Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 20. Jan. 2016 - 1 K 649/15.NW

ECLI:ECLI:DE:VGNEUST:2016:0120.1K649.15.NW.0A
bei uns veröffentlicht am20.01.2016

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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich als Bescheidadressat und Rechtsnachfolger seiner verstorbenen Ehefrau gegen seine Heranziehung zu wiederkehrenden Ausbaubeiträgen.

2

Er ist Eigentümer des im Ortsteil S. gelegenen Anwesens K.. Straße 1. Das Anwesen besteht aus den Flurstücksnummern …

3

Die Beklagte erhebt in ihrem Gemeindegebiet wiederkehrende Ausbaubeiträge. Hierzu hat sie zwei Abrechnungseinheiten, die Bereiche "O.." und "S..", gebildet. Die Einheit "S.." umfasst ca. 450 Einwohner und 7 Verkehrsanlagen. Ihre Ausbaubeitragssatzung vom 20.10.2014 (ABS) hat die Beklagte mit Ergänzungen hinsichtlich der früheren Satzungslage rückwirkend zum 1.1.2011 in Kraft gesetzt.

4

Der Ortsgemeinderat der Beklagten beschloss am 3.5.2010 den Ausbau der F.. Straße.

5

Die Beklagte setzte mit Bescheiden vom 8.7.2014 wiederkehrende Beiträge für 2011 (33,97 €), 2012 (39,30 €), 2013 (48,28 €) sowie eine Vorauszahlung für 2014 (1.412,11 €) fest. Bei einer Gesamtfläche von 867 qm, zuzüglich eines Vollgeschosszuschlags von 30 % = 260,10 qm, betrug die gewichtete beitragspflichtige Fläche 1.127,10 qm.

6

Hiergegen richtet sich der Widerspruch des Klägers vom 21.7.2014 mit dem vorgetragen wird, ihm fehle der durch den Ausbau der Anlage notwendige wirtschaftliche Vorteil für sein Grundstück. Zudem werde der Geschosszuschlag in Zweifel gezogen. Die Grundstücke an der K.. Straße seien nur eingeschossig bebaubar. Außerdem könne die Satzung 2013 keine Rechtsgrundlage für die Erhebung wiederkehrender Beiträge für 2011 und 2012 sein. Es sei nicht geklärt, dass die F.. Straße zu dem Abrechnungsgebiet S.. gehöre. Zudem sei fraglich, ob die B 270/K.. Straße in die Abrechnungseinheit einbezogen werden dürfe. Es sei auch nicht einzusehen, dass die südlich der B 270 wohnenden Bürger zu den Ausbaubeiträgen des nördlichen Teils herangezogen würden. Es sei geboten, für den südlich der B 270 liegenden Teil des Ortes eine eigene Abrechnungseinheit zu bilden.

7

Die Beklagte half dem Widerspruch nicht ab und erwiderte: Die F.. Straße sei Teil der im Zusammenhang bebauten Ortsteile und damit Teil der einheitlichen Einrichtung. Der einheitliche 30%ige Vollgeschoßzuschlag sei zulässig, da die zu Beiträgen veranlagten Grundstücke mit geringerer Nutzbarkeit nicht mehr als 10 % ausmachten. Schon in den Satzungen 2008 sei ein Gemeindeanteil von 35 % festgesetzt worden. Auch der Vollgeschoßzuschlag sei unverändert geblieben.

8

Der Kreisrechtsausschuss bei der Kreisverwaltung Kaiserslautern hob mit Widerspruchsbescheid vom 22.6.2015 die Bescheide vom 8.7.2014 insoweit auf, als für das Jahr 2011 eine endgültige Festsetzung von mehr als 31,84 €, für das Jahr 2012 von mehr als 36,83 €, für das Jahr 2013 von mehr als 45,25 € und hinsichtlich der Vorausleistung für das Jahr 2014 von mehr als 1.190,65 € erfolgt war. Im Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung führte der Kreisrechtsausschuss aus: Mit Beschluss vom 25.6.2014 habe das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Erhebung wiederkehrender Beiträge verfassungskonform sei, wenn mit dem Straßenausbau ein konkret zurechenbarer Vorteil für jedes beitragsbelastete Grundstück verbunden sei. In Gemeinden, die nur aus einem kleinen, zusammenhängend bebauten Ort bestünden, könne regelmäßig auf eine Aufteilung des Gemeindegebiets in mehrere öffentliche Einrichtungen verzichtet werden. Von einer zusammenhängenden Bebauung könne nicht gesprochen werden, wenn Außenbereichsflächen von nicht nur unbedeutendem Umfang zwischen den bebauten Gebieten lägen. Gebiete innerhalb einer Gemeinde mit strukturell gravierend unterschiedlichem Straßenausbauaufwand dürften nur dann in einer einzigen einheitlichen öffentlichen Einrichtung von Anbaustraßen zusammengeschlossen werden, wenn dies nicht zu einer nicht mehr zu rechtfertigenden Umverteilung von Ausbaulasten führe. In diesem Fall könne außer der Bildung mehrerer öffentlicher Einrichtungen auch die Aufnahme einer Verschonungsregelung nach § 10a Abs. 5 Satz 1 Kommunalabgabengesetz - KAG - in die Beitragssatzung in Betracht kommen, um eine verfassungsrechtlich zu missbilligende Umverteilung von Ausbaulasten zu verhindern. Die Satzung der Beklagten entspreche diesen Kriterien, denn sie habe für die beiden räumlich getrennten Ortsteile O. und S.. jeweils eigene Abrechnungseinheiten gebildet. Es sei nichts ersichtlich, was gegen eine Einbeziehung des gesamten Ortsteils S.. in eine Abrechnungseinheit spreche. Die Tatsache, dass einzelne Grundstücke an der B 270 lägen und deshalb beim einmaligen Ausbaubeitrag nur für die Maßnahmen der Straßenbeleuchtung und den Gehwegen herangezogen würden, rechtfertige eine Sonderstellung für diese Anlieger nicht, da das Vorhandensein klassifizierter Straßen in Orten die Regel sei, weil sie die einzelnen in sie einmündenden Gemeindestraßen mit dem überörtlichen Straßennetz verbänden. Die B 270 stelle auch sonst in S.. keinen Abschluss des Ortsteils dar, sondern sie sei durchgängig beidseitig als Anbaustraße nutzbar, relativ leicht zu überqueren und verbinde so die Gebiete nördlich und südlich davon. Eine Notwendigkeit innerhalb der Abrechnungseinheit weitere Abrechnungseinheiten zu bilden, wie dies der Kläger für die F.. Straße und den Bereich südlich der B 270 meine, bestehe nicht. Soweit der Kläger meine, er habe keine Vorteile von dem Ausbau der F.. Straße, da diese keine Durchgangsstraße sei und somit von den meisten Beitragspflichtigen und auch von ihm nicht regelmäßig genutzt werde, sei dies hinsichtlich der Beitragspflicht unbeachtlich. Der Sondervorteil der einzelnen Straßenanlieger, der die Beitragspflicht begründe, liege bei der Erhebung wiederkehrender Beiträge darin, dass mit der Schaffung des gemeindlichen Verkehrswegenetzes die bauliche Nutzbarkeit der an ihm liegenden Grundstücke herbeigeführt werde. Damit komme das gesamte Wegenetz eines Ortsteils dem jeweiligen Grundstückseigentümer, der an einer zum Anbau bestimmten Straße liege, zu Gute. Beitragsmaßstab sei dabei nicht die räumliche Nähe zu der ausgebauten Verkehrsanlage oder ein sonstiger individueller Vorteil des jeweiligen Beitragspflichtigen an der Straße, vielmehr würden alle Anlieger gleich behandelt und entsprechend den Bestimmungen der Satzung nach den gleichen Vorgaben zu Beiträgen herangezogen. Dabei sei vorliegend der Beitragsmaßstab derjenige der Grundstücksfläche mit Zuschlägen für Vollgeschosse, wobei für die beiden ersten zulässigen Vollgeschosse ein einheitlicher Zuschlag von 30 % erhoben werde. Diese Regelung sei im Hinblick darauf, dass im Ortsteil S.. nur ein geringer Teil der Grundstücke nur eingeschossig bebaut werden dürfe, rechtlich unbedenklich (164 zur Zeit beitragspflichtige Grundstücke plus 46 verschonte Grundstücke, davon nur 6 lediglich eingeschossig bebaubar). Bedenken gegen die Rückwirkung der Satzung vom 20.10.2014 zum 1.1.2011 bestünden nicht, da sie mit Ausnahme der bisher rechtswidrigen Eckgrundstücksregelung, die zur Teilnichtigkeit der Vorgängersatzungen geführt habe, bei geringen Änderungen, nur die bisherigen Satzungsregelungen aus dem Jahr 2008 mit ihren nachfolgenden Modifizierungen 2010, 2011 und 2013 wiederhole, sodass die Verletzung eines Vertrauenstatbestandes zulasten des Klägers nicht vorliege. Aufgrund der in den Akten befindlichen Unterlagen stehe fest, dass die F.. Straße erneuerungsbedürftig gewesen sei. Allerdings stelle nicht die gesamte Straßenbaumaßnahme dort eine Ausbaumaßnahme dar, denn in einem Umfang von 12 Metern = 6,28 % der Gesamtausbaulänge von 191 Metern sei die F.. Straße bislang noch nicht erstmalig hergestellt gewesen, so dass es sich insoweit um eine erstmalige Herstellung einer Straße und nicht um eine Ausbaumaßnahme handle. Die hierfür erforderlichen Aufwendungen seien deshalb nicht in den ausbaubeitragsfähigen Aufwand einzubeziehen. Daher seien die Beitragsbescheide für das Jahr 2011, 2012 und 2013 jeweils um 6,28 % zu kürzen. Dementsprechend seien die endgültigen Bescheide in dem tenorierten Umfang teilweise aufzuheben. Gleiches gelte auch für die Festsetzung der Vorausleistungen für das Jahr 2014, wobei hier zusätzlich zu berücksichtigen sei, dass mit Ablauf des Jahres 2014 zum jetzigen Zeitpunkt die kassenwirksamen Aufwendungen für das Jahr 2014 feststünden und daher der Entscheidung des Kreisrechtsausschusses zugrunde zu legen seien. Im Einzelnen führe dies zu folgenden Beitragssätzen:

9

Aufwand abzgl. Gemeindeanteil: beitragspflichtige Fläche: Beitragssatz je mJ

2011   

 3.861,37 €

136.705,76 m2

0,028246 €/m2

2012   

 4.467,19 €

136.705,76 m2

0,032677 €/m2

2013   

 5.488,22 €

136.705,76 m2

0,040146 €/m2

Aufwendungen 2014 abzgl. Gemeindeanteil:

        

 144.413,19 €

136.705,76 m2

1,056380 €/ m2

10

Für den Kläger ergäben sich daher folgende Beiträge:

11

2011: 31,84 €; 2012: 36,83 €; 2013: 45,25 € und für 2014 eine Vorausleistung in Höhe von 1.190,65 €.

12

Die Beklagte hat ihre Beitrags- und Vorauszahlungsfestsetzungen mit Bescheiden vom 7.7.2015 - entsprechend den Vorgaben des Widerspruchsbescheids - geändert. Gegen diese Bescheide hat der Kläger erneut Widerspruch erhoben. Beide Beteiligte des vorliegenden Verfahrens haben erklärt, dass die Änderungsbescheide in das gerichtliche Klageverfahren einbezogen werden sollen.

13

Der Kläger hat nach Zustellung des Widerspruchsbescheids (24.6.2015) am 21.7.2015 Klage erhoben.

14

Er trägt ergänzend vor: Die Bescheide für 2011 und 2012 seien mangels satzungsrechtlicher Grundlage aufzuheben. Die Ausbaubeitragssatzung der Beklagten – ABS – sei lediglich bis zum 1.1.2013 rückwirkend in Kraft gesetzt worden. Die ABS 2014 könne nicht als Rechtsgrundlage herangezogen werden, weil die Bescheide sich ausdrücklich auf die Satzung aus dem Jahr 2013 stützten und vor Inkrafttreten der ABS 2014 bereits erlassen worden seien. Die ABS 2013 sei aber selbst nach Auffassung der Beklagten unwirksam. Im Übrigen sei die Einbeziehung der B 270 in die Abrechnungseinheit "S.." fehlerhaft. Denn die Bundesstraße stelle für Fußgänger und Pkw ein fast unüberwindliches Hindernis dar. Eine vorhandene Querungshilfe sei nicht mit einer Ampel ausgestattet. Pkw, die vom südlichen Teil von S.. in den nördlichen Teil - oder in umgekehrter Richtung - fahren wollten, seien gezwungen, zunächst auf die B 270 aufzufahren, um von dort aus dann in den jeweiligen Teil einzubiegen. Daher sei die Abrechnungseinheit "S.." in eine eigenständige nördliche sowie eine südliche Einheit aufzuspalten. Der Beitragsmaßstab verstoße gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz. Zwar sei sein Grundstück zutreffend mit zwei Vollgeschossen veranlagt worden. Allerdings berücksichtige dieser Maßstab nicht hinreichend die tatsächliche Bebauung von Grundstücken. Diese sei maßgeblich, selbst wenn ein Bebauungsplan eine weitergehende Bebauung zulasse. Die auf die verschonten Grundstücke rechnerisch entfallenden Beitragslasten seien von der Beklagten und nicht von den übrigen Anliegern zu tragen.

15

Der Kläger beantragt,

16

die Bescheide vom 8.7.2014, in Gestalt der Änderungsbescheide vom 7.7.2015 und des Widerspruchsbescheids vom 22.6.2015 aufzuheben.

17

Die Beklagte beantragt,

18

die Klage abzuweisen.

19

Sie erwidert zusammenfassend: Mit der ABS 2014 seien rückwirkend bis zum 1.1.2011 frühere Satzungsfehler, etwa zur Eckgrundstücks- und Verschonungsregelung sowie hinsichtlich der Begründungspflicht bei Bildung mehrerer Abrechnungseinheiten im Gemeindegebiet, geheilt worden. Den verfassungsgerichtlichen Vorgaben zur Bildung von beitragsrechtlichen Einheiten sei durch die Bildung der durch erhebliche Außenbereichsflächen getrennten Abrechnungseinheiten "O.." und "S.." genüge getan worden. Die Ortsdurchfahrt der B 270 trenne den beitragsrechtlichen Zusammenhang der Einheit "S.." nicht. Die Ortsdurchfahrt sei durchaus überquerbar, da diese gut einsehbar sei und auch eine Querungshilfe in etwa der Ortsmitte bestehe. Der Beitragsmaßstab sei unbedenklich, da die Grundstücke mit einer geringeren als zweigeschossigen Nutzbarkeit weniger als 10 % ausmachten.

20

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts-, Widerspruchs- und Verwaltungsakte verwiesen. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

21

Der Klage bleibt der Erfolg versagt. Die Ausbaubeitragsbescheide der Beklagten vom 8.7.2014, in Gestalt der Änderungsbescheide vom 7.7.2015 sowie des Widerspruchsbescheids vom 22.6.2015, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

22

Zunächst verweist das erkennende Gericht auf die zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 22.6.2015, denen es folgt (§ 117 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

23

Die Bescheide finden ihre rechtliche Grundlage in der ABS 2014 i.V.m. § 10a KAG.

24

Gegen die Erhebung wiederkehrender Ausbaubeiträge in kleinen beitragsrechtlichen Einheiten bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BVerfG, Beschluss vom 25.6.2014 - 1 BvR 668/10 u. 2104/10; OVG RP, Urteil vom 10.12.2014 - 6 A 10853/14). Die von der Rechtsprechung näher herausgearbeiteten Einzelheiten zur Zulässigkeit der Bildung solcher Einheiten liegen hier zweifelsfrei vor. Die Abrechnungseinheit "S.." umfasst lediglich ca. 450 Einwohner und nur wenige Verkehrsanlagen. Das Gebiet der Einheit ist umgrenzt durch Außenbereichsflächen und daher von der zweiten im Gemeindegebiet der Beklagten gebildeten Einheit ("O..") räumlich getrennt.

25

Eine Verpflichtung der Beklagten zur Aufteilung der Einheit "S.." in einen nördlich der Ortsdurchfahrt der B 270 gelegenen Bereich sowie einen südlich davon gelegenen Teil besteht unter Vorteilsgesichtspunkten nicht. Beide Gebiete werden vom Außenbereich umfasst. Die Ortsdurchfahrt entfaltet keine trennende Wirkung, die zu einer Aufteilung der Einheit "S.." führen könnte. Denn die Ortsdurchfahrt kann nach der eigenen Ortskenntnis des Gerichts und den allgemein zugänglichen Informationsquellen zweifelsfrei - wenn auch tageszeitlich bedingt gelegentlich mit zumutbaren Wartezeiten - überschritten und überfahren werden. Hierzu trägt auch eine etwa in der Ortsmitte eingebaute Überschreitungshilfe sowie der Umstand bei, dass der Fahrradverkehr über einen südlich der Bahnlinie gebauten separaten Radweg geleitet wird und daher eine Querung der Ortsdurchfahrt nicht zusätzlich erschwert. Eine durchgehende Seitenbeplankung der B 270, die eine Überquerung nur mit starken Einschränkungen ermöglichen würde, besteht nicht. Ein durchgehender Kolonnenverkehr, der regelmäßig ein Überschreiten oder Überfahren der B 270 stark erschweren würde, findet dort nicht statt. Die Ortsdurchfahrt ist zudem nicht ungewöhnlich breit dimensioniert, so dass sie auch insofern nach dem beitragsrechtlich maßgeblichen äußeren Erscheinungsbild keine trennende Wirkung entfaltet (vgl. zur fehlenden Trennung durch eine schmale Bundesstraße: OVG RP, Urteil vom 30.6.2015 - 6 A 11016/14; Beschluss vom 21.8.2012 – 6 C 10085/12; Beschluss vom 1.8.2011 – 6 B 10720/11; Beschluss vom 2.5.2011 – 6 A 11278/10). Dies gilt umso mehr, als an die Ortsdurchfahrt beidseitig fast geschlossen angebaut wurde und sie damit eine Erschließungsfunktion hat (vgl. OVG RP, Urteil vom 25.11.2003 – 6 A 10631/03; Urteil vom 26.8.1997 – 6 C 10885/97).

