Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße Urteil, 06. Dez. 2017 - 1 K 418/17.NW

ECLI:ECLI:DE:VGNEUST:2017:1206.1K418.17.00
bei uns veröffentlicht am06.12.2017

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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zur Vergnügungssteuer in Gestalt der Spielautomatensteuer für den Zeitraum November 2015.

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Die Klägerin betreibt das "…" (Spielhalle und Gaststätte) im Verbandsgemeindegebiet der Beklagten.

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Die Beklagte erhebt Vergnügungssteuer auf der Grundlage ihrer Satzung über die Erhebung von Vergnügungssteuer vom 2. Februar 2012, in Gestalt der 1. Änderungssatzung vom 19. Dezember 2013 sowie der 2. Änderungssatzung vom 25. Juni 2015 (VgnStS). Steuergegenstand gemäß § 1 Abs. 1 Ziff. 8a VgnStS ist das Halten von Spiel-, Musik-, Geschicklichkeits-, Unterhaltungs- oder ähnlichen Geräten. Bemessungsgrundlage der Besteuerung ist gemäß § 7 Abs. 1 VgnStS bei Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit mit manipulationssicherem Zählwerk das Einspielergebnis. Das Einspielergebnis ist der Betrag, der elektronisch gezählten Bruttokasse. Dieser errechnet sich aus der elektronisch gezählten Kasse (Kasseninhalt) zuzüglich Röhrenentnahme, abzüglich Röhrenauffüllung, Fehlgeld und Prüftestgeld. Der Steuersatz beträgt seit Juli 2015 gemäß § 7 Abs. 5 Nr. 1 VgnStS für das Halten eines Gerätes mit Gewinnmöglichkeit für jeden angefangenen Monat in Spielhallen, Internetcafes oder ähnlichen Unternehmen im Sinne von § 1 Abs. 1 Ziffer 8a VgnStS 20 v.H. des Einspielergebnisses, mindestens jedoch 60 €. Für das Halten solcher Geräte an den übrigen in § 1 Abs. 1 Ziff. 8b VgnStS genannten Orten wird gemäß § 7 Abs. 5 Ziff. 2 VgnStS ein Steuersatz von 20 v.H. des Einspielergebnisses, mindestens jedoch 20 € zugrunde gelegt.

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Im Verbandsgemeindegebiet sind drei Spielhallenbetreiber und neun Geräteaufsteller in Speisegaststätten und anderen Räumlichkeiten tätig.

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Die Beklagte setzte gegen die Klägerin mit Bescheid vom 9. Dezember 2015 Vergnügungssteuer für den Zeitraum November 2015 in Höhe von 3.781,48 € fest. Dabei legte sie 7 in einer Spielhalle aufgestellte Geräte mit Gewinnmöglichkeit und 6 in Gaststätten/Bistros aufgestellte Geräte mit Gewinnmöglichkeit der Besteuerung zugrunde.

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Den hiergegen erhobenen Widerspruch begründete die Klägerin wie folgt: Es liege keine wirksame Ermächtigungsgrundlage für den Vergnügungssteuerbescheid vor, da die Änderungssatzung gegen höherrangiges Recht verstoße. Es verstoße gegen § 10 Abs. 1 Satz 2 des Umsatzsteuergesetzes (UStG), die Umsatzsteuer nicht aus der Bemessungsgrundlage für die Vergnügungssteuer herauszurechnen. Zudem verletze die Besteuerung ihr Grundrecht auf freie Berufswahl. Eine Belastbarkeitsprüfung des Fachverbands für Spielhallen für den vorliegenden Standort habe ergeben, dass das Aufstellen von Spielautomaten in L. bei einem Steuersatz von 20 % nicht mehr möglich sei. Bei der Gegenüberstellung des Einspielergebnisses von durchschnittlich 19.000 € und des durchschnittlichen monatlichen Steuerbetrags von 3.200 € übersehe die Beklagte, dass weitere erhebliche Kosten für Personal, Gerätewartung etc. bei der Prüfung der erdrosselnden Wirkung zu berücksichtigen seien.

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Die Beklagte half dem Widerspruch nicht ab und erwiderte: Die Umsatzsteuer sei nicht zwingend aus der Bemessungsgrundlage herauszurechnen. Vielmehr könne die Klägerin die Kosten der Umsatzsteuer auf die Spieler abwälzen; ein vollständiges Abwälzen der Umsatzsteuer auf die Spieler sei nicht erforderlich. Auf die Branche bezogen sei die Vergnügungssteuer im Erhebungsgebiet nicht erdrosselnd. Das negative Betriebsergebnis der Klägerin sei auf eine unwirtschaftliche Betriebsführung zurückzuführen. Zudem könne ein Überangebot an Spielautomaten im Verbandsgemeindegebiet bestehen, da sich in der Nähe noch zwei weitere große Spielhallen befänden.

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Der Kreisrechtsausschuss Kaiserslautern wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 6. März 2017 zurück und führte zur Begründung aus: Hinsichtlich der Vergnügungssteuersatzung stehe ihm keine Normverwerfungskompetenz zu. Die Satzung sei ordnungsgemäß angewendet worden.

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Nach Zustellung des Widerspruchbescheids (8. März 2017) hat die Klägerin am 10. April 2017 - einem Montag - Klage erhoben.

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Sie trägt vertiefend vor: Der unterlassene Abzug der Umsatzsteuer aus der Bemessungsgrundlage widerspreche dem Wesen der Umsatzsteuer und belaste sie als Unternehmerin in unzulässiger Weise. Die Beklagte erhebe durch diese Verfahrensweise die Vergnügungssteuer auf die Umsatzsteuer, wodurch die Vergnügungssteuer auf 23,79 % (berechnet für Dezember 2016) steige. Eine Abwälzung der Steuerlast auf die Spieler sei von vornherein ausgeschlossen. Eine Gewinnerzielung sei nicht mehr möglich, weil sie ihre Kosten nicht weiter reduzieren könne. Ein von dem Fachverband für Spielhallen erstelltes Gutachten, mit dem dort ausgewiesenen negativen Betriebsergebnis, könne nicht auf einen davor liegenden Zeitraum übertragen werden, weil das Gutachten nichts darüber aussage, wie lange die dort angegebenen Kosten schon in dieser Höhe bestanden hätten. Sie bleibe dabei, dass die Steuererhebung auf der Basis eines Steuersatzes von 20 v.H. erdrosselnde Wirkung entfalte. Dies belege auch das Jahresergebnis der Klägerin in den Jahren 2013 - 2015. Das Einspielergebnis gebe nichts her für die Frage, ob ein Unternehmensgewinn erwirtschaftet werden könne. Ohnehin zeige die Zusammenstellung der Einspielergebnisse von Aufstellern in Gaststätten, dass die Einspielergebnisse teilweise sogar 50 % zurückgegangen seien. Insgesamt seien die Ergebnisse dort zwischen 2014 und 2016 um 11 % und die Zahl der Spielautomaten um 18 % zurückgegangen. Es sei zwar nicht auszuschließen, dass die Verringerung der Gerätezahl auch andere Gründe habe, jedoch sei im vorliegenden Fall auch nicht auszuschließen, dass die Anzahl der Spielgeräte Indizcharakter für die Erdrosselungswirkung habe. Auch die Erhebung einer Mindeststeuer sei rechtswidrig, da diese dem als unwirksam angesehenen Stückzahlmaßstab nahe komme. Ein die Mindestbesteuerung rechtfertigender Lenkungszweck sei nicht ersichtlich. Zudem verletze die Besteuerung Art. 3 GG. Denn auf die Spielbankenabgabe werde die Mehrwertsteuer angerechnet. Diese Möglichkeit bestehe für Spielhallenbetreiber nicht, obwohl diese - ähnlich wie Spielbankbetreiber - einem strengen Genehmigungsverfahren unterworfen seien. Auch bei Spielbanken bestehe die Gefahr der Spielsucht. Spielhallenbetreiber müssten ähnlich wie Spielbanken eine Sperrdatei betreiben und Einlasskontrollen durchführen. Allein das Konzessionserfordernis für Spielbanken rechtfertige keine Ungleichbehandlung zwischen beiden Unternehmensformen. Die frühere Rechtsprechung zu diesem Problembereich sei nicht mehr anwendbar. Zudem verstoße die Besteuerung gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, was auch unterhalb der Schwelle der "Erdrosselung" erfolgen könne. Von der Besteuerung gehe kein Lenkungszweck aus, weil die Bekämpfung der Spielsucht nicht erfolge, wenn die Besteuerung nicht auf die Spieler abgewälzt werden könne.

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Die Klägerin beantragt,

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den Vergnügungssteuerbescheid vom 9. Dezember 2015, in der Gestalt des hierzu ergangenen Widerspruchsbescheids vom 6. März 2017, aufzuheben.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Die Beklagte erwidert: Eine Herausrechnung der Umsatzsteuer vor der Berechnung der Vergnügungssteuer sei nach den einschlägigen Vorgaben der Rechtsprechung nicht erforderlich. Anhaltspunkte dafür, dass eine Abwälzung der Umsatzsteuer auf die Spieler nicht möglich wäre, seien nicht ersichtlich. Der Steuersatz von 20 v.H. entfalte keine wirtschaftlich erdrosselnde Wirkung. Aus zwei vorgelegten Zusammenstellungen gehe hervor, dass sich die Anzahl der Spielgeräte im Satzungsgebiet nach der Erhöhung des Steuersatzes von 15 auf 20 v.H. unwesentlich bis überhaupt nicht geändert habe. Ohnehin unterliege der Spielautomatenbestand gewissen Schwankungen. Seit Februar 2015 sei der Bestand an Spielgeräten in den Spielhallen im Grunde unverändert. Die durchschnittlichen Einspielergebnisse der Klägerin bei diesen Spielgeräten seien von 2014 bis 2016 um ca. 7,92 % gesunken, wogegen sich die Ergebnisse der zwei Konkurrenten vor Ort um 27,52 %, bzw. 5,6 % erhöht hätten. Zur Schließung von Spielhallen oder zur wesentlichen Reduzierung der Anzahl der Spielautomaten sei es im maßgeblichen Zeitraum nicht gekommen. Die positive Entwicklung bei den Konkurrenten und der stabile Bestand an Spielautomaten belegten, dass von der Besteuerung keine erdrosselnde Wirkung ausgehe. Aus einer weiteren Übersicht über Einspielergebnisse und über den Bestand an Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit in anderen Aufstellungsorten folge, dass die Einspielergebnisse von 2014 auf 2015 sich um 5,69% und von 2015 auf 2016 um weitere 5,55% verringert hätten. Auch der Gerätebestand unterliege keiner steuerlich begründeten Schwankung. Durchschnittlich im Jahr 2014 aufgestellten 39 Geräten stünden im Jahr 2015 durchschnittlich 37 Geräte gegenüber. Zwischenzeitliche Schwankungen seien auf die Schließung zweier Aufstellorte und auf geänderte gewerberechtliche Vorgaben zur zulässigen Höchstzahl von Geräten zurückzuführen. Die Verringerung des Einspielergebnisses bei nicht in der Spielhalle aufgestellten Geräten könne zudem auch auf Veränderungen des Publikumstyps in Gaststätten oder gastronomiespezifischen Tendenzen, weg von klassischen Thekenkneipen hin zu bistroähnlichen Kneipen, beruhen. Das Ausbleiben jeglicher nennenswerter Veränderung im Gerätebestand bei allen Automatenaufstellern in ihrem Gemeindegebiet lasse den Rückschluss zu, dass die Erhöhung des Steuersatzes auf 20 % nicht erdrosselnd gewirkt habe. Der Fachverband für Spielhallen habe zwar für die Klägerin bei einem Steuersatz von 20% ein negatives Ergebnis von 2.748,19 € errechnet. Hierzu sei aber anzumerken, dass selbst bei einem Steuersatz von 15% ein negatives Betriebsergebnis von 1.698,16 € anfiele. Hochgerechnet auf die letzten 42 Monate ergebe sich hieraus ein negatives Betriebsergebnis von 126.600 €. Inzwischen erwirtschafte die Klägerin seit fast fünf Jahren ein negatives Betriebsergebnis. Dies lasse darauf schließen, dass das negative Betriebsergebnis auf eine unwirtschaftliche Betriebsführung zurückzuführen sei. Dies bestätige auch die Zusammenstellung der Jahresergebnisse. Daraus sei erkennbar, dass der klägerische Betrieb (ohne die Teilbetriebsveräußerung im Jahr 2013) einen Jahresfehlbetrag verzeichne, also auch schon bevor der Steuersatz auf 20 % erhöht worden sei. Zudem seien die dortigen Angaben zur gezahlten Vergnügungssteuer zu hoch. Dass die Klägerin selbst unzutreffende Angaben zur Höhe der gezahlten Vergnügungssteuer vorgelegt habe, bestätige die Einschätzung der Beklagten, dass man von einer unwirtschaftlichen Betriebsführung ausgehen könne. Art. 12 GG biete keinen Bestandsschutz für die Fortführung einer unwirtschaftlichen Betriebsführung. Der Mindestbesteuerung liege die Erwägung zugrunde, dass damit eine Eindämmung der Spielsucht möglich sei. Dies sei schon aus der Satzung selbst erkennbar, die Spielgeräte mit geringem Einspielergebnis überproportional belaste, so dass ein Anreiz gesetzt werde, solche Geräte außer Betrieb zu nehmen. Nach der aktuellen Rechtsprechung auch des BVerfG lägen bei der Besteuerung von Spielhallen einerseits und Spielbanken andererseits unterschiedliche Sachverhalte vor, die eine unterschiedliche Besteuerung rechtfertigten. Ein Verstoß gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz sei nicht erkennbar.

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Die Beklagte erhebt ab 1. März 2017 Vergnügungssteuern auf der Basis einer neuen Vergnügungssteuersatzung.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichts- und Vorverfahrensakte verwiesen. Dieser war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

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Der vorliegenden Klage bleibt der Erfolg versagt. Die angefochtene Festsetzung von Vergnügungssteuer ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).

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A) Die Festsetzung der Vergnügungssteuer für den hier maßgeblichen Zeitraum findet ihre rechtliche Grundlage in Art. 105 Abs. 2a Grundgesetz (GG), 5 Abs. 4 KAG i.V.m. der VgnStS der Beklagten.

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B) Die Erhebung der Vergnügungssteuer als Aufwandssteuer ist rechtlich grundsätzlich unbedenklich (BVerfG, Beschluss vom 3. September 2009 - 1 BvR 2384/08). Die Beklagte besitzt danach die Kompetenz, zum Erlass der streitbefangenen Vergnügungssteuersatzung (VGH BW, Urteil vom 20. Juli 2017 - 2 S 1671/16).

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C) Die Erhebung von Vergnügungssteuer neben der Umsatzsteuer verstößt nicht gegen das unionsrechtliche Gleichartigkeitsgebot (EuGH, Urteil vom 24. Oktober 2013 - C-440/12; BVerwG, Urteil vom 19. August 2013 - 9 BN 1.13). Denn die Vergnügungssteuer ist keine umsatzbezogene Steuer (BVerwG, Beschluss vom 26. Januar 2010 - 9 B 40.09).

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D) Gegen die Wirksamkeit der satzungsrechtlichen Grundlage bestehen in dem im vorliegenden Verfahren gebotenen Prüfungsumfang keine Bedenken.

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1. Insbesondere entfaltet die seit Juli 2015 festgelegte Höhe des Steuersatzes von 20 v.H. des Einspielergebnisses keine erdrosselnde Wirkung und damit keine verfassungsrechtlich bedenkliche Verletzung des Grundrechts der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG, Art. 52 Landesverfassung - LV -).

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a) Einleitend sei hier auf die Darlegungen des OVG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 24. März 2014 - 6 C 11322/13.OVG, m.w.N.) verwiesen: Danach ist eine erdrosselnde Wirkung der Höhe einer Steuer anzunehmen, wenn sie dem einer Steuer zukommenden Zweck, Einnahmen zu erzielen, geradezu zuwiderliefe, indem sie ersichtlich darauf abzielte, die Erfüllung des Steuertatbestandes praktisch unmöglich zu machen, wenn also die steuerliche Lenkung nach Gewicht und Auswirkung einer verbindlichen Verhaltensregel nahekommt und die Finanzierungsfunktion der Steuer durch eine Verwaltungsfunktion mit Verbotscharakter verdrängt wird. Speziell im Hinblick auf den Beruf des Aufstellers von Spielautomaten liegt eine erdrosselnde Wirkung und damit zugleich eine Verletzung von Art. 12 Abs. 1 GG vor, wenn die Höhe eines Steuersatzes es dem durchschnittlichen Spielautomatenaufsteller im Erhebungsgebiet unmöglich macht, den gewählten Beruf des Aufstellers von Spielautomaten ganz oder teilweise zur wirtschaftlichen Grundlage seiner Lebensführung zu machen. Den Maßstab bildet ein durchschnittlicher Betreiber im Gemeindegebiet, da Art. 12 GG keinen Bestandsschutz für die Fortsetzung einer unwirtschaftlichen Betriebsführung gewährleistet. Dabei kommt es auf die Auswirkungen auf die Branche insgesamt an, nicht auf die Auswirkungen auf einzelne Unternehmen. Die negativen Betriebsergebnisse nur eines Unternehmens zwingen nicht zu der Annahme, die Erhöhung der Vergnügungssteuer sei allgemein geeignet, dem Betrieb von Spielautomaten im Satzungsgebiet die wirtschaftliche Grundlage zu entziehen. Entscheidend ist, ob der durchschnittlich von den Aufstellern von Spielgeräten erzielte Bruttoumsatz die durchschnittlichen Kosten, unter Berücksichtigung aller anfallenden Steuern einschließlich eines angemessenen Betrags für Eigenkapitalverzinsung und Unternehmerlohn, abdecken kann. Für die Berechnung sind die Ergebnisse einer kostensparenden marktgerechten Betriebsführung zugrunde zu legen. Die Kosten sind deshalb daraufhin zu untersuchen, ob sie in der Regel erforderlich sind. Das schließt es aus, Geldspielgeräte in die Berechnung einzubeziehen, die von vornherein, auch unabhängig von der Vergnügungssteuer, unwirtschaftlich sind und daher geeignet sein könnten, den durchschnittlichen Ertrag zu mindern. Die negativen Betriebsergebnisse nur eines Unternehmens zwingen insoweit nicht zu der Annahme, die Erhöhung der Vergnügungssteuer sei allgemein geeignet, dem Betrieb von Spielautomaten im Gebiet der Beklagten die wirtschaftliche Grundlage zu entziehen. Dabei kann die erdrosselnde Wirkung eines Steuersatzes nicht nur auf der Grundlage betriebswirtschaftlicher und steuerlicher Daten von Unternehmen im Geltungsbereich der Vergnügungssteuersatzung beurteilt werden. Vielmehr kann auch der Entwicklung der Anzahl der entsprechenden Betriebe im Gemeindegebiet und der aufgestellten Spielgeräte seit Erlass der Vergnügungssteuersatzung indizielle Bedeutung. Es kommt auf den Einzelfall an, ob ein solches Indiz auch ohne Hinzutreten weiterer Erkenntnisse über die Ertragslage einzelner Betriebe hinreichend sichere Rückschlüsse auf eine fehlende erdrosselnde Wirkung zulassen kann. Denn die Frage, wie breit die Datenbasis sein muss, um repräsentative Aussagen treffen zu können, lässt sich nicht allgemein beantworten, sondern hängt von den konkreten Gegebenheiten im Satzungsgebiet der Beklagten ab. Der Beschluss des BVerfG vom 13. April 2017 (Az.: 2 BvL 6/13) ändert an den hier beachtlichen rechtlichen Vorgaben nichts. Zum einen betrifft diese Entscheidung primär den Bereich der steuerlichen Ertragsverteilung. Dort dürfen keine an Art 105 f. GG vorbeigehenden Kompetenzverschiebungen erfolgen. Diese stehen hier im Bereich der Umsatz- und Vergnügungssteuer nicht im Raum. Ein steuerrechtliches Abstandsgebot, wie es das BVerfG (Beschluss vom 13. April 2017, a.a.O.) fordert, kommt in der vorliegenden Fallkonstellation zweier unterschiedlicher Steuertypen schon deshalb nur in Ausnahmefällen zur Anwendung, weil der Anknüpfungspunkt sich bei der Besteuerung durch Vergnügungssteuer zum einen und bei der Umsatzsteuer zum anderen unterscheidet. Der bei der Vergnügungssteuer besteuerte Aufwand ist letztlich das Vergnügen des Spielers (und damit die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit), während die Umsatzsteuer an vom individuellen Aufwand losgelöste Lieferungen und Leistungen generell anknüpft (§ 10 Abs. 1 Umsatzsteuergesetz - UStG -). Damit ist die Vergnügungssteuer keine umsatzbezogene Steuer (BVerwG, Beschluss vom 26. Januar 2010 - 9 B 40.09). Deshalb verstößt die Vergnügungssteuererhebung auch nicht gegen die verfassungsrechtlich verankerte Typusbildung und das Gleichartigkeitsverbot im Bereich der steuerrechtlichen Kompetenzregelungen der Art. 105 f. GG. Die dort formulierten Vorbehalte gegen die "Erfindung" einer weiteren Bundessteuer - dort nur formal ausgestaltet als Verbrauchsteuer - greifen im vorliegenden Fall ersichtlich nicht. Zum anderen hat das BVerfG noch am 7. März 2017 (Az.: 1 BvR 1314/12) eine kompetenzielle Zuordnung des "Rechts der Spielhallen" zum Bund und des Rechts der Geldspielgeräte zu den Ländern für unbedenklich erklärt. Es hat bei seinen weiteren Ausführungen zu Abstandsgeboten und Verbundverboten keine Bedenken mit Blick auf die Besteuerung von Geldspielgeräten in Spielhallen angemeldet. Vielmehr hat das BVerfG (unabhängig von der Glücksspielform) staatliche Maßnahmen zur Bekämpfung der Spielsucht ausdrücklich eingefordert. Schließlich hat es ausgeführt, dass die Länder insofern die Einschätzung der Suchtforschung und -beratungspraxis zugrunde legen durften, dass die Einschränkung des Angebots und die Reduzierung des Gesamtumsatzes bei Spielhallen aus suchtpräventiver Sicht ein vorzugswürdiges Mittel darstellen. Damit hat das BVerfG also auch im Falle einer Umsatzreduzierung in Spielhallen, wie sie durch spielhallenspezifische Regelungen, aber auch durch steuerliche Lenkungseffekte eintreten kann, keine verfassungsrechtlichen Bedenken angemeldet - auch nicht vor dem Hintergrund des klägerseits thematisierten steuerrechtlichen Abstandsgebots.

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b) Nach diesen Maßstäben entfaltet die Vergnügungssteuer der Beklagten keine erdrosselnde Wirkung. Der Vergnügungssteuersatz der Beklagten macht es dem durchschnittlichen Spielautomatenaufsteller im Erhebungsgebiet nicht unmöglich, den gewählten Beruf des Aufstellers von Spielautomaten ganz oder teilweise zur wirtschaftlichen Grundlage seiner Lebensführung zu machen. Insoweit konnte die Kammer – die Angaben der Klägerin zu ihren Jahresergebnissen als wahr unterstellend – von einer weiteren Beweiserhebung über die Rentabilität ihrer Spielhalle absehen. Denn nach den vorstehenden Maßstäben kommt es nicht auf die Frage der Rentabilität der Spielhallen und des Betriebes der Klägerin an, sondern auf die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Branche insgesamt im Erhebungsgebiet. Auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Wirtschaftlichkeit eines durchschnittlichen Betriebes einer Spielhalle im Gebiet der Beklagte war insoweit nicht angezeigt, denn der Kammer ist es möglich, anhand von vorliegenden Indizien ohne Sachverständigenbeweis hinreichend sichere Rückschlüsse auf die fehlende erdrosselnde Wirkung des Vergnügungssteuersatzes zu ziehen. Gerade angesichts der geringen Zahl von Betreibern – im Erhebungsgebiet sind es lediglich drei Spielgeräteaufsteller in Spielhallen und neun Spielgeräteaufsteller an Gaststätten und ähnlichen Orten – erscheint die Ermittlung eines "durchschnittlichen“ Spielhallenbetriebes von vornherein fragwürdig und gewinnt die nähere Betrachtung der Entwicklung des Marktgeschehens vordringliche Bedeutung.

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c) In Bezug auf die maßgebliche Entwicklung des Spielgerätemarktes im Gebiet der Beklagten ist von entscheidendem Gewicht, dass die Zahl der Spielgeräte und Spielhallen sich auch nach Inkrafttreten der zweiten Änderungssatzung ab Juli 2015 im Erhebungsgebiet nicht signifikant verringert hat. Dabei ist einleitend darauf zu verweisen, dass die Zahl der Geräte auch im Zeitraum vor der Anhebung des Steuersatzes schwankte. Doch bei einer über einen erweiterten Zeitraum sich erstreckenden Betrachtung stellen sich der Spielgerätebestand und auch die Einspielergebnisse als im Wesentlichen stabil dar.

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aa) So ist seit Februar 2015 der für die Frage der steuerlichen "Erdrosselung" indiziell wichtige Bestand an Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen (vgl. OVG RP, Urteil vom 24. März 2013, a.a.O.; VGH BW, Urteil vom 20. Juli 2017, a.a.O.) fast unverändert geblieben. Seit April 2014 beläuft sich der Gerätebestand insoweit auf 47 Spielautomaten. Der Bestand reduzierte sich bis Juni 2015 - dem letzten Monat mit einem Steuersatz von 15 v.H. - auf 42 Geräte und bis Dezember 2016 auf 41 Geräte. Ein signifikanter Rückgang des Gerätebestandes bei der "Spielhalle 1" im März 2014 ist nach den unbestrittenen Darlegungen der Beklagten auf einen Brand zurückzuführen und muss daher bei der Prüfung der Indizwirkung des Gerätebestandes für die Frage der steuerrechtlichen "Erdrosselung" außen vor bleiben. Die Bestandsentwicklung gibt somit für die von der Klägerin behauptete Verletzung ihres Grundrechts aus Art. 12 GG, 52 LV nichts her.

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bb) Auch die Einspielergebnisse sprechen gegen eine erdrosselnde Wirkung der Besteuerung. Zwar sind die Einspielergebnisse der Klägerin von 2014 bis 2016 im Bereich der in Spielhallen aufgestellten Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit um ca. 7,92 % gesunken. Dagegen haben sich die Ergebnisse der zwei Konkurrenten vor Ort um 27,52 %, bzw. 5,6 % erhöht. Da bei der Prüfung der erdrosselnden Wirkung das gesamte Veranlagungsgebiet in den Blick zu nehmen ist (OVG RP, Urteil vom 24. März 2014, a.a.O., m.w.N.), kann aufgrund der insgesamt gestiegenen Einspielergebnisse - trotz der zwischenzeitlich erfolgten Erhöhung des Steuersatzes - allein aus den moderat gesunkenen Rückgängen des Einspielergebnisses der Klägerin kein Rückschluss auf eine die Berufsfreiheit verletzende Besteuerung geschlossen werden.

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cc) Auch der Bestand an Spielautomaten mit Gewinnmöglichkeit, die in Gaststätten oder anderen Orten aufgestellt waren, spricht gegen eine steuerliche "Erdrosselung". So waren im Jahr 2014 monatlich zwischen 43 und 38 Geräte, von Juni (dem letzten Monat mit niedrigerem Steuersatz) bis Dezember 2015 zwischen 39 und 36 Geräte und im Jahr 2016 zwischen 36 und 35 Geräte aufgestellt. Der moderate Rückgang des Bestands setzte bereits in einem Zeitraum vor der Erhöhung des Steuersatzes ein. Selbst aber, wenn einzelne Geräte aufgrund der Steuererhöhung ab Juli 2016 nicht mehr aufgestellt worden sein sollten, so begründet dies in Anbetracht des verbleibenden Bestands, gemessen an den Ausgangszahlen im Jahr 2014, kein Indiz für eine steuerrechtliche "Erdrosselung". Denn nach den in der Rechtsprechung anerkannten Gründen für eine Steuererhöhung im Bereich der Vergnügungssteuer, darf mit der Anhebung der Steuersätze durchaus ein Lenkungszweck dahingehend verbunden sein, den Gerätebestand angemessen zu begrenzen, um auf diese Weise der Spielsucht entgegen zu steuern (BVerfG, Beschluss vom 3. September 2009 - 1 BvR 2384/08).

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dd) Gleiches gilt letztlich auch für die Einspielergebnisse bei Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit in anderen Aufstellungsorten. Diese haben sich zwar von 2014 auf 2015 um 5,69% und von 2015 auf 2016 um weitere 5,55% verringert. Sofern die Verringerung des Gerätebestandes tatsächlich auch auf die Erhöhung des Vergnügungssteuersatzes zurückzuführen sein sollte, entspricht dies gerade dem oben dargestellten Lenkungszweck der Steuererhebung. Dies ist in Anbetracht des verbleibenden Bestandes und der erzielten Einspielergebnisse nicht zu beanstanden. Dabei soll nur kurz darauf verwiesen werden, dass das von 2014 bis 2016 um ca. 11,3 % gesunkene jährliche Einspielergebnis aller hier angeführten Spielgeräte mit einem etwas verkleinerten Gerätebestand erzielt wurde, so dass die Einspielergebnisse je Gerät noch weniger stark gefallen sind, als die Gesamtsumme aller Einspielergebnisse.

31

d) Soweit die Belastbarkeitsprüfung des Fachverbands für Spielhallen vom 11. Juni 2015 zu dem Ergebnis gelangt, dass ein durchschnittliches Automatenaufstellunternehmen eine Vergnügungssteuerbelastung von 20 Prozent auf den Bruttoumsatz der von ihm aufgestellten Geldgewinnspielgeräte nicht mehr tragen könne, ohne dass dies zur Folge habe, dass die Erzielung eines positiven Ergebnisses nicht mehr möglich sei, steht es über die vorstehenden Ausführungen hinaus im Gegensatz zu einer Vielzahl gerichtlicher Entscheidungen, in denen ein Steuersatz von 20 % auf das Einspielergebnis – jeweils für das betreffende Erhebungsgebiet – als nicht erdrosselnd angesehen wurde (OVG RP, Urteil vom 24. März 2014, a.a.O., m.w.N.).

