Verwaltungsgericht Regensburg Beschluss, 10. Juni 2015 - RN 6 M 15.717


Gericht
Principles
Tenor
I.
Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31.3.2015 i. d. F. vom 8.5.2015 wird zurückgewiesen.
II.
Die Klägerin trägt die Kosten des gerichtsgebührenfreien Antragsverfahrens.
Gründe
I.
Die Klägerin wendet sich gegen die Festsetzung der ihr erwachsenen notwendigen und von der Beklagten zu erstattenden Kosten in dem verwaltungsgerichtlichen Klageverfahren RN 6 K 09.696.
Die Klägerin erhob am 15.4.2009 Klage gegen die Stadt Passau auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung einer doppelseitigen Werbeanlage.
Nach Durchführung eines Ortstermins am 18.10.2011 in diesem und 13 weiteren Verfahren der Klägerin sowie einem Verfahren einer anderen Klägerin fand am 27.3.2012 die mündliche Verhandlung in allen 15 Verfahren in zwei Abschnitten (11 + 4) statt. Die Parteien erhielten eine Übersicht der zu verhandelnden Fälle sowie Ausdrucke aus dem Rauminformationssystem Niederbayern mit Angaben zum Flächennutzungsplan und zu den Bebauungsplänen. Mit ihnen wurde die Streitsache in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht anhand von Plänen, Fotomontagen und Lichtbildern erörtert.
Nach Hinweis des Gerichts auf den bei von verschiedenen Werbeunternehmen beantragten Genehmigungen anzuwendenden Prioritätsgrundsatz erklärte der Beklagtenvertreter: „Die Stadt Passau verpflichtet sich, unter Aufhebung ihres Bescheids vom 20.5.2009 die beantragte Baugenehmigung (W-175-2008) zu erteilen.“
Daraufhin erklärten die Parteien den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt und sich einig, dass die Kosten des Verfahrens Klägerin und Beklagte je zur Hälfte tragen.
Sodann erging folgender Beschluss:
„I. Das Verfahren wird eingestellt.
I.
Klägerin und Beklagte haben je die Hälfte der Kosten des Verfahrens zu tragen.
II.
Der Streitwert wird auf 10.000,-- € festgesetzt.“
Nachdem mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 6.11.2014 zum am 23.9.2014 beim Gericht eingegangenen Antrag vom 20.9.2014 die von der Beklagten der Klägerin zu erstattenden Aufwendungen auf 637,86 € festgesetzt worden waren, beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin mit am 15.1.2015 bei Gericht eingegangenem Schreiben vom 14.1.2015 ergänzend die Berücksichtigung einer Einigungsgebühr nach Nr. 1000/1003 VV-RVG in Höhe von 486,-- € aus dem festgesetzten Streitwert von 10.000,-- €. Die Einigungsgebühr sei aufgrund der Einigung der Parteien über die Kosten entstanden.
Nach Anhörung der Beklagten, die sich unter Hinweis auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz
Gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31.3.2015 beantragte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin am 1.4.2015 die Entscheidung des Gerichts. Der Antrag wurde mit Schriftsatz vom 13.4.2015 aufrechterhalten für den Fall einer Teilabhilfe. Mit Kostenfestsetzungsbeschluss vom 8.5.2015 wurden weitere der Klägerin zu erstattende Kosten in Höhe von 14,-- € (66,50 € statt 52,50 € aus einem Gegenstandswert in Höhe der berücksichtigten Verfahrenskosten von 1.737,38 € statt aus einem Gegenstandswert von 1.476,71 €) festgesetzt.
Die Beklagte wurde zum Antrag auf gerichtliche Entscheidung gehört. Sie vertritt grundsätzlich nach wie vor die Auffassung, dass es bereits zweifelhaft sei, ob eine Einigungsgebühr dem Grunde nach überhaupt angefallen sei. Allenfalls sei ausweislich des Sitzungsprotokolls eine Einigung über die Kosten zustande gekommen. Sie mache sich die gut nachvollziehbare Begründung des Gegenstandswerts im Kostenfestsetzungsbeschluss insoweit zu eigen.
Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle half dem Antrag der Klägerin nicht ab und legte ihn mit Bericht vom 8.5.2015 dem Gericht mit der Bitte um Entscheidung vor.
II.
Über den Antrag auf gerichtliche Entscheidung (sog. Erinnerung) gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle gemäß §§ 165, 151 VwGO hat die Kammer in der für Beschlüsse außerhalb der mündlichen Verhandlung vorgesehenen Besetzung von drei Richtern (§ 5 Abs. 3 Satz 2 VwGO) zu entscheiden, da es sich um ein Nebenverfahren zur Kostenlastentscheidung handelt, die vorliegend nach Hauptsacheerledigung in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer ergangen ist (vgl. BVerwG, B. v. 29.12.2004 - 9 KSt 6.04;
Die zulässige Erinnerung ist unbegründet, denn die Klägerin kann weitere nach § 162 VwGO zu erstattende notwendige Aufwendungen nicht beanspruchen. Eine höhere als die im Kostenfestsetzungsbeschluss des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle vom 31.3.2015 i. d. F. vom 8.5.2015 festgesetzte Einigungsgebühr (Nr. 1000, 1003 VV-RVG) steht ihr nicht zu, denn die Einigungsgebühr ist aus dem Kostenwert und nicht aus dem Streitwert der Hauptsache zu berechnen.