26

Die aktuelle Ausbaubeitragssatzung ist im vorliegenden Verfahren zeitlich anwendbar, denn sie wurde rückwirkend zum 1.1.2011 in Kraft gesetzt. Aspekte des Vertrauensschutzes stehen der Rückwirkung nicht entgegen. Die Beitragstatbestände seit 2011 sind noch nicht abgeschlossen, so dass nach der Rechtsprechung des BVerfG (Urteil vom 12.11.2015 - 1 BvR 2961/14 und 1 BvR 3051/14) ein Fall einer unechten Rückwirkung vorliegt. Gegen eine normative tatbestandliche Rückanknüpfung bestehen regelmäßig keine verfassungsrechtlichen Bedenken, denn das Grundgesetz schützt nicht die bloße Erwartung, das geltende (Abgaben-)Recht werde unverändert fortbestehen (BVerfG, Urteil vom 12.11.2015, a.a.O.). Selbst wenn man hilfsweise von einer echten Rückwirkung ausginge, stünde das der Verfassungskonformität der rückwirkend in Kraft gesetzten Satzung vom 20.10.2014 nicht entgegen. Denn dieser Satzung gingen in der Vergangenheit bereits gleichartige Regelungsversuche voraus (BVerfG, Beschluss vom 3.9.2009 – 1 BvR 2384/08). Die Rückwirkung begegnet auch deshalb keinen rechtlichen Bedenken, weil die vorausgegangene ABS 2013 u.a. mangels einer Begründung gemäß § 10a Abs. 1 Satz 4 KAG unwirksam, zumindest aber in ihrer Wirksamkeit zweifelhaft war (vgl. zur Rückwirkungsbefugnis in diesem Fall u.a.: OVG RP, Urteil vom 13.12.2011 – 6 A 10870/11). Denn die ABS 2013 entbehrte einer Begründung, weshalb im Gemeindegebiet mehrere Einheiten gebildet werden. Diese Begründung ist der Satzung zwingend beizufügen (§ 10a Abs. 1 Satz 5 KAG). Die rückwirkende Inkraftsetzung der ABS 2014 mit dieser Begründung stellt sicher, dass auch der Beitragsentstehungszeitpunkt der ältesten hier im Streit stehenden Beitragsforderung - betreffend das Jahr 2011 also mit Ablauf des 31.12.2011, § 10a Abs. 4 KAG - erfasst wird. Der Kläger durfte sich daher nicht auf die Weitergeltung des durch die zuvor geltende Satzung erzeugten Rechtsscheins verlassen (BVerfG, Urteile vom 12.11.2015, a.a.O.). Zudem waren mit der Rückwirkung keine Änderungen verbunden, die sich - verglichen mit vorausgegangenen Regelungen - in unzulässiger Weise zum Nachteil der Beitragspflichtigen auswirken (vgl. BVerwG, Urteil vom 24.2.2010 - 9 C 1/09).

27

Die gebotene Umschreibung der beiden Abrechnungseinheiten findet sich in § 3 Abs. 1 ABS sowie in dem als Anlage 1 zur ABS beigefügten Plan. Die erforderliche Begründung bei der Bildung mehrerer Einheiten im Gemeindegebiet gemäß § 10a Abs. 1 Satz 4 KAG erfolgt in Anlage 2 zur ABS. Entgegen der Darstellung des Klägers erlaubt der als Anlage 1 der ABS beigefügte Plan eine Zuordnung der ausgebauten Verkehrsanlage "F.. Straße" zur Abrechnungseinheit "S..".

28

Der in § 6 ABS verankerte Beitragsmaßstab für Grundstücksflächen mit Zuschlägen für Vollgeschosse wurde in der Rechtsprechung mehrfach anerkannt (OVG RP, Urteil vom 19.5.2015 - 6 A 11006/14). Unbedenklich ist vor allem auch die Bestimmung in § 6 Abs. 3 Nr. 1 ABS, wonach in beplanten Gebieten die zulässige - und nicht wie der Kläger meint, die tatsächlich verwirklichte - Zahl der Vollgeschosse zu Grunde gelegt wird (OVG RP, Urteile vom 11.11.2008 - 6 A 11081/08 u. 6 A 10288/08; Urteil vom 23.10.2007 - 6 A 10568/07; BVerwG, Urteil vom 23.5.1980 - 4 C 83/79; Urteil vom 24.9.1976 - IV C 22.74). Zwar begegnet eine beitragsrechtliche Gleichbehandlung bei ein- und zweigeschossiger Bebauung, wie sie durch § 6 Abs. 1 Satz 2 ABS erfolgt, erheblichen rechtlichen Bedenken. Allerdings hat die Beklagte - und ihr folgend der Kreisrechtsausschuss - substantiell begründet, dass bei 210 veranlagten und verschonten Grundstücken mehr als 90 % dieser Grundstücke zweigeschossig bebaut werden können. Die vom Kläger geltend gemachte lediglich eingeschossige Bebaubarkeit von Grundstücken entlang der Ortsdurchfahrt, betrifft nur sechs an einer von der Ortsdurchfahrt abzweigenden Stichstraße gelegene Baugrundstücke, die in dem zur Verwaltungsakte beigelegten Lageplan rot markiert sind.

29

Die beitragsrechtliche Gleichbehandlung von Anliegern an klassifizierten Straßen und Anliegern an Gemeindestraßen ist rechtlich unbedenklich. Bei klassifizierten Straßen zahlen deren Anlieger für Ausbaumaßnahmen an den Fahrbahnen gemeindlicher Straßen in der Abrechnungseinheit mit, obwohl für die Fahrbahn der klassifizierten Straßen keine Ausbaubeiträge erhoben werden dürfen (OVG RP, Urteil vom 24.8.1999 - 6 A 10375/99). Innerhalb der Abrechnungseinheit werden also, trotz Einbeziehung klassifizierter Straßen, keine unterschiedlichen Beitragssätze festgelegt (OVG RP, Urteil vom 22.9.1998 - 6 A 10793/98).

30

Der Umstand, dass in den Ausgangsbescheiden der Beklagten noch die Satzung aus dem Jahr 2013 bezeichnet wurde, berührt die Rechtmäßigkeit der hier streitigen Festsetzungen nicht. Denn im Zeitpunkt des Bescheiderlasses (am 8.7.2014) konnte die Beklagte denknotwendig nur die damals gültige Ausbaubeitragssatzung aus dem Jahr 2013 anführen. Die Bescheide sind zudem, trotz des Hinweises auf die ABS 2013, hinreichend bestimmt (§ 119 Abs. 1 Abgabenordnung - AO -, 3 Abs. 1 Nr. 3 KAG). Denn sie erfüllen die Anforderungen der Rechtsprechung an den Mindestinhalt eines Beitragsbescheids (OVG RP, Beschluss vom 29.8.2013 - 6 A 10335/13), zu dem die einschlägige Satzung nicht gehört. Die Bezeichnung der aktuellen Satzung ist zudem nicht zwingend Teil der Bescheidbegründung gemäß § 121 AO. Im Übrigen verweist der Widerspruchsbescheid vom 22.6.2015 auf die zwischenzeitlich in Kraft gesetzte aktuelle Ausbaubeitragsatzung vom 20.10.2014. Der Umstand, dass die Beklagte drei Flurstücksnummern des Klägers in einem Bescheid veranlagt hat, obwohl möglicherweise nicht die Voraussetzungen für die Annahme einer wirtschaftlichen Einheit vorliegen, berührt die formelle Rechtmäßigkeit der Festsetzungen ebenfalls nicht. Denn selbst wenn die Flurstücksnummern .. separat bebaubar sein sollten - für die Flurstücksnummer .. mit einer Fläche von 81 qm trifft dies bei Einhaltung der baurechtlichen Vorgaben offenkundig nicht zu - und insoweit die Voraussetzungen einer wirtschaftlichen Einheit nicht vorlägen, so kann der Kläger aufgrund der in den Bescheiden angegebenen Flächenansätze ohne Schwierigkeiten den jeweils auf den Grundstücken als öffentliche Last ruhenden Beitrag selbst errechnen (vgl. OVG RP, Beschluss vom 15.7.2013 - 6 B 10531/13). Zudem ist eine Zusammenfassung der drei Flurstücksnummern unter dem Aspekt einer wohnakzessorischen Nutzung (vgl. OVG RP, Urteil vom 16.3.2010 - 10070/09) durchaus vertretbar.

31

Die Veranlagung des Anwesens des Klägers auf der Basis eines Vollgeschoßzuschlags von 30 % entspricht der satzungsrechtlichen Vorgabe. Dabei ist festzuhalten, dass die Gewichtung der gesamten Grundstücksfläche mit einem Vollgeschoßzuschlag bei einer wohnakzessorischen Nutzung - wie hier - unbedenklich ist. Selbst bei einer Einzelveranlagung der beitragsrechtlich vollwertig nutzbaren Grundstücke wäre eine solche Gewichtung rechtens, weil nach den Darlegungen der Beklagten die Zahl der Grundstücke der näheren Umgebung, die mit zwei Vollgeschossen bebaubar sind, überwiegt. Lediglich in einem Teilbereich nördlich der Ortsdurchfahrt weist der einschlägige Bebauungsplan für sechs bebaubare Grundstücke eine nur eingeschossige Bebaubarkeit aus.

32

Der rechnerisch auf die verschonten Grundstücke entfallende Ausbauaufwand darf auf die verbleibenden Beitragsschuldner verteilt werden (OVG RP, Beschluss vom 28.7.2010 - 6 A 10590/10).

33

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

34

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit wegen der Kosten folgt den §§ 167 VwGO, 708 ff. Zivilprozessordnung.

35

Beschluss

36

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 1.304,57 € festgesetzt (§§ 52, 63 Abs. 2 GKG).

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Das Urteil ergeht "Im Namen des Volkes". Es ist schriftlich abzufassen und von den Richtern, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben, zu unterzeichnen. Ist ein Richter verhindert, seine Unterschrift beizufügen, so wird dies mit dem Hinderungsgrund vom Vorsitzenden oder, wenn er verhindert ist, vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil vermerkt. Der Unterschrift der ehrenamtlichen Richter bedarf es nicht.

(2) Das Urteil enthält

1.
die Bezeichnung der Beteiligten, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Bevollmächtigten nach Namen, Beruf, Wohnort und ihrer Stellung im Verfahren,
2.
die Bezeichnung des Gerichts und die Namen der Mitglieder, die bei der Entscheidung mitgewirkt haben,
3.
die Urteilsformel,
4.
den Tatbestand,
5.
die Entscheidungsgründe,
6.
die Rechtsmittelbelehrung.

(3) Im Tatbestand ist der Sach- und Streitstand unter Hervorhebung der gestellten Anträge seinem wesentlichen Inhalt nach gedrängt darzustellen. Wegen der Einzelheiten soll auf Schriftsätze, Protokolle und andere Unterlagen verwiesen werden, soweit sich aus ihnen der Sach- und Streitstand ausreichend ergibt.

(4) Ein Urteil, das bei der Verkündung noch nicht vollständig abgefaßt war, ist vor Ablauf von zwei Wochen, vom Tag der Verkündung an gerechnet, vollständig abgefaßt der Geschäftsstelle zu übermitteln. Kann dies ausnahmsweise nicht geschehen, so ist innerhalb dieser zwei Wochen das von den Richtern unterschriebene Urteil ohne Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung der Geschäftsstelle zu übermitteln; Tatbestand, Entscheidungsgründe und Rechtsmittelbelehrung sind alsbald nachträglich niederzulegen, von den Richtern besonders zu unterschreiben und der Geschäftsstelle zu übermitteln.

(5) Das Gericht kann von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen, soweit es der Begründung des Verwaltungsakts oder des Widerspruchsbescheids folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt.

(6) Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat auf dem Urteil den Tag der Zustellung und im Falle des § 116 Abs. 1 Satz 1 den Tag der Verkündung zu vermerken und diesen Vermerk zu unterschreiben. Werden die Akten elektronisch geführt, hat der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle den Vermerk in einem gesonderten Dokument festzuhalten. Das Dokument ist mit dem Urteil untrennbar zu verbinden.


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Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das aufgrund der Beratung vom 30. September 2014 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagten wird nachgelassen, eine Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des beizutreibenden Betrags abzuwenden, wenn die Klägerin nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu wiederkehrenden Ausbaubeiträgen für die Jahre 2012 und 2013 mit Bescheid der Beklagten vom 7. Januar 2014 in einer Gesamthöhe von 130,60 €.

2

Sie ist seit dem 12. März 2013 Alleineigentümerin des Grundstücks Gemarkung Z..., Flur …, Parzelle …, welches in der Abrechnungseinheit 1 (Z...-Stadt und Z...-M…) liegt, die mit der Ausbaubeitragssatzung der Beklagten zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen vom 20. November 2014 rückwirkend zum 1. Januar 2012 konstituiert wurde. Vor Erlass des erstinstanzlichen Urteils bildeten die Abrechnungseinheit 1 (Z...-Stadt und Z...-M…), die Abrechnungseinheit 2 (Z...-K…) sowie die Abrechnungseinheit 3 (Z...-B…) eine einzige einheitliche öffentliche Einrichtung von Anbaustraßen i. S. d. § 10a Abs. 1 Sätze 1 und 2 Kommunalabgabengesetz – KAG –.

3

Hinsichtlich des seinem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalts im Übrigen nimmt der Senat gemäß § 130b Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung VwGO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug, dessen tatsächliche Feststellungen er sich insoweit zu Eigen macht.

4

Der nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens erhobenen Klage hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen mit der Begründung stattgegeben, die Zusammenfassung des gesamten im baurechtlichen Innenbereich der Beklagten gelegenen Gebiets in einer einzigen einheitlichen öffentlichen Einrichtung von Anbaustraßen werde den Anforderungen nicht gerecht, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Beschluss vom 25. Juni 2014 in den Verfahren 1 BvR 668/10 und 1 BvR 2104/10 aufgestellt habe.

5

Während der Frist zur Begründung der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung hat die Beklagte die beanstandete Ausbaubeitragssatzung rückwirkend geändert und die drei erwähnten Abrechnungseinheiten gebildet. Zur weiteren Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte vor, die Neuberechnung der in den Jahren 2012 und 2013 geschuldeten Beiträge habe ergeben, dass auf die Klägerin wesentlich höhere Beträge entfielen als die mit dem angefochtenen Bescheid festgesetzten. Da der beitragsfähige Aufwand nach dem Durchschnitt der im Zeitraum von fünf Jahren zu erwartenden Investitionsaufwendungen ermittelt werde, bestehe er in der Abrechnungseinheit 1 (Z...-Stadt und Z...-M…) aus dem Ausbauaufwand der Jahre 2012 bis 2014 für die S… Straße, der Jahre 2014 bzw. 2015 für die Z… Straße und demjenigen für den K… Weg (2016). In den Jahren 2012 bis 2014 habe die S… Straße zwar noch innerhalb des förmlich festgesetzten Sanierungsgebiets ‘Stadtkern Z...‘ gelegen. Die für die S… Straße vorgesehene Sanierungsmaßnahme (Ausbau mit Betonsteinpflaster) sei jedoch schon vor mehr als zwanzig Jahren bautechnisch abgeschlossen worden. Nach Ablauf der Nutzungsdauer dieser Pflasterung sei die S… Straße zum erneuten Ausbau in das für die Jahre 2012 bis 2016 aufgestellte Bauprogramm aufgenommen worden. Nach Aufhebung der Sanierungssatzung durch die Satzung der Beklagten vom 16. März 2015 würden voraussichtlich im Jahr 2017 sanierungsrechtliche Ausgleichsbeträge von den Eigentümern der Grundstücke im Sanierungsgebiet erhoben. Die veranlagten Grundstücke der Klägerin lägen nicht im Sanierungsgebiet, hätten jedoch – wie die anderen Grundstücke in der Abrechnungseinheit – von dem Ausbau der S… Straße einen beitragsrelevanten Vorteil.

6

Die Beklagte beantragt,

7

unter Abänderung des aufgrund der Beratung vom 30. September 2014 ergangenen Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz die Klage abzuweisen.

8

Die Klägerin beantragt,

9

die Berufung zurückzuweisen.

