sie in der Nacht vom 20. auf den 21. November 2014 nach 24 Uhr von ihrer Nachtschicht nach Hause zurückgekehrt sei und dabei noch ihren Briefkasten kontrolliert und keine Ladung der Beklagten vorgefunden habe, sondern nur Werbeprospekte; die Ladung habe sie erst am Morgen des 21. November 2014 im Briefkasten vorgefunden. Die Beklagtenseite beruft sich auf den Einwurf der Ladung in den Briefkasten der Klägerin am 20. November 2014 um 16:11 Uhr durch die Gemeindebedienstete ... und legt zum Beweis hierfür einen Aushändigungsnachweis mit Datum „20/11/14“ vor, wonach bei der Klägerin als Uhrzeit „16:11“ angegeben ist.

Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass die Ladung der Klägerin für die Stadtratssitzung am 26. November 2014 durch die Gemeindebotin ... am 20. November 2014 um 16:11 Uhr in den Briefkasten der Klägerin gelegt worden und damit an diesem Tag in den Machtbereich der Klägerin gelangt ist. Das steht aufgrund der Einvernahme der Verwaltungsangestellten ... in der mündlichen Verhandlung vom 8. März 2016 zur Überzeugung des Gerichts fest.

Die Zeugin ... hat in der mündlichen Verhandlung am 8. März 2016 zuerst Folgendes zu Protokoll gegeben:

„Ich habe die Ladung relativ spät fertig bekommen. Ich bin dann los marschiert, wobei ein Kollege einen Brief mitgenommen hat. Auch eine Kollegin hat zwei Ladungen mitgenommen. Dann bin ich mit dem Auto los. Auf einem Papier habe ich notiert, wann ich wo war. Wenn ich jemanden antreffe, unterschreibt der, ansonsten ich. Es war der Donnerstag, als ich los gefahren bin. Nach Mittag, wann genau, weiß ich nicht, so gegen 13 oder 13.30 Uhr, aber genau weiß ich es nicht. Es war relativ spät, als ich los bin. Normalerweise mach ich das früher. Ich bin in einem Zug durchgefahren. Bei Frau ... hat an der rechten Seite von der Haustür am Fenster das Licht gebrannt. Ich habe geläutet. Es hat keiner aufgemacht. Dann habe ich die Ladung in den Briefkasten gelegt. Frau ... lag auf der Tour eher in der Mitte. Die Tour dauerte zwei bis drei Stunden. Die Briefe waren in einem DIN-A-4-Format in einem Kuvert. Die Briefe konnten in die Briefkästen gelegt werden. Es war im Brief nur die Ladung. Die auf dem Aushändigungsnachweis notierten Uhrzeiten sind von mir. Bei Frau ... habe ich vor Abgabe noch im Rathaus unterschrieben, weil ich dort als erstes hin wollte. Dann hat aber Herr ... die Übergabe der Ladung übernommen. Ich habe keine Briefe nach der Tour mit nach Hause genommen, weil sie ja, wenn ich ein Mitglied nicht persönlich antreffe, im Briefkasten hinterlegt werden mit der Dokumentation, zu welcher Uhrzeit sie eingeworfen worden sind.“

Diese Erklärung der Zeugin ..., aus der sich in Zusammenschau mit dem in den Akten befindlichen Aushändigungsnachweis vom 20. November 2014 ergibt, dass die Ladung der Klägerin am 20. November 2014 um 16:11 Uhr in deren Briefkasten gelegt worden ist, hält das Gericht für glaubhaft. Die Aussage ist in sich stimmig und widerspruchsfrei. Der Vortrag erweist sich zudem als konkret, anschaulich und detailreich, indem die Zeugin beispielweise berichtet, dass sie spät dran war und an der rechten Seite von der Haustüre der Klägerin am Fenster noch Licht brannte. Wenn sich die Zeugin nicht sicher war, brachte sie das auch zum Ausdruck. Die Zeugin erweckte bei Gericht den Eindruck, dass sie über tatsächlich Erlebtes berichtet. Die vor der mündlichen Verhandlung für das Gericht noch offenen Fragen, warum im Aushändigungsnachweis mit Datum „20/11/14“ bei Stadträtin ... der Name der Zeugin durchgestrichen und durch „...“ ersetzt wurde und bei den Stadträten ... und ... der Name „...“ steht, wurden mit den obenstehenden Aussagen plausibel beantwortet.

Die Angaben der Zeugin ... zu den weiteren Fragen des Gerichts und der Beteiligten lassen ebenfalls keine Zweifel an der Glaubhaftigkeit ihrer Einlassung zu. Auf die Frage des Gerichts, was es mit dem in den Akten befindlichen Aushändigungsnachweis mit Datum „24.11.2014“ auf sich hat, trug sie vor, dass in dem Aushändigungsnachweis vom 24. November 2014 mit relativer Sicherheit die Übergabe der Vorlageberichte vermerkt worden sein dürften, diese laut Nachweis für die Stadträte ..., ... und ... durch sie selbst und im Übrigen durch Herrn ... übergeben worden seien. Zudem merkte sie in diesem Zusammenhang an, ihre drei Übergaben nachträglich in diese Liste eingetragen zu haben, weil Herr ... die Liste dabei gehabt habe. Auch diese Erläuterungen zur Aushändigungsliste vom 24. November 2014 sind nachvollziehbar und lassen somit auch keine Bedenken am Beweiswert der Aushändigungsliste vom 20. November 2014 aufkommen. Nachvollziehbar ist ferner der Vortrag der Zeugin zu den roten Zahlen, die im Aushändigungsnachweis vom 20. November 2014 vermerkt sind. Die Zeugin erklärte hierzu, dass die roten Zahlen ihre Route angeben würden und nach ihrer Tour auf Veranlassung des ersten Bürgermeisters angebracht worden seien für den nächsten Zusteller, Herrn ... damit die nächste Zustellung durch diesen schneller erfolgen könne.

Die Beantwortung der Fragen des Klägerbevollmächtigten zur Anschrift des Stadtratsmitglieds ... und zur Art und Weise der Zustellung an das Stadtratsmitglied ... bekräftigen die Überzeugung des Gerichts von der Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen. Die Zeugin erklärte, die Ladung des Stadtratsmitglieds ... unter der Anschrift in der K*****straße und nicht unter der im Aushändigungsnachweis vom 20. November 2014 genannten Anschrift (S-weg ...) zugestellt zu haben, da ihr auf Nachfrage bei Frau ... von dieser mitgeteilt worden sei, an die Wohnung in der K-straße zuzustellen. Zur Zustellung der Ladung an das Stadtratsmitglied ... legte die Zeugin dar, zunächst von der Wohnung des Herrn G. aus zur Kanzlei von Herrn ... bis zum Gartentor hinaufgefahren zu sein; auf dem weg zur Kanzlei habe sie dann durch das Kanzleifenster Frau ... beim Telefonieren gesehen, die ihr gedeutet hätte, die Post in den Briefkasten zu legen. Der Detaillierungsgrad und die Lebendigkeit dieser Zeugenaussagen unterstreichen die Glaubhaftigkeit dieses konkreten Vortrags, was auch für die Glaubhaftigkeit des Zeugenvortrags im Übrigen spricht. Die Fragen des Klägerbevollmächtigten zur Dauer der Zustellungen von einem zum anderen Stadtratsmitglied sind im Hinblick auf die Eintragungen im Aushändigungsnachweis vom 20. November 2014 stimmig von der Zeugin beantwortet worden. Schließlich bestehen für das Gericht auch keine Zweifel an der Glaubwürdigkeit der Zeugin. Die Art und Weise ihres Auftretens bei der Befragung durch das Gericht und die Beteiligten gab hierfür keine Anhaltspunkte.

Unter Würdigung all dieser Umstände hat das Gericht die Überzeugung gewonnen, dass die Aussage der Zeugin zum Zeitpunkt des Einwurfs der Ladung in den Briefkasten der Klägerin und ihr Vermerk über den Einwurf der Ladung im Aushändigungsnachweis (am 20. November 2014 um 16:11 Uhr) der Wahrheit entsprechen. Dem steht im Übrigen nicht zwingend die schriftsätzliche Einlassung der Klägerin entgegen, sie habe nach Rückkehr von ihrer Schicht in der Nacht vom 20. auf den 21. November 2014 nach 24 Uhr den Briefkasten kontrolliert, dabei nur Werbeprospekte gesehen und die Ladung erst am Morgen des 21. November 2014 im Briefkasten vorgefunden. Denn es erscheint dem Gericht durchaus möglich, dass die Ladung zwischen oder hinter den Werbeprospekten gelegen hat und deshalb von der Klägerin übersehen worden ist, zumal die Sichtung des Briefkastens zur Nachtzeit erfolgt ist.