32

e) Schließlich kann die erdrosselnde Steuerwirkung auch nicht aus den nicht vollends konsistenten Zahlen der Klägerin über ihre Betriebsergebnisse abgeleitet werden. Auf das so ermittelte negative Betriebsergebnis kommt es hier nicht an, weil die erdrosselnde Wirkung der Vergnügungssteuer nicht auf der Basis der Einnahmen und Ausgaben eines Unternehmens belegt werden können (ebenso: VGH BW, Urteil vom 20. Juli 2017, a.a.O.).

33

aa) Aber auch die Betriebsergebnisse der Klägerin geben hierfür nichts her. So zeigt die Belastbarkeitsprüfung des Fachverbands für Spielhallen vom 11. Juni 2015, dass selbst bei einem Steuersatz von 15 v.H. ein rentierlicher Betrieb der aufgestellten Automaten im Falle der Klägerin nicht möglich ist. Bei den dort angeführten Zahlen, die die Klägerin selbst zum Beleg ihrer wirtschaftlichen Situation vorgelegt hat, handelt es sich zwar ersichtlich nur um ein theoretisches Betriebsergebnis. Dieses ist aber selbst bei einem Steuersatz von 15 v.H. mit 1.698,16 € deutlich negativ. Die Beklagte hat in diesem Zusammenhang zutreffend darauf hingewiesen, dass bei unveränderter Steuergrundlage demnach in den letzten 42 Monaten ein negatives Betriebsergebnis von ca. 126.000 € angefallen wäre. Dieser Umstand lässt möglicherweise nicht zwingend den Rückschluss auf ein nicht zulängliches betriebswirtschaftliches Konzept der Klägerin zu. Er belegt aber nicht einmal ansatzweise eine erdrosselnde Wirkung der Vergnügungssteuer. Dies gilt umso mehr, als die Vergnügungssteuer bei der Belastbarkeitsuntersuchung des Fachverbands Spielhallen - verglichen mit anderen Ausgabeposten - nur etwa 1/5 der dort veranschlagten Ausgabeposten beträgt. Zudem bleibt der Durchschnitt der monatlichen Einnahmen dort (17.647,06 €) deutlich hinter den tatsächlich erzielten durchschnittlichen Einnahmen der Klägerin im Bereich der Spielhalle (18.932,50 €) zurück.

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bb) Weiter belegt auch die Zusammenstellung des Steuerberaters und Zertifizierten Testamentsvollstreckers, Dipl.-Kfm. …, vom 22. Juni 2017 keine erdrosselnde Wirkung der Besteuerung. Zum Einen bestehen an der Richtigkeit der dort angeführten Vergnügungssteuer-Beträge nicht unerhebliche Bedenken, nachdem die Beklagte deutlich niedrigere Beträge anhand ihrer Steuerbescheide ermittelt hat. Doch selbst bei Richtigunterstellung der Zahlen in der Zusammenstellung der Jahresergebnisse erschließt sich ohne Weiteres, dass selbst bei einem niedrigeren Steuersatz im Jahr 2014 ein Jahresfehlbetrag erwirtschaftet wurde. Dieser Fehlbetrag hat sich 2015 zwar erhöht. Im Jahr 2016 aber, dem Jahr in dem der höhere Steuersatz vollständig zur Anwendung kam, hat sich der Fehlbetrag wieder auf den Stand 2014 verringert. Diese Zahlen erhellen jedoch, dass die klägerische Firma, aus welchen Gründen auch immer, beständig ein negatives Betriebsergebnis erzielt, ohne dass hierfür eine Kausalität der (erhöhten) Besteuerung auch nur annäherungsweise ersichtlich wird. Ein kausaler Zusammenhang zwischen der von der Klägerin vorgetragenen fehlenden Rentabilität ihres Betriebes und der Erhöhung der Vergnügungssteuer ist damit auszuschließen. Weiterer Aufklärungsbedarf diesbezüglich besteht aus den eingangs gemachten Gründen nicht. Art. 12 GG gewährleistet keinen Bestandsschutz für die Fortsetzung einer unwirtschaftlichen Betriebsführung (BVerwG, Urteil vom 13. April 2005 - 10 C 5.04). Die Beklagte ist daher auch nicht verpflichtet, den Betrieb einer Spielhalle an einem hierfür möglicherweise ungeeigneten Standort durch die Absenkung oder Nichterhebung von Steuern erst zu ermöglichen (BVerwG, Urteil vom 14. Oktober 2015 - 9 C 22.14). Dafür, dass andere Aufsteller im Gebiet der Beklagten identische unternehmerische Probleme hätten wie die Klägerin, gibt es unter Berücksichtigung der nicht bestrittenen Angaben der Beklagten keine Anhaltspunkte, wonach alle anderen Aufsteller im Satzungsgebiet keine Widersprüche gegen die Besteuerung erhoben haben. Einer weiteren Aufklärung bedarf es auch deshalb nicht, weil anhand der aufgezeigten Indizien hinreichend sichere Schlüsse auf die fehlende erdrosselnde Wirkung des Vergnügungssteuersatzes möglich sind (ebenso: VGH BW, Urteil vom 20. Juli 2017, a.a.O.). Die vorstehenden Ausführungen gelten in gleicher Weise für die Übersicht vom 5. Dezember 2017 des Dipl.-Kfm. und Zertifizierten Testamentsvollstreckers … . Die Klägerin hat selbst erklärt, dass es sich bei den dortigen Zahlen nicht nur um diejenigen für das hier maßgebliche Satzungsgebiet handelt.

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2. Der Einwand der fehlenden Abwälzbarkeit der Steuer greift ebenfalls nicht durch. Wird eine Steuer – wie hier – nicht bei dem erhoben, dessen Leistungsfähigkeit sie in einem bestimmten Vorgang, wie hier dem Spielaufwand, erfassen soll, sondern indirekt bei einem Dritten, so muss sie - dem wahren Besteuerungsgrund folgend - von diesem Steuerschuldner grundsätzlich auf den eigentlich zu Belastenden abwälzbar sein. Nach den in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts hierzu entwickelten Grundsätzen genügt bei einer indirekt erhobenen Steuer wie der Vergnügungssteuer die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen treffen kann. Es reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den eigentlichen Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt (BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009 – 1 BvL 8/05). Die rechtlichen Rahmenbedingungen können und dürfen eine solche Abwälzbarkeit erschweren, solange dies nicht dazu führt, dass die Erwirtschaftung von Gewinn rechtlich oder tatsächlich ausgeschlossen ist (OVG RP, Urteil vom 24. März 2014, a.a.O.). Letzteres ist nach den vorstehenden Ausführungen (s. unter 1.) hier gerade nicht der Fall.

36

3. Auch gegen die Erhebung einer Mindeststeuer von 60 €/Monat für Geräte mit Gewinnmöglichkeit in Spielhallen, Internetcafés oder ähnlichen Unternehmen und von 20 €/Monat für Geräte mit Gewinnmöglichkeit an den übrigen in § 1 Abs. 1 Ziff. 8b VgnStS genannten Orten bestehen keine Bedenken. Der Mindeststeuersatz für beide Spielgerätekategorien bleibt weit hinter dem in der Rechtsprechung bereits akzeptierten Mindeststeuersatz von 122 € (OVG RP, Urteil vom 24. März 2014, a.a.O.) zurück. Die Ausführungen des OVG RP (a.a.O.) zu der weit höheren Mindeststeuer in dem dort entschiedenen Fall sind auf die vorliegende Konstellation übertragbar: Insoweit liegt zwar eine partielle Ungleichbehandlung – nämlich eine stärkere Belastung – von Spielhallenbetreibern mit geringeren Einspielergebnissen vor, denn trotz ungleicher Einspielergebnisse eines Spielgeräts fällt bis zu einem Einspielerlös von (hier) 300 € bei Gewinnspielgeräten in Spielhallen und von 100 € bei Gewinnspielautomaten in Gaststätten und anderen Orten ein gleicher Steuersatz an. Der Mindeststeuersatz entspricht insofern dem verfassungsrechtlich grundsätzlich nicht mehr zulässigen Stückzahlmaßstab (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 3. September 2009, a.a.O.; s. zu diesem Maßstab zuletzt BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 2014 – 1 BvL 11/10, 1 BvL 14/10). Diese Ungleichbehandlung ist aber sachlich gerechtfertigt. Sie hält sich im Rahmen des Gestaltungsspielraums, welcher der Beklagten bei der Verfolgung legitimer Lenkungszwecke zukommt. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 2014, a.a.O., Rn. 39) und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, 13. April 2005 – 10 C 5.04) ist die Bekämpfung und Eindämmung der Spielsucht ein zulässiges Lenkungsziel. Das Bundesverfassungsgericht hat dementsprechend eine Mindeststeuer von 120,- € für Geldspielapparate in Spielhallen auch als geeignet, erforderlich und nicht unverhältnismäßig anerkannt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. Februar 2014, a.a.O. Rn. 42 ff.). Für die hier in Rede stehenden Steuersätze von 60 € und 20 € kann insoweit nichts Anderes gelten. Der Mindeststeuer der Beklagten liegt erkennbar das Lenkungsziel der Eindämmung der Spielsucht zugrunde. Es kommt bereits in der Satzungsregelung selbst hinreichend deutlich zum Ausdruck, denn diese belastet Spielgeräte mit geringem Einspielergebnis und deren Betreiber überproportional, so dass ein unmittelbar aus der Norm selbst folgender Anreiz gesetzt wird, solche Geräte außer Betrieb zu nehmen, also die Zahl der Spielgeräte und damit das Spielangebot zu reduzieren (OVG RP, Urteil vom 24. März 2014, a.a.O.). Das BVerfG (Beschluss vom 3. Februar 2009, a.a.O.) hat zudem klargestellt, dass es der Lenkungszweck der Eindämmung der Spielsucht zwar nicht rechtfertigt, Ungleichbehandlungen hinzunehmen, die das bei Verwendung des Stückzahlmaßstabs festgestellte Ausmaß erreichen, dass es den normgebenden Körperschaften aber unbenommen bleibt, durch die spezifische Ausgestaltung eines mit Art. 3 Abs. 1 GG grundsätzlich vereinbaren Steuermaßstabs für eine Verwirklichung des Lenkungsziels der Eindämmung der Spielsucht zu sorgen. Vor dem Hintergrund dieser Rechtsprechung wird deutlich, dass sich die Beklagte mit der Normierung eines verfassungsrechtlich zulässigen Mindeststeuersatzes zugleich das Ziel, durch eine Verringerung der Anzahl der Spielgeräte die Spielsucht einzudämmen, zu Eigen gemacht hat.

37

4. Eine verfassungswidrige kumulative Belastung der Spielautomatenaufsteller durch sonstige rechtliche Vorgaben zum Betrieb einer Spielhalle und der Vergnügungssteuer haben das BVerfG (Beschluss vom 7. März 2017, a.a.O.) und im Anschluss daran der VGH BW (Urteil vom 20. Juli 2017, a.a.O.) verneint.

38

5. Auch gegen die steuerliche Bemessungsgrundlage bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Grundlage der Besteuerung ist gemäß § 7 Abs. 1 VgnStS bei Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit mit manipulationssicherem Zählwerk das Einspielergebnis. Das Einspielergebnis ist der Betrag, der elektronisch gezählten Bruttokasse. Dieser errechnet sich aus der elektronisch gezählten Kasse (Kasseninhalt) zuzüglich Röhrenentnahme, abzüglich Röhrenauffüllung, Fehlgeld und Prüftestgeld. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Bruttokasse zunächst um die zu erhebende Umsatzsteuer zu verringern und damit die Nettokasse zum Anknüpfungspunkt der Besteuerung zu machen (i. E. ebenso: BVerwG, Beschluss vom 10. März 2009 - 9 B 27/08; VGH BW, Urteil vom 20. Juli 2017, a.a.O.; OVG Ns, Urteil vom 28. November 2016 - 9 LC 335/14; VGH Hessen, Beschluss vom 23. März 2007 - 5 TG 332/07; FG Bremen, Urteil vom 20. Februar 2014 - 2 K 84/13). Wenn der Gesetzgeber eine bestimmte steuerliche Belastung der Spieleinsätze erreichen will, ist es lediglich eine Frage der Gesetzgebungstechnik, ob die Steuer nach dem gesamten Spieleinsatz oder nach dem um die Steuer verminderten Spieleinsatz mit einem entsprechend höheren Steuersatz bemessen wird. Aus einer solchen Frage der bloßen Gesetzgebungstechnik, ohne Auswirkungen auf die Höhe der Steuer, kann nicht auf die (teilweise) Verfassungswidrigkeit des Gesetzes geschlossen werden (FG Bremen, Urteil vom 20. Februar 2014, a.a.O.).

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D) Die Erhebung der Vergnügungssteuer in der hier maßgeblichen Ausgestaltung verletzt nicht den aus Art. 3 GG abgeleiteten Grundsatz der Abgabengleichheit. Insbesondere erfolgt durch die Besteuerung keine gleichheitswidrige Benachteiligung der Klägerin gegenüber Spielbanken. Der Umstand, dass sich die Spielbankabgabe um die nach dem Umsatzsteuergesetz geschuldete und entrichtete Umsatzsteuer aufgrund von Umsätzen, die durch den Betrieb der Spielbank bedingt sind, ermäßigt, verleiht dem Betreiber einer Spielhalle keinen Anspruch darauf, dass eine Kommune, die von ihm eine Spielgerätesteuer erhebt, auf diese ebenfalls die Umsatzsteuer anzurechnen hat oder ihn steuerrechtlich mit dem Betreiber einer Spielbank gleichstellt (OVG Ns, Urteil vom 28. November 2016, a.a.O.). Die hierfür in der Rechtsprechung herangezogenen Gründe hat die Klägerin im Wesentlichen selbst angeführt, aber als überholt bezeichnet. Diese Einschätzung deckt sich freilich im letzten Punkt nicht mit der verfügbaren aktuellen Rechtsprechung. Demnach ist daran festzuhalten, dass bei der Besteuerung von Spielapparaten in Spielbanken einerseits und in Spielhallen bzw. Gaststätten andererseits unterschiedliche Sachverhalte vorliegen, die einen sachlichen Grund für eine unterschiedliche Behandlung bieten (vgl. BVerfG, Urteil vom 7. März 2017, a.a.O.: "Ein hinreichender Sachgrund für die unterschiedliche Behandlung von Spielhallen und Spielbanken liegt in dem unterschiedlichen Gefährdungspotential beider Typen von Spielstätten"; BVerwG, Beschluss vom 10. Dezember 2015 - 9 BN 5/15). Hinzukommt aber auch, dass die Klägerin hinsichtlich der begehrten Gleichbehandlung mit Spielbanken auf den Kompetenzbereich des konkret zuständigen Trägers öffentlicher Gewalt - hier also die Beklagte - beschränkt ist (vgl. BVerfG, Beschlüsse v. 21. Dezember 1966 – 1 BvR 33/64). Das hat zur Folge, dass sie aus steuerrechtlichen Regelungen, die dem eigenständigen Kompetenzbereich eines anderen Rechtsträgers vorbehalten sind, gegenüber der Beklagten, als für die Vergnügungssteuer zuständiger Kommune, keine Ansprüche auf Gleichbehandlung herleiten kann (ebenso OVG Ns, Urteil vom 28. November 2016, a.a.O.).

40

E) In Anbetracht der vorstehenden Ausführungen verstößt die Erhebung von Vergnügungssteuer in der hier erfolgten Form nicht gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz, den die Klägerin insoweit allgemein heranzieht. Dem steht bereits die Entscheidung des BVerfG vom 7. März 2017 (a.a.O.) entgegen, in der im Einzelnen dargelegt wird, weshalb die Eindämmung der Spielsucht durch verschiedenste gesetzgeberische Ansätze ein legitimes im Einklang mit rechtsstaatlichen Vorgaben stehendes Ziel ist, das auch die Möglichkeit einschließt, dass nicht nur in Einzelfällen Spielhallenbetreiber ihren Beruf aufgeben müssen.

41

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

42

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit wegen der Kosten folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 ff. ZPO.

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Umsatzsteuergesetz - UStG 1980 | § 10 Bemessungsgrundlage für Lieferungen, sonstige Leistungen und innergemeinschaftliche Erwerbe


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(2) Werden Rechte übertragen, die mit dem Besitz eines Pfandscheins verbunden sind, so gilt als vereinbartes Entgelt der Preis des Pfandscheins zuzüglich der Pfandsumme. Beim Tausch (§ 3 Abs. 12 Satz 1), bei tauschähnlichen Umsätzen (§ 3 Abs. 12 Satz 2) und bei Hingabe an Zahlungs statt gilt der Wert jedes Umsatzes als Entgelt für den anderen Umsatz. Die Umsatzsteuer gehört nicht zum Entgelt.

(3) (weggefallen)

(4) Der Umsatz wird bemessen

1.
bei dem Verbringen eines Gegenstands im Sinne des § 1a Abs. 2 und des § 3 Abs. 1a sowie bei Lieferungen im Sinne des § 3 Abs. 1b nach dem Einkaufspreis zuzüglich der Nebenkosten für den Gegenstand oder für einen gleichartigen Gegenstand oder mangels eines Einkaufspreises nach den Selbstkosten, jeweils zum Zeitpunkt des Umsatzes;
2.
bei sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a Nr. 1 nach den bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Ausgaben, soweit sie zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben. Zu diesen Ausgaben gehören auch die Anschaffungs- oder Herstellungskosten eines Wirtschaftsguts, soweit das Wirtschaftsgut dem Unternehmen zugeordnet ist und für die Erbringung der sonstigen Leistung verwendet wird. Betragen die Anschaffungs- oder Herstellungskosten mindestens 500 Euro, sind sie gleichmäßig auf einen Zeitraum zu verteilen, der dem für das Wirtschaftsgut maßgeblichen Berichtigungszeitraum nach § 15a entspricht;
3.
bei sonstigen Leistungen im Sinne des § 3 Abs. 9a Nr. 2 nach den bei der Ausführung dieser Umsätze entstandenen Ausgaben. Satz 1 Nr. 2 Sätze 2 und 3 gilt entsprechend.
Die Umsatzsteuer gehört nicht zur Bemessungsgrundlage.

(5) Absatz 4 gilt entsprechend für

1.
Lieferungen und sonstige Leistungen, die Körperschaften und Personenvereinigungen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 des Körperschaftsteuergesetzes, nichtrechtsfähige Personenvereinigungen sowie Gemeinschaften im Rahmen ihres Unternehmens an ihre Anteilseigner, Gesellschafter, Mitglieder, Teilhaber oder diesen nahestehende Personen sowie Einzelunternehmer an ihnen nahestehende Personen ausführen,
2.
Lieferungen und sonstige Leistungen, die ein Unternehmer an sein Personal oder dessen Angehörige auf Grund des Dienstverhältnisses ausführt,
wenn die Bemessungsgrundlage nach Absatz 4 das Entgelt nach Absatz 1 übersteigt; der Umsatz ist jedoch höchstens nach dem marktüblichen Entgelt zu bemessen. Übersteigt das Entgelt nach Absatz 1 das marktübliche Entgelt, gilt Absatz 1.

(6) Bei Beförderungen von Personen im Gelegenheitsverkehr mit Kraftomnibussen, die nicht im Inland zugelassen sind, tritt in den Fällen der Beförderungseinzelbesteuerung (§ 16 Abs. 5) an die Stelle des vereinbarten Entgelts ein Durchschnittsbeförderungsentgelt. Das Durchschnittsbeförderungsentgelt ist nach der Zahl der beförderten Personen und der Zahl der Kilometer der Beförderungsstrecke im Inland (Personenkilometer) zu berechnen. Das Bundesministerium der Finanzen kann mit Zustimmung des Bundesrates durch Rechtsverordnung das Durchschnittsbeförderungsentgelt je Personenkilometer festsetzen. Das Durchschnittsbeförderungsentgelt muss zu einer Steuer führen, die nicht wesentlich von dem Betrag abweicht, der sich nach diesem Gesetz ohne Anwendung des Durchschnittsbeförderungsentgelts ergeben würde.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der Antragsteller wendet sich gegen die Neufassung der Satzung der Antragsgegnerin über die Erhebung einer Vergnügungssteuer (Vergnügungssteuersatzung - VStS) vom 20. Oktober 2015.
Der Antragsteller, ein gewerblicher Automatenaufsteller, betreibt auf dem Gebiet der Antragsgegnerin in einer von ihm gepachteten Spielhalle sowie in zwei Gaststätten derzeit insgesamt 17 Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit.
Der Gemeinderat der Antragsgegnerin beschloss in seiner Sitzung vom 20.10.2015 eine neue Vergnügungssteuersatzung, nach der Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit nicht mehr, wie bisher, nach einem festen Steuerbetrag (Stückzahlmaßstab), sondern nach der Höhe des Einspielergebnisses (elektronisch festgehaltene Bruttokasse) mit einem Steuersatz von 20% besteuert werden.
Die am 01.12.2015 im Amtsblatt der Antragsgegnerin („Albbote“) bekanntgemachte und am 01.01.2016 in Kraft getretene Satzung enthält u.a. folgende Bestimmungen:
§ 2 Steuergegenstand
(1) Der Vergnügungssteuer unterliegen Spiel-, Geschicklichkeits- und Unterhaltungsgeräte, die im Stadtgebiet an öffentlich zugänglichen Orten (z.B. in Spielhallen, Gaststätten, Kantinen, Vereinsräumen) zur Benutzung gegen Entgelt bereitgehalten werden.
(2) …
§ 4 Steuerschuldner, Haftung
(1) Steuerschuldner ist derjenige, für dessen Rechnung die in § 2 genannten Geräte aufgestellt sind (Aufsteller). …
(2) …
§ 6 Bemessungsgrundlage
10 
Bemessungsgrundlage für die Steuer ist
11 
a) bei Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit die elektronisch gezählte Bruttokasse (elektronisch gezählte Kasse zuzüglich Röhrenentnahmen abzüglich Röhrenauffüllungen, Falschgeld und Fehlgeld);
b) …
12 
§ 7 Steuersatz
13 
(1) Der Steuersatz beträgt für jeden angefangenen Kalendermonat der Steuerpflicht für das Bereithalten eines Geräts (§ 2 Abs. 1)
14 
1. mit Gewinnmöglichkeit an den in § 2 Abs. 1 genannten Orten20 v.H. der elektronisch gezählten Bruttokasse. Bei Verwendung von Chips, Token und dergleichen ist der hierfür maßgebliche Geldwert zugrunde zu legen.
2. …
15 
(2)-(4) …
16 
§ 10 Steuererklärung
17 
(1) Der Steuerschuldner hat der Stadt/Gemeinde bis zum 15. Tag nach Ablauf eines jeden Kalendervierteljahres für Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit den Inhalt der Bruttokasse anhand eines amtlich vorgeschriebenen Vordrucks, getrennt nach Spielgeräten mitzuteilen (Steuererklärung). …
(2) …
18 
Am 30.08.2016 hat der Antragsteller einen Normenkontrollantrag gestellt. Er macht geltend, der Antragsgegnerin habe die Kompetenz zum Erlass der streitgegenständlichen Vergnügungssteuersatzung gefehlt. Sie könne sich nicht auf die Kompetenzgrundlage des Art. 105 Abs. 2a GG i.V.m. § 9 Abs. 4 KAG berufen, denn es handle sich tatsächlich um keine örtliche Aufwandsteuer. Mit der Aufwandsteuer werde die spezifische Leistungsfähigkeit des Einzelnen in Form eines von ihm unternommenen Aufwands besteuert. Zwar fielen bei der Vergnügungssteuer als indirekter Steuer zulässigerweise Steuerträger und Steuerpflichtiger auseinander, doch müsse die Steuer tatsächlich bei demjenigen anfallen, der den Aufwand erbringe. Vorliegend trage jedoch einzig der Automatenaufsteller die Steuerlast und ziele der Satzungsgeber allein darauf ab, einen Teil des Gewinns des Aufstellers „abzuschöpfen“, weil dieser die Steuer in keiner Weise auf den Spieler abwälzen könne. Dessen seien sich die Kommunen, wie es auch inoffiziell verlautbart werde, bewusst, doch wäre eine „Spielgerätesteuer“ als umsatzsteuergleich nicht europarechtskonform. Die Abwälzbarkeit scheitere bereits tatsächlich daran, dass die Einkünfte der Aufsteller durch die technische und durch sie nicht veränderbare Gestaltung der Automaten festgelegt seien. Soweit die Rechtsprechung eine kalkulatorische Abwälzbarkeit durch die Selbstkostenkalkulation des Aufstellers genügen lasse, sei auch dies kritisch zu bewerten. Eine Abwälzung durch Preiserhöhung sei ersichtlich nicht möglich. Eine Umsatzsteigerung bedeute für den Betreiber lediglich ein erhöhtes Spielpensum einzelner Spieler oder das Gewinnen weiterer Kundschaft, ohne dass dies den Spieler, der denselben Betrag für seinen Aufwand entrichte wie zuvor, treffe. Eine Abwälzung durch Kostensenkung berühre die finanzielle Leistungsfähigkeit des Aufwandbetreibers nicht und scheitere an den strengen Festlegungen der Spielverordnung, die dem Aufsteller keine Umsatzsteigerung erlaubten. Auch bei den Kosten der Automaten ließen sich keine Einsparungen erzielen, da die wenigen marktbeherrschenden Unternehmen den Preis diktierten. Eine Kostenreduzierung sei bei einer Spielhalle schon wegen der vorgegebenen Höchstzahl an Spielgeräten und Mindestzahl an Aufsichtspersonal nicht möglich. Eine Reduktion der Mietkosten durch einen Standortwechsel scheitere durch die mit dem Landesglücksspielgesetz Baden-Württemberg eingeführten Mindestabstände, die gerade für kerngebietstypische Spielhallen schwerlich einzuhalten seien. Auch die Erhebung eines Eintrittsgelds komme nicht in Betracht, da dieses zu einer Abwanderung der Spieler führe, eine Preisabsprache unter Konkurrenten sei wettbewerbsrechtlich unzulässig. Die Vergnügungssteuer sei somit weder abwälzbar noch wenigstens auf Abwälzung angelegt. Soweit mit ihr eine zulässige Lenkungswirkung verbunden sei, setze eine solche zwingend voraus, dass der Automatenaufsteller persönlich mit der Steuer getroffen werde. Im Übrigen sei die Lenkungswirkung, nämlich das Spielbedürfnis der Bevölkerung in geordnete Bahnen zu kanalisieren, unzulässig, weil diese Lenkung bereits auf höherer Ebene durch den Glücksspielstaatsvertrag und das Landesglücksspielgesetz abschließend normiert worden sei. Versuche nun eine Kommune über die Vergnügungssteuer das Angebot an Geldspielgeräten über die bereits bestehenden Regelungen hinaus weiter zu reduzieren, führe dies zu einer Störung des in den Normenwerken angelegten Gleichgewichts. Auch insoweit fehle der Kommune die Regelungskompetenz. Zwar sei höchstrichterlich entschieden, dass die Frage, ob die Bemessungsgrundlage einer Steuer in jeder Beziehung verfassungsrechtlich in Ordnung sei, keine Frage der Gesetzgebungskompetenz sei, hier gehe es aber darum, dass bereits die gewählte Konstruktion der Vergnügungssteuer ihr den Charakter als Aufwand-steuer nehme. Liege aber keine Aufwandsteuer vor, fehle es an der Rechtssetzungskompetenz des Satzungsgebers. Die Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin sei auch deshalb verfassungswidrig, da sie jedenfalls im Gesamtkontext der aktuellen Glücksspielregulierung, also unter Berücksichtigung des Glücksspielstaatsvertrags, den Ausführungsgesetzen der Länder und der Spielverordnung, im Wege eines „additiven“ Grundrechtseingriffs erdrosselnde Wirkung entfalte. Dies verkenne die Antragsgegnerin. Hinzu kämen Beschränkungen aus dem BauGB und der BauNVO sowie Sperrzeit- und Jugendschutzregelungen. Da die Aufsteller zudem die gewöhnliche Umsatzsteuer zu entrichten hätten, sei ein wirtschaftliches Betreiben der Geldspielautomaten faktisch nicht mehr möglich. Die Aufsteller würden durch die Regelungen in ihrer Gesamtheit erdrosselt, was einen Verstoß der Vergnügungssteuer gegen Art. 12 und 14 GG darstelle. Die Antragsgegnerin dürfe durch die Besteuerung nicht die Erwirtschaftung einer Lebensgrundlage durch den Beruf als Spielhallenbetreiber vernichten und habe insoweit durchaus eine „Gewährleistungsverpflichtung“. Auch konkret auf den Antragsteller bezogen habe die Satzung erdrosselnde Wirkung. Dieser habe im Jahr 2015 ein Einkommen aus Gewerbebetrieb in Höhe von 25.779,00 EUR erzielt. Bei einer Erhöhung der Vergnügungssteuer auf 20% des Einspielergebnisses habe er für das Jahr 2016 ein negatives Gesamtergebnis zu erwarten. Gegenüber dem Jahr 2015 werde die Vergnügungssteuer im Jahr 2016 um das Vierfache ansteigen. Die Umsatzaufstellung 2015 sei entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin eine verlässliche Kalkulationsgrundlage. Er habe wegen der hohen Steuerlast auch bei der Antragsgegnerin um Erlass nach § 227 AO nachgesucht, da er sonst seine Spielstätte schließen müsse. Eine andere Spielstätte im bayerischen Oberstdorf habe er bereits wegen Unrentabilität geschlossen. Schon dies zeige, dass entgegen der Behauptung der Antragsgegnerin die Zahl der Spielhallen nicht zunehme, sondern vielmehr mit einer Reduzierung zu rechnen sei. Wenn die Zahl der Spielgeräte gleich geblieben sei, könne das einerseits auf der erst seit 2016 geltenden Neuregelung und dem Rückgriff auf Reserven, in der Hoffnung auf eine erfolgreiche Normenkontrolle, beruhen und andererseits auf den besseren finanziellen Möglichkeiten überregionaler Anbieter gegenüber nur lokal agierenden Aufstellern. Wirtschaftlich nicht haltbar sei der Hinweis der Antragsgegnerin, ein geringerer Umsatz würde zu einer geringeren Vergnügungssteuer führen, denn es gehe um den verringerten Gewinn, bei dem eine hohe Vergnügungssteuer dazu führen könne, dass die Pfändungsfreigrenze unterschritten werde. Dass in anderen Kommunen der Steuersatz von 20% nachweislich keine erdrosselnde Wirkung habe, sei aufgrund der lokalen Unterschiede unerheblich. Im Stadtgebiet der Antragsgegnerin ließen sich jedenfalls keine hohen Gewinne für Aufsteller von Geldspielgeräten erzielen, weshalb andere Aufsteller bzw. Spielhallenbetreiber identische finanzielle Probleme hätten. Anders als bei der Umsatzsteuer sei eine Verrechnung mit Negativkassen nicht möglich, was angesichts der wahren Zielrichtung der Vergnügungssteuer, nämlich auf den Umsatz des Aufstellers, umso problematischer sei.
19 
Der Antragsteller beantragt,
20 
die Satzung der Antragsgegnerin zur Neufassung der Satzung über die Erhebung einer Vergnügungssteuer vom 20.10.2015 mit Ausnahme der Ordnungswidrigkeitenvorschrift (§ 11) für unwirksam zu erklären.
21 
Die Antragsgegnerin beantragt,
22 
den Antrag abzuweisen.
23 
Nach ständiger Rechtsprechung komme den Kommunen die Kompetenz zur Erhebung einer Vergnügungssteuer zu. Diese sei ebenfalls nach ständiger Rechtsprechung auch abwälzbar. Betriebswirtschaftliche Erwägungen und Auswirkungen wie z.B. mögliche oder nicht mögliche Kostenreduzierungen seien hierbei unbeachtlich. Die Unmöglichkeit von Kostenreduzierungen werde zudem in Abrede gestellt. Auch ließen das Landesglücksspielgesetz bzw. der Glücksspielstaatsvertrag nicht die Kompetenz der Kommune zum Erlass der Vergnügungssteuersatzung entfallen. Dasselbe gelte für die Abwälzbarkeit und den Charakter als kommunale Aufwandsteuer, selbst wenn die Erlaubnispflicht nach dem Landesglücksspielgesetz zu einer Reduzierung der Spielhallen führe. Dass neben steuer- und abgaberechtlichen Regelungen auch sonstige rechtliche Vorgaben bestünden, sei nichts Außergewöhnliches. Auch eine erdrosselnde Wirkung sei nicht gegeben. Aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts habe die Antragsgegnerin nicht mehr am bisherigen Stückzahlmaßstab festhalten können, in dessen Genuss der Antragsteller noch zahlreiche Jahre gekommen sei, nachdem die Antragsgegnerin die Angleichung ihrer Satzung erst zum Jahr 2016 vorgenommen habe, auf deren Auswirkungen sich der Antragsteller somit auch habe einstellen können. Im Rahmen der Festsetzung des Steuersatzes sei die Gemeinde nicht gehalten, etwaige Auswirkungen konkret auf den Antragsteller zu ermitteln (unter Hinweis auf Senatsurteil vom 13.12.2012 - 2 S 1010/12 -). Die gesetzlichen Regelungen wie das Landesglücksspielgesetz und die Spielverordnung hätten auch in der Vergangenheit nicht zu einem Umsatzrückgang und zu einer Reduzierung der Zahl der Spielhallen bzw. Spielgeräte im Allgemeinen geführt. Vielmehr sei aufgrund der durch das Landesglücksspielgesetz intendierten Reduktion der Spielhallen eine Steigerung des Umsatzes pro Spielhalle zu erwarten, weshalb eine Bedrohung für die gesamte Branche und nicht nur für ein einzelnes Unternehmen, was aber für eine Erdrosselungswirkung notwendig sei, gerade nicht zu erwarten sei. Auch im Gebiet der Antragsgegnerin habe sich seit der Einführung des neuen Steuersatzes trotz der zeitnahen Belastung die Anzahl der Spielgeräte nicht wesentlich verändert bzw. reduziert. Dessen ungeachtet würde ein geringerer Spielumsatz zwangsläufig auch die Steuerlast senken. Wenn der Spielhallenbetrieb des Antragstellers im Hinblick auf die Umstellung des Steuersatzes nicht mehr rentierlich sei, könne dies nur an betriebsstrukturellen Defiziten liegen, die sich kostenmäßig auswirkten. Dies gelte umso mehr, als ein Steuersatz von 20% durchaus üblich und durchschnittlich sei. Eine konkrete Erdrosselung der Aufsteller im Gebiet der Antragsgegnerin sei weder dargelegt noch gegeben. Dass der Antragsteller eine andere Spielstelle in Oberstdorf wegen Unrentabilität habe schließen müssen, werde vorsorglich in Abrede gestellt. Die Antragsgegnerin treffe insoweit auch keine Gewährleistungsverpflichtung, um dem Antragsteller eine Lebensgrundlage durch den Betrieb von Spielhallen zu ermöglichen. Das vom Antragsteller behauptete Negativergebnis für das Jahr 2016 werde durch die Umsatzaufstellung 2015 nicht in geeigneter Weise belegt. Dafür, dass andere Aufsteller im Gebiet der Antragsgegnerin identische finanzielle Probleme hätten, bestünden keine Anhaltspunkte, da diese die quartalsmäßig festgesetzte Vergnügungssteuer vollständig bezahlt hätten.
24 
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Akten der Antragsgegnerin, auf die gewechselten Schriftsätze der Beteiligten sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung vor dem Senat ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

