Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 28. Nov. 2018 - RN 2 K 17.33248

published on 28.11.2018 00:00
Verwaltungsgericht Regensburg Urteil, 28. Nov. 2018 - RN 2 K 17.33248
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Gericht

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Tenor

I. Die Klagen werden abgewiesen.

II. Die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

III. Das Urteil ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Kläger, äthiopischer Staatsangehörigkeit, wenden sich gegen einen ablehnenden Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) und begehren die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, hilfsweise die Gewährung subsidiären Schutzes und wiederum hilfsweise die Feststellung des Vorliegens von Abschiebeverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz (AufenthG).

Der Kläger ist eigenen Angaben zufolge am 1. Januar 1993 in Marsin in Äthiopien geboren worden. Er gehört dem Volk der Gaboy an. Die Klägerin ist ihren Angaben zufolge am 5. Mai 1996 im gleichen Ort geboren worden und dem Clan der Isaaq zugehörig. Beide Kläger sprechen Somali und geben an, miteinander verheiratet zu sein.

Ihren Angaben zufolge reisten die Kläger am 3. Juni 2015 in die Bundesrepublik Deutschland ein und beantragten am 6. August desselben Jahres Asyl. Hierzu wurden sie beim Bundesamt am 6. Dezember 2016 persönlich angehört.

Die Klägerin trug bei ihrer persönlichen Anhörung vor, dass sie dem Volk der Ogaden Isaaq zugehöre. Ihren Kebeleausweis habe sie zu Hause gelassen. Nachsenden lasse könne sie diesen nicht, weil sie keinen Kontakt mehr nach Hause habe. Sie habe in dem kleinen Dorf Marsin gelebt. Die nächstgrößere Stadt in der Nähe sei Kebri Daha, Somali, Äthiopien. Sie wisse nicht genau, wie weit die Stadt von ihrem Heimatort entfernt sei, mit dem Auto sei es ungefähr ein Tag. Sie habe dort mit ihrem Vater und ihren Geschwistern gelebt. Der Vater sei aber jetzt gestorben. Es lebten dort auch noch andere Verwandte in der Nähe. Am 10. Februar 2015 des europäischen Kalenders habe sie Äthiopien verlassen. Nach Deutschland eingereist sei sie am 3. Juni desselben Jahres.

Ihr Vater heiße …, ihre Mutter … Beide hätten in Marsin gelebt. Ihr Vater sei gestorben, als sie 8 Jahre alt gewesen sei. Ihre Mutter habe sie in ihrem Leben nie gesehen und wisse nicht, ob diese lebe. Die Mutter habe das Dorf verlassen, als sie noch ganz klein gewesen sei. Ihre Geschwister seien noch dort und auch Verwandte. Sie habe einen Bruder und 4 Schwestern.

Sie sei eine Frau des Ogaden Isaaq Clan und habe einen Mann geheiratet, der einem anderen Clan zugehöre. Dieser Clan heiße Gaboy. Sie hätten sich verlobt und auch gewusst, dass ihre Familie das nicht akzeptieren werde. Sie seien in eine andere Stadt gegangen, um heiraten zu können. Dort hätten sie geheiratet und sie sei schwanger geworden. Einmal habe ihr großer Bruder gesehen, dass sie schwanger sei und gefragt, von wem sie schwanger sei. Da es in ihrer Kultur verboten sei, schwanger zu sein, bevor man geheiratet habe und sie ja nicht offiziell geheiratet hätte, sei sie sehr schlimm geschlagen worden, bis sie gesagt habe, von wem das Kind sei. Dann sei es noch schlimmer geworden mit den Schlägen, weil sie ihnen gesagt habe, dass sie einen Gaboye geheiratet habe. Man habe sogar ein Messer in sie gesteckt. Sie seien dann von ihr weggegangen, um ihren Mann zu suchen und zu verfolgen. Danach seien sie zu ihrem Mann gegangen, sie habe keine Ahnung, was mit ihrem Mann gemacht worden sei. Das Messer, das sie in sie gesteckt hätten, habe ihr Kind getötet. Sie sei 3 Monate lang zu Hause gewesen, ohne dass sie einen Arzt gesehen habe und ohne Medikamente. Diese 3 Monate lang sei ihr das Blut aus der Wunde gelaufen und das getötete Kind sei in dieser Zeit noch in ihrem Bauch gewesen und habe nicht herausgeholt werden können. Auf einmal seien morgens in der Frühe Soldaten zu ihr gekommen und hätten sie geschlagen, ohne ihr zu sagen weshalb. Anschließend sei sie ins Gefängnis gebracht worden. Danach habe sie erfahren, dass ihr Mann bereits vor ihr im Gefängnis gewesen, aber weggerannt sei. Sie sei mit dieser Krankheit im Gefängnis für einen Monat und 10 Tage gewesen. Die Soldaten hätten sie dort misshandelt und vergewaltigt. Sie sei sehr krank geworden und ihr Körper angeschwollen. Nachdem sie sehr krank geworden sei, habe man sie freigelassen. Danach sei sie mit ihrer Schwester nach Jijiga gereist. Für 20 Tage sei sie in einem Krankenhaus gewesen und dann etwas gesünder geworden. Daraufhin habe sie sich entschieden, das Land zu verlassen und sei in den Sudan eingereist. Im Gefängnis seien sie in ihrer kleinen Stadt Marsin gewesen. Ihr Mann sei verhaftet worden, weil er sie geheiratet habe. Sie hätten im Februar 2014 geheiratet. Ihr großer Bruder habe herausgefunden, dass sie verheiratet seien, als er von ihrer Schwangerschaft erfahren habe. Dies sei im September 2014 gewesen. Sie hätte zu dieser Zeit in ihrem Ort Marsin gelebt, wo auch ihre Geschwister lebten. Mit ihrem Mann habe sie sich nur geheim und außerhalb der Stadt getroffen.

In eine andere Stadt habe sie nicht gehen können, weil sie immer verfolgt würde, wenn sie einen heirate, den ihre Familie nicht akzeptiere. Ihr großer Bruder habe angefangen sie zu schlagen. Danach habe die ganze Familie sie diskriminiert und versucht sie zu schlagen. Mit der ganzen Familie meine sie die ganzen Leute, die auch in der Stadt gelebt hätten, weil sie sie aufgrund der Heirat mit einem Mann aus einem anderen Volk diskriminieren wollten. Dies sei bei ihnen sehr schlimm. In ihrer Stadt lebe nur ihr Stamm. Als sie ins Gefängnis gekommen sei, habe sie ihren Mann nicht mehr gesehen. Als sie sich früher getroffen und gesehen hätten, habe er in ihrer Stadt gelebt und als Handwerker gearbeitet. Der Stamm ihres Mannes sei ein sehr kleiner und in der Minderheit. So gebe es keine Probleme untereinander, aber wegen der Kultur gebe es eine Grenze, man dürfe nicht untereinander heiraten. Geheiratet hätten sie in einem kleinen Dorf, das ca. 30 Minuten von ihnen entfernt sei. Sie seien von einem Scheich verheiratet worden, dem sie Geld bezahlt hätten. Dem Scheich hätten sie aber nicht gesagt, von welchem Stamm sie kämen.