Zu einer weiteren Beweisaufnahme sah sich das Gericht nicht veranlasst. Der in der mündlichen Verhandlung am 8. März 2016 gestellte Beweisantrag des Klägerbevollmächtigten auf Vernehmung des Ehemanns der Klägerin sowie der Stadträte ..., ... und ... zum Beweis dafür, dass die Ladung der Klägerin dieser nicht am 20. November 2014 um 16:11 Uhr, sondern erst am Freitag, den 21. November 2014, zugegangen ist, war - wie mit begründeten Beschluss des erkennenden Gerichts in der mündlichen Verhandlung vom 8. März 2016 geschehen - abzulehnen. Denn zum einen sind die weiteren als Zeugen genannten Stadträte bereits ungeeignete Beweismittel für das Beweisthema, zum anderen handelt es sich im Übrigen insgesamt um einen unzulässigen Ausforschungsbeweis, weil nicht ansatzweise dargelegt ist, dass die Zeugen aus eigener Wahrnehmung etwas zum konkreten Zeitpunkt des Einwurfs der Ladung in den Briefkasten der Klägerin aussagen können.

Das Gericht legt somit als Zeitpunkt, in dem die Ladung der Klägerin in deren Briefkasten (Machtbereich) gelangte, den 20. November 2015 um 16:11 Uhr zugrunde.

2.2 Die zweite (normative) Voraussetzung für den Zugang der Ladung der Klägerin am 20. November 2014 ist ebenfalls gegeben. Denn es war an diesem Tag eine Kenntnisnahme seitens der Klägerin von dem um 16:11 Uhr in den Briefkasten gelegten Ladungsschreiben zu erwarten. Dies ergibt sich aus folgenden Umständen:

Die Klägerin muss damit rechnen, dass sie Post der Gemeinde nicht nur durch die allgemeinen Postzustelldienste Dritter (z. B. D.), sondern auch durch Mitarbeiter (Boten) der Gemeinde selbst erhält. Dies folgt aus ihrer Stellung als Gemeinderätin und gilt umso mehr, als die Beklagte unbestritten vorträgt, dass Ladungen zu den Sitzungen des Stadtrats und seiner Ausschüsse in der Zeit von Mai 2014 (Beginn der neuen Wahlperiode) bis zur streitgegenständlichen Stadtratssitzung ausschließlich durch Boten überbracht worden sind. Vor diesem Hintergrund stellt das Gericht nicht, wie in der zivilgerichtlichen Rechtsprechung vertreten, bei der Frage, wann noch Post zu erwarten ist, auf die üblichen oder konkreten Zustellzeiten der Postzustelldienste ab (vgl. hierzu z. B. lag München, U.v. 2.2.2011 - 11 Sa 17/10; LG München II, U.v. 14.11.1991 - 8 S 983/91, lag Köln, U.v. 17.9.2010 - 4 Sa 721/10; lag Hamburg, U.v. 13.2.2014 - 8 Sa 68/13 - jeweils juris). Dies steht auch im Einklang mit der Rechtsprechung, wonach im Einzelfall bei Vorliegen besonderer Umstände auch nach den üblichen oder konkreten Zustellzeiten der Postzustelldienste ein Schreiben noch am selben Tag zugehen kann (vgl. BAG, U.v. 26.3.2015 - 2 AZR 483/14 - juris mit folgendem Leitsatz: „Anders als dann, wenn ein Brief ohne Wissen des Adressaten erst nach den üblichen Postzustellzeiten in dessen Hausbriefkasten eingeworfen wird, ist mit der Kenntnisnahme eines Schreibens, von dem der Adressat weiß oder annehmen muss, dass es gegen 17:00 Uhr eingeworfen wurde, unter gewöhnlichen Verhältnissen noch am selben Tag zu rechnen.“; ebenso im Sinne einer Einzelfallbetrachtung unter Würdigung der besonderen Umstände BayVerfGH, Entscheidung v. 15.10.1992 - Vf. 117-VI-91 - juris).

Ist demzufolge bei der Frage der üblichen Kenntnisnahme von Gemeindepost (auch) auf die Zustellung durch Gemeindeboten abzuheben, bedarf es der Klärung, wann bzw. wie lange Gemeindeboten (üblicherweise) zustellen. Ob dabei - zumindest dann, wenn den Gemeinderäten der Sitzungstag, die Ladungsfrist und damit auch der letztmögliche Tag für eine fristgerechte Ladung bekannt sind bzw. bekannt sein müssen - soweit zu gehen ist, dass noch bis 24 Uhr des Tages, an dem eine Ladung noch fristgerecht zugehen kann, mit einem Erhalt der Ladung zu rechnen ist, kann hier dahingestellt bleiben. Denn vorliegend erfolgte die Übergabe der Ladung in den Machtbereich der Klägerin nicht abends oder nachts, sondern am Nachmittag des 20. November 2014 um 16:11 Uhr. Jedenfalls um diese Uhrzeit, zu der üblicherweise Gemeindemitarbeiter noch arbeiten und zu der das Rathaus geöffnet war (am Donnerstag, den 20. November 2014, wie an jedem Donnerstag, bis 17.30 Uhr), ist mit einer Zustellung durch Gemeindeboten zu rechnen.

Von daher führt der Einwurf der Ladung der Klägerin in deren Briefkasten am 20. November 2014 um 16:11 Uhr gemäß § 130 BGB analog zu einem Zugang der Ladung am20. November 2014 mit der Folge, dass die fünftägige Ladungsfrist gemäß § 24 Abs. 4 der Geschäftsordnung für den Gemeinderat der Beklagten eingehalten wurde.

Zum gleichen Ergebnis käme man, wenn die Geschäftsordnungsbestimmung in § 24 Abs. 4 Satz 2, wonach der Tag des Zugangs der Ladung bei der Berechnung der Ladungsfrist nicht mitgerechnet wird, dahingehend auszulegen ist, dass es gerade nicht darauf ankommen soll, um wieviel Uhr die Ladung in den Machtbereich der Gemeinderatsmitglieder gelangt, sondern nur darauf, dass sie an einem bestimmten Tag in den Machtbereich des Empfängers gelangt (der dann bei der Ladungsfristberechnung nicht mitgezählt wird). Für eine solche Interpretation spricht einiges. Letztlich bedarf es aber keiner Entscheidung hierüber, da schon, wie dargelegt, nach den allgemeinen Grundsätzen der Zugangsbestimmung gemäß § 130 BGB analog von einem Zugang am 20. November 2014 auszugehen ist.

Ob, wie der Bevollmächtigte der Klägerin behauptet, die Ladungen anderer Gemeinderatsmitglieder erst nach dem 20. November 2014 in deren Briefkasten gelangt und ihnen damit nach diesem Tag zugegangen sind, kann offen bleiben. Denn im Rahmen der kommunalverfassungsrechtlichen Streitigkeit der Klägerin kann sich diese nur auf die Verletzung eigener Rechte, nicht auf die anderer Gemeinderatsmitglieder berufen. Deshalb bestand für das Gericht auch keine Veranlassung, den Beweisanregungen hierzu (im Schriftsatz des Klägerbevollmächtigten vom 23. Januar und 16. Juni 2015) nachzukommen.

Die Klage war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird. Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg zu stellen (Hausanschrift: Haidplatz 1, 93047 Regensburg; Postfachanschrift: Postfach 110165, 93014 Regensburg).

Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist; die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof einzureichen (Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 340148, 80098 München).

Die Berufung ist nur zuzulassen, wenn 1. ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, 2. die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, 3. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 4. das Urteil von einer Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Allen Schriftsätzen sollen jeweils 4 Abschriften beigefügt werden.

Hinweis auf Vertretungszwang: Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich alle Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt bereits für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird, die aber noch beim Verwaltungsgericht vorgenommen werden. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder die anderen in § 67 Absatz 2 Satz 1 und Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts können sich auch durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; Einzelheiten ergeben sich aus § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf 10.000 € festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 GKG unter Berücksichtigung von Nr. 22.7 des aktuellen Streitwertkatalogs.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200,-- EUR übersteigt, oder wenn die Beschwerde zugelassen wurde.

Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg einzulegen (Hausanschrift: Haidplatz 1, 93047 Regensburg; Postfachanschrift: Postfach 110165, 93014 Regensburg). Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 08. März 2016 - RO 3 K 15.144

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


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(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

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(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

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(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen. (2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaate

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

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(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungskla

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(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich: 1. § 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169

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Personen, die bis zum 9. September 1996 die fachlichen Voraussetzungen für die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft nach § 4 des Rechtsanwaltsgesetzes vom 13. September 1990 (GBl. I Nr. 61 S. 1504) erfüllt haben, stehen in den nachfolgenden Vorschriften

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 130 Wirksamwerden der Willenserklärung gegenüber Abwesenden


(1) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Wide

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(1) Die Klage ist zu richten 1. gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat; zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde,2

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Bundesgerichtshof Urteil, 21. Jan. 2004 - XII ZR 214/00

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Tenor 1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 13. Februar 2014 - 8 Sa 68/13 - aufgehoben.
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(1) Durch Klage kann die Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses oder der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt werden, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an der baldigen Feststellung hat (Feststellungsklage).