 
I.
25 
Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
26 
Die Rechtswegzuständigkeit des erkennenden Verwaltungsgerichtshofs ist im Hinblick auf die angegriffenen Teile der Vergnügungssteuersatzung gegeben. Nach § 47 Abs. 1 VwGO entscheidet der Verwaltungsgerichtshof „im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit" über die Gültigkeit der dort genannten Rechtsvorschriften. Es muss sich um Verfahren handeln, für die der Verwaltungsgerichtsweg im Sinne von § 40 VwGO eröffnet ist. Insoweit ist hierfür zu prüfen, ob sich aus der Anwendung der angegriffenen Rechtsvorschrift Rechtsstreitigkeiten ergeben können, für die der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist (BVerwG, Beschluss vom 27.07.1995 - 7 NB 1.95 -, NVwZ 1996, 63; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.06.2003 - 4 S 1999/02 -, ESVGH 53, 555, juris; Beschluss vom 29.07.1968 - I 760/65 -, NJW 1968, 2076; Beschluss vom 07.12.1988 - 4 S 3038/87 -, VBlBW 1989, 302, 303; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl., § 47 Rn. 17; Schmidt, in: Eyermann, VwGO, , § 47 Rn. 32; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 47 Rn. 43). Der Zweck dieser gesetzlichen Einschränkung ist darin zu sehen, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht eine Rechtsvorschrift mit allgemein verbindlicher Wirkung (§ 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO) für ungültig erklären können soll, wenn für Rechtsstreitigkeiten aus der Anwendung derselben die Gerichte anderer Gerichtsbarkeiten zuständig sind (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 29.07.1968, - I 760/65 -, NJW 1968, 2076). So folgt aus der öffentlich-rechtlichen Natur der angefochtenen Satzung allein noch nicht die Rechtswegzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs nach § 47 VwGO (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.06.2003 - 4 S 1999/02 -, ESVGH 53, 555, juris) und besagt diese öffentlich-rechtliche Natur allein noch nicht, dass die aus der Anwendung der Satzung entstehenden Rechtsstreitigkeiten öffentlich-rechtlicher Natur sind, wie sich etwa an Bußgeldbescheiden zeigt. Diese können auch dann nur vor den ordentlichen Gerichten angefochten werden (vgl. § 68 Abs. 1 OWiG), wenn sie sich auf verordnungs- oder satzungsrechtliche Regelungen über Ordnungswidrigkeiten stützen und die Regelungen von Stellen der öffentlichen Verwaltung mit Außenwirkung erlassen wurden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.07.1995 -7 NB 1.95 -, NVwZ 1996, 63; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.12.2011 - 3 S 2611/09 -, juris Rn. 23). Dementsprechend unterfällt die Ordnungswidrigkeitenvorschrift des § 11 VStS nicht der Gerichtsbarkeit des Verwaltungsgerichtshofs und wurde daher vom Antragsteller von der Anfechtung auch zutreffend ausgenommen. Dagegen unterfallen die sonstigen Vorschriften der Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin als kommunalabgabenrechtliche Regelungen dem Verwaltungsrechtsweg im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
27 
Der Antrag ist statthaft, denn bei der angefochtenen Satzung handelt es sich um eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 4 des baden-württembergischen Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (AGVwGO).
28 
Der Antragsteller besitzt auch die erforderliche Antragsbefugnis (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO), denn als Aufsteller von unter die Satzung fallenden Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit kann er geltend machen, durch die Satzung sowie deren behördlichen Vollzug, insbesondere als Steuerschuldner nach § 4 Abs. 1 Satz 1 VStS und als Steuererklärungspflichtiger nach § 10 VStS, unmittelbar in seinen Rechten verletzt zu sein.
29 
Der Antrag wurde fristgerecht am 30.08.2016, nämlich innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ab Bekanntmachung der Satzung am 01.12.2015 gestellt.
30 
§ 47 Abs. 3 VwGO steht der Überprüfung nicht entgegen, weil das Landesrecht keine ausschließliche landesverfassungsgerichtliche Zuständigkeit normiert hat. Vielmehr geht § 49 Abs. 1 VerfGHG von der Konkurrenz von landesverfassungsgerichtlicher (Art. 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LV) und verwaltungsgerichtlicher Normenkontrolle aus (Senatsurteile vom 28.01.2016 - 2 S 1019/15 -, juris Rn. 45 und vom 11.06.2015 - 2 S 2555/13 -, juris Rn. 104).
II.
31 
Der Normenkontrollantrag ist aber unbegründet. Die angefochtene Satzung vom 20.10.2015 verstößt entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht gegen höherrangiges Recht.
32 
1. Die Antragsgegnerin besitzt nach Art. 105 Abs. 2a GG i.V.m. § 9 Abs. 4 KAG die Kompetenz zum Erlass der streitgegenständlichen Vergnügungssteuersatzung. Nach Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Hieran anknüpfend regelt § 9 Abs. 4 KAG, dass die Gemeinden örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern erheben können, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind, jedoch nicht Steuern, die vom Land erhoben werden oder den Stadtkreisen und Landkreisen vorbehalten sind.
33 
Entgegen der Auffassung des Antragstellers handelt es sich bei der von der Antragsgegnerin erhobenen Vergnügungssteuer auf Geldspielgeräte um eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG i.V.m. § 9 Abs. 4 KAG. Ob eine als Vergnügungssteuer erhobene Abgabe eine örtliche Aufwandsteuer ist und die Länder nach Art. 105 Abs. 2a GG bzw. die Gemeinden nach § 9 Abs. 4 KAG dafür die Gesetzgebungs- bzw. Satzungskompetenz haben, die Steuer also nicht das Gleichartigkeitsgebot des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG verletzt, bestimmt sich nicht nach ihrer Bezeichnung, sondern nach ihrem Steuertatbestand, ihrem Steuermaßstab und ihren wirtschaftlichen Auswirkungen, wobei für die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen nach dem Grundgesetz maßgebend auf die Sicht des traditionellen deutschen Steuerrechts abzustellen ist (BVerwG, Urteil vom 10.12.2009 - 9 C 12.08 -, BVerwGE 135, 367, juris Rn. 16 m.w.N.). Aufwandsteuern i.S. des Art. 105 Abs. 2a GG sollen die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit abschöpfen. Sie sollen die Leistungsfähigkeit des Spielers, der sich an den Geldspielautomaten vergnügt, treffen und werden entsprechend dem herkömmlichen Bild der Vergnügungssteuer bei dem Veranstalter des Vergnügens, also indirekt, erhoben. Ob der Landesgesetzgeber - hier der Ortsgesetzgeber, dem gemäß § 9 Abs. 4 KAG die Besteuerungskompetenz übertragen wurde - sich mit dem Erlass eines Steuergesetzes - hier: Satzung - im Rahmen der Kompetenzgrundlage des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG hält, hängt allein vom Charakter der geschaffenen Steuer ab (Senatsurteil vom 11.06.2015 - 2 S 2555/13 -, juris Rn. 121).
34 
Nach diesen Grundsätzen stellt die von der Antragsgegnerin auf Geldspielgeräte erhobene Vergnügungssteuer eine Aufwandsteuer „im klassischen Sinne“ dar. Nach § 2 Abs. 1 VStS unterliegt der Betrieb von Spielgeräten, die an öffentlich zugänglichen Orten (z.B. in Spielhallen, Gaststätten, Kantinen, Vereinsräumen) zur Benutzung gegen Entgelt bereitgehalten werden, der Vergnügungssteuer. Die Steuer für den in § 2 Abs. 1 VStS bezeichneten Aufwand beträgt gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 VStS 20 v.H. der elektronisch gezählten Bruttokasse. In § 4 Abs. 1 VStS ist geregelt, dass der Geräteaufsteller der Steuerschuldner ist. Die von der Antragsgegnerin erhobene Vergnügungssteuer ist damit entsprechend dem herkömmlichen Bild der örtlichen Automatensteuer konzipiert, die die Leistungsfähigkeit des Spielers, der sich an den Spielautomaten vergnügt, treffen soll und indirekt bei dem Veranstalter des Vergnügens erhoben wird (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, BVerfGE 123, 1, juris Rn. 45 ff. m.w.N.). Steuergut ist der vom einzelnen Spieler für das Spielvergnügen erbrachte Aufwand als Indiz seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die an das Halten eines Gegenstandes oder an einen tatsächlichen oder rechtlichen Zustand anknüpft (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 -, BVerfGE 65, 325). Dementsprechend wird sie für Gegenstände oder Dienstleistungen erhoben, die der Einkommensverwendung, dem privatem Aufwand, und nicht der Einkommenserzielung dienen (vgl. Senatsurteil vom 11.06.2015 - 2 S 2555/13 -, juris Rn. 110 unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 11.07.2012 - 9 CN 1.11 -, BVerwGE 143, 301). Für die Behauptung des Antragstellers, der Satzungsgeber ziele allein darauf ab, einen Teil des Gewinns des Aufstellers „abzuschöpfen“, und bediene sich gleichsam in missbräuchlicher Art und Weise einer nur so bezeichneten Aufwandsteuer, die in Wahrheit eine „Spielgerätesteuer“ und damit umsatzsteuergleich sei, gibt es keine greifbaren Anhaltspunkte. Zwar ist davon auszugehen, dass, wenn der zu besteuernde Aufwand ausgabengleich ist, d.h. er in der Entrichtung eines Geldbetrages besteht, was bei Anknüpfung einer Aufwandsteuer an den Gebrauch - wie bei der Spielgerätesteuer -regelmäßig der Fall ist, sich der Aufwand aus Sicht des Geräteaufstellers als Umsatz niederschlägt. Dies ändert aber nichts daran, dass Steuergegenstand (§ 2 VStS) und Bemessungsgrundlage (§ 6 VStS) unmittelbar an den Spieleraufwand anknüpfen, der in dem vom Spieler jeweils eingeworfenen Betrag zum Ausdruck kommt. Die Bemessung der Steuer auf der Grundlage des Entgelteinsatzes ist dann aber der sich aufdrängende, an der Wirklichkeit orientierte Maßstab, der mit dem Grundsatz der Besteuerungsgleichheit am ehesten vereinbar ist (siehe BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, BVerfGE 123, 1).
35 
Will der Satzungsgeber eine Steuer - wie vorliegend - als Aufwandsteuer ausgestalten, die ihren Merkmalen nach einer solchen entsprechen kann, verliert er außerdem die Kompetenz zu ihrem Erlass nicht dadurch, dass sich einzelne Regelungselemente als verfassungswidrig erweisen. Fragen der materiellen Verfassungsmäßigkeit der Steuer, insbesondere ihrer Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz oder den Freiheitsgrundrechten, wozu auch die vom Antragsteller behauptete Erdrosselungswirkung gehört, sind ohne Einfluss auf die Beurteilung der Gesetzgebungskompetenz. Denn die Kompetenznormen des Grundgesetzes enthalten grundsätzlich keine Aussage zu diesen materiellen Fragen (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, BVerfGE 123, 1 <16 f.>; Beschluss vom 03.09.2009 - 1 BvR 2384/08 -, juris Rn. 17 sowie BVerwG, Urteile vom 13.04.2005 - 10 C 5.04 -, BVerwGE 123, 218 <219>, vom 10.12.2009 - 9 C 12.08 -, BVerwGE 135, 367, juris Rn. 18 und vom 14.10.2015 – 9 C 22.14 –, BVerwGE 153, 116, juris Rn. 11; Senatsurteil vom 13.12.2012 - 2 S 1010/12 -, juris Rn. 48; OVG Rheinl.-Pf., Urteil vom 24.03.2014 - 6 C 11322/13 -, juris Rn. 30; NdsOVG, Urteile vom 30.11.2016 - 9 KN 88/15 -, juris Rn. 22 und vom 28.11.2016 - 9 KN 76/15 -, juris Rn. 20; OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 15.07.2016 - 14 A 1149/16 -, juris Rn. 7; SächsOVG, Urteil vom 06.05.2015 - 5 A 439/12 -, juris Rn. 50 ff.; s.a. FG Bremen, Urteil vom 20.02.2014 - 2 K 84/13 (1) -, juris Rn. 76 ff.).
36 
Der Charakter der Vergnügungssteuer als Aufwandsteuer wird zudem nicht dadurch berührt, dass - jedenfalls nach Auffassung des Antragstellers - weder eine „echte“ noch eine kalkulatorische Abwälzbarkeit besteht und es sich deshalb um eine direkte Unternehmenssteuer in Form einer „verkappten“ Umsatzsteuer handle. Denn die Abwälzbarkeit der beim Automatenaufsteller erhobenen Steuer auf die Spieler ist zwar Bedingung ihrer materiellen Verfassungsmäßigkeit, aber kein ihren Charakter prägendes Wesensmerkmal (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, BVerfGE 123, 1, juris Rn. 53).
37 
Der Charakter der Vergnügungssteuer als Aufwandsteuer wird schließlich auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass mit ihr ein Lenkungszweck verfolgt wird. Denn ob die Vergnügungssteuer auch hinsichtlich dieser Frage in ihrer konkreten Ausgestaltung den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht, ist für die Begründung der Gesetzgebungskompetenz unerheblich (so ausdrücklich FG Bremen, Urteil vom 20.02.2014 - 2 K 84/13 (1) -, juris Rn. 82).
38 
Eine auf der Grundlage von Art. 105 Abs. 2a GG i.V.m. § 9 Abs. 4 KAG beruhende Vergnügungssteuersatzung verstößt nach der ständigen Senatsrechtsprechung auch nicht gegen das vom Antragsteller ins Feld geführte unionsrechtliche Gleichartigkeitsverbot (vgl. Senatsurteil vom 13.12.2012 - 2 S 1010/12 -, juris Rn. 52). Sie verstößt insbesondere nicht gegen die Richtlinie 2006/112/EG vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, die am 01.01.2007 in Kraft getreten ist und die 6. Richtlinie 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern abgelöst hat. Nach Art. 401 der Richtlinie 2006/112/EG hindert die Richtlinie einen Mitgliedstaat nicht daran, Abgaben auf Versicherungsverträge, Spiele und Wetten, Verbrauchsteuern, Grunderwerbsteuern sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben und Gebühren, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen, sofern die Erhebung dieser Steuern, Abgaben und Gebühren im Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht mit Formalitäten beim Grenzübertritt verbunden ist. Die Vergnügungssteuer in der Form der Spielautomatensteuer wäre danach als „Abgabe auf Spiele“ allenfalls dann unzulässig, wenn sie den Charakter von Umsatzsteuern hätte. Für die Vergnügungssteuer auf Spielgeräte kann der Charakter einer Umsatzsteuer indes zweifelsfrei verneint werden, weil sie schon strukturell nicht auf einen Vorsteuerabzug angelegt ist und darüber hinaus nicht allgemein, sondern nur für Geld- und Unterhaltungsspielgeräte sowie sonstige Vergnügungen in einer Gemeinde erhoben wird. Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Mehrwertsteuerrichtlinie gibt nichts dafür her, dass dann, wenn Mehrwertsteuer auf Glücksspiele erhoben wird, keine sonstige Abgabe nach Art. 401 Mehrwertsteuerrichtlinie erhoben werden darf (BVerwG, Urteile vom 19.08.2013 - 9 BN 1.13 -, juris Rn. 11 und vom 10.12.2009 - 9 C 12.08 -, BVerwGE 135, 367, juris Rn. 33-37; Beschluss vom 21.03.1997 - 8 B 51.97 -, Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 30 S. 21 f.; Urteil vom 22.12.1999 - 11 CN 1.99 -, BVerwGE 110, 237 zu der mit Art. 401 der Richtlinie 2006/112/EG übereinstimmenden Regelung in Art. 33 der Richtlinie 77/388/EWG). Die Frage, ob eine Steuer, Abgabe oder Gebühr den Charakter einer Umsatzsteuer im Sinne des Art. 401 der Richtlinie 2006/112/EG hat, hängt vor allem davon ab, ob sie das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems dadurch beeinträchtigt, dass sie den Waren- und Dienstleistungsverkehr in einer der Mehrwertsteuer vergleichbaren Art und Weise belastet (EuGH, Urteil vom 31.03.1992 - Rs. C-200/90 - Slg. 1992 I-2217 zu Art. 33 der Richtlinie 77/388/EWG). Das ist nach der Rechtsprechung des EuGH immer dann der Fall, wenn Steuern, Abgaben und Gebühren die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer aufweisen. Die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer sind: Allgemeine Geltung der Steuer für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte; Festsetzung ihrer Höhe proportional zum Preis, den der Steuerpflichtige als Gegenleistung für die Gegenstände und Dienstleistungen erhält; Erhebung der Steuer auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe einschließlich der Einzelhandelsstufe, ungeachtet der Zahl der vorher bewirkten Umsätze; Abzug der auf den vorhergehenden Stufen bereits entrichteten Beträge von der vom Steuerpflichtigen geschuldeten Steuer, so dass sich die Steuer auf einer bestimmten Stufe nur auf den auf dieser Stufe vorhandenen Mehrwert bezieht und die Belastung letztlich vom Verbraucher getragen wird (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 29.04.2004 - C-308/01 -, Slg. 2004, I-4802, Rn. 33; Urteil vom 09.03.2000 - C-437/97 -, Slg. 2000, I-1189, Rn. 22). Ob die Vergnügungssteuer das Merkmal der Proportionalität erfüllt, kann dahinstehen. Jedenfalls fehlen der Vergnügungssteuer die weiteren den Charakter der Mehrwertsteuer bestimmenden Merkmale. Insbesondere ist weder der Steuerpflichtige noch der Steuerschuldner zum Vorsteuerabzug berechtigt. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass nur ein einstufiger Vorgang vorliege wie bei einem Verkauf unmittelbar durch den Erzeuger. Abgesehen davon, dass dieser vorsteuerabzugsberechtigt ist, ist die Vergnügungssteuer strukturell nicht auf einen Vorsteuerabzug angelegt. Sie wird darüber hinaus nicht allgemein, sondern nur für Geld- und Unterhaltungsspielgeräte sowie sonstige Vergnügungen in einer Gemeinde erhoben (BVerwG, Urteil vom 10.12.2009 - 9 C 12.08 -, BVerwGE 135, 367; OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 23.06.2010 - 14 A 597/09 -, juris). Vor diesem Hintergrund verstößt die erhobene Vergnügungssteuer auch nicht gegen die Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. EG Nr. L 9/12; davor: Richtlinie 92/12/EWG des Rates v. 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren, ABl. EG Nr. L 76/1). Denn diese Richtlinie betrifft ebenso wie ihre Vorgängerin (die Richtlinie 92/12/EWG) nur die Besteuerung bestimmter Waren und erlaubt daneben ausdrücklich die Besteuerung von Dienstleistungen, sofern es sich nicht um umsatzbezogene Steuern handelt (Art. 1 Abs. 3 Buchst. b Richtlinie 2008/118/EG, Art. 3 Abs. 3 Satz 2 Richtlinie 92/12/EW). Die Antragsgegnerin besteuert mit ihrer Vergnügungssteuersatzung jedoch keine Waren oder Dienstleistungen, sondern, wie ausgeführt, den Vergnügungsaufwand der Spieler. Selbst wenn die Vergnügungssteuer der Antragsgegnerin als eine Steuer auf Dienstleistungen angesehen würde, erhebt sie die Vergnügungssteuer nicht allgemein auf den Waren- und Dienstleistungsverkehr, sondern nur für die Nutzung von Geld- und Unterhaltungsspielgeräten und sonstigen Vergnügungen in ihrem Gebiet, so dass die Vergnügungssteuer keine umsatzbezogene Steuer ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.01.2010 - 9 B 40.09 -, juris Rn. 6 f.; OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 20.08.2014 - 14 A 1353/14 -, juris Rn. 3-7; SächsOVG, Urteil vom 06.05.2015 – 5 A 439/12 –, juris Rn. 53).
39 
2. Der Einwand des Antragstellers, die Änderungssatzung verstoße gegen das Verbot der Erhebung von Erdrosselungssteuern, ist ebenfalls unbegründet. Einschlägig ist hierbei allein das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und nicht die vom Antragsteller ebenfalls angeführte Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG). Steuerliche Vorschriften sind dann an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen, wenn sie infolge ihrer Gestaltung in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufes stehen und objektiv eine berufsregelnde Tendenz deutlich erkennen lassen. Diese Voraussetzungen sind für die Vergnügungssteuer anerkannt (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.04.1971 - 1 BvL 22/67 -, BVerfGE 31, 8 <26 f.> und Kammerbeschluss vom 03.05.2001 - 1 BvR 624/00 ,- NVwZ 2001, 1264; BVerwG, Urteil vom 10.12.2009 - 9 C 12.08 -, BVerwGE 135, 367, juris Rn. 44). Die Eigentumsgarantie hingegen schützt nicht vor Preiserhöhungen infolge von neuen oder erhöhten Steuern. Die Erwartung, dass ein Unternehmen auch in der Zukunft rentabel betrieben werden kann, fällt nicht in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG (BVerfG, Urteil vom 20.04.2004 - 1 BvR 1748/99, 905/00 -, BVerfGE 110, 274 <290>; BVerwG, Urteil vom 14.10.2015 - 9 C 22.14 -, juris Rn. 15; NdsOVG, Urteil vom 28.11.2016 - 9 KN 76/15 -, juris Rn. 42). Das gilt jedenfalls für eine auf Abwälzung angelegte indirekte Steuer wie die Vergnügungssteuer (anders für die Einkommen- und Gewerbesteuer: BVerfG, Beschluss vom 18.01.2006 - 2 BvR 2194/99 -, BVerfGE 115, 97 <110 ff.>).
40 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. u.a. BVerfG, Beschluss vom 01.03.1997 - 2 BvR 1599/89 -, NVwZ 1997, 573; BVerwG, Urteil vom 22.12.1999 - 11 CN 1.99 -, BVerwGE 110, 237; Beschluss vom 07.01.1998 - 8 B 228.97 -, NVwZ-RR 1998, 672) verstößt die Erhebung einer Vergnügungssteuer gegen Art. 12 GG, wenn die Steuerbelastung es für sich genommen unmöglich macht, im Gebiet der steuererhebenden Körperschaft den Beruf des Spielautomatenbetreibers ganz oder teilweise zur wirtschaftlichen Grundlage der Lebensführung zu machen, und die Steuer damit in diesem Sinn „erdrosselnd“ wirkt. Eine erdrosselnde Wirkung der Höhe einer Steuer ist anzunehmen, wenn sie dem einer Steuer zukommenden Zweck, Einnahmen zu erzielen, geradezu zuwiderliefe, indem sie ersichtlich darauf abzielte, die Erfüllung des Steuertatbestandes praktisch unmöglich zu machen (vgl. OVG Rheinl.-Pf., Urteile vom 14.03.2014 - 6 C 11322/13 -, juris Rn. 32 und vom 14.05.2013 - 6 C 11221/12 -, NVwZ-RR 2013, 898 [899] m.w.N.), wenn also die steuerliche Lenkung nach Gewicht und Auswirkung einer verbindlichen Verhaltensregel nahekommt und die Finanzierungsfunktion der Steuer durch eine Verwaltungsfunktion mit Verbotscharakter verdrängt wird (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15.01.2014 – 1 BvR 1656/09 –, juris Rn. 49). Den Maßstab bildet dabei ein durchschnittlicher Betreiber im Gemeindegebiet. Da Art. 12 GG keinen Bestandsschutz für die Fortsetzung einer unwirtschaftlichen Betriebsführung gewährleistet (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 13.04.2005 - 10 C 5.04 -, BVerwGE 123, 218 <236>, vom 10.12.2009 - 9 C 12.08 -, BVerwGE 135, 367, juris Rn. 44 und vom 14.10.2015 - 9 C 22.14 -, juris Rn. 17; ebenso wohl BFH, Beschluss vom 19.02.2010 - II B 122/09 -, juris Rn. 38; ferner FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.07.2015 - 6 K 6070/12 -, juris Rn. 64), ist daher zu ermitteln, ob der durchschnittlich von den Aufstellern von Spielgeräten erzielte Bruttoumsatz die durchschnittlichen Kosten unter Berücksichtigung aller anfallenden Steuern einschließlich eines angemessenen Betrags für Eigenkapitalverzinsung und Unternehmerlohn abdecken kann (BVerwG, Urteile vom 10.12.2009 - 9 C 12.08 -, BVerwGE 135, 367 und vom 14.10.2015 - 9 C 22.14 -, juris Rn. 17). Hierbei ist, soweit es - wie vorliegend - um den Beruf des Spielgerätebetreibers geht, zu beachten, dass dessen unternehmerischer Entscheidungsspielraum und die Möglichkeit der Abwälzbarkeit der Steuer auf den Kunden eingeengt ist (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, BVerfGE 123, 1 <36> sowie FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.07.2015 - 6 K 6070/12 -, juris Rn. 62 ff.). Ihn treffen neben der Vergnügungssteuer nicht nur weitere Steuern wie die Umsatz-, Gewerbe-und u.U. die Körperschaftssteuer, vielmehr bestehen gerade für diese Unternehmensbranche umfangreiche gewerbe- und glücksspielrechtliche Beschränkungen (vgl. etwa Oebbecke, Der Gemeindehaushalt 2015, 1 und Sodan/ Kluckert, GewArch 2013, 177, jeweils m.w.N.; vgl. allgemein zum sog. additiven Grundrechtseingriff BVerfG, Beschluss vom 27.03.2012 - 2 BvR 2258/09 -, BVerfGE 130, 372 <392> m.w.N.), worauf der Antragsteller auch hingewiesen hat. Dies begrenzt einerseits die Möglichkeiten, eine höhere Abgabenbelastung betriebswirtschaftlich auszugleichen. Andererseits können hieraus besondere, von der kommunalen Steuer unabhängige strukturelle wirtschaftliche Rahmenbedingungen erwachsen. Nur Ersteres muss die Ausgestaltung einer berufsregelnden kommunalen Steuer berücksichtigen. Die Gemeinde ist daher beispielsweise nicht gehalten, den Betrieb einer Spielhalle an einem hierfür ungeeigneten Standort durch die Absenkung oder Nichterhebung von Steuern erst zu ermöglichen (BVerwG, Urteil vom 14.10.2015 - 9 C 22.14 -, BVerwGE 153, 116, juris Rn. 18).
41 
Für die Berechnung sind die Ergebnisse einer kostensparenden marktgerechten Betriebsführung zugrunde zu legen. Die Kosten sind deshalb daraufhin zu untersuchen, ob sie in der Regel erforderlich sind. Das schließt es aus, Geldspielgeräte in die Berechnung einzubeziehen, die von vornherein, auch unabhängig von der Vergnügungssteuer, unwirtschaftlich sind und daher geeignet sein könnten, den durchschnittlichen Ertrag zu mindern. Die negativen Betriebsergebnisse nur eines Unternehmens (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.08.2013 - 9 BN 1.13 -, juris Rn. 7) zwingen insoweit nicht zu der Annahme, die Erhöhung der Vergnügungssteuer sei allgemein geeignet, dem Betrieb von Spielautomaten im Satzungsgebiet die wirtschaftliche Grundlage zu entziehen (BVerwG, Urteil vom 10.12.2009 - 9 C 12.08 -, juris Rn. 44 ff.).
42 
Dabei kann die erdrosselnde Wirkung eines Steuersatzes nicht nur auf der Grundlage betriebswirtschaftlicher und steuerlicher Daten von Unternehmen im Geltungsbereich der Vergnügungssteuersatzung beurteilt werden. Vielmehr kommt auch der Entwicklung der Anzahl der entsprechenden Betriebe in der Gemeinde als maßgeblichem Erhebungsgebiet und der aufgestellten Spielgeräte seit Erlass der Vergnügungssteuersatzung indizielle Bedeutung zu (BVerwG, Beschluss vom 26.10.2011 - 9 B 16.11 -, NVwZ-RR 2012, 38, juris Rn. 7). Die Erhebung einer Spielgerätesteuer hat nach den genannten Grundsätzen nur dann erdrosselnde Wirkung, wenn sie den aus der Ausübung des Berufs eines Spielgeräteaufstellers erzielten Gewinn so weit mindert, dass nicht nur einzelne Unternehmer sich zur Aufgabe ihres bisherigen Berufs veranlasst sehen, sondern die gesamte Branche bedroht ist. Läge eine erdrosselnde Wirkung vor, müsste deshalb eine Tendenz zum Absterben der gesamten Branche erkennbar werden, indem die schwächeren Anbieter aus dem Markt scheiden, ohne dass neue ihren Platz einnehmen. Es kommt auf den Einzelfall an, ob ein solches Indiz auch ohne Hinzutreten weiterer Erkenntnisse über die Ertragslage einzelner Betriebe hinreichend sichere Rückschlüsse auf eine fehlende erdrosselnde Wirkung zulassen kann. Denn die Frage, wie breit die Datenbasis sein muss, um repräsentative Aussagen treffen zu können, lässt sich nicht allgemein beantworten, sondern hängt von den konkreten Gegebenheiten im Satzungsgebiet ab (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.10.2011 - 9 B 16.11 -, NVwZ-RR 2012, 38, juris Rn. 7).
43 
Nach diesen Maßstäben entfaltet die Vergnügungssteuer der Antragsgegnerin keine erdrosselnde Wirkung. Der Vergnügungssteuersatz von 20 v.H. der Bruttokasse macht es dem durchschnittlichen Spielautomatenaufsteller im Satzungsgebiet nicht unmöglich, den gewählten Beruf des Aufstellers von Spielautomaten ganz oder teilweise zur wirtschaftlichen Grundlage seiner Lebensführung zu machen. Für eine Entwicklung in Richtung auf das Absterben einer gesamten Branche ist im vorliegenden Fall nichts zu erkennen. Die neue Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin, nach der Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit nicht mehr, wie bisher, nach dem Stückzahlmaßstab, sondern nach der Höhe des Einspielergebnisses besteuert werden, ist am 01.01.2016 in Kraft getreten. Nach den - vom Antragsteller nicht substantiiert bestrittenen - Angaben der Antragsgegnerin wurden seitdem weder Spielhallen geschlossen noch hat sich die Zahl der Spielgeräte signifikant reduziert. Nach der von der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übergebenen Liste (Stand 19.07.2017) und ihren ergänzenden Erläuterungen hierzu gibt es im Satzungsgebiet mehr als eineinhalb Jahre nach Inkrafttreten der Satzungsneufassung unverändert sechs Spielhallen an vier Standorten. Der Bestand an Spielgeräten hat sich gegenüber 2016 zwar um drei Geräte verringert, der Kämmerer der Antragsgegnerin hat aber, ohne dass der Antragsteller dem entgegengetreten wäre, angegeben, es bestehe Interesse an der Aufstellung weiterer Geldspielgeräte. Die Antragsgegnerin könne den Anträgen aber nicht stattgeben. Dafür, dass andere Aufsteller im Gebiet der Antragsgegnerin identische finanzielle Probleme hätten wie der Antragsteller, gibt es unter Berücksichtigung der nicht bestrittenen Angaben der Antragsgegnerin keine Anhaltspunkte, da alle anderen Aufsteller im Satzungsgebiet die quartalsmäßig festgesetzte Vergnügungssteuer vollständig und, ohne Widerspruch zu erheben, bezahlt haben, was ein wichtiges Indiz dafür darstellt, dass sie nicht unter Liquiditätsproblemen leiden. Entgegen der Behauptung des Antragstellers handelt es sich ausweislich der Liste auch nicht nur um überregionale Großanbieter, die Verluste ohne größere Schwierigkeiten ausgleichen könnten, sondern auch um regionale Aufsteller mit nur wenigen Geräten. Soweit der Antragsteller weiterhin geltend macht, auch seine Konkurrenten arbeiteten defizitär, und behauptet, im Erhebungsgebiet ließen sich keine hohen Gewinne erzielen, sah der Senat sich nicht veranlasst, dem im Wege der Amtsaufklärung weiter nachzugehen und Beweis durch Zeugenvernehmung und Sachverständigengutachten zu erheben, denn ihm ist es möglich, anhand der vorliegenden Indizien ohne weitere Beweiserhebung hinreichend sichere Rückschlüsse auf die fehlende erdrosselnde Wirkung des Vergnügungssteuersatzes zu ziehen. Die Möglichkeit der Erzielung „hoher Gewinne“ ist im Zusammenhang mit der erdrosselnden Wirkung der Vergnügungssteuer ohnehin nicht maßgeblich.
44 
Da es auf das (negative) Betriebsergebnis nur eines Spielgerätebetreibers im Satzungsgebiet nicht ankommt, sind die eigenen Aufstellungen des Antragstellers zu den Einnahmen und Ausgaben nur seines Unternehmens nicht geeignet, die erdrosselnde Wirkung der Vergnügungssteuer im Satzungsgebiet der Antragsgegnerin zu belegen. Diesbezüglich sieht der Senat schon mangels Entscheidungserheblichkeit eine weitere Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten nicht als erforderlich an. Die Aufstellungen wären - auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Angaben des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - im Übrigen aber auch kein Indiz für eine erdrosselnde Wirkung der Vergnügungssteuer konkret und nur auf den Antragsteller bezogen. Zwar hat der Antragsteller seine unterschiedlichen Angaben zu den Erlösen 2015 mit der vereinbarten 50:50-Teilung zwischen ihm und dem Gastwirt zu erklären vermocht. Unplausibel bleibt aber weiter, dass der Antragsteller bei einem Umsatz von rund 424.000,000 EUR in 2015 laut Schriftsatz vom 12.07.2017 lediglich Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von knapp 26.000,00 EUR gehabt haben will, zumal diese im Vergleich zu 2014 auf ein Drittel (2014 vor Steuern: ca. 94.000,00 EUR, 2015 vor Steuern: ca. 31.000,00 EUR) geschrumpft sind. Mit den in der mündlichen Verhandlung erstmals geltend gemachten erhöhten Personalausgaben, weil der Antragsteller, seine Frau und seine Tochter sich arbeitszeitmäßig zurückgenommen hätten, lässt sich dies nur schwerlich erklären und erscheint schon deshalb nicht plausibel, weil der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin darauf hingewiesen hatte, seine Frau sei auf den von ihm zur Verfügung gestellten Arbeitsplatz angewiesen. Gerade der Erlösrückgang im Jahr 2015, also bereits im Jahr vor der Einführung der streitgegenständlichen Vergnügungssteuer, spricht vielmehr dafür, dass das Unternehmen des Antragstellers schon ohne jegliche Vergnügungssteuerlast nicht rentabel gewesen ist.
45 
Davon, dass der von der Antragsgegnerin gewählte Steuersatz von 20 v.H. der Bruttokasse die Ausübung des Berufs des Spielhallenbetreibers in aller Regel wirtschaftlich unmöglich machte und damit eine erdrosselnde Wirkung erzeugt, ist nach alledem nicht auszugehen. Dies gilt auch, soweit der Antragsteller einen additiven bzw. kumulativen Grundrechtseingriff durch die Vergnügungssteuer im Verbund mit sonstigen den Betrieb von Spielhallen einschränkenden Regelungen wie die Spielverordnung und die Glücksspielgesetze geltend macht. Kumulativen oder „additiven" Grundrechtseingriffen (vgl. BVerfG, Urteil vom 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 -, BVerfGE 112, 304 <319 f.>; Beschluss vom 13.09.2005- 2 BvF 2/03 -, BVerfGE 114, 196 <247>; Urteil vom 10.06.2009 - 1 BvR 706/08 u.a. -, BVerfGE 123, 186 <266>) wohnt zwar ein spezifisches Gefährdungspotential für grundrechtlich geschützte Freiheiten inne (vgl. BVerfG, Urteil vom 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 -, BVerfGE 112, 304 <319 f.>; Beschluss vom 27.03.2012 - 2 BvR 2258/09 -, BVerfGE 130, 372, juris Rn. 59). Ein additiver Grundrechtseingriff, der das Grundrecht des Antragstellers aus Art. 12 Abs. 1 GG in unverhältnismäßiger Weise einschränken und „erdrosseln“ würde, liegt jedoch nicht vor. Dies ergibt sich aus dem Beschluss des BVerfG vom 07.03.2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. -, juris, in dem dieses die landesglücksspielrechtlichen Beschränkungen trotz des gerade auch im Hinblick auf vergnügungssteuerrechtliche Belastungen geltend gemachten additiven Grundrechtseingriffs für mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar angesehen hat. Dasselbe muss gelten, wenn wie vorliegend die Primärbelastung aus der Vergnügungssteuer herrührt und weitere Belastungen den glücksspielrechtlichen Vorgaben entstammen.
46 
3. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist auch die kalkulatorische Abwälzbarkeit auf die Spieler als materiell-rechtliche (nicht aber die Satzungsbefugnis berührende, s. dazu oben 1.) Voraussetzung der Vergnügungssteuer in Form der Spielgerätesteuer gegeben.
47 
Eine am Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ausgerichtete, gerechte Zuteilung der Vergnügungssteuerlast erfordert, dass die Steuer jedenfalls im Ergebnis von demjenigen aufgebracht wird, der den von der Steuer erfassten Vergnügungsaufwand betreibt. Sofern Schuldner der Besteuerung von Spielgeräten - wie hier gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 VStS - der Aufsteller der Spielgeräte ist, wird die Steuer bei diesem nur zur Vereinfachung erhoben. Im Ergebnis soll sie den Spieler treffen. Die Steuer muss daher nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, BVerfGE 123, 1 <22 f.>, juris; BVerwG, Urteil vom 10.12.2009 - 9 C 12.08 -, BVerwGE 135, 367, juris Rn. 28; Beschlüsse vom 24.02.2012 - 9 B 80.11 -, Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 54, juris Rn. 7 und vom 21.11.2014 - 9 B 20.14 -, Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 57, juris Rn. 14) auf den Benutzer des Spielgeräts abwälzbar sein. Sie soll nicht an demjenigen "hängen bleiben", der das steuerpflichtige Vergnügen zum Zwecke der Gewinnerzielung anbietet, sondern aus denjenigen Aufwendungen gedeckt werden, die die Spieler für ihr Spielvergnügen aufbringen. Hierfür genügt die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - etwa Umsatzsteigerung oder Senkung der Kosten - treffen kann. Es ist nicht erforderlich, dass die Steuer - wie beispielsweise beim Stückzahlmaßstab - im Voraus exakt berechnet werden kann. Die rechtliche Gewähr, dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von demjenigen erhält, der nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll, muss dem Steuerschuldner nicht geboten werden. Entscheidend ist vielmehr, dass der Unternehmer die abzuführende Steuer anhand langfristiger Erfahrungs- und Durchschnittswerte verlässlich kalkulieren kann und die Überwälzung der Steuerlast auf die Spieler rechtlich und tatsächlich möglich ist (BVerwG, Urteile vom 14.10.2015 - 9 C 22.14 -, juris Rn. 33 f. und vom 10.12.2009 - 9 C 12.08 -, BVerwGE 135, 367, juris Rn. 30). Insofern reicht es aus, dass die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt. Diese Voraussetzung ist zumindest so lange gegeben, wie der Spielereinsatz den Steuerbetrag und die sonstigen notwendigen Kosten für den Betrieb des Spielgerätes deckt und in der Regel noch Gewinn abwirft (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, juris Rn. 62 m.w.N.). Ausgeschlossen wäre eine solche Überwälzbarkeit dann, wenn sich der Steuerbetrag zusammen mit den sonstigen notwendigen Kosten für den Betrieb der Geräte nicht mehr aus dem Spieleinsatz decken ließe und daher die Veranstalter zur Zahlung der Steuer ihre Gewinne aus anderen rentablen Betriebssparten verwenden müssten (sog. schräge Überwälzung, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 01.04.1971 - 1 BvL 22/67 -, BVerfGE 31, 8 <21 f.> und vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, BVerfGE 123, 1 <36>).
48 
Durch die - u.a. auch vom Antragsteller angeführten - Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen werden zwar die Möglichkeiten für einen gewinnbringenden Betrieb von Geldspielgeräten eingeschränkt, sie schließen aber die Abwälzbarkeit der Vergnügungssteuer in rechtlicher Hinsicht nicht aus. Denn innerhalb des rechtlichen Rahmens ist es nach wie vor grundsätzlich möglich, einen angemessenen Gewinn zu erzielen. Durch die rechtliche Gestaltung der Bedingungen für den Betrieb insbesondere von Spielhallen wird diese Möglichkeit nicht von vornherein ausgeschlossen. Weder die Mindestspieldauer von 5 Sekunden gemäß § 13 Nr. 2 SpielV, wobei der Einsatz 0,20 EUR nicht übersteigen und der Gewinn höchstens 2,00 EUR betragen darf, noch die Begrenzung der Summe der Verluste im Verlauf einer Stunde auf 60,00 EUR gemäß § 13 Nr. 4 SpielV, noch die Festlegung der Höchstsumme der Gewinne abzüglich der Einsätze im Verlauf einer Stunde auf 400,00 EUR sowie der Ausschluss von Jackpots und anderen Sonderzahlungen in § 13 Nr. 5 SpielV und die Regelung in § 12 Abs. 2 Nr. 1 SpielV, wonach die Gewinne in solcher Höhe ausbezahlt werden müssen, dass bei langfristiger Betrachtung kein höherer Betrag als 20,00 EUR je Stunde als Kasseninhalt verbleibt, schließen die Abwälzbarkeit der Steuer in rechtlicher Hinsicht aus. Diese rechtlichen Vorgaben hindern den Aufsteller von Spielgeräten nicht grundsätzlich daran, seinen Umsatz zu steigern oder seine Betriebskosten zu senken, sofern derartige Maßnahmen zur Vermeidung einer erdrosselnden Wirkung der Steuer überhaupt erforderlich sind. Beides ist nach wie vor vom kaufmännischen Geschick des Unternehmers und der Marktlage abhängig. Seiner betriebswirtschaftlichen Planung und Kalkulation sind trotz der neu eingeführten Regelungen in der Spielverordnung weiterhin hinreichende Spielräume eröffnet (vgl. BFH, Urteil vom 07.12.2011 - II R 51/10 -, juris Rn. 60; NdsOVG, Urteile vom 30.11.2016 - 9 KN 88/15 -, juris Rn. 40 und vom 28.11.2016 - 9 KN 76/15 -, juris Rn. 24; OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 20.05.2015 - 14 A 831/15 -, juris Rn. 18; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.03.2015 - 2 KN 1/15 -, juris Rn. 23 ff.; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.07.2015 - 6 K 6070/12 -, juris Rn. 78). Denn die Spielräume der Unternehmer als Steuerschuldner sind durch die Bedingungen der Spielverordnung nicht in einer Weise begrenzt, die ihnen die Überwälzung der Steuerlast auf die Spieler rechtlich unmöglich machen würde. Der Unternehmer kann im Rahmen dieser Regelungen nach wie vor etwa durch die Auswahl geeigneter Standorte sowie durch eine entsprechende Gestaltung und Ausstattung der Spielhallen oder durch eine Änderung der Angebotsstruktur auf eine Umsatzsteigerung hinwirken und die Selbstkosten auf das unbedingt erforderliche Maß beschränken, um nicht nur die Steuer und die sonstigen Kosten, sondern auch noch einen Gewinn zu erwirtschaften. Dass der Antragsteller all dies Möglichkeiten ausgeschöpft hätte, lässt sich seinem Vorbringen nicht entnehmen.
49 
Auch die weiteren vom Antragsteller angeführten Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen schließen die Abwälzbarkeit der Steuer in rechtlicher Hinsicht nicht aus. Durch die landesglücksspielrechtliche Mindestabstandsregelung und die Vorgabe des § 3 Abs. 2 SpielV, wonach in Spielhallen höchstens zwölf Geldspielgeräte aufgestellt sein dürfen, ist zwar die Konzentration von mehreren Betrieben an einem Standort künftig ausgeschlossen und die Zahl der Spielgeräte in einem Betrieb begrenzt worden. Die Möglichkeit der Verlagerung des Standorts einer Spielhalle an einen günstigeren Standort besteht jedoch nach wie vor, sofern der Mindestabstand zur nächsten Spielhalle eingehalten wird. Dass die Spielgeräteaufsteller an sonstige gewerbe-, jugendschutz- und baurechtliche Regelungen gebunden sind, steht der Erzielung eines angemessenen Gewinns in rechtlicher Hinsicht ebenfalls nicht entgegen. Denn hierbei handelt es sich um rechtliche Vorgaben, wie sie in gleicher oder ähnlicher Weise auch für andere Gewerbebetriebe gelten, ohne dass sie die Erzielung eines angemessenen Gewinns ausschließen.
50 
Dass die Vergnügungssteuer im Satzungsgebiet der Antragsgegnerin innerhalb der genannten rechtlichen Rahmenbedingungen auch tatsächlich auf die Spieler abwälzbar ist, weil der Spielereinsatz den Steuerbetrag und die sonstigen notwendigen Kosten für den Betrieb des Spielgeräts deckt und in der Regel noch Gewinn abwirft, ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den Erwägungen, mit denen oben eine erdrosselnde Wirkung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG abgelehnt worden ist. Denn in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 14.10.2015 - 9 C 22.14 -, juris Rn. 35 und Beschluss vom 10.12.2015 - 9 BN 5.15 -, juris Rn. 4; ebenso NdsOVG, Urteile vom 30.11.2016 - 9 KN 88/15 -, juris Rn. 43 und vom 28.11.2016 - 9 KN 76/15 -, juris Rn. 26; OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 29.07.2016 - 14 A 1240/16 -, juris Rn. 13) ist inzwischen geklärt, dass das Erfordernis der kalkulatorischen Abwälzbarkeit teilidentisch ist mit der im Rahmen der Erdrosselungswirkung anstehenden Prüfung, ob eine Steuererhöhung für einen durchschnittlichen Unternehmer wirtschaftlich verkraftbar ist. Auch das Bundesverfassungsgericht prüft im Rahmen der Überwälzbarkeit, ob der Unternehmer in der Lage ist, seinen Umsatz zu steigern oder seine Betriebskosten zu senken. Dafür, dass die Schwelle der kalkulatorischen Überwälzbarkeit niedriger wäre als diejenige der Erdrosselung, gibt es keine Grundlage. Zwar unterscheiden sich das Erdrosselungsverbot und das Gebot der kalkulatorischen Überwälzbarkeit hinsichtlich ihrer dogmatischen Herleitung. Das Erdrosselungsverbot gründet auf dem Freiheitsrecht des Art. 12 GG und zielt auf die Möglichkeit der Erwirtschaftung eines Unternehmensgewinns. Demgegenüber ist die kalkulatorische Überwälzbarkeit dem Begriff der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuer gemäß Art. 105 Abs. 2a GG immanent. Eine solche am Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG ausgerichtete Steuerlast fordert, dass die Steuer jedenfalls im Ergebnis von demjenigen aufgebracht wird, der den von der Steuer erfassten Aufwand betreibt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, BVerfGE 123, 1 <22>). Eine unterschiedliche Schwelle steuerlicher Belastung folgt aus diesen Unterschieden jedoch nicht. In beiden Fällen entscheidend ist, dass dem Spielhallenbetreiber ein angemessener Gewinn verbleibt. Dies ist unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragstellers der Fall.
51 
4. Soweit der Antragsteller schließlich Zweifel an der Zulässigkeit des mit der Vergnügungssteuer verfolgten Lenkungszwecks hegt, vermag er auch damit nicht durchzudringen. Es ist in der Rechtsprechung des BVerfG geklärt, dass mit der Spielgerätesteuer auch die Eindämmung der Spielsucht als Lenkungszweck verfolgt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.03.1997 - 2 BvR 1599/89 -, NVwZ 1997, 573; s.a. SächsOVG, Urteil vom 06.05.2015 - 5 A 439/12 -, juris Rn. 65; ThürOVG, Beschluss vom 19.12.2002 - 4 EO 489/02 -, KStZ 2004, 71). Im vorliegenden Fall bestehen, was auch der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, nach dem Wortlaut der Vergnügungssteuersatzung und den Erwägungen des Gemeinderats der Antragsgegnerin zur Neufassung der Satzung, wie sie sich aus der Gemeinderatsdrucksache-Nr.: 2015-084 ergeben, keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin mit der Erhebung einer Vergnügungssteuer auf Geldspielgeräte nicht einen Finanzierungszweck, sondern primär einen Lenkungszweck verfolgte.
52 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
53 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
54 
Beschluss vom 20. Juli 2017
55 
Der Streitwert des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof wird unter Abänderung der vorläufigen Streitwertfestsetzung vom 05.09.2016 auf 82.590,28 EUR festgesetzt.
56 
Bei der Festsetzung des Streitwerts für ein Normenkontrollverfahren ist der Doppelnatur des Normenkontrollverfahrens als subjektivem Rechtsschutzverfahren und objektivem Beanstandungsverfahren Rechnung tragend auf die Vorschrift des § 52 Abs. 1 GKG zurückzugreifen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei Normenkontrollverfahren im Abgabenrecht als Streitwert der Jahresbetrag der streitigen Steuer anzusetzen, der auf den subjektiven Rechtsschutz suchenden Antragsteller des Normenkontrollverfahrens entfällt, da dieser Betrag am ehesten dem wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers eines Normenkontrollverfahrens entspricht (s. hierzu Senatsbeschlüsse vom 08.03.2016 - 2 S 1019/15 - und vom 11.06.2015 - 2 S 2555/13 -, jeweils juris). Um daneben der objektiven Kontrollfunktion sowie der Bedeutung und Reichweite (§ 47 Abs. 5 VwGO) auch für den Antragsteller eines Normenkontrollverfahrens Rechnung zu tragen, ist dieser Jahresbetrag grundsätzlich - also ungeachtet der tatsächlichen Belastungsdauer - anzusetzen. Aus den vorgenannten Gründen der Bedeutung und Reichweite eines Normenkontrollverfahrens im Abgabenrecht ist hierbei - unabhängig davon, ob und welcher Jahresbetrag sich errechnet bzw. errechnen lässt - mindestens der Auffangstreitwert von 5.000,- EUR festzusetzen (s. Streitwertkatalog 2013 Nr. 3.3). Nach den zuletzt vom Antragsteller mit Schriftsatz vom 12.07.2017 gemachten Angaben wäre im Jahr 2016 eine Vergnügungssteuer in Höhe von 82.590,28 EUR (24.758,86 EUR + 57.831,42 EUR) angefallen, die der Senat der Streitwertberechnung zugrunde legt.
57 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe

 
I.
25 
Der Normenkontrollantrag ist zulässig.
26 
Die Rechtswegzuständigkeit des erkennenden Verwaltungsgerichtshofs ist im Hinblick auf die angegriffenen Teile der Vergnügungssteuersatzung gegeben. Nach § 47 Abs. 1 VwGO entscheidet der Verwaltungsgerichtshof „im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit" über die Gültigkeit der dort genannten Rechtsvorschriften. Es muss sich um Verfahren handeln, für die der Verwaltungsgerichtsweg im Sinne von § 40 VwGO eröffnet ist. Insoweit ist hierfür zu prüfen, ob sich aus der Anwendung der angegriffenen Rechtsvorschrift Rechtsstreitigkeiten ergeben können, für die der Verwaltungsrechtsweg gegeben ist (BVerwG, Beschluss vom 27.07.1995 - 7 NB 1.95 -, NVwZ 1996, 63; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.06.2003 - 4 S 1999/02 -, ESVGH 53, 555, juris; Beschluss vom 29.07.1968 - I 760/65 -, NJW 1968, 2076; Beschluss vom 07.12.1988 - 4 S 3038/87 -, VBlBW 1989, 302, 303; Kopp/Schenke, VwGO, 23. Aufl., § 47 Rn. 17; Schmidt, in: Eyermann, VwGO, , § 47 Rn. 32; Ziekow, in: Sodan/Ziekow, VwGO, § 47 Rn. 43). Der Zweck dieser gesetzlichen Einschränkung ist darin zu sehen, dass der Verwaltungsgerichtshof nicht eine Rechtsvorschrift mit allgemein verbindlicher Wirkung (§ 47 Abs. 5 Satz 2 VwGO) für ungültig erklären können soll, wenn für Rechtsstreitigkeiten aus der Anwendung derselben die Gerichte anderer Gerichtsbarkeiten zuständig sind (VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 29.07.1968, - I 760/65 -, NJW 1968, 2076). So folgt aus der öffentlich-rechtlichen Natur der angefochtenen Satzung allein noch nicht die Rechtswegzuständigkeit des Verwaltungsgerichtshofs nach § 47 VwGO (VGH Bad.-Württ., Urteil vom 25.06.2003 - 4 S 1999/02 -, ESVGH 53, 555, juris) und besagt diese öffentlich-rechtliche Natur allein noch nicht, dass die aus der Anwendung der Satzung entstehenden Rechtsstreitigkeiten öffentlich-rechtlicher Natur sind, wie sich etwa an Bußgeldbescheiden zeigt. Diese können auch dann nur vor den ordentlichen Gerichten angefochten werden (vgl. § 68 Abs. 1 OWiG), wenn sie sich auf verordnungs- oder satzungsrechtliche Regelungen über Ordnungswidrigkeiten stützen und die Regelungen von Stellen der öffentlichen Verwaltung mit Außenwirkung erlassen wurden (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27.07.1995 -7 NB 1.95 -, NVwZ 1996, 63; VGH Bad.-Württ., Urteil vom 14.12.2011 - 3 S 2611/09 -, juris Rn. 23). Dementsprechend unterfällt die Ordnungswidrigkeitenvorschrift des § 11 VStS nicht der Gerichtsbarkeit des Verwaltungsgerichtshofs und wurde daher vom Antragsteller von der Anfechtung auch zutreffend ausgenommen. Dagegen unterfallen die sonstigen Vorschriften der Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin als kommunalabgabenrechtliche Regelungen dem Verwaltungsrechtsweg im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
27 
Der Antrag ist statthaft, denn bei der angefochtenen Satzung handelt es sich um eine im Rang unter dem Landesgesetz stehende Rechtsvorschrift im Sinne des § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO in Verbindung mit § 4 des baden-württembergischen Gesetzes zur Ausführung der Verwaltungsgerichtsordnung (AGVwGO).
28 
Der Antragsteller besitzt auch die erforderliche Antragsbefugnis (§ 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO), denn als Aufsteller von unter die Satzung fallenden Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit kann er geltend machen, durch die Satzung sowie deren behördlichen Vollzug, insbesondere als Steuerschuldner nach § 4 Abs. 1 Satz 1 VStS und als Steuererklärungspflichtiger nach § 10 VStS, unmittelbar in seinen Rechten verletzt zu sein.
29 
Der Antrag wurde fristgerecht am 30.08.2016, nämlich innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO ab Bekanntmachung der Satzung am 01.12.2015 gestellt.
30 
§ 47 Abs. 3 VwGO steht der Überprüfung nicht entgegen, weil das Landesrecht keine ausschließliche landesverfassungsgerichtliche Zuständigkeit normiert hat. Vielmehr geht § 49 Abs. 1 VerfGHG von der Konkurrenz von landesverfassungsgerichtlicher (Art. 68 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 LV) und verwaltungsgerichtlicher Normenkontrolle aus (Senatsurteile vom 28.01.2016 - 2 S 1019/15 -, juris Rn. 45 und vom 11.06.2015 - 2 S 2555/13 -, juris Rn. 104).
II.
31 
Der Normenkontrollantrag ist aber unbegründet. Die angefochtene Satzung vom 20.10.2015 verstößt entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht gegen höherrangiges Recht.
32 
1. Die Antragsgegnerin besitzt nach Art. 105 Abs. 2a GG i.V.m. § 9 Abs. 4 KAG die Kompetenz zum Erlass der streitgegenständlichen Vergnügungssteuersatzung. Nach Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG haben die Länder die Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuern, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind. Hieran anknüpfend regelt § 9 Abs. 4 KAG, dass die Gemeinden örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern erheben können, solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind, jedoch nicht Steuern, die vom Land erhoben werden oder den Stadtkreisen und Landkreisen vorbehalten sind.
33 
Entgegen der Auffassung des Antragstellers handelt es sich bei der von der Antragsgegnerin erhobenen Vergnügungssteuer auf Geldspielgeräte um eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a GG i.V.m. § 9 Abs. 4 KAG. Ob eine als Vergnügungssteuer erhobene Abgabe eine örtliche Aufwandsteuer ist und die Länder nach Art. 105 Abs. 2a GG bzw. die Gemeinden nach § 9 Abs. 4 KAG dafür die Gesetzgebungs- bzw. Satzungskompetenz haben, die Steuer also nicht das Gleichartigkeitsgebot des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG verletzt, bestimmt sich nicht nach ihrer Bezeichnung, sondern nach ihrem Steuertatbestand, ihrem Steuermaßstab und ihren wirtschaftlichen Auswirkungen, wobei für die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen nach dem Grundgesetz maßgebend auf die Sicht des traditionellen deutschen Steuerrechts abzustellen ist (BVerwG, Urteil vom 10.12.2009 - 9 C 12.08 -, BVerwGE 135, 367, juris Rn. 16 m.w.N.). Aufwandsteuern i.S. des Art. 105 Abs. 2a GG sollen die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit abschöpfen. Sie sollen die Leistungsfähigkeit des Spielers, der sich an den Geldspielautomaten vergnügt, treffen und werden entsprechend dem herkömmlichen Bild der Vergnügungssteuer bei dem Veranstalter des Vergnügens, also indirekt, erhoben. Ob der Landesgesetzgeber - hier der Ortsgesetzgeber, dem gemäß § 9 Abs. 4 KAG die Besteuerungskompetenz übertragen wurde - sich mit dem Erlass eines Steuergesetzes - hier: Satzung - im Rahmen der Kompetenzgrundlage des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG hält, hängt allein vom Charakter der geschaffenen Steuer ab (Senatsurteil vom 11.06.2015 - 2 S 2555/13 -, juris Rn. 121).
34 
Nach diesen Grundsätzen stellt die von der Antragsgegnerin auf Geldspielgeräte erhobene Vergnügungssteuer eine Aufwandsteuer „im klassischen Sinne“ dar. Nach § 2 Abs. 1 VStS unterliegt der Betrieb von Spielgeräten, die an öffentlich zugänglichen Orten (z.B. in Spielhallen, Gaststätten, Kantinen, Vereinsräumen) zur Benutzung gegen Entgelt bereitgehalten werden, der Vergnügungssteuer. Die Steuer für den in § 2 Abs. 1 VStS bezeichneten Aufwand beträgt gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 VStS 20 v.H. der elektronisch gezählten Bruttokasse. In § 4 Abs. 1 VStS ist geregelt, dass der Geräteaufsteller der Steuerschuldner ist. Die von der Antragsgegnerin erhobene Vergnügungssteuer ist damit entsprechend dem herkömmlichen Bild der örtlichen Automatensteuer konzipiert, die die Leistungsfähigkeit des Spielers, der sich an den Spielautomaten vergnügt, treffen soll und indirekt bei dem Veranstalter des Vergnügens erhoben wird (vgl. auch BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, BVerfGE 123, 1, juris Rn. 45 ff. m.w.N.). Steuergut ist der vom einzelnen Spieler für das Spielvergnügen erbrachte Aufwand als Indiz seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, die an das Halten eines Gegenstandes oder an einen tatsächlichen oder rechtlichen Zustand anknüpft (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06.12.1983 - 2 BvR 1275/79 -, BVerfGE 65, 325). Dementsprechend wird sie für Gegenstände oder Dienstleistungen erhoben, die der Einkommensverwendung, dem privatem Aufwand, und nicht der Einkommenserzielung dienen (vgl. Senatsurteil vom 11.06.2015 - 2 S 2555/13 -, juris Rn. 110 unter Bezugnahme auf BVerwG, Urteil vom 11.07.2012 - 9 CN 1.11 -, BVerwGE 143, 301). Für die Behauptung des Antragstellers, der Satzungsgeber ziele allein darauf ab, einen Teil des Gewinns des Aufstellers „abzuschöpfen“, und bediene sich gleichsam in missbräuchlicher Art und Weise einer nur so bezeichneten Aufwandsteuer, die in Wahrheit eine „Spielgerätesteuer“ und damit umsatzsteuergleich sei, gibt es keine greifbaren Anhaltspunkte. Zwar ist davon auszugehen, dass, wenn der zu besteuernde Aufwand ausgabengleich ist, d.h. er in der Entrichtung eines Geldbetrages besteht, was bei Anknüpfung einer Aufwandsteuer an den Gebrauch - wie bei der Spielgerätesteuer -regelmäßig der Fall ist, sich der Aufwand aus Sicht des Geräteaufstellers als Umsatz niederschlägt. Dies ändert aber nichts daran, dass Steuergegenstand (§ 2 VStS) und Bemessungsgrundlage (§ 6 VStS) unmittelbar an den Spieleraufwand anknüpfen, der in dem vom Spieler jeweils eingeworfenen Betrag zum Ausdruck kommt. Die Bemessung der Steuer auf der Grundlage des Entgelteinsatzes ist dann aber der sich aufdrängende, an der Wirklichkeit orientierte Maßstab, der mit dem Grundsatz der Besteuerungsgleichheit am ehesten vereinbar ist (siehe BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, BVerfGE 123, 1).
35 
Will der Satzungsgeber eine Steuer - wie vorliegend - als Aufwandsteuer ausgestalten, die ihren Merkmalen nach einer solchen entsprechen kann, verliert er außerdem die Kompetenz zu ihrem Erlass nicht dadurch, dass sich einzelne Regelungselemente als verfassungswidrig erweisen. Fragen der materiellen Verfassungsmäßigkeit der Steuer, insbesondere ihrer Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz oder den Freiheitsgrundrechten, wozu auch die vom Antragsteller behauptete Erdrosselungswirkung gehört, sind ohne Einfluss auf die Beurteilung der Gesetzgebungskompetenz. Denn die Kompetenznormen des Grundgesetzes enthalten grundsätzlich keine Aussage zu diesen materiellen Fragen (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, BVerfGE 123, 1 <16 f.>; Beschluss vom 03.09.2009 - 1 BvR 2384/08 -, juris Rn. 17 sowie BVerwG, Urteile vom 13.04.2005 - 10 C 5.04 -, BVerwGE 123, 218 <219>, vom 10.12.2009 - 9 C 12.08 -, BVerwGE 135, 367, juris Rn. 18 und vom 14.10.2015 – 9 C 22.14 –, BVerwGE 153, 116, juris Rn. 11; Senatsurteil vom 13.12.2012 - 2 S 1010/12 -, juris Rn. 48; OVG Rheinl.-Pf., Urteil vom 24.03.2014 - 6 C 11322/13 -, juris Rn. 30; NdsOVG, Urteile vom 30.11.2016 - 9 KN 88/15 -, juris Rn. 22 und vom 28.11.2016 - 9 KN 76/15 -, juris Rn. 20; OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 15.07.2016 - 14 A 1149/16 -, juris Rn. 7; SächsOVG, Urteil vom 06.05.2015 - 5 A 439/12 -, juris Rn. 50 ff.; s.a. FG Bremen, Urteil vom 20.02.2014 - 2 K 84/13 (1) -, juris Rn. 76 ff.).
36 
Der Charakter der Vergnügungssteuer als Aufwandsteuer wird zudem nicht dadurch berührt, dass - jedenfalls nach Auffassung des Antragstellers - weder eine „echte“ noch eine kalkulatorische Abwälzbarkeit besteht und es sich deshalb um eine direkte Unternehmenssteuer in Form einer „verkappten“ Umsatzsteuer handle. Denn die Abwälzbarkeit der beim Automatenaufsteller erhobenen Steuer auf die Spieler ist zwar Bedingung ihrer materiellen Verfassungsmäßigkeit, aber kein ihren Charakter prägendes Wesensmerkmal (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, BVerfGE 123, 1, juris Rn. 53).
37 
Der Charakter der Vergnügungssteuer als Aufwandsteuer wird schließlich auch nicht dadurch in Frage gestellt, dass mit ihr ein Lenkungszweck verfolgt wird. Denn ob die Vergnügungssteuer auch hinsichtlich dieser Frage in ihrer konkreten Ausgestaltung den verfassungsrechtlichen Anforderungen entspricht, ist für die Begründung der Gesetzgebungskompetenz unerheblich (so ausdrücklich FG Bremen, Urteil vom 20.02.2014 - 2 K 84/13 (1) -, juris Rn. 82).
38 
Eine auf der Grundlage von Art. 105 Abs. 2a GG i.V.m. § 9 Abs. 4 KAG beruhende Vergnügungssteuersatzung verstößt nach der ständigen Senatsrechtsprechung auch nicht gegen das vom Antragsteller ins Feld geführte unionsrechtliche Gleichartigkeitsverbot (vgl. Senatsurteil vom 13.12.2012 - 2 S 1010/12 -, juris Rn. 52). Sie verstößt insbesondere nicht gegen die Richtlinie 2006/112/EG vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem, die am 01.01.2007 in Kraft getreten ist und die 6. Richtlinie 77/388/EWG zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern abgelöst hat. Nach Art. 401 der Richtlinie 2006/112/EG hindert die Richtlinie einen Mitgliedstaat nicht daran, Abgaben auf Versicherungsverträge, Spiele und Wetten, Verbrauchsteuern, Grunderwerbsteuern sowie ganz allgemein alle Steuern, Abgaben und Gebühren, die nicht den Charakter von Umsatzsteuern haben, beizubehalten oder einzuführen, sofern die Erhebung dieser Steuern, Abgaben und Gebühren im Verkehr zwischen den Mitgliedstaaten nicht mit Formalitäten beim Grenzübertritt verbunden ist. Die Vergnügungssteuer in der Form der Spielautomatensteuer wäre danach als „Abgabe auf Spiele“ allenfalls dann unzulässig, wenn sie den Charakter von Umsatzsteuern hätte. Für die Vergnügungssteuer auf Spielgeräte kann der Charakter einer Umsatzsteuer indes zweifelsfrei verneint werden, weil sie schon strukturell nicht auf einen Vorsteuerabzug angelegt ist und darüber hinaus nicht allgemein, sondern nur für Geld- und Unterhaltungsspielgeräte sowie sonstige Vergnügungen in einer Gemeinde erhoben wird. Art. 135 Abs. 1 Buchst. i der Mehrwertsteuerrichtlinie gibt nichts dafür her, dass dann, wenn Mehrwertsteuer auf Glücksspiele erhoben wird, keine sonstige Abgabe nach Art. 401 Mehrwertsteuerrichtlinie erhoben werden darf (BVerwG, Urteile vom 19.08.2013 - 9 BN 1.13 -, juris Rn. 11 und vom 10.12.2009 - 9 C 12.08 -, BVerwGE 135, 367, juris Rn. 33-37; Beschluss vom 21.03.1997 - 8 B 51.97 -, Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 30 S. 21 f.; Urteil vom 22.12.1999 - 11 CN 1.99 -, BVerwGE 110, 237 zu der mit Art. 401 der Richtlinie 2006/112/EG übereinstimmenden Regelung in Art. 33 der Richtlinie 77/388/EWG). Die Frage, ob eine Steuer, Abgabe oder Gebühr den Charakter einer Umsatzsteuer im Sinne des Art. 401 der Richtlinie 2006/112/EG hat, hängt vor allem davon ab, ob sie das Funktionieren des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems dadurch beeinträchtigt, dass sie den Waren- und Dienstleistungsverkehr in einer der Mehrwertsteuer vergleichbaren Art und Weise belastet (EuGH, Urteil vom 31.03.1992 - Rs. C-200/90 - Slg. 1992 I-2217 zu Art. 33 der Richtlinie 77/388/EWG). Das ist nach der Rechtsprechung des EuGH immer dann der Fall, wenn Steuern, Abgaben und Gebühren die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer aufweisen. Die wesentlichen Merkmale der Mehrwertsteuer sind: Allgemeine Geltung der Steuer für alle sich auf Gegenstände und Dienstleistungen beziehenden Geschäfte; Festsetzung ihrer Höhe proportional zum Preis, den der Steuerpflichtige als Gegenleistung für die Gegenstände und Dienstleistungen erhält; Erhebung der Steuer auf jeder Produktions- und Vertriebsstufe einschließlich der Einzelhandelsstufe, ungeachtet der Zahl der vorher bewirkten Umsätze; Abzug der auf den vorhergehenden Stufen bereits entrichteten Beträge von der vom Steuerpflichtigen geschuldeten Steuer, so dass sich die Steuer auf einer bestimmten Stufe nur auf den auf dieser Stufe vorhandenen Mehrwert bezieht und die Belastung letztlich vom Verbraucher getragen wird (vgl. etwa EuGH, Urteil vom 29.04.2004 - C-308/01 -, Slg. 2004, I-4802, Rn. 33; Urteil vom 09.03.2000 - C-437/97 -, Slg. 2000, I-1189, Rn. 22). Ob die Vergnügungssteuer das Merkmal der Proportionalität erfüllt, kann dahinstehen. Jedenfalls fehlen der Vergnügungssteuer die weiteren den Charakter der Mehrwertsteuer bestimmenden Merkmale. Insbesondere ist weder der Steuerpflichtige noch der Steuerschuldner zum Vorsteuerabzug berechtigt. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass nur ein einstufiger Vorgang vorliege wie bei einem Verkauf unmittelbar durch den Erzeuger. Abgesehen davon, dass dieser vorsteuerabzugsberechtigt ist, ist die Vergnügungssteuer strukturell nicht auf einen Vorsteuerabzug angelegt. Sie wird darüber hinaus nicht allgemein, sondern nur für Geld- und Unterhaltungsspielgeräte sowie sonstige Vergnügungen in einer Gemeinde erhoben (BVerwG, Urteil vom 10.12.2009 - 9 C 12.08 -, BVerwGE 135, 367; OVG Nordrh.-Westf., Urteil vom 23.06.2010 - 14 A 597/09 -, juris). Vor diesem Hintergrund verstößt die erhobene Vergnügungssteuer auch nicht gegen die Richtlinie 2008/118/EG des Rates vom 16. Dezember 2008 über das allgemeine Verbrauchsteuersystem und zur Aufhebung der Richtlinie 92/12/EWG (ABl. EG Nr. L 9/12; davor: Richtlinie 92/12/EWG des Rates v. 25. Februar 1992 über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren, ABl. EG Nr. L 76/1). Denn diese Richtlinie betrifft ebenso wie ihre Vorgängerin (die Richtlinie 92/12/EWG) nur die Besteuerung bestimmter Waren und erlaubt daneben ausdrücklich die Besteuerung von Dienstleistungen, sofern es sich nicht um umsatzbezogene Steuern handelt (Art. 1 Abs. 3 Buchst. b Richtlinie 2008/118/EG, Art. 3 Abs. 3 Satz 2 Richtlinie 92/12/EW). Die Antragsgegnerin besteuert mit ihrer Vergnügungssteuersatzung jedoch keine Waren oder Dienstleistungen, sondern, wie ausgeführt, den Vergnügungsaufwand der Spieler. Selbst wenn die Vergnügungssteuer der Antragsgegnerin als eine Steuer auf Dienstleistungen angesehen würde, erhebt sie die Vergnügungssteuer nicht allgemein auf den Waren- und Dienstleistungsverkehr, sondern nur für die Nutzung von Geld- und Unterhaltungsspielgeräten und sonstigen Vergnügungen in ihrem Gebiet, so dass die Vergnügungssteuer keine umsatzbezogene Steuer ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.01.2010 - 9 B 40.09 -, juris Rn. 6 f.; OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 20.08.2014 - 14 A 1353/14 -, juris Rn. 3-7; SächsOVG, Urteil vom 06.05.2015 – 5 A 439/12 –, juris Rn. 53).
39 
2. Der Einwand des Antragstellers, die Änderungssatzung verstoße gegen das Verbot der Erhebung von Erdrosselungssteuern, ist ebenfalls unbegründet. Einschlägig ist hierbei allein das Grundrecht der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) und nicht die vom Antragsteller ebenfalls angeführte Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG). Steuerliche Vorschriften sind dann an Art. 12 Abs. 1 GG zu messen, wenn sie infolge ihrer Gestaltung in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufes stehen und objektiv eine berufsregelnde Tendenz deutlich erkennen lassen. Diese Voraussetzungen sind für die Vergnügungssteuer anerkannt (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.04.1971 - 1 BvL 22/67 -, BVerfGE 31, 8 <26 f.> und Kammerbeschluss vom 03.05.2001 - 1 BvR 624/00 ,- NVwZ 2001, 1264; BVerwG, Urteil vom 10.12.2009 - 9 C 12.08 -, BVerwGE 135, 367, juris Rn. 44). Die Eigentumsgarantie hingegen schützt nicht vor Preiserhöhungen infolge von neuen oder erhöhten Steuern. Die Erwartung, dass ein Unternehmen auch in der Zukunft rentabel betrieben werden kann, fällt nicht in den Schutzbereich des Art. 14 Abs. 1 GG (BVerfG, Urteil vom 20.04.2004 - 1 BvR 1748/99, 905/00 -, BVerfGE 110, 274 <290>; BVerwG, Urteil vom 14.10.2015 - 9 C 22.14 -, juris Rn. 15; NdsOVG, Urteil vom 28.11.2016 - 9 KN 76/15 -, juris Rn. 42). Das gilt jedenfalls für eine auf Abwälzung angelegte indirekte Steuer wie die Vergnügungssteuer (anders für die Einkommen- und Gewerbesteuer: BVerfG, Beschluss vom 18.01.2006 - 2 BvR 2194/99 -, BVerfGE 115, 97 <110 ff.>).
40 
Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. u.a. BVerfG, Beschluss vom 01.03.1997 - 2 BvR 1599/89 -, NVwZ 1997, 573; BVerwG, Urteil vom 22.12.1999 - 11 CN 1.99 -, BVerwGE 110, 237; Beschluss vom 07.01.1998 - 8 B 228.97 -, NVwZ-RR 1998, 672) verstößt die Erhebung einer Vergnügungssteuer gegen Art. 12 GG, wenn die Steuerbelastung es für sich genommen unmöglich macht, im Gebiet der steuererhebenden Körperschaft den Beruf des Spielautomatenbetreibers ganz oder teilweise zur wirtschaftlichen Grundlage der Lebensführung zu machen, und die Steuer damit in diesem Sinn „erdrosselnd“ wirkt. Eine erdrosselnde Wirkung der Höhe einer Steuer ist anzunehmen, wenn sie dem einer Steuer zukommenden Zweck, Einnahmen zu erzielen, geradezu zuwiderliefe, indem sie ersichtlich darauf abzielte, die Erfüllung des Steuertatbestandes praktisch unmöglich zu machen (vgl. OVG Rheinl.-Pf., Urteile vom 14.03.2014 - 6 C 11322/13 -, juris Rn. 32 und vom 14.05.2013 - 6 C 11221/12 -, NVwZ-RR 2013, 898 [899] m.w.N.), wenn also die steuerliche Lenkung nach Gewicht und Auswirkung einer verbindlichen Verhaltensregel nahekommt und die Finanzierungsfunktion der Steuer durch eine Verwaltungsfunktion mit Verbotscharakter verdrängt wird (vgl. BVerfG, Kammerbeschluss vom 15.01.2014 – 1 BvR 1656/09 –, juris Rn. 49). Den Maßstab bildet dabei ein durchschnittlicher Betreiber im Gemeindegebiet. Da Art. 12 GG keinen Bestandsschutz für die Fortsetzung einer unwirtschaftlichen Betriebsführung gewährleistet (stRspr, vgl. BVerwG, Urteile vom 13.04.2005 - 10 C 5.04 -, BVerwGE 123, 218 <236>, vom 10.12.2009 - 9 C 12.08 -, BVerwGE 135, 367, juris Rn. 44 und vom 14.10.2015 - 9 C 22.14 -, juris Rn. 17; ebenso wohl BFH, Beschluss vom 19.02.2010 - II B 122/09 -, juris Rn. 38; ferner FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.07.2015 - 6 K 6070/12 -, juris Rn. 64), ist daher zu ermitteln, ob der durchschnittlich von den Aufstellern von Spielgeräten erzielte Bruttoumsatz die durchschnittlichen Kosten unter Berücksichtigung aller anfallenden Steuern einschließlich eines angemessenen Betrags für Eigenkapitalverzinsung und Unternehmerlohn abdecken kann (BVerwG, Urteile vom 10.12.2009 - 9 C 12.08 -, BVerwGE 135, 367 und vom 14.10.2015 - 9 C 22.14 -, juris Rn. 17). Hierbei ist, soweit es - wie vorliegend - um den Beruf des Spielgerätebetreibers geht, zu beachten, dass dessen unternehmerischer Entscheidungsspielraum und die Möglichkeit der Abwälzbarkeit der Steuer auf den Kunden eingeengt ist (vgl. etwa BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, BVerfGE 123, 1 <36> sowie FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.07.2015 - 6 K 6070/12 -, juris Rn. 62 ff.). Ihn treffen neben der Vergnügungssteuer nicht nur weitere Steuern wie die Umsatz-, Gewerbe-und u.U. die Körperschaftssteuer, vielmehr bestehen gerade für diese Unternehmensbranche umfangreiche gewerbe- und glücksspielrechtliche Beschränkungen (vgl. etwa Oebbecke, Der Gemeindehaushalt 2015, 1 und Sodan/ Kluckert, GewArch 2013, 177, jeweils m.w.N.; vgl. allgemein zum sog. additiven Grundrechtseingriff BVerfG, Beschluss vom 27.03.2012 - 2 BvR 2258/09 -, BVerfGE 130, 372 <392> m.w.N.), worauf der Antragsteller auch hingewiesen hat. Dies begrenzt einerseits die Möglichkeiten, eine höhere Abgabenbelastung betriebswirtschaftlich auszugleichen. Andererseits können hieraus besondere, von der kommunalen Steuer unabhängige strukturelle wirtschaftliche Rahmenbedingungen erwachsen. Nur Ersteres muss die Ausgestaltung einer berufsregelnden kommunalen Steuer berücksichtigen. Die Gemeinde ist daher beispielsweise nicht gehalten, den Betrieb einer Spielhalle an einem hierfür ungeeigneten Standort durch die Absenkung oder Nichterhebung von Steuern erst zu ermöglichen (BVerwG, Urteil vom 14.10.2015 - 9 C 22.14 -, BVerwGE 153, 116, juris Rn. 18).