10

Sie verteidigt die verwaltungsgerichtliche Entscheidung und bekräftigt ihre Auffassung, die angefochtenen Bescheide seien rechtswidrig. Sie beruhten nicht auf der neuen satzungsrechtlichen Grundlage, die zudem ihrerseits zu beanstanden sei. Denn die rechts der Mosel liegenden Stadtteile (Z...-Stadt und Z...-M…) hätten nicht zu einer Abrechnungseinheit zusammengefasst werden dürfen. Im Übrigen liege eine Ungleichbehandlung vor, weil den Grundstückseigentümern in Z...-B… die gezahlten Beiträge zurückerstattet worden seien, während die Beklagte gegenüber den Herangezogenen in Z...-Stadt dazu nicht bereit sei.

11

Die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes ergeben sich aus der Gerichtsakte sowie den vorgelegten Verwaltungs- und Widerspruchsvorgängen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

12

Die Berufung der Beklagten ist unbegründet. Wie das Verwaltungsgericht im Ergebnis zutreffend entschieden hat, ist der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 7. Januar 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. Mai 2014 rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

13

Zwar fehlt der angefochtenen Beitragserhebung nicht die erforderliche Rechtsgrundlage (1.). Die Voraussetzungen zur Erhebung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge sind aber deshalb nicht erfüllt, weil für die Zeitpunkte des Entstehens sachlicher Beitragspflichten am 31. Dezember 2012 und am 31. Dezember 2013 in der Abrechnungseinheit 1 (Z...-Stadt und Z...-M…) kein beitragsfähiger Aufwand feststellbar ist (2.)

14

1. Mit dem rückwirkenden Erlass der Satzung der Beklagten zur Erhebung von wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau von Verkehrsanlagen vom 20. November 2014 – ABS – liegt im für die Entscheidung des Senats maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Berufungsverhandlung (vgl. hierzu BVerwG, 8 C 14.81, BVerwGE 64, 218, juris) eine nicht zu beanstandende satzungsrechtliche Grundlage vor. Insbesondere durfte die Beklagte in § 3 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ABS die Abrechnungseinheit 1 (Z...-Stadt und Z...-M…) als einheitliche öffentliche Einrichtung von Anbaustraßen i. S. d. § 10a KAG festlegen.

15

a) Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 25. Juni 2014 (1 BvR 668/10, 1 BvR 21 BvR 2104/10, NVwZ 2014, 1448, juris, Rn. 46, 55) entschieden, dass die Heranziehung zu wiederkehrenden Beiträgen für den Ausbau einer Straße als Teil einer einheitlichen öffentlichen (Verkehrs-) Einrichtung nur für diejenigen Grundstücke in Betracht kommt, die von dieser einen jedenfalls potentiellen Gebrauchsvorteil haben, bei denen sich also der Vorteil der Möglichkeit der Nutzung der ausgebauten Straßen als Lagevorteil auf den Gebrauchswert des Grundstücks auswirkt. Der Satzungsgeber muss deshalb bei der Ausübung seines Gestaltungsermessens über die Festlegung abgrenzbarer Gebietsteile (vgl. § 10a Abs. 1 Satz 4 KAG) darauf achten, dass die dort liegenden Grundstücke einen konkret zurechenbaren Vorteil von dem Ausbau und der Erhaltung einer Verkehrsanlage haben (BVerfG, a.a.O., Rn. 63 f.). Die Voraussetzung eines konkret zurechenbaren Vorteils aufgrund einer ausreichend engen "Vermittlungsbeziehung" zwischen den eine einheitliche öffentliche Einrichtung bildenden Verkehrsanlagen hinsichtlich des Anschlusses an das übrige Straßennetz (BVerfG, a.a.O., Rn. 58) bedeutet danach für Großstädte und Gemeinden ohne zusammenhängendes Gebiet im Allgemeinen die Notwendigkeit zur Bildung mehrerer einheitlicher öffentlicher Einrichtungen von Anbaustraßen (BVerfG, a.a.O., Rn. 62). In kleinen Gemeinden - insbesondere solchen, die nur aus einem kleinen, zusammenhängend bebauten Ort bestehen - werden sich hingegen einheitliche öffentliche Einrichtung und Gemeindegebiet häufig decken (BVerfG, a.a.O., Rn. 64). Von einer zusammenhängenden Bebauung in diesem Sinn kann allerdings nicht gesprochen werden, wenn Außenbereichsflächen von nicht nur unbedeutendem Umfang zwischen den bebauten Gebieten liegen (OVG RP, 6 A 10853/14.OVG, KStZ 2015, 75, esovgrp, juris). Ob die herangezogenen Grundstücke einen konkret zurechenbaren Vorteil von dem Ausbau und der Erhaltung einer Verkehrsanlage haben, hängt nicht von der politischen Zuordnung eines Gebiets, sondern vor allem von den tatsächlichen örtlichen Gegebenheiten ab, etwa der Größe, der Existenz eines zusammenhängenden bebauten Gebiets, der Topographie wie der Lage von Bahnanlagen, Flüssen und größeren Straßen oder der typischen tatsächlichen Straßennutzung (BVerfG, a.a.O., Rn. 64).

16

b) Danach durfte die Beklagte von einer zusammenhängenden Bebauung der Stadtteile Z...-M… und Z...-Stadt ausgehen, die eine Aufteilung in mehrere einheitliche öffentliche Einrichtungen von Anbaustraßen i. S. d. § 10a KAG entbehrlich machte. Denn die Bebauung entlang der aneinander anschließenden Straßen „C…“ (Z...-Stadt) und „M… Straße“ (Z...-M…) weist keine dazwischen liegenden Außenbereichsflächen von nicht nur unbedeutendem Umfang auf (vgl. hierzu OVG RP, 6 A 10853/14.OVG, KStZ 2015, 75, esovgrp, juris). Zwischen dem bebauten Grundstück C… 81 und dem Haus M… Straße 4 befinden sich nämlich fünf bereits bebaute Grundstücke an der neuen Straße „I…“. Von den noch unbebauten Grundstücken liegen zwei innerhalb des Geltungsbereichs des seit dem Jahr 2010 rechtverbindlichen Bebauungsplans, zwei weitere stellen eine Baulücke dar, die Gegenstand eines Verfahrens zur Aufstellung eines Bebauungsplans ist. Angesichts dessen kann auch insoweit nicht von einer Außenbereichsfläche von nicht nur unbedeutendem Umfang gesprochen werden, die einer Konstituierung der Gebietsteile Z...-M…l und Z...-Stadt als einer einzigen Abrechnungseinheit entgegenstehen würde.

17

Anders als mit der Klage geltend gemacht, trennt die Bundesstraße 421 (N…/K… Straße) den südlich von ihr gelegenen Teil der Stadt Z... mit dem A… Bachtal nicht im Sinne einer topografischen Zäsur (BVerfG, a.a.O., Rn. 64) vom nördlich davon liegenden Stadtgebiet. Die B 421 hat angesichts ihrer geringen Breite eher verbindende Wirkung und unterbricht die zusammenhängende, wegen des unmittelbar dahinter ansteigenden Geländes über weite Bereiche bandartige Bebauung auf der rechten Moselseite nicht.

18

c) Dem gegenüber verbot – auch nach der übereinstimmenden Auffassung der Beteiligten – der Umstand, dass die links der Mosel liegenden Stadtteile B… und K… durch eine topografische Zäsur, nämlich die mehr als 135 m breite Mosel, von den Gebietsteilen Z...-M… und Z...-Stadt auf der rechten Flussseite getrennt werden, deren Zusammenfassung zu einer einzigen einheitlichen öffentlichen Einrichtung von Anbaustraßen (BVerfG, a.a.O., Rn. 64). Dies ist in dem angefochtenen Urteil bereits zutreffend ausgeführt worden. Ebenfalls offensichtlich rechtmäßig ist die Aufteilung der Stadtteile B… und K… in zwei unterschiedliche Abrechnungseinheiten. Denn der Stadtteil B… liegt ca. 150 Höhenmeter über dem Gebietsteil K… und wird von diesem durch mehrere hundert Meter breite Außenbereichsflächen (Weinberge) getrennt.

19

2. Die Erhebung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge für die Jahre 2012 und 2013 ist jedoch rechtswidrig, weil für den 31. Dezember 2012 und den 31. Dezember 2013, die Zeitpunkte des Entstehens sachlicher Beitragspflichten (§ 10a Abs. 4 Satz 1 KAG), kein beitragsfähiger Aufwand in der Abrechnungseinheit 1 (Z...-Stadt und Z...-M…) feststellbar ist.

20

a) Auch wenn – wie hier – gemäß § 10a Abs. 2 Satz 1 KAG i. V. m. § 3 Abs. 2 ABS bei der Ermittlung des Beitragssatzes an Stelle der jährlichen Investitionsaufwendungen vom Durchschnitt der im Zeitraum von fünf Jahren zu erwartenden Aufwendungen auszugehen ist, reicht es für das Entstehen der Beitragspflicht nicht aus, dass ein Durchschnittssatz aufgrund prognostizierter Aufwendungen für einen Fünfjahreszeitraum festgesetzt wurde (vgl. OVG RP, 6 B 10720/11.OVG; VG Neustadt/Wstr., 1 L 113/12.NW, juris). Denn die Beitragspflicht kann gemäß § 10a Abs. 4 Satz 1 KAG am 31. Dezember eines bestimmten Jahres nur entstehen, wenn in diesem Jahr Aufwendungen für den Straßenausbau angefallen sind. Steht nach Ablauf des 31. Dezember eines Jahres fest, dass mangels Aufwendungen keine Beitragsschuld für dieses Jahr begründet wurde, können wiederkehrende Beiträge für dieses Jahr nicht deswegen erhoben werden, weil Ausbauaufwendungen in einer späteren Phase des Fünfjahreszeitraums geplant sind (vgl. OVG RP, 6 C 10085/12.OVG, AS 41, 218, juris). Die für 2014 bzw. 2015 vorgesehenen Straßenausbauarbeiten in der Z… Straße und diejenigen im K… Weg (2016) lösen deshalb keine Beitragspflicht für die mit dem angefochtenen Bescheid veranlagten Jahre 2012 und 2013 in der Abrechnungseinheit 1 aus.

21

b) Zwar sind der Beklagten in den Jahren 2012 und 2013 Aufwendungen für Ausbauarbeiten an der S… Straße entstanden. Diese fielen jedoch in dem durch die Sanierungssatzung vom 15. Februar 1991 förmlich festgesetzten Sanierungsgebiet ‘Stadtkern Z...‘ an, bevor diese Sanierungssatzung durch die Satzung vom 16. März 2015 aufgehoben wurde. Damit besteht weder eine Ausbaubeitragsschuld für die Grundstücke innerhalb des förmlich festgesetzten Sanierungsgebiets (aa) noch für diejenigen außerhalb dieses Gebiets (bb).

22

aa) Gemäß § 154 Abs. 1 Satz 3 BaugesetzbuchBauGB – sind die Vorschriften über die Erhebung von Beiträgen für Grundstücke im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet nicht anzuwenden, wenn in diesem Gebiet Erschließungsanlagen im Sinne des § 127 Abs. 2 BauGB hergestellt, erweitert oder verbessert werden. Dieser Ausschluss gilt auch für landesrechtliche Straßenausbaubeiträge und ist nicht davon abhängig, dass die Maßnahmen für die Ziele und Zwecke der Sanierung erforderlich waren (BVerwG, 8 C 7.98, KStZ 1999, 189, juris; BVerwG, 4 B 1.05, BauR 2005, 1142, juris). Deshalb greift die Ausschlusswirkung des § 154 Abs. 1 Satz 3 BauGB, also die Freistellung von der Ausbaubeitragspflicht, zu Gunsten der Grundstücke im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet ‘Stadtkern Z...‘ ein, ohne dass es darauf ankommt, ob die an der S… Straße vorgesehenen Sanierungsmaßnahmen schon vor mehr als zwanzig Jahren durch die seinerzeit erfolgte Pflasterung von der Beklagten als bautechnisch abgeschlossen betrachtet wurden.

23

Die Privilegierung des § 154 Abs. 1 Satz 3 BauGB bezweckt nämlich, eine Doppelbelastung der Eigentümer von Grundstücken im Sanierungsgebiet zu vermeiden, die sich aus einer Beitragserhebung und einer Heranziehung zu Ausgleichsbeträgen nach § 154 Abs. 1 BauGB für ein und dieselbe Maßnahme ergeben würde (vgl. BVerwG, 8 C 40.83, BVerwGE 68, 130, juris, unter Hinweis auf BT-Drucks. VI/510 S. 30). Zu einer solchen Doppelbelastung würde eine Beitragserhebung im Sanierungsgebiet für den Ausbau der S… Straße führen. Denn die in den Jahren 2012 bis 2014 durchgeführten Straßenbaumaßnahmen in der S… Straße werden bei der Ermittlung der durch die Sanierung bedingten Erhöhung des Bodenwerts der Grundstücke im Sanierungsgebiet gemäß § 154 Abs. 1 Satz 1 BauGB berücksichtigt. Maßgeblicher Wertermittlungsstichtag i. S. d. § 3 Abs. 1 Immobilienwertermittlungsverordnung ist nämlich der Zeitpunkt des Abschlusses der Sanierung, also der Aufhebung der Sanierungssatzung (§§ 154 Abs. 3, 162 BauGB) durch die Satzung der Beklagten vom 16. März 2015 (vgl. OVG RP, 6 A 10164/09.OVG, LKRZ 2011, 19, juris). Bis zu diesem Abschluss der Sanierung fließen die Auswirkungen von Straßenbaumaßnahmen, also auch derjenigen der Jahre 2012 bis 2014 in der S… Straße, in den Bodenwert ein (vgl. BVerwG, 4 C 31.13, NVwZ 2015, 531, juris). Daran ändert der Umstand nichts, dass die Beklagte nur die vor mehr als zwanzig Jahren erfolgte Pflasterung als sanierungsbedingte Baumaßnahme in der S… Straße betrachtet, nicht jedoch deren Ausbau in den Jahren 2012 bis 2014. Denn die Beendigung der ausdrücklich im Rahmen der Sanierung vorgesehenen Baumaßnahmen allein ist noch kein hinlängliches Zeichen dafür, dass die Sanierung im Sinne des § 162 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB tatsächlich "durchgeführt" ist (BVerwG, 4 C 11.13, BVerwGE 149, 211, juris). Gerade der Beitragsausschluss des § 154 Abs. 1 Satz 3 BauGB zeigt, dass der Gesetzgeber (vgl. BT-Drucks. 10/6166 S. 59) angenommen hat, der für den Eigentümer mit der Herstellung, Erweiterung oder Verbesserung von Erschließungsanlagen im Sanierungsgebiet verbundene Vorteil schlage sich regelmäßig im Bodenwert nieder und führe deswegen zu einer Erhöhung des Ausgleichsbetrags (BVerwG, 4 B 1.05, BauR 2005, 1142, juris).

24

bb) Die Eigentümer von Grundstücken außerhalb des Sanierungsgebiets werden von der Beitragsfreistellung des § 154 Abs. 1 Satz 3 BauGB zwar nicht erfasst (vgl. auch BT-Drucks. 10/4630 S. 125). Zum 31. Dezember 2012 und zum 31. Dezember 2013 kann indessen ein ausbaubeitragsfähiger Aufwand nicht festgestellt werden, der als wiederkehrender Beitrag auf die außerhalb des förmlich festgesetzten Sanierungsgebiets ‘Stadtkern Z...‘, aber innerhalb der Abrechnungseinheit 1 gelegenen Grundstücke verteilt werden könnte.

25

Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG 8 C 40.83, BVerwGE 68, 130, juris; BVerwG, 8 C 7.98, KStZ 1999, 189, juris) können Aufwendungen für die Herstellung oder Verbesserung von Straßen im Sanierungsgebiet nach Maßgabe der Vorschriften über die Erhebung einmaliger Ausbaubeiträge nur dann auf die Grundstücke außerhalb des Sanierungsgebiets umgelegt werden, wenn und soweit sie nicht der Erschließung des Sanierungsgebiets, sondern der Grundstücke außerhalb des Sanierungsgebiets dienen (BVerwG 8 C 40.83, BVerwGE 68, 130, juris). Die danach gebotene Aufspaltung einer einzelnen Erschließungsmaßnahme in einen sanierungsbedingten und einen nicht sanierungsbedingten Teil und dem folgend eine entsprechende Aufteilung der für diese Maßnahme entstandenen Kostenmasse ist aus der Natur der Sache nur möglich bei Teilen einer Erschließungsanlage, die hinreichend deutlich der einen oder anderen Erschließung zugeordnet werden können (BVerwG 8 C 40.83, BVerwGE 68, 130, juris).

