Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 26. Juli 2018 - RN 5 K 16.1733

bei uns veröffentlicht am26.07.2018

Gericht

Verwaltungsgericht Regensburg

Tenor

I. Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag des Klägers vom 31.07.2015 auf Erlass einer geeigneten, erforderlichen und angemessenen straßenverkehrsrechtlichen Anordnung gemäß § 45 StVO zur Begrenzung von Lärm- und Abgasimmissionen hinsichtlich der W …, F …, A … in D. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

II. Die Kosten des Verfahrens hat die Beklagte zu tragen.

III. Das Urteil ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt den Erlass einer verkehrsrechtlichen Anordnung im Bereich der W … in D. Das Anwesen des Klägers befindet sich im … Das Gebiet entspricht einem allgemeinen Wohngebiet. Einen Bebauungsplan gibt es für den streitgegenständlichen Bereich nicht. Die W … durchläuft gemäß dem Flächennutzungsplan der Beklagten ihrerseits stadteinwärts auf der rechten Seite ein allgemeines Wohngebiet und stadtauswärts auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein Mischgebiet. Gleiches gilt für die Verbindungsstraße A … Die F … ist stadteinwärts auf der linken Seite mit einer Gemeinbedarfsfläche „…“ ( …) bestückt.

Am 31.07.2015 unterbreitete der Kläger als Vertreter der Bürgerinitiative „Verkehrsberuhigung untere W …, F …, A …“ dem Oberbürgermeister der Stadt D. sowie den Mitgliedern des Verkehrsausschusses verschiedene Vorschläge zur Lösung der verkehrsbedingten Probleme in den oben bezeichneten Straßen und beantragte bezüglich der Lärm- und Abgasbelastung eine regelmäßige Messung für einen Zeitraum von mindestens 6 Wochen. Die Vorschläge umfassten die Ausweisung einer Einbahnstraße, die Ertüchtigung des Gehweges, die Öffnung der A … und die Errichtung eines Kreisverkehrs, Messungen von Lärm- und Abgasbelastung sowie den Erlass von Verkehrsverboten.

Daraufhin fand am 30.09.2015 eine Anwohnerversammlung statt, in deren Rahmen die vorgeschlagenen Lösungen zur Verkehrsberuhigung mit dem zweiten Bürgermeister, … …, diskutiert wurden.

Mit Schreiben vom 11.11.2015 wurde seitens des Klägers durch seinen damaligen Bevollmächtigten ausgeführt, dass es sich beim Schreiben vom 31.07.2015 nicht lediglich um eine Bitte, sondern einen Antrag auf Erlass einer entsprechenden verkehrsrechtlichen Anordnung handelte (K5).

Die Beklagte, vertreten durch ihren Oberbürgermeister, antwortete mit Schreiben vom 26.11.2015, dass die Anträge der Bürgerinitiative dem Verkehrsausschuss vorgelegt und die Vorschläge zur Verkehrsberuhigung in der Anwohnerversammlung am 30.09.2015 besprochen worden seien. Einen rechtsmittelfähigen Bescheid könne die Bürgerinitiative nicht erwarten, da die Entscheidung des Verkehrsausschusses keinen Verwaltungsakt darstelle.

Einer Stellungnahme des … gegenüber dem Kläger vom 18.11.2015 ist zu entnehmen, dass die Beklagte als kreisangehörige Stadt nicht über ein eigenes Umweltamt und daher auch nicht über die Geräte für Lärm- und Schadstoffmessungen verfüge. Lärm- und Abgasmessungen bzw. Beurteilungen hierzu lägen nicht in der Zuständigkeit des SG 41. Es werde daher keine Stellungnahme erfolgen, ob Anwohner der W … durch Lärm oder Abgase überbelastet sind. Zuständig für Fragen des technischen Umweltschutzes sei die Untere Immissionsschutzbehörde beim Landratsamt D., für die Erfassung der Luftschadstoffbelastung liege in Bayern die Zuständigkeit beim Bayerischen Landesamt für Umwelt. Für die Beauftragung „nicht-amtlicher“ Messungen und deren Auswertung durch die genannten Stellen lägen im SG 41 keine ausreichenden Haushaltsansätze vor. Das Bayerische Landesamt für Umwelt habe bereits bei der massiv stärker belasteten E … die Entsendung einer Messstation abgelehnt und ausnahmsweise eine konservative Schadstoffberechnung erstellt, die zum Ergebnis gekommen war, dass in der stark belasteten E … Schadstoffgrenzwerte nicht überschritten werden. Es sei daher nicht zu erwarten, dass das Bayerische Landesamt für Umwelt eine solche Berechnung für die W … erstellen werde. Bei der F …, der W … und der Straße „A …“ handele es sich lediglich um normal belastete Straßen. Keine dieser Straßen werde vom Landesamt für Umwelt als betroffener Straßenzug im Sinne der EU-Umgebungsrichtlinie erfasst.

In der Sitzung vom 10.12.2015 beschloss der Verkehrsausschuss auf der Grundlage der mit der Bürgerinitiative durchgeführten Diskussion und deren Vorschlägen, u.a. den Gehweg in der W … auszubauen, den Bereich „W …“ und „A …“ zwischen Einmündung „L …“ und Einmündung in den n … für Fahrzeuge mit einer Länge von 10 m zu sperren, dass aber Schadstoffmessungen durch ein Fachbüro nicht durchgeführt werden und auch keine Haushaltsmittel dafür zur Verfügung gestellt werden und auch die weiteren Vorschläge der Bürgerinitiative abgelehnt werden. Am 16.12.2015 erging verwaltungsintern an die Straßenbaubehörde entsprechend eine verkehrsrechtliche Anordnung.

Mit Schreiben vom 04.02.2016 (K9) wandte sich der Kläger, vertreten durch seinen Rechtsanwalt, an die Beklagte und beantragte den Erlass eines Bescheides zum Antrag vom 31.07.2015 sowie die Durchführung von Messungen in den streitgegenständlichen Straßen.

Hierauf antwortete die Beklagte über ihren Oberbürgermeister mit Schreiben vom 22.02.2016, dass der Antrag vom 31.07.2015 bereits im Verkehrsausschuss behandelt worden sei und für den Erlass eines Ablehnungsbescheids keine gesetzliche Notwendigkeit bestehe. Im Antwortschreiben vom 22.2.2016 (K10) lehnte die Beklagte auch eine Verbescheidung ab.

Ein Bescheid, wie vom Kläger beantragt, wurde bisher nicht erlassen.

Der Kläger ließ mit Schriftsatz vom 09.11.2016, eingegangen am 11.11.2016, Klage erheben.

Der Kläger vertieft sein Vorbringen aus dem Verwaltungsverfahren. Zur Begründung wird ergänzend vorgetragen, dass über den klägerische Antrag auf Vornahme des begehrten Verwaltungsaktes nicht innerhalb der in § 75 S. 2 VwGO normierten Frist von drei Monaten entschieden worden sei, sodass die Klage als Untätigkeitsklage statthaft sei. Der Kläger sei klagebefugt, weil er in seinen Rechten verletzt sein könne. Er sei nicht nur Anwohner am S …, sein Grundstück grenze direkt auch an die F … Weiterhin sei er als Bürger betroffen, der regelmäßig als Fußgänger die W … entlang geht, und als Vater, dessen Tochter jeden (Werk-)Tag auf ihrem Schulweg die F …, die W … und die Straße „A …“ passiert.

Weiterhin führt er aus, dass die Bürgerinitiative im September 2016 stichprobenartig Verkehrszählungen unternommen habe und zu folgendem Ergebnis gelangt sei: Am 06.09.2016 (während der Ferienzeit) seien zwischen 10.00 und 11.00 Uhr 500 Fahrzeuge gezählt worden und am Donnerstag, den 08.09.2016 zwischen 15.00 und 16.00 Uhr 600 Fahrzeuge. Man könne davon ausgehen, dass ca. 6.500 Fahrzeuge täglich das Gebiet durchqueren. Nachdem die Fahrbahnhindernisse auf Grund der Beschwerden anderer Anwohner wieder entfernt worden seien, dürfte die Durchschnittsgeschwindigkeit nicht mehr – wie im September 2015 – bei 31 km/h liegen, sondern sich erhöht haben.

Hinzuweisen sei auch auf die Erhebung der Beklagten selbst und die dort ausgewiesenen Lkw`s, die enormen Lärm verursachen. Hier sei also auch auf die Lärmspitzenwerte abzustellen. Dazu kommen einzelne Beschleunigungsvorgänge bis zu 70 km/h. Die Verhältnisse vor Ort ließen außerdem besonderen Lärm erwarten. Wegen des Straßenknicks komme es dazu, dass vermehrt Beschleunigungsvorgänge zu erhöhtem Lärm führen. Alle Unterlagen könne man ohne weiteres einem Lärmgutachter zur Verfügung stellen, was bis heute nicht geschehen sei. Die Anwohner seien wegen der besonderen Lage der Anwesen und ihrer Nähe zur Straße besonders durch die Abgase und Feinstaub belastet. Grund dafür stelle die topographischen Verhältnisse (Kessellage) und die Wetterlage dar. Auch dies könne durch Aufstellen eines Messgerätes untersucht werden.

Darüber hinaus sei der Bürgersteig deutlich zu schmal und berge dadurch ein Sicherheitsrisiko. Bereits aus diesem Grund bestünde die Verpflichtung der Beklagten, Nachforschungen anzustellen. Bei dem Bürgersteig handele es sich um einen stark frequentierten Schulweg. Die Schulkinder müssten den viel zu schmalen Bürgersteig (0,8m) und sehr häufig auch den linksseitigen Gehweg, der nur 0,35 m ist, nutzen. Dies sei hochgradig gefährdend. Es werde ein Anlagenkonvolut K 14 mit drei Zeitungsberichten über Unfälle vorgelegt, die die Kläger noch recherchieren konnten.

Der Kläger ist der Auffassung, dass sich der Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein verkehrsrechtliches Einschreiten aus § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StVO ergebe, wenn Lärm oder Abgase Beeinträchtigungen mit sich bringen, die jenseits dessen liegen, was unter Berücksichtigung der Belange des Verkehrs im konkreten Fall als ortsüblich hingenommen und damit zugemutet werden muss. Das Vorbringen der Beklagten im Verwaltungsverfahren, dass sie mangels eigener verfügbarer Kapazitäten nicht verpflichtet sei, Verkehrszählungen oder gar Lärm- und Abgasmessungen vorzunehmen, sei falsch. Denn auch der VGH Baden-Württemberg habe zu Recht festgestellt, dass die Verwaltungsbehörden bei der Ermittlung der durch Verkehrslärm verursachten Lärmbelastung die Lärmschutzrichtlinien zu berücksichtigen habe. Ausnahmsweise dürfe sich die Straßenverkehrsbehörde zwar auf die Ermittlung der Verkehrsmenge beschränken, dies aber nur, „sofern sich hieraus genügend Anhaltspunkte für die Bewertung der Zumutbarkeit der Lärmbelastung ergeben.“

Dies sei vorliegend gerade nicht der Fall. Die Ermessensentscheidung der Beklagten beruhe auf falschen und unvollständigen Grundlagen. Nach Auffassung des VGH sei es grundsätzlich notwendig, die Lärmbelastung zu berechnen, was die Erfassung der Verkehrsbelastung (Verkehrszählung) voraussetze. Leider habe die Beklagte kein Verkehrsgutachten in Auftrag gegeben. Zudem sei die Verkehrszählung unzuverlässig und falsch gewesen. Die Verkehrszahlen seien einerseits höher (zwischen 4000 und 6500 Fahrzeuge pro Tag) und andererseits könnten die streitgegenständlichen Straßen diese Verkehrsmengen nicht aufnehmen. Dazu werden Fotos, Anlage K 17, K 18, K 19 vorgelegt. Aus der … vom 23.11.2016 könne entnommen werden, dass man einen neuen Verkehrsentwicklungsplan für notwendig halte, Anlage K 20. Eine Zählung aus dem Jahr 1998 zu zitieren, erscheine den Klägern vor der sich rasant ändernden Verkehrsdichte in D. einigermaßen hanebüchen. Den Klägern liege ein Schreiben des damaligen Oberbürgermeisters vor, in welchen ein „werktägliches Verkehrsaufkommen“ von durchschnittlich 4000 Fahrzeugen in beide Richtungen festgestellt werde; (Schreiben vom 19.1.2009 Anlage 21). Bei der W … handele es sich nicht um eine „innenstadtnahe Seitenstraße“, sondern vielmehr um eine Straße durch ein „ganz normales Wohngebiet“, (so Schreiben der Beklagten vom 3.8.2015, Anlage K 22). Bei dem von der Beklagten benannten w … handle es sich weder um eine „Seitenstraße“ noch um ein „Wohngebiet“, wie der W … Vielmehr gehöre der w … zur Einkaufszone der Innenstadt und sei gleichzeitig eine Umfahrungsstraße für den o … und den l …, also dem gesamten inneren Stadtkern. Es liege neben der Sache, die W … und die angrenzenden Straßen (Wohngebiet, siehe oben) mit den in der EUUmgebungslärmrichtlinie gemeinten Straßenzügen zu vergleichen. Eine Veröffentlichung der Verkehrszählungsergebnisse habe nach Kenntnis der Kläger bis heute nicht stattgefunden. Wenn belastbare Zählungen zur Lösung des Problems durchgeführt werden sollen, erscheine das Hinzuziehen eines unabhängigen arbeitenden Instituts/Sachverständigengutachtens, sinnvoll. Die von der Beklagten durchgeführten Zählungen seien aus Sicht der Kläger nicht als neutral und unbefangen zu bewerten. Weder habe man das Ruhe- und Sicherheitsbedürfnis der unmittelbaren Anlieger gegen das Fortbewegungsbedürfnis anderer Verkehrsteilnehmer abgewogen noch habe man Ermittlungen angestellt hinsichtlich des o.g. Klägervorbringens. Auch das Landratsamt sei nicht konkret angefragt worden.

Der Kläger beantragt,

Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag des Klägers vom 31.7.2015 auf Erlass einer geeigneten, erforderlichen und angemessenen straßenverkehrsrechtlichen Anordnung gemäß § 45 StVO zur Begrenzung von Lärm- und Abgasimmissionen hinsichtlich der W … in D. unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

Klageabweisung.

Ergänzend zu ihrem Vorbringen im Verwaltungsverfahren trägt die Beklagte weiterhin vor, dass die Klage bereits unzulässig sei, denn dem Kläger fehle die erforderliche Klagebefugnis. In welcher Weise der Kläger hier in seinen subjektiv-öffentlichen Rechten als Grundstückseigentümer am S … von den in Rede stehenden Belastungen der streitgegenständlichen Straßen verletzt sein kann, sei nicht offensichtlich und auch nicht schlüssig dargelegt. Er sei insofern auch nicht direkt betroffen. Mangels Anliegereigenschaft an der W … fehle dem Kläger danach auch das Rechtsschutzbedürfnis.

Die Beklagte beruft sich im Rahmen der Begründetheit auf den Adressaten des § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StVO. Die Vorschrift richte sich primär zunächst ausschließlich an die Straßenverkehrsbehörde und gebe dem Einzelnen keinen Anspruch auf den Erlass einzelner straßenrechtlicher Maßnahmen. Zwar sei in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Einzelne einen Anspruch auf ermessenfehlerfreie Entscheidung über ein straßenverkehrsrechtliches Einschreiten habe, wenn Lärm oder Abgase Beeinträchtigungen mit sich bringen, die jenseits dessen liegen, was unter Berücksichtigung der Belange des Verkehrs im konkreten Fall als ortsüblich hingenommen und damit zugemutet werden müsse. Allerdings bestimme kein bestimmter Schallpegel oder Abgaswert die Grenze der Zumutbarkeit. Vielmehr sei auf die gebietsbezogene Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit des klägerischen Anwesens sowie auch evtl. gegebene Vorbelastung abzustellen. Ferner seien die Belange des Straßenverkehrs und Verkehrsteilnehmer sowie die Interessen anderer Anlieger, die durch Lärm- oder abgasreduzierende Maßnahmen ihrerseits übermäßig beeinträchtigt werden, zu berücksichtigen. Dabei dürfe die Behörde in Wahrung allgemeiner Verkehrsrücksichten und sonstiger entgegen stehender Belange von verkehrsbeschränkenden Maßnahmen umso eher absehen, je geringer der Grad der Lärm- oder Abgasbeeinträchtigung ist, der entgegen gewirkt werden soll.

Das Verkehrsaufkommen auf der W … entspreche bei weitem nicht der Darstellung des Klägers, sodass sich die Frage stelle, ob der Kläger von dem auf der W … stattfindenden Verkehr tatsächlich so unzumutbar beeinträchtigt werde. Die vom Kläger dargestellten Verkehrszahlen seien nicht nachvollziehbar und widersprechen jeglichem tatsächlich vorhandenem Verkehrsaufkommen auf den streitgegenständlichen Straßen. Es sei davon auszugehen, dass die reinen Verkehrszahlen, über den gesamten Tag gerechnet, wesentlich geringer seien, als vom Kläger angegeben. Die Beklagte habe in der W … sehr wohl regelmäßig und fortlaufend Verkehrszählungen durchgeführt. Am 24. November 1998 seien in der W … mit großen personellen Aufwand umfassende Verkehrszählungen mit Kennzeichenerfassungen durchgeführt worden, um die Verkehrsströme und den Anteil des Binnenverkehrs an diesen Verkehrsströmen zu messen. Die Verkehrszählung damals ergab einen durchschnittlichen Tageswert von 1.228 Fahrzeugen in Richtung F …(Anteil Durchgangsverkehr 30,6%) und 1.440 Fahrzeuge in Richtung „A …“, (Durchgangsverkehrsanteil 64,3%). Im März 2015 seien über mehrere Tage mit dem stadteigenen Verkehrsmengenerfassungsgerät wiederum das Verkehrsaufkommen in der W … gemessen worden. Diese Messungen hätten einen durchschnittlichen Tagesverkehr von 1.326 Fahrzeugen in Richtung F …und von 2.228 Fahrzeugen in Richtung A … ergeben. Zusammen ergebe dies ein tägliches Verkehrsaufkommen von 3.554 Fahrzeugen in der W … Dieses Gesamtverkehrsaufkommen sei typisch für eine innenstadtnahe Seitenstraße und entspreche beispielsweise in etwa dem Zählwert im w … Der D. Stadtrat habe beschlossen, den Verkehrsentwicklungsplan für das gesamte Stadtgebiet neu aufzustellen. Damit solle in den Jahren 2019 und 2020 begonnen werden. Seitens der zuständigen Fachämter der Beklagten seien mehrere Vorschläge für eine Reduzierung des Durchgangsverkehrs in der W … erarbeitet worden, etwa eine Tempo-30-Zone oder eine Einbahnstraße in der W … im Bereich zwischen der Einmündung der L … und der V … Gerade die zweite Maßnahme würde zu einer Reduzierung des Verkehrsaufkommens von ca. 1000 Kfz am Tag führen. Sie wäre jedoch auch mit Einschränkungen für die Anwohner der umliegenden Straßen verbunden, da diese für die An- und Abfahrt zu ihren Grundstücken Umwege in Kauf nehmen müssten. In den Einwohnerversammlungen habe dieser Vorschlag keine Mehrheit gefunden. Die W … und die angrenzenden Straßenzüge seien keine Straßen, die als betroffener Straßenzug im Sinne der EU-Umgebungslärmrichtlinie vom Bayerischen Landesamt für Umwelt erfasst worden seien. Die dort festgestellten Verkehrswerte lägen weit unterhalb des Schwellenwertes von 8000 Kfz am Tag für belastete Straßen der EU-Umgebungslärmrichtlinie. Aus den Akten ergebe sich, dass die Beklagte selbst in den vergangenen Jahren seit 2008 Messungen zum Verkehrsaufkommen auf den streitgegenständlichen Straßen durchgeführt habe. Aus diesen Messungen ergebe sich von 2008 bis 2015 eine gleichbleibend durchschnittliche Verkehrszahl von ca. 4.000 Fahrzeugen pro Tag. Die Beklagte bestreitet die klägerseits behauptete Anzahl von Fahrzeugen in Richtung R … in Höhe von 1.500 täglich und von 2.300 Richtung „A …“, die – wie außerdem klägerseits behauptet – den Tagesgrenzwert von 59 db(A) zwischen 6 und 22 Uhr und den Nachtgrenzwert von 49 db(A) zwischen 22 und 6 Uhr überschreite. Die Ausführungen im Verwaltungsverfahren ergänzend führt die Beklagte erneut das Beispiel der im Stadtgebiet gelegenen E … an, die ein tägliches Verkehrsaufkommen von 10.000 Fahrzeugen habe und mit der klägerseits behaupteten Kessellage des streitgegenständlichen Gebietes vergleichbar sei.

Die von dem Kläger geltend gemachte Lärmbelastung seines Anwesens im S … überschreite die nach den vorstehend genannten Kriterien bestimmte Grenze der Zumutbarkeit nicht. Die Grenze der zumutbaren Lärmbelästigung, nach der ein Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung aus § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StVO bestehe, sei nicht durch auf Rechtsetzung beruhende Grenzwerte festgelegt.

Ebenso wenig könnten die Vorschriften der 16. Verordnung zur Durchführung des Bundesimmissionsschutzgesetzes bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmbelastung im Rahmen dieser Wertung unmittelbar angewandt werden. Die 16. BImSchV bestimme durch Festlegung von Immissionsgrenzwerten die Zumutbarkeit von Verkehrslärm nämlich nur für den Bau und die wesentliche Änderung u.a. von öffentlichen Straßen. Die Immissionsgrenzwerte des § 2 der 16. BImSchV könnten in diesem Zusammenhang allenfalls als Orientierungspunkte für die Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze, deren Überschreitung die Behörde zur Ermessensausübung verpflichtet, herangezogen werden. Die Immissionsgrenzwerte der 16. BImSchV bringen ganz allgemein die Wertung des Normgebers zum Ausdruck, von welcher Schwelle an eine nicht mehr hinzunehmende Beeinträchtigung der jeweiligen Gebietsfunktion, zumindest auch dem Wohnen zu dienen, anzunehmen sei. Ein Unterschreiten dieser Werte sei jedenfalls ein Indiz dafür, dass die Lärmbelastung auch die Zumutbarkeitsschwelle in straßenverkehrsrechtlicher Hinsicht nicht erreiche.

Hinsichtlich der Verkehrsbeschränkung für den Straßenzug W …, F …und der Straße „A …“ ist die Beklagte der Auffassung, dass die Verkehrsfunktion dieses Straßenzuges nicht nur eine Anliegerfunktion, sondern eine Verbindungsfunktion zwischen der a … und dem ö …, von und zum neuen … in alle Richtungen und den in der W … befindlichen Firmen im Mischgebiet habe.

Entgegen der Behauptung des Klägers handele es sich bei den streitgegenständlichen Straßen nicht um einen stark frequentierten Schulweg. Die Frequentierung durch Schulkinder halte sich im normalen Rahmen dessen, was in vielen Ortsstraßen im Stadtgebiet zu verzeichnen ist. Von einer Gefährdung der Sicherheit durch zu hohes Verkehrsaufkommen könne hier mangels entsprechender Berichte aus polizeilichen Erkenntnissen keinesfalls ausgegangen werden. Zudem habe die Beklagte die Verbreiterung der Gehwege im Bereich der W … bereits zugesagt.

Nachdem die Lärmbelastung des klägerischen Anwesens im S … die Grenze der Zumutbarkeit nicht erreiche, könne offen bleiben, ob die Beklagte das ihr durch § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StVO eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt habe. Ihr Ermessen habe sie jedenfalls in ihrem Benachrichtigungsschreiben vom 22.02.2016 ausgeübt, in dem sie ihren Abwägungsvorgang samt Entscheidung schriftlich mitgeteilt hat. Eine Ermessensausübung habe dahingehend stattgefunden, dass sie den Antrag auf Einleitung verkehrsrechtlicher Maßnahmen mit Ausnahme der Ertüchtigung des Gehweges abgelehnt habe.

Der Kläger erwidert daraufhin, dass das Vorbringen der Beklagten, sie habe über mehrere Jahre hinweg die Verkehrsmenge zuverlässig berechnet, nicht richtig sei. Der in Rede stehende Straßenzug erschließe im Übrigen nicht allein das neue … Der Verkehr in diesen Straßen sei primär Umgehungsverkehr bzw. Einfall- und Ausfallverkehr. Dies sei daran zu erkennen, dass die Verkehrsspitzen in den frühen Morgenstunden und den späten Nachmittagsstunden zu verzeichnen seien. Die Annahme der Beklagten, dass die Straßen eine „Verbindungsfunktion“ hätten, belege, dass das Aufnahme- und Belastungsvermögen der Straßen unterschätzt wird.

Ein Vergleich mit der E …, die als Hauptstraße und Ein- und Ausfallstraße in die Stadt D. führt, dürfe nicht angestellt werden. Auf beiden Seiten der E … befinde sich ein Gehweg, der zwischen 1,5 m und 2,0 m breit ist. Dass der in Rede stehende Straßenzug (F …, W … und A …) in einem reinen Wohngebiet schon 40% der Verkehrsbelastung der genannten Haupt- und Ein-/Ausfallstraße hinnehmen solle, belege, dass es sich hier um eine vollkommen unangemessene Belastung handele. Auch die vorhandene Kessellage der W … sei nicht mit einer etwaig ähnlichen Lage der E … zu vergleichen. Die E … sei bis zum Ortsende ca. 3 km lang, wovon etwa 1,5 km am Hang, den K … hinaus und herunter liegen. An ihrer engsten Stelle sei die E … mehr als zwei Mal so breit, wie die W … an ihrer breitesten Stelle. Im unteren Abschnitt der E … ist diese bis zu 24 m breit. Eine Kessellage sei auch keine Gebietsstruktur.

Welche Ansicht das Landesamt für Umwelt vertreten habe, sei irrelevant. Entscheidend komme es darauf an, dass die Straßenverkehrsbehörde entsprechende Maßnahmen treffe und sich nicht auf Dritte hinausrede.

Die Behauptung der Beklagten, dass es kein einheitliches Bild gebe und ein Teil der Anlieger verkehrsrechtliche Maßnahmen ablehne und ein anderer Teil der Anlieger diese befürworte, treffe nicht zu. Für die Ermessensentscheidung der Behörde sei sie ohnehin nebensächlich. Falsch sei jedenfalls, dass Anwohner der W … verkehrsrechtliche bzw. verkehrsberuhigende Maßnahmen ablehnen. Bei der besagten Bürgerversammlung seien bis auf Herrn … und Frau … keine Anwohner aus den betroffenen Straßen zugegen gewesen.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten wird auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten, auf die vorgelegten Behördenakten und auf die Sitzungsniederschrift über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist zulässig und begründet. Die Beklagte wird verpflichtet, über den Antrag des Klägers auf Erlass straßenverkehrsrechtlichen Anordnung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.