41 
Für die Berechnung sind die Ergebnisse einer kostensparenden marktgerechten Betriebsführung zugrunde zu legen. Die Kosten sind deshalb daraufhin zu untersuchen, ob sie in der Regel erforderlich sind. Das schließt es aus, Geldspielgeräte in die Berechnung einzubeziehen, die von vornherein, auch unabhängig von der Vergnügungssteuer, unwirtschaftlich sind und daher geeignet sein könnten, den durchschnittlichen Ertrag zu mindern. Die negativen Betriebsergebnisse nur eines Unternehmens (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19.08.2013 - 9 BN 1.13 -, juris Rn. 7) zwingen insoweit nicht zu der Annahme, die Erhöhung der Vergnügungssteuer sei allgemein geeignet, dem Betrieb von Spielautomaten im Satzungsgebiet die wirtschaftliche Grundlage zu entziehen (BVerwG, Urteil vom 10.12.2009 - 9 C 12.08 -, juris Rn. 44 ff.).
42 
Dabei kann die erdrosselnde Wirkung eines Steuersatzes nicht nur auf der Grundlage betriebswirtschaftlicher und steuerlicher Daten von Unternehmen im Geltungsbereich der Vergnügungssteuersatzung beurteilt werden. Vielmehr kommt auch der Entwicklung der Anzahl der entsprechenden Betriebe in der Gemeinde als maßgeblichem Erhebungsgebiet und der aufgestellten Spielgeräte seit Erlass der Vergnügungssteuersatzung indizielle Bedeutung zu (BVerwG, Beschluss vom 26.10.2011 - 9 B 16.11 -, NVwZ-RR 2012, 38, juris Rn. 7). Die Erhebung einer Spielgerätesteuer hat nach den genannten Grundsätzen nur dann erdrosselnde Wirkung, wenn sie den aus der Ausübung des Berufs eines Spielgeräteaufstellers erzielten Gewinn so weit mindert, dass nicht nur einzelne Unternehmer sich zur Aufgabe ihres bisherigen Berufs veranlasst sehen, sondern die gesamte Branche bedroht ist. Läge eine erdrosselnde Wirkung vor, müsste deshalb eine Tendenz zum Absterben der gesamten Branche erkennbar werden, indem die schwächeren Anbieter aus dem Markt scheiden, ohne dass neue ihren Platz einnehmen. Es kommt auf den Einzelfall an, ob ein solches Indiz auch ohne Hinzutreten weiterer Erkenntnisse über die Ertragslage einzelner Betriebe hinreichend sichere Rückschlüsse auf eine fehlende erdrosselnde Wirkung zulassen kann. Denn die Frage, wie breit die Datenbasis sein muss, um repräsentative Aussagen treffen zu können, lässt sich nicht allgemein beantworten, sondern hängt von den konkreten Gegebenheiten im Satzungsgebiet ab (vgl. BVerwG, Beschluss vom 26.10.2011 - 9 B 16.11 -, NVwZ-RR 2012, 38, juris Rn. 7).
43 
Nach diesen Maßstäben entfaltet die Vergnügungssteuer der Antragsgegnerin keine erdrosselnde Wirkung. Der Vergnügungssteuersatz von 20 v.H. der Bruttokasse macht es dem durchschnittlichen Spielautomatenaufsteller im Satzungsgebiet nicht unmöglich, den gewählten Beruf des Aufstellers von Spielautomaten ganz oder teilweise zur wirtschaftlichen Grundlage seiner Lebensführung zu machen. Für eine Entwicklung in Richtung auf das Absterben einer gesamten Branche ist im vorliegenden Fall nichts zu erkennen. Die neue Vergnügungssteuersatzung der Antragsgegnerin, nach der Spielgeräte mit Gewinnmöglichkeit nicht mehr, wie bisher, nach dem Stückzahlmaßstab, sondern nach der Höhe des Einspielergebnisses besteuert werden, ist am 01.01.2016 in Kraft getreten. Nach den - vom Antragsteller nicht substantiiert bestrittenen - Angaben der Antragsgegnerin wurden seitdem weder Spielhallen geschlossen noch hat sich die Zahl der Spielgeräte signifikant reduziert. Nach der von der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat übergebenen Liste (Stand 19.07.2017) und ihren ergänzenden Erläuterungen hierzu gibt es im Satzungsgebiet mehr als eineinhalb Jahre nach Inkrafttreten der Satzungsneufassung unverändert sechs Spielhallen an vier Standorten. Der Bestand an Spielgeräten hat sich gegenüber 2016 zwar um drei Geräte verringert, der Kämmerer der Antragsgegnerin hat aber, ohne dass der Antragsteller dem entgegengetreten wäre, angegeben, es bestehe Interesse an der Aufstellung weiterer Geldspielgeräte. Die Antragsgegnerin könne den Anträgen aber nicht stattgeben. Dafür, dass andere Aufsteller im Gebiet der Antragsgegnerin identische finanzielle Probleme hätten wie der Antragsteller, gibt es unter Berücksichtigung der nicht bestrittenen Angaben der Antragsgegnerin keine Anhaltspunkte, da alle anderen Aufsteller im Satzungsgebiet die quartalsmäßig festgesetzte Vergnügungssteuer vollständig und, ohne Widerspruch zu erheben, bezahlt haben, was ein wichtiges Indiz dafür darstellt, dass sie nicht unter Liquiditätsproblemen leiden. Entgegen der Behauptung des Antragstellers handelt es sich ausweislich der Liste auch nicht nur um überregionale Großanbieter, die Verluste ohne größere Schwierigkeiten ausgleichen könnten, sondern auch um regionale Aufsteller mit nur wenigen Geräten. Soweit der Antragsteller weiterhin geltend macht, auch seine Konkurrenten arbeiteten defizitär, und behauptet, im Erhebungsgebiet ließen sich keine hohen Gewinne erzielen, sah der Senat sich nicht veranlasst, dem im Wege der Amtsaufklärung weiter nachzugehen und Beweis durch Zeugenvernehmung und Sachverständigengutachten zu erheben, denn ihm ist es möglich, anhand der vorliegenden Indizien ohne weitere Beweiserhebung hinreichend sichere Rückschlüsse auf die fehlende erdrosselnde Wirkung des Vergnügungssteuersatzes zu ziehen. Die Möglichkeit der Erzielung „hoher Gewinne“ ist im Zusammenhang mit der erdrosselnden Wirkung der Vergnügungssteuer ohnehin nicht maßgeblich.
44 
Da es auf das (negative) Betriebsergebnis nur eines Spielgerätebetreibers im Satzungsgebiet nicht ankommt, sind die eigenen Aufstellungen des Antragstellers zu den Einnahmen und Ausgaben nur seines Unternehmens nicht geeignet, die erdrosselnde Wirkung der Vergnügungssteuer im Satzungsgebiet der Antragsgegnerin zu belegen. Diesbezüglich sieht der Senat schon mangels Entscheidungserheblichkeit eine weitere Beweiserhebung durch Sachverständigengutachten nicht als erforderlich an. Die Aufstellungen wären - auch unter Berücksichtigung der ergänzenden Angaben des Antragstellers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat - im Übrigen aber auch kein Indiz für eine erdrosselnde Wirkung der Vergnügungssteuer konkret und nur auf den Antragsteller bezogen. Zwar hat der Antragsteller seine unterschiedlichen Angaben zu den Erlösen 2015 mit der vereinbarten 50:50-Teilung zwischen ihm und dem Gastwirt zu erklären vermocht. Unplausibel bleibt aber weiter, dass der Antragsteller bei einem Umsatz von rund 424.000,000 EUR in 2015 laut Schriftsatz vom 12.07.2017 lediglich Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von knapp 26.000,00 EUR gehabt haben will, zumal diese im Vergleich zu 2014 auf ein Drittel (2014 vor Steuern: ca. 94.000,00 EUR, 2015 vor Steuern: ca. 31.000,00 EUR) geschrumpft sind. Mit den in der mündlichen Verhandlung erstmals geltend gemachten erhöhten Personalausgaben, weil der Antragsteller, seine Frau und seine Tochter sich arbeitszeitmäßig zurückgenommen hätten, lässt sich dies nur schwerlich erklären und erscheint schon deshalb nicht plausibel, weil der Antragsteller gegenüber der Antragsgegnerin darauf hingewiesen hatte, seine Frau sei auf den von ihm zur Verfügung gestellten Arbeitsplatz angewiesen. Gerade der Erlösrückgang im Jahr 2015, also bereits im Jahr vor der Einführung der streitgegenständlichen Vergnügungssteuer, spricht vielmehr dafür, dass das Unternehmen des Antragstellers schon ohne jegliche Vergnügungssteuerlast nicht rentabel gewesen ist.
45 
Davon, dass der von der Antragsgegnerin gewählte Steuersatz von 20 v.H. der Bruttokasse die Ausübung des Berufs des Spielhallenbetreibers in aller Regel wirtschaftlich unmöglich machte und damit eine erdrosselnde Wirkung erzeugt, ist nach alledem nicht auszugehen. Dies gilt auch, soweit der Antragsteller einen additiven bzw. kumulativen Grundrechtseingriff durch die Vergnügungssteuer im Verbund mit sonstigen den Betrieb von Spielhallen einschränkenden Regelungen wie die Spielverordnung und die Glücksspielgesetze geltend macht. Kumulativen oder „additiven" Grundrechtseingriffen (vgl. BVerfG, Urteil vom 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 -, BVerfGE 112, 304 <319 f.>; Beschluss vom 13.09.2005- 2 BvF 2/03 -, BVerfGE 114, 196 <247>; Urteil vom 10.06.2009 - 1 BvR 706/08 u.a. -, BVerfGE 123, 186 <266>) wohnt zwar ein spezifisches Gefährdungspotential für grundrechtlich geschützte Freiheiten inne (vgl. BVerfG, Urteil vom 12.04.2005 - 2 BvR 581/01 -, BVerfGE 112, 304 <319 f.>; Beschluss vom 27.03.2012 - 2 BvR 2258/09 -, BVerfGE 130, 372, juris Rn. 59). Ein additiver Grundrechtseingriff, der das Grundrecht des Antragstellers aus Art. 12 Abs. 1 GG in unverhältnismäßiger Weise einschränken und „erdrosseln“ würde, liegt jedoch nicht vor. Dies ergibt sich aus dem Beschluss des BVerfG vom 07.03.2017 - 1 BvR 1314/12 u.a. -, juris, in dem dieses die landesglücksspielrechtlichen Beschränkungen trotz des gerade auch im Hinblick auf vergnügungssteuerrechtliche Belastungen geltend gemachten additiven Grundrechtseingriffs für mit Art. 12 Abs. 1 GG vereinbar angesehen hat. Dasselbe muss gelten, wenn wie vorliegend die Primärbelastung aus der Vergnügungssteuer herrührt und weitere Belastungen den glücksspielrechtlichen Vorgaben entstammen.
46 
3. Entgegen der Auffassung des Antragstellers ist auch die kalkulatorische Abwälzbarkeit auf die Spieler als materiell-rechtliche (nicht aber die Satzungsbefugnis berührende, s. dazu oben 1.) Voraussetzung der Vergnügungssteuer in Form der Spielgerätesteuer gegeben.
47 
Eine am Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG ausgerichtete, gerechte Zuteilung der Vergnügungssteuerlast erfordert, dass die Steuer jedenfalls im Ergebnis von demjenigen aufgebracht wird, der den von der Steuer erfassten Vergnügungsaufwand betreibt. Sofern Schuldner der Besteuerung von Spielgeräten - wie hier gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 VStS - der Aufsteller der Spielgeräte ist, wird die Steuer bei diesem nur zur Vereinfachung erhoben. Im Ergebnis soll sie den Spieler treffen. Die Steuer muss daher nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesverwaltungsgerichts (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, BVerfGE 123, 1 <22 f.>, juris; BVerwG, Urteil vom 10.12.2009 - 9 C 12.08 -, BVerwGE 135, 367, juris Rn. 28; Beschlüsse vom 24.02.2012 - 9 B 80.11 -, Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 54, juris Rn. 7 und vom 21.11.2014 - 9 B 20.14 -, Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 57, juris Rn. 14) auf den Benutzer des Spielgeräts abwälzbar sein. Sie soll nicht an demjenigen "hängen bleiben", der das steuerpflichtige Vergnügen zum Zwecke der Gewinnerzielung anbietet, sondern aus denjenigen Aufwendungen gedeckt werden, die die Spieler für ihr Spielvergnügen aufbringen. Hierfür genügt die Möglichkeit einer kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne, dass der Steuerpflichtige den von ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - etwa Umsatzsteigerung oder Senkung der Kosten - treffen kann. Es ist nicht erforderlich, dass die Steuer - wie beispielsweise beim Stückzahlmaßstab - im Voraus exakt berechnet werden kann. Die rechtliche Gewähr, dass er den von ihm entrichteten Betrag immer von demjenigen erhält, der nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen soll, muss dem Steuerschuldner nicht geboten werden. Entscheidend ist vielmehr, dass der Unternehmer die abzuführende Steuer anhand langfristiger Erfahrungs- und Durchschnittswerte verlässlich kalkulieren kann und die Überwälzung der Steuerlast auf die Spieler rechtlich und tatsächlich möglich ist (BVerwG, Urteile vom 14.10.2015 - 9 C 22.14 -, juris Rn. 33 f. und vom 10.12.2009 - 9 C 12.08 -, BVerwGE 135, 367, juris Rn. 30). Insofern reicht es aus, dass die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn die Überwälzung nicht in jedem Einzelfall gelingt. Diese Voraussetzung ist zumindest so lange gegeben, wie der Spielereinsatz den Steuerbetrag und die sonstigen notwendigen Kosten für den Betrieb des Spielgerätes deckt und in der Regel noch Gewinn abwirft (BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, juris Rn. 62 m.w.N.). Ausgeschlossen wäre eine solche Überwälzbarkeit dann, wenn sich der Steuerbetrag zusammen mit den sonstigen notwendigen Kosten für den Betrieb der Geräte nicht mehr aus dem Spieleinsatz decken ließe und daher die Veranstalter zur Zahlung der Steuer ihre Gewinne aus anderen rentablen Betriebssparten verwenden müssten (sog. schräge Überwälzung, vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 01.04.1971 - 1 BvL 22/67 -, BVerfGE 31, 8 <21 f.> und vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, BVerfGE 123, 1 <36>).
48 
Durch die - u.a. auch vom Antragsteller angeführten - Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen werden zwar die Möglichkeiten für einen gewinnbringenden Betrieb von Geldspielgeräten eingeschränkt, sie schließen aber die Abwälzbarkeit der Vergnügungssteuer in rechtlicher Hinsicht nicht aus. Denn innerhalb des rechtlichen Rahmens ist es nach wie vor grundsätzlich möglich, einen angemessenen Gewinn zu erzielen. Durch die rechtliche Gestaltung der Bedingungen für den Betrieb insbesondere von Spielhallen wird diese Möglichkeit nicht von vornherein ausgeschlossen. Weder die Mindestspieldauer von 5 Sekunden gemäß § 13 Nr. 2 SpielV, wobei der Einsatz 0,20 EUR nicht übersteigen und der Gewinn höchstens 2,00 EUR betragen darf, noch die Begrenzung der Summe der Verluste im Verlauf einer Stunde auf 60,00 EUR gemäß § 13 Nr. 4 SpielV, noch die Festlegung der Höchstsumme der Gewinne abzüglich der Einsätze im Verlauf einer Stunde auf 400,00 EUR sowie der Ausschluss von Jackpots und anderen Sonderzahlungen in § 13 Nr. 5 SpielV und die Regelung in § 12 Abs. 2 Nr. 1 SpielV, wonach die Gewinne in solcher Höhe ausbezahlt werden müssen, dass bei langfristiger Betrachtung kein höherer Betrag als 20,00 EUR je Stunde als Kasseninhalt verbleibt, schließen die Abwälzbarkeit der Steuer in rechtlicher Hinsicht aus. Diese rechtlichen Vorgaben hindern den Aufsteller von Spielgeräten nicht grundsätzlich daran, seinen Umsatz zu steigern oder seine Betriebskosten zu senken, sofern derartige Maßnahmen zur Vermeidung einer erdrosselnden Wirkung der Steuer überhaupt erforderlich sind. Beides ist nach wie vor vom kaufmännischen Geschick des Unternehmers und der Marktlage abhängig. Seiner betriebswirtschaftlichen Planung und Kalkulation sind trotz der neu eingeführten Regelungen in der Spielverordnung weiterhin hinreichende Spielräume eröffnet (vgl. BFH, Urteil vom 07.12.2011 - II R 51/10 -, juris Rn. 60; NdsOVG, Urteile vom 30.11.2016 - 9 KN 88/15 -, juris Rn. 40 und vom 28.11.2016 - 9 KN 76/15 -, juris Rn. 24; OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 20.05.2015 - 14 A 831/15 -, juris Rn. 18; OVG Schleswig-Holstein, Urteil vom 19.03.2015 - 2 KN 1/15 -, juris Rn. 23 ff.; FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 07.07.2015 - 6 K 6070/12 -, juris Rn. 78). Denn die Spielräume der Unternehmer als Steuerschuldner sind durch die Bedingungen der Spielverordnung nicht in einer Weise begrenzt, die ihnen die Überwälzung der Steuerlast auf die Spieler rechtlich unmöglich machen würde. Der Unternehmer kann im Rahmen dieser Regelungen nach wie vor etwa durch die Auswahl geeigneter Standorte sowie durch eine entsprechende Gestaltung und Ausstattung der Spielhallen oder durch eine Änderung der Angebotsstruktur auf eine Umsatzsteigerung hinwirken und die Selbstkosten auf das unbedingt erforderliche Maß beschränken, um nicht nur die Steuer und die sonstigen Kosten, sondern auch noch einen Gewinn zu erwirtschaften. Dass der Antragsteller all dies Möglichkeiten ausgeschöpft hätte, lässt sich seinem Vorbringen nicht entnehmen.
49 
Auch die weiteren vom Antragsteller angeführten Änderungen der rechtlichen Rahmenbedingungen schließen die Abwälzbarkeit der Steuer in rechtlicher Hinsicht nicht aus. Durch die landesglücksspielrechtliche Mindestabstandsregelung und die Vorgabe des § 3 Abs. 2 SpielV, wonach in Spielhallen höchstens zwölf Geldspielgeräte aufgestellt sein dürfen, ist zwar die Konzentration von mehreren Betrieben an einem Standort künftig ausgeschlossen und die Zahl der Spielgeräte in einem Betrieb begrenzt worden. Die Möglichkeit der Verlagerung des Standorts einer Spielhalle an einen günstigeren Standort besteht jedoch nach wie vor, sofern der Mindestabstand zur nächsten Spielhalle eingehalten wird. Dass die Spielgeräteaufsteller an sonstige gewerbe-, jugendschutz- und baurechtliche Regelungen gebunden sind, steht der Erzielung eines angemessenen Gewinns in rechtlicher Hinsicht ebenfalls nicht entgegen. Denn hierbei handelt es sich um rechtliche Vorgaben, wie sie in gleicher oder ähnlicher Weise auch für andere Gewerbebetriebe gelten, ohne dass sie die Erzielung eines angemessenen Gewinns ausschließen.
50 
Dass die Vergnügungssteuer im Satzungsgebiet der Antragsgegnerin innerhalb der genannten rechtlichen Rahmenbedingungen auch tatsächlich auf die Spieler abwälzbar ist, weil der Spielereinsatz den Steuerbetrag und die sonstigen notwendigen Kosten für den Betrieb des Spielgeräts deckt und in der Regel noch Gewinn abwirft, ergibt sich zur Überzeugung des Senats aus den Erwägungen, mit denen oben eine erdrosselnde Wirkung im Sinne des Art. 12 Abs. 1 GG abgelehnt worden ist. Denn in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 14.10.2015 - 9 C 22.14 -, juris Rn. 35 und Beschluss vom 10.12.2015 - 9 BN 5.15 -, juris Rn. 4; ebenso NdsOVG, Urteile vom 30.11.2016 - 9 KN 88/15 -, juris Rn. 43 und vom 28.11.2016 - 9 KN 76/15 -, juris Rn. 26; OVG Nordrh.-Westf., Beschluss vom 29.07.2016 - 14 A 1240/16 -, juris Rn. 13) ist inzwischen geklärt, dass das Erfordernis der kalkulatorischen Abwälzbarkeit teilidentisch ist mit der im Rahmen der Erdrosselungswirkung anstehenden Prüfung, ob eine Steuererhöhung für einen durchschnittlichen Unternehmer wirtschaftlich verkraftbar ist. Auch das Bundesverfassungsgericht prüft im Rahmen der Überwälzbarkeit, ob der Unternehmer in der Lage ist, seinen Umsatz zu steigern oder seine Betriebskosten zu senken. Dafür, dass die Schwelle der kalkulatorischen Überwälzbarkeit niedriger wäre als diejenige der Erdrosselung, gibt es keine Grundlage. Zwar unterscheiden sich das Erdrosselungsverbot und das Gebot der kalkulatorischen Überwälzbarkeit hinsichtlich ihrer dogmatischen Herleitung. Das Erdrosselungsverbot gründet auf dem Freiheitsrecht des Art. 12 GG und zielt auf die Möglichkeit der Erwirtschaftung eines Unternehmensgewinns. Demgegenüber ist die kalkulatorische Überwälzbarkeit dem Begriff der örtlichen Verbrauch- und Aufwandsteuer gemäß Art. 105 Abs. 2a GG immanent. Eine solche am Gleichheitssatz nach Art. 3 Abs. 1 GG ausgerichtete Steuerlast fordert, dass die Steuer jedenfalls im Ergebnis von demjenigen aufgebracht wird, der den von der Steuer erfassten Aufwand betreibt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 04.02.2009 - 1 BvL 8/05 -, BVerfGE 123, 1 <22>). Eine unterschiedliche Schwelle steuerlicher Belastung folgt aus diesen Unterschieden jedoch nicht. In beiden Fällen entscheidend ist, dass dem Spielhallenbetreiber ein angemessener Gewinn verbleibt. Dies ist unter Berücksichtigung des Vorbringens des Antragstellers der Fall.
51 
4. Soweit der Antragsteller schließlich Zweifel an der Zulässigkeit des mit der Vergnügungssteuer verfolgten Lenkungszwecks hegt, vermag er auch damit nicht durchzudringen. Es ist in der Rechtsprechung des BVerfG geklärt, dass mit der Spielgerätesteuer auch die Eindämmung der Spielsucht als Lenkungszweck verfolgt werden kann (vgl. BVerfG, Beschluss vom 01.03.1997 - 2 BvR 1599/89 -, NVwZ 1997, 573; s.a. SächsOVG, Urteil vom 06.05.2015 - 5 A 439/12 -, juris Rn. 65; ThürOVG, Beschluss vom 19.12.2002 - 4 EO 489/02 -, KStZ 2004, 71). Im vorliegenden Fall bestehen, was auch der Antragsteller in der mündlichen Verhandlung eingeräumt hat, nach dem Wortlaut der Vergnügungssteuersatzung und den Erwägungen des Gemeinderats der Antragsgegnerin zur Neufassung der Satzung, wie sie sich aus der Gemeinderatsdrucksache-Nr.: 2015-084 ergeben, keine Anhaltspunkte dafür, dass die Antragsgegnerin mit der Erhebung einer Vergnügungssteuer auf Geldspielgeräte nicht einen Finanzierungszweck, sondern primär einen Lenkungszweck verfolgte.
52 
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
53 
Die in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
54 
Beschluss vom 20. Juli 2017
55 
Der Streitwert des Verfahrens vor dem Verwaltungsgerichtshof wird unter Abänderung der vorläufigen Streitwertfestsetzung vom 05.09.2016 auf 82.590,28 EUR festgesetzt.
56 
Bei der Festsetzung des Streitwerts für ein Normenkontrollverfahren ist der Doppelnatur des Normenkontrollverfahrens als subjektivem Rechtsschutzverfahren und objektivem Beanstandungsverfahren Rechnung tragend auf die Vorschrift des § 52 Abs. 1 GKG zurückzugreifen. Nach der Rechtsprechung des Senats ist bei Normenkontrollverfahren im Abgabenrecht als Streitwert der Jahresbetrag der streitigen Steuer anzusetzen, der auf den subjektiven Rechtsschutz suchenden Antragsteller des Normenkontrollverfahrens entfällt, da dieser Betrag am ehesten dem wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers eines Normenkontrollverfahrens entspricht (s. hierzu Senatsbeschlüsse vom 08.03.2016 - 2 S 1019/15 - und vom 11.06.2015 - 2 S 2555/13 -, jeweils juris). Um daneben der objektiven Kontrollfunktion sowie der Bedeutung und Reichweite (§ 47 Abs. 5 VwGO) auch für den Antragsteller eines Normenkontrollverfahrens Rechnung zu tragen, ist dieser Jahresbetrag grundsätzlich - also ungeachtet der tatsächlichen Belastungsdauer - anzusetzen. Aus den vorgenannten Gründen der Bedeutung und Reichweite eines Normenkontrollverfahrens im Abgabenrecht ist hierbei - unabhängig davon, ob und welcher Jahresbetrag sich errechnet bzw. errechnen lässt - mindestens der Auffangstreitwert von 5.000,- EUR festzusetzen (s. Streitwertkatalog 2013 Nr. 3.3). Nach den zuletzt vom Antragsteller mit Schriftsatz vom 12.07.2017 gemachten Angaben wäre im Jahr 2016 eine Vergnügungssteuer in Höhe von 82.590,28 EUR (24.758,86 EUR + 57.831,42 EUR) angefallen, die der Senat der Streitwertberechnung zugrunde legt.
57 
Der Beschluss ist unanfechtbar.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