(2) Die Feststellung kann nicht begehrt werden, soweit der Kläger seine Rechte durch Gestaltungs- oder Leistungsklage verfolgen kann oder hätte verfolgen können. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Die Klage ist zu richten

1.
gegen den Bund, das Land oder die Körperschaft, deren Behörde den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat; zur Bezeichnung des Beklagten genügt die Angabe der Behörde,
2.
sofern das Landesrecht dies bestimmt, gegen die Behörde selbst, die den angefochtenen Verwaltungsakt erlassen oder den beantragten Verwaltungsakt unterlassen hat.

(2) Wenn ein Widerspruchsbescheid erlassen ist, der erstmalig eine Beschwer enthält (§ 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2), ist Behörde im Sinne des Absatzes 1 die Widerspruchsbehörde.

(1) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht.

(2) Auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ist es ohne Einfluss, wenn der Erklärende nach der Abgabe stirbt oder geschäftsunfähig wird.

(3) Diese Vorschriften finden auch dann Anwendung, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben ist.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
XII ZR 214/00 Verkündet am:
21. Januar 2004
Küpferle,
Justizamtsinspektorin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
BGB §§ 127 a.F., 130 Abs. 1 Satz 1

a) Zum Zugang einer per Telefax übermittelten empfangsbedürftigen Willenserklärung
, deren Empfänger urlaubsbedingt abwesend ist.

b) Zum Bedeutungsgehalt einer Vereinbarung, nach der die Kündigung eines Mietvertrages
durch eingeschriebenen Brief erfolgen soll.
BGH, Urteil vom 21. Januar 2004 - XII ZR 214/00 - OLG Saarbrücken
LG Saarbrücken
Der XII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 21. Januar 2004 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Hahne und die Richter
Sprick, Fuchs, Dr. Ahlt und Dose

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 8. Zivilsenats des Saarländischen Oberlandesgerichts vom 21. Juni 2000 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als das Oberlandesgericht über die Verurteilung zur Zahlung von 41.683,19 DM nebst Zinsen hinaus zum Nachteil der Beklagten erkannt hat. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Saarbrücken vom 4. September 1998 - in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 13. Januar 1999 - wird hinsichtlich des Feststellungsantrages zurückgewiesen. Im übrigen wird der Rechtsstreit zur weiteren Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer von der Beklagten ausgesprochenen Kündigung eines gewerblichen Mietverhältnisses.
Der Kläger vermietete durch schriftlichen Mietvertrag vom 23. März 1990 an die Beklagte drei Lagerhallen nebst gewerblichen Flächen, Sanitär- und Sozialräumen zu einem monatlichen Mietzins von 19.500 DM zuzüglich Mehrwertsteuer. Nach § 2 Abs. 2 des Mietvertrages war das Mietverhältnis jeweils zum 30. Juni und 31. Dezember eines jeden Jahres unter Einhaltung einer Frist von 12 Monaten kündbar, für beide Parteien jedoch erstmals zum 31. Dezember 1992. Die Parteien vereinbarten in § 2 Abs. 6 des Mietvertrages, daß die Kündigung durch einen eingeschriebenen Brief zu erfolgen habe. Der Mietvertrag enthielt zudem in § 3 Abs. 2 eine Mietanpassungsklausel. Anläßlich der Bestellung eines dinglichen Vorkaufsrechts zugunsten der Beklagten wurde der Mietvertrag vom 23. März 1990 durch den notariellen Vertrag vom 25. Mai 1990 geringfügig modifiziert. Seit September 1991 fanden Verhandlungen der Parteien über die Anpassung des Mietzinses statt. Durch die Zusatzvereinbarung vom 8./18. Februar 1992 wurde der Mietzins für die Zeit ab 1. Oktober 1991 rückwirkend auf monatlich 21.444,68 DM zuzüglich Mehrwertsteuer festgelegt. Der Kläger verlangte ab Januar 1994 einen Nettomietzins in Höhe von 22.997,80 DM und ab Januar 1995 einen solchen in Höhe von 26.605,53 DM jeweils zuzüglich Mehrwertsteuer. Die Beklagte kündigte mit Schreiben vom 22. Juni 1995 das Mietverhältnis zum 30. Juni 1996. Dieses Schreiben übermittelte sie am 29. Juni 1995 dem Kläger per Telefax. In einem Anschreiben zu der Kündigungserklärung wies die Beklagte darauf hin, daß dem Kläger das Original des Kündigungsschreibens am darauffolgenden Tag über Herr Braun zugehen werde. Am 30. Juni 1995 wurde das Kündigungsschreiben gegen 10 Uhr in den Hausbriefkasten des Klägers eingeworfen. Zu diesem Zeitpunkt war der Kläger mit seiner Ehefrau verreist. Mit Schreiben vom 13. Juli 1995 wies der Kläger die Beklagte darauf
hin, daß er bis heute keine vertragsgemäße Kündigung erhalten habe. Durch Schreiben vom 18. Dezember 1995 verlangte der Kläger für den Zeitraum von 1993 bis 1995 rückständige Mietzinsen in Höhe von insgesamt 63.416,52 DM brutto und machte ab Januar 1996 einen monatlichen Mietzins von 27.813,48 DM brutto geltend. Die Beklagte erklärte durch Schreiben vom 19. Dezember 1995 erneut vorsorglich die Kündigung des Mietvertrages zum 31. Dezember 1996. Sie räumte das Mietobjekt zum 30. Juni 1996. Zwischen den Parteien besteht Streit, ob die Mietsache nach ihrer Rückgabe vermietbar war. Der Kläger verlangt mit der Klage Zahlung des Mietzinses für die zweite Jahreshälfte 1996 in Höhe von 166.880,88 DM sowie Zahlung der von ihm für die Jahre 1994, 1995 und die erste Jahreshälfte 1996 geforderten Mieterhöhungen von 70.165,44 DM. Hilfsweise macht er für die zweite Jahreshälfte 1996 einen Schadensersatz wegen entgangenen Gewinns geltend. Im übrigen beantragt er festzustellen, daß das Mietverhältnis aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 19. Dezember 1995 erst zum 31. Dezember 1996 beendet worden ist. Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 41.683,19 DM stattgegeben und im übrigen die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht das Urteil des Landgerichtes abgeändert und die Beklagte verurteilt, weitere 158.900,46 DM zu zahlen. Weiterhin hat es festgestellt, daß das Mietverhältnis erst aufgrund der Kündigung der Beklagten vom 19. Dezember 1995 zum 31. Dezember 1996 beendet wurde. Im übrigen hat es die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten , die der Senat angenommen hat.

Entscheidungsgründe:

Die Revision der Beklagten hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils im Umfang der Anfechtung und hinsichtlich des Feststellungsantrags zur Zurückweisung der Berufung des Klägers. Im übrigen (Ziffer 1.1. des Tenors) führt sie zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Oberlandesgericht.

I.

Das Oberlandesgericht hat ausgeführt, dem Kläger stünden für den Zeitraum vom 1. Juli bis 31. Dezember 1996 rückständige Mietzinsen in Höhe von 158.900,46 DM zu. Der Kläger könne für diesen Zeitraum Mietzinsen geltend machen, da die Kündigung der Beklagten vom 22. Juni 1995 das Mietverhältnis nicht mit Wirkung zum 30. Juni 1996 beendet habe. Die durch das Telefaxschreiben vom 29. Juni 1995 übermittelte Kündigung der Beklagten sei nicht fristgerecht zugegangen. Die Kündigung durch das Telefax habe zwar dem vertraglich festgelegten Formerfordernis genügt, da eine solche Übermittlung zur Wahrung der gewillkürten Schriftform im Sinne von § 127 BGB a.F. ausreiche. Ein Zugang einer Willenserklärung liege aber nur dann vor, wenn sie derart in den Bereich des Empfängers gelangt sei, daß dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit habe, von dem Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. Aus dem Sendeprotokoll ergebe sich zwar, daß das Telefax am 29. Juni 1995 um 10.39 Uhr von dem Empfangsgerät des Klägers ausgedruckt worden sei. Der Kläger habe aber wegen seines Urlaubes erst nach dem 30. Juni 1995 von dem Telefax Kenntnis erlangt.
Ein fristgerechter Zugang der Kündigung sei auch nicht durch den am 30. Juni 1995 getätigten Einwurf des Kündigungsschreibens in den Hausbriefkasten des Klägers erfolgt. Es könne zwar zugunsten der Beklagten unterstellt werden, daß das vereinbarte Kündigungserfordernis per eingeschriebenem Brief keine Formvoraussetzung im Sinne der §§ 125 ff. BGB gewesen sei, sondern lediglich Beweisfunktion gehabt habe. Die Beklagte habe auch bewiesen, daß das Kündigungsschreiben vom 22. Juni 1995 in den Hausbriefkasten des Klägers am 30. Juli 1995 gegen 10 Uhr eingeworfen worden sei. Für den Zugang der Kündigung sei weiterhin unerheblich, daß der Kläger sich am 30. Juni 1995 auf einer Reise befunden habe. Für diesen Fall hätte er hinreichend Vorsorge dafür treffen müssen, daß die Kündigung, mit der er auch gerechnet habe , rechtzeitig ihm übermittelt werde. Die Kündigung habe den Hausbriefkasten des Klägers aber zu einer Tageszeit erreicht, zu der mit ihrer Entnahme nicht mehr zu rechnen gewesen sei. Nach den Auskunftsschreiben der Deutschen Post vom 3. April 2000 und vom 3. Mai 2000 sei zwar die übliche Zustellzeit in der Wohnstraße des Klägers zwischen 9.30 Uhr und 10.30 Uhr gewesen. Der Kläger habe jedoch bewiesen, daß zwischen ihm und dem Postzusteller eine Vereinbarung bestanden habe, nach der seine Post ihm regelmäßig zwischen 8.30 Uhr und 9.00 Uhr zugestellt worden sei. Innerhalb dieses Zeitraumes sei dem Kläger das Kündigungsschreiben nicht zugegangen. Dem Kläger stehe daher für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 1996 ein Anspruch auf Zahlung von rückständigen Mietzinsen in Höhe von 158.900,46 DM zu. Die von dem Kläger verlangte Erhöhung des Mietzinses nach dem Lebenshaltungsindex sei indes nur in Höhe von 1.822,03 DM monatlich gerechtfertigt, woraus sich ein monatlicher Gesamtmietzins von 26.483,41 DM (24.661,38 + 1.822,03 DM) und damit ein Gesamtbetrag von 158.900,46 DM (26.483,41 x 6) errechne.