1) Die Klage ist als Untätigkeitsklage zulässig. § 75 VwGO ermöglicht im Fall der Untätigkeit der Verwaltung Klage zu erheben bevor eine Sachentscheidung ergangen ist. Das Fehlen einer Sachentscheidung im Zeitpunkt der Klageerhebung ist eine Zulässigkeitsvoraussetzung der Untätigkeitsklage (so Kopp/ Schenke § 75 Rn.6). Eine solche Sachentscheidung der Beklagten lag bei Klageerhebung nicht vor. Dies wird unten noch näher ausgeführt.

Der Kläger verfügt über die nach § 42 Abs. 2 VwGO erforderliche Klagebefugnis, denn er hat möglicherweise einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung. Dieser Anspruch folgt vorliegend aus § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StVO, der nicht lediglich auf den Schutz der Allgemeinheit gerichtet ist, sondern daneben auch die Belange Einzelner schützt, soweit deren Individualinteressen berührt werden (BVerwG 37, 112; VGH München NZV 99, 269). Die insoweit durch das BVerwG verfolgte Rechtsprechung wird dem Schutzzweck des § 45 Abs. 1 StVO gerecht, der nicht lediglich die Wahrung der körperlichen Unversehrtheit (Art. 2 Abs. 2 GG) und des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 GG), sondern vorab bereits den Schutz vor Einwirkungen des Straßenverkehrs bezweckt, die das nach allgemeiner Anschauung zumutbare Maß übersteigen (BVerwG 74, 234; VGH Mannheim VBlBW 1994, 415). Es besteht die Möglichkeit, dass der Kläger vorliegend durch die Einwirkungen des Straßenverkehrs hinsichtlich der W … in D. in unzumutbarer Weise in seinen Rechten beeinträchtigt wird. Der Kläger ist zwar nicht in der W …, sondern im unmittelbar in die W … leitenden S … wohnhaft. Von dem aus der W … hervorgehenden Verkehrsaufkommen ist er also jedenfalls mittelbar berührt. Darüber hinaus nutzen der Kläger sowie dessen Tochter die W … regelmäßig als Fußgänger.

Mit vorliegender Klagebefugnis als Spezialfall des Rechtsschutzbedürfnisses ist der Kläger auch rechtsschutzbedürftig.

2) Die Klage ist begründet, denn dem Kläger steht der aus § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StVO geltend gemachte Anspruch auf ermessenfehlerfreie Entscheidung zu.

a) Nach § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Allerdings ist der Immissionsschutz durch Maßnahmen nach dieser Vorschrift in das pflichtgemäße Ermessen der Straßenverkehrsbehörde gestellt. Bei der zutreffenden Ermessensentscheidung über eine verkehrsbeschränkende Anordnung nach dieser Vorschrift hat die zuständige Verkehrsbehörde zu berücksichtigen, dass diese Vorschrift Schutz vor Verkehrslärm und Abgasen gewährt, wenn der Lärm bzw. Abgase Beeinträchtigungen mit sich bringen, die jenseits dessen liegen, was unter Berücksichtigung der Belange des Verkehrs im konkreten Fall als ortsüblich hingenommen und damit zugemutet werden muss. Dabei ist nicht nur auf die gebietsbezogene Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der Anlieger sowie auf das Vorhandensein oder Fehlen einer bereits gegebenen Lärmvorbelastung abzustellen. Maßgeblich sind auch andere Besonderheiten des Einzelfalles, so etwa der Umstand, dass eine Ortserschließungsstraße entgegen ihrer Funktion zunehmend vom überörtlichen Verkehr als so genannter Schleichweg in Anspruch genommen wird und damit Lärmbelästigungen auslöst, die von den Anlegern reiner Wohnstraßen üblicherweise nicht hingenommen werden müssen (vgl. VGH Baden-Württemberg vom 16.5.1997 Az.5 S 1842/95 Rn.30). Die Eingriffsnorm setzt voraus, dass vor Anordnung verkehrsbeschränkender oder -verbietender Maßnahmen vorher insbesondere die Verkehrsbelastung und die Verkehrsstrukturen erhoben werden und auf dieser Grundlage die Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit der Anlieger abgeschätzt wird (vgl. Begr. zu § 45 Abs. 9 S.3 in Hentschel/König, Straßenverkehrsrecht, § 45 Rn.8).

Die Voraussetzungen für eine Anordnung zum Schutz vor Verkehrslärm/Immissionen sind nicht erst dann gegeben, wenn dieser einen bestimmten Schallpegel oder Abgaswert überschreitet (MüKO-Steiner § 45 Rn 29). Die Überschreitung dieser Richtwerte löst nicht erst einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über Maßnahmen aus, sondern hat bereits die Verdichtung des Ermessens der Behörde zu einer Pflicht zum Einschreiten zur Folge (so VGH München, Urt. v. 21.03.2012 Az.: 11 B 10.1657 Rn.30, juris). Die Grenzen bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmbelastung im Rahmen von § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StVO werden nicht durch auf Rechtssetzung beruhende Grenzwerte festgelegt.

Stattdessen kommt es in erster Linie auf die gebietsbezogene Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit der betroffenen Anlieger an. Weder die Vorläufigen Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen (Lärmschutz-Richtlinien-SV) noch die Vorschriften der Sechzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetztes (16. BImSchV) sind insofern als ausschließlich maßgebliche Normen heranzuziehen. Letztere bestimmt die Schwelle der Zumutbarkeit von Verkehrslärm nur für den Bau und die wesentlichen Änderungen u.a. von öffentlichen Straßen (vgl. § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1), welche vorliegend gerade nicht Streitgegenstand sind.

Die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der 16. BImSchV können im Rahmen des § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StVO allerdings als unverbindlicher Richtwert für die Zumutbarkeitsgrenze herangezogen werden, weil sie ganz allgemein die Wertung des Normgebers zum Ausdruck bringen, von welcher Schwelle an eine nicht mehr hinzunehmende Beeinträchtigung der jeweiligen Gebietsfunktion anzunehmen ist. Sie können Orientierungspunkte für die Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze, deren Überschreitung die Behörde zu Maßnahmen ermächtigt, sein (so Bayer. Verwaltungsgerichtshof München vom12.04.2016 Az.11 B 15.2180 Rn.22,juris). Insofern ist eine Unterschreitung der an dieser Stelle normierten Werte ein Indiz dafür, dass die Lärmbelastung die Grenze der Zumutbarkeit von Verkehrslärm nicht erreicht (BVerwG NZV 94, 244; VGH München 99, 269).

§ 2 Abs. 1 Nr.6 der 16 BImSchV legt den Immissionsgrenzwert zum Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche beim Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen in reinen und allgemeinen Wohngebieten und Kleinsiedlungsgebieten auf 59 dB(A) am Tag und 49 dB(A) in der Nacht fest. Für Mischgebiete setzt sie tagsüber einen Maximalwert von 64 dB(A) und nachts von 54 dB(A)an. Maßgeblich sind auch andere Besonderheiten des Einzelfalles. Als eine solche Besonderheit ist höchstrichterlich beurteilt worden, dass eine „Erschließungsstraße“ entgegen ihrer eigentlichen Funktion zunehmend vom überörtlichen Verkehr als so genannter Schleichweg in Anspruch genommen wird und damit Lärmbelästigungen ausgelöst werden, die von den Anliegern reiner Wohnstraßen üblicherweise nicht hingenommen werden müssen. Denn Verkehrslärm, der von den Anliegern etwa einer Bundesstraße, einschließlich Ortsdurchfahrt, oder auch einer Staatsstraße oder einer Kreisstraße wegen ihrer der Widmung entsprechenden Verkehrsbedeutung ertragen werden muss, ist nicht ohne weiteres in gleicher Weise den Anliegern einer Ortserschließungsstraße zumutbar. Demgemäß haben die Straßenverkehrsbehörden u.a. darauf hinzuwirken, dass vom Durchgangsverkehr in erster Linie die dafür gewidmeten überörtlichen Straßen und nicht die örtlichen Erschließungsstraßen reiner Wohngebiete benutzt werden (so Bayer. Verwaltungsgerichtshof München, a.a.O Rn.23 m.w.N.). Allerdings ist auch auf Ortsstraßen in Wohngebieten der Lkw-Verkehr grundsätzlich zulässig, soweit er nicht unzumutbare Ausmaße annimmt. Allein die Widmung einer Straße als Ortsstraße in einem allgemeinen Wohngebiet berechtigt nicht, diese für den Lkw-Verkehr zu sperren. Es sind daher Feststellungen darüber zu treffen, welcher Bereich in welcher Größenordnung und in Intensität von Verkehrslärm belastet ist (so Bayer. Verwaltungsgerichtshof München vom 12.04.2016, a.a.O, Rn.24 m.w.N.). Vor der Anordnung von Beschränkungen und Verboten des fließenden Verkehrs aus Lärmschutzgründen ist es daher grundsätzlich notwendig, die Lärmbelastung zu berechnen, was eine Erfassung der Verkehrsbelastung (Verkehrszählung) voraussetzt. Sodann ist zu berechnen, welche Lärmminderung durch die beabsichtigte verkehrsrechtliche Maßnahme erreicht wird (so Bayer. Verwaltungsgerichtshof München vom 12.04.2016, a.a.O, Rn.25 m.w.N.).

Es lässt sich aufgrund der Verkehrszählung der Beklagten im Jahr 1998 nicht ermessensfehlerfrei entscheiden, dass die Hinnahme des bestehenden Zustands zumutbar ist. Die von der Beklagten durchgeführte Verkehrszählung aus dem Jahr 1998 ist nach 20 Jahren zu alt, um aussagekräftige und aktuelle Grundlage für eine Berechnung der Lärmbelastung zu sein. Es wäre daher eine neue Erhebung der Verkehrsbelastung und Lärmberechnung zur Beurteilung der Frage, ob Beeinträchtigungen vorliegen, die nicht mehr als ortsüblich hingenommen werden müssen und unzumutbar sind, notwendig gewesen. Zudem müsste noch beachtet werden, welche Beeinträchtigungen durch Lärm und Abgase zu einem nicht unerheblichen Teil auf straßenverkehrsrechtlich unberechtigtem Verkehr oder überörtlichem Verkehr oder Lkw-Verkehr beruhen und dem Kläger damit ungeachtet ihres Ausmaßes nicht zugemutet werden können (vgl. dazu Bayer. Verwaltungsgerichtshof München vom 14.11.2000 Az.11 B 00.1339, Rn.10, juris). Grundlage der Berechnung der Mittelungspegel nach § 3 der 16.BImSchV i.V.m. der Anlage 1 und nach den maßgeblichen Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen ist die Verkehrsstärke in Kraftfahrzeugen je Stunde. Neben dem Anteil der Lkw am Gesamtverkehr werden noch die Straßenoberfläche, die zulässige Höchstgeschwindigkeit, der Einfluss von Steigungen und Gefälle sowie die erhöhte Störwirkung von lichtzeichengeregelten Kreuzungen und Einmündungen eingestellt. Eine aktuelle Verkehrszählung und Verkehrsstrukturerhebung und darauf beruhende Lärmberechnung fehlt aber der Beklagten derzeit.

Zwar darf nach einer früheren Rechtsprechung die Bewertung der Zumutbarkeit der Belastungen anhand einer Verkehrszählung erfolgen, wenn sich daraus genügend Anhaltspunkte für diese Beurteilung ergeben (VGH Mannheim, Urteil v. 16.05.1997 = NVwZ-RR 1998, 682; OVG Münster, NZV 1996, 293, 295). Doch ist dieser Auffassung nicht mehr zu folgen, da doch § 3 16.BImschV eine Berechnung zwingend vorsieht. Auch hat der VGH - wie oben ausgeführt - vor der Anordnung von Beschränkungen und Verboten des fließenden Verkehrs aus Lärmschutzgründen es grundsätzlich für notwendig gehalten, die Lärmbelastung zu berechnen, was eine Erfassung der Verkehrsbelastung (Verkehrszählung) voraussetzt.

Eine von dem Kläger und anderen Anliegern veranlasste stichprobenartige Verkehrszählung ergab am 06.09.2016 zwischen 10.00 Uhr und 11.00 Uhr 500 Fahrzeuge und am 08.09.2016 zwischen 15.00 Uhr und 16.00 Uhr 600 Fahrzeuge. Aus diesen Zählungen lässt sich nach Ansicht der Kläger schließen, dass ca. 6.500 Fahrzeuge täglich das Gebiet durchqueren. Die Beklagte kann dies nicht durch eigene repräsentative aktuelle Verkehrszählungen widerlegen, da diese neueren Zählungen offenbar nur wenige Tage durchgeführt wurden und auch die Verkehrsstruktur nicht beachtet wurde. Zudem ist von Klägerseite substantiiert vorgetragen, dass sich durch die Einbahnstraßenregelung in der A … stadtauswärts der einmündende Verkehr in die Stadtmitte zu einem erheblichen Teil nachträglich auf die W … verlagert hat. Der Lkw-Anteil/Kolonnenverkehr für die W … Richtung „A …“ ist dabei mit über 50% sehr hoch, wie sich aus den neueren Geschwindigkeitsmessungen der …Gmbh vom 3.2 bis 9.2.2015 (Bl.269 BA) in dieser Straße ergibt. Zudem konnten die seit vielen Jahren bestehenden Verkehrsprobleme in den hier strittigen Straßen trotz zahlreicher verkehrsrechtlicher und verkehrslenkender Maßnahmen, wie einer Tempo-30-Zone, Fahrbahnverengung in der W …, Parkverbote und anderer Maßnahmen, nicht bewältigt werden. Dies alles hätte der Beklagten Veranlassung geben müssen, die Verkehrsbelastung und die Verkehrsstrukturen neu zu erheben. In einem solchen Fall geht die Beweislast dafür, dass die Verkehrsbelastung durch Lärm und Abgase und die Verkehrsstruktur noch zumutbar sind, auf die Beklagte über. Denn sie hat originär die Aufgabe, die Verkehrsbelastung und die Verkehrsstrukturen zu erheben und auf dieser Grundlage die Auswirkungen auf die Umwelt und die Gesundheit der Anlieger abzuschätzen. Die Bürger können diese Aufgaben des Gesundheitsschutzes nicht übernehmen. Es liegt hier ein langjähriges Verkehrsproblem im Stadtgebiet der Beklagten vor, das wie die zahlreichen bisher durchgeführten verkehrsrechtlichen Maßnahmen der Beklagten zeigen, nicht ohne Erhebung von repräsentativen und aktuellen Daten gelöst werden kann. Erst wenn diese Daten erhoben sind, lässt sich sagen, ob der Verkehrslärm oder die Abgasbelastung noch zumutbar ist. Eine Bezugsfallwirkung, dass die Beklagte auch in sonstigen Fällen „unnötigerweise“ zu aufwendigen Verkehrserhebungen und Erhebung der Verkehrsbelastungen durch Verkehrsemissionen gezwungen wird, sieht das Gericht nicht.

b) Die Ermessensentscheidung über den Erlass einer verkehrsrechtlichen Anordnung, die die Klägerin aufgrund des vorbeugenden Gesundheitsschutzes vor unzumutbaren Lärm- und Abgasbelastungen beanspruchen kann, ist von der Beklagten bislang nicht fehlerfrei getroffen worden.

Angesichts ihres Entschließungsermessens liegt ein Ermessensausfall vor. Denn zum Antrag des Klägers erging kein Bescheid von der Beklagten.

Die Klägerseite begehrte mit ihrem Schreiben vom 31.07.2015 bzw. jedenfalls mit ihrem klarstellenden Schreiben vom 11.11.2015 den Erlass einer verkehrsrechtlichen Anordnung. Wie sich aus dem Schreiben der Beklagten vom 26.11.2015 ergibt, erachtete die Beklagte, vertreten durch ihren Oberbürgermeister, die Verbescheidung des Antrages mangels Verwaltungsaktqualitäts als nicht erforderlich. Dieser Auffassung steht allerdings der Bedeutung des § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StVO entgegen. Der Erlass einer verkehrsrechtlichen Anordnung ist als Verwaltungsakt in Form einer Allgemeinverfügung gemäß Art. 35 S. 2 BayVwVfG zu qualifizieren. Entsprechend ist auch der Versagung des Verwaltungsaktes eine entsprechende Eigenschaft zuzuschreiben. Auch nach nochmaligem Hinweis auf die Verbescheidung des Klägerantrages mit Schreiben vom 04.02.2016 entgegnete die Beklagte, dass es keine gesetzliche Notwendigkeit gebe und verwehrte mithin den Erlass eines Bescheides mangels gesetzlicher Notwendigkeit. Die Beklagte hätte insofern eine Entscheidung durch Verwaltungsakt treffen müssen, die bislang unterblieben ist.

Das Vorbringen der Beklagten, dass die Behandlung des Begehrens im Verkehrsausschuss zur Entbehrlichkeit der behördlichen Entscheidung führe, ist unzutreffend. Die Mitteilungen an den Kläger vom 29.12.2016 und 22.02.2016 mit dem Inhalt, dass das Begehren bereits im Verkehrsausschuss behandelt wurde beinhaltet keine Regelungswirkung und ist folglich nicht als Verwaltungsakt zu qualifizieren.

c) Ungeachtet des Vorgehens der Beklagten, auf den Antrag des Klägers keinen Bescheid zu erlassen, ist ein Ermessensausfall im Rahmen des Entschließungsermessens insofern gegeben, als sie keine Veranlassung sah, über eine konkrete verkehrsrechtliche Anordnung zu entscheiden.

Bei der Frage, ob Lärmimmissionen zu reduzieren sind, ist dem besonderen Anliegen der Wohnruhe und dem hohen Rang der Gesundheit Rechnung zu tragen. In die Ermessensabwägung sind die Funktion der Straße in Bezug auf die Freizügigkeit des Verkehrs einerseits und der Schutz der Wohnbevölkerung andererseits einzustellen. Dabei ist zu beachten, dass Verkehrslärm, der von den Anliegern einer Bundesfernstraße (einschließlich Ortsdurchfahrt) oder auch einer Landesstraße bzw. einer Kreisstraße wegen ihrer der Widmung entsprechenden Verkehrsbedeutung ertragen werden muss, den Anliegern einer Ortserschließungsstraße nicht ohne weiteres in gleicher Weise zumutbar ist (BVerwG, 74, 234).

Soweit in dem Schreiben der Beklagten vom 22.02.2016 überhaupt eine Verbescheidung des erstmalig gestellten Antrags des Klägers und nicht eine bloße Begründung der Weigerung, sich mit der Problematik erneut zu befassen, liegen sollte, lässt diese weder erkennen, dass sich die Beklagte überhaupt bewusst war, dass ihr in diesem Rahmen grundsätzlich ein Ermessen eröffnet war, noch dass dieses Ermessen ordnungsgemäß ausgeübt wurde.

Dass sich die Beklagte vorliegend nicht über die Möglichkeit einer Ermessensentscheidung bewusst war, wird durch ihr Vorbringen belegt, dass sie nicht von unzumutbaren Lärm- und Abgasbelastungen ausging. Zwar kann die zuständige Verkehrsbehörde bei der Abwägung zwischen den unzumutbar beeinträchtigten Interessen der Anwohner und möglicherweise übergeordneten Verkehrsinteressen zu dem Ergebnis kommen, dass keine verkehrsbeschränkende Maßnahme anzuordnen ist. Erforderlich ist allerdings, dass eine solche Abwägung überhaupt nachvollziehbar stattgefunden hat und auch im Ergebnis vertretbar ist.

Ohne eine Lärmberechnung/Abgasmessung oder eine Verkehrszählung durchzuführen, die – wie oben dargelegt – Indizwirkung hinsichtlich unzumutbarer Beeinträchtigungen durch den Straßenverkehr hätten, ging die Beklagte ausweislich ihres Vorbringens davon aus, dass es sich bei der W … um eine normal belastete Straße im D. Stadtgebiet handele, da sie nicht lediglich eine Anliegerfunktion, sondern eine Verbindungsfunktion habe. Selbst wenn diese Behauptung zutrifft, so enthält diese Angabe keine Aussage über die tatsächlichen Lärm- und Abgasimmissionen, die von der Straße auf die umliegenden Grundstücke ausgehen. Die Behauptung der Beklagten, dass die vom Kläger vorgebrachten Verkehrszahlen nicht nachvollziehbar seien und dem tatsächlichen Verkehrsaufkommen widersprechen und wesentlich geringer sind, ist mangels aktueller Erhebungen nicht belegt.

Auch das Vorbringen, dass diese Straße vom Bayerischen Landesamt für Umwelt nicht als betroffener Straßenzug im Sinne der EU-Umgebungslärmrichtlinie erfasst wird, geht ins Leere. Gemäß Art. 40 BayVwVfG hat die zuständige Behörde ihr Ermessen entsprechend dem Zweck der Ermächtigung einzuhalten und die gesetzlichen Grenzen des Ermessens einzuhalten. Bei der Ermessensausübung im Rahmen des § 45 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StVO darf also nicht auf die Beurteilung einer anderen Behörde zu einer anderen Fragestellung und anderen Straßen ausgewichen werden.

Die Ansicht der Beklagten, dass sie als Große Kreisstadt nicht für den technischen Umweltschutz zuständig sei, ist vorliegend ebenso nicht entscheidend. Die Beklagte trägt in diesem Zusammenhang vor, dass Geräte für Lärm- und Schadstoffmessungen nicht vorhanden seien. Die Immissionsschutzbehörde des Landratsamtes D. als untere Immissionsschutzbehörde sei für Fragen des technischen Umweltschutzes und das Bayerische Landesamt für Umwelt für die Erfassung der Luftschadstoffbelastung zuständig. Diese Zuständigkeitsverteilung hat aber nicht zur Folge, dass die Beklagte von ihrer Pflicht zur Ermittlung der Lärm- und Abgaswerte befreit wird. Nach § 45 Abs. 1 S.2 Nr.3 StVO hat die Straßenverkehrsbehörde auch die Aufgabe, zum Schutze der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen die erforderlichen Maßnahmen zu treffen. Im Rahmen der Entscheidung nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr.3 StVO stellen die in der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (39.BImschV) festgesetzten Immissionsgrenzwerte eine geeignete und hinreichende Orientierungshilfe für die ermessensgerechte Bewertung der verkehrsbedingten Schadstoffbelastung der Anlieger einer Straße dar. Wenn eine Straßenverkehrsbehörde, insbesondere eine Große Kreisstadt, diesen Aufgaben gerecht werden will, muss sie auch ermitteln, ob die Schadstoffbelastung durch Kraftfahrzeuge für die Anlieger noch zumutbar sind. Der Schutz der Wohnbevölkerung vor Abgasen durch den Straßenverkehr besteht nicht nur in Ballungsräumen und größeren Städten, die der 39. BImschV unterliegen. Solange kein Luftreinhalte- oder Aktionsplan besteht, der Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrsverbote nach Maßgabe für straßenverkehrsrechtliche Vorschriften vorsieht, kann der Anwohner verlangen, dass die Straßenverkehrsbehörde Maßnahmen ergreift, die eine Verletzung seiner Gesundheit durch straßenverkehrsbedingte Überschreitungen des Immissionsgrenzwerte des nach Maßgabe des Verursacheranteils und des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ausschließen (so BVerwG v.29.03.2007-7 C 9/06,Rn.32 u.EuGH vom 25.07.2008-C-237/07 Rn.42, juris). Bei § 45 StVO und § 40 Abs. 1 u. 2 BImschG handelt es sich um nebeneinander stehende selbständige Ermächtigungsgrundlagen (vgl. Bayer. Verwaltungsgerichtshof München, Beschluss vom 8.10.1993-11 B 93.1408 und VG Düsseldorf vom 27.05.2014 - 6 K 2470/12 Rn.93 m.W.N, juris). Vielmehr steht der Beklagten zur Ermittlung der Werte ein Ersuchen der o.g. Behörden im Wege der Amtshilfe zu. Die Beklagte ist verpflichtet auch bei nicht verfügbarer eigener Kapazitäten, Verkehrszählungen und Lärmberechnungen oder Abgasmessungen vorzunehmen oder in Auftrag zu geben entweder an öffentliche Stellen oder an qualifizierte Privatgutachter, wenn wir hier ein komplexes und langjährig nicht gelöstes Verkehrsproblem besteht. Sie durfte nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass die klägerseits behaupteten Lärm- und Abgasbelastungen die nach den vorstehend genannten Kriterien bestimmten Grenzen der Zumutbarkeit nicht überschreiten. Der Anspruch der Klägerseite auf fehlerfreie Ausübung behördlichen Ermessens ist nach alledem nicht erfüllt, sodass die Beklagte über den Antrag erneut entscheiden muss. Bei der Entscheidung ist – wie oben ausgeführt – zu berücksichtigen, dass der Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen, der Schutz der Wohnruhe, aber auch der Schutz von Kindern und Passanten, die zu schmale Gehwege benutzen müssen, besonders berücksichtigungswürdige Belange mit Grundrechtsrang sind und deshalb bei der Ermessensentscheidung einen hohen Stellenwert haben und mit den übrigen privaten oder öffentlichen Interessen auf der Basis einer zutreffenden rechtlichen und tatsächlichen Ermittlung abgewogen werden müssen (OVG Münster, NJW 1981, 701). Die Straßenverkehrsbehörde hat das ihr nach § 45 Abs. 1 S.2 Nr.3 StVO eingeräumte Ermessen fehlerhaft ausgeübt, wenn sie die Belange der klagenden Anwohner nicht mit der diesen zukommenden Bedeutung gewichtet und in die Abwägung eingestellt hat; dazu bedarf es zumindest im vorliegenden komplexen und langjährig ungelösten Verkehrsproblem einer Ermittlung des konkreten Ausmaßes der gegebenen Lärm- und Schadstoffbelastung (vgl. dazu auch OVG Berlin vom 18.11.1998 Az.1 B 80.95, juris).

Einzelstreckenbezogene Verkehrsverbote, wie Durchfahrts- und Halteverbote werden auch nicht durch § 45 Abs. 1 StVO ausgeschlossen (vgl. dazu BVerwG vom 27.02.2018 - 7 C 26/16, Rn.50, juris). Im Ergebnis liegt daher im Bereich des Entschließungsermessens ein Ermessensausfall vor.

Die Kostenfolge ergibt sich aus §§ 154 Abs. 1, 162 VwGO, wonach die unterliegende Partei die Kosten des Verfahrens zu tragen hat. Vorliegend ist die Klage zulässig und begründet, sodass die Beklagte vollumfänglich unterliegt. Ihr sind die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung und Sicherheitsleistung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO, § 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Berufung ist nicht zuzulassen, da keine der in § 124 a Abs. 1 VwGO genannten Voraussetzungen gegeben ist.