26

Diese Rechtsprechung zur Erhebung einmaliger Ausbaubeiträge setzt somit voraus, dass eine bestimmte Straßenbaumaßnahme in eine sanierungsbedingte und eine nicht sanierungsbedingte Kostenmasse aufgespalten werden kann. Die Trennung danach, welcher Teil der Aufwendungen einer bestimmten Straßenbaumaßnahme dem Sanierungszweck und welcher Teil der Erschließung von Grundstücken außerhalb des Sanierungsgebiets dient, lässt sich im Zusammenhang mit der Erhebung einmaliger Ausbaubeiträge anhand der Lage der Grundstücke und ihrer Zufahrt oder ihres Zugangs zu der ausgebauten Verkehrsanlage vornehmen. In der einheitlichen öffentlichen Einrichtung von Anbaustraßen i. S. d. § 10a KAG ist eine solche Unterscheidung nicht auf diese Weise möglich. Die Pflicht zur Entrichtung wiederkehrender Ausbaubeiträge in einer solchen Einrichtung knüpft nicht – wie gemäß § 10 Abs. 5 Satz 1 KAG bei einmaligen Beiträgen – an der rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs zu der ausgebauten Verkehrsanlage an. Für die Erhebung wiederkehrender Ausbaubeiträge genügt nach § 10a Abs. 1 Satz 2 KAG vielmehr die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs zu einer der Verkehrsanlagen in der einheitlichen öffentlichen Einrichtung von Anbaustraßen. Selbst wenn man angesichts dessen davon ausgeht, dass der Ausbau jeder Straße in einem Sanierungsgebiet zugleich sämtlichen außerhalb des Sanierungsgebiets gelegenen Grundstücken innerhalb einer einheitlichen öffentlichen Einrichtung von Anbaustraßen nach § 10a KAG einen beitragsrechtlichen Vorteil vermittelt, gibt es keinen Maßstab für eine Aufteilung der Ausbauaufwendungen in eine sanierungsbedingte und eine nicht sanierungsbedingte Kostenmasse.

27

Als nicht sanierungsbedingte Kostenmasse und damit als beitragsfähiger Aufwand können allenfalls die der Beklagten für den Ausbau der S… Straße in den Jahren 2012 bis 2014 entstandenen Kosten abzüglich der Finanzierung der Sanierung durch Ausgleichsbeträge (§ 154 Abs. 1 Satz 1 BauGB) und staatliche Zuschüsse betrachtet werden. Die Feststellung dieses Differenzbetrages ist – von weiteren Schwierigkeiten abgesehen – jedenfalls vor Ermittlung der im Sanierungsgebiet eingetretenen Bodenwerterhöhungen nicht möglich und scheidet deshalb im vorliegenden Fall aus.

28

Anders als die Beklagte meint, kann die Ermittlung einer nicht sanierungsbedingten Kostenmasse nicht dadurch erfolgen, dass der auf die Grundstücke im Sanierungsgebiet nach der Verteilungsregelung der Ausbaubeitragssatzung entfallende Betrag von den Gesamtaufwendungen für den Ausbau der S… Straße abgezogen wird. Denn durch die Umlegung des auf diese Weise entstehenden Differenzbetrages auf die außerhalb des Sanierungsgebiets, aber innerhalb der Abrechnungseinheit 1 gelegenen Grundstücke kann eine Überdeckung zu Gunsten der Beklagten eintreten. Solange die Höhe der im Sanierungsgebiet zu erhebenden Ausgleichsbeträge nicht feststeht, lässt sich nicht ermitteln, ob und in welcher Höhe der Beklagten im Zusammenhang mit dem Ausbau der S… Straße ein noch ungedeckter Restaufwand verbleibt, der als wiederkehrender Beitrag außerhalb des Sanierungsgebiets erhoben werden könnte.

29

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 2 VwGO.

30

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 VwGO.

31

Gründe, gemäß § 132 Abs. 2 VwGO die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

Beschluss

32

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren auf 130,60 € festgesetzt (§§ 52 Abs. 3, 47 Abs. 1 GKG).


Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 9. Mai 2011 unwirksam.

Im Übrigen wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 9. Mai 2011 abgeändert und die Klage gegen die Beitragsbescheide der Beklagten vom 18. Januar 2010 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 12. Dezember 2011 abgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens im ersten Rechtszug hat der Kläger vier Fünftel, die Beklagte ein Fünftel zu tragen. Die Kosten des Zulassungs- und des Berufungsverfahrens tragen die Beteiligten je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich als Eigentümer der Grundstücke in der Gemarkung St…, Flur 7, Parzelle …, und Flur 14, Parzelle … gegen seine Heranziehung zu wiederkehrenden Straßenausbaubeiträgen für das Jahr 2009. Beide Grundstücke liegen innerhalb der einheitlichen öffentlichen Einrichtung der Anbaustraßen des Ortsteils S… Dorf. Für das Grundstück Parzelle … ist teilweise eine Wohnnutzung, zum anderen Teil eine Nutzung als Golfgelände festgesetzt, während das Grundstück Parzelle … insgesamt zum Golfplatz gehört. Die Beitragsbescheide der Beklagten vom 18. Januar 2010 wurden mit Bescheiden vom 12. Dezember 2011 geändert und gemäß § 165 der AbgabenordnungAO - für vorläufig erklärt. Der sich auf das Grundstück Parzelle … beziehende Bescheid über 1.260,92 € wurde durch zwei Bescheide vom 12. Dezember 2011 ersetzt und auf 557,39 € und 39,85 € ermäßigt. Für das Grundstück Parzelle … trat durch den Änderungsbescheid vom 12. Dezember 2011 eine Erhöhung von 86,87 € auf 87,22 € ein.

2

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens und hinsichtlich des Sachverhalts im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung erster Instanz nimmt der Senat gemäß § 130b Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug, dessen tatsächliche Feststellung er sich insoweit zu eigen macht.

3

Das Verwaltungsgericht gab der Klage im Wesentlichen mit der Begründung statt, die Ausbaubeitragssatzung sei insoweit rechtswidrig, als sie für das erste und zweite Vollgeschoss einen einheitlichen Zuschlag von 40% vorsehe. Außerdem verstoße die Aufteilung in vier Abrechnungsgebiete für die Erhebung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge gegen § 10a Abs. 1 Sätze 2 bis 4 des Kommunalabgabengesetzes – KAG -.

4

Während der Frist zur Beantragung der Berufungszulassung hat die Beklagte ihre Ausbaubeitragssatzung durch die Satzung über die Erhebung von Beiträgen für öffentliche Verkehrsanlagen – ABS - vom 25. Mai 2011 geändert, die rückwirkend zum 1. Dezember 2008 in Kraft gesetzt wurde. Danach erhebt die Beklagte wiederkehrende Straßenausbaubeiträge in der einheitlichen öffentlichen Einrichtung der Anbaustraßen des Ortsteils S… Dorf (Abrechnungsgebiet 1) und im übrigen Stadtgebiet (Abrechnungsgebiet 2) Einmalbeiträge. Der Vollgeschosszuschlag wurde für jedes Vollgeschoss auf 20% festgelegt. Die Grundstücksfläche für Golfübungsflächen ist – wie bei Sportplatz-, Friedhofs-, Festplatz- oder Freibadgrundstücken – mit 0,5 zu vervielfachen, für Golfplatzspielflächen wurde der Faktor 0,07 normiert.

5

Nach Zulassung der Berufung durch den Senat trägt die Beklagte vor, die verwaltungsgerichtliche Entscheidung sei durch die Satzungsänderung unrichtig geworden. Soweit das Verwaltungsgericht von der Unwirksamkeit der Bebauungspläne ausgegangen sei, müsse die Bestimmung des § 204 Abs. 3 des Baugesetzbuchs berücksichtigt werden. Der rückwirkenden Inkraftsetzung der Bebauungspläne habe auch ein diesbezüglicher Ratsbeschluss zugrunde gelegen. Zwischen den Bebauungsplänen und der Bauausführung der Straßen im Abrechnungsgebiet bestehe Übereinstimmung. Die Satzungsregelung, wonach Golfplatzspielflächen mit dem Faktor 0,07 zu multiplizieren seien, beruhe auf dem großen Flächenverbrauch von Golfplätzen. Den erwähnten Änderungen werde mit den Bescheiden vom 12. Dezember Rechnung getragen. Mit ihnen werde die Heranziehung des Klägers zusätzlich gemäß § 165 AO für vorläufig erklärt bis zu einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in dem aufgrund des Beschlusses des VG Koblenz vom 1. August 2011 anhängigen Verfahren.

6

Im Umfang der durch die Bescheide vom 12. Dezember eingetretenen Ermäßigung der Beitragshöhe haben die Beteiligten den Rechtsstreit für in der Hauptsache erledigt erklärt.

7

Die Beklagte beantragt,

8

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

9

Der Kläger beantragt,

10

die Berufung zurückzuweisen.

11

Er bekräftigt sein erstinstanzliches Vorbringen, wonach die Bebauungspläne nicht rückwirkend hätten in Kraft gesetzt werden dürfen. Eine Abwägungsentscheidung habe die Beklagte nicht getroffen. Für das Grundstück Parzelle … ergebe sich die Rechtswidrigkeit des Bescheides auch daraus, dass dieses baulich nicht genutzt werden könne. Gleiches gelte für den nicht als Bauland festgesetzten Teil des Grundstücks Parzelle …. Außerdem sei die Erhebung eines Vollgeschosszuschlages für Golfplatzgrundstücke verfehlt. Die in der Satzung geregelte unterschiedliche Gewichtung für Sportplätze, Friedhöfe und Festplätze oder Freibäder mit 0,5 der Grundstücksfläche einerseits und für Golfplätze mit lediglich 0,07 andererseits entspreche in keiner Weise dem Vorteilsprinzip. Ein Golfplatz weise nämlich, relativ gesehen, einen genauso großen Besucher- oder Nutzerzugang auf wie ein Sportplatz. Während ein solcher in der Regel nur in wenigen Abendstunden oder an Wochenenden benutzt werde, stehe ein Golfplatz praktisch rund um die Uhr zur Verfügung.

12

Die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten ergeben sich aus den zur Gerichtsakte gereichten Schriftsätzen und den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgängen sowie Plänen, die sämtlich Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

13

Nachdem die Beteiligten das Verfahren im Umfang der Ermäßigung durch die das Grundstück Parzelle … betreffenden Änderungsbeitragsbescheide vom 12. Dezember 2011 übereinstimmend für in der Hauptsache erledigt erklärt haben, ist das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 9. Mai 2011 insoweit für unwirksam zu erklären (§ 173 VwGO i.V.m. § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO analog).

14

Im Übrigen ist die Berufung der Beklagten zulässig und begründet. Soweit die geringfügige Erhöhung der Beitragsforderung für das Grundstück Parzelle … durch den Änderungsbescheid vom 12. Dezember 2011 eine Klageänderung begründet, ist sie i.S.d. § 91 Abs. 1 VwGO sachdienlich. In der Sache sind die angegriffenen Bescheide in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 12. Dezember 2011 (1.) rechtmäßig. Sie beruhen auf einer hinreichenden satzungsrechtlichen Grundlage (2.) und können auch der Höhe nach nicht beanstandet werden (3.). Unter Abänderung des angefochtenen Urteils ist die Klage daher abzuweisen.

15

1. Gegenstand des Rechtsstreits sind die Bescheide der Beklagten vom 18. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids und der Änderungsbescheide vom 12. Dezember 2011.

16

Mit den Änderungsbescheiden vom 12. Dezember 2011 wurde die Beitragserhebung gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG i.V.m. § 165 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AO vorläufig festgesetzt bis zu einer Entscheidung des Bundes-verfassungsgerichts in dem aufgrund des Beschlusses des VG Koblenz vom 1. August 2011 im Verfahren 4 K 1392/10.KO anhängigen Verfahren über die Verfassungsmäßigkeit der §§ 10 und 10a KAG. Diese Änderung der Bescheide durch Vorläufigkeitserklärung (vgl. hierzu BFH, II R 117/93, BFHE 173, 390, juris) verhindert den Eintritt der materiellen Bestandskraft der Abgabenfestsetzung (BVerwG, VII C 31.72, BVerwGE 45, 106), soweit es um die Verfassungsmäßigkeit der §§ 10 und 10a KAG geht. Die Vorläufigkeitserklärung lässt aber das Rechtsschutzinteresse des Klägers an der Klärung der übrigen, im Zusammenhang mit seiner Heranziehung zu wiederkehrenden Beiträgen streitigen Fragen nicht entfallen (vgl. BFH, XI R 4/03, juris; BFH, III B 73/94, BFHE 176, 435, juris), sondern ermöglicht gerade eine Entscheidung über diese Fragen (vgl. BFH, III R 61/91, BFHE 167, 279, juris). Insoweit unterscheidet sich die Vorläufigkeitserklärung eines angefochtenen Abgabenbescheides erheblich von einer Aussetzung des Verfahrens gemäß bzw. analog § 94 VwGO oder einem einvernehmlichen Ruhen des Verfahrens, die dazu führen, dass nicht nur eine Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit, sondern auch die Klärung der übrigen aufgeworfenen Fragen zurückgestellt wird. Deshalb bejaht der Bundesfinanzhof (BFH, III R 61/91, BFHE 167, 279, juris) einen Rechtsanspruch auf Vorläufigkeitserklärung des angegriffenen Abgabenbescheids hinsichtlich einer vor dem Bundesverfassungsgericht umstrittenen gesetzlichen Regelung, wenn in dem Klageverfahren noch andere Fragen streitig sind.

17

Daraus ergibt sich gleichzeitig, dass die Vorläufigkeitserklärung eines Abgabenbescheids unter diesen – hier ebenfalls vorliegenden – Voraussetzungen den Abgabepflichtigen weder in materieller noch in verfahrensrechtlicher Hinsicht belastet und damit nicht von seiner Zustimmung abhängt.

18

2. Die angefochtenen Bescheide in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 12. Dezember 2011 sind auf der rechtlichen Grundlage des § 10a KAG und der mit Rückwirkung zum 1. Dezember 2008 erlassenen Satzung der Beklagten über die Erhebung von Beiträgen für öffentliche Verkehrsanlagen vom 25. Mai 2011 - ABS - nicht zu beanstanden.

19

a) Die Rückwirkung zum 1. Dezember 2008, die sich die Ausbaubeitragssatzung vom 25. Mai 2011 beimisst, begegnet keinen durchgreifenden Bedenken. Es handelt sich dabei um keine „echte“ Rückwirkung, weil der Beginn ihrer zeitlichen Anwendung nicht auf einen Zeitpunkt festgelegt wurde, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu dem die Norm rechtlich existent, das heißt gültig geworden ist (vgl. hierzu BVerfG, 2 BvR 2029/01, BVerfGE 109, 133, juris). Von einer solchen „echten“ Rückwirkung spricht man im Abgabenrecht, wenn eine bereits entstandene Abgabenpflicht nachträglich geändert wird (vgl. OVG RP, 6 A 10323/07.OVG, KStZ 2008, 33, ESOVGRP, juris). Davon kann hier angesichts der Mängel der aufgehobenen Ausbaubeitragssatzung nicht die Rede sein. Wird aber eine rechtlich zweifelhafte Norm rückwirkend ersetzt und damit die Beitragspflicht begründet, kann schutzwürdiges Vertrauen der Beitragsschuldner dem nicht entgegen stehen (vgl. hierzu BVerwG, IV C 45.74, BVerwGE 50, 2 <8>). Aufgrund der Heranziehung zu wiederkehrenden Beiträgen für die Aufwendungen des Jahres 2009 musste der Kläger damit rechnen, dass im Falle der Unzulänglichkeit der der Veranlagung zugrunde gelegten Satzung rückwirkend neues Satzungsrecht in Kraft gesetzt würde, das die Erhebung wiederkehrender Beiträge für das Jahr 2009 ermöglicht.

20

b) Die Bestimmungen der § 3a Abs. 1 und § 3b Abs. 1 ABS sind nicht zu beanstanden. Der Senat (OVG RP, 6 A 10505/10.OVG, NVwZ-RR 2010, 938, ESOVGRP, juris) hat bereits entschieden, dass sich eine Gemeinde nicht für ihr gesamtes Gebiet entweder für die Erhebung von Einmalbeiträgen oder von wiederkehrenden Beiträgen entscheiden muss. Die Neuregelung der wiederkehrenden Beitragserhebung in § 10a KAG, der ein neuer Einrichtungs- und Vorteilsbegriff zugrunde liegt, steht einem Nebeneinander von als öffentliche Einrichtungen konstituierten Gebietsteilen, in denen wiederkehrende Beiträge erhoben werden, und anderen Gebietsteilen mit Einmalbeiträgen nicht entgegen.

21

c) Auch die satzungsrechtliche Verteilungsregelung des § 5 Abs. 2 Satz 3 ABS, wonach der Zuschlag je Vollgeschoss 20% der nach § 5 Abs. 3 ABS ermittelten Grundstücksfläche beträgt, steht mit der Rechtsprechung des Senats im Einklang. Im Verfahren 6 C 10255/08.OVG (AS 36, 195, NVwZ-RR 2008, 727, KStZ 2009, 37, ESOVGRP, juris) wurde entschieden, dass ein Verteilungsmaßstab zur Erhebung wiederkehrender Beiträge nach § 10a KAG, der das Nutzungsmaß unter Berücksichtigung der Bebaubarkeit mit Vollgeschossen bestimmt, regelmäßig (auch) zwischen ein- und zweigeschossig bebaubaren Grundstücken unterscheiden muss.