II.

Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten der rechtlichen Nachprüfung in entscheidenden Punkten nicht stand. 1. Revisionsrechtlich nicht zu beanstanden ist allerdings die Annahme des Berufungsgerichts, daß die in dem Mietvertrag vereinbarte Kündigungsform kein Wirksamkeitserfordernis darstellt. Die in § 2 Abs. 4 des Mietvertrages enthaltene Vertragsklausel beinhaltet die Abrede der Schriftform für die Kündigungserklärung und zusätzlich die Vereinbarung der besonderen Übersendungsart durch einen eingeschriebenen Brief. Bei einer solchen Klausel hat die Schriftform konstitutive Bedeutung im Sinne von § 125 Satz 2 BGB, während die Versendung als Einschreibebrief nur den Zugang der Kündigungserklärung sichern soll. Deswegen ist bei einer solchen Klausel regelmäßig nur die Schriftform als Wirksamkeitserfordernis für die Kündigungserklärung vereinbart, dagegen kann ihr Zugang auch in anderer Weise als durch einen Einschreibebrief wirksam erfolgen (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 1996 - II ZR 65/85 - NJW-RR 1996, 866, 867; BAG, Urteil vom 20. September 1979 - 2 AZR 967/77 - NJW 1980, 1304; OLG Frankfurt, NJW-RR 1999, 955; Grapentin in: Bub/Treier, Handbuch der Geschäfts- und Wohnraummiete, 3. Aufl. Kap. 4 Rdn. 13; MünchKomm/Einsele BGB 4. Aufl. § 130 Rdn. 12). Diesen Anforderungen hat die von der Beklagten ausgesprochene Kündigung genügt, da die Übermittlung einer Willenserklärung durch ein Telefax zur Wahrung der gewillkürten Schriftform - die hier gegeben ist - ausreicht (vgl. BGH, Urteil vom 22. April 1996 aaO 867). Das Berufungsgericht hat in der Vereinbarung der Parteien keine Anhaltspunkte dafür gesehen, daß sie darüber hinaus - abweichend von der genannten Rechtsprechung - hier eine besondere Zugangsart als Wirksamkeitserfordernis der Kündigung vereinbart hätten. Diese Auslegung ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.
2. Mit Erfolg wendet sich die Revision allerdings gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, die Kündigung der Beklagten vom 22. Juni 1995 sei dem Kläger nicht am 29. Juni 1995 durch das Telefax zugegangen.
a) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber in dessen Abwesenheit abzugeben ist, wird in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Zugegangen ist eine Willenserklärung dann, wenn sie so in den Bereich des Empfängers gelangt ist, daß dieser unter normalen Verhältnissen die Möglichkeit hat, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen (vgl. BGH, Urteil vom 26. November 1997 - VIII ZR 22/97 - NJW 1998, 976, 977; BAG, Urteil vom 16. März 1988 - 7 AZR 587/87 - NJW 1989, 606; BGHZ 67, 271, 275; MünchKomm /Einsele aaO § 130 Rdn. 9; Staudinger/Rolfs BGB - Neubearbeitung 2003 - § 542 Rdn. 29). Willenserklärungen, die durch Fernschreiben oder ein Telefax übermittelt werden, gehen grundsätzlich mit Abschluß des Druckvorganges am Empfangsgerät des Adressaten diesem zu (vgl. BGH, Urteil vom 7. Dezember 1994 - VIII ZR 153/93 - NJW 1995, 665, 667; BGHZ 101, 276, 280; MünchKomm/Einsele aaO § 130 Rdn. 20). Allerdings ist der Zugang erst dann vollendet, wenn die Kenntnisnahme durch den Empfänger möglich und nach der Verkehrsanschauung zu erwarten ist. Daher ist auch bei einer Übermittlung per Telefax auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem sich der Empfänger nach den Gepflogenheiten der Verkehrsanschauung Kenntnis vom Inhalt der Willenserklärung verschaffen konnte (vgl. BGHZ 67 aaO 275; OLG Rostock, NJW-RR 1998, 526, 527; Soergel/Hefermehl BGB 13. Aufl. § 130 Rdn. 8, 13 b, 13 c; MünchKomm/Einsele aaO § 130 Rdn. 20).
b) Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist das Telefax am 29. Juni 1995 um 10.39 Uhr von dem Empfangsgerät des Klägers ausgedruckt worden. Für die Wirksamkeit des Zuganges ist es unbeachtlich , daß der Kläger im Zeitpunkt des Ausdruckes wegen seines Urlaubes
nicht anwesend war. Das Berufungsgericht hat verkannt, daß die objektive Möglichkeit zur Kenntniserlangung im abstrakten Sinn zu verstehen ist und daher für den Zugang der Kündigung eine tatsächliche Kenntnisnahme des Klägers nicht erforderlich war. Es genügt, daß die Willenserklärung in den Bereich des Empfängers gelangt ist und zwar so, daß sie üblicherweise - nicht zufällig - alsbald wahrgenommen werden kann (vgl. BGH, Urteil vom 26. Januar 1997 aaO 977; Soergel/Hefermehl aaO § 130 Rdn. 8). Hierbei hat der Empfänger die Risiken seines räumlichen Machtbereiches zu tragen. Führen diese dazu, daß der Empfänger vom Inhalt der Willenserklärung entweder verspätet oder gar nicht Kenntnis nimmt, sind diese dem Empfänger zuzurechnen, wenn die Erklärung in seinen räumlichen Machtbereich gelangt ist. Daher geht eine Willenserklärung auch dann zu, wenn der Empfänger durch Krankheit oder - wie hier - durch Urlaub daran gehindert ist, von dem Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen. In diesem Fall trifft den Empfänger die Obliegenheit, die nötigen Vorkehrungen zu treffen. Unterläßt er dies, so wird der Zugang durch solche - allein in der Person des Empfängers liegenden - Gründe nicht ausgeschlossen (vgl. BAG, Urteil vom 16. März 1988 aaO 607; MünchKomm/Einsele aaO § 130 Rdn. 35; Soergel/Hefermehl aaO § 130 Rdn. 11).
c) Ohne Erfolg beanstandet die Revisionserwiderung mit der Gegenrüge, daß es sich bei dem Telefaxschreiben lediglich um eine Ankündigung der Kündigungserklärung gehandelt habe. Ausweislich des der Kündigungserklärung vorangestellten Anschreibens hat die Beklagte mit dem Telefax die Kündigung ausdrücklich erklärt. Lediglich das Original des Schreibens sollte nach dem Inhalt des Anschreibens am nächsten Tag dem Kläger persönlich übergeben werden. Mit der Nachsendung des Originals wollte die Beklagte den bekannten Unsicherheiten der fernmeldetechnischen Übermittlung Rechnung tragen. Die Übergabe des Originals der Kündigung und die darin enthaltene Empfangsbe-
stätigung hatten daher lediglich Beweisfunktion, während durch das Telefaxschreiben die Rechtzeitigkeit der Kündigungserklärung gewahrt werden sollte. 3. Es kommt folglich nicht mehr darauf an, ob die Kündigung durch den Einwurf des Kündigungsschreibens in den Hausbriefkasten dem Kläger fristgerecht zugegangen ist. Insoweit kann aber nicht dem Oberlandesgericht gefolgt werden, daß es für den Zugang der Kündigung auf die mit dem Postzusteller individuell vereinbarte Abrede ankommt, nach der die Post dem Kläger üblicherweise zwischen 8.30 Uhr und 9.00 Uhr zugestellt werden sollte. Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts ist die Kündigungserklärung am 30. Juni 1995 um 10 Uhr in dem Briefkasten des Klägers geworfen worden. Der Zugang der Kündigung ist an dem Tag bewirkt worden, an dem nach der Verkehrsanschauung mit der Leerung des Briefkastens noch gerechnet werden konnte. Erreicht eine Willenserklärung den Briefkasten des Empfängers zu einer Tageszeit, zu der nach den Gepflogenheiten des Verkehrs eine Entnahme durch den Adressaten nicht mehr erwartet werden kann, so ist sie an diesem Tag nicht mehr zugegangen (vgl. BayVerfGH, NJW 1993, 517, 519). Dabei ist nicht auf die individuellen Verhältnisse des Empfängers, sondern im Interesse der Rechtssicherheit auf die Verkehrsanschauung abzustellen (vgl. Palandt/Heinrichs BGB 63. Aufl. § 130 Rdn. 6). Da Postsendungen - nach den Auskünften der Post AG - in der von dem Kläger bewohnten Straße üblicherweise in der Zeit von 8.30 Uhr bis 10.30 Uhr zugestellt werden, war nach der objektiven Verkehrsanschauung mit der Leerung des Briefkastens um 10.00 Uhr noch zu rechnen. 4. Das BG hat von seinem rechtlichen Standpunkt aus folgerichtig keine Feststellungen darüber erhoben, ob die Klageforderung unter dem Gesichtpunkt des hilfsweise geltend gemachten Schadensersatzanspruches begründet ist. Die Revisionserwiderung hat mit der in der mündlichen Verhandlung erho-
benen Gegenrüge zu Recht beanstandet, daß hinsichtlich des Bestehens eines Schadensersatzes wegen entgangenen Gewinns weitere Feststellungen notwendig sind, die der Senat nicht treffen kann. Die Sache war daher zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Hahne Sprick Fuchs Ahlt Dose

