Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 29. Nov. 2011 - 5 K 550/11.NW

ECLI:ECLI:DE:VGNEUST:2011:1129.5K550.11.NW.0A
bei uns veröffentlicht am29.11.2011

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Anordnung seiner erkennungsdienstlichen Behandlung. Dem liegt Folgendes zugrunde:

2

Am 4. Oktober 2010 vormittags wurde der Kläger mit seinem Pkw einer Verkehrskontrolle unterzogen. Aufgrund drogentypischer Ausfallerscheinungen wurde ein entsprechender Test (Blutprobe) durchgeführt. Das toxikologische Gutachten des Instituts für Rechtsmedizin Mainz vom 12.November 2010 ergab, dass der Kläger Cannabis und Kokain konsumiert hatte. Ein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft L… wegen Vergehens nach § 29 Betäubungsmittelgesetz - BtMG - (Besitz und Erwerb von Kokain und Cannabisprodukten) wurde noch im November 2010 gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, weil eine auf Betäubungsmittel positive Urin- bzw. Blutprobe nicht mit der erforderlichen Sicherheit auf strafbaren Besitz oder Erwerb schließen lasse. Es sei von straflosem Konsum auszugehen.

3

Nachdem der Kläger in Reaktion auf eine Vorladung zur Vorsprache bei der Polizeiinspektion G… am 2. Dezember mitgeteilt hatte, er mache von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebraucht, erließ die Polizeiinspektion G… am 18. Dezember 2010 eine polizeiliche Verfügung, in der sie die erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 81 b 2. Alternative StPO anordnete (Ziffer 1). Zu deren Durchführung wurde der Kläger gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetzes - POG - für den 6. Januar 2011 auf die Polizeiinspektion vorgeladen (Ziffer 2). Gemäß Ziffer 3 wurde für den Fall, dass er der Vorladung keine Folge leiste, ein Zwangsgeld in Höhe von 250,-- € angedroht. Zur Begründung wurde ausgeführt, er habe ein Kraftfahrzeug geführt, obwohl er unter Cannabis- und Kokaineinfluss gestanden habe. Der Konsum dieser Drogen sei aufgrund kriminalistischer Erfahrung häufig mit dem Erwerb bzw. dem Besitz dieser Drogen verbunden. Der für die erkennungsdienstliche Behandlung erforderliche Verdacht einer Straftat sei gegeben. Der Sachverhalt biete Anhaltspunkte für die Annahme, dass er gegebenenfalls nicht das letzte Mal straffällig geworden sein könnte. Nach Art, Schwere und Begehungsweise der in Rede stehenden Straftat, derer er verdächtig sei, sei Wiederholungsgefahr anzunehmen. Dies sei im Bereich der Betäubungsmittelkriminalität in Folge der mit dem Konsum von Betäubungsmitteln einhergehenden Sucht anzunehmen. Bei Drogendelikten sei häufig von Wiederholungstaten auszugehen, weil typischerweise der Drogenkonsum zu einem Abhängigkeitsverhalten führe, das zu neuer Tatbegehung nahezu zwinge. Im Falle des Klägers liege ein sogenannter Mischkonsum von harten und weichen Drogen vor. Er müsse also schon in der Vergangenheit Beziehungen zu Dritten unterhalten habe, die ihm den Erwerb von Cannabis und Kokain ermöglichten. Die Prognose sei deshalb vertretbar, dass bei ihm mit weiteren Delikten nach dem BtMG gerechnet werden müsse oder er sich zumindest entsprechend verdächtig machen werde.

4

Hiergegen wurde rechtzeitig Widerspruch erhoben. Die Wiederholungsgefahr wurde in Abrede gestellt. Es wurden Untersuchungsberichte vorgelegt, wonach kein Suchtproblem vorliege. Mit Schreiben vom 14. Februar 2011 stellte der Beklagte die Rechtsgrundlage auf § 11 POG anstelle von § 81 b StPO um.