Tenor

Das Kernbrennstoffsteuergesetz vom 8. Dezember 2010 (Bundesgesetzblatt I Seite 1804), zuletzt geändert durch Artikel 240 der Zehnten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31. August 2015 (Bundesgesetzblatt I Seite 1474), ist mit Artikel 105 Absatz 2 in Verbindung mit Artikel 106 Absatz 1 Nummer 2 des Grundgesetzes unvereinbar und nichtig.

Gründe

A.

1

Das konkrete Normenkontrollverfahren betrifft die Frage, ob das Kernbrennstoffsteuergesetz vom 8. Dezember 2010 (BGBl I S. 1804), zuletzt geändert durch Artikel 240 der Zehnten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31. August 2015 (BGBl I S. 1474), mit dem Grundgesetz, insbesondere mit den grundgesetzlichen Regelungen zur Gesetzgebungskompetenz, vereinbar ist.

I.

2

1. Das Kernbrennstoffsteuergesetz (KernbrStG) vom 8. Dezember 2010 wurde vom Bundestag am 28. Oktober 2010 verabschiedet. Der Bundesrat beschloss in seiner Sitzung am 26. November 2010, einen Antrag gemäß Art. 77 Abs. 2 GG nicht zu stellen (BRDrucks 687/10, S. 1).

3

Zur Zielsetzung und Notwendigkeit des Gesetzes ist dem Gesetzentwurf der Fraktionen der CDU/CSU und der FDP Folgendes zu entnehmen (BTDrucks 17/3054, S. 5):

Die Haushaltskonsolidierung des Bundes erfordert die Erschließung zusätzlicher Einnahmequellen. Dazu soll eine neue Steuer auf die Verwendung von Kernbrennstoffen erhoben werden. Das Aufkommen soll ohne Zweckbindung dem allgemeinen Haushalt zur Verfügung stehen.

Der Bund hat gemäß Atomgesetz Anlagen zur Endlagerung radioaktiver Abfälle einzurichten. Nach dem Verursacherprinzip werden die Kosten der Errichtung, des Betriebs und der Stilllegung von Anlagen durch die Abfallverursacher der Privatwirtschaft und der öffentlichen Hand entsprechend ihres Anteils an der Abfallmenge refinanziert. Die Kosten für den Weiterbetrieb und die Stilllegung der Schachtanlage Asse II trägt nach § 57b Absatz 1 Satz 3 des Atomgesetzes ausschließlich der Bund. Die Erträge aus der Steuer sollen vor dem Hintergrund der notwendigen Haushaltskonsolidierung auch dazu beitragen, die hieraus entstehende Haushaltsbelastung des Bundes zu verringern.

4

a) Das Kernbrennstoffsteuergesetz trat am 1. Januar 2011 in Kraft (§ 13 KernbrStG). Danach unterlag Kernbrennstoff, der zur gewerblichen Erzeugung von elektrischem Strom verwendet wurde, der Besteuerung (§ 1 Abs. 1 Satz 1 KernbrStG). Bei der Steuer handelte es sich nach Auffassung des Gesetzgebers um eine "Verbrauchsteuer im Sinn der Abgabenordnung" (§ 1 Abs. 1 Satz 2 KernbrStG). Steuerschuldner waren die Betreiber von Kernkraftwerken (vgl. § 5 Abs. 2 i.V.m. § 2 Nr. 6 KernbrStG).

5

b) Die Kernbrennstoffsteuer war als Anmeldesteuer konzipiert. Die Steuerschuldner hatten für Kernbrennstoff, für den die Steuer entstanden war, bis zum 15. Tag des folgenden Monats eine Steuererklärung abzugeben und darin die Steuer selbst zu berechnen (§ 6 Abs. 1 KernbrStG). Die Steuer entstand dadurch, dass ein Brennelement oder einzelne Brennstäbe in einen Kernreaktor erstmals eingesetzt wurden und eine sich selbsttragende Kettenreaktion ausgelöst wurde (§ 5 Abs. 1 KernbrStG). Das Gesetz war auf Besteuerungsvorgänge anzuwenden, bei denen die sich selbsttragende Kettenreaktion vor dem 1. Januar 2017 ausgelöst wurde (§ 12 KernbrStG). Die Steuer betrug für ein Gramm Kernbrennstoff einheitlich 145 Euro (§ 3 KernbrStG).

6

c) Zu Beginn des Jahres 2011 gab es bundesweit 17 Kernkraftwerke, die von vier Energieversorgungsunternehmen und ihren Betreibergesellschaften betrieben wurden (BTDrucks 17/3054, S. 2, 6). Nach Inkrafttreten des Dreizehnten Gesetzes zur Änderung des Atomgesetzes vom 31. Juli 2011 (BGBl I S. 1704) waren im Steuergebiet insgesamt noch neun Kernkraftwerke in Betrieb. Seit Ende Juni 2015 befindet sich das im Ausgangsverfahren streitgegenständliche Kernkraftwerk G. dauerhaft im Nichtleistungsbetrieb; somit sind aktuell bundesweit acht Kernkraftwerke am Netz, die von drei Energieversorgungsunternehmen und ihren Betreibergesellschaften betrieben werden.

7

d) Die Steuereinnahmen aus der Kernbrennstoffsteuer betrugen für den Bundeshaushalt im Jahre 2011 922 Millionen Euro, im Jahre 2012 1.577 Millionen Euro, im Jahre 2013 1.285 Millionen Euro, im Jahre 2014 708 Millionen Euro, im Jahre 2015 1.371 Millionen Euro und im Jahre 2016 422 Millionen Euro, in der Summe mithin 6,285 Milliarden Euro (vgl. Statistisches Bundesamt [Destatis], Umweltschutzmaßnahmen - Gesamtaufkommen aus umweltbezogenen Steuern, abrufbar unter: https://www.destatis.de und Bundesministerium der Finanzen, Monatsbericht Januar 2017, abrufbar unter http://www.bundesfinanzministerium.de).

8

2. Das Kernbrennstoffsteuergesetz lautete in seinen wesentlichen Bestimmungen:

§ 1 Steuergegenstand, Steuergebiet

(1) 1 Kernbrennstoff, der zur gewerblichen Erzeugung von elektrischem Strom verwendet wird, unterliegt im Steuergebiet der Kernbrennstoffsteuer. 2 Die Kernbrennstoffsteuer ist eine Verbrauchsteuer im Sinn der Abgabenordnung.

(2) Steuergebiet ist das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland ohne das Gebiet von Büsingen und ohne die Insel Helgoland.

§ 2 Begriffsbestimmungen

Im Sinn dieses Gesetzes ist:

1. Kernbrennstoff:

a) Plutonium 239 und Plutonium 241,

b) Uran 233 und Uran 235,

auch in Verbindungen, Legierungen, keramischen Erzeugnissen und Mischungen;

2. Brennelement: aus einer Vielzahl von Brennstäben montierte Anordnung, in der der Kernbrennstoff im Kernreaktor eingesetzt wird;

3. Brennstab: geometrische Form, in welcher der Kernbrennstoff, ummantelt mit Hüllmaterial, im Kernreaktor eingesetzt wird;

4. Kettenreaktion: Prozess, bei dem Neutronen durch Spaltung von Kernbrennstoffen weitere Neutronen freisetzen, die wieder zur Spaltung von weiterem Kernbrennstoff führen;

5. Kernreaktor: geometrische Anordnung von Brennelementen beziehungsweise Brennstäben sowie anderen technischen Komponenten in einer Art, dass dort eine sich selbsttragende, kontrollierte Kettenreaktion stattfinden kann;

6. Betreiber: derjenige, der Inhaber einer Genehmigung zum Betrieb einer Anlage zur Spaltung von Kernbrennstoff zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität ist.

§ 3 Steuertarif

Die Steuer für ein Gramm Plutonium 239, Plutonium 241, Uran 233 oder Uran 235 beträgt 145 Euro.

§ 4 Pflichten des Betreibers

(1) 1 Wer eine Anlage zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität betreibt, hat dies dem zuständigen Hauptzollamt unverzüglich anzumelden. 2 Das Hauptzollamt erteilt dem Betreiber einen schriftlichen Nachweis über die Anmeldung.

(2) … (5) …

§ 5 Entstehung der Steuer, Steuerschuldner

(1) 1 Die Steuer entsteht dadurch, dass ein Brennelement oder einzelne Brennstäbe in einen Kernreaktor erstmals eingesetzt werden und eine sich selbsttragende Kettenreaktion ausgelöst wird. 2 Der Austausch nachweislich defekter Brennstäbe führt nicht zur Steuerentstehung.

(2) Steuerschuldner ist der Betreiber.

§ 6 Steueranmeldung, Fälligkeit der Steuer

(1) 1 Der Steuerschuldner hat für Kernbrennstoff, für den die Steuer nach § 5 Absatz 1 entstanden ist, bis zum 15. Tag des folgenden Monats eine Steuererklärung abzugeben und darin die Steuer selbst zu berechnen (Steueranmeldung). 2 Die Steuer, die in einem Monat entstanden ist, ist am 25. Tag des folgenden Monats fällig.

(2) 1 Für die Steuer, die in der Zeit vom 1. bis 18. Dezember entstanden ist, hat der Steuerschuldner bis zum 22. Dezember eine Steueranmeldung abzugeben. 2 Die Steuer wird am 22. Dezember fällig. 3 Für die Steuer, die in der Zeit vom 19. bis 31. Dezember entstanden ist, gilt Absatz 1 sinngemäß.

(3) Für die nach § 5 entstehende Steuer kann das Hauptzollamt im Voraus Sicherheit verlangen, wenn Anzeichen für eine Gefährdung der Steuer erkennbar sind.

§ 9 Zuständiges Hauptzollamt

1 Unbeschadet der Bestimmungen des § 27 der Abgabenordnung ist für den Anwendungsbereich dieses Gesetzes das Hauptzollamt örtlich zuständig, von dessen Bezirk aus die in den einzelnen Vorschriften jeweils bezeichnete Person ihr Unternehmen betreibt. 2 Für Unternehmen, die von einem Ort außerhalb des Steuergebiets betrieben werden, ist das Hauptzollamt örtlich zuständig, in dessen Bezirk sie erstmals steuerlich in Erscheinung treten.