In den 3 Monaten nach dem Vorfall habe sich keiner um sie gekümmert. Sie hätten sogar gesagt, man solle sie sterben lassen. Auf den Vorhalt, wie sie sich innerhalb dieser Zeit versorgen habe können, gab sie an, dass eine Schwester von ihr sich heimlich um sie gekümmert habe, damit ihr Bruder und die anderen Leute sie nicht sehen könnten. Ihr großer Bruder werde sie immer verfolgen, egal in welchen Landesteil sie gehe. An die Polizei könne sie sich nicht wenden, da diese Fälle nichts mit der Polizei zu tun hätten, sondern zwischen den 2 Kulturen bestünden. Es seien ja die Polizisten selbst gewesen, die sie ins Gefängnis gebracht hätten. Ihr Bruder sei ein bekannter Mann in der Stadt. Sie sei von ihrem großen Bruder und allen Verwandten, sogar Onkel und Tanten, geschlagen worden. Alle hätten versucht, sie zu schlagen und sie sterben zu lassen. Sie schätze, dass sie 5 Stunden von ihrem großen Bruder geschlagen worden sei als er das erste Mal erfahren wollte, ob sie schwanger sei. Sie habe ihm das nicht gleich gesagt, erst als sie in einer schlimmen Situation gewesen sei. Immer wenn sie nun einer sehe, versuche derjenige sie zu schlagen. Jeder der am Haus vorbeikomme, schlage sie mit dem was er in der Hand habe.

Während der 5 Stunden habe ihr Bruder angefangen, sie mit einem Schläger zu schlagen, den er in der Hand gehabt habe. Als dieser kaputt gegangen sei, habe er sie geboxt und mit dem Fuß getreten. Anschließend habe er sie mit seinem Gürtel geschlagen und habe sie gefragt, von wem sie schwanger sei. Danach habe er in sie das Messer gesteckt. Daraufhin habe sie ihm gesagt, von wem sie schwanger sei. Als sie gesagt habe, dass der Mann aus Gaboy sei, habe er sie noch einmal geschlagen und insgesamt dreimal auf sie eingestochen.

Die Antragstellerin legte ein Attest eines Facharzts für Allgemeinmedizin aus A* … vor. Dieses Attest vom 4. Dezember 2016 schildert im Wesentlichen die Fluchtgeschichte und gibt an, dass die Klägerin am Bauch 4 Narben aufweise, die von Messerstichen herrühren würden, am Hals befinde sich eine Strangulationsnarbe.

Sie sei von ihrem Bruder stranguliert worden, um sie zu töten. Sie sei aber gerettet worden, weil ihm manche Leute den Vorschlag gemacht hätten, dass ihr Mann ins Gefängnis gehen und das kleine Kind getötet werden solle, da der Bruder dann die Chance habe, sie von ihrem Mann zu trennen. Ihr großer Bruder wolle nicht, dass sie weiterlebe. Aus seiner Sicht sei sie gestorben und er möchte nicht, dass sie weiterlebe. Sie habe Glück, dass sie noch lebe. Sie könne nicht in eine andere Stadt ziehen, wenn sie dort 5 - 6 Jahre lebe, werde es ihr Bruder herausfinden und sie töten wollen. Ihr Bruder habe ihren Mann ins Gefängnis gebracht und schlimmer geschlagen als sie. Bevor er ihn ins Gefängnis gebracht habe, habe er ihn geschlagen, weil er sie geschwängert habe. Zwischen dem Vorfall und dem Verbringen ins Gefängnis seien ca. 3 Monate vergangen. Verhaftet worden sei sie von normalen Soldaten, die auch in der Stadt gewesen seien. Vom Aussehen her seien es Somali gewesen. Es seien ca. 8 gewesen. Über ihren Mann habe sie während der 3 Monate keine Informationen gehabt, sondern diesen erst in Italien wieder getroffen. Sie habe ihn nur zufällig wieder getroffen, weil die Somalier in Italien auf einem bestimmten Platz zusammengekommen seien und er vor ihr in Italien gewesen war. Es sei ein Asylheim gewesen, wo sie sich getroffen hätten. Sie habe nicht gewusst, dass er noch lebe. Er sei 2 Nächte bzw. einen Tag bevor sie ins Gefängnis gebracht worden sei geflohen.

Auf die Frage was sie bei einer Rückkehr nach Äthiopien befürchte, antwortete sie, dass es besser wäre, dass sie hier stürbe, bevor sie zurückgingen. Sie fürchte sich vor ihrem Bruder und ihrem Stamm, der sie die ganze Zeit geschlagen habe und für den sie überhaupt gestorben sei. Sie würden direkt zu ihr kommen und sie töten. In Äthiopien könne sie nicht mehr mit ihrem Mann weiterleben. Ihr Mann sei ca. 3 Monate in diesem Gefängnis gewesen.

Sie habe niemanden von der Vergewaltigung im Gefängnis erzählt, weil es für eine vergewaltigte Frau sehr schlimm und sehr schlecht sei. Das Kind habe trotz ihrer Beschneidung geholt werden können, das Kind sei 3 Monate alt und nur Blut gewesen. Es sei dann Stück für Stück runtergekommen. Weil sie geheiratet habe, sei sie unten schon offen gewesen, und habe deshalb von den Soldaten vergewaltigt werden können. Ihre Zukunft mit ihrem Mann habe sie sich nicht vorgestellt, sie habe nichts geplant, sie sei verlobt gewesen und es sei einfach so passiert, sie habe nur mit ihm zusammen sein wollen. Die Konsequenzen habe sie sich nicht vorstellen können. Sie habe nicht geahnt, dass das eine so große Rolle spiele.

Auf die Frage warum sie ihrem Bruder habe verschweigen wollen, von wem das Kind sei, obwohl die Schwangerschaft sichtbar geworden wäre, gab sie an, dass sie große Angst gehabt habe, dass ihr Bruder ihren Mann suche und töte.

Sie habe anfangs nicht gesagt, dass sie schwanger sei. Sie würden die Klägerin töten. Sie habe ja gesehen, wie sie geschlagen worden sei. Sie habe nur Angst gehabt. Das Kind sei erst 3 Monate alt gewesen, sie habe gewartet, dass der Bauch größer werde, aber man habe es gleich gesehen. Sie habe auch erst von einem Arzt erfahren, dass sie schwanger sei. Es sei ein Arzt in ihrem Heimatort gewesen. Sie habe große Angst bekommen, dass sie schwanger sei. Dann habe sie angefangen, ihren Bauch zu verstecken und ihre Schwangerschaft zu verschweigen. Ihr Bruder habe sich bei ihrer Schwester umgehört und man habe erkannt, dass der Bauch größer werde. Sie habe erbrochen, nicht viel essen können und wenige Bewegungen gemacht. Man habe gemerkt, dass sie nicht normal sei.