5

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 2011 wurde hinsichtlich Ziffer 2 und 3 der Ausgangsverfügung das Verfahren wegen Erledigung eingestellt, im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen darauf abgestellt, dass nach Einstellung des Strafermittlungsverfahrens die erkennungsdienstliche Behandlung gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 1 POG zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten angeordnet werden könne. Maßgebend sei in erster Linie, ob Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Beschuldigte in ähnlicher oder anderer Weise erneut straffällig werden könnte. Hier sei der Widerspruchsführer verdächtig, illegal Betäubungsmittel erworben und besessen zu haben. Der Konsum von Kokain und Cannabis lege diesen Verdacht nahe. Eine Wiederholungsgefahr sei anzunehmen, weil die Einnahme von Kokain zu einer schnellen psychischen Abhängigkeit führe. Deshalb sei auch bei einer nur einmaligen Einnahme die Gefahr gegeben, dass abermals illegal Drogen zum Zwecke des Konsums beschafft und besessen würden. Außerdem weise der multiple Drogengebrauch darauf hin, dass es sich bei dem Kläger nicht um einen einmaligen bzw. erstmaligen Konsumenten handele. Daraufhin weise auch der THC-Wert des toxikologischen Gutachtens hin, weil bei einer einmaligen Einnahme der Wert weit unter dem hier festgestellten Wert liege. Auch bei einem „moderaten Drogenmissbrauch“ wäre die Maßnahme nicht unverhältnismäßig. Erkennungsdienstliche Unterlagen seien insofern zur Verhinderung der sich aus dem Drogenkonsum ergebenden Gefahr geeignet, erforderlich und verhältnismäßig, zumal im Drogenmilieu Personen meist nur durch Lichtbildvorlage identifiziert werden könnten.

6

Nach Zustellung des Widerspruchsbescheids vom 20. Mai 2011 ist am 11. Juni 2011 Klage erhoben worden. Darin wird ausgeführt, die Wiederholungsgefahr als Voraussetzung für die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung liege beim Kläger nicht vor. Es bestehe kein Suchtproblem bei ihm, was sich durch Untersuchungsberichte vom 27. Oktober 2010 bis 19. Mai 2011 belegen lasse. Diese Untersuchungsberichte seien Grundlage einer medizinisch-psychologischen Untersuchung. Die Proben seien in engen Zeiträumen abgenommen worden, so dass sie aussagekräftig seien. Es treffe nicht zu, dass die Werte des toxikologischen Befundes beim THC-Carbonsäure-Wert für einen nicht nur einmaligen Cannabiskonsum sprächen. Die Werte lägen im unteren Bereich. Von einer Drogenerfahrenheit des Klägers könne der Beklagte ebenfalls nicht ausgehen, denn der Kläger sei in Bezug auf Betäubungsmittel noch nie in Erscheinung getreten. Selbst wenn ein moderater Drogenmissbrauch stattgefunden habe, sei die Maßnahme unverhältnismäßig.

7

Unmittelbar vor der mündlichen Verhandlung am 29. November 2011 ist noch das Ergebnis der medizinisch-psychologischen Untersuchung der … GmbH vom 15. August 2011 vorgelegt worden. Hierzu wird geltend gemacht, das Gutachten belege - wie schon die vorhergehenden Abstinenzüberwachungs-berichte - eine völlige Drogenfreiheit. Eine Wiederholungsgefahr werde also zu Unrecht angenommen.

8

Der Kläger beantragt,

9

die polizeiliche Verfügung vom 18. Dezember 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Polizeipräsidiums Rheinpfalz vom 17. Mai 2011 aufzuheben
und die Zuziehung eines Bevollmächtigten im Vorverfahren für notwendig zu erklären.

10

Der Beklagte beantragt,

11

die Klage abzuweisen.

12

Er bezieht sich auf die ergangenen Verwaltungsentscheidungen und trägt ergänzend vor, die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung sei zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten im Bereich der Drogenkriminalität erforderlich. Der gefundene THC-COOH-Wert Wert von 20 ng/ml lasse auf zumindest gelegentlichen Cannabis-Konsum schließen, die gleichzeitige Einnahme von Kokain lasse auf eine gewisse Drogenerfahrenheit schließen. Die Untersuchungsberichte zeigten nur, dass der Kläger für eine gewisse Zeit auf Drogen verzichtet habe. Eine Wiederholungsgefahr werde dadurch aber nicht ausgeschlossen; sowohl die Einnahme der harten Droge Kokain als auch der multiple Drogenkonsum rechtfertigten die auf kriminalistischer Erfahrung beruhende Prognose. Das Interesse des Klägers, von der erkennungsdienstlichen Behandlung verschont zu werden, sei geringer zu gewichten als die Notwendigkeit entsprechender Daten für die vorbeugende Bekämpfung von Drogen-Kriminalität.