§ 12 Anwendungsvorschrift

Das Gesetz ist auf Besteuerungsvorgänge anzuwenden, bei denen die sich selbsttragende Kettenreaktion vor dem 1. Januar 2017 ausgelöst wurde.

§ 13 Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. Januar 2011 in Kraft.

II.

9

1. Die Klägerin des Ausgangsverfahrens, die P. GmbH (vormals E. GmbH, im Folgenden: Klägerin), setzte Brennelemente in den Reaktor des von ihr betriebenen Kernkraftwerks G. ein und löste am 16. Juni 2011 in diesem eine sich selbsttragende Kettenreaktion aus. Die Brennstäbe enthielten insgesamt 664.466 Gramm Uran 235. Die Klägerin reichte gemäß § 6 Abs. 1 KernbrStG bei dem Beklagten des Ausgangsverfahrens, dem Hauptzollamt Hannover (im Folgenden: Beklagter), unter dem 8. Juli 2011 eine Steueranmeldung ein, in der sie anhand der Gesamtmenge des verwendeten Kernbrennstoffes einen Steuerbetrag in Höhe von 96.347.570 Euro errechnete, den sie an das Hauptzollamt abführte.

10

Am 12. Juli 2011 erhob die Klägerin beim Finanzgericht Hamburg (4 K 124/11) Sprungklage gegen die Steueranmeldung vom 8. Juli 2011. Aufgrund der fehlenden Zustimmung des Beklagten wurde die Klage gemäß § 45 Abs. 1 Satz 1 Finanzgerichtsordnung (FGO) als Einspruch behandelt, den der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 16. November 2011 als unbegründet zurückwies.

11

Nachdem der 4. Senat des Finanzgerichts Hamburg (im Folgenden: Finanzgericht) auf den Antrag der Klägerin auf vorläufigen Rechtsschutz die Vollziehung der streitgegenständlichen Steueranmeldung ohne Sicherheitsleistung wegen ernsthafter Zweifel an der formellen Verfassungsmäßigkeit des Kernbrennstoffsteuergesetzes aufgehoben hatte (Beschluss vom 16. September 2011 - 4 V 133/11 -, juris, Rn. 9), lehnte der Bundesfinanzhof im Beschwerdeverfahren den Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz unter Hinweis darauf ab, dass im Streitfall die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes in der praktischen Auswirkung einem einstweiligen Außerkraftsetzen des Kernbrennstoffsteuergesetzes gleichkäme (BFHE 236, 206).

12

Die Klägerin erhob am 30. November 2011 Klage (4 K 270/11) mit dem Antrag, die Steueranmeldung vom 8. Juli 2011 sowie die Einspruchsentscheidung vom 16. November 2011 aufzuheben. Nach mündlicher Verhandlung am 29. Januar 2013 hat das Finanzgericht mit Beschluss desselben Tages das Verfahren ausgesetzt und dem Bundesverfassungsgericht die Frage vorgelegt, ob das Kernbrennstoffsteuergesetz vom 8. Dezember 2010 mit dem Grundgesetz unvereinbar und deshalb ungültig ist.

13

Im Ausgangsverfahren wiederholte die Klägerin ihren Antrag auf Aufhebung der Vollziehung der Kernbrennstoffsteueranmeldung, welcher vor dem Finanzgericht - unter Zulassung der Beschwerde zum Bundesfinanzhof - zunächst Erfolg hatte (Beschluss vom 11. April 2014 - 4 V 154/13 -, juris, Rn. 50, 128). Auf die Beschwerde des Beklagten hob der Bundesfinanzhof diese Entscheidung auf und versagte (erneut) die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes (BFHE 247, 182).

14

2. Das Finanzgericht hat seinen Vorlagebeschluss wie folgt begründet:

15

Die Kernbrennstoffsteuer sei als Steuer im Sinne des Grundgesetzes zu betrachten, für die dem Bund die Gesetzgebungskompetenz fehle.

16

a) Weil eine Zustimmung des Bundesrates zum Kernbrennstoffsteuergesetz nicht vorliege, könne die Prüfung der Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 105 Abs. 2, 1. Alt. in Verbindung mit Art. 106 GG auf die Steuern und Steuerarten beschränkt werden, für die das Grundgesetz dem Bund die alleinige Ertragskompetenz zuweise. Andernfalls wäre das Kernbrennstoffsteuergesetz schon wegen des Fehlens der Bundesratszustimmung verfassungswidrig.

17

Die Kernbrennstoffsteuer sei keine herkömmliche Verbrauchsteuer im Sinne der finanzverfassungsrechtlichen Kompetenzregeln und entspreche auch nicht dem Typus einer Verbrauchsteuer. Ein typusprägendes Merkmal von Verbrauchsteuern sei - auch nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Hamburgischen Spielgerätesteuer -, dass sie die Einkommensverwendung, also private Konsumenten, besteuerten. Im Falle der indirekten Besteuerung durch Erhebung der Steuer beim Lieferanten oder Hersteller sei daher Voraussetzung, dass diese auf Abwälzung auf den privaten Konsumenten angelegt sei.

18

b) Die Kernbrennstoffsteuer weiche in vielerlei Hinsicht von den Merkmalen herkömmlicher Verbrauchsteuern ab; insbesondere ziele sie nicht auf die Belastung privater Konsumenten. Deren Belastung könne nur über den unter Einsatz der besteuerten Kernbrennstoffe erzeugten elektrischen Strom (Atomstrom) erfolgen. Tatsächlich trete eine Belastung jedoch nicht ein und sei auch durch das Gesetz nicht intendiert. Der Umstand, dass in Deutschland der gesamte erzeugte Strom - unabhängig von etwaigen Subventionen für seine Erzeugung - zu im Wesentlichen gleichen Bedingungen vermarktet, die Kernbrennstoffsteuer aber allein bei der Erzeugung von Atomstrom erhoben werde, schließe per se aus, dass es zu einer verbrauchsteuerlichen Belastung von privaten Konsumenten komme. Der Blick auf den Strommarkt bestätige diese Einschätzung. Die Gesetzesbegründung und die Entstehungsgeschichte des Kernbrennstoffsteuergesetzes belegten ebenfalls, dass die Kernbrennstoffsteuer von vornherein nicht auf die Belastung privater Konsumenten, sondern auf die Abschöpfung von Gewinnen der Kernkraftwerkbetreiber ziele. Zwar habe der Gesetzgeber grundsätzlich einen weiten Gestaltungsspielraum, zumal ihm der eher vage Verbrauchsteuerbegriff des Grundgesetzes, der auch die Erhebung von Steuern auf in der Produktion eingesetzte Güter umfassen könne, keine starren Grenzen setze, was in der Rechtsprechung etwa durch die Verwendung des Begriffs der kalkulatorischen Abwälzung zum Ausdruck komme. Im Normalfall möchten die weit gefasste kalkulatorische Abwälzbarkeit und der Umstand, dass das Unternehmen, bei dem eine Warensteuer erhoben werde, mit Gewinn arbeite, Indizien dafür sein, dass die Steuerlast letztlich den Konsumenten erreiche. Hiervon könne bei der Kernbrennstoffsteuer indes nicht ausgegangen werden. In der Kernbrennstoffsteuer sei eine Steuer zu sehen, die darauf angelegt sei, den jeweiligen Kraftwerkbetreiber endgültig mit dem größten Teil der erhobenen Kernbrennstoffsteuer zu belasten. Diese Belastung erfolge mittels eines besteuerten Guts, des Kernbrennstoffs, das nicht im Rahmen einer Einkommensverwendung und schon gar nicht privat verbraucht, sondern zum Zwecke der Einkommenserzielung durch das Produzieren von Strom genutzt werde. Die Steuer belaste den Kernkraftwerkbetreiber mithin planmäßig direkt als Produktionsunternehmen und stelle sich wirtschaftlich als eine Produktionssteuer dar, die gerade nicht darauf abziele, einen Konsumenten indirekt über das erzeugte Produkt zu belasten.

19

c) Der Bund habe auch keine sonstige Gesetzgebungskompetenz. Über die im Bereich der in Art. 105 Abs. 2 und Art. 106 GG genannten Steuern - zu denen die Kernbrennstoffsteuer nicht gehöre - hinaus könne eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes, die sich an den allgemeinen Vorgaben des Art. 72 Abs. 2 GG zu orientieren habe, da Art. 105 Abs. 2 GG ohne Einschränkungen auf die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG verweise, nur angenommen werden, soweit man über den Begriff der übrigen Steuern ein allgemeines unbegrenztes Steuererfindungsrecht des Bundes begründen könne. Indes sei ein solches Steuererfindungsrecht nicht gegeben; anderenfalls bedürfe eine neu erfundene Steuer zumindest der Zustimmung des Bundesrates, an der es beim Kernbrennstoffsteuergesetz fehle.

20

d) Die Frage der Gültigkeit des Kernbrennstoffsteuergesetzes sei für die Entscheidung über die anhängige Klage erheblich. Die angefochtene Steueranmeldung entspreche den Regelungen im Kernbrennstoffsteuergesetz. Im Falle der Gültigkeit des Gesetzes sei die Klage nach nationalem Recht ohne Weiteres abzuweisen. Verstoße das Kernbrennstoffsteuergesetz hingegen gegen das Grundgesetz und werde es deswegen, weil auch die Möglichkeit einer verfassungskonformen Auslegung erkennbar nicht bestehe, für ungültig erklärt, sei der Klage stattzugeben.

III.

21

Zur Vorlage des Finanzgerichts haben das Bundesministerium der Finanzen für die Bundesregierung, die Präsidenten des Bundesfinanzhofs, des Finanzgerichts Baden-Württemberg und des Finanzgerichts München sowie die Klägerin Stellung genommen. Der Deutsche Bundestag, der Bundesrat sowie die Länder Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Thüringen haben von einer Stellungnahme ausdrücklich abgesehen; die übrigen Landesregierungen haben sich nicht geäußert.

22

1. Die Klägerin hält das Kernbrennstoffsteuergesetz für formell und materiell verfassungswidrig.

23

a) Nach ihrer Auffassung fehlt dem Bund bereits die Gesetzgebungskompetenz.

24

aa) Der Bund habe - ungeachtet dessen, ob ihm überhaupt ein Steuererfindungsrecht zustehe - jedenfalls kein Steuererfindungsrecht hinsichtlich solcher Steuern, die im Rahmen der Körperschaftsteuer oder der Gewerbesteuer - also anteilig den Ländern oder Gemeinden zustehender Steuern - als Betriebsausgaben aufkommensmindernd zu berücksichtigen seien und damit mittelbar auch Bund und Länder belasteten. Über diesen Mechanismus bewirke die Kernbrennstoffsteuer einen - verfassungsrechtlich nicht vorgesehenen - "verkappten Finanzausgleich" zulasten der Länder und Gemeinden. Eine solche, das Steueraufkommen der Länder und Gemeinden mittelbar vermindernde Steuer könne der Bund mit Blick auf das Gefüge der Ertragskompetenztitel des Art. 106 GG und das Gefüge der Gesetzgebungskompetenztitel des Art. 105 GG mangels finanzverfassungsrechtlicher Kompetenz nicht erfinden. Zumindest hätte einem solchen Gesetz zur Wahrung der Länderrechte der Bundesrat zustimmen müssen, was nicht geschehen sei.

25

Der Bundesgesetzgeber habe das Kernbrennstoffsteuergesetz zudem mit dem Willen erlassen, eine Verbrauchsteuer einzuführen; er habe mithin keine neue Steuer erfinden wollen. Dem Gesetzgeber dürfe nicht die Ausübung eines vorgeblichen Steuererfindungsrechts unterstellt werden, wenn er dies erkennbar nicht habe ausüben wollen.

26

bb) Auch sonst stehe dem Bund keine (alleinige) Gesetzgebungskompetenz zu. Die Kernbrennstoffsteuer sei keine Steuer im verfassungsrechtlichen Sinne; sie weise vielmehr Elemente einer nichtsteuerlichen Abgabe in Gestalt einer Vorzugslast auf. In Ansehung der Zuweisung von Mehrerzeugungsmengen sei sie eher als eine "anlassbezogene Konzessionsgebühr" ausgestaltet. Ihr komme zugleich der Charakter einer parafiskalischen Sonderabgabe zu, da sie über den Förderfondsvertrag mit dem nichtsteuerlichen Förderfondsbeitrag verrechnet werde. Letztlich könne offen bleiben, ob es sich bei der Kernbrennstoffsteuer um eine sonstige Abgabe handele. Da es sich bei den sonstigen Abgaben nicht um Steuern handele, richte sich die Gesetzgebungskompetenz nicht nach den Art. 105 f. GG, sondern nach den allgemeinen Vorschriften der Art. 70 ff. GG. Im Bereich der Kernenergieerzeugung liege zwar eine ausschließliche Gesetzgebungskompetenz nach Art. 73 Abs. 1 Nummer 14 GG beim Bund; auf sie könne sich der Bund im Rahmen der Kernbrennstoffsteuer jedoch nicht berufen. Art. 73 Abs. 1 Nummer 14 GG weise dem Bund die Kompetenz zu, Gesetze über "die Erzeugung und Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken, die Errichtung und den Betrieb von Anlagen, die diesen Zwecken dienen, den Schutz gegen Gefahren, die bei Freiwerden von Kernenergie oder durch ionisierende Strahlen entstehen, und die Beseitigung radioaktiver Stoffe" zu erlassen. Das Kernbrennstoffsteuergesetz sei indes kein solches Gesetz. Zudem widerspreche die Aufrechterhaltung der Kernbrennstoffsteuer als nichtsteuerliche Abgabe der Formenstrenge der Finanzverfassung; eine "Wahlfeststellung" zwischen einer Abgabe und einer Steuer sei unzulässig.

27

Jedenfalls handele es sich bei der Kernbrennstoffsteuer nicht um eine Verbrauchsteuer. Sie sei weder eine herkömmliche Verbrauchsteuer im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nummer 2 GG, noch erfülle sie den historisch abzuleitenden Typusbegriff einer Verbrauchsteuer. Selbst wenn man die Kernbrennstoffsteuer als eine Verbrauchsteuer qualifiziere, handele es sich aufgrund der Ortsbezogenheit des die Steuerpflicht auslösenden Tatbestands allenfalls um eine örtliche Verbrauchsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 GG, für die allerdings nur die Länder die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz hätten.

28

b) Die Kernbrennstoffsteuer sei zudem materiell verfassungswidrig. Das Kernbrennstoffsteuergesetz verstoße gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG und aufgrund der unverhältnismäßigen Höhe der Steuer gegen die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 GG. Ferner handele es sich um ein verbotenes Einzelfallgesetz im Sinne von Art. 19 Abs. 1 Satz 1 GG.

29

c) Bereits wegen der fehlenden Gesetzgebungskompetenz komme im Ergebnis nur eine Nichtigkeitserklärung des Kernbrennstoffsteuergesetzes mit ex tunc-Wirkung in Betracht. Dies entspreche der gemäß § 78 BVerfGG grundsätzlich vorgesehenen Folge eines für mit dem Grundgesetz unvereinbar erklärten Gesetzes und werde auch in der Literatur als Regelfall angesehen. Für eine bloße Unvereinbarkeitserklärung nach den Kriterien der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei kein Raum.

30

2. Die Bundesregierung hat bereits Zweifel an der Zulässigkeit der finanzgerichtlichen Vorlage, hält sie jedenfalls für unbegründet.

31

a) Der Vorlagebeschluss sei in sich widersprüchlich: Einerseits stelle das Finanzgericht auf die Abwälzung der Kernbrennstoffsteuer als entscheidendes typusbestimmendes Merkmal ab, andererseits habe es keine hinreichende Sachverhaltsaufklärung zu diesem entscheidungserheblichen Punkt vorgenommen. Es setze sich zwar mit der zentralen Figur der kalkulatorischen Abwälzung auseinander, wie sie vor allem in der "Ökosteuerentscheidung" des Bundesverfassungsgerichts entwickelt und konkretisiert worden sei. Um die Frage des Gelingens oder Scheiterns einer solchen kalkulatorischen Abwälzung wirklich beurteilen zu können, hätte das vorlegende Gericht aber die Kalkulationsgrundlagen bei der Produktion von Atomstrom eruieren müssen. Dies sei trotz eines entsprechenden Beweisantrags des Beklagten im finanzgerichtlichen Verfahren unterblieben. Die Klägerin habe nicht substantiiert zu den kalkulatorischen Grundlagen der Stromproduktion in Kernkraftwerken vorgetragen. Wirtschaftswissenschaftliche, von der Klägerin in Auftrag gegebene Parteigutachten zur Strompreisbildung an der Strombörse könnten dieses Defizit in der Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts nicht kompensieren, weil diese eine gänzlich andere Fragestellung zum Gegenstand hätten.

32

b) Der Bund habe die Gesetzgebungskompetenz für das Kernbrennstoffsteuergesetz; das Gesetz verstoße auch im Übrigen nicht gegen das Grundgesetz.

33

aa) Dem Steuergesetzgeber stehe bei der Auswahl des Steuergegenstandes prinzipiell ein weiter Gestaltungsspielraum zu, so dass die Kompetenzbegriffe des Art. 105 und des Art. 106 GG hinreichend offen ausgelegt werden müssten. Der demnach weit zu verstehende Verbrauchsteuerbegriff des Grundgesetzes müsse nicht strapaziert werden, um auch die Kernbrennstoffsteuer zu erfassen. Die Kernbrennstoffsteuer entspreche vielmehr dem Phänotypus einer Verbrauchsteuer: Sie knüpfe tatbestandlich an den Verbrauch von Waren an, indem das erstmalige Einbringen von Brennelementen und das Auslösen einer sich selbsttragenden Kettenreaktion die Steuer entstehen lasse. Die Kernbrennstoffsteuer führe zudem nicht zu einer "Gewinnabschöpfung"; diese sei weder die Intention des Gesetzgebers gewesen, noch werde ein solches Ziel mit der Steuer erreicht. Kernbrennstoffe seien überdies geeignete Gegenstände einer Verbrauchsbesteuerung. Kernbrennstoffe, die durch den Einsatz in Atomkraftwerken chemisch-physikalisch umgewandelt würden, unterlägen aufgrund der spezifischen von ihnen ausgehenden Gefahren zwar zahlreichen Restriktionen und seien als Produktionsgüter nicht Waren des täglichen Bedarfs. Diese Gesichtspunkte erklärten sich jedoch aus der Natur der Sache und hätten keinen Einfluss auf die Eignung der Kernbrennstoffe als Gegenstand einer Verbrauchsbesteuerung. Die Eigentumsverhältnisse an den eingesetzten Kernbrennstoffen wie auch Einschränkungen bei der freien Handelbarkeit von Kernbrennstoffen und die Besonderheit der Erhebungstechnik seien ohne jede Relevanz. Der Annahme einer Verbrauchsteuer stehe auch nicht entgegen, dass es sich bei den Kernbrennstoffen um Produktionsgüter handele. Die ausschließliche Belastung konsumfähiger Güter gehöre nicht zu den prägenden Merkmalen einer Verbrauchsteuer. Das Bundesverfassungsgericht habe in der "Ökosteuerentscheidung" überdies grundsätzlich anerkannt, dass auch der "unternehmerische" Verbrauch von Verbrauchsteuern erfasst werden könne.

34

bb) Entgegen den Ausführungen im Vorlagebeschluss sei in den Gesetzesmaterialien weder behauptet worden, die Kernbrennstoffsteuer sei nicht abwälzbar, noch hätte eine solche Behauptung - wäre sie denn erfolgt - notwendig durchschlagende Wirkung auf die verfassungsrechtliche Prüfung dieser Steuer. Aus keiner Textstelle in der Gesetzesbegründung ergebe sich, dass die Abwälzung kategorisch ausgeschlossen sei; es werde lediglich vermutet, dass die Abwälzung nicht in jedem Fall gelingen werde. Die direkte Abwälzung auf die Endabnehmer werde damit nicht grundsätzlich infrage gestellt. Zudem nähmen die Gesetzesmaterialien die Möglichkeit der nicht preiserhöhenden, rein kalkulatorischen Abwälzung in der vom Bundesverfassungsgericht entwickelten Gestalt implizit auf.

35

Es sei auch weder ersichtlich noch dargetan, dass die Abwälzbarkeit rechtlich und tatsächlich ausgeschlossen sei. Abgesehen davon, dass nicht einmal die Klägerin die Möglichkeit einer - wenn auch geringen - Abwälzbarkeit bestreite, lasse ihre Argumentation hinsichtlich der Strompreisbildung außer Acht, dass das Verfahren an den Strombörsen nur einen Teil der Stromverkäufe abbilde und andere Endabnehmer von Strom direkte Verträge mit Kraftwerkbetreibern geschlossen hätten. Insofern gestalte sich der Preisbildungsmechanismus wesentlich komplexer als von dem Finanzgericht und der Klägerin dargestellt, zumal dabei die Markt- und Preisbildungsmacht der oligopolistisch agierenden, Kernkraftwerke betreibenden Energiekonzerne, die rund 80 Prozent der konventionellen Stromerzeugung kontrollierten, gänzlich unberücksichtigt sei.

36

Hinzu komme, dass die preiserhöhende Abwälzung kein konstitutives Merkmal einer Verbrauchsteuer sei. Nach der "Ökosteuerentscheidung" könne sich die Abwälzung auf Endverbraucher auch so gestalten, dass sich das für die Herstellung von Endprodukten eingesetzte Gut samt der auf ihm liegenden Verbrauchsteuerbelastung nur mittelbar im Preis des Endproduktes niederschlage. In der Entscheidung zur Spielgerätesteuer habe das Bundesverfassungsgericht überdies festgestellt, dass die kalkulatorische Abwälzung zumindest so lange gegeben sei, wie das Unternehmen noch Gewinn erziele. Dies sei bei den Betreibergesellschaften von Kernkraftwerken und insbesondere bei der Klägerin der Fall, zumal Letztere ausweislich des Protokolls über die öffentliche Sitzung vor dem Finanzgericht am 29. Januar 2013 erklärt habe, dass die streitgegenständlichen Kernkraftwerke zurzeit wirtschaftlich betrieben würden.

37

cc) Die Kernbrennstoffsteuer sei überdies keine örtliche Verbrauchsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG. Das Besteuerungsgut, der Kernbrennstoff, sei nicht ortsfest, sondern beweglich. Das Einbringen in den Kernreaktor, um eine Kettenreaktion auszulösen, sei steuertechnisch lediglich tatbestandsauslösend. Eine "örtliche Radizierung" der Steuer sei damit nicht gegeben.

38

Die Kernbrennstoffsteuer sei darüber hinaus keine "anlassbezogene Konzessionsgebühr" oder "parafiskalische Sonderabgabe".

39

dd) Der Umstand, dass die Kernbrennstoffsteuer wegen ihrer gewinnmindernden Wirkung das Landessteuersubstrat mindere, sei kompetenzrechtlich irrelevant. Mittelbare Auswirkungen auf die Landessteuereinnahmen seien angesichts der gegenseitigen Verflechtungen im Einnahmenbereich von Bund und Ländern keine Besonderheit. Art. 105 Abs. 3 GG stelle allein auf die positive finanzverfassungsrechtliche Ertragshoheit ab. Selbst im atypischen, weil finanzverfassungsrechtlich nicht vorgezeichneten Fall der Versteigerungserlöse aus den UMTS-Lizenzen sei eine Beteiligung der Länder an den seinerzeit gewaltigen Summen verneint worden. Dies müsse erst recht im Zusammenhang mit Steuern im Zehnten Abschnitt des Grundgesetzes gelten, stelle dieser mit Art. 106 Abs. 3 und 4 GG doch ein Instrument zur Verfügung, um gegebenenfalls auf Verschiebungen zu reagieren.

40

ee) Schließlich verstoße das Kernbrennstoffsteuergesetz weder gegen den allgemeinen Gleichheitssatz des Art. 3 Abs. 1 GG noch gegen die Eigentumsgarantie aus Art. 14 Abs. 1 und 2 GG; es handele sich auch nicht um ein verbotenes Einzelfallgesetz.

41

3. Der VII. Senat des Bundesfinanzhofs hat in seiner Stellungnahme darauf hingewiesen, dass er sich mit den vom Finanzgericht aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragen zur Kernbrennstoffsteuer inhaltlich bislang nicht befasst, sondern lediglich die in diesem Zusammenhang gestellten Anträge auf Aufhebung der Vollziehung der Kernbrennstoffsteuer-Anmeldung abgelehnt habe.

42

Die Frage, ob eine besondere Verbrauchsteuer auch in der Produktion verwendete Waren belasten könne, habe der Bundesfinanzhof bereits 1984 dahin entschieden, dass es keinen Rechtssatz gebe, der das Anknüpfen einer Verbrauchsteuer an einen typischen Rohstoff verbiete. Daher gehöre die ausschließliche Belastung konsumfähiger Güter nicht zu den prägenden Merkmalen einer Verbrauchsteuer. Mit dieser Begründung habe der Bundesfinanzhof die Erhebung einer besonderen Verbrauchsteuer auf nicht genussfähige und in der Kosmetikindustrie verwendete technische Alkohole (insbesondere Propanol und Methanol) für zulässig erachtet.

43

Hinsichtlich der vom Finanzgericht infrage gestellten Abwälzbarkeit der Kernbrennstoffsteuer als unabdingbares Merkmal einer Verbrauchsteuer vertrete der Bundesfinanzhof in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass die bloße Möglichkeit der Abwälzung der Steuer genüge, so dass dem Steuerschuldner nicht in jedem Fall Gewähr geboten werden müsse, dass er die Verbrauchsteuer tatsächlich abwälzen könne. Im Hinblick auf die infolge eines Forderungsausfalls misslungene Abwälzung der Steuerlast im Handel mit versteuertem Mineralöl habe er geurteilt, dass sich die Abwälzung der Steuer außerhalb des steuerrechtlich geregelten Bereichs vollziehe. Sie erfolge in der Form, dass der Gegenwert der beim Übergang in den freien Verkehr erhobenen Steuer kalkulatorisch in den Preis der Ware eingehe und beim Weiterverkauf als Preisbestandteil weitergegeben werde. Damit sei das Risiko der Abwälzung der Steuer als Preisbestandteil aus dem steuerrechtlichen Bereich ausgeschieden und in den Bereich des allgemeinen kaufmännischen Risikos einbezogen worden.

44

In einer weiteren Entscheidung habe der Bundesfinanzhof ausgeführt, die besonderen Verbrauchsteuern seien zwar auf Abwälzung der Steuerlast auf den Verbraucher als den eigentlichen Belastungsträger angelegt; nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung gehöre zum Begriff der Verbrauchsteuer jedoch nicht die rechtliche Gewähr, dass der Steuerschuldner stets den von ihm entrichteten Betrag von der Person ersetzt erhalte, die nach der Konzeption des Gesetzgebers letztlich die Steuer tragen solle. Auch bei einem Misslingen der Abwälzung im Einzelfall wandele sich die Steuer nicht zu einer dem Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit widersprechenden und verfassungsrechtlich zu beanstandenden Unternehmensteuer.

45

4. Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat zunächst herausgestellt, dass sich der für die Kernbrennstoffsteuer zuständige Senat bislang nur im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes mit der Thematik befasst habe. Aus diesem Grund könne es sich nicht abschließend zum Ausgangsverfahren positionieren. In den beiden im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes ergangenen Beschlüssen habe das Finanzgericht Baden-Württemberg, anders als zuvor die Finanzgerichte Hamburg und München, die Auffassung vertreten, dass die von den Antragstellern vorgetragenen Einwendungen nicht hinreichend gewichtig seien, um ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Steuerfestsetzungen zu begründen. Die den Festsetzungen zugrundeliegenden Vorschriften des Kernbrennstoffsteuergesetzes stünden bei summarischer Prüfung sowohl mit den Regelungen des Grundgesetzes als auch mit den Vorgaben des Unionsrechts in Einklang. Insbesondere begegne die Einordnung der Kernbrennstoffsteuer als Verbrauchsteuer im Sinne des Art. 106 GG keinen durchgreifenden Bedenken; auf der Grundlage der Art. 105 Abs. 2, 106 Abs. 1 Nummer 2 GG habe eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes zum Erlass des Kernbrennstoffsteuergesetzes bestanden.

46

5. Das Finanzgericht München hat sich in seiner Stellungnahme ausschließlich zum Ablauf der dort anhängigen (Eil-)Verfahren geäußert und den Inhalt der im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ergangenen Beschlüsse skizziert. In diesen Verfahren habe der zuständige 14. Senat des Finanzgerichts München die Vollziehung der ihm zur Entscheidung vorliegenden Steueranmeldungen jeweils aufgehoben. Diesen Entscheidungen lägen ernstliche Zweifel an der Gesetzgebungskompetenz des Bundes gemäß Art. 106 Abs. 1 Nummer 2 GG und damit an der formellen Verfassungsmäßigkeit des Kernbrennstoffsteuergesetzes zugrunde. Diese Zweifel stützten sich insbesondere auf die Begründung zum Entwurf eines Kernbrennstoffsteuergesetzes (BTDrucks 17/3054, S. 1 ff.), die das Finanzgericht München dahingehend verstanden habe, dass von Beginn des Gesetzgebungsverfahrens an eine Abwälzung der Kernbrennstoffsteuer - wenn überhaupt - nur in sehr geringem Umfang für möglich gehalten worden sei.

47

6. Dem Bundesverfassungsgericht haben die Akten des Ausgangsverfahrens vorgelegen.

B.

48

Die Vorlage ist zulässig (Art. 100 Abs. 1 GG, § 13 Nr. 11, §§ 80 ff. BVerfGG).

I.

49

Das Finanzgericht hat seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der angewendeten Normen des Kernbrennstoffsteuergesetzes in einer den Erfordernissen des § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG genügenden Weise dargetan.