22

In dieser Entscheidung ist des Weiteren ausgeführt, dass ein Verteilungsmaßstab auch zu berücksichtigen hat, ob lediglich Stellplätze bzw. Garagen errichtet werden dürfen oder das Grundstück nur gewerblich nutzbar ist, aber nicht bebaut werden darf. Vor diesem Hintergrund erscheint die Satzungsregelung des § 5 Abs. 4 Nr. 3 ABS bedenklich, die bestimmt, dass zwei Vollgeschosse auch für Grundstücke angesetzt werden, die mit Bebauungsplan als Golfplatz festgesetzt und die allenfalls untergeordnet bebaubar sind, wenn eine ausreichende planungsrechtliche Festsetzung zur Ermittlung der Vollgeschosszahl nicht vorhanden ist. Gleichwohl ergibt sich daraus keine unzulässige Benachteiligung von Golfplatzgrundstücken. Denn § 5 Abs. 4 Nr. 3 ABS führt im Zusammenwirken mit der Bestimmung des § 5 Abs. 2 Satz 2 ABS zu einer vorteilsgerechten Verteilung. Gemäß § 5 Abs. 2 Satz 2 ABS wird die gemäß § 5 Abs. 3 ABS ermittelte Grundstücksfläche auf 60% reduziert. Diese Reduzierung auf 60% und der erwähnte Vollgeschosszuschlag von 40% haben im Ergebnis zur Folge, dass es bei der Regelung des § 5 Abs. 3 UAbs. 2 Satz 2 ABS bleibt, wonach für als Golfplatzspielflächen genutzte Grundstücke die Grundstücksfläche mit 0,07 vervielfacht wird.

23

Damit werden Golfplatzspielflächen auch nicht in unangemessener Weise geringer veranschlagt als Sportplätze, Friedhöfe, Festplätze, Freibäder oder Golfübungsflächen, deren Grundstücksfläche jeweils zur Hälfte angesetzt wird. Die Einschätzung der Beklagten, Golfplatzspielflächen seien in erheblich niedrigerem Umfang Ziel bzw. Quelle von Verkehrsbewegungen und damit durch die Anbaustraßen in der öffentlichen Einrichtung deutlich geringer bevorteilt, ist nicht zu beanstanden. Der Stadtrat der Beklagten durfte berücksichtigen, dass Golfplatzspielflächen im Vergleich mit Sportplätzen, Friedhöfen, Festplätzen, Freibädern und Golfübungsflächen besonders großflächig sind und bezogen auf die Grundstücksfläche bei typisierenden Betrachtungsweise einen vergleichsweise sehr geringen Ziel- und Quellverkehr auslösen (vgl. hierzu auch OVG RP, 6 A 10845/00.OVG, KStZ 2001, 108, ESOVGRP). Der Golfplatz hat eine Gesamtgröße von ca. 378.000 m², davon entfallen ungefähr 20.500 m² auf die Übungsflächen. Ein Sportplatz verfügt hingegen üblicherweise über eine Größe von bis zu 15.000 m². Der Golfplatz S… Dorf umfasst damit die Fläche von mehr als 20 Sportplätzen. Unterstellt man, der Ziel- und Quellverkehr, der von einem Sportplatzgrundstück ausgelöst wird, entspreche im Umfang demjenigen eines Golfplatzgrundstücks unter Abzug des den Golfübungsflächen zuzurechnenden Verkehrs, wäre es vorteilsgerecht, für das Golfplatzgrundstück 0,5 durch 20 zu dividieren, also den Faktor 0,025 anzusetzen. Daraus ergibt sich, dass der satzungsrechtlich festgelegte Nutzungsfaktor von 0,07 erst dann ein solches Golfplatzgrundstück gegenüber einem Sportplatzgrundstück begünstigt, wenn der Verkehr vom und zum Golfplatz mehr als dreimal so stark ist wie der Ziel- und Quellverkehr, der von einem Sportplatzgrundstück ausgelöst wird. Dafür ist hier weder etwas vorgetragen noch sonst ersichtlich. Nichts anderes folgt aus der Rechtsprechung des Niedersächsischen Oberverwaltungsgerichts (NdsOVG, 9 LA 23/10, juris), das für ein Golfplatzgelände – ohne Unterscheidung zwischen Golfplatzspielflächen und Golfübungsflächen – eine Gewichtung von 0,0333 abgelehnt, einen Nutzungsfaktor von 0,5 aber gebilligt hat.

24

d) Die Festsetzung des Gemeindeanteils in § 3a Abs. 3 ABS auf 20% ist ebenfalls in Übereinstimmung mit den maßgeblichen Rechtsvorschriften erfolgt. Damit hat sich die Beklagte für den in § 10a Abs. 3 Satz 3 KAG normierten Mindest-Gemeindeanteil entschieden, der nach der Begründung des Gesetzentwurfs (LT-Drs. 15/318, S. 9) und der Rechtsprechung des Senats (OVG RP, 6 A 11146/09.OVG, NVwZ-RR 2010, 62, ESOVGRP, juris; OVG RP, 6 C 11187/10.OVG, ESOVGRP, juris) nur dann ausreichend ist, wenn das Verkehrsaufkommen fast ausschließlich den Grundstücken im Abrechnungsgebiet zuzurechnen ist, d.h. wenn nahezu der gesamte Verkehr von Anliegergrundstücken innerhalb der öffentlichen Einrichtung ausgeht bzw. dorthin führt. Davon durfte der Stadtrat für das Abrechnungsgebiet 1 ausgehen, weil das S… Dorf nur über eine einzige, über weite Strecken durch den Außenbereich führende öffentliche Straße mit dem übrigen Stadtgebiet und damit mit dem örtlichen sowie mit dem überörtlichen Verkehrsnetz verbunden ist. Dabei wurde vom Rat der Beklagten nicht übersehen, dass die Ringstraße „E…“ als nicht-öffentliche Verkehrsanlage dem Abrechnungsgebiet 1 nicht angehört und der Verkehr zu und von dem dort gelegenen Residenz-Hotel als Durchgangsverkehr zu werten ist. Da dieser dem Residenz-Hotel zuzurechnende Verkehr aber im Vergleich mit dem übrigen Verkehr zum und vom S… Dorf nach der nicht zu beanstandenden Auffassung des Stadtrats der Beklagten zu vernachlässigen ist, durfte er den gesetzlichen Mindest-Gemeindeanteil festsetzen.

25

3. Der Höhe nach sind die angefochtenen Bescheide in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 12. Dezember 2011 nicht zu beanstanden.

26

a) Die gewichtete Gesamtfläche, auf die der im Jahre 2009 entstandene Aufwand zu verteilen ist, wurde von der Beklagten nach der bereits erwähnten Satzungsänderung mit 462.272,27 m² ermittelt. Diese Berechnung beruht auch bezüglich des Vollgeschosszuschlags auf den wirksamen bauplanerischen Festsetzungen.

27

Die das S… Dorf betreffenden Bebauungspläne „Erholungsgebiet S…“ und die dazu ergangenen Änderungen sind gültig, nachdem sie ausgefertigt und (neu) bekannt gemacht wurden. Das gilt auch für Planurkunden, die auf einer Beschlussfassung der Gemeinde E… beruhen und rückwirkend auf den Zeitpunkt des Wirksamwerdens des Beschlusses über die Änderung der Gemeindegrenze zwischen der Beklagten und der Gemeinde E… in Kraft gesetzt wurden. Insoweit kann sich die Beklagte auf die Bestimmung des § 204 Abs. 3 Satz 1 des BaugesetzbuchsBauGB - stützen. Danach können Verfahren zur Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Bebauungsplänen nach einer Gebiets- oder Bestandsänderung in ihrem jeweiligen Stand fortgeführt werden. Da ohne eine Ausfertigung ein Verfahren zur Aufstellung eines Bebauungsplans nicht abgeschlossen wird, kann es auf der Grundlage des § 204 Abs. 3 Satz 1 BauGB im Falle einer Gebietsänderung weitergeführt werden.

28

Die Pläne sind auch nicht in Kraft gesetzt worden, ohne dass der Stadtrat der Beklagten dem zugestimmt hatte. Vielmehr ging den Ausfertigungen eine Befassung des Stadtrats und ein diesbezüglicher Ratsbeschluss vom 5. Oktober 2010 voraus. Dabei ist in der Sitzungsniederschrift vermerkt, dass der Bebauungsplan „Erholungsgebiet S…“ (S… Dorf) zwischenzeitlich mehrere Änderungen erfahren habe, die ihrerseits ordnungsgemäß ausgefertigt worden seien. Hinsichtlich der planerischen Festsetzungen hätten sich keine grundlegenden Veränderungen ergeben. Der Bebauungsplan und die hierzu ergangenen Änderungen – so heißt es in der Sitzungsniederschrift vom 5. Oktober 2010 weiter - seien im Wesentlichen ausgeführt, ohne dass es zu Problemen gekommen sei; die Abwägung sei nach wie vor haltbar.

29

Daraus ergibt sich gleichzeitig, dass die nachträgliche Ausfertigung und rückwirkende Inkraftsetzung der Bebauungspläne „Erholungsgebiet S…“ und einiger ihrer Änderungen ohne Einfluss auf die Wirksamkeit der bereits rechtsverbindlich gewordenen Änderungen bleiben sollen. Vielmehr dienten die nachträgliche Ausfertigung und rückwirkende Inkraftsetzung zur Herstellung des Rechtszustands, den man glaubte erreicht zu haben, bevor die Ausfertigungsmängel entdeckt wurden. Dabei nahm man in Kauf, dass Teile der nachträglich ausgefertigten Planurkunden mit ihrem Wirksamwerden insoweit wieder außer Kraft traten, als ihre rückwirkende Inkraftsetzung zu einem früheren Zeitpunkt erfolgte als der Eintritt der Rechtsverbindlichkeit einer diesbezüglichen Planänderung. Die spätere Norm, die die frühere ersetzt, ist die später in Kraft getretene, nicht die später beschlossene Vorschrift.

30

b) Indem die gewichtete Gesamtfläche, auf die der im Jahre 2009 entstandene Aufwand zu verteilen ist, nach der Satzungsänderung auf der Grundlage der bauplanerisch festgesetzten Vollgeschosse neu ermittelt wurde, hat die Beklagte ihre ursprüngliche Berechnung korrigiert, die einen einheitlichen Vollgeschosszuschlag von 40% für alle ein- und zweigeschossig bebaubaren Grundstücke angesetzt hatte. Dies war zu beanstanden, weil die Beklagte von der auf allen Grundstücken gegebenen Zulässigkeit einer zweigeschossigen Bebauung allein aufgrund der bauplanerisch zugelassenen Abweichung von der Festsetzung einer eingeschossigen Bebauung ausging. Zwar gehen die Bebauungspläne „Erholungsgebiet S…“ in ihren textlichen Festsetzungen davon aus, dass bei eingeschossigen Bauten der Ausbau des Keller- bzw. Dachgeschosses zu Wohnzwecken erfolgen könne. Wie das Verwaltungsgericht aber bereits ausführlich begründet hat, entsteht durch einen solchen Ausbau des Keller- bzw. Dachgeschosses nicht ohne Weiteres ein zweites Vollgeschoss i.S.d. § 2 Abs. 4 der Landesbauordnung. Soweit die Herrichtung von Wohnraum im Keller- oder Dachgeschoss die Merkmale eines Vollgeschosses nicht erfüllt, bedarf es nicht der Zulassung einer Abweichung von der festgesetzten Vollgeschosszahl. Aus der Möglichkeit, eine Ausnahme von der festgesetzten Vollgeschosszahl zuzulassen, und aus der Tatsache, dass auf allen eingeschossig bebaubaren Grundstücken der Keller bzw. das Dach zu Wohnzwecken ausgebaut werden darf, folgt deshalb nicht, dass allgemein zwei Vollgeschosse zulässig sind. Also ist eine eingeschossige Bebauung zugrunde zu legen, wenn sie bauplanerisch für ein Grundstück festgesetzt wurde.

31

c) Auf dieser Grundlage ist für das Grundstück Parzelle …, soweit auf diesem eine Wohnnutzung zugelassen ist, von einer maßgeblichen Berechnungsfläche von 1.590,72 m² auszugehen. Sie errechnet sich aus der auf 60% reduzierten Teilgrundstücksfläche von 1.988,40 m² zuzüglich des Vollgeschosszuschlags von 20%. Die Multiplikation von 1.590,72 m² mit dem Beitragssatz von 0,3504 €/m² ergibt einen Beitrag von 557,39 € für diesen Grundstücksteil. Der als Golfgelände festgesetzte Teil des Grundstücks Parzelle … hat eine Größe von 1.624,60 m², die mit 0,07 vervielfacht die Berechnungsfläche von 113,72 m² ergibt. Das Produkt aus dieser Berechnungsfläche und dem Beitragssatz von 0,3504 €/m² beträgt 39,85 €. Das Grundstück Parzelle … mit einer Größe von 3.556 m², das insgesamt zum Golfplatz gehört, hat eine Berechnungsfläche von 248,92 m² (3.556 m² x 0,07) und ist dementsprechend in Höhe von 87,22 € veranlagt worden.

32

4. Die Kostenentscheidung beruht auf den Bestimmungen der §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 und 2, 161 Abs. 2 VwGO. Danach sind die Kosten des Zulassungs- und des Berufungsverfahrens hälftig zu teilen. Denn einerseits sind dem Kläger die Verfahrenskosten insoweit aufzuerlegen, als er unterlegen ist. Andererseits entspricht es der nach § 161 Abs. 2 VwGO maßgebenden Billigkeit, dass der Beklagten die Hälfte der Kosten zur Last fällt, nachdem sie die Bescheide ungefähr um die Hälfte der Beitragsforderungen ermäßigt hat und der Rechtsstreit insoweit in der Hauptsache für erledigt erklärt wurde. Was die erstinstanzlichen Kosten angeht, ist darüber hinaus zu berücksichtigen, dass der Kläger seine Klage im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht zum überwiegenden Teil (konkludent) zurückgenommen hat.

33

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

34

Gründe, gemäß § 132 Abs. 2 VwGO die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

35

Beschluss

36

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren bis zur Abgabe übereinstimmender Erledigungserklärungen auf 1347,79 € und für die Zeit danach auf 684,46 € festgesetzt (§§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 3 GKG).


Tenor

Unter teilweiser Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 30. April 2007 wird der Ausbaubeitragsbescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2005 in der Fassung der Änderungen vom 8. Mai 2006 sowie vom 22. Januar 2007 insoweit aufgehoben, als ein höherer Beitrag als 1.153,36 € festgesetzt wurde.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge hat der Kläger ein Viertel, die Beklagte drei Viertel zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen die Heranziehung zu Ausbaubeiträgen für den Ausbau des Kurvenbereichs der L. Straße von der gemeinsamen Grundstücksgrenze zwischen den Parzellen … und … (L. Straße 141 und 143) bis zur Einmündung in die B. Straße („Nordkopf“ des Bahnhofsvorplatzes). Er ist Eigentümer eines Grundstückskomplexes zwischen der L. Straße und der B. Straße. Seine in geschlossener Bauweise sechsgeschossig bebaute und teilweise gewerblich genutzte Parzelle … grenzt an die L. Straße, während die Parzelle … an der B. Straße anliegt. Die zwischen diesen beiden Flurstücken befindliche, nur teilweise bebaute Parzelle … grenzt an keine Straße an und wird ebenso wie das Flurstück … als Kundenparkplatz und Anlieferungsfläche für den auf dem Flurstück … eingerichteten Gewerbebetrieb genutzt.

2

Mit Bescheid vom 7. Dezember 2005 zog die Beklagte den Kläger zu endgültigen Ausbaubeiträgen für den Ausbau der L. Straße im Bereich zwischen dem Haus Nr. … und dem Haus B. Straße Nr. … in Höhe von 8.263,61 € heran. In der Folgezeit wurde dieser Bescheid wiederholt geändert und zuletzt in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht auf einen Beitrag von 4.585,56 € vermindert.

3

Hinsichtlich des seinem Urteil zugrunde liegenden Sachverhalts im Übrigen nimmt der Senat gemäß § 130 b Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug, dessen tatsächliche Feststellungen er sich zu Eigen macht.

4

Das Verwaltungsgericht hat den Ausbaubeitragsbescheid insoweit aufgehoben, als für die Parzelle … mehr als 918,31 €, für die Parzelle … mehr als 813,96 € und für die Parzelle … mehr als 1.622,69 € festgesetzt wurden. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, der streitgegenständliche Bescheid sei hinreichend bestimmt und nur in der Höhe zu beanstanden. Der satzungsrechtliche Verteilungsmaßstab, ein Grundstücksflächenmaßstab mit einem Zuschlag von 10 % für jedes Vollgeschoss, begegne keinen Bedenken. Dass sich die Zahl der maßgebenden Vollgeschosse in beplanten Gebieten ausschließlich nach der festgesetzten höchstzulässigen Zahl der Vollgeschosse richte, in unbeplanten Gebieten die auf einem Grundstück tatsächlich verwirklichte Vollgeschosszahl gelte, auch wenn sie größer sei als in der maßgebenden Umgebungsbebauung, verstoße nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG.

5

Die abgerechnete Maßnahme sei auch ausbaubeitragsfähig. Der Ausbau der L. Straße im Kurvenbereich des Nordkopfes komme der gesamten Verkehrsanlage zugute. Diese erstrecke sich bei natürlicher Betrachtungsweise von der Einmündung in die B. Straße bis zur Kreuzung an der R. Straße.