13

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsakte (einschließlich der Kopien aus der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakte X Js ….) verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

14

Die zulässige Klage ist unbegründet. Die Anordnung der erkennungsdienstlichen Behandlung des Klägers in Ziffer 1 der angefochtenen Verfügung vom 18. Dezem-ber 2010 und der dazu ergangene Widerspruchsbescheid sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

15

Dabei ist zunächst nicht zu beanstanden, dass die Anordnung, die Durchführung einer erkennungsdienstlichen Behandlung zu dulden (vgl. Ziffer 1. der Verfügung), zunächst auf § 81b 2. Alternative StPO, dann aber auf § 11 Abs. 1 Nr. 2 POG gestützt wurde. § 11 Abs. 1 Nr. 2 POG enthält nämlich eine § 81b 2. Alternative StPO entsprechende Ermächtigungsnorm für die Anordnung einer präventivpolizeilichen Zwecken dienenden erkennungsdienstlichen Behandlung. Abgesehen von der Beschuldigteneigenschaft, die in § 81b 2. Alternative StPO vorausgesetzt wird, sind die rechtlichen Voraussetzungen beider Vorschriften inhaltsgleich (vgl. Beschluss des OVG Rheinland-Pfalz vom 25. August 2005, 12 A 11100/05.OVG, mit Bezugnahme auf die ständige Rechtsprechung). Nach der Einstellung des staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahrens und damit dem Wegfall der Beschuldigteneigenschaft findet also zu Recht die Anordnung, die Durchführung einer erkennungsdienstlichen Behandlung zu dulden, ihre Rechtsgrundlage in § 11 Abs. 1 Nr. 2 POG. Nach dieser Vorschrift kann der Beklagte als zuständige Polizeibehörde erkennungsdienstliche Maßnahmen vornehmen, wenn dies zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten erforderlich ist, weil der Betroffene verdächtig ist, eine Tat begangen zu haben, die mit Strafe bedroht ist, und wegen der Art und Ausführung der Tat die Gefahr der Wiederholung besteht.

16

Zur Verdachtsbegründung i. S. v. § 11 Abs. 1 Nr. 2 POG ist dabei mindestens erforderlich, aber auch ausreichend, dass ein Ermittlungsverfahren gegen diese Person geführt wurde oder geführt wird. Hier war der Kläger verdächtig, eine Straftat nach § 29 BtMG begangen zu haben. Das Ermittlungsverfahren wurde zwar gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, weil dem Kläger nicht mit einer für eine Verurteilung ausreichenden Sicherheit nachgewiesen werden konnte, dass er Betäubungsmittel illegal erworben oder besessen hat. Die Staatsanwaltschaft ging daher von straflosem Konsum aus. Das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens ist aber, wenn es nicht zu einer Einstellung – oder einem Freispruch - wegen erwiesener Unschuld geführt hat, für die Anwendung des § 11 Abs. 1 Nr. 2 POG nicht präjudizierend. Vielmehr bleibt zu prüfen, ob weiterhin Verdachtsmomente gegen den Betroffenen wegen der Begehung einer Straftat bestehen, die eine erkennungsdienstliche Behandlung des Klägers zur präventivpolizeilichen Verbrechensbekämpfung rechtfertigen.

17

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. Urteil vom 19. Oktober 1982,1 C 29/79, BVerwGE 66, 192-201 = NJW 1983, 772-774; Beschluss vom 6. Juli 1988, NJW 1989, 2640) bemisst sich die Notwendigkeit der Anfertigung und Aufbewahrung erkennungsdienstlicher Unterlagen danach, ob der anlässlich eines gegen den Betroffenen gerichteten Strafverfahrens festgestellte Sachverhalt nach kriminalistischer Erfahrung angesichts aller Umstände des Einzelfalls – insbesondere angesichts der Art, Schwere und Begehungsweise der dem Betroffenen im strafrechtlichen Anlassverfahren zur Last gelegten Straftat, seiner Persönlichkeit sowie unter Berücksichtigung des Zeitraums, während dessen er strafrechtlich nicht (mehr) in Erscheinung getreten ist – Anhaltspunkte für die Annahme bietet, dass der Betroffene künftig oder gegenwärtig mit guten Gründen als Verdächtiger in den Kreis potentieller Beteiligter an einer noch aufzuklärenden strafbaren Handlung einbezogen werden könnte, und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen – den Betreffenden schließlich überführend oder entlastend – fördern könnten.