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Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 26. Juli 2018 - RN 5 K 16.1733 zitiert 13 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 14


(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt. (2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen. (3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der All

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 42


(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden. (2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 75


Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von d

Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 45 Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen


(1) Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das gleiche Recht haben sie1.zur Durchführung von A

Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 40 Gefahrzeichen


(1) Gefahrzeichen mahnen zu erhöhter Aufmerksamkeit, insbesondere zur Verringerung der Geschwindigkeit im Hinblick auf eine Gefahrsituation (§ 3 Absatz 1). (2) Außerhalb geschlossener Ortschaften stehen sie im Allgemeinen 150 bis 250 m vor den Ge

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Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 26. Juli 2018 - RN 5 K 16.1733 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Bayerischer Verwaltungsgerichtshof Urteil, 12. Apr. 2016 - 11 B 15.2180

bei uns veröffentlicht am 12.04.2016

Tenor I. Das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 20. April 2015 und die verkehrsrechtliche Anordnung der Beklagten vom 5. März 2013 werden aufgehoben. II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszü

Bundesverwaltungsgericht Urteil, 27. Feb. 2018 - 7 C 26/16

bei uns veröffentlicht am 27.02.2018

Tatbestand 1 Der Kläger, eine bundesweit tätige, nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung, begehrt die Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die beigeladene Stadt

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(1) Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das gleiche Recht haben sie

1.
zur Durchführung von Arbeiten im Straßenraum,
2.
zur Verhütung außerordentlicher Schäden an der Straße,
3.
zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen,
4.
zum Schutz der Gewässer und Heilquellen,
5.
hinsichtlich der zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen sowie
6.
zur Erforschung des Unfallgeschehens, des Verkehrsverhaltens, der Verkehrsabläufe sowie zur Erprobung geplanter verkehrssichernder oder verkehrsregelnder Maßnahmen.

(1a) Das gleiche Recht haben sie ferner

1.
in Bade- und heilklimatischen Kurorten,
2.
in Luftkurorten,
3.
in Erholungsorten von besonderer Bedeutung,
4.
in Landschaftsgebieten und Ortsteilen, die überwiegend der Erholung dienen,
4a.
hinsichtlich örtlich begrenzter Maßnahmen aus Gründen des Arten- oder Biotopschutzes,
4b.
hinsichtlich örtlich und zeitlich begrenzter Maßnahmen zum Schutz kultureller Veranstaltungen, die außerhalb des Straßenraums stattfinden und durch den Straßenverkehr, insbesondere durch den von diesem ausgehenden Lärm, erheblich beeinträchtigt werden,
5.
in der Nähe von Krankenhäusern und Pflegeanstalten sowie
6.
in unmittelbarer Nähe von Erholungsstätten außerhalb geschlossener Ortschaften,
wenn dadurch anders nicht vermeidbare Belästigungen durch den Fahrzeugverkehr verhütet werden können.

(1b) Die Straßenverkehrsbehörden treffen auch die notwendigen Anordnungen

1.
im Zusammenhang mit der Einrichtung von gebührenpflichtigen Parkplätzen für Großveranstaltungen,
2.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen sowie für blinde Menschen,
2a.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel durch vollständige oder zeitlich beschränkte Reservierung des Parkraums für die Berechtigten oder durch Anordnung der Freistellung von angeordneten Parkraumbewirtschaftungsmaßnahmen,
3.
zur Kennzeichnung von Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten Bereichen,
4.
zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in diesen Bereichen sowie
5.
zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung.
Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die Parkmöglichkeiten für Bewohner, die Kennzeichnung von Fußgängerbereichen, verkehrsberuhigten Bereichen und Maßnahmen zum Schutze der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung im Einvernehmen mit der Gemeinde an.

(1c) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf, Tempo 30-Zonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Abweichend von Satz 3 bleiben vor dem 1. November 2000 angeordnete Tempo 30-Zonen mit Lichtzeichenanlagen zum Schutz der Fußgänger zulässig.

(1d) In zentralen städtischen Bereichen mit hohem Fußgängeraufkommen und überwiegender Aufenthaltsfunktion (verkehrsberuhigte Geschäftsbereiche) können auch Zonen-Geschwindigkeitsbeschränkungen von weniger als 30 km/h angeordnet werden.

(1e) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die für den Betrieb von mautgebührenpflichtigen Strecken erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen auf der Grundlage des vom Konzessionsnehmer vorgelegten Verkehrszeichenplans an. Die erforderlichen Anordnungen sind spätestens drei Monate nach Eingang des Verkehrszeichenplans zu treffen.

(1f) Zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen ordnet die Straßenverkehrsbehörde die dafür erforderlichen Verkehrsverbote mittels der Zeichen 270.1 und 270.2 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1g) Zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1h) Zur Parkbevorrechtigung von Carsharingfahrzeugen ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen der §§ 2 und 3 des Carsharinggesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen mit dem Carsharingsinnbild nach § 39 Absatz 11 an. Soll die Parkfläche nur für ein bestimmtes Carsharingunternehmen vorgehalten werden, ist auf einem weiteren Zusatzzeichen unterhalb dieses Zusatzzeichens die Firmenbezeichnung des Carsharingunternehmens namentlich in schwarzer Schrift auf weißem Grund anzuordnen.

(1i) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Gebieten mit hoher Fahrradverkehrsdichte, Fahrradzonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Die Anordnung einer Fahrradzone darf sich nicht mit der Anordnung einer Tempo 30-Zone überschneiden. Innerhalb der Fahrradzone ist in regelmäßigen Abständen das Zeichen 244.3 als Sinnbild auf der Fahrbahn aufzubringen.

(2) Zur Durchführung von Straßenbauarbeiten und zur Verhütung von außerordentlichen Schäden an der Straße, die durch deren baulichen Zustand bedingt sind, können die nach Landesrecht für den Straßenbau bestimmten Behörden (Straßenbaubehörde) – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Verkehrsverbote und -beschränkungen anordnen, den Verkehr umleiten und ihn durch Markierungen und Leiteinrichtungen lenken. Für Bahnübergänge von Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs können nur die Bahnunternehmen durch Blinklicht- oder Lichtzeichenanlagen, durch rot-weiß gestreifte Schranken oder durch Aufstellung des Andreaskreuzes ein bestimmtes Verhalten der Verkehrsteilnehmer vorschreiben. Für Bahnübergänge von Straßenbahnen auf unabhängigem Bahnkörper gilt Satz 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass die Befugnis zur Anordnung der Maßnahmen der nach personenbeförderungsrechtlichen Vorschriften zuständigen Technischen Aufsichtsbehörde des Straßenbahnunternehmens obliegt. Alle Gebote und Verbote sind durch Zeichen und Verkehrseinrichtungen nach dieser Verordnung anzuordnen.

(3) Im Übrigen bestimmen die Straßenverkehrsbehörden, wo und welche Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen anzubringen und zu entfernen sind, bei Straßennamensschildern nur darüber, wo diese so anzubringen sind, wie Zeichen 437 zeigt. Die Straßenbaubehörden legen – vorbehaltlich anderer Anordnungen der Straßenverkehrsbehörden – die Art der Anbringung und der Ausgestaltung, wie Übergröße, Beleuchtung fest; ob Leitpfosten anzubringen sind, bestimmen sie allein. Sie können auch – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Gefahrzeichen anbringen, wenn die Sicherheit des Verkehrs durch den Zustand der Straße gefährdet wird.

(4) Die genannten Behörden dürfen den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken; in dem Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 5 jedoch auch durch Anordnungen, die durch Rundfunk, Fernsehen, Tageszeitungen oder auf andere Weise bekannt gegeben werden, sofern die Aufstellung von Verkehrszeichen und -einrichtungen nach den gegebenen Umständen nicht möglich ist.

(5) Zur Beschaffung, Anbringung, Unterhaltung und Entfernung der Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen und zu deren Betrieb einschließlich ihrer Beleuchtung ist der Baulastträger verpflichtet, sonst der Eigentümer der Straße. Das gilt auch für die von der Straßenverkehrsbehörde angeordnete Beleuchtung von Fußgängerüberwegen.

(6) Vor dem Beginn von Arbeiten, die sich auf den Straßenverkehr auswirken, müssen die Unternehmer – die Bauunternehmer unter Vorlage eines Verkehrszeichenplans – von der zuständigen Behörde Anordnungen nach den Absätzen 1 bis 3 darüber einholen, wie ihre Arbeitsstellen abzusperren und zu kennzeichnen sind, ob und wie der Verkehr, auch bei teilweiser Straßensperrung, zu beschränken, zu leiten und zu regeln ist, ferner ob und wie sie gesperrte Straßen und Umleitungen zu kennzeichnen haben. Sie haben diese Anordnungen zu befolgen und Lichtzeichenanlagen zu bedienen.

(7) Sind Straßen als Vorfahrtstraßen oder als Verkehrsumleitungen gekennzeichnet, bedürfen Baumaßnahmen, durch welche die Fahrbahn eingeengt wird, der Zustimmung der Straßenverkehrsbehörde; ausgenommen sind die laufende Straßenunterhaltung sowie Notmaßnahmen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn sich die Behörde nicht innerhalb einer Woche nach Eingang des Antrags zu der Maßnahme geäußert hat.

(7a) Die Besatzung von Fahrzeugen, die im Pannenhilfsdienst, bei Bergungsarbeiten und bei der Vorbereitung von Abschleppmaßnahmen eingesetzt wird, darf bei Gefahr im Verzug zur Eigensicherung, zur Absicherung des havarierten Fahrzeugs und zur Sicherung des übrigen Verkehrs an der Pannenstelle Leitkegel (Zeichen 610) aufstellen.

(8) Die Straßenverkehrsbehörden können innerhalb geschlossener Ortschaften die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf bestimmten Straßen durch Zeichen 274 erhöhen. Außerhalb geschlossener Ortschaften können sie mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörden die nach § 3 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe c zulässige Höchstgeschwindigkeit durch Zeichen 274 auf 120 km/h anheben.

(9) Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Dabei dürfen Gefahrzeichen nur dort angeordnet werden, wo es für die Sicherheit des Verkehrs erforderlich ist, weil auch ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und auch nicht mit ihr rechnen muss. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt. Satz 3 gilt nicht für die Anordnung von

1.
Schutzstreifen für den Radverkehr (Zeichen 340),
2.
Fahrradstraßen (Zeichen 244.1),
3.
Sonderwegen außerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237, Zeichen 240, Zeichen 241) oder Radfahrstreifen innerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237 in Verbindung mit Zeichen 295),
4.
Tempo 30-Zonen nach Absatz 1c,
5.
verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen nach Absatz 1d,
6.
innerörtlichen streckenbezogenen Geschwindigkeitsbeschränkungen von 30 km/h (Zeichen 274) nach Absatz 1 Satz 1 auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) oder auf weiteren Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern,
7.
Erprobungsmaßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zweiter Halbsatz,
8.
Fahrradzonen nach Absatz 1i.
Satz 3 gilt ferner nicht für Beschränkungen oder Verbote des fließenden Verkehrs nach Absatz 1 Satz 1 oder 2 Nummer 3 zur Beseitigung oder Abmilderung von erheblichen Auswirkungen veränderter Verkehrsverhältnisse, die durch die Erhebung der Maut nach dem Bundesfernstraßenmautgesetz hervorgerufen worden sind. Satz 3 gilt zudem nicht zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen nach Absatz 1f.

(10) Absatz 9 gilt nicht, soweit Verkehrszeichen angeordnet werden, die zur Förderung der Elektromobilität nach dem Elektromobilitätsgesetz oder zur Förderung des Carsharing nach dem Carsharinggesetz getroffen werden dürfen.

(11) Absatz 1 Satz 1 und 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 6, Absatz 1a, 1f, 2 Satz 1 und 4, Absatz 3, 4, 5 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1, Absatz 7 sowie Absatz 9 Satz 1 bis 3, 4 Nummer 7 und Satz 6 gelten entsprechend für mit den Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes für das Fernstraßen-Bundesamt. Absatz 2 Satz 1 und 4 sowie Absatz 3, 4 und 7 gelten entsprechend für Bundesstraßen in Bundesverwaltung für das Fernstraßen-Bundesamt.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das gleiche Recht haben sie

1.
zur Durchführung von Arbeiten im Straßenraum,
2.
zur Verhütung außerordentlicher Schäden an der Straße,
3.
zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen,
4.
zum Schutz der Gewässer und Heilquellen,
5.
hinsichtlich der zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen sowie
6.
zur Erforschung des Unfallgeschehens, des Verkehrsverhaltens, der Verkehrsabläufe sowie zur Erprobung geplanter verkehrssichernder oder verkehrsregelnder Maßnahmen.

(1a) Das gleiche Recht haben sie ferner

1.
in Bade- und heilklimatischen Kurorten,
2.
in Luftkurorten,
3.
in Erholungsorten von besonderer Bedeutung,
4.
in Landschaftsgebieten und Ortsteilen, die überwiegend der Erholung dienen,
4a.
hinsichtlich örtlich begrenzter Maßnahmen aus Gründen des Arten- oder Biotopschutzes,
4b.
hinsichtlich örtlich und zeitlich begrenzter Maßnahmen zum Schutz kultureller Veranstaltungen, die außerhalb des Straßenraums stattfinden und durch den Straßenverkehr, insbesondere durch den von diesem ausgehenden Lärm, erheblich beeinträchtigt werden,
5.
in der Nähe von Krankenhäusern und Pflegeanstalten sowie
6.
in unmittelbarer Nähe von Erholungsstätten außerhalb geschlossener Ortschaften,
wenn dadurch anders nicht vermeidbare Belästigungen durch den Fahrzeugverkehr verhütet werden können.

(1b) Die Straßenverkehrsbehörden treffen auch die notwendigen Anordnungen

1.
im Zusammenhang mit der Einrichtung von gebührenpflichtigen Parkplätzen für Großveranstaltungen,
2.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen sowie für blinde Menschen,
2a.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel durch vollständige oder zeitlich beschränkte Reservierung des Parkraums für die Berechtigten oder durch Anordnung der Freistellung von angeordneten Parkraumbewirtschaftungsmaßnahmen,
3.
zur Kennzeichnung von Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten Bereichen,
4.
zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in diesen Bereichen sowie
5.
zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung.
Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die Parkmöglichkeiten für Bewohner, die Kennzeichnung von Fußgängerbereichen, verkehrsberuhigten Bereichen und Maßnahmen zum Schutze der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung im Einvernehmen mit der Gemeinde an.

(1c) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf, Tempo 30-Zonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Abweichend von Satz 3 bleiben vor dem 1. November 2000 angeordnete Tempo 30-Zonen mit Lichtzeichenanlagen zum Schutz der Fußgänger zulässig.

(1d) In zentralen städtischen Bereichen mit hohem Fußgängeraufkommen und überwiegender Aufenthaltsfunktion (verkehrsberuhigte Geschäftsbereiche) können auch Zonen-Geschwindigkeitsbeschränkungen von weniger als 30 km/h angeordnet werden.

(1e) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die für den Betrieb von mautgebührenpflichtigen Strecken erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen auf der Grundlage des vom Konzessionsnehmer vorgelegten Verkehrszeichenplans an. Die erforderlichen Anordnungen sind spätestens drei Monate nach Eingang des Verkehrszeichenplans zu treffen.

(1f) Zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen ordnet die Straßenverkehrsbehörde die dafür erforderlichen Verkehrsverbote mittels der Zeichen 270.1 und 270.2 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1g) Zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1h) Zur Parkbevorrechtigung von Carsharingfahrzeugen ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen der §§ 2 und 3 des Carsharinggesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen mit dem Carsharingsinnbild nach § 39 Absatz 11 an. Soll die Parkfläche nur für ein bestimmtes Carsharingunternehmen vorgehalten werden, ist auf einem weiteren Zusatzzeichen unterhalb dieses Zusatzzeichens die Firmenbezeichnung des Carsharingunternehmens namentlich in schwarzer Schrift auf weißem Grund anzuordnen.

(1i) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Gebieten mit hoher Fahrradverkehrsdichte, Fahrradzonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Die Anordnung einer Fahrradzone darf sich nicht mit der Anordnung einer Tempo 30-Zone überschneiden. Innerhalb der Fahrradzone ist in regelmäßigen Abständen das Zeichen 244.3 als Sinnbild auf der Fahrbahn aufzubringen.

(2) Zur Durchführung von Straßenbauarbeiten und zur Verhütung von außerordentlichen Schäden an der Straße, die durch deren baulichen Zustand bedingt sind, können die nach Landesrecht für den Straßenbau bestimmten Behörden (Straßenbaubehörde) – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Verkehrsverbote und -beschränkungen anordnen, den Verkehr umleiten und ihn durch Markierungen und Leiteinrichtungen lenken. Für Bahnübergänge von Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs können nur die Bahnunternehmen durch Blinklicht- oder Lichtzeichenanlagen, durch rot-weiß gestreifte Schranken oder durch Aufstellung des Andreaskreuzes ein bestimmtes Verhalten der Verkehrsteilnehmer vorschreiben. Für Bahnübergänge von Straßenbahnen auf unabhängigem Bahnkörper gilt Satz 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass die Befugnis zur Anordnung der Maßnahmen der nach personenbeförderungsrechtlichen Vorschriften zuständigen Technischen Aufsichtsbehörde des Straßenbahnunternehmens obliegt. Alle Gebote und Verbote sind durch Zeichen und Verkehrseinrichtungen nach dieser Verordnung anzuordnen.

(3) Im Übrigen bestimmen die Straßenverkehrsbehörden, wo und welche Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen anzubringen und zu entfernen sind, bei Straßennamensschildern nur darüber, wo diese so anzubringen sind, wie Zeichen 437 zeigt. Die Straßenbaubehörden legen – vorbehaltlich anderer Anordnungen der Straßenverkehrsbehörden – die Art der Anbringung und der Ausgestaltung, wie Übergröße, Beleuchtung fest; ob Leitpfosten anzubringen sind, bestimmen sie allein. Sie können auch – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Gefahrzeichen anbringen, wenn die Sicherheit des Verkehrs durch den Zustand der Straße gefährdet wird.

(4) Die genannten Behörden dürfen den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken; in dem Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 5 jedoch auch durch Anordnungen, die durch Rundfunk, Fernsehen, Tageszeitungen oder auf andere Weise bekannt gegeben werden, sofern die Aufstellung von Verkehrszeichen und -einrichtungen nach den gegebenen Umständen nicht möglich ist.

(5) Zur Beschaffung, Anbringung, Unterhaltung und Entfernung der Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen und zu deren Betrieb einschließlich ihrer Beleuchtung ist der Baulastträger verpflichtet, sonst der Eigentümer der Straße. Das gilt auch für die von der Straßenverkehrsbehörde angeordnete Beleuchtung von Fußgängerüberwegen.

(6) Vor dem Beginn von Arbeiten, die sich auf den Straßenverkehr auswirken, müssen die Unternehmer – die Bauunternehmer unter Vorlage eines Verkehrszeichenplans – von der zuständigen Behörde Anordnungen nach den Absätzen 1 bis 3 darüber einholen, wie ihre Arbeitsstellen abzusperren und zu kennzeichnen sind, ob und wie der Verkehr, auch bei teilweiser Straßensperrung, zu beschränken, zu leiten und zu regeln ist, ferner ob und wie sie gesperrte Straßen und Umleitungen zu kennzeichnen haben. Sie haben diese Anordnungen zu befolgen und Lichtzeichenanlagen zu bedienen.

(7) Sind Straßen als Vorfahrtstraßen oder als Verkehrsumleitungen gekennzeichnet, bedürfen Baumaßnahmen, durch welche die Fahrbahn eingeengt wird, der Zustimmung der Straßenverkehrsbehörde; ausgenommen sind die laufende Straßenunterhaltung sowie Notmaßnahmen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn sich die Behörde nicht innerhalb einer Woche nach Eingang des Antrags zu der Maßnahme geäußert hat.

(7a) Die Besatzung von Fahrzeugen, die im Pannenhilfsdienst, bei Bergungsarbeiten und bei der Vorbereitung von Abschleppmaßnahmen eingesetzt wird, darf bei Gefahr im Verzug zur Eigensicherung, zur Absicherung des havarierten Fahrzeugs und zur Sicherung des übrigen Verkehrs an der Pannenstelle Leitkegel (Zeichen 610) aufstellen.

(8) Die Straßenverkehrsbehörden können innerhalb geschlossener Ortschaften die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf bestimmten Straßen durch Zeichen 274 erhöhen. Außerhalb geschlossener Ortschaften können sie mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörden die nach § 3 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe c zulässige Höchstgeschwindigkeit durch Zeichen 274 auf 120 km/h anheben.

(9) Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Dabei dürfen Gefahrzeichen nur dort angeordnet werden, wo es für die Sicherheit des Verkehrs erforderlich ist, weil auch ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und auch nicht mit ihr rechnen muss. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt. Satz 3 gilt nicht für die Anordnung von

1.
Schutzstreifen für den Radverkehr (Zeichen 340),
2.
Fahrradstraßen (Zeichen 244.1),
3.
Sonderwegen außerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237, Zeichen 240, Zeichen 241) oder Radfahrstreifen innerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237 in Verbindung mit Zeichen 295),
4.
Tempo 30-Zonen nach Absatz 1c,
5.
verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen nach Absatz 1d,
6.
innerörtlichen streckenbezogenen Geschwindigkeitsbeschränkungen von 30 km/h (Zeichen 274) nach Absatz 1 Satz 1 auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) oder auf weiteren Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern,
7.
Erprobungsmaßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zweiter Halbsatz,
8.
Fahrradzonen nach Absatz 1i.
Satz 3 gilt ferner nicht für Beschränkungen oder Verbote des fließenden Verkehrs nach Absatz 1 Satz 1 oder 2 Nummer 3 zur Beseitigung oder Abmilderung von erheblichen Auswirkungen veränderter Verkehrsverhältnisse, die durch die Erhebung der Maut nach dem Bundesfernstraßenmautgesetz hervorgerufen worden sind. Satz 3 gilt zudem nicht zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen nach Absatz 1f.

(10) Absatz 9 gilt nicht, soweit Verkehrszeichen angeordnet werden, die zur Förderung der Elektromobilität nach dem Elektromobilitätsgesetz oder zur Förderung des Carsharing nach dem Carsharinggesetz getroffen werden dürfen.

(11) Absatz 1 Satz 1 und 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 6, Absatz 1a, 1f, 2 Satz 1 und 4, Absatz 3, 4, 5 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1, Absatz 7 sowie Absatz 9 Satz 1 bis 3, 4 Nummer 7 und Satz 6 gelten entsprechend für mit den Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes für das Fernstraßen-Bundesamt. Absatz 2 Satz 1 und 4 sowie Absatz 3, 4 und 7 gelten entsprechend für Bundesstraßen in Bundesverwaltung für das Fernstraßen-Bundesamt.

Ist über einen Widerspruch oder über einen Antrag auf Vornahme eines Verwaltungsakts ohne zureichenden Grund in angemessener Frist sachlich nicht entschieden worden, so ist die Klage abweichend von § 68 zulässig. Die Klage kann nicht vor Ablauf von drei Monaten seit der Einlegung des Widerspruchs oder seit dem Antrag auf Vornahme des Verwaltungsakts erhoben werden, außer wenn wegen besonderer Umstände des Falles eine kürzere Frist geboten ist. Liegt ein zureichender Grund dafür vor, daß über den Widerspruch noch nicht entschieden oder der beantragte Verwaltungsakt noch nicht erlassen ist, so setzt das Gericht das Verfahren bis zum Ablauf einer von ihm bestimmten Frist, die verlängert werden kann, aus. Wird dem Widerspruch innerhalb der vom Gericht gesetzten Frist stattgegeben oder der Verwaltungsakt innerhalb dieser Frist erlassen, so ist die Hauptsache für erledigt zu erklären.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

(1) Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das gleiche Recht haben sie

1.
zur Durchführung von Arbeiten im Straßenraum,
2.
zur Verhütung außerordentlicher Schäden an der Straße,
3.
zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen,
4.
zum Schutz der Gewässer und Heilquellen,
5.
hinsichtlich der zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen sowie
6.
zur Erforschung des Unfallgeschehens, des Verkehrsverhaltens, der Verkehrsabläufe sowie zur Erprobung geplanter verkehrssichernder oder verkehrsregelnder Maßnahmen.

(1a) Das gleiche Recht haben sie ferner

1.
in Bade- und heilklimatischen Kurorten,
2.
in Luftkurorten,
3.
in Erholungsorten von besonderer Bedeutung,
4.
in Landschaftsgebieten und Ortsteilen, die überwiegend der Erholung dienen,
4a.
hinsichtlich örtlich begrenzter Maßnahmen aus Gründen des Arten- oder Biotopschutzes,
4b.
hinsichtlich örtlich und zeitlich begrenzter Maßnahmen zum Schutz kultureller Veranstaltungen, die außerhalb des Straßenraums stattfinden und durch den Straßenverkehr, insbesondere durch den von diesem ausgehenden Lärm, erheblich beeinträchtigt werden,
5.
in der Nähe von Krankenhäusern und Pflegeanstalten sowie
6.
in unmittelbarer Nähe von Erholungsstätten außerhalb geschlossener Ortschaften,
wenn dadurch anders nicht vermeidbare Belästigungen durch den Fahrzeugverkehr verhütet werden können.

(1b) Die Straßenverkehrsbehörden treffen auch die notwendigen Anordnungen

1.
im Zusammenhang mit der Einrichtung von gebührenpflichtigen Parkplätzen für Großveranstaltungen,
2.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen sowie für blinde Menschen,
2a.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel durch vollständige oder zeitlich beschränkte Reservierung des Parkraums für die Berechtigten oder durch Anordnung der Freistellung von angeordneten Parkraumbewirtschaftungsmaßnahmen,
3.
zur Kennzeichnung von Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten Bereichen,
4.
zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in diesen Bereichen sowie
5.
zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung.
Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die Parkmöglichkeiten für Bewohner, die Kennzeichnung von Fußgängerbereichen, verkehrsberuhigten Bereichen und Maßnahmen zum Schutze der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung im Einvernehmen mit der Gemeinde an.

(1c) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf, Tempo 30-Zonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Abweichend von Satz 3 bleiben vor dem 1. November 2000 angeordnete Tempo 30-Zonen mit Lichtzeichenanlagen zum Schutz der Fußgänger zulässig.

(1d) In zentralen städtischen Bereichen mit hohem Fußgängeraufkommen und überwiegender Aufenthaltsfunktion (verkehrsberuhigte Geschäftsbereiche) können auch Zonen-Geschwindigkeitsbeschränkungen von weniger als 30 km/h angeordnet werden.

(1e) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die für den Betrieb von mautgebührenpflichtigen Strecken erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen auf der Grundlage des vom Konzessionsnehmer vorgelegten Verkehrszeichenplans an. Die erforderlichen Anordnungen sind spätestens drei Monate nach Eingang des Verkehrszeichenplans zu treffen.