Der Kläger trug bei seiner persönlichen Anhörung vor, dass er zum Stamm der Gaboy gehöre. Personalpapiere habe er nicht besessen. Auch einen Kebeleausweis habe er nicht gehabt. Da er vom Stamm der Gaboy sei und diese immer so diskriminiert würden, bekämen sie auch keinen Ausweis. Er habe bis zur Ausreise in der Stadt Marsin gewohnt. Seine Familie habe sich außerhalb der Stadt befunden. Er habe dort alleine gelebt. Sein Heimatland habe er im Januar 2015 verlassen, genauer wisse er es nicht. Am 3. Juli 2015 sei er nach Deutschland eingereist.

Von seinem Heimatort nach Addis Abeba habe es 5 Tage gedauert. Anschließend sei er in den Sudan. Er sei 10 Tage unterwegs gewesen, um in den Sudan zu kommen. Über die Sahara sei er nach Libyen gereist. Dort habe er sich 4 Monate aufgehalten. 5 Tage lang habe er mit einem kleinen Boot an die italienische Küste gebraucht und sei in Sizilien angekommen. Dort habe er sich 10 Tage aufgehalten, anschließend noch 12 Tage in Rom. In Libyen sei er festgehalten worden, bis er das Reisegeld bezahlen habe können. So lange habe er für sie arbeiten müssen. Deswegen habe man kein Geld gefordert, aber wenn man in Libyen sei, könne man das Geld bezahlen. Ihn habe es kein Geld gekostet, weil er als Arbeitssklave für den Wegbegleiter gearbeitet habe.

Sein Vater heiße A* …, seine Mutter … Sein Vater sei tot, seine Mutter lebe außerhalb der Stadt. Sie hätten Kamele, Schafe und bauten Hütten wenn es regne. Seine Mutter sei eine Nomadin. Er habe noch drei Brüder, die bei seiner Mutter lebten. Eine Schule habe er nicht besucht. Er habe als Handwerker gearbeitet und könne Auto fahren, z.B. als Taxifahrer.

Er habe sich mit der Frau, die er geheiratet habe, verlobt. Sie hätten heimlich geheiratet. Danach sei seine Frau schwanger geworden und man habe dann erfahren, dass sie schwanger sei. Sie habe zu ihrer Familie gesagt, dass er der Vater des Kindes sei. Anschließend sei ihre Familie zu ihm gekommen und habe Schläger und Waffen dabei gehabt. Er habe ja nicht gewusst, weshalb sie zu ihm gekommen seien, aber plötzlich hätten sie angefangen ihn zu schlagen. Sie hätten ihm große Verletzungen zugefügt. Sie hätten ihn ins Gefängnis gebracht, wo er 3 Monate lang gewesen sei. Auf einmal habe eine andere Gruppe das Gefängnis attackiert und er die Chance bekommen und sie hätten ihn freigelassen. Die anderen Leute, die im Gefängnis gewesen seien, seien auch verschwunden. Danach sei er ausgereist. Der Bruder seiner Frau sei gekommen, um ihn zu schlagen. Die anderen Gefolgsleute habe er nicht gekannt. Sie hätten aber sogleich angefangen ihn zu schlagen. Es seien ca. 7 oder 8 Personen gewesen. Der Vorfall habe sich im September 2014 ereignet, genauer wisse er es nicht. Sie seien einfach so zu ihm gekommen mit Schläger und Messer. Er habe dann nur die Stimme gehört: „Die Leute sagen, der Gaboy hat unsere Schwester vergewaltigt, weil sie nicht verheiratet waren.“ Nachdem sie ihm große Verletzungen zugefügt hatten, hätten sie gedacht, dass er sterbe und ihn ins Gefängnis gebracht. Er sei 3 Monate lang im Gefängnis gewesen. Die Gruppe habe das Gefängnis attackiert und er habe die Gelegenheit gehabt, rauszukommen. Das Gefängnis könne er nicht skizzieren, denn es sei dunkel gewesen und er habe große Verletzungen wegen der Schmerzen gehabt.

Die Zelle sei viereckig, mit einer Metalltüre versehen, in der Türe habe sich ein kleines Fenster befunden. Links von der Zelle aus habe er geschlafen. Leute die verhaftet würden, kämen in diese Zellen und würden dann wieder freigelassen. Sie seien zu siebt in der Zelle gewesen. Die Zelle sei nicht so groß gewesen, er habe nur Geschrei und Lärm gehört. Für die Toilette habe sich ein Kübel in der Ecke der Zelle befunden.

Er sei ins Gefängnis gebracht worden, weil er eine Frau geheiratet habe, die in einem großen Clan geboren worden sei. Den Alltag in der Zelle könne er nicht beschreiben, er sei nur in der Zelle drin gewesen. Nur durch das kleine Fenster in der Tür habe man nach draußen sehen können. Dieses sei aber so hoch gewesen, dass man nicht richtig nach draußen habe sehen können. Er habe seine Zellengenossen nicht gefragt, weshalb sie verhaftet worden seien. Dies tue man nicht, weil man Angst habe.

Zum Nachweis seiner großen Wunden, übergab der Kläger ein Attest eines Facharzts für Allgemeinmedizin aus A* … Auf das entsprechende Schreiben in der Behördenakte wird verwiesen. Man habe ihm dreimal ein Messer in den Hals gesteckt und in die Schulter auch. Auch ins Bein habe man ihm dreimal ein Messer gesteckt. Am Fuß sei er mit heißem Wasser verbrannt worden. Mit heißem Wasser hätten ihn die Leute verbrannt, die zu ihm gekommen seien. Jeder habe ihn geschlagen und er könne nicht bestimmt sagen, wer genau. Er vermute, dass der große Bruder seiner Frau ihm die Verletzungen zugefügt habe. Auf die Frage wer auf ihn eingestochen habe, antwortete er, dass er die Verletzungen wohl von dem großen Bruder bekommen habe, der habe den Schlag angefangen.

Die Gruppe, die das Gefängnis angegriffen habe, halte er für eine Gruppe der ONLF.

Auf die Frage, wie er sich die Zukunft mit seiner Frau nach der Heirat vorgestellt habe, gab er an, sich mit ihr verlobt zu haben und sich sehr froh zu fühlen, mit ihr zusammen zu sein. Er habe für die Zukunft nichts geplant, er habe nur seine Liebe verfolgt.

Auf die Frage weshalb er geheiratet habe, obwohl die Stämme untereinander nicht heiraten dürften, gab er an, es sei der erste Schritt in seinem Leben gewesen, dass er eine Frau von einem großen Clan geheiratet habe. Das Leben sei für ihn neu gewesen und er habe nicht viel über die Konsequenzen nachgedacht. Geheiratet hätten sie, wegen der Liebe und dass sie beide zusammen leben könnten. Er habe nicht geglaubt, dass das alles so schnell gehe. Auf die Frage, woran er gemerkt habe, dass seine Frau schwanger sei, antwortete er, ihre Familie habe das erfahren, weil sie krank geworden sei und danach habe er durch ihre Familie erfahren, dass sie schwanger sei. Auf die Frage inwiefern die Frau krank geworden sei gab er an, die Frauen bekämen ja Schmerzen, wenn sie schwanger seien.