18

Der unbestimmte Rechtsbegriff der Notwendigkeit unterliegt dabei der vollen Überprüfung durch die Verwaltungsgerichte. Allerdings ist das der polizeilichen Prognose über das künftige Verhalten des Betreffenden zugrunde liegende Wahrscheinlichkeitsurteil einer gerichtlichen Kontrolle nur insoweit zugänglich, als sich die gerichtliche Prüfung darauf zu erstrecken hat, ob die Prognose auf zutreffenden Tatsachengrundlagen beruht sowie nach gegebenem Erkenntnisstand und kriminalistischem Erfahrungswissen sachgerecht und vertretbar ist.

19

Danach ist die angefochtene Verfügung rechtlich nicht zu beanstanden.

20

Das gilt zunächst für die Annahme des Beklagten, es liege im Falle des Klägers – auch nach der Einstellung des Ermittlungsverfahrens – noch ein ausreichend begründeter Verdacht vor, dass er Betäubungsmittel in strafbarer Weise nach § 29 Abs. 1 Nr. 1, 3 BtMG ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 BtMG erworben oder besessen hat. Nähere Erkenntnisse konnten im Ermittlungsverfahren nicht gewonnen werden, zumal der Kläger von seinem Aussageverweigerungsrecht Gebrauch gemacht hatte. Es blieb also ungeklärt, auf welche Weise er an die Drogen Cannabis und Kokain gekommen war, deren Konsum aufgrund des toxikologischen Gutachtens des Instituts für Rechtsmedizin der Universität … vom 12. November 2010 nachgewiesen war, wobei die Aufnahme von Kokain zum Blutentnahmezeitpunkt schon weiter zurück lag. Dass der Kläger aber sowohl Cannabis als auch Kokain konsumiert hat, spricht nach kriminalistischer Erfahrung für eine gewisse Drogenerfahrenheit und gegen einen erstmaligen Kontakt des Klägers mit Drogen vor der Verkehrskontrolle am 15. Oktober 2010. Damit war nach wie vor nicht auszuschließen, dass er diese Betäubungsmittel zuvor auch – illegal - erworben und besessen hat. Diese Verdachtsmomente sind durch die Einstellung der Verfahren durch die Staatsanwaltschaft jedenfalls nicht ausgeräumt worden.

21

Die Erkenntnislage zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung bestätigt im Übrigen nachträglich die Annahme des Beklagten, dass der Kläger drogenerfahren war. Bei der im MPU-Gutachten vom 15. August 2011 dokumentierten psychologischen Exploration räumte der Kläger nämlich ein, seit 2005 regelmäßig jedenfalls an Wochenenden Joints geraucht zu haben und erstmals 2008 Kokain genommen zu haben. Danach habe er, wenn es ihm auf einer Party angeboten wurde, pro Jahr etwa 5 -7 mal „eine Linie gezogen“.

22

Diese Erkenntnisse darf das Gericht auch berücksichtigen. Nach der Grundsatz-entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Oktober 1982 (a.a.O.) ist nämlich in Verfahren wie dem vorliegenden nicht – wie sonst regelmäßig bei Anfechtungsklagen - die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Anordnung, ggf. des Widerspruchsbescheides, maßgeblich, sondern die Sachlage bei Abschluss der verwaltungsgerichtlichen Tatsacheninstanz. Es heißt dort: „Nach § 81 b 2. Alternative StPO dürfen die nach dieser Vorschrift zulässigen Maßnahmen vorgenommen werden, soweit es für die Zwecke des Erkennungsdienstes notwendig ist. Die Vorschrift stellt hinsichtlich der Notwendigkeit der Maßnahmen nicht (nur) auf den Zeitpunkt des Erlasses der Anordnung, sondern auf den Zeitpunkt der tatsächlichen Vornahme dieser Maßnahmen ab. Im Rahmen der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle der streitigen Anordnung kommt es deshalb für die Notwendigkeit der angeordneten Maßnahmen auf die Sachlage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz ….an“ (BVerwG, Urt. vom 19.10.1982, a.a.O.). Dies gilt wegen derselben Tatbestandsvoraussetzungen auch in Bezug Verfügungen, die auf § 11 POG gestützt sind. Hier ist die Maßnahme auch noch nicht durchgeführt, der Sofortvollzug war nicht angeordnet.