(1f) Zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen ordnet die Straßenverkehrsbehörde die dafür erforderlichen Verkehrsverbote mittels der Zeichen 270.1 und 270.2 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1g) Zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1h) Zur Parkbevorrechtigung von Carsharingfahrzeugen ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen der §§ 2 und 3 des Carsharinggesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen mit dem Carsharingsinnbild nach § 39 Absatz 11 an. Soll die Parkfläche nur für ein bestimmtes Carsharingunternehmen vorgehalten werden, ist auf einem weiteren Zusatzzeichen unterhalb dieses Zusatzzeichens die Firmenbezeichnung des Carsharingunternehmens namentlich in schwarzer Schrift auf weißem Grund anzuordnen.

(1i) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Gebieten mit hoher Fahrradverkehrsdichte, Fahrradzonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Die Anordnung einer Fahrradzone darf sich nicht mit der Anordnung einer Tempo 30-Zone überschneiden. Innerhalb der Fahrradzone ist in regelmäßigen Abständen das Zeichen 244.3 als Sinnbild auf der Fahrbahn aufzubringen.

(2) Zur Durchführung von Straßenbauarbeiten und zur Verhütung von außerordentlichen Schäden an der Straße, die durch deren baulichen Zustand bedingt sind, können die nach Landesrecht für den Straßenbau bestimmten Behörden (Straßenbaubehörde) – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Verkehrsverbote und -beschränkungen anordnen, den Verkehr umleiten und ihn durch Markierungen und Leiteinrichtungen lenken. Für Bahnübergänge von Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs können nur die Bahnunternehmen durch Blinklicht- oder Lichtzeichenanlagen, durch rot-weiß gestreifte Schranken oder durch Aufstellung des Andreaskreuzes ein bestimmtes Verhalten der Verkehrsteilnehmer vorschreiben. Für Bahnübergänge von Straßenbahnen auf unabhängigem Bahnkörper gilt Satz 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass die Befugnis zur Anordnung der Maßnahmen der nach personenbeförderungsrechtlichen Vorschriften zuständigen Technischen Aufsichtsbehörde des Straßenbahnunternehmens obliegt. Alle Gebote und Verbote sind durch Zeichen und Verkehrseinrichtungen nach dieser Verordnung anzuordnen.

(3) Im Übrigen bestimmen die Straßenverkehrsbehörden, wo und welche Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen anzubringen und zu entfernen sind, bei Straßennamensschildern nur darüber, wo diese so anzubringen sind, wie Zeichen 437 zeigt. Die Straßenbaubehörden legen – vorbehaltlich anderer Anordnungen der Straßenverkehrsbehörden – die Art der Anbringung und der Ausgestaltung, wie Übergröße, Beleuchtung fest; ob Leitpfosten anzubringen sind, bestimmen sie allein. Sie können auch – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Gefahrzeichen anbringen, wenn die Sicherheit des Verkehrs durch den Zustand der Straße gefährdet wird.

(4) Die genannten Behörden dürfen den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken; in dem Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 5 jedoch auch durch Anordnungen, die durch Rundfunk, Fernsehen, Tageszeitungen oder auf andere Weise bekannt gegeben werden, sofern die Aufstellung von Verkehrszeichen und -einrichtungen nach den gegebenen Umständen nicht möglich ist.

(5) Zur Beschaffung, Anbringung, Unterhaltung und Entfernung der Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen und zu deren Betrieb einschließlich ihrer Beleuchtung ist der Baulastträger verpflichtet, sonst der Eigentümer der Straße. Das gilt auch für die von der Straßenverkehrsbehörde angeordnete Beleuchtung von Fußgängerüberwegen.

(6) Vor dem Beginn von Arbeiten, die sich auf den Straßenverkehr auswirken, müssen die Unternehmer – die Bauunternehmer unter Vorlage eines Verkehrszeichenplans – von der zuständigen Behörde Anordnungen nach den Absätzen 1 bis 3 darüber einholen, wie ihre Arbeitsstellen abzusperren und zu kennzeichnen sind, ob und wie der Verkehr, auch bei teilweiser Straßensperrung, zu beschränken, zu leiten und zu regeln ist, ferner ob und wie sie gesperrte Straßen und Umleitungen zu kennzeichnen haben. Sie haben diese Anordnungen zu befolgen und Lichtzeichenanlagen zu bedienen.

(7) Sind Straßen als Vorfahrtstraßen oder als Verkehrsumleitungen gekennzeichnet, bedürfen Baumaßnahmen, durch welche die Fahrbahn eingeengt wird, der Zustimmung der Straßenverkehrsbehörde; ausgenommen sind die laufende Straßenunterhaltung sowie Notmaßnahmen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn sich die Behörde nicht innerhalb einer Woche nach Eingang des Antrags zu der Maßnahme geäußert hat.

(7a) Die Besatzung von Fahrzeugen, die im Pannenhilfsdienst, bei Bergungsarbeiten und bei der Vorbereitung von Abschleppmaßnahmen eingesetzt wird, darf bei Gefahr im Verzug zur Eigensicherung, zur Absicherung des havarierten Fahrzeugs und zur Sicherung des übrigen Verkehrs an der Pannenstelle Leitkegel (Zeichen 610) aufstellen.

(8) Die Straßenverkehrsbehörden können innerhalb geschlossener Ortschaften die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf bestimmten Straßen durch Zeichen 274 erhöhen. Außerhalb geschlossener Ortschaften können sie mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörden die nach § 3 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe c zulässige Höchstgeschwindigkeit durch Zeichen 274 auf 120 km/h anheben.

(9) Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Dabei dürfen Gefahrzeichen nur dort angeordnet werden, wo es für die Sicherheit des Verkehrs erforderlich ist, weil auch ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und auch nicht mit ihr rechnen muss. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt. Satz 3 gilt nicht für die Anordnung von

1.
Schutzstreifen für den Radverkehr (Zeichen 340),
2.
Fahrradstraßen (Zeichen 244.1),
3.
Sonderwegen außerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237, Zeichen 240, Zeichen 241) oder Radfahrstreifen innerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237 in Verbindung mit Zeichen 295),
4.
Tempo 30-Zonen nach Absatz 1c,
5.
verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen nach Absatz 1d,
6.
innerörtlichen streckenbezogenen Geschwindigkeitsbeschränkungen von 30 km/h (Zeichen 274) nach Absatz 1 Satz 1 auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) oder auf weiteren Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern,
7.
Erprobungsmaßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zweiter Halbsatz,
8.
Fahrradzonen nach Absatz 1i.
Satz 3 gilt ferner nicht für Beschränkungen oder Verbote des fließenden Verkehrs nach Absatz 1 Satz 1 oder 2 Nummer 3 zur Beseitigung oder Abmilderung von erheblichen Auswirkungen veränderter Verkehrsverhältnisse, die durch die Erhebung der Maut nach dem Bundesfernstraßenmautgesetz hervorgerufen worden sind. Satz 3 gilt zudem nicht zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen nach Absatz 1f.

(10) Absatz 9 gilt nicht, soweit Verkehrszeichen angeordnet werden, die zur Förderung der Elektromobilität nach dem Elektromobilitätsgesetz oder zur Förderung des Carsharing nach dem Carsharinggesetz getroffen werden dürfen.

(11) Absatz 1 Satz 1 und 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 6, Absatz 1a, 1f, 2 Satz 1 und 4, Absatz 3, 4, 5 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1, Absatz 7 sowie Absatz 9 Satz 1 bis 3, 4 Nummer 7 und Satz 6 gelten entsprechend für mit den Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes für das Fernstraßen-Bundesamt. Absatz 2 Satz 1 und 4 sowie Absatz 3, 4 und 7 gelten entsprechend für Bundesstraßen in Bundesverwaltung für das Fernstraßen-Bundesamt.

(1) Das Eigentum und das Erbrecht werden gewährleistet. Inhalt und Schranken werden durch die Gesetze bestimmt.

(2) Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich dem Wohle der Allgemeinheit dienen.

(3) Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt. Die Entschädigung ist unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu bestimmen. Wegen der Höhe der Entschädigung steht im Streitfalle der Rechtsweg vor den ordentlichen Gerichten offen.

(1) Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das gleiche Recht haben sie

1.
zur Durchführung von Arbeiten im Straßenraum,
2.
zur Verhütung außerordentlicher Schäden an der Straße,
3.
zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen,
4.
zum Schutz der Gewässer und Heilquellen,
5.
hinsichtlich der zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen sowie
6.
zur Erforschung des Unfallgeschehens, des Verkehrsverhaltens, der Verkehrsabläufe sowie zur Erprobung geplanter verkehrssichernder oder verkehrsregelnder Maßnahmen.

(1a) Das gleiche Recht haben sie ferner

1.
in Bade- und heilklimatischen Kurorten,
2.
in Luftkurorten,
3.
in Erholungsorten von besonderer Bedeutung,
4.
in Landschaftsgebieten und Ortsteilen, die überwiegend der Erholung dienen,
4a.
hinsichtlich örtlich begrenzter Maßnahmen aus Gründen des Arten- oder Biotopschutzes,
4b.
hinsichtlich örtlich und zeitlich begrenzter Maßnahmen zum Schutz kultureller Veranstaltungen, die außerhalb des Straßenraums stattfinden und durch den Straßenverkehr, insbesondere durch den von diesem ausgehenden Lärm, erheblich beeinträchtigt werden,
5.
in der Nähe von Krankenhäusern und Pflegeanstalten sowie
6.
in unmittelbarer Nähe von Erholungsstätten außerhalb geschlossener Ortschaften,
wenn dadurch anders nicht vermeidbare Belästigungen durch den Fahrzeugverkehr verhütet werden können.

(1b) Die Straßenverkehrsbehörden treffen auch die notwendigen Anordnungen

1.
im Zusammenhang mit der Einrichtung von gebührenpflichtigen Parkplätzen für Großveranstaltungen,
2.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen sowie für blinde Menschen,
2a.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel durch vollständige oder zeitlich beschränkte Reservierung des Parkraums für die Berechtigten oder durch Anordnung der Freistellung von angeordneten Parkraumbewirtschaftungsmaßnahmen,
3.
zur Kennzeichnung von Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten Bereichen,
4.
zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in diesen Bereichen sowie
5.
zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung.
Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die Parkmöglichkeiten für Bewohner, die Kennzeichnung von Fußgängerbereichen, verkehrsberuhigten Bereichen und Maßnahmen zum Schutze der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung im Einvernehmen mit der Gemeinde an.

(1c) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf, Tempo 30-Zonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Abweichend von Satz 3 bleiben vor dem 1. November 2000 angeordnete Tempo 30-Zonen mit Lichtzeichenanlagen zum Schutz der Fußgänger zulässig.

(1d) In zentralen städtischen Bereichen mit hohem Fußgängeraufkommen und überwiegender Aufenthaltsfunktion (verkehrsberuhigte Geschäftsbereiche) können auch Zonen-Geschwindigkeitsbeschränkungen von weniger als 30 km/h angeordnet werden.

(1e) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die für den Betrieb von mautgebührenpflichtigen Strecken erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen auf der Grundlage des vom Konzessionsnehmer vorgelegten Verkehrszeichenplans an. Die erforderlichen Anordnungen sind spätestens drei Monate nach Eingang des Verkehrszeichenplans zu treffen.

(1f) Zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen ordnet die Straßenverkehrsbehörde die dafür erforderlichen Verkehrsverbote mittels der Zeichen 270.1 und 270.2 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1g) Zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1h) Zur Parkbevorrechtigung von Carsharingfahrzeugen ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen der §§ 2 und 3 des Carsharinggesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen mit dem Carsharingsinnbild nach § 39 Absatz 11 an. Soll die Parkfläche nur für ein bestimmtes Carsharingunternehmen vorgehalten werden, ist auf einem weiteren Zusatzzeichen unterhalb dieses Zusatzzeichens die Firmenbezeichnung des Carsharingunternehmens namentlich in schwarzer Schrift auf weißem Grund anzuordnen.

(1i) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Gebieten mit hoher Fahrradverkehrsdichte, Fahrradzonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Die Anordnung einer Fahrradzone darf sich nicht mit der Anordnung einer Tempo 30-Zone überschneiden. Innerhalb der Fahrradzone ist in regelmäßigen Abständen das Zeichen 244.3 als Sinnbild auf der Fahrbahn aufzubringen.

(2) Zur Durchführung von Straßenbauarbeiten und zur Verhütung von außerordentlichen Schäden an der Straße, die durch deren baulichen Zustand bedingt sind, können die nach Landesrecht für den Straßenbau bestimmten Behörden (Straßenbaubehörde) – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Verkehrsverbote und -beschränkungen anordnen, den Verkehr umleiten und ihn durch Markierungen und Leiteinrichtungen lenken. Für Bahnübergänge von Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs können nur die Bahnunternehmen durch Blinklicht- oder Lichtzeichenanlagen, durch rot-weiß gestreifte Schranken oder durch Aufstellung des Andreaskreuzes ein bestimmtes Verhalten der Verkehrsteilnehmer vorschreiben. Für Bahnübergänge von Straßenbahnen auf unabhängigem Bahnkörper gilt Satz 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass die Befugnis zur Anordnung der Maßnahmen der nach personenbeförderungsrechtlichen Vorschriften zuständigen Technischen Aufsichtsbehörde des Straßenbahnunternehmens obliegt. Alle Gebote und Verbote sind durch Zeichen und Verkehrseinrichtungen nach dieser Verordnung anzuordnen.

(3) Im Übrigen bestimmen die Straßenverkehrsbehörden, wo und welche Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen anzubringen und zu entfernen sind, bei Straßennamensschildern nur darüber, wo diese so anzubringen sind, wie Zeichen 437 zeigt. Die Straßenbaubehörden legen – vorbehaltlich anderer Anordnungen der Straßenverkehrsbehörden – die Art der Anbringung und der Ausgestaltung, wie Übergröße, Beleuchtung fest; ob Leitpfosten anzubringen sind, bestimmen sie allein. Sie können auch – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Gefahrzeichen anbringen, wenn die Sicherheit des Verkehrs durch den Zustand der Straße gefährdet wird.

(4) Die genannten Behörden dürfen den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken; in dem Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 5 jedoch auch durch Anordnungen, die durch Rundfunk, Fernsehen, Tageszeitungen oder auf andere Weise bekannt gegeben werden, sofern die Aufstellung von Verkehrszeichen und -einrichtungen nach den gegebenen Umständen nicht möglich ist.

(5) Zur Beschaffung, Anbringung, Unterhaltung und Entfernung der Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen und zu deren Betrieb einschließlich ihrer Beleuchtung ist der Baulastträger verpflichtet, sonst der Eigentümer der Straße. Das gilt auch für die von der Straßenverkehrsbehörde angeordnete Beleuchtung von Fußgängerüberwegen.

(6) Vor dem Beginn von Arbeiten, die sich auf den Straßenverkehr auswirken, müssen die Unternehmer – die Bauunternehmer unter Vorlage eines Verkehrszeichenplans – von der zuständigen Behörde Anordnungen nach den Absätzen 1 bis 3 darüber einholen, wie ihre Arbeitsstellen abzusperren und zu kennzeichnen sind, ob und wie der Verkehr, auch bei teilweiser Straßensperrung, zu beschränken, zu leiten und zu regeln ist, ferner ob und wie sie gesperrte Straßen und Umleitungen zu kennzeichnen haben. Sie haben diese Anordnungen zu befolgen und Lichtzeichenanlagen zu bedienen.

(7) Sind Straßen als Vorfahrtstraßen oder als Verkehrsumleitungen gekennzeichnet, bedürfen Baumaßnahmen, durch welche die Fahrbahn eingeengt wird, der Zustimmung der Straßenverkehrsbehörde; ausgenommen sind die laufende Straßenunterhaltung sowie Notmaßnahmen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn sich die Behörde nicht innerhalb einer Woche nach Eingang des Antrags zu der Maßnahme geäußert hat.

(7a) Die Besatzung von Fahrzeugen, die im Pannenhilfsdienst, bei Bergungsarbeiten und bei der Vorbereitung von Abschleppmaßnahmen eingesetzt wird, darf bei Gefahr im Verzug zur Eigensicherung, zur Absicherung des havarierten Fahrzeugs und zur Sicherung des übrigen Verkehrs an der Pannenstelle Leitkegel (Zeichen 610) aufstellen.

(8) Die Straßenverkehrsbehörden können innerhalb geschlossener Ortschaften die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf bestimmten Straßen durch Zeichen 274 erhöhen. Außerhalb geschlossener Ortschaften können sie mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörden die nach § 3 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe c zulässige Höchstgeschwindigkeit durch Zeichen 274 auf 120 km/h anheben.

(9) Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Dabei dürfen Gefahrzeichen nur dort angeordnet werden, wo es für die Sicherheit des Verkehrs erforderlich ist, weil auch ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und auch nicht mit ihr rechnen muss. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt. Satz 3 gilt nicht für die Anordnung von

1.
Schutzstreifen für den Radverkehr (Zeichen 340),
2.
Fahrradstraßen (Zeichen 244.1),
3.
Sonderwegen außerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237, Zeichen 240, Zeichen 241) oder Radfahrstreifen innerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237 in Verbindung mit Zeichen 295),
4.
Tempo 30-Zonen nach Absatz 1c,
5.
verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen nach Absatz 1d,
6.
innerörtlichen streckenbezogenen Geschwindigkeitsbeschränkungen von 30 km/h (Zeichen 274) nach Absatz 1 Satz 1 auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) oder auf weiteren Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern,
7.
Erprobungsmaßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zweiter Halbsatz,
8.
Fahrradzonen nach Absatz 1i.
Satz 3 gilt ferner nicht für Beschränkungen oder Verbote des fließenden Verkehrs nach Absatz 1 Satz 1 oder 2 Nummer 3 zur Beseitigung oder Abmilderung von erheblichen Auswirkungen veränderter Verkehrsverhältnisse, die durch die Erhebung der Maut nach dem Bundesfernstraßenmautgesetz hervorgerufen worden sind. Satz 3 gilt zudem nicht zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen nach Absatz 1f.

(10) Absatz 9 gilt nicht, soweit Verkehrszeichen angeordnet werden, die zur Förderung der Elektromobilität nach dem Elektromobilitätsgesetz oder zur Förderung des Carsharing nach dem Carsharinggesetz getroffen werden dürfen.

(11) Absatz 1 Satz 1 und 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 6, Absatz 1a, 1f, 2 Satz 1 und 4, Absatz 3, 4, 5 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1, Absatz 7 sowie Absatz 9 Satz 1 bis 3, 4 Nummer 7 und Satz 6 gelten entsprechend für mit den Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes für das Fernstraßen-Bundesamt. Absatz 2 Satz 1 und 4 sowie Absatz 3, 4 und 7 gelten entsprechend für Bundesstraßen in Bundesverwaltung für das Fernstraßen-Bundesamt.

Tenor

I.

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 20. April 2015 und die verkehrsrechtliche Anordnung der Beklagten vom 5. März 2013 werden aufgehoben.

II.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung eines Verkehrsverbots für Kraftfahrzeuge über 3,5 t.

Die Beklagte erließ am 5. März 2013 aus Gründen der Sicherheit und Ordnung, zur Verhütung außerordentlicher Schäden an der Straße und zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen eine verkehrsrechtliche Anordnung zur Aufstellung des Verkehrszeichens 253 „Verbot für Kraftfahrzeuge über 3,5 t Gesamtgewicht außer PKW und Omnibusse“ mit Zusatzzeichen 1026-39 „Betriebs- und Versorgungsdienst frei“ für die Markgrafenstraße und den Kirchenweg in ihrem Gemeindegebiet. Aufgrund der örtlichen Lage der Markgrafenstraße würden viele Verkehrsteilnehmer statt der Ortsdurchfahrt über die Kreisstraße die Markgrafenstraße bzw. den Kirchenweg befahren, um den Weg abzukürzen. Dadurch komme es zu Belästigungen der Anwohner insbesondere durch den Verkehrslärm schwerer Fahrzeuge. Einige Anwohner hätten sich diesbezüglich des Öfteren telefonisch bei der Verwaltungsgemeinschaft beschwert und um Abhilfe ersucht. Darüber hinaus sei der Bauzustand der Straße nicht auf einen Durchgangsverkehr in diesem Maße ausgelegt, weshalb es durch die starken und häufigen Belastungen der Straße im Wohnbaugebiet bereits zur außerordentlichen Schäden gekommen sei. Die Verkehrszeichen zur Umsetzung der verkehrsrechtlichen Anordnung wurden am 23. April 2013 aufgestellt.

Der Kläger ließ am 20. März 2014 Klage zum Verwaltungsgericht Ansbach gegen die verkehrsrechtliche Anordnung erheben. Er wohne in dem durch die beiden Straßen erschlossenen Wohngebiet. Er sei Berufskraftfahrer und parke nach der Arbeit den Lkw seines Arbeitgebers auf dem Parkstreifen entlang der Markgrafenstraße. Auch besitze er einen Ford Ranchero, welcher als Lkw zugelassen sei. Sobald er diesen mit einem Anhänger fahre, überschreite er die 3,5 t-Grenze. Es handle sich laut Bebauungsplan um ein allgemeines Wohngebiet, auch befänden sich drei gewerbliche Betriebe im streitgegenständlichen Gebiet. Die gesetzlichen Voraussetzungen für den Erlass der streitgegenständlichen verkehrsrechtlichen Anordnung seien nicht gegeben. Feststellungen über die Größe und Intensität der Lärmbelastung, aber auch hinsichtlich der Verkehrssicherheit lägen nicht vor. Die Anordnung sei auch zur Verhütung außerordentlicher Schäden an den Straßen nicht notwendig. Die streitgegenständlichen Straßen seien für ein Nebeneinander der verschiedenen Verkehrsarten geeignet. Auch sei es ermessensfehlerhaft, wenn die Beklagte im streitgegenständliche Gebiet auch keinen Anwohnerverkehr zulasse oder wenigstens das Durchfahrtsverbotsschild erst nach dem Parkstreifen in der Markgrafenstraße anbringe.

Zur Begründung ihres Klageabweisungsantrags trug die Beklagte vor, die Markgrafenstraße sei die kürzeste Verbindung in südlicher bzw. in nördlicher Richtung und werde als Abkürzungsweg von vielen Verkehrsteilnehmern anstelle der an sich hierfür vorgesehenen Kreisstraße genutzt. Das führe zu erheblichem Verkehrslärm. Daher sei es erforderlich gewesen, die streitgegenständliche Anordnung zu erlassen, damit gerade der Schwerlastverkehr, also alle Fahrzeuge über 3,5 t Gesamtgewicht, diese Abkürzung nicht benutzten. Darüber hinaus sei der Bauzustand der Markgrafenstraße nicht für einen derartigen Durchgangsverkehr, insbesondere nicht für die Benutzung durch Lkw vom Straßenaufbau her ausgelegt. Die Anordnung sei auch zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen notwendig gewesen, da die Lärmbelästigung der Anwohner durch den Verkehrslärm schwerer Lkw überhandgenommen habe. Es sei daran zu denken, hier die Rechtsprechung zum sogenannten „Mautausweichverkehr“ heranzuziehen, da es auch hier primär um sogenannten Abkürzungsverkehr gehe. Konkrete Lärmmessungen seien insoweit nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht erforderlich.

In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht gab die Beklagte an, dass es in einem Zeitraum von etwa zwei Jahren ca. 20 Beschwerden von Anwohnern gegeben habe.

Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 20. April 2015 ab. Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Anordnung des streitgegenständlichen Verkehrsverbots lägen jedenfalls insoweit vor, als sich die Beklagte auf den Schutz der Bevölkerung vor Lärm durch Ausweichverkehr - verursacht durch Lkw - berufe, demgegenüber der Kläger keine eigenen qualifizierten Interessen anführen könne, welche im Rahmen der von der Beklagten zu treffenden Ermessensentscheidung berücksichtigungsfähig gewesen wären. Die Vorschrift des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO gebe dem einzelnen einen Anspruch auf eine ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein straßenrechtliches Einschreiten, wenn Lärm oder Abgase Beeinträchtigungen mit sich brächten, die jenseits dessen lägen, was unter Berücksichtigung der Belange des Verkehrs im konkreten Fall als ortsüblich hingenommen und damit zugemutet werden müsse. Damit korrespondierten das Recht und die Pflicht der Verkehrsordnungsbehörden, die Anwohner vor derartigen Beeinträchtigungen zu schützen. Der Vortrag der Beklagten, dass die von der streitgegenständlichen Anordnung betroffenen Straßen als Abkürzung genutzt würden, sei für das Gericht aufgrund des örtlichen Straßenverlaufs nachvollziehbar. Der „Schleichweg“ werde hier über Straßen genommen welche - nur - für die Erschließung des Wohngebiets konzipiert seien und denen jedenfalls keine Funktion für den Durchgangsverkehr (im Regelfall) zugedacht sei. Werde eine derartige Wohnerschließungsstraße bestimmungswidrig für den überörtlichen Verkehr in Anspruch genommen, sei ein derartiger Verkehr nicht mehr als ortsüblich anzusehen. Einen bei Gesamtbetrachtung nicht mehr ortsüblichen Verkehr und dessen Auswirkungen müssten Anlieger jedoch nicht mehr hinnehmen. Entgegen dem Klagevorbringen müsse die Unzumutbarkeit nicht zwingend und in jedem Fall durch Zählungen, Messungen oder Berechnungen dargetan werden, sondern sie könne sich schlicht aus der fehlenden Ortsüblichkeit ergeben. Ein Lkw-Durchgangsverkehr durch ein planungsrechtlich festgesetztes allgemeines Wohngebiet nutze die Straße funktionswidrig, so dass die reine Tatsache des Vorliegens eines derartigen nicht funktionsgerechten Verkehrs zulässigerweise zu Lärmschutzmaßnahmen führen könne. Demgegenüber müsse das Interesse des Klägers als Anlieger zurücktreten.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof ließ auf Antrag des Klägers mit Beschluss vom 30. September 2015 die Berufung gegen das Urteil zu. Für die in der verkehrsrechtlichen Anordnung vom 5. März 2013 genannten Gründe der Sicherheit und Ordnung fehle es an jedwedem Tatsachenvortrag. Außerordentliche Schäden an der Straße würden in der Anordnung zwar genannt, solche seien aber nicht dokumentiert. Der bauliche Zustand der Straße werde nicht dargelegt. Hinsichtlich des Vorliegens der Voraussetzungen des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO - Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen - sei weder eine Lärmberechnung durchgeführt noch sei ermittelt worden, zu welcher Lärmminderung die Anordnung führe. Den Akten seien überhaupt keine Feststellungen über die Verkehrsbelastung der maßgeblichen Straßen zu entnehmen, geschweige denn Feststellungen über die Belastung durch Lkw-Verkehr.