Über die Frage einer Schwangerschaft habe er mit seiner Frau nicht gesprochen, sie hätten ja eigentlich nicht gewollt, dass sie schwanger werde. Es sei alles so schnell gegangen. Sie hätten sich nicht so oft getroffen. Bevor der Vorfall geschehen sei, hätten sie sich das letzte Mal 2 Monate vorher gesehen. Sie seien ein Jahr zusammen gewesen, bevor sie geheiratet hätten. In dieser Zeit hätten sie sich geheim und nicht so oft getroffen. Aber bei Partys oder wenn es in der Stadt etwas Besonderes gegeben habe, dies sei aber nicht oft gewesen. Wenn sie sich in der Stadt getroffen hätten, hätten sie nicht gesprochen und sich nicht gegrüßt, damit keiner sie sehe.

Das Risiko sei er bei diesen Voraussetzungen aus Liebe eingegangen. Wie oft sie sich in diesem Jahr getroffen hätten, habe er nicht gezählt, sondern jede Chance wahrgenommen.

Bei dem Angriff auf das Gefängnis habe die Gruppe alle Türen aufgemacht und die Leute seien weggelaufen. Dies sei ca. 3:00 Uhr nachts gewesen und er sei bis um 5:00 Uhr gelaufen, bis er ein Auto gefunden habe, dass sie mit nach Addis Abeba genommen habe. Mit verschiedenen Autos sei er dort hingekommen.

Bei einer Rückkehr befürchte er, dass sie ihn töten werden. Er könne dort nicht leben. Es wäre besser hier zu sterben. Auf die Frage weshalb er nicht in einen anderen Teil Äthiopiens ziehe, erwiderte er, er habe große Angst in allen äthiopischen Ländern. Erst seit er hier in Deutschland sei, sei er wieder beruhigt. Zu seiner Familie habe er keinen Kontakt. Die Schläger seien aus Holz gewesen. Jeder habe etwas in der Hand gehabt und er habe nicht so richtig gesehen, was sie in der Hand gehabt hätten.

Auf die Frage weshalb er in das Gefängnis gebracht worden sei, wenn die Leute davon ausgegangen seien, dass er sterbe, antwortete er, sie hätten einfach gewollt, dass er im Gefängnis sterbe.

Mit Bescheid vom 12. Mai 2017 lehnte die Beklagte die Schutzbegehrend er Kläger ab, stellte fest, dass Abschiebungsverbote nicht vorlägen und drohte ihnen die Abschiebung nach Äthiopien an.

Mit Schriftsatz vom 31. Mai 2017 erhoben die Kläger Klage gegen den Bescheid.

Die Kläger tragen vor, dass ihnen Flüchtlingsschutz zustehe. Beide hätte erhebliche Gewaltakte miterleben müssen, die Klägerin wäre hierbei fast getötet worden. Beide hätte lange Zeit im Gefängnis verbringen müssen. Die Klägerin sei dort von Soldaten misshandelt und vergewaltigt worden. Die angeblich vom Bundesamt erkannten Widersprüche seien keine solchen. Es sei nachvollziehbar, dass die Kläger schlichtweg ihrer Liebe gefolgt seien. Der Kläger bekräftige, dass er im Gefängnis nichts gesehen habe, weil es dunkel gewesen sei. Die Klägerin habe nicht angegeben, 5 Stunden durchgehend von ihrem Bruder misshandelt worden zu sein. Der Bruder sei in zeitlichen Abständen immer wieder zu ihr gekommen, habe sie befragt und misshandelt. Der gesamte Akt habe dann 5 Stunden gedauert.

Richtig sei, dass die Klägerin 3 Monate zu Hause heimlich von ihrer Schwester gepflegt worden sei, damit die anderen Familienmitglieder dies nicht mitbekämen. Bei der protokollierten Aussage, dass sich niemand um sie gekümmert habe, sei der Klägerin nicht klar, weshalb dies so protokolliert worden sei, es müsse sich um ein Missverständnis handeln.

Es sei daher mehr als nachvollziehbar, dass beide Angst vor einer Rückkehr hätten. Beide seien hautnah mit dem Tod konfrontiert gewesen und auch bei heimatferner Unterbringung bestehe stets die Gefahr, von Mitgliedern beider Clans aufgespürt und getötet zu werden.

Die Kläger beantragen,

unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 12. Mai 2017, Aktenzeichen 6 073 824 - 225 die Beklagte zu verpflichten, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen,

hilfsweise, ihnen subsidiären Schutz (§ 4 AsylG) zu gewähren,

weiter hilfsweise, Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5, 7 Satz 1 Aufenthaltsgesetz festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 23. Oktober 2018 wurde der Rechtsstreit auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Behörden- und Gerichtsakten Bezug genommen, sowie auf die Niederschrift zur mündlichen Verhandlung vom 27. November 2018 verwiesen.

Gründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Entscheidung des Bundesamts, den Klägern die Flüchtlingseigenschaft (1.) und den subsidiären Schutzstatus (2.) nicht zuzuerkennen sowie Abschiebungsverbote nicht festzustellen und die Abschiebung nach Äthiopien anzudrohen (3.), ist rechtmäßig und verletzt die Kläger damit auch nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).

1. Die Ziffer 1 des angegriffenen Bescheids verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.

Ein Ausländer ist - unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Vorgaben - Flüchtling, wenn seine Furcht begründet ist, dass er in seinem Herkunftsland wegen seiner Rasse, Religion, Staatsangehörigkeit, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung Verfolgungshandlungen im Sinne von § 3a AsylG ausgesetzt ist (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 - 10 C 23.12 - juris). Von einer Verfolgung kann nur dann ausgegangen werden, wenn dem Einzelnen in Anknüpfung an die genannten Merkmale gezielt Rechtsverletzungen zugefügt werden, die wegen ihrer Intensität den Betroffenen dazu zwingen, in begründeter Furcht vor einer ausweglosen Lage sein Heimatland zu verlassen und im Ausland Schutz zu suchen.

An einer gezielten Rechtsverletzung fehlt es aber regelmäßig bei Nachteilen, die jemand aufgrund der allgemeinen Zustände in seinem Herkunftsland zu erleiden hat, etwa infolge von Naturkatastrophen, Arbeitslosigkeit, einer schlechten wirtschaftlichen Lage oder infolge allgemeiner Auswirkungen von Unruhen, Revolution und Kriegen (vgl. OVG NRW, U.v. 28.3.2014 - 13 A 1305/13.A - juris).

Für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist es nach § 3b Abs. 2 AsylG auch unerheblich, ob die Furcht des Betroffenen vor Verfolgung begründet ist, weil er tatsächlich die Merkmale besitzt, die zu seiner Verfolgung führen, sofern der Verfolger dem Betroffenen diese Merkmale tatsächlich zuschreibt.

Für die Beurteilung der Frage, ob die Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG begründet ist, gilt unabhängig davon, ob bereits eine Vorverfolgung stattgefunden hat, der einheitliche Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2011 - 10 C 25.10 - BVerwGE 140, 22). Eine Privilegierung des Vorverfolgten erfolgt aber durch die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie (Richtlinie 2011/95/EU vom 13.12.2011). Eine bereits erlittene Vorverfolgung, ein erlittener bzw. drohender sonstiger ernsthafter Schaden, sind danach ernsthafte Hinweise darauf, dass die Furcht vor Verfolgung begründet ist bzw. dass ein Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden. Dies gilt nur dann nicht, wenn stichhaltige Gründe dagegensprechen, dass der Ausländer erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. In der Vergangenheit liegenden Umständen ist damit Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beizumessen (vgl. auch OVG NRW, U.v. 21.2.2017 - 14 A 2316/16.A - juris).