Tenor

1. Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamburg vom 13. Februar 2014 - 8 Sa 68/13 - aufgehoben.

2. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten des Revisionsverfahrens - an das Landesarbeitsgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung.

2

Die Klägerin war bei der Schuldnerin seit März 2011 als Altenpflegerin beschäftigt. Am 22. Oktober 2012 fand im Büro der Gesellschafterinnen der Schuldnerin ein Gespräch mit der Klägerin statt. Die ebenfalls anwesende vormalige Prozessbevollmächtigte der Schuldnerin erklärte der Klägerin, sie werde eine betriebsbedingte Kündigung erhalten. Die Klägerin gab an, damit nicht einverstanden zu sein. Der weitere Inhalt der Besprechung war zwischen den Parteien streitig.

3

Am Vormittag des 24. Oktober 2012 fand die Klägerin ein Schreiben der Schuldnerin vom 22. Oktober 2012 in ihrem Hausbriefkasten vor, mit welchem diese das Arbeitsverhältnis der Parteien zum 30. November 2012 kündigte.

4

Die Klägerin hat gegen die Kündigung die vorliegende Klage erhoben. Sie ist am 14. November 2012 beim Arbeitsgericht eingegangen. Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die Kündigung sei sozial ungerechtfertigt. Sie hat behauptet, für den Betrieb der Schuldnerin komme das Kündigungsschutzgesetz zur Anwendung. Sie habe nicht damit gerechnet, dass sie im Rahmen der Besprechung am 22. Oktober 2012 eine Kündigung erhalten würde.

5

Die Klägerin hat beantragt

        

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 22. Oktober 2012 nicht aufgelöst worden ist, sondern unverändert fortbesteht.

6

Die Schuldnerin hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat gemeint, die Klägerin habe die Klagefrist nicht gewahrt. Zudem finde das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis der Parteien keine Anwendung. Die Schuldnerin hat behauptet, ihre vormalige Prozessbevollmächtigte habe der Klägerin bereits während des Gesprächs am 22. Oktober 2012 die schriftliche Kündigungserklärung „hingehalten“. Die Klägerin habe sich geweigert, diese entgegenzunehmen, und habe das Büro verlassen, ohne das Kündigungsschreiben mitzunehmen. Am Nachmittag desselben Tages hätten ihr Pflegedienstleiter und ein Auszubildender die Klägerin unter ihrer Wohnanschrift aufgesucht. Diese habe die Haustür zunächst nicht geöffnet. Schließlich sei sie den beiden Mitarbeitern in Dienstkleidung entgegengekommen. Auf deren Hinweis, sie wollten ihr einen Brief übergeben, habe sie erklärt, keine Zeit zu haben, und habe das Haus verlassen. Die Mitarbeiter hätten das Kündigungsschreiben daraufhin in den Hausbriefkasten der Klägerin eingeworfen.

7

Die Klägerin hat erwidert, die beiden Mitarbeiter hätten sie nicht am 22. Oktober 2012, sondern erst am Nachmittag des 23. Oktober 2012 aufgesucht. Sie hätten lediglich erklärt, sie sprechen zu wollen. Von einem Brief sei nicht die Rede gewesen. Sie sei in Eile gewesen, weil sie um 17:00 Uhr einen Termin bei ihrem Prozessbevollmächtigten gehabt habe.

8

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat ihr stattgegeben. Über das Vermögen der Schuldnerin wurde am 1. Mai 2014 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte als Insolvenzverwalter bestellt. Mit seiner Revision begehrt dieser die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung.

9

Für die Klägerin ist zur mündlichen Verhandlung vor dem Bundesarbeitsgericht niemand erschienen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Revision hat Erfolg. Mit der gegebenen Begründung durfte das Landesarbeitsgericht der Klage nicht stattgeben. Die (Un-)Wirksamkeit der Kündigung vom 22. Oktober 2012 steht noch nicht fest.

11

A. Die Revision ist zulässig. Sie ist fristgerecht eingelegt und begründet worden.

12

I. Nach § 74 Abs. 1 Satz 1 ArbGG beträgt die Frist für die Einlegung der Revision einen, die Frist für ihre Begründung zwei Monate. Beide Fristen beginnen gemäß § 74 Abs. 1 Satz 2 ArbGG mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung.

13

II. Der Beklagte hat mit einem am 14. Juli 2014 eingegangenen Schriftsatz Revision eingelegt. Eine wirksame Zustellung des Berufungsurteils war zuvor nicht erfolgt. Seit Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin am 1. Mai 2014 war das Verfahren gemäß § 240 Satz 1 ZPO unterbrochen. Zustellungen nach Eintritt der Unterbrechung sind gegenüber den Parteien unwirksam (vgl. BGH 29. März 1990 - III ZB 39/89 - BGHZ 111, 104). Sie sind nicht geeignet, Rechtsmittelfristen in Gang zu setzen. Diese beginnen vor Aufnahme des Rechtsstreits nach § 249 Abs. 1, § 250 ZPO nicht zu laufen(vgl. Zöller/Greger ZPO 30. Aufl. § 249 Rn. 2). Eine Aufnahme ist hier durch den Beklagten - konkludent - erst mit Einlegung der Revision erklärt worden (zu dieser Möglichkeit vgl. BGH 29. März 1990 - III ZB 39/89 - aaO). Zu diesem Zeitpunkt war eine Zustellung des Urteils an den Beklagten zwar noch nicht erfolgt. Die Revision kann jedoch nach Verkündung des Berufungsurteils auch schon vor dessen Zustellung eingelegt werden (BAG 6. November 2003 - 2 AZR 631/02 - zu B I der Gründe).

14

III. Die Frist zur Begründung der Revision begann keinesfalls vor der Aufnahme des Rechtsstreits. Diese erfolgte durch Zustellung der Revisionsschrift am 22. Juli 2014. Nachdem die Frist auf Antrag des Beklagten bis zum 22. Oktober 2014 „verlängert“ worden war, wurde die Revision mit einem an diesem Tag eingegangenen Schriftsatz begründet. Auch dies ist bereits vor Zustellung des Berufungsurteils möglich (BAG 6. März 2003 - 2 AZR 596/02 - zu II 1 b der Gründe, BAGE 105, 200). Es bedarf daher keiner Entscheidung, ob die am 15. Juli 2014 - nach Einlegung der Revision, aber vor deren Zustellung - erfolgte Urteilszustellung an den Prozessbevollmächtigten des Beklagten wirksam war.

15

B. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung an das Landesarbeitsgericht.

16

I. Eine Kündigungsschutzklage ist unbegründet, wenn sie verspätet erhoben wurde. Die bisherigen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts rechtfertigen nicht die Annahme, die Klägerin habe rechtzeitig innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG Klage gegen die Kündigung vom 22. Oktober 2012 eingereicht.

17

1. Will ein Arbeitnehmer geltend machen, eine schriftliche Kündigung sei sozial ungerechtfertigt oder aus anderen Gründen rechtsunwirksam, muss er gemäß § 4 Satz 1 KSchG innerhalb von drei Wochen nach ihrem Zugang Klage auf die Feststellung erheben, dass das Arbeitsverhältnis durch sie nicht aufgelöst worden ist. Wird die Unwirksamkeit der Kündigung nicht rechtzeitig geltend gemacht, gilt diese gemäß § 7 KSchG als von Anfang an rechtswirksam. Eine verspätet erhobene Kündigungsschutzklage ist als unbegründet abzuweisen (BAG 18. Dezember 2014 - 2 AZR 163/14 - Rn. 16; 26. September 2013 - 2 AZR 682/12 - Rn. 26, BAGE 146, 161).