23

Auch die zweite Tatbestandsvoraussetzung des § 11 Abs. 1 Nr. 2 POG, wonach die Gefahr der Wiederholung wegen der Art und Ausführung der Tat, der der Betroffene verdächtig ist, bestehen muss, ist hier erfüllt. Mit dieser Tatbestandsvoraussetzung will der Gesetzgeber den in Betracht kommenden Personenkreis generell einschränken. Nicht jeder, der sich irgendwie verdächtig gemacht hat, soll ohne weiteres erkennungsdienstlich behandelt werden. Eine derartig weitgehende Registrierung der Bürger allein zur Erleichterung der polizeilichen Überwachung widerspräche den Prinzipien des freiheitlichen Rechtsstaates. Andererseits gehört es zu den Aufgaben der Polizei, geeignete Vorbereitungen zur Aufklärung von Straftaten zu treffen. Solche Maßnahmen dienen dem Schutz der Allgemeinheit, weil durch Ermittlungen, die schnell zum Erfolg führen, verhindert werden kann, dass ein Täter weitere Straftaten begeht. Ein wichtiges Hilfsmittel der Polizei zur Aufklärung von Straftaten stellt insoweit die Anfertigung und Aufbewahrung von Lichtbildern und Fingerabdrücken dar. Dies gilt insbesondere bei Verstößen gegen Strafvorschriften, die wichtige Gemeinschaftsbelange schützen sollen und damit einem besonderen staatlichen Anliegen dienen. Bei den Regelungen des Betäubungsmittelgesetzes handelt es sich um solche Vorschriften. Der Gesetzgeber verfolgt mit ihnen das Ziel, den schädlichen Auswirkungen des zunehmenden Rauschgiftkonsums vorzubeugen und so Gefahren von dem Einzelnen, aber auch von der Allgemeinheit, insbesondere von der Jugend, abzuwehren (vgl. BVerwGE 103, 316).

24

Auch die Prognose, dass wegen der Art und der Ausführung der Tat, deren Begehung der Kläger weiterhin verdächtig geblieben ist (Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz) die Gefahr der Wiederholung bestehe, so dass der Kläger bei künftigen, noch aufzuklärenden Straftaten mit guten Gründen in den Kreis möglicher Tatverdächtiger einzubeziehen sein werde und dass die erkennungsdienstlichen Unterlagen die dann zu führenden Ermittlungen fördern könnten, ist sachgerecht und kann hält einer gerichtlichen Überprüfung ebenfalls stand. Die Prognose ist in zulässiger Weise auf allgemeine kriminalpolizeiliche Erfahrungswerte gestützt, die das Gericht auch nachvollziehen kann. Gerade bei Drogendelikten ist die Wiederholungsgefahr groß, weil typischerweise der Drogenkonsum – vor allem bei harten Drogen wie Kokain - zu einem Abhängigkeitsverhalten führt, das die Begehung weiterer strafrechtlich relevanter Verstöße gegen die Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes sehr wahrscheinlich macht.

25

Zwar kann nicht bei jedem eines Betäubungsmitteldelikts wegen nachweislichen Drogenkonsums Verdächtigen angenommen werden, dass er schon in einer Weise abhängiger Drogenkonsument sei, dass zwingend mit einer weiteren Tatbegehung gerechnet werden müsse. Sofern aber im Einzelfall objektive Anhaltspunkte für eine weitergehende Involvierung in die Drogenszene bestehen, kann von einer Wiederholungsgefahr ausgegangen werden.