6

Das Ausbauprogramm sei durchgeführt; die letzte Unternehmerrechnung datiere vom 6. November 2002. Die Grundstücke des Klägers seien dem Grunde nach ausbaubeitragspflichtig: die an die L. Straße angrenzende Parzelle … als Anliegergrundstück, die Parzellen … und … als beitragspflichtige Hinterliegergrundstücke mit tatsächlichem Zugang von der L. Straße. Hinsichtlich der Zahl der Vollgeschosse habe die Beklagte für die Parzelle … zu Recht einen Zuschlag von 60 % und für die beiden rückwärtigen Parzellen einen Zuschlag von jeweils 50 % angenommen. Denn die maßgebende Umgebungsbebauung weise in der L. Straße überwiegend sechs und in der B. Straße überwiegend fünf Vollgeschosse auf. Hinsichtlich des Artzuschlags seien gemäß § 6 Abs. 4 Satz 3 ABS jeweils 10 % für die Grundstücke des Klägers anzusetzen. Ein gebietsbezogener Artzuschlag von 20 % komme nicht in Betracht. Denn der Bereich zwischen Nordkopf und R. Straße sei kein faktisches Kerngebiet und die Grundstücke des Klägers würden nicht ausschließlich gewerblich genutzt.

7

Der Gemeindeanteil von 60 % sei angesichts des vom Gericht zu respektierenden Beurteilungsspielraums nicht zu beanstanden.

8

Bei der Flächenermittlung habe die Beklagte das Bahngelände zu Recht unberücksichtigt gelassen. Denn jene Grundstücke würden weder unmittelbar noch mittelbar durch die L. Straße erschlossen. Zwar sei das Bahnhofsgebäude, und damit indirekt auch das Bahnsteiggelände, zu Fuß von der L. Straße über den Bahnhofsvorplatz zu erreichen. Dieser stelle aber eine eigenständige Verkehrsanlage dar, die verschiedene Funktionen erfülle: Sie diene unter anderem als Fahrradabstellplatz, als Taxistand, als Pkw-Parkplatz, als Busbahnhof, als Touristeninformation und als fußläufige Verbindung zum Bahnhof aus mehreren Himmelsrichtungen.

9

Mit seiner vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung bekräftigt der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen. Er hält die satzungsrechtliche Verteilungsregelung für unwirksam, weil in beplanten Gebieten – anders als in unbeplanten Gebieten – nur die zulässigen Vollgeschosse und nicht die über das zulässige Maß hinaus verwirklichten Geschosse maßgebend seien. Außerdem grenzten seine Grundstücke nicht an den so genannten „Nordkopf“ und seien deshalb nicht beitragspflichtig. Insbesondere könnten die nicht an die L. Straße angrenzenden rückwärtigen Grundstücke nicht als Hinterliegergrundstücke veranlagt werden. Sie stünden zwar in seinem Eigentum, eine Zufahrtsmöglichkeit sei jedoch von der L. Straße aus tatsächlich nicht vorhanden und rechtlich nicht durch Baulast gesichert. Der Vollgeschosszuschlag für die Hinterliegergrundstücke dürfe nur an der tatsächlich verwirklichten Bebauung orientiert werden, allenfalls an einer Bebaubarkeit mit einem viergeschossigen Gebäude. Der Gemeindeanteil müsse wegen des sehr starken Durchgangsverkehrs mindestens 70 % betragen. Das Bahngrundstück habe ebenfalls veranlagt werden müssen, zumal an der langen und hohen Stützmauer entlang der L. Straße mehrere großflächige Werbetafeln aufgestellt seien, also eine bauliche Nutzung verwirklicht sei, die der Deutschen Bahn AG einen beitragsrelevanten Vorteil vermittele. Schließlich seien die fiktiven Kosten der Bauleitung weder dem Grunde nach beitragsfähig noch in Höhe der Sätze der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure.

10

Das aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2007 ergangene Urteil des Senats wurde vom Bundesverwaltungsgericht aufgehoben und die Sache zur erneuten Entscheidung zurückverwiesen.

11

Der Kläger beantragt,

12

das Urteil des Verwaltungsgerichts abzuändern und den Ausbaubeitragsbescheid vom 7. Dezember 2005 in der Fassung der Änderungen vom 8. Mai 2006 und vom 22. Januar 2007 in vollem Umfang aufzuheben.

13

Die Beklagte beantragt,

14

die Berufung zurückzuweisen.

15

Sie geht in Übereinstimmung mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass die rückwärtigen Grundstücke des Klägers fünfgeschossig bebaubar seien. Der Gemeindeanteil betrage nicht 70 %, denn die L. Straße habe trotz des überwiegenden Durchgangsverkehrs mehr als „nur wenig“ Anliegerverkehr. Das Bahngelände sei zu Recht nicht veranlagt worden, da die Treppe von der L. Straße zum Bahnsteig 1 keinen bestimmungsgemäßen Zugang biete und nicht ausreichend sei, um den gesamten Verkehr zum und vom Hauptbahnhof bewältigen zu können. Auch die vom Verwaltungsgericht zugrunde gelegten Kosten seien zutreffend ermittelt worden.

16

Die Beklagte hat Berechnungen vorgelegt, aus denen sich die Beitragsermittlung für den Fall ergibt, dass das Bahngelände als beitragspflichtig angesehen wird.

17

Die weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten ergeben sich aus der Gerichtsakte und den von der Beklagten vorgelegten Verwaltungsvorgängen und Plänen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren.

Entscheidungsgründe

18

Die Berufung des Klägers hat zum Teil Erfolg.

19

Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 7. Dezember 2005 in der Fassung der Änderungen vom 8. Mai 2006 und vom 22. Januar 2007 ist dem Kläger gegenüber insoweit rechtswidrig und aufzuheben (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO), als ein höherer Ausbaubeitrag als 1.153,36 € festgesetzt wurde. Das verwaltungsgerichtliche Urteil muss dementsprechend abgeändert werden.

20

Nach § 10 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 des Kommunalabgabengesetzes in der hier noch anwendbaren Fassung des Gesetzes vom 2. März 2006 – KAG – können die Gemeinden für den Ausbau öffentlicher Verkehrsanlagen einmalige Beiträge nach den tatsächlich entstandenen Investitionsaufwendungen erheben. Beim einmaligen Beitrag unterliegen gemäß § 10 Abs. 6 Satz 1 KAG alle diejenigen baulich oder in ähnlicher Weise nutzbaren Grundstücke der Beitragspflicht, die die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt oder eines Zugangs zu der ausgebauten Verkehrsanlage haben. Die Beitragspflicht entsteht nach § 10 Abs. 7 Satz 1 KAG, wenn die Bauarbeiten an der einzelnen Verkehrsanlage abgeschlossen sind und, sofern der einmalige Beitrag – wie hier - nach den tatsächlich entstandenen Investitionsaufwendungen ermittelt wird, der entstandene Aufwand feststellbar ist.

21

Nach Maßgabe dieser gesetzlichen Bestimmungen und der im Zeitpunkt der Entstehung der Beitragspflicht gültigen Satzung der Beklagten über die Erhebung einmaliger Beiträge für öffentliche Verkehrsanlagen (Ausbaubeitragssatzung) vom 19. Dezember 1995 in der Fassung der Satzung vom 14. Februar 1996 und der Änderung durch die Satzung vom 22. Juli 2003 – ABS - ist die Heranziehung des Klägers zum Teil rechtmäßig (1.), zum anderen Teil verletzt der angefochtene Bescheid den Kläger in seinen Rechten (2.).

22

1. Wie das Verwaltungsgericht in seinem Urteil bereits zutreffend ausgeführt hat, ist die abgerechnete Maßnahme beitragsfähig und sind die veranlagten Grundstücke des Klägers als Anlieger- bzw. als Hinterliegergrundstücke beitragspflichtig (vgl. hierzu auch OVG R-P, 6 A 10558/05.OVG, ESOVGRP; 6 A 10958/04.OVG, ESOVGRP). Deshalb kann sich der Senat diese Ausführungen zu Eigen machen und insoweit von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe absehen. Gleiches gilt für die Ausdehnung der maßgeblichen Verkehrsanlage; der Senat schließt sich aufgrund seiner Ortskenntnis und der vorgelegten Pläne der Auffassung des Verwaltungsgerichts an, dass als ausgebaute Straße die L. Straße vom Kreuzungsbereich mit der R. Straße bis zur Einmündung in die B. Straße zu betrachten ist. Dem Kläger kann auch nicht hinsichtlich seiner Bedenken gegen die Bestimmung des § 6 Abs. 4 ABS gefolgt werden, wonach sich der Vollgeschosszuschlag in beplanten Gebieten nach der Zahl der zulässigen Vollgeschosse, in unbeplanten Gebieten grundsätzlich nach der Zahl der tatsächlich vorhandenen Vollgeschosse berechnet. Diese unterschiedliche Behandlung ist sachlich gerechtfertigt, wie das Bundesverwaltungsgericht (IV C 28.70, BVerwGE 38, 147) für das Erschließungsbeitragsrecht bereits entschieden hat. Im Ausbaubeitragsrecht gilt dies nach Ansicht des Senats ebenfalls.

23

Keinen Bedenken begegnet der Ansatz eines fünfzigprozentigen Vollgeschosszuschlags für die Hinterliegergrundstücke des Klägers. Die Parzellen … und … sind derzeit i.S.d. § 6 Abs. 4 Satz 2 ABS lediglich untergeordnet bebaut, nämlich mit ein- bzw. zweigeschossigen Lager-, Büro- und Garagengebäuden. Unter diesen Umständen kommt es auf die in der näheren Umgebung überwiegend vorhandene Zahl der Vollgeschosse an. Wie der Senat aufgrund seiner Ortskenntnis weiß, ist die in diesem Bereich der B. Straße tatsächlich vorhandene Bebauung überwiegend fünfgeschossig. Vereinzelt gibt es zwar auch ein-, vier- und achtgeschossige Gebäude; die meisten weisen jedoch fünf Geschosse auf. Eine fünfgeschossige Bebauung kann auf den Parzellen … und … in Übereinstimmung mit den maßgebenden Vorschriften insbesondere des Baurechts auch verwirklicht werden. Das gilt für den notwendigen baulichen Brandschutz auch dann, wenn man die Erschließung durch die B. Straße, die in jedem Fall eine hinreichende Brandbekämpfung ermöglicht, „hinwegdenkt“, was erforderlich ist, weil es um die Beitragspflicht dieser Parzellen für einen Ausbau der L. Straße geht. Die diesbezüglichen brandschutzfachlichen Stellungnahmen der Beklagten vom 17. Oktober 2007 und vom 4. November 2008 bringen überzeugend zum Ausdruck, dass sowohl der bauliche als auch der abwehrende Brandschutz gewährleistet werden können. Das Erfordernis des zweiten Rettungswegs lässt sich durch ein so genanntes Sicherheitstreppenhaus erfüllen, welches auch eine Brandbekämpfung in einem fünfgeschossigen Gebäude auf den Parzellen der Parzellen … und … von der L. Straße aus, also ohne Zufahrtsmöglichkeit der Feuerwehr, ermöglichen würde.

24

2. Die Heranziehung des Klägers beruht jedoch auf einem überhöhten Ansatz der Eigenleistungen der Beklagten für die Bauleitung (a). Außerdem ist die Aufwandsverteilung zu beanstanden, weil das Bahnhofsgelände dabei unberücksichtigt geblieben ist (b). Wegen der Notwendigkeit, das Bahnhofsgelände in die Verteilung des Ausbauaufwands einzubeziehen, muss der diesbezügliche Ziel- und Quellverkehr als Anliegerverkehr angesehen werden. Deshalb ist auch der Gemeindeanteil zu beanstanden, ohne dass deswegen der angefochtene Bescheid insgesamt aufgehoben werden muss (c).

25

a) Zu den Investitionsaufwendungen, auf deren Grundlage einmalige Beiträge gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG zu ermitteln sind, gehören die gesamten Ausgaben und die bewerteten Eigenleistungen der kommunalen Gebietskörperschaft, die diese zum Ausbau der Anlage aufwenden muss (§ 9 Abs. 1 Satz 3 KAG). Dementsprechend sind auch Kosten für die Planung und/oder Bauleitung durch eigene Bedienstete des Trägers der Ausbaumaßnahme berücksichtigungsfähig. Die im Urteil des Senats vom 10. November 1981 (6 A 282/80, AS 17, 113) zum Ausdruck gebrachte Auffassung, der Einsatz von ständig beschäftigten Bediensteten bei dem Ausbau rechtfertige es nicht, einen ihren Leistungen entsprechenden Kostenanteil in den beitragfähigen Ausbauaufwand einzustellen, bezog sich auf § 8 des Kommunalabgabengesetzes vom 2. September 1977. Diese Regelung wurde jedoch durch § 7 Abs. 2 des Kommunalabgabengesetzes vom 5. Mai 1986 abgelöst, in dessen Satz 1 Nr. 6 ausdrücklich normiert war, dass Investitionsaufwendungen die gesamten Ausgaben und die bewerteten Eigenleistungen der kommunalen Gebietskörperschaften einschließlich der Kosten für den Einsatz eigenen Personals und eigener Sachen sind, insbesondere für die Planung und Bauleitung. Mit der im Jahre 1995 erfolgten Neuregelung des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG, wonach auch die bewerteten Eigenleistungen zu den Investitionsaufwendungen gehören, war eine inhaltliche Abkehr von der unmittelbaren Vorgängerbestimmung nicht beabsichtigt, auch wenn auf die erwähnte Aufzählung von Beispielen verzichtet wurde (vgl. LT-Drucks. 12/5443, S. 26). Damit ist indessen noch nicht entschieden, in welcher Weise die Eigenleistungen zu bewerten sind.

26

Die Wortwahl des Gesetzgebers lässt deutlich werden, dass die betragsmäßige Ermittlung der Eigenleistungen Ergebnis eines Wertungsvorgangs sein muss. Ein solcher vollzieht sich typischerweise innerhalb eines Bewertungsspielraums, dessen sich die Behörde bewusst sein muss und dessen Grenzen nicht überschritten werden dürfen. Die Bewertung kann gerichtlich nur darauf überprüft werden, ob die gesetzlichen Vorgaben oder deren Sinn und Zweck verkannt wurden, ob die Behörde von einem unzutreffenden Sachverhalt ausging und/oder die nach Lage der Dinge einzustellenden Gesichtspunkte nicht mit dem ihnen zukommenden Gewicht bei der Entscheidung berücksichtigt hat (vgl. hierzu auch BVerwG, 2 C 13/87, NVwZ-RR 1990, 619; BVerwG, 6 B 73/94, NJW 1995, 977). Vor diesem Hintergrund darf bei der Bewertung von Eigenleistungen im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 KAG nicht übersehen werden, dass die Vorschrift den Zweck der Kostendeckung verfolgt. Die kommunale Gebietskörperschaft, die eine Verkehrsanlage ausbaut, darf – mit anderen Worten – durch die Beitragserhebung keinen Gewinn erzielen. Es ist daher nicht zu beanstanden, wenn sie die Eigenleistungen beispielsweise nach Stundensätzen berechnet, die nach den Bezügen bzw. Entgelten der eingesetzten Mitarbeiter gestaffelt sind. Angesichts des vergleichsweise hohen Aufwands, den diese Art der Bewertung von Eigenleistungen mit sich bringt, dürfen auch fachlich einschlägige Honorar- bzw. Vergütungsvorschriften in sachgerecht modifizierter Form entsprechend angewendet werden. Der Rückgriff auf die Verordnung über die Honorare für Leistungen der Architekten und der Ingenieure – HOAI - ist nur dann frei von Bewertungsmängeln, wenn der in dieser Verordnung berücksichtigte Gewinn des Architekten bzw. Ingenieurs (vgl. hierzu: BGH, VII ZR 288/05, BauR 2007, 1592, juris; BGH, VII ZR 288/02, BGHZ 157, 118) ausgeblendet wird. Gleiches gilt für die ebenfalls in den Honoraren enthaltenen allgemeinen Geschäftsunkosten, die über die gesondert erstattungsfähigen Auslagen (Nebenkosten gemäß § 7 HOAI) hinausgehen. Mit Rücksicht darauf dürfen die Mindesthonorarbeträge nach der HOAI nur zur Hälfte in die Aufwandsermittlung eingestellt werden. Denn nach der vom Senat eingeholten sachverständigen Äußerung des Dipl.-Ing. E., Mitglied des Vorstands des Ausschusses der Verbände und Kammern der Ingenieure und Architekten für die Honorarordnung e.V. (AHO), enthalten die Honoraransätze der HOAI einerseits einen zehnprozentigen Anteil für „Wagnis und Gewinn“, andererseits entfällt, wie der Bürokostenvergleich 2006 zeige, ein Anteil von ca. 40% auf die sonstigen Bürokosten, also die allgemeinen Geschäftsunkosten. Vor diesem Hintergrund hält der Senat den von der Beklagten vorgeschlagenen lediglich zwanzigprozentigen Abschlag von den Honorarsätzen der HOAI nicht für ausreichend. Vielmehr sind weitere 30% von diesen Beträgen abzusetzen.

27

b) Außerdem ist die Aufwandsverteilung zu beanstanden, weil das Bahnhofsgelände dabei unberücksichtigt geblieben ist. Die zum Bahnhofsgelände gehörenden Grundstücke sind im Sinne des § 10 Abs. 6 Satz 1 KAG qualifiziert nutzbar; das Bundesverwaltungsgericht (8 C 85/86, BVerwGE 78, 321) spricht bei einem Bahnhof von einer gewerbeähnlichen Nutzung. Diese Grundstücke haben außerdem die rechtliche und tatsächliche Möglichkeit einer Zufahrt und eines Zugangs zur L. Straße, und zwar zum Teil als Anlieger- (aa), zum Teil als Hinterliegergrundstücke (bb).