Im Berufungsverfahren beantragt der Kläger,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 20. April 2015 und das Verkehrszeichen 253 sowie das Zusatzzeichen 1026-39 für die Markgrafenstraße und den Kirchenweg aufzuheben.

Zur Begründung trägt der Kläger unter Verweis auf die Begründung des Antrags auf Zulassung der Berufung und unter teilweiser Wiederholung des Vorbringens vor dem Verwaltungsgericht vor, es sei nicht festgestellt, ob überhaupt ein Lkw-Durchgangsverkehr vorliege. Der Kläger habe einen solchen noch nicht bemerkt. Es lägen noch nicht einmal glaubhafte Indizien vor, aus denen auf einen erhöhten Durchgangsverkehr geschlossen werden könne. Selbst bei Vorliegen eines Lkw-Durchgangsverkehrs sei äußerst fraglich, dass es tatsächlich keiner Lärmmessungen bedürfe. Die Beklagte hätte für die erlassene Anordnung nicht nur feststellen müssen, dass eine Lärmbelästigung vorliege, sondern auch, dass der Lärm gerade durch den Lkw-Verkehr verursacht werde. Der Kläger könne mit seinem Lkw nicht einmal mehr in die Nähe seines eigenen Grundstücks fahren. Das bedeute erhebliche unzumutbare Einschränkungen beim Be- und Entladen seines Lkws.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Zu Begründung wiederholt sie unter Verweis auf ihre Erwiderung im Zulassungsverfahren das Vorbringen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren und verteidigt die Ausführungen im verwaltungsgerichtlichen Urteil. Sie betont, dass es grundsätzlich keiner Lärmmessungen bedürfe, wenn bereits die Ortsunüblichkeit des Verkehrs zu einer Unzumutbarkeit führe. Denklogisch verursache Schwerlastverkehr mehr Lärm als normaler Pkw-Verkehr. Die Abkürzung werde vom Schwerlastverkehr gleichermaßen genutzt wie von normalem Pkw-Verkehr.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.

Gründe

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung, über die der Senat mit Einverständnis der Beteiligten nach § 125 Abs. 1, § 101 Abs. 2 VwGO ohne mündliche Verhandlung entscheidet, hat Erfolg.

1. Die Klage ist zulässig. Amtliche Verkehrszeichen i. S. d. §§ 41 und 42 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) sind anfechtbare Verwaltungsakte in Form der Allgemeinverfügung (Art. 35 Satz 2 BayVwVfG). Sie verkörpern die ihnen zugrunde liegenden Anordnungen und werden mit ihrem Aufstellen (vgl. § 39 Abs. 1, § 45 Abs. 4 StVO) gegenüber den Verkehrsteilnehmern, die sich den von ihnen erfassten Streckenabschnitten nähern, bekannt gemacht und damit fortlaufend neu erlassen (vgl. BVerwG, U. v. 9.6.1967 - VII C 18.66 - BVerwGE 27, 181; U. v. 13.12.1974 - VII C 19.71 - VRS 49, 70). Verkehrszeichen werden gemäß Art. 43 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG gegenüber dem Verkehrsteilnehmer in dem Zeitpunkt wirksam, in dem sie ihm bekanntgegeben werden. Sind Verkehrszeichen so aufgestellt oder angebracht, dass sie ein durchschnittlicher Verkehrsteilnehmer bei Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt schon mit einem raschen und beiläufigen Blick erfassen kann, äußern sie ihre Rechtswirkungen gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer (BVerwG, U. v. 23.9.2010 - 3 C 37.09 - BVerwGE 138, 21).

Nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO ist die Klage innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Verwaltungsaktes zu erheben, wenn - wie hier nach Art. 15 Abs. 2 AGVwGO i. V. m. § 68 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 VwGO - die Durchführung eines Widerspruchsverfahrens nicht erforderlich ist. Die Berechnung der Klagefrist richtet sich nach § 57 VwGO; mangels Rechtsmittelbelehrung beträgt die Klagefrist bei Anfechtung amtlicher Verkehrszeichen ein Jahr, § 58 Abs. 2 VwGO. Die Frist ist hier gewahrt, da die Klage innerhalb eines Jahres seit Aufstellung der Verkehrsschilder erhoben wurde.

2. Die Klage ist auch begründet. Die verkehrsrechtliche Anordnung der Beklagten vom 5. März 2013 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Das verwaltungsgerichtliche Urteil war daher abzuändern und die verkehrsrechtliche Anordnung vom 5. März 2013 aufzuheben.

2.1 Nach § 45 Abs. 1 Satz 1 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten. Das gleiche Recht haben sie zur Verhütung außerordentlicher Schäden an der Straße (§ 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 StVO). Für die in der streitgegenständlichen Anordnung genannten Gründe der Sicherheit und Ordnung fehlt es an jedwedem Tatsachenvortrag. Außerordentliche Schäden an der Straße werden in der Anordnung zwar genannt; auch wurde im verwaltungsgerichtlichen Verfahren vorgebracht, dass bereits Schäden an der Straße entstanden wären, jedoch wurde weder vorgetragen noch ist in den Akten dokumentiert, dass der Verkehr mit Lkw über 3,5 t aufgrund des baulichen Zustands der Straße zu Schäden führen würde. Der bauliche Zustand der Straße wurde auch nicht dargelegt. Aus dem der verkehrsrechtlichen Anordnung beigelegten Lageplan ist nichts ersichtlich, was insbesondere hinsichtlich der Breite der Straße einem Lkw-Verkehr darauf entgegenstehen könnte. Der Senat hat hierauf bereits im Berufungszulassungsbeschluss vom 30. September 2015 hingewiesen. Im Berufungsverfahren hat sich die Beklagte zu diesen Fragen nicht mehr geäußert, so dass eine weitere Aufklärung nicht veranlasst ist.

2.2 Nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO können die Straßenverkehrsbehörden die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Diese Befugnis wird durch § 45 Abs. 9 Satz 2 StVO (vgl. BVerwG, B. v. 23.4.2013 - 3 B 59.12 - juris; BayVGH, B. v. 25.3.2015 - 11 ZB 14.2366 - juris) dahin modifiziert, dass Voraussetzung für Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs eine besondere örtliche Gefahrenlage ist, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der Wohnbevölkerung durch Lärm und Abgase erheblich übersteigt. Hierzu müssen Lärm oder Abgase Beeinträchtigungen mit sich bringen, die jenseits dessen liegen, was unter Berücksichtigung der Belange des Verkehrs im konkreten Fall als ortsüblich hingenommen werden muss und damit zugemutet werden kann.

Bei der Prüfung, welcher Verkehrslärmschutz im Einzelfall rechtlich zulässig und geboten ist, ist auf die gebietsbezogene Schutzwürdigkeit und Schutzbedürftigkeit sowie auf das Vorhandensein bzw. Fehlen einer bereits gegebenen Lärmvorbelastung abzustellen. Die Grenze der zumutbaren Lärmbelastung, bei deren Überschreitung Maßnahmen nach § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO in Betracht kommen, ist nicht durch auf Rechtsetzung beruhende Grenzwerte festgelegt. Auch durch die in den Vorläufigen Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm (Lärmschutz-Richtlinien-StV) vom 23. November 2007 (VkBl 2007, 767) enthaltenen Schallpegel wird diese Grenze, wie der Senat im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, U. v. 4.6.1986 - 7 C 76.84 - BVerwGE 74, 234) entschieden hat (vgl. BayVGH, U. v. 26.11.1998 - 11 B 95.2934 - juris; U. v. 11.5.1999 - 11 B 97.695 - juris), nicht bestimmt. Ebenso wenig können die Vorschriften der Sechzehnten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (Verkehrslärmschutzverordnung - 16. BImSchV) vom 12. Juni 1990 (BGBl I S. 1036) bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Lärmbelastung im Rahmen des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO unmittelbar angewendet werden. Diese Verordnung bestimmt durch Festlegung von Immissionsgrenzwerten die Schwelle der Zumutbarkeit von Verkehrslärm nämlich nur für den Bau und die wesentliche Änderung u. a. von öffentlichen Straßen (vgl. § 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1 16. BImSchV). Desgleichen gelten die Richtlinien für den Verkehrslärmschutz an Bundesfernstraßen in der Baulast des Bundes - VLärmSchR 97 - vom 2. Juni 1997 (VkBl 1997, 434) lediglich für planerische Maßnahmen bei der Linienführung und Trassierung (Lärmschutz durch Planung), für bauliche Maßnahmen an der Straße (aktiver Lärmschutz) und an lärmbetroffenen baulichen Anlagen (passiver Lärmschutz) beim Neubau und bei der wesentlichen Änderung von Straßen (Lärmvorsorge) und zur Verminderung der Lärmbelastung an bestehenden Straßen (Lärmsanierung) sowie für die Entschädigung wegen verbleibender Beeinträchtigungen (vgl. insbesondere Abschnitte A. I., II.; B. IV.; C. VI. 11 bis 13; D. XIV., 36 f.; E. XVII.). Demgegenüber geht es bei § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO um straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen des Lärmschutzes für bestehende Straßen (siehe zum Ganzen: BayVGH, U. v. 21.3.2012 - 11 B 10.1657 - juris Rn. 27).

Die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 der Verkehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) können aber im Anwendungsbereich des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 StVO als Orientierungspunkte für die Bestimmung der Zumutbarkeitsgrenze, deren Überschreitung die Behörde zu Maßnahmen ermächtigt, herangezogen werden (so ausdrücklich BVerwG, U. v. 22.12.1993 - 11 C 45.92 - NZV 1994, 244; vgl. ferner BayVGH, U. v. 26.11.1998 - 11 B 95.2934 - juris; U. v. 11.5.1999 - 11 B 97.695 - juris). Denn die Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung bringen ganz allgemein die Wertung des Normgebers zum Ausdruck, von welcher Schwelle an eine nicht mehr hinzunehmende Beeinträchtigung der jeweiligen Gebietsfunktion, zumindest auch dem Wohnen zu dienen, anzunehmen ist. Eine Unterschreitung der Immissionsgrenzwerte der Verkehrslärmschutzverordnung ist danach jedenfalls ein Indiz dafür, dass die Lärmbelastung auch die Zumutbarkeitsschwelle in straßenverkehrsrechtlicher Hinsicht nicht erreicht (BayVGH, U. v. 21.3.2012 - 11 B 10.1657 - juris Rn. 28). § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV legt den Immissionsgrenzwert zum Schutz der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Verkehrsgeräusche beim Bau oder der wesentlichen Änderung öffentlicher Straßen in reinen und allgemeinen Wohngebieten und Kleinsiedlungsgebieten auf 59 dB(A) am Tag und 49 dB(A) in der Nacht fest.

Maßgeblich sind auch andere Besonderheiten des Einzelfalles; als eine solche Besonderheit ist höchstrichterlich (BVerwG, U. v. 4.6.1986 - 7 C 76.84 - BVerwGE 74, 234, 239) beurteilt worden, dass eine „Ortserschließungsstraße“ entgegen ihrer eigentlichen Funktion zunehmend vom überörtlichen Verkehr als sog. Schleichweg in Anspruch genommen wird und damit Lärmbelästigungen ausgelöst werden, die von den Anliegern reiner Wohnstraßen üblicherweise nicht hingenommen werden müssen. Denn Verkehrslärm, der von den Anliegern etwa einer Bundesfernstraße (einschließlich Ortsdurchfahrt) oder auch einer Staatsstraße bzw. einer Kreisstraße wegen ihrer der Widmung entsprechenden Verkehrsbedeutung ertragen werden muss, ist nicht ohne weiteres in gleicher Weise den Anliegern einer Ortserschließungsstraße zumutbar. Demgemäß haben die Straßenverkehrsbehörden u. a. darauf hinzuwirken, dass vom Durchgangsverkehr in erster Linie die dafür gewidmeten überörtlichen Straßen und nicht die örtlichen Erschließungsstraßen reiner Wohngebiete benutzt werden (siehe zum Ganzen: BVerwG, U. v. 15.2.2000 - 3 C 14.99 - NJW 2000, 2121 - juris Rn. 15; U. v. 4.6.1986 - 7 C 76.84 - BVerwGE 74, 234 - juris Rn. 26).

Hier handelt es sich bei den durch die verkehrsrechtliche Anordnung vom 5. März 2013 betroffenen Straßen nach übereinstimmendem Vortrag der Parteien um - auch als solche gewidmete - Ortsstraßen nach Art. 46 Nr. 2 BayStrWG (Ortserschließungsstraßen) in einem durch Bebauungsplan festgesetzten allgemeinen Wohngebiet. Dass Beschränkungen aufgrund von anderen als straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften bestehen, wurde nicht vorgetragen. Es kann offen bleiben, ob - insbesondere nach der Einfügung von § 45 Abs. 9 Sätze 1 und 2 StVO zum 1. September 1997 (ÄndVO v. 7.8.1997, VkBl 97, 690) - bei Ortserschließungsstraßen Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs aus Gründen der Ortsunüblichkeit eines Durchgangsverkehrs auch dann möglich sind, wenn die Immissionsgrenzwerte des § 2 Abs. 1 Nr. 2 der 16. BImSchV für reine und allgemeine Wohngebiete von 59 dB(A) am Tag und 49 dB(A) in der Nacht nicht überschritten sind. Denn eine verkehrsrechtliche Anordnung zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm setzt auch in diesem Fall voraus, dass in dem betreffenden Gebiet eine Lärmbelastung besteht, die von den Anliegern reiner Wohnstraßen üblicherweise nicht hingenommen werden muss. Es sind daher Feststellungen darüber zu treffen, welcher Bereich in welcher Größenordnung und Intensität von Verkehrslärm belastet ist (vgl. HessVGH, U. v. 31.3.1999 - 2 UE 2346/96 - NJW 1999, 2057; VG Stuttgart, B. v. 14.1.2004 - 10 K 4372/03 - juris). Allein die Widmung einer Straße als Ortsstraße in einem allgemeinen Wohngebiet berechtigt nicht, diese für den Lkw-Verkehr zu sperren. Auch auf Ortsstraßen in Wohngebieten ist Lkw-Verkehr grundsätzlich zulässig, und zwar - soweit nicht andere Gründe als Lärmschutz entgegenstehen, z. B. die Sicherheit des Verkehrs oder der bauliche Zustand der Straße - grundsätzlich auch als Durchgangsverkehr. Dieser ist nicht rechtswidrig (vgl. BayVGH, U. v. 18.2.2002 - 11 B 00.1769 - BayVBl 2003, 80). Dabei handelt es sich, wenn er nicht unzumutbare Ausmaße annimmt, auch nicht um atypischen Verkehr (vgl. OVG NW, U. v. 29.10.2008 - 8 A 3743/06 - DVBl 2009, 458 zu Motorrädern). Nach den Bestimmungen des § 45 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 9 Sätze 1 und 2 StVO ist es nicht möglich, den Durchgangsverkehr - auch nicht den Durchgangsverkehr für Lkw über 3,5 t - aus Ortsstraßen wegen „Ortsunüblichkeit“ ohne nähere Prüfung auszuschließen.

Vor der Anordnung von Beschränkungen und Verboten des fließenden Verkehrs aus Lärmschutzgründen ist es daher grundsätzlich notwendig, die Lärmbelastung zu berechnen, was eine Erfassung der Verkehrsbelastung (Verkehrszählung) voraussetzt. Sodann ist zu berechnen, welche Lärmminderung durch die beabsichtigte verkehrsrechtliche Maßnahme erreicht wird (vgl. auch OVG Bremen, B. v. 21.6.2010 - 1 B 68/10 - juris Rn. 11).

Die Beklagte hat, wie sie gegenüber den Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 13. Februar 2014 ausdrücklich eingeräumt hat, vor Erlass der streitgegenständlichen Anordnung keine Verkehrszählung und auch keine Lärmberechnung durchgeführt. Es kann offen bleiben, ob in jedem Fall eine Lärmberechnung durchgeführt werden muss oder ob sich die Straßenverkehrsbehörde auf die Ermittlung der Verkehrsmenge beschränken darf, weil sich hieraus genügend Anhaltspunkte für die Bewertung der Zumutbarkeit der Lärmbelastung ergeben (vgl. VGH BW, U. v. 16.5.1997 - 5 S 1842/95 - NZV 1997, 532). Denn es wurde im gesamten gerichtlichen Verfahren nicht einmal annähernd der Umfang der Verkehrsbelastung der maßgeblichen Straßen insgesamt oder durch durchfahrende Lkw vorgetragen. Dass sich innerhalb von zwei Jahren 20 Anwohner über die Belästigung durch durchfahrende Lkw beschwert haben, reicht für das streitgegenständliche Lkw-Verbot nicht aus.

Im Übrigen ist die streitgegenständliche Anordnung allein schon deshalb rechtswidrig, weil auch der Verkehr von Lkw über 3,5 t für Anlieger verboten wurde. Dass es aus Lärmschutzgründen notwendig ist, insoweit auch den Lkw-Anliegerverkehr im allgemeinen Wohngebiet zu verbieten, dürfte auszuschließen sein.

3. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

4. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keine Gründe i. S. d. § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 2 VwGO vorliegen.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 133 VwGO kann die Nichtzulassung der Revision durch Beschwerde zum Bundesverwaltungsgericht in Leipzig angefochten werden. Die Beschwerde ist beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung einzulegen und innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. In der Beschwerdebegründung muss die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, von der die Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG i. V. m. der Empfehlung in Nr. 46.15 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedr. in Kopp/Schenke, VwGO, 21. Aufl. 2015, Anhang zu § 164 Rn. 14).

(1) Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das gleiche Recht haben sie

1.
zur Durchführung von Arbeiten im Straßenraum,
2.
zur Verhütung außerordentlicher Schäden an der Straße,
3.
zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen,
4.
zum Schutz der Gewässer und Heilquellen,
5.
hinsichtlich der zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen sowie
6.
zur Erforschung des Unfallgeschehens, des Verkehrsverhaltens, der Verkehrsabläufe sowie zur Erprobung geplanter verkehrssichernder oder verkehrsregelnder Maßnahmen.

(1a) Das gleiche Recht haben sie ferner

1.
in Bade- und heilklimatischen Kurorten,
2.
in Luftkurorten,
3.
in Erholungsorten von besonderer Bedeutung,
4.
in Landschaftsgebieten und Ortsteilen, die überwiegend der Erholung dienen,
4a.
hinsichtlich örtlich begrenzter Maßnahmen aus Gründen des Arten- oder Biotopschutzes,
4b.
hinsichtlich örtlich und zeitlich begrenzter Maßnahmen zum Schutz kultureller Veranstaltungen, die außerhalb des Straßenraums stattfinden und durch den Straßenverkehr, insbesondere durch den von diesem ausgehenden Lärm, erheblich beeinträchtigt werden,
5.
in der Nähe von Krankenhäusern und Pflegeanstalten sowie
6.
in unmittelbarer Nähe von Erholungsstätten außerhalb geschlossener Ortschaften,
wenn dadurch anders nicht vermeidbare Belästigungen durch den Fahrzeugverkehr verhütet werden können.

(1b) Die Straßenverkehrsbehörden treffen auch die notwendigen Anordnungen

1.
im Zusammenhang mit der Einrichtung von gebührenpflichtigen Parkplätzen für Großveranstaltungen,
2.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen sowie für blinde Menschen,
2a.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel durch vollständige oder zeitlich beschränkte Reservierung des Parkraums für die Berechtigten oder durch Anordnung der Freistellung von angeordneten Parkraumbewirtschaftungsmaßnahmen,
3.
zur Kennzeichnung von Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten Bereichen,
4.
zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in diesen Bereichen sowie
5.
zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung.
Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die Parkmöglichkeiten für Bewohner, die Kennzeichnung von Fußgängerbereichen, verkehrsberuhigten Bereichen und Maßnahmen zum Schutze der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung im Einvernehmen mit der Gemeinde an.

(1c) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf, Tempo 30-Zonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Abweichend von Satz 3 bleiben vor dem 1. November 2000 angeordnete Tempo 30-Zonen mit Lichtzeichenanlagen zum Schutz der Fußgänger zulässig.

(1d) In zentralen städtischen Bereichen mit hohem Fußgängeraufkommen und überwiegender Aufenthaltsfunktion (verkehrsberuhigte Geschäftsbereiche) können auch Zonen-Geschwindigkeitsbeschränkungen von weniger als 30 km/h angeordnet werden.

(1e) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die für den Betrieb von mautgebührenpflichtigen Strecken erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen auf der Grundlage des vom Konzessionsnehmer vorgelegten Verkehrszeichenplans an. Die erforderlichen Anordnungen sind spätestens drei Monate nach Eingang des Verkehrszeichenplans zu treffen.

(1f) Zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen ordnet die Straßenverkehrsbehörde die dafür erforderlichen Verkehrsverbote mittels der Zeichen 270.1 und 270.2 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1g) Zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1h) Zur Parkbevorrechtigung von Carsharingfahrzeugen ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen der §§ 2 und 3 des Carsharinggesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen mit dem Carsharingsinnbild nach § 39 Absatz 11 an. Soll die Parkfläche nur für ein bestimmtes Carsharingunternehmen vorgehalten werden, ist auf einem weiteren Zusatzzeichen unterhalb dieses Zusatzzeichens die Firmenbezeichnung des Carsharingunternehmens namentlich in schwarzer Schrift auf weißem Grund anzuordnen.

(1i) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Gebieten mit hoher Fahrradverkehrsdichte, Fahrradzonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Die Anordnung einer Fahrradzone darf sich nicht mit der Anordnung einer Tempo 30-Zone überschneiden. Innerhalb der Fahrradzone ist in regelmäßigen Abständen das Zeichen 244.3 als Sinnbild auf der Fahrbahn aufzubringen.

(2) Zur Durchführung von Straßenbauarbeiten und zur Verhütung von außerordentlichen Schäden an der Straße, die durch deren baulichen Zustand bedingt sind, können die nach Landesrecht für den Straßenbau bestimmten Behörden (Straßenbaubehörde) – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Verkehrsverbote und -beschränkungen anordnen, den Verkehr umleiten und ihn durch Markierungen und Leiteinrichtungen lenken. Für Bahnübergänge von Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs können nur die Bahnunternehmen durch Blinklicht- oder Lichtzeichenanlagen, durch rot-weiß gestreifte Schranken oder durch Aufstellung des Andreaskreuzes ein bestimmtes Verhalten der Verkehrsteilnehmer vorschreiben. Für Bahnübergänge von Straßenbahnen auf unabhängigem Bahnkörper gilt Satz 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass die Befugnis zur Anordnung der Maßnahmen der nach personenbeförderungsrechtlichen Vorschriften zuständigen Technischen Aufsichtsbehörde des Straßenbahnunternehmens obliegt. Alle Gebote und Verbote sind durch Zeichen und Verkehrseinrichtungen nach dieser Verordnung anzuordnen.

(3) Im Übrigen bestimmen die Straßenverkehrsbehörden, wo und welche Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen anzubringen und zu entfernen sind, bei Straßennamensschildern nur darüber, wo diese so anzubringen sind, wie Zeichen 437 zeigt. Die Straßenbaubehörden legen – vorbehaltlich anderer Anordnungen der Straßenverkehrsbehörden – die Art der Anbringung und der Ausgestaltung, wie Übergröße, Beleuchtung fest; ob Leitpfosten anzubringen sind, bestimmen sie allein. Sie können auch – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Gefahrzeichen anbringen, wenn die Sicherheit des Verkehrs durch den Zustand der Straße gefährdet wird.

(4) Die genannten Behörden dürfen den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken; in dem Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 5 jedoch auch durch Anordnungen, die durch Rundfunk, Fernsehen, Tageszeitungen oder auf andere Weise bekannt gegeben werden, sofern die Aufstellung von Verkehrszeichen und -einrichtungen nach den gegebenen Umständen nicht möglich ist.

(5) Zur Beschaffung, Anbringung, Unterhaltung und Entfernung der Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen und zu deren Betrieb einschließlich ihrer Beleuchtung ist der Baulastträger verpflichtet, sonst der Eigentümer der Straße. Das gilt auch für die von der Straßenverkehrsbehörde angeordnete Beleuchtung von Fußgängerüberwegen.

(6) Vor dem Beginn von Arbeiten, die sich auf den Straßenverkehr auswirken, müssen die Unternehmer – die Bauunternehmer unter Vorlage eines Verkehrszeichenplans – von der zuständigen Behörde Anordnungen nach den Absätzen 1 bis 3 darüber einholen, wie ihre Arbeitsstellen abzusperren und zu kennzeichnen sind, ob und wie der Verkehr, auch bei teilweiser Straßensperrung, zu beschränken, zu leiten und zu regeln ist, ferner ob und wie sie gesperrte Straßen und Umleitungen zu kennzeichnen haben. Sie haben diese Anordnungen zu befolgen und Lichtzeichenanlagen zu bedienen.

(7) Sind Straßen als Vorfahrtstraßen oder als Verkehrsumleitungen gekennzeichnet, bedürfen Baumaßnahmen, durch welche die Fahrbahn eingeengt wird, der Zustimmung der Straßenverkehrsbehörde; ausgenommen sind die laufende Straßenunterhaltung sowie Notmaßnahmen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn sich die Behörde nicht innerhalb einer Woche nach Eingang des Antrags zu der Maßnahme geäußert hat.

(7a) Die Besatzung von Fahrzeugen, die im Pannenhilfsdienst, bei Bergungsarbeiten und bei der Vorbereitung von Abschleppmaßnahmen eingesetzt wird, darf bei Gefahr im Verzug zur Eigensicherung, zur Absicherung des havarierten Fahrzeugs und zur Sicherung des übrigen Verkehrs an der Pannenstelle Leitkegel (Zeichen 610) aufstellen.

(8) Die Straßenverkehrsbehörden können innerhalb geschlossener Ortschaften die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf bestimmten Straßen durch Zeichen 274 erhöhen. Außerhalb geschlossener Ortschaften können sie mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörden die nach § 3 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe c zulässige Höchstgeschwindigkeit durch Zeichen 274 auf 120 km/h anheben.