Nach Nr. 1000 Abs. 1 Satz 1 VV-RVG entsteht die Einigungsgebühr für die Mitwirkung beim Abschluss eines Vertrags, durch den der Streit oder die Ungewissheit der Parteien über ein Rechtsverhältnis beseitigt wird, es sei denn, der Vertrag beschränkt sich ausschließlich auf ein Anerkenntnis oder einen Verzicht. Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 27.3.2012 hat die Beklagte unter dem Eindruck der in der mündlichen Verhandlung gewonnenen Erkenntnisse und des rechtlichen Hinweises des Gerichts ihre ablehnende Haltung (störende Häufung von Werbeanlagen nach Art. 8 Satz 3 BayBO) aufgegeben und sich verpflichtet, die beantragte Baugenehmigung zu erteilen. Das Verhalten der Beklagten beschränkte sich somit in der Hauptsache auf ein Anerkenntnis, eine Einigungs- oder Erledigungsgebühr in der Hauptsache ist deshalb nicht entstanden (vgl. BayVGH, B. v. 13.12.2012 - 2 C 12.2523;
Offen blieb nach übereinstimmender Hauptsacheerledigung zunächst die Frage der Kostentragung, über die grundsätzlich von Amts wegen nach § 161 VwGO unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstands zu entscheiden ist. Vorliegend wurde die Frage der Kostenverteilung aber nicht in das Ermessen des Gerichts gestellt. Aufgrund der Einigung der Parteien über die Kostenfrage wurde das Gericht von dieser Aufgabe entbunden und hatte der Kostenausspruch im Einstellungsbeschluss nur deklaratorischen Charakter, er folgte einer zuvor mitgeteilten Einigung der Beteiligten über die Kostentragung (vgl. Nr. 5111 Kostenverzeichnis Anlage 1 zu § 3 Abs. 2 GKG). Für das Entstehen einer Einigungsgebühr genügt auch eine Einigung hinsichtlich der Kosten (vgl. Hartmann, 44. Aufl. 2014, Kostengesetze, 1000 VV-RVG Rd.Nr. 33; Gerold/Schmidt, 18. Aufl. 2008, Rechtsanwaltsvergütungsgesetz, 1000 VV-RVG Rd.Nr. 347; VG München, B. v. 18.12.2014 - M 8 M 14.5277; a.A. OVG Rheinland-Pfalz, B. v. 20.5.2014 - 8 A 11329/13: Das Einverständnis der Beteiligten mit der Kostentragung nach Hauptsacheerledigung im Sinne des KV-GKG hat nicht die Bedeutung eines - die Einigungsgebühr auslösenden - Kostenvergleichs; zu einer ähnlichen Fallgestaltung OLG Köln, B. v. 15.8.2005 - 4 WF 110/05).
Einigen sich - wie vorliegend im Hauptsacheverfahren - die Parteien nur über die Kosten, so errechnet sich die Einigungsgebühr aus den Kosten und zwar aus den gesamten gerichtlichen und außergerichtlichen Kosten beider Parteien (vgl. Gerold/Schmidt, RVG, 1000 VV-RVG Rd.Nr. 347, 331; Hartmann, Kostengesetze, 1000 VV-RVG Rd.Nr. 33, 85; OLG Köln, B. v. 15.8.2005 - 4 WF 110/05; OLG Hamburg, B. v. 4.8.1998 - 8 W 189/98). Bei einem insoweit nicht angegriffenen Kostenwert von 1.737,38 € nach dem Kostenfestsetzungsbeschluss vom 31.3.2015 i. d. F. vom 8.5.2015 ergibt sich eine Einigungsgebühr i. H. v. 133,-- € und nicht i. H. v. 486,-- € bei einem Streitwert von 10.000,-- €. Die Beklagte hat demnach zu Recht nur einen weiteren Betrag von 66,50 € und nicht einen von 243,-- € an die Klägerin zu zahlen.
Nach alledem war die Erinnerung mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 i. V. m. § 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO zurückzuweisen.
Die Festsetzung eines Streit- oder Gegenstandswerts ist entbehrlich, diese ergibt sich aus der Höhe der in Streit stehenden Kosten von (243,-- € - 66,50 € =) 176,50 €. Da dieser Betrag den Beschwerdewert von 200,-- € nach § 146 Abs. 3 VwGO nicht erreicht, ist dieser Beschluss unanfechtbar.

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Die Beteiligten können die Festsetzung der zu erstattenden Kosten anfechten. § 151 gilt entsprechend.
Gegen die Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten kann innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe die Entscheidung des Gerichts beantragt werden. Der Antrag ist schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle des Gerichts zu stellen. §§ 147 bis 149 gelten entsprechend.
(1) Das Verwaltungsgericht besteht aus dem Präsidenten und aus den Vorsitzenden Richtern und weiteren Richtern in erforderlicher Anzahl.
(2) Bei dem Verwaltungsgericht werden Kammern gebildet.
(3) Die Kammer des Verwaltungsgerichts entscheidet in der Besetzung von drei Richtern und zwei ehrenamtlichen Richtern, soweit nicht ein Einzelrichter entscheidet. Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung und bei Gerichtsbescheiden (§ 84) wirken die ehrenamtlichen Richter nicht mit.
(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.
(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.
(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.
(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.
(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.
(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.
(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.
(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.
(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.
(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.
(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)