Bezüglich der vom Ausländer im Asylverfahren geltend gemachten Umstände, die zu seiner Ausreise aus dem Heimatland geführt haben, genügt aufgrund der regelmäßig bestehenden Beweisschwierigkeiten des Flüchtlings die Glaubhaftmachung. Die üblichen Beweismittel stehen ihm häufig nicht zur Verfügung. In der Regel können unmittelbare Beweise im Verfolgerland nicht erhoben werden. Mit Rücksicht darauf kommt dem persönlichen Vorbringen des Ausländers und dessen Würdigung eine gesteigerte Bedeutung zu. Dies bedeutet anderseits jedoch nicht, dass der entscheidende Richter einer Überzeugungsbildung im Sinne des § 108 Abs. 1 VwGO enthoben ist (BVerwG, U.v. 16.4.1985 - 9 C 109.84 - juris; BVerwG, U.v. 11.11.1986 - 9 C 316.85 - juris). Eine Glaubhaftmachung in diesem Sinne setzt voraus, dass die Geschehnisse im Heimatland schlüssig, substantiiert und widerspruchsfrei geschildert werden. Erforderlich ist somit eine anschauliche, konkrete und detailreiche Schilderung des Erlebten. An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es in der Regel, wenn der Asylsuchende im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellung nach der Lebenserfahrung oder aufgrund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheint, sowie auch dann, wenn er sein Asylvorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Asylbegehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (vgl. VG Ansbach, U.v. 24.10.2016 - AN 3 K 16.30452 - juris mit weiteren Nachweisen).

Das Vorbringen der Kläger ist unglaubhaft. Zur Unglaubhaftigkeit trägt bereits die ungeklärte Identität der ausweislosen Kläger bei. Die Kläger vermochten durch ihre Angaben in der mündlichen Verhandlung nicht zur Aufklärung ihrer Identität beitragen. Das angegebene Geburtsdatum der Klägerin ist unglaubhaft. Es erscheint widersprüchlich, dass sie ihren Geburtstag nicht im äthiopischen Kalender angeben kann, zumal sie zunächst vorgetragen hat, den äthiopischen Kalender zu verwenden. Erst als sie auf die Frage des Gerichts, wann ihr Geburtstag in diesem Kalender sei, nicht antworten konnte, erklärte sie das Gegenteil, dass sie den äthiopischen Kalender nicht nutze. Hinsichtlich ihres Alters ergibt sich eine weiterer Widerspruch dadurch, dass sie 26 Jahre alt, aber erst 1996 geboren sein will. Weiter sind ihre Angaben zu ihren Geschwistern widersprüchlich. Zunächst gab sie einen Halbbruder mit Altersangabe und 4 Halbschwestern mit Altersangaben an und benannte dann noch eine leibliche Schwester, die 2 Jahre älter sein soll. Auf den Vorhalt, dass sie damit mehr Geschwister als beim Bundesamt angegeben habe, erklärte sie dann, doch nur 4 Schwestern und einen Bruder zu haben. Bereits dies verdeutlicht, dass sie ihr Vorbringen auf Widersprüche hin anzupassen versuchte.

Zu diesen Widersprüchen hinsichtlich der Identität der Klägerin treten noch weitere Widersprüche bzgl. des Verfolgungsvorbringens. So haben die Kläger unterschiedliche Angaben zu ihrem Kennenlerntag gemacht. Die Klägerin will ihren Mann in seiner Werkstatt kennengelernt haben, er sie auf einer Party. Der eklatanteste Widerspruch folgt aber aus der Aussage der Klägerin in der mündlichen Verhandlung, wonach sie im Oktober 2014 in das Gefängnis gekommen sei, nachdem ihr Mann dort 3 Monate inhaftiert gewesen sei. Dies stimmt bereits nicht mit ihrer Angabe beim Bundesamt überein. Dort sprach sie von Januar. Sie stimmt aber auch nicht mit der Angabe ihres Mannes in der mündlichen Verhandlung überein, der angab, nach dem Angriff durch den Bruder im September 2014 für drei Monate im Gefängnis gewesen zu sein. Diese zeitlichen Angaben divergieren, somit kann die Geschichte nicht geglaubt werden. Hinzu kommt, die Unplausibilität der Angabe der Klägerin, wonach sie im Haus ihres Verfolgers drei Monate lang heimlich von ihrer Schwester gepflegt worden sei. Es ist äußerst lebensfremd, anzunehmen, dass der vermeintlich hasserfüllte Bruder diese Pflege nicht mitbekommen haben soll, wenn es doch in seinem Haus war. Mangels plausibler Verfolgungsgeschichte scheitert damit der Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft am Fehlen einer beachtlich wahrscheinlichen Verfolgungsgefahr.

Jedoch ergäben sich auch bei einer Wahrunterstellung der behaupteten Verfolgungsgeschichte durch den Bruder keine Anhaltspunkte dafür, dass den Klägern die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen wäre. Denn insoweit scheitert die Flüchtlingseigenschaft schon am Fehlen eines tauglichen Verfolgungsakteurs i.S.d § 3c AsylG. Der Bruder und seine Familie sind weder der äthiopische Staat (§ 3c Nr. 1 AsylG), noch eine Partei oder Organisation, die Äthiopien oder wesentliche Teile Äthiopiens beherrschen würde (§ 3c Nr. 2 AsylG), noch sind sie ein entsprechender nichtstaatlicher Akteur i.S.d § 3c Nr. 3 AsylG, da keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass Äthiopien weder in der Lage noch willens wäre, Schutz vor der Verfolgung zu bieten. Es besteht kein Anlass anzunehmen, dass die Macht des Bruders außerhalb des Heimatortes ausreichend groß wäre, um der Kläger habhaft zu werden. Jedenfalls für Bereiche außerhalb des Ogaden, z.B. Addis Abeba, ist anzunehmen, dass die Kläger dort sicher leben könnten.

2. Auch die Ziffer 2 des gegenständlichen Bescheids verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Hinsichtlich des subsidiären Schutzes, für dessen Gewährung nach § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG vorausgesetzt wird, dass den Klägern in ihrem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden drohen müsste, kann auf die obigen Ausführungen zur Unglaubhaftigkeit ihrer Angaben und die Möglichkeit einer inländischen Fluchtalternative, außerhalb des Ogaden verwiesen werden.

3. Schließlich sind auch Abschiebungshindernisse bzgl. Äthiopien im Sinne des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht ersichtlich. Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten vom 4. November 1950 - EMRK - (BGBl. 1952 II, S. 686) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Mangels Erkennbarkeit diesbezüglicher Anhaltspunkte ist festzustellen, dass diese Voraussetzungen vorliegend nicht erfüllt sind.