(9) Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Dabei dürfen Gefahrzeichen nur dort angeordnet werden, wo es für die Sicherheit des Verkehrs erforderlich ist, weil auch ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und auch nicht mit ihr rechnen muss. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt. Satz 3 gilt nicht für die Anordnung von

1.
Schutzstreifen für den Radverkehr (Zeichen 340),
2.
Fahrradstraßen (Zeichen 244.1),
3.
Sonderwegen außerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237, Zeichen 240, Zeichen 241) oder Radfahrstreifen innerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237 in Verbindung mit Zeichen 295),
4.
Tempo 30-Zonen nach Absatz 1c,
5.
verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen nach Absatz 1d,
6.
innerörtlichen streckenbezogenen Geschwindigkeitsbeschränkungen von 30 km/h (Zeichen 274) nach Absatz 1 Satz 1 auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) oder auf weiteren Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern,
7.
Erprobungsmaßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zweiter Halbsatz,
8.
Fahrradzonen nach Absatz 1i.
Satz 3 gilt ferner nicht für Beschränkungen oder Verbote des fließenden Verkehrs nach Absatz 1 Satz 1 oder 2 Nummer 3 zur Beseitigung oder Abmilderung von erheblichen Auswirkungen veränderter Verkehrsverhältnisse, die durch die Erhebung der Maut nach dem Bundesfernstraßenmautgesetz hervorgerufen worden sind. Satz 3 gilt zudem nicht zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen nach Absatz 1f.

(10) Absatz 9 gilt nicht, soweit Verkehrszeichen angeordnet werden, die zur Förderung der Elektromobilität nach dem Elektromobilitätsgesetz oder zur Förderung des Carsharing nach dem Carsharinggesetz getroffen werden dürfen.

(11) Absatz 1 Satz 1 und 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 6, Absatz 1a, 1f, 2 Satz 1 und 4, Absatz 3, 4, 5 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1, Absatz 7 sowie Absatz 9 Satz 1 bis 3, 4 Nummer 7 und Satz 6 gelten entsprechend für mit den Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes für das Fernstraßen-Bundesamt. Absatz 2 Satz 1 und 4 sowie Absatz 3, 4 und 7 gelten entsprechend für Bundesstraßen in Bundesverwaltung für das Fernstraßen-Bundesamt.

(1) Gefahrzeichen mahnen zu erhöhter Aufmerksamkeit, insbesondere zur Verringerung der Geschwindigkeit im Hinblick auf eine Gefahrsituation (§ 3 Absatz 1).

(2) Außerhalb geschlossener Ortschaften stehen sie im Allgemeinen 150 bis 250 m vor den Gefahrstellen. Ist die Entfernung erheblich geringer, kann sie auf einem Zusatzzeichen angegeben sein, wie

(3) Innerhalb geschlossener Ortschaften stehen sie im Allgemeinen kurz vor der Gefahrstelle.

(4) Ein Zusatzzeichen wie

kann die Länge der Gefahrstrecke angeben.

(5) Steht ein Gefahrzeichen vor einer Einmündung, weist auf einem Zusatzzeichen ein schwarzer Pfeil in die Richtung der Gefahrstelle, falls diese in der anderen Straße liegt.

(6) Allgemeine Gefahrzeichen ergeben sich aus der Anlage 1 Abschnitt 1.

(7) Besondere Gefahrzeichen vor Übergängen von Schienenbahnen mit Vorrang ergeben sich aus der Anlage 1 Abschnitt 2.

(1) Die Straßenverkehrsbehörden können die Benutzung bestimmter Straßen oder Straßenstrecken aus Gründen der Sicherheit oder Ordnung des Verkehrs beschränken oder verbieten und den Verkehr umleiten. Das gleiche Recht haben sie

1.
zur Durchführung von Arbeiten im Straßenraum,
2.
zur Verhütung außerordentlicher Schäden an der Straße,
3.
zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm und Abgasen,
4.
zum Schutz der Gewässer und Heilquellen,
5.
hinsichtlich der zur Erhaltung der öffentlichen Sicherheit erforderlichen Maßnahmen sowie
6.
zur Erforschung des Unfallgeschehens, des Verkehrsverhaltens, der Verkehrsabläufe sowie zur Erprobung geplanter verkehrssichernder oder verkehrsregelnder Maßnahmen.

(1a) Das gleiche Recht haben sie ferner

1.
in Bade- und heilklimatischen Kurorten,
2.
in Luftkurorten,
3.
in Erholungsorten von besonderer Bedeutung,
4.
in Landschaftsgebieten und Ortsteilen, die überwiegend der Erholung dienen,
4a.
hinsichtlich örtlich begrenzter Maßnahmen aus Gründen des Arten- oder Biotopschutzes,
4b.
hinsichtlich örtlich und zeitlich begrenzter Maßnahmen zum Schutz kultureller Veranstaltungen, die außerhalb des Straßenraums stattfinden und durch den Straßenverkehr, insbesondere durch den von diesem ausgehenden Lärm, erheblich beeinträchtigt werden,
5.
in der Nähe von Krankenhäusern und Pflegeanstalten sowie
6.
in unmittelbarer Nähe von Erholungsstätten außerhalb geschlossener Ortschaften,
wenn dadurch anders nicht vermeidbare Belästigungen durch den Fahrzeugverkehr verhütet werden können.

(1b) Die Straßenverkehrsbehörden treffen auch die notwendigen Anordnungen

1.
im Zusammenhang mit der Einrichtung von gebührenpflichtigen Parkplätzen für Großveranstaltungen,
2.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für schwerbehinderte Menschen mit außergewöhnlicher Gehbehinderung, beidseitiger Amelie oder Phokomelie oder mit vergleichbaren Funktionseinschränkungen sowie für blinde Menschen,
2a.
im Zusammenhang mit der Kennzeichnung von Parkmöglichkeiten für Bewohner städtischer Quartiere mit erheblichem Parkraummangel durch vollständige oder zeitlich beschränkte Reservierung des Parkraums für die Berechtigten oder durch Anordnung der Freistellung von angeordneten Parkraumbewirtschaftungsmaßnahmen,
3.
zur Kennzeichnung von Fußgängerbereichen und verkehrsberuhigten Bereichen,
4.
zur Erhaltung der Sicherheit oder Ordnung in diesen Bereichen sowie
5.
zum Schutz der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung.
Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die Parkmöglichkeiten für Bewohner, die Kennzeichnung von Fußgängerbereichen, verkehrsberuhigten Bereichen und Maßnahmen zum Schutze der Bevölkerung vor Lärm und Abgasen oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung im Einvernehmen mit der Gemeinde an.

(1c) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Wohngebieten und Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte sowie hohem Querungsbedarf, Tempo 30-Zonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Abweichend von Satz 3 bleiben vor dem 1. November 2000 angeordnete Tempo 30-Zonen mit Lichtzeichenanlagen zum Schutz der Fußgänger zulässig.

(1d) In zentralen städtischen Bereichen mit hohem Fußgängeraufkommen und überwiegender Aufenthaltsfunktion (verkehrsberuhigte Geschäftsbereiche) können auch Zonen-Geschwindigkeitsbeschränkungen von weniger als 30 km/h angeordnet werden.

(1e) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen die für den Betrieb von mautgebührenpflichtigen Strecken erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen auf der Grundlage des vom Konzessionsnehmer vorgelegten Verkehrszeichenplans an. Die erforderlichen Anordnungen sind spätestens drei Monate nach Eingang des Verkehrszeichenplans zu treffen.

(1f) Zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen ordnet die Straßenverkehrsbehörde die dafür erforderlichen Verkehrsverbote mittels der Zeichen 270.1 und 270.2 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1g) Zur Bevorrechtigung elektrisch betriebener Fahrzeuge ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen des § 3 Absatz 1 des Elektromobilitätsgesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen an.

(1h) Zur Parkbevorrechtigung von Carsharingfahrzeugen ordnet die Straßenverkehrsbehörde unter Beachtung der Anforderungen der §§ 2 und 3 des Carsharinggesetzes die dafür erforderlichen Zeichen 314, 314.1 und 315 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen mit dem Carsharingsinnbild nach § 39 Absatz 11 an. Soll die Parkfläche nur für ein bestimmtes Carsharingunternehmen vorgehalten werden, ist auf einem weiteren Zusatzzeichen unterhalb dieses Zusatzzeichens die Firmenbezeichnung des Carsharingunternehmens namentlich in schwarzer Schrift auf weißem Grund anzuordnen.

(1i) Die Straßenverkehrsbehörden ordnen ferner innerhalb geschlossener Ortschaften, insbesondere in Gebieten mit hoher Fahrradverkehrsdichte, Fahrradzonen im Einvernehmen mit der Gemeinde an. Die Zonen-Anordnung darf sich weder auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) noch auf weitere Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) erstrecken. Sie darf nur Straßen ohne Lichtzeichen geregelte Kreuzungen oder Einmündungen, Fahrstreifenbegrenzungen (Zeichen 295), Leitlinien (Zeichen 340) und benutzungspflichtige Radwege (Zeichen 237, 240, 241 oder Zeichen 295 in Verbindung mit Zeichen 237) umfassen. An Kreuzungen und Einmündungen innerhalb der Zone muss grundsätzlich die Vorfahrtregel nach § 8 Absatz 1 Satz 1 („rechts vor links“) gelten. Die Anordnung einer Fahrradzone darf sich nicht mit der Anordnung einer Tempo 30-Zone überschneiden. Innerhalb der Fahrradzone ist in regelmäßigen Abständen das Zeichen 244.3 als Sinnbild auf der Fahrbahn aufzubringen.

(2) Zur Durchführung von Straßenbauarbeiten und zur Verhütung von außerordentlichen Schäden an der Straße, die durch deren baulichen Zustand bedingt sind, können die nach Landesrecht für den Straßenbau bestimmten Behörden (Straßenbaubehörde) – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Verkehrsverbote und -beschränkungen anordnen, den Verkehr umleiten und ihn durch Markierungen und Leiteinrichtungen lenken. Für Bahnübergänge von Eisenbahnen des öffentlichen Verkehrs können nur die Bahnunternehmen durch Blinklicht- oder Lichtzeichenanlagen, durch rot-weiß gestreifte Schranken oder durch Aufstellung des Andreaskreuzes ein bestimmtes Verhalten der Verkehrsteilnehmer vorschreiben. Für Bahnübergänge von Straßenbahnen auf unabhängigem Bahnkörper gilt Satz 2 mit der Maßgabe entsprechend, dass die Befugnis zur Anordnung der Maßnahmen der nach personenbeförderungsrechtlichen Vorschriften zuständigen Technischen Aufsichtsbehörde des Straßenbahnunternehmens obliegt. Alle Gebote und Verbote sind durch Zeichen und Verkehrseinrichtungen nach dieser Verordnung anzuordnen.

(3) Im Übrigen bestimmen die Straßenverkehrsbehörden, wo und welche Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen anzubringen und zu entfernen sind, bei Straßennamensschildern nur darüber, wo diese so anzubringen sind, wie Zeichen 437 zeigt. Die Straßenbaubehörden legen – vorbehaltlich anderer Anordnungen der Straßenverkehrsbehörden – die Art der Anbringung und der Ausgestaltung, wie Übergröße, Beleuchtung fest; ob Leitpfosten anzubringen sind, bestimmen sie allein. Sie können auch – vorbehaltlich anderer Maßnahmen der Straßenverkehrsbehörden – Gefahrzeichen anbringen, wenn die Sicherheit des Verkehrs durch den Zustand der Straße gefährdet wird.

(4) Die genannten Behörden dürfen den Verkehr nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken; in dem Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nummer 5 jedoch auch durch Anordnungen, die durch Rundfunk, Fernsehen, Tageszeitungen oder auf andere Weise bekannt gegeben werden, sofern die Aufstellung von Verkehrszeichen und -einrichtungen nach den gegebenen Umständen nicht möglich ist.

(5) Zur Beschaffung, Anbringung, Unterhaltung und Entfernung der Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen und zu deren Betrieb einschließlich ihrer Beleuchtung ist der Baulastträger verpflichtet, sonst der Eigentümer der Straße. Das gilt auch für die von der Straßenverkehrsbehörde angeordnete Beleuchtung von Fußgängerüberwegen.

(6) Vor dem Beginn von Arbeiten, die sich auf den Straßenverkehr auswirken, müssen die Unternehmer – die Bauunternehmer unter Vorlage eines Verkehrszeichenplans – von der zuständigen Behörde Anordnungen nach den Absätzen 1 bis 3 darüber einholen, wie ihre Arbeitsstellen abzusperren und zu kennzeichnen sind, ob und wie der Verkehr, auch bei teilweiser Straßensperrung, zu beschränken, zu leiten und zu regeln ist, ferner ob und wie sie gesperrte Straßen und Umleitungen zu kennzeichnen haben. Sie haben diese Anordnungen zu befolgen und Lichtzeichenanlagen zu bedienen.

(7) Sind Straßen als Vorfahrtstraßen oder als Verkehrsumleitungen gekennzeichnet, bedürfen Baumaßnahmen, durch welche die Fahrbahn eingeengt wird, der Zustimmung der Straßenverkehrsbehörde; ausgenommen sind die laufende Straßenunterhaltung sowie Notmaßnahmen. Die Zustimmung gilt als erteilt, wenn sich die Behörde nicht innerhalb einer Woche nach Eingang des Antrags zu der Maßnahme geäußert hat.

(7a) Die Besatzung von Fahrzeugen, die im Pannenhilfsdienst, bei Bergungsarbeiten und bei der Vorbereitung von Abschleppmaßnahmen eingesetzt wird, darf bei Gefahr im Verzug zur Eigensicherung, zur Absicherung des havarierten Fahrzeugs und zur Sicherung des übrigen Verkehrs an der Pannenstelle Leitkegel (Zeichen 610) aufstellen.

(8) Die Straßenverkehrsbehörden können innerhalb geschlossener Ortschaften die zulässige Höchstgeschwindigkeit auf bestimmten Straßen durch Zeichen 274 erhöhen. Außerhalb geschlossener Ortschaften können sie mit Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörden die nach § 3 Absatz 3 Nummer 2 Buchstabe c zulässige Höchstgeschwindigkeit durch Zeichen 274 auf 120 km/h anheben.

(9) Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sind nur dort anzuordnen, wo dies auf Grund der besonderen Umstände zwingend erforderlich ist. Dabei dürfen Gefahrzeichen nur dort angeordnet werden, wo es für die Sicherheit des Verkehrs erforderlich ist, weil auch ein aufmerksamer Verkehrsteilnehmer die Gefahr nicht oder nicht rechtzeitig erkennen kann und auch nicht mit ihr rechnen muss. Insbesondere Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs dürfen nur angeordnet werden, wenn auf Grund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in den vorstehenden Absätzen genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt. Satz 3 gilt nicht für die Anordnung von

1.
Schutzstreifen für den Radverkehr (Zeichen 340),
2.
Fahrradstraßen (Zeichen 244.1),
3.
Sonderwegen außerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237, Zeichen 240, Zeichen 241) oder Radfahrstreifen innerhalb geschlossener Ortschaften (Zeichen 237 in Verbindung mit Zeichen 295),
4.
Tempo 30-Zonen nach Absatz 1c,
5.
verkehrsberuhigten Geschäftsbereichen nach Absatz 1d,
6.
innerörtlichen streckenbezogenen Geschwindigkeitsbeschränkungen von 30 km/h (Zeichen 274) nach Absatz 1 Satz 1 auf Straßen des überörtlichen Verkehrs (Bundes-, Landes- und Kreisstraßen) oder auf weiteren Vorfahrtstraßen (Zeichen 306) im unmittelbaren Bereich von an diesen Straßen gelegenen Kindergärten, Kindertagesstätten, allgemeinbildenden Schulen, Förderschulen, Alten- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern,
7.
Erprobungsmaßnahmen nach Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 zweiter Halbsatz,
8.
Fahrradzonen nach Absatz 1i.
Satz 3 gilt ferner nicht für Beschränkungen oder Verbote des fließenden Verkehrs nach Absatz 1 Satz 1 oder 2 Nummer 3 zur Beseitigung oder Abmilderung von erheblichen Auswirkungen veränderter Verkehrsverhältnisse, die durch die Erhebung der Maut nach dem Bundesfernstraßenmautgesetz hervorgerufen worden sind. Satz 3 gilt zudem nicht zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan oder einem Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 47 Absatz 1 oder 2 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes festgesetzten Umweltzonen nach Absatz 1f.

(10) Absatz 9 gilt nicht, soweit Verkehrszeichen angeordnet werden, die zur Förderung der Elektromobilität nach dem Elektromobilitätsgesetz oder zur Förderung des Carsharing nach dem Carsharinggesetz getroffen werden dürfen.

(11) Absatz 1 Satz 1 und 2 Nummer 1 bis 3, 5 und 6, Absatz 1a, 1f, 2 Satz 1 und 4, Absatz 3, 4, 5 Satz 2 in Verbindung mit Satz 1, Absatz 7 sowie Absatz 9 Satz 1 bis 3, 4 Nummer 7 und Satz 6 gelten entsprechend für mit den Zeichen 330.1 und 330.2 gekennzeichnete Autobahnen in der Baulast des Bundes für das Fernstraßen-Bundesamt. Absatz 2 Satz 1 und 4 sowie Absatz 3, 4 und 7 gelten entsprechend für Bundesstraßen in Bundesverwaltung für das Fernstraßen-Bundesamt.

Tatbestand

1

Der Kläger, eine bundesweit tätige, nach § 3 UmwRG anerkannte Umweltvereinigung, begehrt die Fortschreibung des Luftreinhalteplans für die beigeladene Stadt Düsseldorf um Maßnahmen zur Einhaltung von Immissionsgrenzwerten für Stickstoffdioxid.

2

Für Düsseldorf besteht seit 2013 ein Luftreinhalteplan, der den 2008 aufgestellten ersten Luftreinhalteplan fortschreibt und ersetzt. Er sieht zahlreiche Maßnahmen zur Minderung der Feinstaub- und Stickstoffdioxidbelastungen vor. An den Messpunkten in der Cornelius- und der Merowingerstraße prognostiziert der Plan bis 2015 Immissionsreduktionen, geht aber nicht von der Einhaltung des Grenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) aus. 2015 lag der Messwert für NO2 in der Corneliusstraße bei 59 µg/m³.

3

Am 18. November 2015 hat der Kläger Klage erhoben und zur Begründung geltend gemacht, die anhaltende Überschreitung der Grenzwerte sei ein Indiz dafür, dass die bisherigen Maßnahmen nicht geeignet seien, die Überschreitungszeiträume so kurz wie möglich zu halten. Für eine spürbare Senkung der Stickstoffdioxidbelastung seien auch zeitlich und sachlich beschränkte Verkehrsverbote in Betracht zu ziehen.

4

Mit Urteil vom 13. September 2016 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und den Beklagten verurteilt, den Luftreinhalteplan Düsseldorf 2013 so zu ändern, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält.

5

Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass die Stickstoffdioxidbelastung im Stadtgebiet der Beigeladenen im Jahr 2014 bei 60 µg/m³ und im Jahr 2015 bei 59 µg/m³ gelegen habe. Der Beklagte sei verpflichtet, in den Luftreinhalteplan geeignete Maßnahmen aufzunehmen, um den Zeitraum der Nichteinhaltung der geltenden Grenzwerte so kurz wie möglich zu halten. In Bezug auf das Reizgas Stickstoffdioxid fehle ein Gesamtkonzept, das alle effektiven, rechtlich oder tatsächlich nicht von vornherein ausgeschlossen Maßnahmen aufliste, bewerte und über deren (Nicht-)Umsetzung entscheide. Auch fehle eine differenzierte Auseinandersetzung mit der besonderen Problematik von Dieselfahrzeugen, die unstreitig überproportional an der Überschreitung des NO2-Grenzwertes beteiligt seien. Effektive, in der Zuständigkeit des Beklagten bzw. der Beigeladenen selbst liegende Maßnahmen zur Eingrenzung der von Dieselfahrzeugen ausgehenden Emissionen würden nicht ernsthaft in den Blick genommen. Insbesondere fehlen auch die Angaben von konkreten Zeithorizonten hinsichtlich der Einhaltung des Grenzwertes. Die besonders effektive Maßnahme eines (beschränkten) Fahrverbots für (bestimmte) Dieselfahrzeuge sei rechtlich (und tatsächlich) nicht von vornherein ausgeschlossen. Die gegenwärtigen bundesrechtlichen Regelungen erlaubten dem Beklagten schon heute die Anordnung von Fahrverboten für (bestimmte) Dieselfahrzeuge. Durchgreifende rechtliche Bedenken gegen das von der Klägerin zur Umsetzung vorgeschlagene Zeichen 251 (Verbot für Kraftwagen) mit entsprechenden - auf (bestimmte) Dieselfahrzeuge bezogenen - Zusatzzeichen habe weder der Beklagte vorgetragen noch seien diese sonst ersichtlich. Es sei Aufgabe des Beklagten, etwaige aus Gründen der Verhältnismäßigkeit gebotene Beschränkungen auf bestimmte Dieselfahrzeuge (mit schlechterem Emissionsverhalten) durch eine allgemein verständliche und widerspruchsfreie Formulierung zum Ausdruck zu bringen. Unter Berücksichtigung der Vorgabe "schnellstmöglich" sei ein zeitlicher Orientierungsrahmen für die Änderung bzw. Fortschreibung des Luftreinhalteplans Düsseldorf 2013 von etwa einem Jahr angemessen.

6

Mit einer vom Verwaltungsgericht zugelassenen und mit Zustimmung des Klägers eingelegten Sprungrevision macht der Beklagte geltend: Ein Dieselfahrverbot sei rechtlich unzulässig. Für die Anordnung eines (beschränkten) Fahrverbots für Dieselfahrzeuge auf Landesebene fehle eine Rechtsgrundlage. Die Privilegienfeindlichkeit der Straßenverkehrsordnung gebiete die Gleichbehandlung aller Verkehrsteilnehmer. Eine Bevorzugung bestimmter Personengruppen oder Fahrzeuge sei nur unter der weiteren Voraussetzung einer rechtmäßigen gesetzlichen oder untergesetzlichen Grundlage möglich. Die Straßenverkehrsordnung kenne keine Verbote oder Beschränkungen für eine bestimmte Antriebsart. Die 35. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes beziehe sich ausdrücklich nicht auf eine Unterscheidung zwischen den einzelnen Antriebsarten. Maßgeblich sei die Höhe der Emissionen. Mit den vorhandenen rechtlichen Instrumentarien lasse sich eine Verhältnismäßigkeit einer Anordnung von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge nicht herstellen. Die Anordnung (bestimmter) Fahrverbote für Kraftfahrzeuge mit Dieselantrieb sehe sich zudem dem Vorwurf mangelnder Vollzugsfähigkeit ausgesetzt. Das Urteil erweise sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig. Die Frage des fehlenden Gesamtkonzepts unter Angabe der zeitlichen Horizonte sei unmittelbar mit der Frage der Zulässigkeit der Anordnung eines (bestimmten) Fahrverbots für Dieselfahrzeuge verknüpft. Weitere effektive, rechtlich oder tatsächlich nicht von vornherein ausgeschlossene Maßnahmen, die zu einer schnellstmöglichen Einhaltung der Grenzwerte führten, existierten nicht.

7

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 13. September 2016 zu ändern und die Klage abzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Der Kläger verteidigt die verwaltungsgerichtliche Entscheidung. Sowohl streckenbezogene als auch zonenbezogene Verkehrsbeschränkungen zum Zwecke der Reduzierung von Luftschadstoffen seien rechtlich zulässig. Für ein streckenbezogenes Fahrverbot stehe das vorhandene Verkehrszeichen 251 zur Verfügung, um den gesamten Kraftfahrzeugverkehr allgemein zu sperren und lediglich durch Allgemeinverfügungen Ausnahmen zuzulassen. Es müsse daher erst recht möglich sein, das Verbot mittels eines Zusatzzeichens ("gilt für Diesel" oder "Diesel") von vornherein auf Fahrzeuge mit Dieselantrieb zu beschränken. Eine Novelle der 35. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes sei in diesem Zusammenhang wünschenswert, aber nicht notwendig. Eine Einschränkung von Fahrverboten auf Diesel der Abgasnorm bis Euro 5 sei aus Rechtsgründen (Verhältnismäßigkeit) nicht geboten. Das Urteil erweise sich auch aus anderen Gründen als richtig. Hielte man streckenbezogene Verkehrsbeschränkungen für unzulässig, kämen zonenbezogene Dieselverkehrsbeschränkungen in Betracht. Zudem stünden dem Beklagten eine ganze Reihe weiterer zulässiger Maßnahmen, etwa stärkere Einschränkungen des Schwerlastverkehrs, Geschwindigkeitsbeschränkungen oder Parkverbote, zur Verfügung.

10

Die Beigeladene stellt keinen Antrag.

Entscheidungsgründe

11

Die zulässige Revision ist überwiegend nicht begründet. In Übereinstimmung mit Bundesrecht hat das Verwaltungsgericht entschieden, dass der Beklagte den Luftreinhalteplan Düsseldorf 2013 so fortzuschreiben bzw. zu ergänzen hat, dass dieser die erforderlichen Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung des über ein Kalenderjahr gemittelten Immissionsgrenzwertes für Stickstoffdioxid (NO2) in Höhe von 40 µg/m³ im Stadtgebiet der Beigeladenen enthält. Im Rahmen dieser Fortschreibung hat der Beklagte ein ganzjähriges Verkehrsverbot für Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren in Betracht zu ziehen. Die Revision ist jedoch insoweit begründet, als das Verwaltungsgericht bei der Prüfung der Zulässigkeit und Ausgestaltung eines Verkehrsverbotes dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht in vollem Umfang Rechnung getragen hat.

12

A.1. Werden durch eine Rechtsverordnung nach § 48a Abs. 1 BImSchG festgelegte Immissionsgrenzwerte überschritten, hat die zuständige Behörde nach § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG einen Luftreinhalteplan aufzustellen, der die erforderlichen Maßnahmen zur dauerhaften Verminderung von Luftverunreinigungen festlegt. Nach § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG müssen die Maßnahmen eines Luftreinhalteplans geeignet sein, den Zeitraum einer Überschreitung von bereits einzuhaltenden Immissionsgrenzwerten so kurz wie möglich zu halten.

13

Nach § 3 Abs. 1 der 39. Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes - Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen (39. BImSchV) vom 2. August 2010 (BGBl. I S. 1065), zuletzt geändert durch Art. 1 des Gesetzes vom 10. Oktober 2016 (BGBl. I S. 2244), beträgt zum Schutz der menschlichen Gesundheit der über eine volle Stunde gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) 200 µg/m³ bei 18 zugelassenen Überschreitungen im Kalenderjahr. Der über ein Kalenderjahr gemittelte Immissionsgrenzwert für Stickstoffdioxid (NO2) der zum Schutz der menschlichen Gesundheit beträgt 40 µg/m³ (§ 3 Abs. 2 der 39. BImSchV).