18

2. Die Kündigungsschutzklage ist am Mittwoch, dem 14. November 2012 beim Arbeitsgericht eingegangen. Selbst unterstellt, sie sei der Schuldnerin alsbald iSv. § 167 ZPO zugestellt worden, ist gemäß § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 BGB die Drei-Wochen-Frist des § 4 Satz 1 KSchG nur dann gewahrt, wenn die Kündigung der Klägerin nicht bereits vor Mittwoch, dem 24. Oktober 2012 zugegangen ist. Die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, dies sei nicht der Fall, wird von seinen Feststellungen nicht getragen.

19

a) Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen ist nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin einen Zugang des Kündigungsschreibens bereits am Vormittag des 22. Oktober 2012 gegen sich gelten lassen muss.

20

aa) Eine verkörperte Willenserklärung geht unter Anwesenden zu - und wird damit entsprechend § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB wirksam -, wenn sie durch Übergabe in den Herrschaftsbereich des Empfängers gelangt(st. Rspr., zuletzt BAG 4. November 2004 - 2 AZR 17/04 - zu B I 2 a der Gründe mwN). Es kommt nicht darauf an, ob der Empfänger die Verfügungsgewalt über das Schriftstück dauerhaft erlangt (BAG 4. November 2004 - 2 AZR 17/04 - zu B I 2 b der Gründe; 7. Januar 2004 - 2 AZR 388/03 -). Es genügt die Aushändigung und Übergabe, so dass er in der Lage ist, vom Inhalt der Erklärung Kenntnis zu nehmen (BAG 4. November 2004 - 2 AZR 17/04 - zu B I 2 c der Gründe mwN). Das Schreiben muss so in seine tatsächliche Verfügungsgewalt gelangen, dass für ihn die Möglichkeit der Kenntnisnahme besteht (für einen Zugang unter Abwesenden vgl. BAG 11. November 1992 - 2 AZR 328/92 - zu III 1 der Gründe). Der Zugang einer verkörperten Willenserklärung unter Anwesenden ist daher auch dann bewirkt, wenn das Schriftstück dem Empfänger mit der für ihn erkennbaren Absicht, es ihm zu übergeben, angereicht und, falls er die Entgegennahme ablehnt, so in seiner unmittelbaren Nähe abgelegt wird, dass er es ohne Weiteres an sich nehmen und von seinem Inhalt Kenntnis nehmen kann. Es geht dagegen nicht zu, wenn es dem Empfänger zum Zwecke der Übergabe zwar angereicht, aber von dem Erklärenden oder Überbringer wieder an sich genommen wird, weil der Empfänger die Annahme abgelehnt hat. In diesem Fall ist das Schreiben zu keinem Zeitpunkt in dessen tatsächliche Verfügungsgewalt gelangt.

21

bb) Verhindert der Empfänger durch eigenes Verhalten den Zugang einer Willenserklärung, muss er sich so behandeln lassen, als sei ihm die Erklärung bereits zum Zeitpunkt des Übermittlungsversuchs zugegangen. Nach Treu und Glauben ist es ihm verwehrt, sich auf den späteren tatsächlichen Zugang zu berufen, wenn er selbst für die Verspätung die alleinige Ursache gesetzt hat (BAG 18. Februar 1977 - 2 AZR 770/75 - zu A II 3 d der Gründe; vgl. auch BGH 13. Juni 1952 - I ZR 158/51 -). Sein Verhalten muss sich als Verstoß gegen bestehende Pflichten zu Sorgfalt oder Rücksichtnahme darstellen (vgl. BAG 22. September 2005 - 2 AZR 366/04 - zu II 2 a der Gründe). Lehnt der Empfänger grundlos die Entgegennahme eines Schreibens ab, muss er sich nach § 242 BGB jedenfalls dann so behandeln lassen, als sei es ihm im Zeitpunkt der Ablehnung zugegangen, wenn er im Rahmen vertraglicher Beziehungen mit der Abgabe rechtserheblicher Erklärungen durch den Absender rechnen musste(BAG 11. November 1992 - 2 AZR 328/92 - zu III 4 der Gründe; 27. Juni 1985 - 2 AZR 425/84 - zu II 2 b der Gründe; BGH 26. November 1997 - VIII ZR 22/97 - zu II 2 a der Gründe, BGHZ 137, 205; 27. Oktober 1982 - V ZR 24/82 - zu B der Gründe mwN). Voraussetzung dafür, dass der Adressat eine Erklärung als früher zugegangen gegen sich gelten lassen muss, ist es, dass der Erklärende seinerseits alles Zumutbare dafür getan hat, dass seine Erklärung den Adressaten erreicht (BAG 22. September 2005 - 2 AZR 366/04 - zu II 2 a der Gründe; 27. Juni 1985 - 2 AZR 425/84 - zu II 2 b der Gründe).

22

cc) Danach ist es auf der Basis der bisherigen Feststellungen nicht ausgeschlossen, dass der Klägerin die Kündigung vom 22. Oktober 2012 bereits am Vormittag desselben Tages tatsächlich zugegangen ist oder sie sich doch nach Treu und Glauben so behandeln lassen muss, als sei zu diesem Zeitpunkt der Zugang erfolgt.

23

(1) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, selbst wenn man den Sachvortrag der Schuldnerin als wahr unterstelle, genüge ihre Behauptung, die Klägerin habe das Kündigungsschreiben nicht entgegengenommen, nicht, um eine Zugangsvereitelung darzulegen. Die Klägerin habe nicht damit rechnen müssen, dass ihr schon bei der ersten Besprechung nach dem Ende des vorangegangenen Rechtsstreits eine weitere Kündigung übergeben werde. Die Reaktion der Klägerin sei als der laienhafte Versuch zu bewerten, sich gegen die Kündigung zu wehren. Eine treuwidrige Zugangsvereitelung liege auch deshalb nicht vor, weil es für die Schuldnerin unschwer möglich gewesen sei, den Zugang der Kündigung auf anderem Wege zeitnah zu bewirken. Die Klägerin habe keine Maßnahmen ergriffen, um etwa den Zugang eines Briefes an ihrer Hausanschrift zu verhindern.

24

(2) Diese Würdigung hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Landesarbeitsgericht hat nicht geprüft, ob das Kündigungsschreiben der Klägerin nicht womöglich schon während des Gesprächs am Vormittag des 22. Oktober 2012 zugegangen ist. Das ist nach dem Vorbringen der Schuldnerin nicht ausgeschlossen. Dieses Vorbringen als wahr unterstellt, hat das Berufungsgericht zudem eine treuwidrige Zugangsverzögerung durch das Verhalten der Klägerin zu Unrecht verneint.

25

(a) Nach dem Vortrag der Schuldnerin kann das Kündigungsschreiben der Klägerin bereits während des Gesprächs am Vormittag des 22. Oktober 2012 im Rechtssinne zugegangen sein. Zwar hat die Schuldnerin nicht behauptet, es sei der Klägerin bei dieser Gelegenheit so übergeben worden, dass sie es zumindest kurz in Händen gehalten habe. Auch hat die Schuldnerin nicht eindeutig vorgetragen, der Klägerin sei das Kündigungsschreiben mit dem erkennbaren Ziel, es ihr auszuhändigen, angereicht und anschließend vor ihr auf den Tisch gelegt worden. Die Formulierung, das Schreiben sei der Klägerin „hingehalten“ worden, lässt darauf nicht zweifelsfrei schließen. Sie kann ebenso gut bedeuten, das Schriftstück sei der Klägerin gezeigt worden. Es bleibt zudem unklar, was genau anschließend mit dem Schreiben geschehen ist. Umgekehrt ist nicht ausgeschlossen, dass die Schuldnerin ihr Vorbringen in der Weise verstanden wissen will, das Kündigungsschreiben sei der Klägerin sehr wohl zum Zwecke der Übergabe gereicht worden und diese habe bereits tatsächliche Verfügungsgewalt besessen, als sie das Büro verlassen habe. So hat sie im Schriftsatz vom 31. Mai 2013 ausgeführt, die Klägerin habe das Kündigungsschreiben „nicht mitgenommen“, was bedeuten kann, dass sie bereits darüber habe verfügen können. Dafür sprechen auch die mit der Berufungserwiderung vorgelegten Aktennotizen, in denen festgehalten ist „[Die Klägerin] ist aufgestanden und schnell rausgegangen ohne die Kündigung mitzunehmen, Kündigung wurde überreicht“ bzw. „Kündigung überreicht & [die Klägerin] lässt diese liegen & verlässt den Raum“.

26

(b) Ist das Vorbringen der Schuldnerin dagegen so zu verstehen, dass die Klägerin das Büro zu einem Zeitpunkt verlassen habe, als ihr das Kündigungsschreiben noch erfolglos „hingehalten“ worden sei, wäre es ihr zwar noch nicht zugegangen, in ihrem Verhalten könnte aber eine treuwidrige Zugangsverzögerung liegen. Sie müsste dann die Kündigung ebenfalls als am 22. Oktober 2012 zugegangen gegen sich gelten lassen.