Ebenso wenig besteht ein nationales Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Die Gewährung von Abschiebeschutz nach dieser Bestimmung setzt das Bestehen individueller Gefahren voraus. Beruft sich ein Ausländer dagegen auf allgemeine Gefahren im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG, wird Abschiebeschutz ausschließlich durch eine generelle Regelung der obersten Landesbehörde nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entfällt die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG in verfassungskonformer Auslegung aber jedenfalls dann, wenn die oberste Landebehörde trotz einer extremen allgemeinen Gefahrenlage keinen generellen Abschiebestopp erlassen bzw. diesen nicht verlängert hat und ein vergleichbarer wirksamer Schutz den betroffenen Ausländern nicht vermittelt wird. Die Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1, 2 Abs. 2 GG gebieten danach die Gewährung von Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG, wenn einer extremen Lebensgefahr oder einer extremen Gefahr der Verletzung der körperlichen Unversehrtheit entgegen gewirkt werden muss. Dies ist der Fall, wenn der Ausländer im Falle seiner Abschiebung gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod ausgeliefert oder erheblichen Gefahren für Leib, Leben oder Freiheit ausgesetzt wäre (BVerwG, U.v. 17.10.1995 - BVerwGE 99, 324; BVerwG, U.v. 19.11.1996 - BVerwGE 102, 249, BVerwG, U.v. 12.7.2001 - BVerwGE 115, 1). Eine derartige Gefahrensituation könnte sich auch aus den harten Existenzbedingungen und der Versorgungslage in Äthiopien ergeben.

Ob die Annahme einer extremen Gefahrenlage im Wege der verfassungskonformen Auslegung nunmehr ausscheidet, weil das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 31.1.2013 (Az. 10 C 15/12 - juris) davon ausgeht, dass in begründeten Ausnahmefällen schlechte humanitäre Bedingungen im Abschiebezielstaat (auch) ein Abschiebeverbot nach § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK begründen können, kann letztlich dahinstehen, da die anzuwendenden Gefahrenmaßstäbe weitgehend übereinstimmen.

Nach den dem Gericht vorliegenden und ins Verfahren eingeführten Erkenntnissen ist die Versorgungssituation für die Kläger in Äthiopien jedoch nicht so schlecht, dass von einer Gefahr im beschriebenen Sinn auszugehen wäre. Obwohl Äthiopien zwischen den Jahren 2004 und 2014 ein konstantes wirtschaftliches Wachstum aufwies, zählt das Land immer noch zu den ärmsten Staaten der Welt. Auf dem Human Development Index des UNO-Entwicklungsprogramms belegt Äthiopien Platz 173 von 186. 77,6% der Bevölkerung leben von weniger als zwei US-Dollar pro Tag. Das durchschnittliche Jahreseinkommen liegt bei 170 US-Dollar. 82% Prozent der Bevölkerung leben von der Landwirtschaft (SFH, Äthiopien, Update: Aktuelle Entwicklungen bis Juni 2014, Rahel Zürrer, Bern 2014). Andererseits ist die Arbeitslosigkeit in den ländlichen Regionen niedrig. Statt auf Arbeitslosigkeit trifft man dort auf unterproduktive Landwirtschaft (IOM, Länderinformationsblatt Äthiopien, Juni 2014, VII. 8.2.1, S. 19). Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln ist nicht in allen Landesteilen und zu jeder Zeit gesichert, weshalb große Teile der Bevölkerung auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen sind. Im Jahr 2014 waren ca. 3,2 Millionen Äthiopier auf solche Hilfen angewiesen, wobei sich die Hilfen neben der reinen Nahrungsmittelhilfe auch auf Non Food Items (Hygiene und Gesundheit) bezogen. Zusätzlich wurden 7,8 Millionen Menschen über das Productive Safety Net Programme unterstützt, die sonst auch Nothilfe benötigt hätten (AA, Lagebericht vom 24.5.2016, Stand: März 2016, IV. 1. 1.1. S. 20).

Im jüngsten Lagebericht spricht das Auswärtige Amt davon, dass 7,9 Millionen Menschen auf das staatliche Sozialprogramm zur Ernährungssicherung angewiesen sind (AA, Lagebericht Äthiopien vom 17.10.2018, Stand: September 2018, IV 1.1, S. 23). Hier zeigt es sich, dass die Situation für große Teile der Bevölkerung schwierig ist. Gleichwohl bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass Rückkehrer keine Nahrungsmittelhilfe erhalten. Für Rückkehrer bieten sich im Übrigen schon mit geringem Startkapital Möglichkeiten zur bescheidenen Existenzgründung.

Die Kläger sind augenscheinlich gesund und arbeitsfähig. Anhaltspunkte für eine fehlende Möglichkeit in Äthiopien das Existenzminimum für sich zu erwirtschaften, bestehen deshalb nicht. Da sie zu zweit zurückkehren, besteht auch die Möglichkeit der gegenseitigen Unterstützung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO, §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO). Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83b AsylG. Die Höhe des Gegenstandswertes ergibt sich aus § 30 Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (RVG).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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published on 24.10.2016 00:00

Tenor 1. Die Klage wird abgewiesen. 2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Gerichtskosten werden nicht erhoben. Tatbestand Der ... geborene Kläger ist äthiopischer Staatsangehöriger mit oromis
published on 28.03.2014 00:00

Tenor Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Köln vom 20. März 2013 wird zurückgewiesen. Die Kläger tragen die Kosten des Zulassungsverfahrens, für das Kosten nicht erhoben werden. 1Der Antrag der
published on 31.01.2013 00:00

Tatbestand 1 Der Kläger erstrebt Abschiebungsschutz wegen ihm in Afghanistan drohender Gefahren. 2
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Annotations

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Als Verfolgung im Sinne des § 3 Absatz 1 gelten Handlungen, die

1.
auf Grund ihrer Art oder Wiederholung so gravierend sind, dass sie eine schwerwiegende Verletzung der grundlegenden Menschenrechte darstellen, insbesondere der Rechte, von denen nach Artikel 15 Absatz 2 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685, 953) keine Abweichung zulässig ist, oder
2.
in einer Kumulierung unterschiedlicher Maßnahmen, einschließlich einer Verletzung der Menschenrechte, bestehen, die so gravierend ist, dass eine Person davon in ähnlicher wie der in Nummer 1 beschriebenen Weise betroffen ist.

(2) Als Verfolgung im Sinne des Absatzes 1 können unter anderem die folgenden Handlungen gelten:

1.
die Anwendung physischer oder psychischer Gewalt, einschließlich sexueller Gewalt,
2.
gesetzliche, administrative, polizeiliche oder justizielle Maßnahmen, die als solche diskriminierend sind oder in diskriminierender Weise angewandt werden,
3.
unverhältnismäßige oder diskriminierende Strafverfolgung oder Bestrafung,
4.
Verweigerung gerichtlichen Rechtsschutzes mit dem Ergebnis einer unverhältnismäßigen oder diskriminierenden Bestrafung,
5.
Strafverfolgung oder Bestrafung wegen Verweigerung des Militärdienstes in einem Konflikt, wenn der Militärdienst Verbrechen oder Handlungen umfassen würde, die unter die Ausschlussklauseln des § 3 Absatz 2 fallen,
6.
Handlungen, die an die Geschlechtszugehörigkeit anknüpfen oder gegen Kinder gerichtet sind.