14

Die 39. BImSchV dient unter anderem der Umsetzung der Richtlinie 2008/50/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2008 über Luftqualität und saubere Luft für Europa (ABl. L 152 S. 1), in der die ab 1. Januar 2010 einzuhaltenden, vom Verordnungsgeber übernommenen Grenzwerte in Anhang XI, Abschnitt B, festgelegt sind. Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG verpflichtet die Mitgliedstaaten sicherzustellen, dass überall in ihren Gebieten und Ballungsräumen die Werte für Schwefeldioxid, PM10, Blei und Kohlenmonoxid in der Luft die in Anhang XI festgelegten Grenzwerte nicht überschreiten; die in Anlage XI festgelegten Grenzwerte für NO2 und Benzol dürfen von dem dort genannten Zeitpunkt an (1. Januar 2010) nicht mehr überschritten werden. Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG verpflichtet die Mitgliedstaaten dafür zu sorgen, dass für Gebiete oder Ballungsräume, in denen Schadstoffwerte in der Luft einen Grenzwert überschreiten, Luftqualitätspläne erstellt werden, um die entsprechenden Grenzwerte einzuhalten. Im Falle der Überschreitung von Grenzwerten enthalten die Luftqualitätspläne geeignete Maßnahmen, damit der Zeitraum der Nichteinhaltung so kurz wie möglich gehalten werden kann (Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50/EG).

15

Nach den im Rahmen der Sprungrevision vom Beklagten als Revisionskläger mit Verfahrensrügen nicht angreifbaren (§ 134 Abs. 4 VwGO) und auch von der Beigeladenen mit einer Gegenrüge nicht angegriffenen (vgl. Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 16. März 1976 - GmS OGB 1/75 - BVerwGE 50, 369 <375 f.>; BVerwG, Urteil vom 26. September 1991 - 4 C 35.87 - Buchholz 310 § 134 VwGO Nr. 39 S. 10) und damit für den Senat bindenden tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts (§ 137 Abs. 2 VwGO) wird der NO2-Jahresmittelwert von 40 µg/m³ an der Messstation Corneliusstraße nicht eingehalten. Weiter hat das Verwaltungsgericht - gestützt auf das von der Beklagten vorgelegte Gutachten - festgestellt, dass Dieselfahrzeuge überproportional an der Überschreitung des NO2-Grenzwertes beteiligt sind und es sich bei einem (beschränkten) Fahrverbot für (bestimmte) Dieselfahrzeuge um eine besonders effektive Maßnahme der Luftreinhaltung handelt.

16

2. Hiervon ausgehend hat das Verwaltungsgericht jedenfalls im Ergebnis zu Recht angenommen, dass ein (beschränktes) Verkehrsverbot für (bestimmte) Kraftfahrzeuge in rechtlich zulässiger Weise angeordnet werden kann und daher vom Beklagten in Betracht zu ziehen ist. Zwar lassen die derzeit geltenden Regelungen des Bundes-Immissionsschutzrechts für sich genommen derartige Verkehrsverbote nicht zu. Ihre Zulässigkeit ergibt sich aber unter Berücksichtigung des Unionsrechts.

17

a) Die Maßnahmen, die ein Luftreinhalteplan gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG festlegt, sind nach § 47 Abs. 6 Satz 1 BImSchG durch Anordnungen oder sonstige Entscheidungen der zuständigen Träger öffentlicher Verwaltung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz oder nach anderen Rechtsvorschriften durchzusetzen. Unverhältnismäßige oder aus anderen Gründen rechtswidrige Maßnahmen muss und darf die zuständige Behörde nicht ergreifen (BVerwG, Urteil vom 27. September 2007 - 7 C 36.07 - BVerwGE 129, 296 Rn. 26). Die Maßnahmen müssen daher umsetzungsfähig sein; immissionsschutzrechtliche oder sonstige Vorschriften müssen ihre Durchführung erlauben (BT-Drs. 14/8450 S. 14). Maßnahmen, die in Grundrechte eingreifen, bedürfen dabei einer gesonderten (fach-)gesetzlichen Befugnis (BVerwG, Beschlüsse vom 29. März 2007 - 7 C 9.06 - BVerwGE 128, 278 Rn. 27 und vom 11. Juli 2012 - 3 B 78.11 - Buchholz 442.151 § 45 StVO Nr. 49 Rn. 10; Hansmann/Röckinghausen, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, Stand Juli 2017, § 47 BImSchG, Rn. 29a; Jarass, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 47 Rn. 15, 52).

18

b) Eine solche Ermächtigungsgrundlage liegt mit § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG vor. Danach beschränkt oder verbietet die zuständige Straßenverkehrsbehörde den Kraftfahrzeugverkehr nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, soweit ein Luftreinhalteplan oder ein Plan für kurzfristig zu ergreifende Maßnahmen nach § 40 Abs. 1 oder 2 BImSchG dies vorsehen. Hierbei sind die Maßnahmen nach § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG entsprechend des Verursacheranteils unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit gegen alle Emittenten zu richten, die zum Überschreiten der Immissionswerte beitragen.

19

Entgegen der Auffassung des Beklagten bedarf es für die Anordnung von Maßnahmen, die danach differenzieren, welchen Beitrag Kraftfahrzeuge zur Schadstoffbelastung leisten, auf der Grundlage des § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG nicht zugleich zwingend des Erlasses einer Verordnung nach § 40 Abs. 3 BImSchG. Der Gesetzgeber hat mit der Verordnungsermächtigung in Absatz 3 dem Verordnungsgeber lediglich die Möglichkeit eingeräumt, zu regeln, dass Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung von Verkehrsverboten ganz oder teilweise ausgenommen sind oder ausgenommen werden können sowie die hierfür maßgeblichen Kriterien festzulegen. Dies bedeutet jedoch nicht, dass dann, wenn der Verordnungsgeber von der Ermächtigung keinen Gebrauch macht, Verkehrsverbote, die an die Schadstoffbelastung von Kraftfahrzeugen anknüpfen, ausgeschlossen sind. Dieser schon dem Gesetzeswortlaut ("wird ermächtigt") zu entnehmende Befund wird von den Gesetzgebungsmaterialien bestätigt. Danach ist der Gesetzgeber ausdrücklich davon ausgegangen, dass die zuständigen Behörden Beschränkungen und Verbote des Kraftfahrzeugverkehrs bereits anordnen können, bevor eine Rechtsverordnung nach § 40 Abs. 3 BImSchG erlassen sein wird (vgl. BT-Drs. 14/8450 S. 21 und BT-Drs. 14/8895 S. 7 f.).

20

c) Der Verordnungsgeber hat von der gesetzlichen Ermächtigung des § 40 Abs. 3 Satz 1 BImSchG, Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung von Verkehrsverboten ganz oder teilweise auszunehmen, durch den Erlass der 35. BImSchV mit abschließender Wirkung Gebrauch gemacht.

21

Wesentlicher Inhalt der 35. BImSchV ist es, dass Kraftfahrzeuge, die mit einer roten, gelben oder grünen Plakette nach Anhang 1 der Verordnung gekennzeichnet sind, von einem Verkehrsverbot im Sinne des § 40 Abs. 1 BImSchG befreit sind, soweit ein darauf bezogenes Verkehrszeichen dies vorsieht (§ 2 Abs. 1 der 35. BImSchV).

22

Im Einzelnen werden nach § 2 Abs. 2 Satz 1 der 35. BImSchV Kraftfahrzeuge unter Berücksichtigung ihrer Schadstoffemissionen den Schadstoffgruppen 1 bis 4 zugeordnet. Die Zuordnung ergibt sich aus Anhang 2 der Verordnung und folgt den vom Unionsrecht vorgegebenen Abgasnormstufen Euro 1 bis Euro 4. Sie erfolgt sowohl hinsichtlich von Fahrzeugen mit Fremdzündungsmotor (§ 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Anhang 2 Abs. 2 der 35. BImSchV) als auch hinsichtlich von Fahrzeugen mit Selbstzündungsmotor (§ 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Anhang 2 Abs. 1 der 35. BImSchV) nach dem jeweiligen Gesamt-Abgasverhalten des Fahrzeugs einschließlich der vorliegend relevanten Emissionen von Stickoxiden anhand der einschlägigen EG-Abgasrichtlinien (vgl. BR-Drs. 162/06 S. 25). Letztere beziehen sich auch auf die Emission der Schadstoffe Kohlenmonoxid, Kohlenwasserstoffe sowie auf Feinstaubpartikel. Anders als vom Kläger eingewandt, beschränkte der Verordnungsgeber der 35. BImSchV seine Regelung also nicht allein auf das Ziel der Reduzierung der verkehrsbedingten Feinstaubmengen (vgl. auch Klinger, NVwZ 2007, 785 <786>).

23

Kraftfahrzeuge mit Antrieb ohne Verbrennungsmotor, also etwa mit Elektromotor oder Brennstoffzellenfahrzeuge, werden nach § 2 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Anhang 2 Abs. 3 der 35. BImSchV der Schadstoffgruppe 4 zugeordnet. Dies macht zum einen deutlich, dass die Antriebsart eines Kraftfahrzeugs als solche kein maßgebliches Differenzierungskriterium der 35. BImSchV darstellt. Zum anderen wird erkennbar, dass der Regelungsbereich der 35. BImSchV auch besonders emissionsarme Kraftfahrzeuge erfasst und auch insoweit eine abschließende Regelung trifft.

24

Dass die 35. BImSchV für die Kategorisierung von Kraftfahrzeugen der Klassen M und N hinsichtlich einer Freistellung von Verkehrsverboten nach § 40 Abs. 1 BImSchG eine abschließende Regelung darstellt (vgl. auch Reese, in: BeckOK Umweltrecht, Hrsg. Giesberts/Reinhardt, Stand Dezember 2017, BImSchG § 40 Rn. 9a; Köck/Lehmann, ZUR 2013, 67 <74>), lässt sich darüber hinaus auch dem historischen Willen des Verordnungsgebers entnehmen.

25

Der Verordnungsgeber der 35. BImSchV betont, dass mit dem Plakettensystem eine bundeseinheitliche Kennzeichnung von Kraftfahrzeugen getroffen werde, die einen differenzierenden Eingriff in die Fahrzeugflotte zulasse, die Überwachung des Kraftfahrzeugverkehrs vereinfache und zu einer leicht erkennbaren Gleichbehandlung aller Fahrzeuge aus den EU-Mitgliedstaaten führe (BR-Drs. 162/06 S. 1, 21).

26

d) Nach allem lässt sich feststellen, dass die für die Kategorisierung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Freistellung von Verkehrsverboten nach § 40 Abs. 1 BImSchG abschließende 35. BImSchV eine Differenzierung allein danach, ob das Kraftfahrzeug mit einem Selbstzündungsmotor (Dieselantrieb) oder einem Fremdzündungsmotor (Ottomotor) angetrieben wird, nicht kennt. Nichts anderes gilt für eine Unterscheidung danach, ob Kraftfahrzeuge mit benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren lediglich Abgasnormen unterhalb der Abgasnorm Euro 3 einhalten. Vielmehr erfolgt die Differenzierung zwischen bestimmten Gruppen von Kraftfahrzeugen allein nach Kriterien, die dem Emissionsverhalten der Kraftfahrzeuge nach ihrer Zuordnung zu den Schadstoffgruppen 1 bis 4 folgen (vgl. § 2 Abs. 2 i.V.m. Anhang 2 der 35. BImSchV).

27

Dieses Ergebnis gilt gleichermaßen für Verkehrsverbote in Gestalt von Umweltzonen wie für streckenbezogene Verkehrsverbote. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut beziehen sich sowohl die Befugnisnorm des § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG als auch die Verordnungsermächtigung des § 40 Abs. 3 BImSchG auf Verkehrsverbote allgemein. Anhaltspunkte für eine Beschränkung des Anwendungsbereichs der Verordnung auf zonale oder auf streckenbezogene Verkehrsverbote ergeben sich auch aus der 35. BImSchV nicht.

28

3. Der abschließende Charakter der 35. BImSchV schließt an die Antriebsart anknüpfende Verkehrsverbote gleichwohl nicht aus. Angesichts der unionsrechtlichen Verpflichtung, den Zeitraum für die Nichteinhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid so kurz wie möglich zu halten, muss dieser Verpflichtung entgegenstehendes Bundesrecht unangewendet bleiben.

29

a) Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (fortan EuGH) reicht eine Überschreitung der einzuhaltenden Grenzwerte für sich genommen aus, um eine Verletzung von Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG i.V.m. Anhang XI dieser Richtlinie feststellen zu können (Urteil vom 5. April 2017 - C-488/15 [ECLI:EU:C:2017:267], Kommission/Bulgarien - Rn. 69). Danach ist auch ein etwaiger teilweise rückläufiger Trend bei der Immissionsbelastung, der jedoch nicht dazu führt, dass die Grenzwerte eingehalten werden, nicht geeignet, die Feststellung der einem Mitgliedstaat zuzurechnenden Vertragsverletzung zu entkräften (EuGH, Urteil vom 22. Februar 2018 - C-336/16 [ECLI:EU:C:2018:94], Kommission/Polen - Rn. 62 und 65). Nach der Rechtsprechung des EuGH ist es zugleich unerheblich, ob der Mitgliedstaat, dem der Verstoß zuzurechnen ist, diesen mit Absicht oder fahrlässig begangen hat oder ob er auf technischen Schwierigkeiten beruht, denen sich der Mitgliedstaat möglicherweise gegenüber sah (EuGH, Urteil vom 5. April 2017 - C-488/15 - Rn. 76 m.w.N.). Eine Berufung des Mitgliedstaates auf unüberwindliche Schwierigkeiten kommt nur in besonderen Fällen, namentlich beim Vorliegen höherer Gewalt, in Betracht (vgl. EuGH, Urteil vom 19. Dezember 2012 - C-68/11 [ECLI:EU:C:2012:815], Kommission/Italien - Rn. 64 m.w.N.).

30

Aus der Verletzung des Art. 13 Abs. 1 der Richtlinie 2008/50/EG ergibt sich allerdings noch keine auf eine bestimmte Einzelmaßnahme hin konkretisierte Handlungspflicht.

31

Daher ist der Umstand, dass ein Mitgliedstaat Grenzwerte in der Luft überschreitet, für sich allein nicht ausreichend, um einen Verstoß des Mitgliedstaates gegen die Verpflichtungen aus Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50/EG festzustellen. Die Mitgliedstaaten verfügen bei der Festlegung der zu erlassenden Maßnahmen vielmehr über einen gewissen Spielraum. Dessen ungeachtet müssen es die festgelegten Maßnahmen aber jedenfalls ermöglichen, dass der Zeitraum der Nichteinhaltung der Grenzwerte so kurz wie möglich gehalten wird. Unter diesen Umständen ist in einer einzelfallbezogenen Untersuchung zu prüfen, ob die von dem betroffenen Mitgliedstaat erstellten Pläne im Einklang mit Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50/EG stehen. Hierbei ist auch die Länge des Zeitraums zu betrachten, die eine Grenzwertüberschreitung bereits anhält. So hat der EuGH in seinem Urteil vom 5. April 2017 - C-488/15 (Rn. 115) einen systematischen und andauernden Verstoß gegen die Verpflichtung aus Art. 13 der Richtlinie 2008/50/EG, die Grenzwertüberschreitung so kurz wie möglich zu halten, bereits deshalb als gegeben erachtet, weil die Grenzwerte für Feinstaub auch noch im Jahr 2014 in allen sechs bulgarischen Gebieten und Ballungsräumen nicht eingehalten waren. In seiner Entscheidung vom 22. Februar 2018 - C-336/16 (Rn. 99 ff.) hat er gerügt, dass die von der Republik Polen erlassenen Pläne es dem betreffenden Mitgliedstaat ermöglichten, auf Überschreitungen erst 10 oder sogar 14 Jahre nach dem Zeitpunkt, zu dem diese festgestellt wurden, abzustellen. Er hat in diesem Zusammenhang den Hinweis Polens, die festgelegten Fristen seien an das Ausmaß der strukturellen Änderungen angepasst, die nötig seien, um die Überschreitung der Grenzwerte in der Luft abzustellen und die damit verbundenen sozioökonomischen und haushaltspolitischen Herausforderungen der durchzuführenden umfangreichen technischen Investitionen zu bewältigen, nicht gelten lassen, da nicht nachgewiesen sei, dass die geltend gemachten Schwierigkeiten die Festlegung einer weniger langen Frist unmöglich gemacht hätten.

32

Auf der Grundlage dieser Rechtsprechung verstößt jedenfalls eine Luftreinhalteplanung gegen Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50/EG, die lediglich Maßnahmen festlegt, aufgrund derer die Grenzwerte für Stickstoffdioxid erst zwischen den Jahren 2020 und 2024 oder später eingehalten werden, ohne geeignete Maßnahmen vorzusehen, die eine frühere Einhaltung der Grenzwerte für Stickstoffdioxid herbeiführen und insbesondere eine differenzierte Auseinandersetzung mit der Problematik von Dieselfahrzeugen und deren überproportionalen Anteil an der Überschreitung des NO2-Grenzwertes vermissen lässt. Soweit sich vor diesem Hintergrund (beschränkte) Verkehrsverbote für (bestimmte) Dieselfahrzeuge als die einzig geeigneten Maßnahmen zur schnellstmöglichen Einhaltung überschrittener NO2-Grenzwerte erweisen, sind derartige Maßnahmen mithin aus unionsrechtlichen Gründen zu ergreifen.

33

b) Kommt die Luftreinhalteplanung den Verpflichtungen nach der Richtlinie 2008/50/EG nicht nach, obliegt es den angerufenen nationalen Gerichten, gegenüber den nationalen Behörden jede erforderliche Maßnahme zu erlassen, damit diese Behörde den nach der Richtlinie 2008/50/EG erforderlichen Plan gemäß den dort vorgesehenen Bedingungen erstellt (EuGH, Urteil vom 19. November 2014 - C-404/13 [ECLI:EU:C:2014:2382], Client Earth - Rn. 58). Das angerufene nationale Gericht ist gehalten, im Rahmen seiner Zuständigkeit für die volle Wirksamkeit der Bestimmungen des Unionsrechts zu sorgen, indem es erforderlichenfalls jede entgegenstehende nationale Rechtsvorschrift aus eigener Entscheidungsbefugnis unangewendet lässt, ohne dass es die vorherige Beseitigung dieser Vorschrift auf gesetzgeberischem Weg oder durch irgendein anderes verfassungsrechtliches Verfahren beantragen oder abwarten müsste (EuGH, Urteil vom 20. Dezember 2017 - C-664/15 [ECLI:EU:C:2017:987], Protect Umweltorganisation - Rn. 55 f. m.w.N.).

34

Danach bedarf es keiner Entscheidung, ob die Verpflichtung, dem Unionsrecht zur Durchsetzung zu verhelfen, durch eine unionsrechtskonforme Auslegung der 35. BImSchV (vgl. zu deren Grenzen: BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 - 7 C 21.12 - BVerwGE, 147, 312 Rn. 36 m.w.N.) oder jedenfalls dadurch erfüllt wird, dass die Regelungen insoweit unangewendet bleiben, als sie einem (beschränkten) Verkehrsverbot für bestimmte Dieselfahrzeuge entgegenstehen, die sich als einzig geeignete Maßnahme zur schnellstmöglichen Einhaltung von NO2-Grenzwerten erweisen. Entgegen der Auffassung des Beklagten führt letzteres nicht dazu, dass es an einer Ermächtigungsgrundlage für Verkehrsverbote ganz fehlt. Wie dargelegt (oben Rn. 18 f.) stellt § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG eine Ermächtigungsgrundlage für in einem Luftreinhalteplan vorgesehene Verkehrsbeschränkungen dar, die unabhängig davon gilt, ob die Bundesregierung durch Rechtsverordnung Ausnahmeregelungen für Kraftfahrzeuge mit geringem Beitrag zur Schadstoffbelastung erlassen hat. Angesichts dessen handelt es sich vorliegend auch nicht um eine methodisch unzulässige Rechtsfortbildung contra legem (vgl. hierzu, BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 - 7 C 21.12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 36 m.w.N.).

35

B. Eine Anordnung eines Verkehrsverbots für Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren muss unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfolgen. Dies hat das Verwaltungsgericht nicht verkannt. Seine Ausführungen hierzu halten aber nicht in jeder Hinsicht bundesrechtlichen Maßstäben stand. Es bleibt undeutlich, was unter (beschränkten) "Fahrverboten" für (bestimmte) Dieselfahrzeuge zu verstehen ist. Zwar legt der Bezug auf die Grenzwertüberschreitung 2015 insbesondere in der Corneliusstraße und die Einschränkung auf "bestimmte" Dieselfahrzeuge nahe, dass dem Verwaltungsgericht auf einzelne Straßen oder Straßenabschnitte beschränkte (streckenbezogene) Verkehrsverbote für Dieselfahrzeuge unterhalb der Abgasnorm Euro 6/VI vor Augen standen. Das Urteil beschränkt sich hierauf aber nicht, sondern verlangt ein Gesamtkonzept, das auf einer aktuellen Bestandsaufnahme und Prüfung "auch einschneidenderer Maßnahmen in Bezug auf Dieselfahrzeuge" (UA S. 11) umfasst.

36

1. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beherrscht jegliches staatliche Handeln und hat verfassungsrechtlichen Rang. Er ergibt sich aus dem Rechtsstaatsprinzip und aus dem Wesen der Grundrechte selbst, die als Ausdruck des allgemeinen Freiheitsanspruchs des Bürgers gegenüber dem Staat von der öffentlichen Gewalt jeweils nur so weit beschränkt werden dürfen, als es zum Schutz öffentlicher Interessen unerlässlich ist (BVerfG, Beschlüsse vom 15. Dezember 1965 - 1 BvR 513/65 - BVerfGE 19, 342 <348 f.>, vom 12. Mai 1987 - 2 BvR 1226/83 u.a. - BVerfGE 76, 1 <50> und vom 17. Juni 2004 - 2 BvR 383/03 - BVerfGE 111, 54 <82>). Hinsichtlich von Maßnahmen der Luftreinhalteplanung sieht zudem das einfache Recht in § 47 Abs. 4 Satz 1 BImSchG ausdrücklich vor, dass Maßnahmen entsprechend des Verursacheranteils und unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit festzulegen sind. Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit darf eine staatliche Maßnahme auch dann, wenn sie zur Erreichung eines legitimen Zwecks geeignet und erforderlich ist, nicht außer Verhältnis zum Zweck bzw. zum Ziel der Maßnahme stehen. Das Gebot der Verhältnismäßigkeit erfordert eine Abwägung zwischen dem Nutzen der Maßnahme und den durch diese herbeigeführten Belastungen und setzt den Belastungen hierdurch eine Grenze (vgl. nur Grzeszick, in: Maunz/Dürig, GG, Stand September 2017, Art. 20 Rn. 117).

37

Die allgemeinen Rechtsgrundsätze, zu denen auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gehört, sind ebenfalls Bestandteil der Rechtsordnung der Europäischen Union (vgl. nur EuGH, Urteil vom 9. Oktober 2014 - C-492/13 [ECLI:EU:C:2014:2267], Traum - Rn. 27 m.w.N.). Zugleich nimmt die Richtlinie 2008/50/EG selbst auf den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit in Satz 2 des 25. Erwägungsgrundes der Richtlinie ausdrücklich Bezug. Auch nach der Rechtsprechung des EuGH können Luftreinhaltepläne nur auf der Grundlage eines Ausgleichs zwischen dem Ziel der Verringerung der Gefahr der Verschmutzung und den verschiedenen betroffenen öffentlichen und privaten Interessen erstellt werden (EuGH, Urteil vom 22. Februar 2018 - C-336/16 - Rn. 93 m.w.N.).

38

a) Mithin muss die nähere Ausgestaltung des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbots angemessen und für die vom Verbot Betroffenen zumutbar sein. Dies erfordert von dem Beklagten eine Abwägung zwischen den mit der Überschreitung der geltenden NO2-Grenzwerte verbundenen Risiken für die menschliche Gesundheit mit den Belastungen und Einschränkungen, die mit einem Verkehrsverbot insbesondere für die betroffenen Fahrzeugeigentümer, Fahrzeughalter und Fahrzeugnutzer - und darüber hinaus auch für die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft - verbunden sind. Dabei ist zu unterscheiden zwischen Verkehrsverboten, die lediglich einzelne Straßen oder Straßenabschnitte betreffen (streckenbezogene Verbote) und solchen, die für ein großflächiges, aus einer Vielzahl von Haupt- und Nebenstraßen gebildetes zusammenhängendes Verkehrsnetz (zonale Verbote) gelten sollen. Erstere führen lediglich dazu, dass die betroffenen Autofahrer einzelne Fahrtziele nicht oder nur unter Inkaufnahme von mehr oder weniger großen Umwegen erreichen und ihre Fahrzeuge nicht auf den von dem Verbot erfassten Straßen(abschnitten) abstellen können. Derartige Einschränkungen gehen ihrer Intensität nach nicht über sonstige straßenverkehrsrechtlich begründete Durchfahrt- und Halteverbote hinaus, mit denen Autofahrer stets rechnen und die sie grundsätzlich hinnehmen müssen. Dies gilt auch für von einem streckenbezogenen Verkehrsverbot betroffene Anlieger und Anwohner. Eine uneingeschränkte Anfahrtsmöglichkeit zu einem Grundstück "bis unmittelbar vor die Haustür" gehört in städtischen Ballungsgebieten auch für den Eigentümer eines Wohngrundstücks nicht zum Kernbereich des Anliegergebrauchs. Anlieger und Anwohner haben keinen Anspruch auf eine bestimmte Ausgestaltung und einen bestimmten Umfang der Grundstücksverbindung mit der Straße, sofern diese nur als Verkehrsmittler erhalten bleibt. Sondersituationen kann insoweit durch Erteilung von Ausnahmegenehmigungen hinreichend Rechnung getragen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 8. September 1993 - 11 C 38.92 - BVerwGE 94, 136 <139, 142> m.w.N.). Hiervon unterscheidet sich die Situation für die betroffenen Autofahrer, Fahrzeughalter und Anwohner bei einem große Teile eines Stadtgebiets erfassenden Verkehrsverbot. Ein solches Verbot führt für die Bewohner dieser Zone nicht nur dazu, dass sie mit ihren unter das Verbot fallenden Fahrzeugen in einen großflächigen Bereich nicht mehr hereinfahren dürfen, sondern es bewirkt darüber hinaus, dass sie die Fahrzeuge dort auch nicht im öffentlichen Verkehrsraum abstellen können. Im Ergebnis werden die Anwohner einer solchen Zone vielfach veranlasst sein, das betroffene Fahrzeug zu verkaufen. Aber auch für Autofahrer, die nicht in der Zone wohnen, stellt sich ein zonales Verbot als ein erheblicher Eingriff jedenfalls in das Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) dar. Zwar gilt auch insoweit, dass die Rechtsordnung keinen Anspruch kennt, wonach ein einmal die Zulassungskriterien erfüllendes Kraftfahrzeug zeitlich und räumlich unbegrenzt weiter auf öffentlichen Straßen benutzt werden darf. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit ist indes stets zu beachten und verbietet es, derartig weitreichende Verkehrsverbote ohne Berücksichtigung der damit für die Betroffenen verbundenen wirtschaftlichen Folgen auszusprechen.