28

aa) Unmittelbar von der L. Straße erschlossen sind die Anliegerparzellen … und …, die gleichsam nahtlos an die dem öffentlichen Verkehr gewidmete Wegeparzelle … in dem Bereich vor der Einmündung der L. Straße in die B. Straße anschließen. Soweit auf dem Flurstück … ein Bahnhofszugang für Fußgänger, Parkplätze und Taxistände errichtet wurden, handelt es sich nach dem maßgeblichen tatsächlichen Erscheinungsbild nicht um eine gegenüber der L. Straße selbständige Verkehrsanlage (vgl. auch BVerwG, IV C 28.71, DVBl 1972, 894, juris), sondern um einen Teil derselben.

29

An diesen Teil der L. Straße grenzen die bahneigenen Parzellen … und … an. Als Fortsetzung des Mehrzweckbereichs nördlich des Bahnhofsgebäudes bilden sie keine selbständige Erschließungsanlage in Form eines privaten Zugangs zum Hauptbahnhof. Nach der auf das Ausbaubeitragsrecht übertragbaren erschließungsbeitragsrechtlichen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (8 C 65/82, KStZ 1984, 149;IV C 151.68, Buchholz 406.11 § 123 BBauG Nr. 4, juris) kann eine private Straße, die eine Verbindung zwischen der öffentlichen Straße und zahlreichen Grundstücken darstellt und an Breite der öffentlichen Straße nicht nachsteht, als Erschließungsanlage für die an sie angrenzenden Grundstücke angesehen werden, wenn sie eine zum Anbau bestimmte, zur verkehrsmäßigen Erschließung geeignete und überdies selbständige Anlage ist. Bei der Abgrenzung zwischen erschließungsrechtlich selbständigen und unselbständigen Anlagen geht es um eine Differenzierung zwischen (schon) selbständigen Anbaustraßen und (noch) unselbständigen Zufahrten als "Anhängseln" der selbständigen Anbaustraßen, von denen sie abzweigen (BVerwG, 8 C 33/94, NVwZ-RR 1995, 695). Angesichts dessen ist für die Beantwortung der Frage, ob im Einzelfall eine befahrbare Verkehrsanlage als "nur" mehr oder weniger große unselbständige Zufahrt oder als "schon" selbständige Anbaustraße zu qualifizieren ist, grundsätzlich ausschlaggebend abzustellen auf den Gesamteindruck, den die jeweiligen tatsächlichen Verhältnisse einem unbefangenen Beobachter von der zu beurteilenden Anlage vermitteln (BVerwG, 8 C 106/83, Buchholz 406.11 § 131 BBauG Nr. 59, juris). Für diesen Gesamteindruck kommt es in erster Linie auf die Ausdehnung der zu beurteilenden Anlage an (BVerwG, 8 C 81/81, NVwZ 1983, 669). Ein ca. 280 m langes, befahrbares privates Wegenetz, das der "inneren Erschließung" einer Reihenhausanlage dient und im Miteigentum derjenigen steht, deren Wohngrundstücke an das Wegenetz grenzen, ist regelmäßig eine Erschließungsanlage im Sinne des § 123 Abs. 2 BauGB (BVerwG, 8 C 65/82, KStZ 1984, 149). Das trifft für private Zufahrten und Wege auf einem Anliegergrundstück nicht zu, die nur der internen Erreichbarkeit einzelner Teilflächen des Grundstücks oder bestimmter Standorte dienen, nicht aber der Erschließung weiterer Grundstücke (BVerwG, 8 C 8/97, NVwZ 1999, 997).

30

Nach diesen Maßstäben spricht wenig dafür, die Anliegerparzellen … und … aufgrund ihres Erscheinungsbilds als zum Anbau bestimmte Verkehrsanlage zu betrachten. Aber auch wenn man dies unterstellt, handelt es sich bei diesen Anliegerparzellen nicht um eine selbständige private Erschließungsanlage, sondern um die Fortsetzung der straßenrechtlich gewidmeten Wegeparzelle … (L. Straße im Bereich des „Nordkopfs“) mit dem Fußgängerbereich, den Taxiständen und den übrigen Fahrzeugabstellplätzen. Mangels in der Örtlichkeit erkennbarer Trennung zwischen den Parzellen … und … sowie … kann der Eindruck der Eigenständigkeit der bahneigenen Anliegerparzellen nicht entstehen. Wegen des fließenden Übergangs ähneln die Flurstücke … und … nicht einmal einer privaten Zufahrt, die als abgegrenzte Verkehrsfläche zumindest wahrgenommen werden kann. Die Flurstücke 1/18 und 1/19 sind deshalb noch weniger als eine solche eine selbständige Verkehrsanlage; sie stellen nicht die wegemäßige Erschließung des Bahnhofsgeländes dar, sondern vermitteln diese Erschließung lediglich. Auch was die Ausdehnung angeht, erscheinen sie als unselbständig. Ein Bahnhofsgelände wie das des K. Hauptbahnhofs kann angesichts des mit seinem Betrieb verbundenen erheblichen Ziel- und Quellverkehrs nicht von einer derart kleinen, überwiegend zwischen 10 und 20 Meter breiten Fläche erschlossen werden.

31

Als Teil des Betriebsgeländes des Hauptbahnhofs unterliegen die Parzellen … und … zudem einer bahnrechtlichen Zweckbestimmung. Sie sind nicht straßenrechtlich, sondern für Bahnzwecke gewidmet als das Be- und Entladen sowie den Zugang und Abgang ermöglichende und damit für den Betrieb der Schienenwege notwendige Anlagen (vgl. BVerwG, 11 A 2/96, BVerwGE 102, 269).

32

bb) Die Flurstücke … und …, auf dem das Bahnhofsgebäude errichtet ist, und das dahinter liegende Grundstück werden mittelbar (auch) von der L. Straße erschlossen. Sie unterliegen als Hinterliegergrundstücke der Beitragspflicht.

33

Nach der auf das Ausbaubeitragsrecht übertragbaren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Erschließungsbeitragsrecht (vgl. BVerwG, 8 C 27/96, NVwZ-RR 1998, 67) dürfen die Eigentümer der (übrigen) erschlossenen Grundstücke nach den im Zeitpunkt des Entstehens der sachlichen Beitragspflichten bestehenden tatsächlichen Verhältnissen schutzwürdig erwarten, auch ein Hinterliegergrundstück nehme an der Verteilung des für die abzurechnende beitragsfähige Erschließungsanlage angefallenen umlagefähigen Aufwands teil, wenn "typischerweise mit einer Inanspruchnahme der Anbaustraße (auch) durch das Hinterliegergrundstück gerechnet werden muss“. Ob damit zu rechnen ist, richtet sich im Geltungsbereich eines qualifizierten Bebauungsplans nach dessen Festsetzungen über die straßenmäßige Erschließung (BVerwG, 9 C 5/01, NVwZ-RR 2002, 770). Sind solche nicht getroffen, wird es darauf ankommen, aus dem dem Plan erkennbar zugrunde liegenden Verkehrskonzept oder anderen sich aus der Planbegründung ergebenden Anhaltspunkten Rückschlüsse auf die voraussichtliche Inanspruchnahme der Anbaustraße durch das Hinterliegergrundstück zu ziehen. Wird jedoch ein Hinterliegergrundstück, das im Eigentum derselben Person steht wie das selbständig bebaubare Anliegergrundstück, zusammen mit dem Anliegergrundstück einheitlich genutzt oder besitzt es tatsächlich eine Zufahrt zu der Anbaustraße, gehört es ohne Weiteres zum Kreis der durch diese Anlage erschlossenen Grundstücke (BVerwG, 8 C 111/86, BVerwGE 79, 1 = NVwZ 1988, 630).

34

Angesichts dessen sind die Hinterliegergrundstücke des Bahnhofsgeländes bereits wegen der einheitlichen wirtschaftlichen Nutzung und der vorhandenen Zugänglichkeit in den Kreis der beitragspflichtigen Grundstücke einzubeziehen. Außerdem muss nach der Verkehrskonzeption der Beklagten mit einer Inanspruchnahme der L. Straße (auch) durch die Hinterliegergrundstücke des Bahnhofsgeländes gerechnet werden. Wie dem „Erläuterungsbericht zur Neugestaltung des Bahnhofsvorplatzes“ der Beklagten entnommen werden kann, soll die sogenannte Mehrzweckfläche im Bereich des „Nordkopfs“ dazu dienen, dass Fahrgäste mit Taxen, privaten Kraftwagen oder Fahrrädern den Hauptbahnhof über die L. Straße bequem erreichen können.

35

Damit wird gleichzeitig deutlich, dass nicht der gesamte Verkehr zum und vom Hauptbahnhof von der L. Straße bewältigt werden soll. Insbesondere der Busverkehr und ein Großteil des Pkw-Verkehrs, der in die Tiefgarage unter dem Bahnhofsplatz geleitet wird, fließen im Wesentlichen über andere Verkehrsanlagen. Eine solche Aufteilung des angesichts der zulässigen Grundstücksnutzung zu erwartenden Gesamtverkehrs auf unterschiedliche Verkehrsanlagen kann – wie hier geschehen - auf der Grundlage eines gemeindlichen Verkehrskonzepts erfolgen (vgl. auch OVG R-P, 6 A 10158/06.OVG, ESOVGRP).

36

Die Beitragspflicht scheitert nicht an dem Umstand, dass es sich (teilweise) um ein mit einem Erbbaurecht belastetes Hinterliegergrundstück handelt. Denn das davon betroffene Flurstück …, auf dem sich das Hauptbahnhofsgebäude befindet, ist über die unmittelbaren Anliegergrundstücke von der L. Straße aus zugänglich, mit dem übrigen Bahnhofsgelände einheitlich genutzt und für die Abwicklung des Eisenbahnbetriebs schlechthin unentbehrlich, so dass die unterschiedlichen dinglichen Berechtigungen für die Beurteilung des Ausbauvorteils dieser Hinterliegergrundstücke nicht von entscheidender Bedeutung sind.

37

Auch hinsichtlich des Umfangs des „Erschlossenseins“ eines Bahnhofsgeländes hält der Senat die erschließungsbeitragsrechtliche Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (8 C 85/86, BVerwGE 78, 321) für entsprechend anwendbar. Danach werden grundsätzlich die zwischen der Straße und dem Schienenweg liegenden Flächen eines als Bahnhofsgelände genutzten Bahnbetriebsgrundstücks erschlossen, wobei bei einem Bahnhof zwar die Bahnsteige und die Flächen, auf denen der Zugang von der Straße über das Bahnhofsgelände zum Bahnsteig erfolgt, nicht aber das Schienengelände als solches zu der durch eine Anbaustraße erschlossenen Fläche gehören. Der Senat legt seiner Entscheidung deshalb die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung nachgebesserte Berechnung zugrunde, die neben den Grundstücken …, …, … und … auch die Bahnsteigflächen auf der Parzelle … in vollem Umfang berücksichtigt. Soweit letztere in den sich südlich an die überdachten Bahnsteigflächen anschließenden Bereichen in erster Linie Bahnbetriebszwecken dienen und von den Bahnkunden selten benutzt werden, wären sie nach den erwähnten Maßstäben eigentlich aus der Berechnung zu nehmen. Dies unterbleibt jedoch, weil dadurch ein rechnerischer Ausgleich geschaffen wird für die Bahnsteigflächen auf dem Flurstück …, die den Bahnkunden zur Verfügung stehen, aber in die von der Beklagten vorgelegte Berechnung nicht eingeflossen sind. Da diese bisher nicht berücksichtigten Bahnsteigflächen auf dem Flurstück … nach den vorliegenden Plänen ersichtlich kleiner sind als die sich südlich an die überdachten Bahnsteigflächen anschließenden Bereiche, die in erster Linie Bahnbetriebszwecken dienen, kann der Kläger durch diese Berechnung nicht in seinen Rechten verletzt werden. Im Übrigen kann das Flurstück …, das ganz überwiegend von der Gleisanlage in Anspruch genommen wird, nicht der Beitragspflicht unterliegen. Dies gilt unabhängig von der Frage seiner Zugänglichkeit über die (für den Verkehr gesperrte) Treppe, die von der L. Straße zum Bahnsteig 1 führt. Darauf kommt es angesichts der vorstehenden Ausführungen zur Zugänglichkeit des Bahnhofsgeländes nicht entscheidend an.

38

c) Wegen der Notwendigkeit, das Bahnhofsgelände in die Verteilung des Ausbauaufwands einzubeziehen, muss der diesbezügliche Ziel- und Quellverkehr als Anliegerverkehr angesehen werden. Deshalb ist auch die Festlegung des Gemeindeanteils auf 60% zu beanstanden. Diese fehlerhaft zu hohe Festsetzung, die die Beitragspflichtigen begünstigt, führt nicht zu einer Aufhebung des angefochtenen Bescheids in vollem Umfang (aa), sondern nur insoweit, als ein höherer Beitrag als 1.153,36 € festgesetzt wurde (bb).

39

aa) Der angefochtene Bescheid wäre allerdings insgesamt aufzuheben, wenn die fehlerhafte Festsetzung des Gemeindeanteils das Entstehen der Beitragspflicht verhindert hätte oder dazu führen würde, dass es am Satzungserfordernis des § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG fehlt. Weder das eine noch das andere trifft zu.

40

Die Bestimmung des § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG, wonach kommunale Abgaben grundsätzlich nur aufgrund einer Satzung erhoben werden dürfen, wird durch die fehlerhafte Festsetzung des Gemeindeanteils nicht verletzt, die – wie hier - nicht in Form einer gemeindlichen Satzung, sondern durch (schlichten) Beschluss des Stadtrats der Beklagten erfolgte. Eine Verletzung des § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG läge darin allenfalls dann, wenn der Gemeindeanteil zu den Gegenständen gehören würde, die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG zwingend in einer Abgabensatzung zu regeln sind (vgl. OVG R-P, 6 A 68/85, AS 20, 411 <414>), was indessen nicht der Fall ist. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 KAG muss die Satzung die Abgabenschuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab sowie den Zeitpunkt der Fälligkeit der Abgabenschuld bestimmen, also nicht den Gemeindeanteil. Ein auf der Grundlage eines (schlichten) Ratsbeschlusses über einen zu hohen Gemeindeanteil erlassener, die Beitragspflichtigen zu niedrig belastender Beitragsbescheid kann deshalb insoweit nicht in deren Rechte eingreifen (vgl. OVG R-P, 6 A 12238/97.OVG, ESOVGRP).

41

Durch die fehlerhafte Festsetzung des Gemeindeanteils ist (auch) das Entstehen der Beitragspflicht nicht verhindert worden.

42

Der Anspruch auf den einmaligen Beitrag entsteht nach § 10 Abs. 7 Satz 1 KAG, wenn die Bauarbeiten an der einzelnen Verkehrsanlage abgeschlossen sind und, sofern der einmalige Beitrag - wie hier - nach den tatsächlich entstandenen Investitionsaufwendungen ermittelt wird, der entstandene Aufwand feststellbar ist. Schon der Wortlaut dieser Bestimmung lässt deutlich werden, dass die Beitragspflicht unabhängig von der Festlegung des Gemeindeanteils entsteht. Der entstandene Aufwand als die Summe der Ausbauaufwendungen kann festgestellt werden, ohne dass Klarheit über die Verteilung dieses Aufwands herrscht.

43

Zwar lässt sich im Zeitpunkt des Abschlusses der Bauarbeiten und der Feststellbarkeit des entstandenen Aufwands der auf das einzelne Grundstück entfallende Beitrag häufig noch nicht exakt beziffern; gleichwohl ist der Beitragsanspruch nach § 10 Abs. 7 Satz 1 KAG vom rechtsdogmatischen Ansatzpunkt her in einer bestimmten Höhe entstanden (vgl. OVG R-P, 6 A 68/85, AS 20, 411 <413>). Das Entstehen der Beitragspflicht ist nicht gleichbedeutend mit der Berechenbarkeit und Festsetzbarkeit des Beitrags, was zusätzlich eine wirksame Beitragssatzung sowie die Festlegung des Gemeindeanteils erfordert.

44

Aus dieser Notwendigkeit kann aber nicht geschlossen werden, dass der Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht hinausgeschoben ist, bis sämtliche Voraussetzungen der Festsetzbarkeit des Beitrags erfüllt sind. Nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. 6 A 56/75.OVG, AS 14, 321, ESOVGRP; 6 A 12181/90.OVG, ESOVGRP) und anderer Oberverwaltungsgerichte (vgl. OVG N-W, 15 A 3907/92, KStZ 1997, 117, juris; OVG S-H, 2 L 116/97, juris; OVG M-V, 6 M 93/97, DVBl 1998, 56, juris; a.A. OVG SL, 1 R 4/00, AS 29, 303) muss im Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 KAG erforderliche Satzung nicht vorhanden sein; es reicht, wenn eine später erlassene Ausbaubeitragssatzung sich Rückwirkung auf den Zeitpunkt des Entstehens der Beitragspflicht beimisst.