27

(aa) Voraussetzung dafür ist, dass die Schuldnerin mit der Behauptung, das Schreiben sei der Klägerin „hingehalten“ worden, nicht nur vortragen will, man habe es ihr gezeigt - etwa um die Ankündigung zu unterstreichen, sie werde demnächst eine weitere Kündigung erhalten -, sondern behaupten will, es sei ihr zu dem erkennbaren Zwecke der Übergabe angereicht worden. Anderenfalls hätte sich die Klägerin nicht veranlasst sehen müssen, es entgegenzunehmen. Damit wiederum schiede auch eine treuwidrige Annahmeverweigerung grundsätzlich aus.

28

(bb) Geht der Vortrag der Schuldnerin dahin, der Klägerin sei das Kündigungsschreiben zum Zwecke der Übergabe angereicht worden, läge in dem Verhalten der Klägerin eine treuwidrige Zugangsverzögerung, es sei denn, diese hätte den Umständen nach annehmen dürfen, die für die Schuldnerin handelnden Personen akzeptierten ihre Weigerung, das Kündigungsschreiben entgegenzunehmen.

29

(cc) Einer Zugangsvereitelung stünde nicht entgegen, dass der Klägerin das Kündigungsschreiben zeitnah auch an ihrer Wohnanschrift hätte zugestellt werden können. An der Vereitelung eines Zugangs während der Besprechung am 22. Oktober 2012 änderte sich dadurch nichts. Es kommt allein darauf an, ob die Klägerin nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte verpflichtet war, unter den gegebenen Umständen ein Kündigungsschreiben entgegenzunehmen, welches ihr eine Vertreterin der Arbeitgeberin zum Zwecke der Übergabe reichte. Dies ist zu bejahen. Ein Arbeitnehmer muss regelmäßig damit rechnen, dass ihm anlässlich einer im Betrieb stattfindenden Besprechung mit dem Arbeitgeber rechtserhebliche Erklärungen betreffend sein Arbeitsverhältnis übermittelt werden. Der Betrieb ist typischerweise der Ort, an dem das Arbeitsverhältnis berührende Fragen besprochen und geregelt werden (BAG 27. November 2003 - 2 AZR 135/03 - zu B II 3 b cc (3) iVm. B II 3 b der Gründe, BAGE 109, 22). Ob tatsächlich mit einer Kündigung zu rechnen war, ist nicht entscheidend. Hier war der Klägerin nach dem Vorbringen der Schuldnerin aber sogar unmittelbar vor dem behaupteten Übergabeversuch ausdrücklich angekündigt worden, sie solle eine Kündigung erhalten. Ein berechtigter Grund, die Annahme des Schriftstücks in dieser Situation zu verweigern, ist weder vorgetragen noch objektiv ersichtlich. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts ist es unerheblich, ob sich die Klägerin laienhaft gegen die Kündigung hat wehren wollen. Gerade darin läge eine ungerechtfertigte Annahmeverweigerung. Auf ein Verschulden des Adressaten kommt es nicht an (BAG 18. Februar 1977 - 2 AZR 770/75 - zu A II 3 d der Gründe; vgl. auch BGH 13. Juni 1952 - I ZR 158/51 -). Von Bedeutung ist allein, ob objektiv ein Verstoß gegen Treu und Glauben gegeben ist. Das ist hier nach dem Vorbringen der Schuldnerin nicht auszuschließen. Ein Arbeitgeber darf darauf vertrauen, einem Arbeitnehmer während einer Besprechung im Betrieb eine schriftliche Willenserklärung in Bezug auf das Arbeitsverhältnis übermitteln zu können. Die Pflicht zur Rücksichtnahme auf Seiten des Arbeitnehmers als Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis gemäß § 241 Abs. 2 BGB gebietet es, die Entgegennahme nicht grundlos zu verweigern. Dies gilt schon deshalb, weil es dem Arbeitgeber auf einen Zugang zu diesem Zeitpunkt ankommen kann. Ob die auszuhändigende Erklärung tatsächlich fristgebunden und dem Arbeitnehmer dies bewusst ist, ist nicht ausschlaggebend. Dies steht nicht im Widerspruch zur Entscheidung des Senats vom 7. November 2002 (- 2 AZR 475/01 - BAGE 103, 277). Zwar sollte in dem ihr zugrunde liegenden Fall erkennbar eine Kündigung zugestellt werden, die eine Frist wahren musste. Das bedeutet aber nicht, eine treuwidrige Zugangsvereitelung komme nur unter dieser Voraussetzung in Betracht.

30

(c) Nach dem Vorbringen der Schuldnerin ist nicht ausgeschlossen, dass sie alles Zumutbare dafür getan hatte, dass der Klägerin das Kündigungsschreiben noch während des Gesprächs am 22. Oktober 2012 zugehen konnte. Voraussetzung ist, dass ihr Vorbringen dahingehend zu verstehen ist, ihre Vertreterin habe das Kündigungsschreiben zur Übergabe parat gehalten und versucht, es der Klägerin auszuhändigen, diese habe die Entgegennahme jedoch verweigert und das Büro verlassen. Die Klägerin hätte dann die persönliche Übergabe im Betrieb grundlos vereitelt. Die spätere Zustellung an ihrer Wohnanschrift wäre allein durch ihr Verhalten erforderlich geworden.

31

(d) Eine treuwidrige Zugangsvereitelung wäre nicht deshalb zu verneinen, weil das fragliche Verhalten der Klägerin nicht über einen gewissen Zeitraum andauerte. Die vom Landesarbeitsgericht herangezogene Entscheidung des Senats vom 22. September 2005 (- 2 AZR 366/04 -) betraf eine andere Konstellation. Der Arbeitnehmer hatte dem Arbeitgeber seine gültige Wohnanschrift nicht mitgeteilt. Darin liegt ein anderer Pflichtenverstoß als in der Weigerung, ein Kündigungsschreiben im Betrieb persönlich entgegenzunehmen.

32

b) Nach den bisherigen Feststellungen ist ferner nicht ausgeschlossen, dass die Klägerin einen Zugang des Kündigungsschreibens jedenfalls am Nachmittag des 22. oder 23. Oktober 2012 gegen sich gelten lassen muss.

33

aa) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, das Verhalten der Klägerin am Nachmittag des 23. Oktober 2012 stelle keine Zugangsvereitelung dar. Selbst wenn man zugunsten der Schuldnerin unterstelle, ihre Boten hätten der Klägerin mitgeteilt, sie wollten ihr eine Kündigung übergeben, sei diese nicht verpflichtet gewesen, das Schriftstück sogleich zur Kenntnis zu nehmen. Sie sei auf dem Weg zu einem Anwaltstermin gewesen. Im Übrigen sei ein Arbeitnehmer außerhalb seiner Arbeitszeit nicht verpflichtet, zu jeder Minute für die Entgegennahme von Erklärungen des Arbeitgebers zur Verfügung zu stehen.

34

bb) Auch diese Würdigung des Landesarbeitsgerichts ist nicht ohne Rechtsfehler.

35

(1) Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Mitarbeiter der Schuldnerin hätten die Hausanschrift der Klägerin am 23. Oktober 2012 aufgesucht. Demgegenüber hatte die Schuldnerin behauptet, dies und der anschließende Einwurf des Kündigungsschreibens in den Hausbriefkasten der Klägerin hätten sich bereits am Nachmittag des 22. Oktober 2012 ereignet. Zwar hat sie im Berufungsverfahren gemeint, soweit in der Urteilsbegründung des Arbeitsgerichts vom 22. Oktober 2012 die Rede sei, müsse es sich um einen Schreibfehler handeln. Dies lässt aber nicht zweifelsfrei den Schluss zu, sie habe ihr tatsächliches Vorbringen entsprechend korrigieren wollen. Ebenso gut kann es sich um eine ihrem eigenen Tatsachenvortrag widersprechende irrtümliche Äußerung einer Rechtsansicht gehandelt haben. Dies konnte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht geklärt werden. Wäre das Kündigungsschreiben bereits am Nachmitttag des 22. Oktober 2012 in den Hausbriefkasten der Klägerin eingeworfen worden, wäre es ihr - unabhängig davon, ob noch an diesem Tag mit seiner Kenntnisnahme zu rechnen war - spätestens am 23. Oktober 2012 im Rechtssinne zugegangen.

36

(2) Selbst wenn die Boten die Hausanschrift der Klägerin - wie von dieser behauptet - erst am Nachmittag des 23. Oktober 2012 aufgesucht haben sollten, wäre ihr die Kündigung nach dem Vorbringen der Schuldnerin noch an diesem Tag iSd. § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB zugegangen.