39

Um dem gebotenen Interessenausgleich gerecht zu werden, wird daher für zonale Verkehrsverbote eine phasenweise Einführung dergestalt zu prüfen sein, dass in einer ersten Stufe nur ältere Fahrzeuge (etwa bis zur Abgasnorm Euro 4) von Verkehrsverboten erfasst werden (vgl. hierzu auch OVG Lüneburg, Urteil vom 12. Mai 2011 - 12 LC 143/09 - juris Rn. 73). Für die noch neueren Euro-5-Fahrzeuge (Geltung der Abgasnorm Euro 5 für alle Fahrzeuge seit 1. Januar 2011) kommen zonale Verbote jedenfalls nicht vor dem 1. September 2019 in Betracht. Dieser Zeitpunkt liegt vier Jahre nach dem Inkrafttreten der Abgasnorm Euro 6 für alle Fahrzeuge zum 1. September 2015. Damit ist gewährleistet, dass dem Eigentümer eines Euro-5-Fahrzeugs eine uneingeschränkte Mindestnutzungsdauer verbleibt, die über die ersten drei Jahre, die erfahrungsgemäß mit einem besonders hohen Wertverlust verbunden sind, hinausgeht. Bei der Bemessung der Frist hat der Senat berücksichtigt, dass für diejenigen Käufer, die unmittelbar vor dem Inkrafttreten der Abgasnorm Euro 6 ein neues Dieselfahrzeug erworben haben, das nur der Abgasnorm Euro 5 entsprach, ohne Weiteres erkennbar war, dass dieses Fahrzeug in Kürze nicht mehr dem Stand der neuesten Abgasvorschriften entsprechen werde. Diesem Käufer ist daher kein weitergehender Vertrauensschutz zuzubilligen. Dies gilt im Ergebnis für alle Käufer, die nach dem 1. September 2014 ein Dieselneufahrzeug der Abgasnorm Euro 5 erworben haben. Denn bereits ab diesem Zeitpunkt konnten gemäß Art. 10 Abs. 4 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2007 über die Typgenehmigung von Kraftfahrzeugen hinsichtlich der Emissionen von leichten Pkw und Nutzfahrzeugen (Euro 5 und Euro 6) und über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformation für Fahrzeuge (ABl. L 171 S. 1) die nationalen Behörden keine Typgenehmigungen mehr für neue Fahrzeugtypen erteilen, die den in Anhang I Tabelle 2 der Verordnung aufgeführten Euro-6-Grenzwerten nicht entsprachen. Eigentümern von Dieselfahrzeugen, die zwischen dem 1. Januar 2009 und dem 31. August 2014 Dieselfahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 5 erworben haben, ist dagegen mit Blick auf das höhere Alter und die höhere Fahrleistung und den daraus resultierenden geringeren Restwert der Fahrzeuge eine Einschränkung der Nutzbarkeit durch Verkehrsverbote grundsätzlich zuzumuten.

40

Hinsichtlich der Dieselfahrzeuge, die nur die Anforderung der Abgasnorm Euro 4 erfüllen sowie hinsichtlich der benzin- oder gasbetriebenen Ottomotoren unterhalb der Abgasnorm Euro 3 bedarf es keiner Übergangsfristen. Typgenehmigungen für diese Fahrzeuge durften lediglich bis zum 31. Dezember 2010 bzw. bis zum 31. Dezember 2000 erteilt werden (vgl. Richtlinie 70/220/EWG in der Fassung von Richtlinie 98/69/EG). Es liegen nach den tatrichterlichen Feststellungen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass bei einer Beschränkung möglicher sofortiger Verkehrsverbote auf Dieselfahrzeuge der Abgasnorm Euro 4 und schlechter keine nennenswerte Reduzierung der Schadstoffbelastungen erreichbar wäre.

41

Bei der Festlegung des Zeitpunkts der Geltung von etwaigen Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge insbesondere der Abgasnorm Euro 5 wird der Beklagte anhand aktueller Erhebungen zudem die zwischenzeitliche Entwicklung der Grenzwertüberschreitungen zu berücksichtigen haben. Sollten Grenzwertüberschreitungen deutlich stärker als bisher prognostiziert abnehmen, wäre hierauf gegebenenfalls mit einem Verzicht auf die oder einer späteren Einführung eines Verkehrsverbotes jedenfalls für Dieselfahrzeuge, die der Abgasnorm Euro 5 gerecht werden, zu reagieren.

42

b) Darüber hinaus ist - auch bei auf bestimmte Dieselfahrzeuge beschränkten streckenbezogenen Verkehrsverboten - zu prüfen, für welche Gruppen, wie beispielsweise Handwerker oder bestimmte Anwohnergruppen, und für welche Einzelpersonen zur Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit Ausnahmen von einem Verkehrsverbot zu gewähren sind. Ausnahmen können hierbei im Rahmen des § 40 Abs. 1 Satz 2 BImSchG und des § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV gewährt werden. Namentlich § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV lässt nach dem ausdrücklich erklärten Willen des Verordnungsgebers auch individualnützige Ausnahmen im Einzelfall oder für bestimmte Gruppen, wie zum Beispiel Anlieger oder Handwerker, zu (vgl. BR-Drs. 819/07 S. 9 f.). Auch Ausnahmeregelungen in Gestalt der Einräumung von Übergangsfristen für die Nachrüstung von Dieselfahrzeugen namentlich der Abgasnorm Euro 5 mit geeigneter Abgasreinigungstechnik können ein Baustein zur Herstellung der Verhältnismäßigkeit des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbots darstellen.

43

Soweit von dem Beklagten zu bewältigende Sachverhaltskonstellationen von den Ausnahmetatbeständen nicht angemessen erfasst werden sollten (zu diesbezüglichen Bedenken vgl. etwa VGH München, Beschluss vom 27. Februar 2017 - 22 C 16.1427 - NVwZ 2017, 894 Rn. 162), erscheint ein Rückgriff auf die allgemeine Ausnahmevorschrift des § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StVO jedenfalls im Wege unionsrechts- und verfassungskonformer Auslegung nicht von vornherein als ausgeschlossen, wenn dies geboten sein sollte, um einen verhältnismäßigen Ausgleich zwischen Gesundheitsschutz und den Belangen der von Verkehrsverboten negativ Betroffenen zu erreichen (ablehnend OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 8. Dezember 2009 - 11 S 50.09 - juris Rn. 9). Allerdings können Ausnahmegenehmigungen nach dieser Regelung nicht erteilt werden, wenn sie einen unbestimmten Personenkreis begünstigen sollen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. März 2008 - 3 C 18.07 - BVerwGE 130, 383 Rn. 27 m.w.N.).

44

2. Eine Einführung eines (beschränkten) Verkehrsverbotes für Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren in Stufen und unter Gewährung von Ausnahmen, steht mit der Verpflichtung der zuständigen Behörden aus Art. 23 Abs. 1 Unterabs. 2 der Richtlinie 2008/50/EG und aus § 47 Abs. 1 Satz 3 BImSchG, die Zeit der Grenzwertüberschreitung so kurz wie möglich zu halten, in Einklang. Wie der Senat bereits entschieden hat, wird weder nach nationalem Recht noch nach europäischem Recht vorausgesetzt, dass die zu ergreifenden Maßnahmen auf einen Schlag zur Zielerreichung führen. Vielmehr kann nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes ein Vorgehen in mehreren Stufen vorgesehen werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 5. September 2013 - 7 C 21.12 - BVerwGE 147, 312 Rn. 59 sowie EuGH, Urteil vom 22. Februar 2018 - C-336/16 - Rn. 93 m.w.N.).

45

3. Ein Verkehrsverbot für Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren, das unter Wahrung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ausgestaltet ist, erfordert keine Entschädigungsregelung zugunsten der betroffenen Kraftfahrzeugeigentümer. Eine verhältnismäßige Einschränkung der Nutzungsmöglichkeit eines Kraftfahrzeugs durch ein örtlich begrenztes Verkehrsverbot und der damit gegebenenfalls verbundene Marktwertverlust des Kraftfahrzeugs stellt eine vom jeweiligen Eigentümer entschädigungslos hinzunehmende Inhaltsbestimmung des Eigentums im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG dar.

46

Der in Art. 14 GG verankerte Bestandsschutz des Eigentums verlangt im Rahmen des Möglichen vorrangig eigentumsbelastende Regelungen ohne kompensatorische Ausgleichszahlungen verhältnismäßig auszugestalten (vgl. BVerfG, Urteil vom 6. Dezember 2016 - 1 BvR 2821/11 u.a. - BVerfGE 143, 246 Rn. 260 m.w.N.). Dies hat namentlich durch die Schaffung von Übergangs- und Ausnahmeregelungen zu erfolgen. Der Normgeber muss demgegenüber nicht vorsehen, dass jede durch staatliches Verhalten ausgelöste Wertminderung ausgeglichen wird. Art. 14 Abs. 1 GG schützt grundsätzlich nicht gegen eine Minderung der Wirtschaftlichkeit und gewährleistet nicht, jede sich bietende Chance einer günstigen Verwertung des Eigentums auszunutzen (vgl. nur BVerwG, Urteil vom 24. Mai 1996 - 4 A 39.95 - Buchholz 316 § 74 VwVfG Nr. 39 S. 18 f. m.w.N.).

47

Dessen ungeachtet kann nach Lage der Dinge ohnedies nicht davon ausgegangen werden, dass ein lokal eingeführtes Verkehrsverbot - auch im Zusammenwirken mit weiteren lokalen Verkehrsverboten - insbesondere für (bestimmte) Dieselfahrzeuge zu einem Zusammenbruch des Gebrauchtwagenmarktes für betroffene Kraftfahrzeuge oder zu unverhältnismäßigen Belastungen durch besonders hohe Marktwertverluste führten. Verkehrsverbote werden nämlich nur für einen Bruchteil des Straßennetzes in Deutschland und beschränkt auf nur wenige Ballungsräume überhaupt in Betracht kommen.

48

C. Erweist sich ein Verkehrsverbot für Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren als geboten, scheitert dessen Umsetzung nicht an straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften.

49

1. Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, für die in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbote zur schnellstmöglichen Einhaltung der überschrittenen Stickstoffdioxid-Immissionsgrenzwerte könne auf das Zeichen 251 aus der Anlage zu § 41 Abs. 1 StVO (Verbot für Kraftwagen) oder auf die Zeichen 270.1 und 270.2 (Beginn und Ende einer Verkehrsverbotszone zur Verminderung schädlicher Luftverunreinigungen in einer Zone) zurückgegriffen werden.

50

a) Hinsichtlich einzelstreckenbezogener Verkehrsverbote trifft § 45 Abs. 1f StVO, wonach die zuständige Straßenverkehrsbehörde zur Kennzeichnung der in einem Luftreinhalteplan festgesetzten Umweltzone die dafür erforderlichen Verkehrsverbote mittels der Zeichen 270.1 und 270.2 in Verbindung mit dem dazu vorgesehenen Zusatzzeichen anordnet, keine Regelung und kann insoweit einer nicht den zonenbezogenen Maßgaben des § 45 Abs. 1f StVO entsprechenden Beschilderung von Verkehrsverboten nicht entgegenstehen. Die in der Literatur vertretene Auffassung, eine Sperrwirkung für streckenbezogene Verkehrsverbote bzw. für deren Beschilderung ergebe sich schon allein aus dem Fehlen einer dem § 45 Abs. 1f StVO entsprechenden Regelung für die Kennzeichnung streckenbezogener Verkehrsverbote in der Straßenverkehrsordnung (in diesem Sinn etwa Brenner, DAR 2018, 71 f.), findet im Verordnungstext keine Stütze. Für ein diesbezügliches beredtes Schweigen des Verordnungsgebers fehlt es an greifbaren Anhaltspunkten. Zudem handelt es sich bei der Regelung des § 45 Abs. 1f StVO um eine bei Inkrafttreten der 35. BImSchV noch nicht vorhandene, erst durch die Verordnung zur Neufassung der StVO vom 6. März 2013 (BGBl. I S. 367) eingefügte Ergänzung der Straßenverkehrsordnung, die auch hinweggedacht werden kann, ohne dass die Möglichkeit zur Beschilderung von Umweltzonen hierdurch entfiele (vgl. auch BR-Drs. 428/12 S. 144 f.).

51

b) Dagegen kann ein zonales Verbot nicht auf § 45 Abs. 1f StVO und die darin vorgesehene Verkehrszeichenkombination gestützt werden. Das Zusatzzeichen "Freistellung vom Verkehrsverbot nach § 40 Abs. 1 BImSchG" in Nr. 46 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO ermöglicht Freistellungen nur für Kraftfahrzeuge, die gemäß § 3 Abs. 1 Satz 3 der 35. BImSchV mit einer roten, gelben oder grünen Plakette ausgestattet sind. Die Verwendung anderer Zusatzzeichen sieht der Verordnungsgeber im Rahmen der Errichtung von Umweltzonen nicht vor. Dies ergibt sich außer aus dem systematischen Zusammenhang der Regelung mit der 35. BImSchV auch aus dem im Singular gefassten Wortlaut des § 45 Abs. 1f StVO ("in Verbindung mit dem dafür vorgesehenen Zusatzzeichen") und gilt unabhängig davon, ob der Verweis in § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG ("nach Maßgabe der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften") eine Rechtsgrund- oder, wie überwiegend angenommen wird, eine Rechtsfolgenverweisung darstellt (vgl. hierzu nur Jarass, BImSchG, 12. Aufl. 2017, § 40 Rn. 12 m.w.N.). § 45 Abs. 1f StVO statuiert nämlich keine (zusätzlichen) straßenverkehrsrechtlichen Voraussetzungen für die Anordnung von Verkehrsverboten nach § 40 Abs. 1 BImSchG, sondern betrifft mit der Art und Weise von deren Kennzeichnung lediglich die Rechtsfolgenseite und ist insoweit jedenfalls von dem Verweis des § 40 Abs. 1 BImSchG auf die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften umfasst.

52

Allerdings handelt es sich bei § 45 Abs. 1f StVO jedenfalls deshalb nicht um eine abschließende Regelung für die Bekanntgabe von Umweltzonen-Verkehrsverbote, weil dies gegen die unionsrechtlich vorgegebene Verpflichtung zur schnellstmöglichen Einhaltung der Immissionsgrenzwerte verstoßen würde. Insoweit kann ebenfalls dahinstehen, ob § 45 Abs. 1f StVO einer unionsrechtskonformen Auslegung zugänglich ist (siehe oben Rn. 34) oder auch insoweit - wie bei der 35. BImSchV - die Norm teilweise unanwendbar bleiben muss, weil sie im Gegensatz zu den unionsrechtlichen Verpflichtungen die in Frage kommenden Verkehrszeichen beschränkt. In beiden Fällen entfällt die "Sperre" für eine Kombination der Zeichen 270.1 und 270.2 mit anderen als dem in Nr. 46 der Anlage 2 zur StVO vorgesehen Zusatzzeichen.

53

2. Hiervon ausgehend hat das Verwaltungsgericht ferner angenommen, die notwendigen Einschränkungen von Verkehrsverboten ließen sich durch die Schaffung bislang in der Straßenverkehrsordnung nicht geregelter Zusatzzeichen von der zuständigen Straßenverkehrsbehörde umsetzen. Dies steht ebenfalls mit Bundesrecht in Einklang.

54

Um kenntlich zu machen, auf welche Kraftfahrzeuge das in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot beschränkt ist, stellt die Straßenverkehrsordnung ein geeignetes Zusatzzeichen nicht zur Verfügung. Entsprechendes gilt auch für den amtlichen Katalog der Verkehrszeichen, auf den § 39 Abs. 9 StVO verweist. Der Katalog der Zusatzzeichen nach der Straßenverkehrsordnung ist jedoch nicht abschließend (vgl. § 41 Abs. 2 Satz 3 StVO) und kann insoweit um geeignete Zusatzzeichen ergänzt werden.

55

Hinsichtlich der Anforderungen an Zusatzzeichen bestimmt die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung - (VwV-StVO) - vom 26. Januar 2001 in der Fassung vom 22. Mai 2017 (BAnz AT vom 29. Mai 2017 B8) unter dem Gliederungspunkt "Zu den §§ 39 bis 43 - Allgemeines über Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen", Ziff. III.16 Buchst. a, dass Zusatzzeichen, wenn irgend möglich, nicht beschriftet sein, sondern nur Sinnbilder zeigen sollten. Zusatzzeichen, die im amtlichen Katalog der Verkehrszeichen nicht enthalten sind, bedürfen nach dieser Verwaltungsvorschrift zudem der – gegebenenfalls einzuholenden - Zustimmung der zuständigen obersten Landesbehörde oder der von ihr bestimmten Stelle. Nach "Zu den §§ 39 bis 43...", Ziff. III.16 Buchst. b VwV-StVO sollten - mit Rücksicht auf den Sichtbarkeitsgrundsatz - an einem Pfosten nicht mehr als zwei Zusatzzeichen angebracht werden.

56

In Anbetracht der bestehenden Schwierigkeit, für die Antriebsart Diesel bzw. für die verschiedenen Euro-Abgasnorm-Stufen allgemein verständliche Sinnbilder zu entwickeln, dürfte der jedenfalls nach der Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung mit verwaltungsinterner Bindungswirkung zur Anwendung kommende Vorrang der Verwendung von Sinnbildern ("wenn irgend möglich") einem textlichen Zusatzzeichen zum Zeichen 251, das das Verbot auf (bestimmte) Dieselfahrzeuge beschränkt, nicht entgegenstehen. Ein derartiges Zusatzzeichen stünde auch mit § 41 Abs. 2 Satz 3 StVO in Einklang, wonach Zusatzzeichen nur allgemeine Beschränkungen der Gebote oder Verbote oder allgemeine Ausnahmen von ihnen enthalten.

57

Da Verkehrszeichen sofort zu befolgen sind (vgl. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 VwGO), müssen durch das Aufstellen von Verkehrszeichen bekannt gegebene Regelungen klar und eindeutig sein. Verkehrszeichen sind deshalb nach dem Sichtbarkeitsgrundsatz so aufzustellen oder anzubringen, dass sie ein durchschnittlicher Kraftfahrer unter Einhaltung der nach § 1 StVO erforderlichen Sorgfalt mit einem raschen und beiläufigen Blick erfassen kann. Unter dieser Voraussetzung äußern sie ihre Rechtswirkung gegenüber jedem von der Regelung betroffenen Verkehrsteilnehmer, gleichgültig, ob er das Verkehrszeichen tatsächlich wahrnimmt oder nicht (stRspr, vgl. nur BVerwG, Urteil vom 13. März 2008 - 3 C 18.07 - BVerwGE 130, 383 Rn. 11 m.w.N.). Eine hinreichende Erfassbarkeit erscheint jedenfalls bei der beispielhaft genannten Beschilderung als gegeben.

58

3. Die zur Wahrung des Gebots der Verhältnismäßigkeit gebotenen Ausnahmen von Verkehrsverboten für Dieselfahrzeuge müssen nicht durch Verkehrszeichen gekennzeichnet werden. Aus der Bestimmung des § 45 Abs. 4 StVO ergibt sich nichts anderes. Nach dieser Vorschrift dürfen die Straßenverkehrsbehörden den Verkehr, mit Ausnahme der Fälle des § 45 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 StVO, nur durch Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen regeln und lenken. Dies gilt grundsätzlich auch für die Zulassung von Ausnahmen von Verkehrsverboten (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. März 2008 - 3 C 18.07 - BVerwGE 130, 383 Rn. 20 ff.). Der dem zugrunde liegende Grundsatz, wonach sich ein Verkehrsteilnehmer auf die Vollständigkeit der Regelung eines Verkehrszeichens, die für jedermann gelten soll, verlassen können muss, beansprucht allerdings, wie sich auch aus der Zusammenschau des § 45 Abs. 4 StVO mit § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StVO entnehmen lässt, im Anwendungsbereich der Straßenverkehrsordnung keine Geltung für Ausnahmen, die nicht für jedermann gelten sollen, sondern die in bestimmten Einzelfällen oder gegenüber einem bestimmten Personenkreis Platz greifen (vgl. BVerwG, Urteil vom 13. März 2008 - 3 C 18.07 - BVerwGE 130, 383 Rn. 25 f.).

59

In diesem Sinne ermächtigen § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV und § 40 Abs. 1 Satz 2 BImSchG zu Ausnahmeregelungen in Einzelfällen oder gegenüber einem bestimmten Personenkreis, die keiner Bekanntgabe durch ein Verkehrszeichen bedürfen (vgl. auch OVG Lüneburg, Urteil vom 12. Mai 2011 - 12 LC 139/09 - Rn. 75 f.; Jarass, BImSchG, a.a.O., § 40 Rn. 17; Hofmann/Hansmann, in: Landmann/Rohmer, Umweltrecht, a.a.O., § 40 BImSchG Rn. 19). Für den Bereich zonenbezogener Verkehrsverbote wird dieses Ergebnis durch die amtlichen Hinweise zum Zeichen 270.1 in Spalte 3 der Anlage 2 zur StVO bestätigt, wonach Ausnahmen im Einzelfall oder allgemein durch Zusatzzeichen oder Allgemeinverfügung zugelassen sein können. Eine indirekte Bestätigung erfährt dieses Ergebnis zudem durch den Wortlaut des § 40 Abs. 1 Satz 2 BImSchG sowie des § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV, die - anders als § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG - die Maßgeblichkeit der straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften jeweils nicht vorsehen. Gemäß der Begründung der Ersten Verordnung zur Änderung der 35. BImSchV geht auch der Verordnungsgeber davon aus, dass eine immissionsschutzrechtliche Verfügung auf der Grundlage des § 1 Abs. 2 der 35. BImSchV nicht durch ein Verkehrszeichen umgesetzt werden muss (BR-Drs. 819/07 S. 10).

60

D. Etwaige Erschwernisse beim Vollzug des in Betracht zu ziehenden Verkehrsverbotes führen nicht zur Rechtswidrigkeit von dessen Anordnung. Die Einführung einer Verbotsregelung scheitert nicht an einer fehlenden Kontrollierbarkeit.

61

Zwar dürfte der Vollzug von Verkehrsverboten ohne eine Kennzeichnung der von einem Verkehrsverbot ausgenommenen Kraftfahrzeuge - namentlich durch eine im Zuge einer Anpassung der 35. BImSchV einzuführende, hierfür geeignete Plakette (etwa einer "Blauen Plakette") - deutlich erschwert sein. Dies führt allerdings nicht zur Rechtswidrigkeit einer Verbotsregelung. Von einem die Rechtswidrigkeit einer Regelung begründenden strukturellen Vollzugsdefizit kann insoweit keine Rede sein. Ein solches setzt ein normativ angelegtes Hindernis voraus, das strukturbedingt zu einer defizitären Vollzugspraxis führt (vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 2016 - 8 C 6.15 - BVerwGE 157, 127 Rn. 47 m.w.N.). Bloße Vollzugsmängel oder die empirische Ineffizienz von Rechtsnormen sind demgegenüber nicht ausreichend. Erforderlich ist ein Widerspruch zwischen dem normativen Befehl des materiellen Rechts und den nicht auf dessen Durchsetzung angelegten Regelungen (vgl. BVerfG, Urteil vom 9. März 2004 - 2 BvL 17/02 - BVerfGE 110, 94 <113> m.w.N.).

62

Ein derartiges, auf eine Verfehlung der Regelungswirkung angelegtes normatives Defizit lässt sich vorliegend nicht feststellen. Im ruhenden Verkehr erscheinen wirksame Kontrollen von Kraftfahrzeugen im Wege von Halterabfragen möglich. Polizei und Verwaltungsbehörden sind zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten befugt, beim Zentralen Fahrzeugregister die erforderlichen Daten abzurufen (vgl. § 36 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und 1a i.V.m. § 35 Abs. 1 Nr. 3 StVG). Hierzu gehören auch die Daten über Beschaffenheit, Ausrüstung, Identifizierungsmerkmale und Zulassungsmerkmale einschließlich der Abgasnorm, in die das Fahrzeug eingestuft ist (§ 24 Abs. 1 Satz 1 StVG i.V.m. § 49 Abs. 3 Nr. 4 StVO, § 33 Abs. 1 Nr. 1 StVG i.V.m. § 30 Abs. 1 Nr. 1 und 9 der Verordnung über die Zulassung von Fahrzeugen zum Straßenverkehr - Fahrzeug-Zulassungsverordnung - vom 3. Februar 2011 , zuletzt geändert durch Art. 1 der Verordnung vom 31. Juli 2017 , § 39 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. a, Abs. 3 Nr. 1 FZV). Kontrollen sind auch im fließenden Verkehr, etwa durch Einsichtnahme in die Zulassungsbescheinigung Teil I, durchführbar. Im Übrigen werden auch andere geltende Verkehrsverbote und Verkehrsbeschränkungen, wie etwa Geschwindigkeitsbeschränkungen, von den zuständigen Behörden nur stichprobenartig überprüft.

63

Ein etwaigen (sonstigen) Vollzugsdefiziten entgegenwirkender landeseinheitlicher Vollzug von Verkehrsverboten einschließlich der Schaffung landeseinheitlicher Rahmenbedingungen für die Ausgestaltung von Ausnahmeregelungen zu angeordneten Verkehrsverboten ist zudem gegebenenfalls Aufgabe der zuständigen obersten Landesbehörden.

64

E. Auch weitere vom Beklagten und von der Beigeladenen gegen das in Betracht zu ziehende Verkehrsverbot vorgebrachte Einwände greifen nicht durch. Namentlich die Gefahr von Verkehrsverlagerungen, aus denen sich Immissionsbelastungen an anderer Stelle ergeben, schließt den Erlass eines Verkehrsverbots für Kraftfahrzeuge mit Dieselmotoren nicht aus.

65

Zwar sind vor der Festlegung eines Verkehrsverbots in einem Luftreinhalteplan, worauf auch das angefochtene Urteil zutreffend hinweist, Verlagerungseffekte zu berücksichtigen und zu bewerten. Verkehrsverlagerungen sind allerdings nicht per se unzulässig. Da § 47 Abs. 1 Satz 1 BImSchG kein allgemeines Minimierungsgebot enthält, sondern (lediglich) zur Einhaltung des NO2-Grenzwertes verpflichtet, ist eine Verkehrsbeschränkung nach § 40 Abs. 1 Satz 1 BImSchG erst dann kein geeignetes Mittel mehr, um die Einhaltung des Grenzwertes sicherzustellen, wenn die hierdurch bedingten Umlenkungen von Verkehrsströmen zu einer erstmaligen oder weiteren Überschreitung des NO2-Grenzwertes an anderer Stelle führen (vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 29. März 2007 - 7 C 9.06 - BVerwGE 128, 278 Rn. 31).

66

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1, § 162 Abs. 3 VwGO.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.