45

Soweit Driehaus (Erschließungs- und Ausbaubeiträge, 8. Aufl. 2007, § 34 Rn. 5, § 37 Rn. 10 unter Hinweis auf VG Dessau, 2 A 756/99.DE, NVwZ-RR 2001, 326 mit kritischer Anmerkung von Sendler , NVwZ 2001, 1006) die Auffassung vertritt, das Entstehen der Ausbaubeitragspflicht hänge vom Vorhandensein einer gültigen Satzung ab, in der auch die Höhe des Gemeindeanteils geregelt sein müsse, folgt dem der Senat nicht. Betrachtete man – wie im Erschließungsbeitragsrecht – eine Satzung als Voraussetzung des Entstehens der Beitragspflicht, würde die Festsetzungsfrist, die nach § 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG i.V.m. § 170 Abs. 1 AbgabenordnungAO - mit Ablauf des Kalenderjahres beginnt, in dem der Beitrag entstanden ist, bis zum In-Kraft-Treten dieser Satzung hinausgeschoben. Für eine solche Folge ist weder § 10 Abs. 7 Satz 1 KAG noch § 3 Abs. 1 Nr. 4 KAG i.V.m. § 170 Abs. 1 AO etwas zu entnehmen. Darüber hinaus könnte die Festsetzungsfrist durch Hinauszögern der Festlegung des Gemeindeanteils unterlaufen werden. Im Übrigen müssten unter diesen Umständen auch Bescheide aufgehoben werden, die auf einem eindeutig zu hohen und damit für die Beitragspflichtigen zu günstigen Gemeindeanteil beruhen.

46

bb) Die Berichtigung des Gemeindeanteils wegen der Notwendigkeit, den Ziel- und Quellverkehr zum und vom Bahnhofsgelände als Anliegerverkehr zu betrachten, kann der Senat nicht selbst vornehmen. Er hat den Beurteilungsspielraum der Beklagten zu respektieren und darf ihn nicht durch eine eigene Bewertung ersetzen (vgl. OVG R-P, 6 A 68/85, AS 20, 411 (414); 6 A 11315/06.OVG, ESOVGRP; NdsOVG, 9 A 56/86, KStZ 1988, 55; BayVGH, 6 B 82 A.2893, BayVBl 1985, 117). Der festgesetzte Stadtanteil von 60% wirkt sich allerdings günstig für den Kläger aus. Denn die Beklagte übernimmt damit einen größeren Anteil am Ausbauaufwand, als es der Durchgangsverkehr gebietet.

47

Da der Aufwand um weitere 30%, insgesamt also um die Hälfte der Honoraransätze der HOAI für die Bewertung der Bauleitungsaufwendungen durch die Stadtämter 65 (für die Beleuchtung) und 67 (für die Baumpflanzungen) zu kürzen ist, vermindert sich der Gesamtaufwand auf 70.977,83 €. Davon entfallen 40% auf die Beitragspflichtigen, also 28.391,13 €. Die gewichtete Gesamtfläche beträgt aufgrund der Einbeziehung des Bahnhofsgeländes 34.473,65 m², so dass sich ein Beitragssatz von 0,8235603 €/m² ergibt, der multipliziert mit der gewichteten Fläche der Grundstücke des Klägers (1.400,46 m²) zu einem Ausbaubeitrag in Höhe von 1.153,36 € führt.

48

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

49

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10 ZPO.

50

Gründe im Sinne des § 132 Abs. 2 VwGO, die Revision zuzulassen, bestehen nicht.

51

Beschluss

52

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Verfahren im zweiten Rechtszug auf 3.354,96 € festgesetzt (§§ 47, 52 Abs. 3 GKG).

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und die betroffene Person dies unverzüglich verlangt.

(3) Ein schriftlich oder elektronisch erlassener Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen. Ferner muss er die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten; dies gilt nicht für einen Verwaltungsakt, der formularmäßig oder mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird. Ist für einen Verwaltungsakt durch Gesetz eine Schriftform angeordnet, so muss bei einem elektronischen Verwaltungsakt auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Falle des § 87a Absatz 4 Satz 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(1) Ein schriftlicher, elektronischer sowie ein schriftlich oder elektronisch bestätigter Verwaltungsakt ist mit einer Begründung zu versehen, soweit dies zu seinem Verständnis erforderlich ist.

(2) Einer Begründung bedarf es nicht,

1.
soweit die Finanzbehörde einem Antrag entspricht oder einer Erklärung folgt und der Verwaltungsakt nicht in Rechte eines anderen eingreift,
2.
soweit demjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, die Auffassung der Finanzbehörde über die Sach- und Rechtslage bereits bekannt oder auch ohne Begründung für ihn ohne weiteres erkennbar ist,
3.
wenn die Finanzbehörde gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlässt und die Begründung nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist,
4.
wenn sich dies aus einer Rechtsvorschrift ergibt,
5.
wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird.

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Tenor

Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das aufgrund der Beratung vom 18. März 2010 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts Trier zuzulassen, wird abgelehnt.

Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zulassungsverfahren auf 106,44 € festgesetzt.

Gründe

1

Der Antrag bleibt ohne Erfolg, weil keiner der geltend gemachten Zulassungsgründe vorliegt.

2

1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -) bestehen nicht. Die Antragsbegründung stellt das Urteil nicht mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage (vgl. hierzu BVerfG, 1 BvR 830/00, NVwZ 2000, 1164).

3

a) Die Erhebung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge auf der Grundlage des § 10 Abs. 3 des Kommunalabgabengesetzes vom 20. Juni 1995 (GVBl. S. 175 - KAG a.F. -) hält nach der Rechtsprechung des Senats (vgl. OVG RP, 6 C 10580/02.OVG, AS 30, 291; OVG RP, 6 A 10631/03.OVG, ESOVGRP) der verfassungsrechtlichen Überprüfung stand. Insbesondere ist die für die Beitragserhebung unerlässliche Verknüpfung zwischen Abgabenlast und Sondervorteil (vgl. BVerfG, 1 BvL 1/58, BVerfGE 9, 291 [297]; BVerfG, 2 BvR 591/95, NVwZ 2003, 467) gewahrt. Der Gesetzgeber hatte bis zur Einführung des neuen § 10a KAG durch Gesetzesänderung vom 12. Dezember 2006 im Rahmen seiner Entscheidungsbefugnis, ob staatliche oder kommunale Leistungen als kompensationsbedürftige Sondervorteile einzuordnen sind (vgl. Kube, LKRZ 2007, 93), den Gemeinden beim Straßenausbau die Wahl eingeräumt zwischen der Erhebung einmaliger Beiträge für die einzelne Verkehrsanlage bzw. deren Abschnitte (§ 10 Abs. 2 KAG a.F.) und der Erhebung wiederkehrender Beiträge nach § 10 Abs. 3 KAG a.F.. Wiederkehrende Beiträge können gemäß § 10 Abs. 3, Abs. 2 Satz 2 KAG a.F. in sogenannten Abrechnungseinheiten erhoben werden, also in Gebietsteilen, in denen die Verkehrsanlagen in einem räumlichen und funktionalen Zusammenhang stehen. Diese Voraussetzung rechtfertigt die Besonderheit dieser Abgabe, die darin besteht, dass Grundstücke auch für sie nicht erschließende „fremde" Verkehrsanlagen ausbaubeitragspflichtig sein können. Ein Sondervorteil für die Grundstücke in der Abrechnungseinheit entsteht durch das Vorhalten eines räumlich und funktional zusammenhängenden Straßensystems (OVG RP, 10 C 10237/93.OVG, AS 24, 261 [265]; OVG RP, 6 C 10580/02.OVG, AS 30, 291; OVG RP, 6 A 10631/03.OVG, ESOVGRP). Der beitragsrechtlich erforderliche Vorteil ist danach bei einem System von Verkehrsanlagen anzunehmen, das für sich genommen die Zufahrt zu dem übrigen Straßennetz bietet, indem sämtliche Straßen in der Abrechnungseinheit auf eine bzw. mehrere die Verkehrsströme bündelnde(n) Verkehrsanlage(n) mit stärkerer Verkehrsbedeutung angewiesen sind (OVG RP, 6 C 10580/02.OVG, AS 30, 291; OVG RP, 6 A 10631/03, ESOVGRP). Die verfassungsrechtlich notwendige „Nähe zum Aufwand" hat der wiederkehrende Beitrag nach dem bisherigen Recht durch den die Beitragspflicht begrenzenden räumlichen und funktionalen Zusammenhang (vgl. Kube, LKRZ 2007, 93 f.; von Mutius, Verfassungsrechtliche Anforderungen an eine Novellierung des kommunalen Beitragsrechts, 1985, S. 46; Schoch, Verfassungsrechtliche Anforderungen an die Erhebung „wiederkehrender Beiträge" für Verkehrsanlagen, 2005, S. 59, 65).

4

Da die Rechtmäßigkeit der Bildung einer Abrechnungseinheit danach von einem räumlichen und funktionalen Zusammenhang der Verkehrsanlagen, nicht aber von einem vergleichbaren Umfang der Verkehrsflächen oder einer vergleichbaren Kostenbelastung abhängt, greifen auch die diesbezüglichen Bedenken der Klägerin nicht durch.

5

Soweit die Klägerin meint, nur der einmalige Beitrag für die einzelne Verkehrsanlage bzw. einen Abschnitt (§ 10 Abs. 2 KAG a.F.) stelle die Gegenleistung für einen besonderen Nutzen der Grundstückseigentümer dar, verkennt sie, dass der einmalige Beitrag den Vorteil, den der beitragspflichtige Grundstückseigentümer durch den Straßenausbau erfährt, nicht präzise abzubilden vermag. Die Anknüpfung an die Zugänglichkeit zu der ausgebauten Verkehrsanlage beim einmaligen Beitrag lässt unberücksichtigt, dass zur wegemäßigen Erschließung eines bestimmten Grundstücks die Straße, an der es gelegen ist, keineswegs ausreicht, sondern erst über andere Verkehrsanlagen der Anschluss ans übrige Straßennetz vermittelt wird.

6

b) Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils ergeben sich nicht aus dem Vorbringen der Klägerin, der angefochtene Bescheid sei zu unbestimmt und rechnerisch nicht nachvollziehbar. Dass die gesetzlich vorgeschriebenen Angaben in dem Beitragsbescheid enthalten sind, hat das Verwaltungsgericht bereits ausgeführt. Soweit die Klägerin weitere Angaben für erforderlich hält und sich auf die Bestimmung des § 12 Abs. 2 Nr. 5 der Beitragssatzung der Beklagten vom 10. Juli 2007 beruft, misst sich diese Satzung nur Bedeutung für die Erhebung wiederkehrender Straßenausbaubeiträge auf der Grundlage des durch Gesetzesänderung vom 12. Dezember 2006 eingeführten § 10a KAG bei. Im Übrigen sind die von der Klägerin zunächst vermissten Erläuterungen zur Beitragsberechnung im Widerspruchsverfahren gegeben worden, so dass ein Begründungsmangel gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 3 KAG i.V.m. § 126 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Abgabenordnung unbeachtlich ist. Daran ändert der Umstand nichts, dass die erkennbar abschließende Berechnung als „Kalkulation" bezeichnet wird. Die Bedenken der Klägerin an der Ermittlung der für das Jahr 2006 maßgeblichen Gesamtveranlagungsfläche, die abweicht von derjenigen des Jahres 2007, sind nicht hinreichend dargelegt i.S.d. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Sie trägt nicht vor, inwiefern die im Widerspruchsverfahren vorgelegte Zusammenstellung sämtlicher Einzelflächen zu ihrem Nachteil fehlerhaft ist. Deshalb kann auch insoweit auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil verwiesen werden.

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c) Anders als die Klägerin meint, ist auch die Regelung in § 4 Abs. 5 der Beitragssatzung der Beklagten vom 9. Januar 1996, die eine zwanzigjährige "Verschonung" normiert, wenn für eine Anlage bereits einmalige Erschließungs- oder Ausbaubeiträge erhoben wurden, nicht zu beanstanden. Diese Regelung beruht auf § 10 Abs. 8 KAG a.F., der bestimmt, dass die Gemeinden, die wiederkehrende Beiträge erheben, in der Satzung festlegen können, dass Grundstücke, für die in den vergangenen Jahren Ansprüche auf Erschließungsbeiträge nach dem Baugesetzbuch oder einmalige Ausbaubeiträge entstanden sind, für einen bestimmten Zeitraum bei der Ermittlung des wiederkehrenden Beitrags nicht berücksichtigt und nicht beitragspflichtig werden. Damit ist gesetzlich nicht nur die Beitragspflicht, sondern bereits die Berücksichtigung dieser Grundstücke aufgeschoben, so dass sie während des Verschonungszeitraums bei der Verteilung des beitragsfähigen Aufwands unberücksichtigt bleiben. Dies hat eine Reduzierung der Gesamtveranlagungsfläche und damit eine Erhöhung des Beitragssatzes zur Folge. Nach der Rechtsprechung des Senats steht dies mit höherrangigem Recht in Einklang (OVG RP, 6 C 10464/02.OVG, AS 30, 106, ESOVGRP; OVG RP, 6 A 10518/00.OVG, AS 29, 13, ESOVGRP).

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d) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils wirft der Zulassungsantrag auch nicht mit seiner Kritik an den unterschiedlich hohen Gemeindeanteilen in den einzelnen Abrechnungseinheiten auf. Bei der satzungsrechtlichen Festlegung des Gemeindeanteils muss der Gemeinderat sämtliche in der Baulast der Gemeinde stehenden Verkehrsanlagen und -teile innerhalb der jeweiligen Abrechnungseinheit in den Blick nehmen und in diesem Rahmen das Verhältnis von Anlieger- und Durchgangsverkehr insgesamt gewichten (vgl. OVG RP, 6 C 10464/02.OVG, AS 30, 106, ESOVGRP). Der ihm dabei zustehende Beurteilungsspielraum schließt eine geringe Bandbreite mehrerer vertretbarer Vorteilssätze ein, die einen Ausgleich für die insbesondere tatsächliche Unsicherheit bieten soll, welche mit der Bewertung der Anteile des Anlieger- sowie des Durchgangsverkehrs zwangsläufig verbunden ist (vgl. OVG RP, 6 A 11315/06.OVG, AS 34, 99, ESOVGRP). Da der Satzungsgeber - wie in der Widerspruchsakte dokumentiert ist - den Gemeindeanteil auf der Grundlage der Längen und der Verkehrsbedeutung der einzelnen Verkehrsanlagen festgelegt hat (vgl. hierzu OVG RP, 6 A 12701/98.OVG, ESOVGRP), kann weder von einer fehlerhaften Ausübung des Beurteilungsspielraums noch von mangelhafter Nachvollziehbarkeit der Festlegung die Rede sein. Dass dabei der Kraftfahrzeug-Durchgangsverkehr auf der Fahrbahn einer nicht in der Baulast der Beklagten stehenden Bundesstraße unberücksichtigt blieb, kann entgegen der Auffassung der Klägerin nicht beanstandet werden (vgl. OVG RP, 6 A 11146/09.OVG).

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e) Da die Beklagte die Straßenbaulast auch für die Gehwege und die Beleuchtung an den Ortsdurchfahrten klassifizierter Straßen trägt, bestehen keine Richtigkeitszweifel an der Beitragsfähigkeit von Aufwendungen für den Erwerb und den Abriss eines Hauses an einer Bundesstraße, soweit die freiwerdende Fläche für die Anlegung eines Gehwegs verwendet wird.

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2. Wie sich den vorstehenden Ausführungen entnehmen lässt, sind auch die des Weiteren geltend gemachten Zulassungsgründe besonderer rechtlicher oder tatsächlicher Schwierigkeiten im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO sowie der grundsätzlichen Bedeutung im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO nicht gegeben. Abgesehen davon, dass die aufgeworfenen Fragen in der Rechtsprechung bereits beantwortet sind, besteht ein grundsätzliches Klärungsbedürfnis schon deshalb nicht, weil wiederkehrende Straßenausbaubeiträge auf der Grundlage des § 10 Abs. 3 KAG a.F. nach der bereits mehrfach erwähnten Gesetzesänderung vom 12. Dezember 2006 künftig nicht mehr erhoben werden können.

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3. Anders als mit dem Zulassungsantrag vorgetragen, ist dem Verwaltungsgericht ein Verfahrensfehler (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) nicht unterlaufen. Soweit gerügt wird, das Verwaltungsgericht habe sich nicht mit allen Einzelheiten des Vorbringens auseinander gesetzt, liegt eine Verletzung des Anspruchs der Klägerin auf rechtliches Gehör nicht vor. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (1 BvR 986/91, BVerfGE 86, 133) müssen die Gerichte die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis nehmen und in Erwägung ziehen; sie sind aber nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen. Aus der Nichterwähnung eines bestimmten Parteivortrags in einem Urteil lässt sich daher noch nicht auf einen Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs schließen. Ein solcher ist vielmehr nur gegeben, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten übersehen oder bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (BVerfG, 1 BvR 1621/94, BVerfGE 96, 205 [217]). Daran fehlt es hier.

12

Der Antrag war nach alledem mit der sich aus § 154 Abs. 2 VwGO ergebenden Kostenfolge abzulehnen.

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Die Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes beruht auf §§ 52 Abs. 1 und 3, 47 Abs. 1 und 3 GKG.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.