26

Dies ist beim Kläger nach Überzeugung des Gerichts – noch immer - der Fall. Dass er seit Jahren drogenerfahren war, regelmäßig Joints geraucht hat und auf Partys verkehrte, auf denen man Kokain bekam, ergibt sich schon aus seinen Angaben zum MPU-Gutachten. Daraus lässt sich ohne Weiteres schließen, dass er sich zumindest in einem Randbereich des Drogenmilieus bewegte und Quellen kennt, wo Drogen erhältlich sind. Er kam nach eigener Angabe aufgrund von Stresssituationen zum Drogengebrauch und setzte deren Wirkungen anscheinend auch bewusst ein, nämlich das Cannabis zum „Herunterkommen“ und besseren Schlafen, wobei die eher gegenteilige Wirkung des Kokain ihm zeitweise offenbar auch willkommen war. Angesichts dessen besteht durchaus weiterhin eine Gefahr, dass er in ähnlichen persönlichen Stresssituationen der Versuchung erneut nachgibt, sich durch Drogen zu beruhigen oder auch aufzuputschen. Die nötigen Kontakte zur Beschaffung wird er weiterhin finden.

27

Das Gericht vermag auch nicht der Auffassung der Klägerbevollmächtigten zu folgen, dass nach dem Ergebnis des MPU-Gutachtens die für die präventiv-polizeiliche Maßnahme erforderliche Wiederholungsgefahr nicht mehr bestehe.

28

Dabei unterstellt das Gericht dem Kläger nicht, er habe sich nur für den Zeitraum der Abstinenzkontrolle von Drogen ferngehalten, um seine Fahrerlaubnis wieder zu erlangen. Es erkennt auch an, dass er sich einer Psychotherapie unterzogen hat, über sein früheres Verhalten nachgedacht hat und dessen Risiken erkannt hat. Schließlich kann nicht außer Betracht gelassen werden, dass MPU-Gutachten selbst - aus medizinischer Sicht, ausgehend von der ihm zugrunde liegenden Fragestellung - zu der günstigen Prognose gekommen ist, es sei nicht zu erwarten, dass der Betroffene auch künftig ein Kraftfahrzeug unter Drogeneinfluss führen werde und es lägen als Folge des Konsums von Drogen keine Beeinträchtigungen vor, die das sichere Führen eines Kraftfahrzeuges in Frage stellten oder ausschlössen. Auch sei nicht zu erwarten, dass der Betroffene weiterhin Drogen konsumiere.

29

Das Gericht ist an diese Einschätzung im Zusammenhang mit der Wiedererteilung der Fahrerlaubnis – von der es erst unmittelbar vor der Verhandlung Kenntnis erlangt hat - aber nicht gebunden. Denn der Gefahrenbegriff, der für die Frage maßgebend ist, ob präventiv-polizeiliche Maßnahmen notwendig sind, stellt noch auf andere Umstände ab, als sie für eine positive Prognose zur Wiedererteilung der Fahrerlaubnis maßgebend sind. Letztere werden im MPU-Gutachten unter Ziffer 3) wie folgt beschrieben:

30

„Eine positive Prognose des weiteren Verhaltens im Verkehr ist nur dann möglich, wenn Herr P. das Problemverhalten hinreichend und stabil geändert hat und wenn diese Änderung als ausreichend dauerhaft angesehen werden kann. Die Änderung ist stabil, wenn sich aus einem angemessenen Problembewusstsein heraus erfolgt ist und in das Gesamtverhalten und in die Lebenssituation integriert ist. Die Änderung ist hinreichend, wenn der bisherige Konsum rauscherzeugender Mittel offen zugegeben und selbstkritisch bewertet werden kann und wenn für die Zukunft eine konkrete und differenzierte, alternative Lebensperspektive entwickelt worden ist. Die Änderung kann als ausreichend dauerhaft angesehen werden, wenn der Veränderungsprozess bereits längere Zeit andauert und trotz eventueller Problembelastungen beibehalten worden ist“.