37

(a) Eine verkörperte Willenserklärung geht unter Abwesenden iSv. § 130 Abs. 1 Satz 1 BGB zu, sobald sie in verkehrsüblicher Weise in die tatsächliche Verfügungsgewalt des Empfängers gelangt ist und für diesen unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit besteht, von ihr Kenntnis zu nehmen(BAG 22. März 2012 - 2 AZR 224/11 - Rn. 21; 11. November 1992 - 2 AZR 328/92 -  zu III 1 der Gründe; 16. März 1988 - 7 AZR 587/87 - zu I 1 der Gründe, BAGE 58, 9; BGH 11. April 2002 - I ZR 306/99 - zu II der Gründe). Zum Bereich des Empfängers gehören von ihm vorgehaltene Empfangseinrichtungen wie ein Briefkasten (BAG 22. März 2012 - 2 AZR 224/11 - Rn. 21; Palandt/Ellenberger 74. Aufl. § 130 BGB Rn. 5). Ob die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestand, ist nach den „gewöhnlichen Verhältnissen“ und den „Gepflogenheiten des Verkehrs“ zu beurteilen (BAG 22. März 2012 - 2 AZR 224/11 - Rn. 21; 8. Dezember 1983 - 2 AZR 337/82 - zu B II 2 a der Gründe; BGH 3. November 1976 - VIII ZR 140/75 - zu 2 b aa der Gründe, BGHZ 67, 271; Palandt/Ellenberger § 130 BGB Rn. 5; Staudinger/Dilcher BGB § 130 Rn. 21). So bewirkt der Einwurf in einen Briefkasten den Zugang, sobald nach der Verkehrsanschauung mit der nächsten Entnahme zu rechnen ist (BAG 22. März 2012 - 2 AZR 224/11 - Rn. 21; vgl. auch 8. Dezember 1983 - 2 AZR 337/82 - zu B II 2 a der Gründe; Palandt/Ellenberger § 130 BGB Rn. 6; Reichold in jurisPK-BGB 5. Aufl. § 130 Rn. 12). Dabei ist nicht auf die individuellen Verhältnisse des Empfängers abzustellen. Im Interesse der Rechtssicherheit ist vielmehr eine generalisierende Betrachtung geboten (BAG 22. März 2012 - 2 AZR 224/11 - Rn. 21; vgl. auch BGH 21. Januar 2004 - XII ZR 214/00 - zu II 2 b der Gründe; Palandt/Ellenberger § 130 BGB Rn. 6). Wenn für den Empfänger unter gewöhnlichen Verhältnissen die Möglichkeit der Kenntnisnahme bestand, ist es unerheblich, ob er daran durch Krankheit, zeitweilige Abwesenheit oder andere besondere Umstände einige Zeit gehindert war (BAG 22. März 2012 - 2 AZR 224/11 - Rn. 22; 11. November 1992 - 2 AZR 328/92 - zu III 1 der Gründe; 16. März 1988 - 7 AZR 587/87 - zu I 1 der Gründe, aaO; BGH 21. Januar 2004 - XII ZR 214/00 - zu II 2 b der Gründe). Den Empfänger trifft die Obliegenheit, die nötigen Vorkehrungen für eine tatsächliche Kenntnisnahme zu treffen. Unterlässt er dies, so wird der Zugang durch solche - allein in seiner Person liegenden - Gründe nicht ausgeschlossen (BAG 22. März 2012 - 2 AZR 224/11 - Rn. 22; BGH 21. Januar 2004 - XII ZR 214/00 - zu II 2 b der Gründe).

38

(b) Danach ist das Kündigungsschreiben der Klägerin - das Vorbringen der Schuldnerin zum Verlauf der Zustellung an der Hausanschrift als wahr unterstellt - noch am 23. Oktober 2012 zugegangen, selbst wenn es erst an diesem Nachmittag in den Hausbriefkasten eingeworfen wurde. Zwar folgt dies nicht daraus, dass die Klägerin den Zugang - erneut - verzögert hätte. Die Schuldnerin hat nicht behauptet, der Klägerin sei das Kündigungsschreiben von ihren Mitarbeitern zum Zwecke der Übergabe angereicht worden. Eine treuwidrige Annahmeverweigerung ist damit nicht ersichtlich. Es kann deshalb dahinstehen, ob ein Arbeitnehmer außerhalb seiner Arbeitszeit für die Entgegennahme von Erklärungen des Arbeitgebers jederzeit zur Verfügung zu stehen hat. Die Schuldnerin hat aber vorgetragen, ihre Boten hätten die Klägerin darauf hingewiesen, dass sie ihr einen Brief übergeben wollten. Die Klägerin habe daraufhin erklärt, keine Zeit zu haben. Sollte dies zutreffen, wäre das Kündigungsschreiben der Klägerin noch an diesem Tag zugegangen. Die Klägerin musste nach dem betreffenden Hinweis davon ausgehen, dass die Boten das Kündigungsschreiben in den Hausbriefkasten einwürfen und es damit in ihren Herrschaftsbereich gelangt wäre. Unter gewöhnlichen Verhältnissen bestand damit für sie die Möglichkeit, von dem Schreiben noch an diesem Tag Kenntnis zu nehmen. Anders als dann, wenn ein Brief ohne Wissen des Adressaten erst nach den üblichen Postzustellzeiten in dessen Hausbriefkasten eingeworfen wird, ist mit der Kenntnisnahme eines Schreibens, von dem der Adressat weiß oder annehmen muss, dass es gegen 17:00 Uhr eingeworfen wurde, unter gewöhnlichen Verhältnissen noch am selben Tag zu rechnen. Ob die Klägerin dazu angesichts ihrer Termine tatsächlich in der Lage war, ist nicht entscheidend. Ebenso wenig kommt es darauf an, ob die Schuldnerin Kenntnis von diesen Terminen hatte, ob ihr die Kenntnis ihrer Mitarbeiter zuzurechnen wäre oder ob die Klägerin ihr gegenüber verpflichtet war, das Schreiben sogleich zur Kenntnis zu nehmen.

39

II. Ob die Kündigung vom 22. Oktober 2012 das Arbeitsverhältnis aufgelöst hat, steht noch nicht fest. Zur Klärung war die Sache an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen.

40

1. Bei der neuen Verhandlung wird das Landesarbeitsgericht, gegebenenfalls nach Erhebung der angebotenen Beweise, die notwendigen Feststellungen zu treffen haben. Dem Beklagten wird Gelegenheit zu geben sein, das Vorbringen der Schuldnerin zum konkreten Verlauf eines möglichen Versuchs der Übergabe eines Kündigungsschreibens und einer Verweigerung von dessen Annahme durch die Klägerin am Vormittag des 22. Oktober 2012 sowie zum Datum der Zustellung des Kündigungsschreibens an der Hausanschrift der Klägerin klarzustellen.

41

2. Sollte ein Zugang oder eine treuwidrige Zugangsvereitelung am Vormittag des 22. Oktober 2012 nachgewiesen werden oder sollte sich das Vorbringen der Schuldnerin als wahr erweisen, das Kündigungsschreiben sei am Nachmittag des 22. Oktober 2012 oder am 23. Oktober 2012 nach vorheriger Ankündigung, es solle ein Brief übergeben werden, eingeworfen worden, gälte die Kündigung gemäß § 7 KSchG von Anfang an als rechtswirksam. Die Klägerin hätte ihre Unwirksamkeit nicht innerhalb der Frist des § 4 Satz 1 KSchG gerichtlich geltend gemacht.

42

3. Sollten sich die Behauptungen der Schuldnerin zur Besprechung am 22. Oktober 2012 und zum Einwurf des Kündigungsschreibens in den Briefkasten der Klägerin nicht als zutreffend erweisen, wäre die Klage rechtzeitig innerhalb der Frist des § 4 KSchG erhoben. In diesem Fall ist die Würdigung des Landesarbeitsgerichts, die Kündigung sei iSv. § 1 Abs. 2 KSchG nicht sozial gerechtfertigt, nicht zu beanstanden. Der Beklagte erhebt insoweit auch keine Einwände.

Rechtsbehelfsbelehrung

43

Gegen dieses Versäumnisurteil kann die Klägerin innerhalb einer Frist von zwei Wochen seit Zustellung Einspruch beim

Bundesarbeitsgericht, Hugo-Preuß-Platz 1, 99084 Erfurt,

einlegen.

44

Der Einspruch muss von einem Rechtsanwalt, dem Vertreter einer Gewerkschaft oder eines Zusammenschlusses von Gewerkschaften mit der Befähigung zum Richteramt oder dem Vertreter einer juristischen Person gemäß § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 ArbGG mit der Befähigung zum Richteramt unterzeichnet sein.

        

    Kreft    

        

    Berger    

        

    Rachor    

        

        

        

    Alex    

        

    Wolf    

                 

(1) Eine Willenserklärung, die einem anderen gegenüber abzugeben ist, wird, wenn sie in dessen Abwesenheit abgegeben wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in welchem sie ihm zugeht. Sie wird nicht wirksam, wenn dem anderen vorher oder gleichzeitig ein Widerruf zugeht.

(2) Auf die Wirksamkeit der Willenserklärung ist es ohne Einfluss, wenn der Erklärende nach der Abgabe stirbt oder geschäftsunfähig wird.

(3) Diese Vorschriften finden auch dann Anwendung, wenn die Willenserklärung einer Behörde gegenüber abzugeben ist.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.