(3) Zwischen den in § 3 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit den in § 3b genannten Verfolgungsgründen und den in den Absätzen 1 und 2 als Verfolgung eingestuften Handlungen oder dem Fehlen von Schutz vor solchen Handlungen muss eine Verknüpfung bestehen.

(1) Bei der Prüfung der Verfolgungsgründe nach § 3 Absatz 1 Nummer 1 ist Folgendes zu berücksichtigen:

1.
der Begriff der Rasse umfasst insbesondere die Aspekte Hautfarbe, Herkunft und Zugehörigkeit zu einer bestimmten ethnischen Gruppe;
2.
der Begriff der Religion umfasst insbesondere theistische, nichttheistische und atheistische Glaubensüberzeugungen, die Teilnahme oder Nichtteilnahme an religiösen Riten im privaten oder öffentlichen Bereich, allein oder in Gemeinschaft mit anderen, sonstige religiöse Betätigungen oder Meinungsäußerungen und Verhaltensweisen Einzelner oder einer Gemeinschaft, die sich auf eine religiöse Überzeugung stützen oder nach dieser vorgeschrieben sind;
3.
der Begriff der Nationalität beschränkt sich nicht auf die Staatsangehörigkeit oder das Fehlen einer solchen, sondern bezeichnet insbesondere auch die Zugehörigkeit zu einer Gruppe, die durch ihre kulturelle, ethnische oder sprachliche Identität, gemeinsame geografische oder politische Herkunft oder ihre Verwandtschaft mit der Bevölkerung eines anderen Staates bestimmt wird;
4.
eine Gruppe gilt insbesondere als eine bestimmte soziale Gruppe, wenn
a)
die Mitglieder dieser Gruppe angeborene Merkmale oder einen gemeinsamen Hintergrund, der nicht verändert werden kann, gemein haben oder Merkmale oder eine Glaubensüberzeugung teilen, die so bedeutsam für die Identität oder das Gewissen sind, dass der Betreffende nicht gezwungen werden sollte, auf sie zu verzichten, und
b)
die Gruppe in dem betreffenden Land eine deutlich abgegrenzte Identität hat, da sie von der sie umgebenden Gesellschaft als andersartig betrachtet wird;
als eine bestimmte soziale Gruppe kann auch eine Gruppe gelten, die sich auf das gemeinsame Merkmal der sexuellen Orientierung gründet; Handlungen, die nach deutschem Recht als strafbar gelten, fallen nicht darunter; eine Verfolgung wegen der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe kann auch vorliegen, wenn sie allein an das Geschlecht oder die geschlechtliche Identität anknüpft;
5.
unter dem Begriff der politischen Überzeugung ist insbesondere zu verstehen, dass der Ausländer in einer Angelegenheit, die die in § 3c genannten potenziellen Verfolger sowie deren Politiken oder Verfahren betrifft, eine Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung vertritt, wobei es unerheblich ist, ob er auf Grund dieser Meinung, Grundhaltung oder Überzeugung tätig geworden ist.

(2) Bei der Bewertung der Frage, ob die Furcht eines Ausländers vor Verfolgung begründet ist, ist es unerheblich, ob er tatsächlich die Merkmale der Rasse oder die religiösen, nationalen, sozialen oder politischen Merkmale aufweist, die zur Verfolgung führen, sofern ihm diese Merkmale von seinem Verfolger zugeschrieben werden.

(1) Ein Ausländer ist Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich

1.
aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe
2.
außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet,
a)
dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder
b)
in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.

(2) Ein Ausländer ist nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn aus schwerwiegenden Gründen die Annahme gerechtfertigt ist, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen hat im Sinne der internationalen Vertragswerke, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen zu treffen,
2.
vor seiner Aufnahme als Flüchtling eine schwere nichtpolitische Straftat außerhalb des Bundesgebiets begangen hat, insbesondere eine grausame Handlung, auch wenn mit ihr vorgeblich politische Ziele verfolgt wurden, oder
3.
den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen zuwidergehandelt hat.
Satz 1 gilt auch für Ausländer, die andere zu den darin genannten Straftaten oder Handlungen angestiftet oder sich in sonstiger Weise daran beteiligt haben.

(3) Ein Ausländer ist auch nicht Flüchtling nach Absatz 1, wenn er

1.
den Schutz oder Beistand einer Organisation oder einer Einrichtung der Vereinten Nationen mit Ausnahme des Hohen Kommissars der Vereinten Nationen für Flüchtlinge nach Artikel 1 Abschnitt D des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge genießt oder
2.
von den zuständigen Behörden des Staates, in dem er seinen Aufenthalt genommen hat, als Person anerkannt wird, welche die Rechte und Pflichten, die mit dem Besitz der Staatsangehörigkeit dieses Staates verknüpft sind, beziehungsweise gleichwertige Rechte und Pflichten hat.
Wird der Schutz oder Beistand nach Satz 1 Nummer 1 nicht länger gewährt, ohne dass die Lage des Betroffenen gemäß den einschlägigen Resolutionen der Generalversammlung der Vereinten Nationen endgültig erklärt worden ist, sind die Absätze 1 und 2 anwendbar.

(4) Einem Ausländer, der Flüchtling nach Absatz 1 ist, wird die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, es sei denn, er erfüllt die Voraussetzungen des § 60 Absatz 8 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes oder das Bundesamt hat nach § 60 Absatz 8 Satz 3 des Aufenthaltsgesetzes von der Anwendung des § 60 Absatz 1 des Aufenthaltsgesetzes abgesehen.

(1) Das Gericht entscheidet nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. In dem Urteil sind die Gründe anzugeben, die für die richterliche Überzeugung leitend gewesen sind.

(2) Das Urteil darf nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen die Beteiligten sich äußern konnten.

Die Verfolgung kann ausgehen von

1.
dem Staat,
2.
Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen, oder
3.
nichtstaatlichen Akteuren, sofern die in den Nummern 1 und 2 genannten Akteure einschließlich internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht.

(1) Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthafter Schaden gilt:

1.
die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe,
2.
Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung oder
3.
eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts.

(2) Ein Ausländer ist von der Zuerkennung subsidiären Schutzes nach Absatz 1 ausgeschlossen, wenn schwerwiegende Gründe die Annahme rechtfertigen, dass er

1.
ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen oder ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der internationalen Vertragswerke begangen hat, die ausgearbeitet worden sind, um Bestimmungen bezüglich dieser Verbrechen festzulegen,
2.
eine schwere Straftat begangen hat,
3.
sich Handlungen zuschulden kommen lassen hat, die den Zielen und Grundsätzen der Vereinten Nationen, wie sie in der Präambel und den Artikeln 1 und 2 der Charta der Vereinten Nationen (BGBl. 1973 II S. 430, 431) verankert sind, zuwiderlaufen oder
4.
eine Gefahr für die Allgemeinheit oder für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland darstellt.
Diese Ausschlussgründe gelten auch für Ausländer, die andere zu den genannten Straftaten oder Handlungen anstiften oder sich in sonstiger Weise daran beteiligen.