31

Wegen der polizeilichen Aufgabe, Straftaten zu verhüten bzw. zu ihrer Aufklärung beizutragen, deren Erfüllung auch die Anordnung einer erkennungsdienstlichen Behandlung nach § 11 POG dient, bezieht sich die polizeiliche Prognose – und demgemäß deren Überprüfung durch das Gericht - nicht auf die Einschätzung des zukünftigen Verhaltens einer in der Vergangenheit durch Drogenkonsum aufgefallenen und einer Straftat gegen das BtMG verdächtigen Person im Straßenverkehr, sondern auf die Wahrscheinlichkeit, dass diese Person auch künftig wieder im Zusammenhang mit Drogendelikten in Erscheinung treten kann oder insoweit jedenfalls in Verdacht gerät. Diese Gefahr kann auch bestehen bleiben, wenn die betreffende Person unter dem Eindruck der erlebten Entziehung der Fahrerlaubnis künftig in der Lage ist, Drogenkonsum und Fahren zu trennen und daher im Straßenverkehr nicht mehr aufzufallen. Dennoch kann sie erneut in persönlichen Krisensituationen oder auch nur, weil sich gerade die Gelegenheit ergibt (Party), in Versuchung geraten, Drogen zu erwerben, die sie schon einmal in schwierigen Lebenslagen als hilfreich empfunden hatte, wie es beim Kläger nach eigenem Bekunden der Fall war. Die für ein positives MPU-Gutachten maßgebende „hinreichende und ausreichend andauernde Änderung des Problemverhaltens“ genügt daher alleine nicht, die auf kriminalistischer Erfahrung im Bereich der Drogenkriminalität beruhende Einschätzung des Beklagten zu widerlegen, dass von einer Wiederholungsgefahr auszugehen ist. Dies gilt zumal dann, wenn sich wie hier die Beurteilung im MPU-Gutachten nur auf einen Zeitraum von weniger als einem Jahr bezieht, in dem der Kläger zudem psychologische Begleitung hatte.

32

Die angeordneten erkennungsdienstlichen Maßnahmen zur vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten sind auch geeignet und erforderlich. So kann damit gerechnet werden, dass durch die Abnahme von Fingerabdrücken sowohl Personen identifiziert werden können, die Drogen erwerben und konsumieren, als auch Personen, die Drogen verkaufen. Weiterhin kann damit gerechnet werden, dass Personen, die sich im Drogenmilieu bewegen, leichter identifiziert werden können, wenn einem Zeugen entsprechende Lichtbilder gezeigt werden können. Die Hinterlegung von erkennungsdienstlichen Daten kann auch insoweit vorbeugend wirken, als sich der Betroffene damit eines erhöhten Risikos der Überführung bewusst werden muss und dies abschreckende Wirkung haben kann. Im Übrigen sind die erkennungsdienstlichen Unterlagen aber auch geeignet, den Kläger bei künftigen einschlägigen Straftaten als Tatverdächtigen frühzeitig auszuschließen.

33

Der Eingriff, der in der Durchführung einer erkennungsdienstlichen Behandlung liegt, ist schließlich auch nicht unverhältnismäßig schwer. Er ist nicht mitkörperlichen Beeinträchtigungen verbunden; die Würde des Klägers wird nicht verletzt. Es handelt sich auch nicht um eine „Schwerverbrecherkartei“, sondern um eine Datensammlung, die – wie bereits erwähnt - nicht nur zur Überführung von Straftätern, sondern auch zur Entlastung von zu Unrecht Verdächtigten beitragen kann.

34

Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils wegen der Kosten beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO.

35

Beschluss

36

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5000.- € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

37

Die Festsetzung des Streitwertes kann nach Maßgabe des § 68 Abs. 1 GKG mit derBeschwerde angefochten werden; hierbei bedarf es nicht der Mitwirkung eines Bevollmächtigten.

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Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 28. Apr. 2015 - 5 K 1056/14.NW

bei uns veröffentlicht am 28.04.2015

Diese Entscheidung zitiert Tenor Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Tatbestand 1 Die Klägerin wendet sich gegen die Anor

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(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

(1) Bieten die Ermittlungen genügenden Anlaß zur Erhebung der öffentlichen Klage, so erhebt die Staatsanwaltschaft sie durch Einreichung einer Anklageschrift bei dem zuständigen Gericht.

(2) Andernfalls stellt die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein. Hiervon setzt sie den Beschuldigten in Kenntnis, wenn er als solcher vernommen worden ist oder ein Haftbefehl gegen ihn erlassen war; dasselbe gilt, wenn er um einen Bescheid gebeten hat oder wenn ein besonderes Interesse an der Bekanntgabe ersichtlich ist.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
Betäubungsmittel unerlaubt anbaut, herstellt, mit ihnen Handel treibt, sie, ohne Handel zu treiben, einführt, ausführt, veräußert, abgibt, sonst in den Verkehr bringt, erwirbt oder sich in sonstiger Weise verschafft,
2.
eine ausgenommene Zubereitung (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) ohne Erlaubnis nach § 3 Abs. 1 Nr. 2 herstellt,
3.
Betäubungsmittel besitzt, ohne zugleich im Besitz einer schriftlichen Erlaubnis für den Erwerb zu sein,
4.
(weggefallen)
5.
entgegen § 11 Abs. 1 Satz 2 Betäubungsmittel durchführt,
6.
entgegen § 13 Abs. 1 Betäubungsmittel
a)
verschreibt,
b)
verabreicht oder zum unmittelbaren Verbrauch überläßt,
6a.
entgegen § 13 Absatz 1a Satz 1 und 2 ein dort genanntes Betäubungsmittel überlässt,
6b.
entgegen § 13 Absatz 1b Satz 1 Betäubungsmittel verabreicht,
7.
entgegen § 13 Absatz 2
a)
Betäubungsmittel in einer Apotheke oder tierärztlichen Hausapotheke,
b)
Diamorphin als pharmazeutischer Unternehmer
abgibt,
8.
entgegen § 14 Abs. 5 für Betäubungsmittel wirbt,
9.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht, um für sich oder einen anderen oder für ein Tier die Verschreibung eines Betäubungsmittels zu erlangen,
10.
einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Erwerb oder zur unbefugten Abgabe von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, eine solche Gelegenheit öffentlich oder eigennützig mitteilt oder einen anderen zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verleitet,
11.
ohne Erlaubnis nach § 10a einem anderen eine Gelegenheit zum unbefugten Verbrauch von Betäubungsmitteln verschafft oder gewährt, oder wer eine außerhalb einer Einrichtung nach § 10a bestehende Gelegenheit zu einem solchen Verbrauch eigennützig oder öffentlich mitteilt,
12.
öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3 des Strafgesetzbuches) dazu auffordert, Betäubungsmittel zu verbrauchen, die nicht zulässigerweise verschrieben worden sind,
13.
Geldmittel oder andere Vermögensgegenstände einem anderen für eine rechtswidrige Tat nach Nummern 1, 5, 6, 7, 10, 11 oder 12 bereitstellt,
14.
einer Rechtsverordnung nach § 11 Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 oder § 13 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1, 2a oder 5 zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Strafvorschrift verweist.
Die Abgabe von sterilen Einmalspritzen an Betäubungsmittelabhängige und die öffentliche Information darüber sind kein Verschaffen und kein öffentliches Mitteilen einer Gelegenheit zum Verbrauch nach Satz 1 Nr. 11.

(2) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 2, 5 oder 6 Buchstabe b ist der Versuch strafbar.

(3) In besonders schweren Fällen ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn der Täter

1.
in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1, 5, 6, 10, 11 oder 13 gewerbsmäßig handelt,
2.
durch eine der in Absatz 1 Satz 1 Nr. 1, 6 oder 7 bezeichneten Handlungen die Gesundheit mehrerer Menschen gefährdet.

(4) Handelt der Täter in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1, 2, 5, 6 Buchstabe b, Nummer 6b, 10 oder 11 fahrlässig, so ist die Strafe Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe.

(5) Das Gericht kann von einer Bestrafung nach den Absätzen 1, 2 und 4 absehen, wenn der Täter die Betäubungsmittel lediglich zum Eigenverbrauch in geringer Menge anbaut, herstellt, einführt, ausführt, durchführt, erwirbt, sich in sonstiger Weise verschafft oder besitzt.

(6) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1 Nr. 1 sind, soweit sie das Handeltreiben, Abgeben oder Veräußern betreffen, auch anzuwenden, wenn sich die Handlung auf Stoffe oder Zubereitungen bezieht, die nicht Betäubungsmittel sind, aber als solche ausgegeben werden.

(1) Einer Erlaubnis des Bundesinstitutes für Arzneimittel und Medizinprodukte bedarf, wer

1.
Betäubungsmittel anbauen, herstellen, mit ihnen Handel treiben, sie, ohne mit ihnen Handel zu treiben, einführen, ausführen, abgeben, veräußern, sonst in den Verkehr bringen, erwerben oder
2.
ausgenommene Zubereitungen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3) herstellen
will.

(2) Eine Erlaubnis für die in Anlage I bezeichneten Betäubungsmittel kann das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte nur ausnahmsweise zu wissenschaftlichen oder anderen im öffentlichen Interesse liegenden Zwecken erteilen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.