(3) Die §§ 3c bis 3e gelten entsprechend. An die Stelle der Verfolgung, des Schutzes vor Verfolgung beziehungsweise der begründeten Furcht vor Verfolgung treten die Gefahr eines ernsthaften Schadens, der Schutz vor einem ernsthaften Schaden beziehungsweise die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens; an die Stelle der Flüchtlingseigenschaft tritt der subsidiäre Schutz.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die oberste Landesbehörde kann aus völkerrechtlichen oder humanitären Gründen oder zur Wahrung politischer Interessen der Bundesrepublik Deutschland anordnen, dass die Abschiebung von Ausländern aus bestimmten Staaten oder von in sonstiger Weise bestimmten Ausländergruppen allgemein oder in bestimmte Staaten für längstens drei Monate ausgesetzt wird. Für einen Zeitraum von länger als sechs Monaten gilt § 23 Abs. 1.

(2) Die Abschiebung eines Ausländers ist auszusetzen, solange die Abschiebung aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Die Abschiebung eines Ausländers ist auch auszusetzen, wenn seine vorübergehende Anwesenheit im Bundesgebiet für ein Strafverfahren wegen eines Verbrechens von der Staatsanwaltschaft oder dem Strafgericht für sachgerecht erachtet wird, weil ohne seine Angaben die Erforschung des Sachverhalts erschwert wäre. Einem Ausländer kann eine Duldung erteilt werden, wenn dringende humanitäre oder persönliche Gründe oder erhebliche öffentliche Interessen seine vorübergehende weitere Anwesenheit im Bundesgebiet erfordern. Soweit die Beurkundung der Anerkennung einer Vaterschaft oder der Zustimmung der Mutter für die Durchführung eines Verfahrens nach § 85a ausgesetzt wird, wird die Abschiebung des ausländischen Anerkennenden, der ausländischen Mutter oder des ausländischen Kindes ausgesetzt, solange das Verfahren nach § 85a nicht durch vollziehbare Entscheidung abgeschlossen ist.

(2a) Die Abschiebung eines Ausländers wird für eine Woche ausgesetzt, wenn seine Zurückschiebung oder Abschiebung gescheitert ist, Abschiebungshaft nicht angeordnet wird und die Bundesrepublik Deutschland auf Grund einer Rechtsvorschrift, insbesondere des Artikels 6 Abs. 1 der Richtlinie 2003/110/EG des Rates vom 25. November 2003 über die Unterstützung bei der Durchbeförderung im Rahmen von Rückführungsmaßnahmen auf dem Luftweg (ABl. EU Nr. L 321 S. 26), zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist. Die Aussetzung darf nicht nach Satz 1 verlängert werden. Die Einreise des Ausländers ist zuzulassen.

(2b) Solange ein Ausländer, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25a Absatz 1 besitzt, minderjährig ist, soll die Abschiebung seiner Eltern oder eines allein personensorgeberechtigten Elternteils sowie der minderjährigen Kinder, die mit den Eltern oder dem allein personensorgeberechtigten Elternteil in familiärer Lebensgemeinschaft leben, ausgesetzt werden.

(2c) Es wird vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen. Der Ausländer muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbildes (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung, den lateinischen Namen oder die Klassifizierung der Erkrankung nach ICD 10 sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Zur Behandlung der Erkrankung erforderliche Medikamente müssen mit der Angabe ihrer Wirkstoffe und diese mit ihrer international gebräuchlichen Bezeichnung aufgeführt sein.

(2d) Der Ausländer ist verpflichtet, der zuständigen Behörde die ärztliche Bescheinigung nach Absatz 2c unverzüglich vorzulegen. Verletzt der Ausländer die Pflicht zur unverzüglichen Vorlage einer solchen ärztlichen Bescheinigung, darf die zuständige Behörde das Vorbringen des Ausländers zu seiner Erkrankung nicht berücksichtigen, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Einholung einer solchen Bescheinigung gehindert oder es liegen anderweitig tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würde, vor. Legt der Ausländer eine Bescheinigung vor und ordnet die Behörde daraufhin eine ärztliche Untersuchung an, ist die Behörde berechtigt, die vorgetragene Erkrankung nicht zu berücksichtigen, wenn der Ausländer der Anordnung ohne zureichenden Grund nicht Folge leistet. Der Ausländer ist auf die Verpflichtungen und auf die Rechtsfolgen einer Verletzung dieser Verpflichtungen nach diesem Absatz hinzuweisen.

(3) Die Ausreisepflicht eines Ausländers, dessen Abschiebung ausgesetzt ist, bleibt unberührt.

(4) Über die Aussetzung der Abschiebung ist dem Ausländer eine Bescheinigung auszustellen.

(5) Die Aussetzung der Abschiebung erlischt mit der Ausreise des Ausländers. Sie wird widerrufen, wenn die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe entfallen. Der Ausländer wird unverzüglich nach dem Erlöschen ohne erneute Androhung und Fristsetzung abgeschoben, es sei denn, die Aussetzung wird erneuert. Ist die Abschiebung länger als ein Jahr ausgesetzt, ist die durch Widerruf vorgesehene Abschiebung mindestens einen Monat vorher anzukündigen; die Ankündigung ist zu wiederholen, wenn die Aussetzung für mehr als ein Jahr erneuert wurde. Satz 4 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(6) Einem Ausländer, der eine Duldung besitzt, darf die Ausübung einer Erwerbstätigkeit nicht erlaubt werden, wenn

1.
er sich in das Inland begeben hat, um Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz zu erlangen,
2.
aufenthaltsbeendende Maßnahmen bei ihm aus Gründen, die er selbst zu vertreten hat, nicht vollzogen werden können oder
3.
er Staatsangehöriger eines sicheren Herkunftsstaates nach § 29a des Asylgesetzes ist und sein nach dem 31. August 2015 gestellter Asylantrag abgelehnt oder zurückgenommen wurde, es sei denn, die Rücknahme erfolgte auf Grund einer Beratung nach § 24 Absatz 1 des Asylgesetzes beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, oder ein Asylantrag nicht gestellt wurde.
Zu vertreten hat ein Ausländer die Gründe nach Satz 1 Nummer 2 insbesondere, wenn er das Abschiebungshindernis durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit oder durch eigene falsche Angaben selbst herbeiführt. Satz 1 Nummer 3 gilt bei unbegleiteten minderjährigen Ausländern nicht für die Rücknahme des Asylantrags oder den Verzicht auf die Antragstellung, wenn die Rücknahme oder der Verzicht auf das Stellen eines Asylantrags im Interesse des Kindeswohls erfolgte. Abweichend von den Sätzen 1 bis 3 ist einem Ausländer, der als Asylberechtigter anerkannt ist, der im Bundesgebiet die Rechtsstellung eines ausländischen Flüchtlings oder eines subsidiär Schutzberechtigten genießt, die Erwerbstätigkeit erlaubt.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt.

(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.

(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) werden in Streitigkeiten nach diesem Gesetz nicht erhoben.