50

1. Im Hinblick auf den Vorlagegegenstand muss das Gericht den verfassungsrechtlichen Prüfungsmaßstab benennen und die für seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit maßgebenden Erwägungen nachvollziehbar und erschöpfend darlegen (vgl. BVerfGE 78, 165 <171 f.>; 86, 71 <77 f.>; 88, 70 <74>; 88, 198 <201>; 93, 121 <132>; 127, 335 <356>; 131, 88 <117 f.>). Es hat sich im Einzelnen mit der Rechtslage auseinanderzusetzen, auf nahe liegende tatsächliche und rechtliche Gesichtspunkte einzugehen und die in Schrifttum und Rechtsprechung - insbesondere derjenigen des Bundesverfassungsgerichts - entwickelten, für die vorgelegte Frage bedeutsamen Rechtsauffassungen ebenso zu verarbeiten wie die Entstehungsgeschichte der betreffenden Norm (vgl. etwa BVerfGE 65, 308 <316>; 76, 100 <104>; 77, 259 <262>; 125, 175 <220>; 127, 335 <356>; 131, 88 <118>). Dabei hat es die aus seiner rechtlichen Sicht zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der Norm erforderlichen tatsächlichen Feststellungen zu treffen und in seinen Vorlagebeschluss aufzunehmen (BVerfGE 77, 308 <328>; 80, 68 <71>; BVerfGK 15, 447 <452 f.>). § 80 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG verpflichtet das vorlegende Gericht jedoch nicht, auf jede denkbare Rechtsauffassung einzugehen (vgl. BVerfGE 141, 1 <11 Rn. 22>).

51

2. Das Finanzgericht hat den für seine rechtliche Beurteilung erforderlichen Sachverhalt mitgeteilt und seine Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der zur Prüfung gestellten Normen des Kernbrennstoffsteuergesetzes unter Berücksichtigung des atompolitischen Hintergrundes, der Gesetzgebungsgeschichte und Herausarbeitung der in der Rechtsprechung und im Schrifttum vertretenen Auffassungen umfassend und plausibel begründet, wobei es auch abweichende Ansichten - insbesondere die des Finanzgerichts Baden-Württemberg (Beschluss vom 11. Januar 2012 - 11 V 2661/11 -, juris, Rn. 32 ff. und Beschluss vom 11. Januar 2012 - 11 V 4024/11 -, juris, Rn. 31 ff.) - in den Blick genommen hat. Darüber hinaus hat es einen Abgleich der Kernbrennstoffsteuer mit den herkömmlich geregelten Verbrauchsteuern vorgenommen und auf dieser Grundlage unter Heranziehung der Gesetzesmaterialien zum Finanzverfassungsrecht, der höchstrichterlichen Rechtsprechung und vor allem der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts den für ihn maßgeblichen finanzverfassungsrechtlichen Verbrauchsteuerbegriff definiert; in diesem Zusammenhang hat es sich auch mit dem Merkmal der Abwälzbarkeit der Steuer auseinandergesetzt, sein Vorliegen in Bezug auf die Kernbrennstoffsteuer indes verneint.

II.

52

1. Dem Vorlagebeschluss ist ferner mit hinreichender Deutlichkeit zu entnehmen, dass die Vorlagefrage entscheidungserheblich ist, weil das Finanzgericht im Falle der Gültigkeit der für verfassungswidrig gehaltenen Rechtsvorschriften zu einem anderen Ergebnis käme als im Falle ihrer Ungültigkeit (vgl. BVerfGE 7, 171 <173 f.>; 47, 146 <154>; 48, 396 <399 f.>; 90, 145 <170>; 131, 1 <15>; 131, 88 <117>; 133, 1 <10 f. Rn. 35>; 135, 1 <10 f. Rn. 28>). Dabei kommt es für die Beurteilung der Entscheidungserheblichkeit einer zur verfassungsrechtlichen Prüfung gestellten Norm maßgeblich auf den Rechtsstandpunkt des vorlegenden Gerichts an, sofern dieser nicht offensichtlich unhaltbar ist (vgl. BVerfGE 7, 171 <175>; 57, 295 <315>; 105, 61 <67>; 121, 233 <237>; 126, 77 <97>; 129, 186 <203>; 131, 1 <15>; 133, 1 <10 f. Rn. 35>; 135, 1 <10 f. Rn. 28>; 138, 1 <15 Rn. 35>; 141, 1 <11 Rn. 22>) oder es sich um eine verfassungsrechtliche Vorfrage handelt (vgl. BVerfGE 48, 29 <38>; 67, 26 <35>; 69, 150 <159>; 78, 165 <172>; 89, 144 <152>; 131, 1 <15>).

53

Aus den Ausführungen des Finanzgerichts ergibt sich, dass die Entscheidung des Ausgangsverfahrens bei Gültigkeit des Kernbrennstoffsteuergesetzes anders ausfiele als bei seiner Ungültigkeit. Das Prozessziel der Klägerin - die Aufhebung der Steueranmeldung - kann nur bei einer Nichtigkeitserklärung des Kernbrennstoffsteuergesetzes, nicht aber über alternative Entscheidungsmöglichkeiten des vorlegenden Gerichts erreicht werden.

54

2. Der Umstand, dass das Kernbrennstoffsteuergesetz nur auf solche Besteuerungsvorgänge anzuwenden ist, bei denen die sich selbsttragende Kettenreaktion vor dem 1. Januar 2017 ausgelöst wurde (§ 12 KernbrStG), steht der Zulässigkeit der Vorlage nicht entgegen. Es ist für den im Ausgangsverfahren relevanten Zeitraum weiterhin entscheidungserheblich und eine Erledigung des Ausgangsverfahrens nicht eingetreten (vgl. hierzu BVerfGE 47, 46 <64>; 123, 1 <14>).

55

3. Der Gerichtshof der Europäischen Union hat die Konformität des Kernbrennstoffsteuergesetzes mit dem Unionsrecht bestätigt (EuGH, Urteil vom 4. Juni 2015 - C-5/14 -, juris, Rn. 40 ff.). Ein möglicher Verstoß des Kernbrennstoffsteuergesetzes gegen Unionsrecht steht seiner Entscheidungserheblichkeit im Ausgangsverfahren somit nicht entgegen (vgl. BVerfGE 106, 275 <295>; 110, 141 <155>; 116, 202 <214>; BVerfGK 14, 429 <433>).

C.

56

Das Kernbrennstoffsteuergesetz vom 8. Dezember 2010 (BGBl I S. 1804), zuletzt geändert durch Art. 240 der Zehnten Zuständigkeitsanpassungsverordnung vom 31. August 2015 (BGBl I S. 1474), ist mit Art. 105 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 106 Abs. 1 Nummer 2 GG unvereinbar und nichtig. Dem Bundesgesetzgeber fehlte die Gesetzgebungskompetenz zu seinem Erlass.

I.

57

1. Die Finanzverfassung des Grundgesetzes ist Eckpfeiler der bundesstaatlichen Ordnung. Sie soll eine Finanzordnung sicherstellen, die den Gesamtstaat und die Gliedstaaten am Gesamtertrag der Volkswirtschaft angemessen beteiligt. Bund und Länder müssen im Rahmen der verfügbaren Gesamteinnahmen so ausgestattet werden, dass sie die Ausgaben leisten können, die zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben erforderlich sind (vgl. BVerfGE 32, 333 <338>; 55, 274 <300>; 78, 249 <266 f.>; 93, 319 <342>; 101, 141 <147>; 105, 185 <194>; 108, 1 <15>; 108, 186 <214 f.>).

58

2. a) Die grundgesetzliche Finanzverfassung, wie sie in den Art. 104a ff. GG zum Ausdruck kommt, bildet eine in sich geschlossene Rahmen- und Verfahrensordnung und ist auf Formenklarheit und Formenbindung angelegt. Diese Prinzipien erschöpfen sich nicht in einer lediglich formalen Bedeutung. Sie sind selbst Teil der funktionsgerechten Ordnung eines politisch sensiblen Sachbereichs und verwirklichen damit ein Stück Gemeinwohlgerechtigkeit. Zugleich fördern und entlasten sie den politischen Prozess, indem sie ihm einen festen Rahmen vorgeben. Für Analogieschlüsse, die notwendig zu einer Erweiterung oder Aufweichung dieses Rahmens führen würden, ist in diesem Bereich kein Raum (vgl. BVerfGE 67, 256 <288 f.>; 105, 185 <193 f.>).

59

b) Der strikten Beachtung der finanzverfassungsrechtlichen Zuständigkeitsbereiche von Bund und Ländern kommt eine überragende Bedeutung für die Stabilität der bundesstaatlichen Verfassung zu. Weder der Bund noch die Länder können über ihre im Grundgesetz festgelegten Kompetenzen verfügen; einfachgesetzliche Kompetenzverschiebungen zwischen Bund und Ländern wären auch nicht mit Zustimmung der Beteiligten zulässig (vgl. BVerfGE 4, 115 <139>; 32, 145 <156>; 39, 96 <109>; 55, 274 <300 f.>; 105, 185 <194>). Bei der Ertragsverteilung der Steuern handelt es sich gemeinsam mit der Verteilung der Gesetzgebungs- und Verwaltungskompetenzen um eine zentrale Frage der politischen Machtverteilung in der Bundesrepublik Deutschland (vgl. BVerfGE 55, 274 <301>). Unsicherheiten in der Ertragszuordnung würden in diesem Kontext zu erheblichen Verwerfungen im Bereich der Befriedungsfunktion der Finanzverfassung führen.

60

c) Über ihre Ordnungsfunktion hinaus entfaltet die Finanzverfassung eine Schutz- und Begrenzungsfunktion, die es dem einfachen Gesetzgeber untersagt, die ihm gesetzten Grenzen zu überschreiten (vgl. BVerfGE 34, 139 <146>; 55, 274 <302>; 67, 256 <288 ff.>; 93, 319 <342 f.>; 108, 186 <215>; 123, 132 <141>; 124, 348 <364>; 132, 334 <349 Rn. 47 f.>; 137, 1 <17 Rn. 38>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 17. Januar 2017 - 2 BvL 2/14 -, juris, Rn. 62 f.). Diese Schutzwirkung entfaltet die Finanzverfassung auch im Verhältnis zum Bürger, der darauf vertrauen darf, nur in dem durch die Finanzverfassung vorgegebenen Rahmen belastet zu werden (vgl. BVerfGE 67, 256 <288 f.>; 108, 1 <16>; 108, 186 <215>; 123, 132 <141>; 132, 334 <349 Rn. 48>; BVerfG, Beschluss des Zweiten Senats vom 17. Januar 2017 - 2 BvL 2/14 -, juris, Rn. 63).

II.

61

Die Bestimmungen über das Finanzwesen in den Art. 104a ff. GG regeln unter anderem die Gesetzgebungs-, Ertrags- und Verwaltungskompetenz für das Finanzierungsmittel der Steuer.

62

1. a) Art. 105 GG begründet als spezielle finanzverfassungsrechtliche Norm die Gesetzgebungskompetenzen des Bundes und der Länder für den Bereich der Steuern (BVerfGE 108, 1<13>; 108, 186 <212>; 113, 128 <145>; BVerfGK 15, 168 <173>). Innerhalb seines Anwendungsbereichs geht er den allgemeinen Sachgesetzgebungskompetenzen der Art. 70 ff. GG vor (vgl. BVerfGE 3, 407 <434 ff.>; 4, 7 <13>; 67, 256 <275 f.>; 105, 185 <193 f.>).

63

b) Art. 106 GG betrifft die vertikale Steuerertragsaufteilung im Verhältnis des Bundes zur Ländergesamtheit. Er weist die Erträge bestimmter Steuern entweder dem Bund (Art. 106 Abs. 1 GG), den Ländern (Art. 106 Abs. 2 GG) oder Bund und Ländern gemeinschaftlich (Art. 106 Abs. 3 GG) zu (BVerfGE 72, 330<383 f.>). Die finanzverfassungsrechtliche Ertragshoheit und die Gesetzgebungszuständigkeit für Steuern sind mithin jeweils gesondert geregelt und folgen anderen Grundsätzen, als dies für nichtsteuerliche Abgaben im Bereich der allgemeinen Sachgesetzgebungskompetenzen der Art. 70 ff. GG der Fall ist.

64

2. Die einzelnen Steuern und Steuerarten der Art. 105 und Art. 106 GG sind Typusbegriffe (a)). Ihre typusbildenden Unterscheidungsmerkmale sind dem traditionellen deutschen Steuerrecht zu entnehmen (b)). Neue Steuern sind daraufhin abzugleichen, ob sie dem Typus einer herkömmlichen Steuer entsprechen (c)). Innerhalb der durch Art. 105 und Art. 106 GG vorgegebenen Typusbegriffe verfügt der Gesetzgeber über eine weitgehende Gestaltungsfreiheit (d)).

65

a) Für die in Art. 105 und Art. 106 GG aufgeführten Steuern und Steuerarten verwendet das Grundgesetz Typusbegriffe. Zur Feststellung der Merkmale, die den betreffenden Typus kennzeichnen, ist auf den jeweiligen Normal- oder Durchschnittsfall abzustellen; Merkmale, die sich als bloße Einzelfallerscheinungen darstellen, sind bei der Typusbildung auszuscheiden. Es ist zudem nicht erforderlich, dass stets sämtliche den Typus kennzeichnende Merkmale vorliegen. Diese können vielmehr in unterschiedlichem Maße und verschiedener Intensität gegeben sein; je für sich genommen haben sie nur die Bedeutung von Anzeichen oder Indizien. Maßgeblich ist das durch eine wertende Betrachtung gewonnene Gesamtbild (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 20. Mai 1996 - 1 BvR 21/96 -, juris, Rn. 7 [für einfachgesetzliche Typusbegriffe]; ähnlich Wank, Die juristische Begriffsbildung, 1985, S. 123 ff.; Strahl, Die typisierende Betrachtungsweise im Steuerrecht, 1996, S. 216 ff.; Jacobi, Methodenlehre der Normwirkung, 2008, S. 45; Wernsmann, NVwZ 2011, S. 1367 <1368>).

66

b) Bei den Einzelsteuerbegriffen der Art. 105 und Art. 106 GG kommt es für die Typusbildung auf die Sicht des traditionellen deutschen Steuerrechts an (BVerfGE 7, 244<252>; 14, 76 <91>; 26, 302 <309>; 31, 314 <332>; 110, 274 <296>; 123, 1 <16>; vgl. auch BVerfGE 16, 306 <317>). Es sind diejenigen Merkmale zu ermitteln, die eine Steuer oder Steuerart nach dem herkömmlichen Verständnis typischerweise aufweist und - mit Blick auf die abgrenzende Funktion der Einzelsteuerbegriffe - zu ihrer Unterscheidung von anderen Steuern oder Steuerarten notwendig sind (vgl. zu letzterem Förster, Die Verbrauchsteuern, 1989, S. 22).

67

c) Neue Steuern sind auf ihre Kongruenz mit den aus hergebrachter Sicht typusprägenden Merkmalen der Einzelsteuerbegriffe der Art. 105 und Art. 106 GG zu prüfen. Entsprechen sie nicht allen Typusmerkmalen einer Einzelsteuer, sind Bedeutung und Gewicht der einzelnen Merkmale sowie der Grad an Abweichung zu bestimmen und danach in eine Gesamtwertung einzubeziehen; auf dieser Grundlage ist zu entscheiden, ob im Ergebnis eine Übereinstimmung mit dem Typus anzunehmen ist.

68

d) Innerhalb der durch Art. 105 und Art. 106 GG vorgegebenen Typusbegriffe steht es dem Gesetzgeber offen, neue Steuern zu "erfinden" und bestehende Steuergesetze zu verändern (BVerfGE 31, 8<19>; vgl. auch BVerfGE 27, 375 <383>). Änderungen bestehender Steuergesetze oder die Erschließung neuer Steuerquellen sind unter dem Blickpunkt der Zuständigkeitsverteilung zumindest so lange nicht zu beanstanden, wie sie sich im Rahmen der herkömmlichen Merkmale der jeweiligen Steuern halten (vgl. BVerfG 31, 8 <19>).

III.

69

Die Zuweisung von Gesetzgebungskompetenzen an Bund und Länder durch Art. 105 GG in Verbindung mit Art. 106 GG ist abschließend. Außerhalb der durch die Finanzverfassung in Art. 104a ff. GG vorgegebenen Kompetenzordnung besteht keine Befugnis von Bund oder Ländern, Steuergesetze zu erlassen.

70

Der Bund hat gemäß Art. 105 Abs. 2 1. Halbsatz GG - über die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für die in Art. 105 Abs. 1 GG genannten Zölle und Finanzmonopole hinaus - die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für die "übrigen Steuern", wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen.

71

Unter den "übrigen Steuern" sind ausschließlich die in Art. 106 GG aufgeführten Steuern und Steuerarten zu verstehen. Der einfache Gesetzgeber darf nur solche Steuern einführen, deren Ertrag durch Art. 106 GG dem Bund, den Ländern oder Bund und Ländern gemeinschaftlich zugewiesen wird (vgl. FG München, Beschluss vom 4. Oktober 2011 - 14 V 2155/11 -, juris, Rn. 45, 52; Birk/Förster, DB Beilage Nr. 17 zum Heft 30 1985, S. 1 <10>; Ossenbühl/Di Fabio, StuW 1988, S. 349 <351 f.>; Förster, Die Verbrauchsteuern, 1989, S. 39; Vogel, in: Festschrift für Klaus Tipke, 1995, S. 93 <94 f.>; Jobs, Steuern auf Energie als Element einer ökologischen Steuerreform, 1999, S. 167; Vogel, in: Isensee/Kirchhof, HStR IV, 2. Aufl. 1999, § 87 Rn. 32; Vogel/Walter, in: Bonner Kommentar, Bd. 14, Art. 105 Rn. 66 [2004]; Müller-Franken, in: Berliner Kommentar, Art. 105 Rn. 206 [2008]; Kyrill-A. Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 106 Rn. 17; Waldhoff/von Aswege, Kernenergie als "goldene Brücke"?, 2010, S. 11 f.; Martini, ZUR 2012, S. 219 <225 f.>; Waldhoff, ZfZ 2012, S. 57 <59>; Wernsmann, ZfZ 2012, S. 29 <30>; Eiling, Verfassungs- und europarechtliche Vorgaben an die Einführung neuer Verbrauchsteuern, 2014, S. 67; Gärditz, ZfZ 2014, S. 18 <19>; Kloepfer, Finanzverfassungsrecht, 2014, S. 137; Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 14. Aufl. 2016, Art. 106 Rn. 2; a.A. Brodersen, in: Festschrift für Gerhard Wacke, 1972, S. 103 <113 ff.>; Osterloh, NVwZ 1991, S. 823 <828>; Wieland, Die Konzessionsabgaben, 1991, S. 290; Häde, Finanzausgleich, 1996, S. 163 ff.; Söhn, in: Festschrift für Klaus Stern, 1997, S. 587 <599 ff.>; Jarass, Nichtsteuerliche Abgaben und lenkende Steuern unter dem Grundgesetz, 1999, S. 17 ff.; Heun, in: Dreier, GG, 2000, Art. 105 Rn. 33, Art. 106 Rn. 14; Wendt, in: Isensee/Kirchhof, HStR VI, 3. Aufl. 2008, § 139 Rn. 29 ff.; van Heek, in: van Heek/Lehmann, Die Kernbrennstoffsteuer als "Verbrauchsteuer"?, 2012, S. 34; Schmidt, StuW 2015, S. 171 <174 f.>). Ein freies Steuererfindungsrecht gewährt ihm Art. 105 Abs. 2 GG nicht, ungeachtet des Umstandes, dass die Norm kein ausdrückliches Verbot der Steuererfindung enthält (vgl. hierzu Osterloh, NVwZ 1991, S. 823 <828>; Möckel, Umweltabgaben zur Ökologisierung der Landwirtschaft, 2006, S. 221). Die Entstehungsgeschichte von Art. 105 Abs. 2 GG ist insoweit zwar ambivalent (1.). Für diese Auslegung sprechen jedoch systematische (2.) und teleologische (3.) Erwägungen.

72

1. Die Geschichte des Finanzreformgesetzes vom 12. Mai 1969 (BGBl I S. 359), das Grundlage für die heutige Finanzverfassung ist, lässt jedenfalls keinen zwingenden Schluss auf das Bestehen eines allgemeinen Steuererfindungsrechts zu (so aber Meyer, DÖV 1969, S. 261 <262>; Bach, StuW 1995, S. 264 <271>; Söhn, in: Festschrift für Klaus Stern, 1997, S. 587 <599>; van Heek, in: van Heek/Lehmann, Die Kernbrennstoffsteuer als "Verbrauchsteuer"?, 2012, S. 30 f.).

73

a) Wesentliches Ziel des Finanzreformgesetzes vom 12. Mai 1969 war es, "ein möglichst dauerhaftes und überschaubar gestaltetes System zu schaffen, das eine Anpassung an den sich ändernden Mittelbedarf der einzelnen Ebenen gewährleistet und so angelegt ist, dass unnötige Auseinandersetzungen zwischen Bund und Ländern vermieden werden" (BTDrucks V/2861, S. 11 f. ). Es wurden tiefgreifende Änderungen der Finanzverfassung umgesetzt, die unter anderem die Regelung der Gesetzgebungszuständigkeit durch Art. 105 Abs. 2 GG a.F. (1955) betrafen. Das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 14, 76 <90 f.>; 16, 64 <78 f.>) hatte Art. 105 Abs. 2 GG a.F. (1955) noch eine sehr weitgehende Gesetzgebungskompetenz der Länder entnommen. Art. 105 Abs. 2 GG in seiner neuen Fassung sollte dem Bund nunmehr eine weitgehende konkurrierende Gesetzgebungskompetenz sicherstellen (BTDrucks V/2861, S. 32). Dem Gesetzentwurf ist zu entnehmen, "dass der Bund für alle Steuern, für die er nicht die ausschließliche Gesetzgebung hat, die konkurrierende Gesetzgebung erhält, ´wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen´" (BTDrucks V/2861, S. 32).

74

Soweit der Gesetzentwurf ein Steuererfindungsrecht der Länder erwähnt, in das der Bund - sollte es die Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit erforderlich machen - eintreten könne (vgl. BTDrucks V/2861, S. 32 f. ), deutet dies nur auf den ersten Blick darauf hin, dass der verfassungsändernde Gesetzgeber von einem finanzverfassungsrechtlich nicht begrenzten Steuererfindungsrecht der Länder ausging, in das der Bund unter den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG eintreten kann (vgl. BTDrucks V/2861, S. 94):

Durch die von der Bundesregierung vorgeschlagene Fassung des Artikels 105 Abs. 2 GG wird das Steuererfindungsrecht der Länder nicht beseitigt. Der Bund kann jedoch, wenn eine von den Ländern erfundene Steuer wegen der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse notwendigerweise bundeseinheitlich geregelt werden muss, das konkurrierende Gesetzgebungsrecht wahrnehmen. […]

75

b) Denn eine solche Blickverengung allein auf die intendierte umfassende Bundeszuständigkeit und einzelne Ausschnitte und Begrifflichkeiten der Gesetzesbegründung gäbe das Gesamtbild nur unvollständig wieder.

76

aa) Es lässt sich bereits nicht feststellen, ob der damalige (verfassungsändernde) Gesetzgeber den Begriff des "Steuererfindungsrechts" überhaupt im Sinne eines über die in Art. 106 GG aufgeführten Steuern und Steuerarten hinausgehenden Steuererfindungsrechts verstanden hat und er nicht lediglich auf die Möglichkeit der Erschließung neuer Steuerquellen und die Änderung bestehender Steuergesetze innerhalb der jeweiligen Typusbegriffe des Art. 106 GG verweisen wollte (vgl. etwa Hidien, in: Bonner Kommentar, GG, Art. 106 Rn. 1363 [November 2002]). Eine Definition des "Steuererfindungsrechts" oder sonstige Hinweise, was mit dem Begriff im Einzelnen gemeint sein sollte, enthält die Gesetzesbegründung jedenfalls nicht. Auch in späteren Jahren ist im (einfachen) Gesetzgebungsverfahren der Begriff des "Steuererfindungsrechts" typusbezogen verwendet worden, so etwa im Bericht des Finanzausschusses zum Entwurf des Mineralöl- und Branntweinsteuer-Änderungsgesetzes 1981 (vgl. BTDrucks 9/167, S. 6; ähnliche Begriffsverwendung in der Rechtsprechung, vgl. etwa BVerwGE 143, 301 <309 f. Rn. 25>).

77

bb) Zweifel daran, dass ein Steuererfindungsrecht außerhalb des Systems der Ertragsverteilung in Art. 106 GG gemeint war, ergeben sich weiter daraus, dass der Gesetzgeber für das Finanzverfassungsgesetz vom 23. Dezember 1955 (BGBl I S. 817) der Auffassung war, die verfassungspolitische Bedeutung, die das Grundgesetz der Verteilung der bundesstaatlichen Steuerertragshoheit beimesse, lasse es nicht zu, "die Zuteilung der Einnahmen aus künftigen Steuern der einfachen Bundesgesetzgebung zu überlassen" (vgl. BTDrucks II/480, S. 40 ; vgl. unten Rn. 84). In diesem Zusammenhang war mit Art. 106d GG eine - später im Vermittlungsausschuss nicht weiterverfolgte - Regelung für noch unverteilte künftige Steuern erwogen worden (vgl. BTDrucks II/480, S. 110 und S. 229; ähnlich auch der Schriftliche Bericht des Ausschusses für Finanz- und Steuerfragen des Bundestages, BTDrucks II/960, S. 3). Bei der Annahme eines Steuererfindungsrechts hinsichtlich unverteilter Steuern wäre auf dieser Grundlage eine verfassungsrechtliche Zuweisung nicht nur naheliegend, sondern zwingend erforderlich gewesen. Eine Auseinandersetzung mit dieser Fragestellung enthält die Gesetzesbegründung des Finanzreformgesetzes vom 12. Mai 1969 (BGBl I S. 359) indes nicht.

78

cc) Ohne eine solche verfassungsrechtliche Zuweisung widerspräche (vgl. Breuer, DVBl 1992, S. 485 <490>; Hidien, in: Bonner Kommentar, GG, Art. 106 Rn. 1363 [November 2002]) ein über die in Art. 106 GG genannten Steuern hinausgehendes Steuererfindungsrecht von Bund und Ländern überdies den in der Begründung ausdrücklich wiedergegebenen Zielen des Finanzreformgesetzes vom 12. Mai 1969 (BGBl I S. 359), ein dauerhaftes und überschaubar gestaltetes Steuerverteilungssystem zu schaffen, das entsprechend der finanziellen Bedeutung der Aufgaben und unter Vermeidung von Verteilungskonflikten das Verhältnis zwischen Steuerbedarf und Steuereinnahmen bei Bund und Ländern möglichst im Zustand des Gleichgewichts erhält (vgl. BTDrucks V/2861, S. 11 f. und S. 33 ).

79

Die Gesetzesmaterialien beinhalten keine Auflösung dieses "Norm- und Zielkonflikt[es]" (Hidien, in: Bonner Kommentar, Bd. 15, Art. 106 Rn. 1363 [November 2002]) zwischen einer angestrebten umfassenden steuerlichen Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes unter den Voraussetzungen des Art. 105 Abs. 2 2. Halbsatz GG und der Befriedungsfunktion der Finanzverfassung. In der Stellungnahme des Bundesrates (vgl. BTDrucks V/2861, S. 85 ff.) findet sich zwar noch Widerspruch gegen den neugefassten Art. 105 Abs. 2 GG, da "die Gesetzgebungsbefugnis der Länder auf dem Gebiet des Steuerrechts im Ergebnis beseitigt" (BTDrucks V/2861, S. 87) werde. Der Rechtsausschuss des Bundestages hat diese Bedenken jedoch - erneut ohne Problematisierung des aufgezeigten Konflikts - nicht aufgegriffen (BTDrucks V/3605, S. 8). In der Darlegung der Gründe für die Einberufung des Vermittlungsausschusses durch den Bundesrat (BTDrucks V/3826, S. 4 f.) finden sich weitere Bedenken gegen die Neufassung des Art. 105 Abs. 2 GG jedenfalls nicht mehr. Dementsprechend wurde Art. 105 Abs. 2 GG in der Fassung des Regierungsentwurfs unverändert in den Beschluss des Vermittlungsausschusses übernommen (BTDrucks V/3896, S. 4 [Anlage 1]). Angesichts dessen kann allein aus der Erwähnung eines "Steuererfindungsrechts" (BTDrucks V/2861, S. 33 und S. 94) für die Länder, das der Bund unter den Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG für sich in Anspruch nehmen könne, nicht der Schluss gezogen werden, der verfassungsändernde Gesetzgeber sei von einem allgemeinen, über den finanzverfassungsrechtlichen Katalog der Steuertypen hinausgehenden Steuererfindungsrecht ausgegangen.

80

2. Systematische Gründe sprechen gegen ein solches Steuererfindungsrecht. Die Ertragshoheit für solche Steuern bliebe offen. Sie ist Art. 105 f. GG nicht zu entnehmen (a) und lässt sich auch nicht aus Art. 30 GG (b) herleiten.

81

a) Die Art. 105 f. GG schweigen über die Ertragshoheit für nicht in Art. 106 GG aufgeführte Steuerarten.

82

aa) Die Lösung kann nicht darin liegen, nach Art einer "Näherungsmethodik" den "frei schwebenden" Ertrag derjenigen Steuer oder Steuerart im Sinne des Art. 106 GG zuzuordnen, der die erfundene Steuer am ähnlichsten ist (vgl. Fischer-Menshausen, DÖV 1956, S. 161 <164>). Diese Methode versagt immer dann, wenn sich eine "ähnliche" Steuer nicht finden lässt, weil sie im Katalog des Art. 106 GG nicht aufgeführt ist (so auch Fischer-Menshausen, DÖV 1956, S. 161<164>), und führt letztlich zu einer unzulässigen Entgrenzung der Typusbegriffe.

83

bb) Eine Ertragshoheit als Annex zur Gesetzgebungszuständigkeit aus Art. 105 Abs. 2 GG kommt ebenfalls nicht in Betracht (a.A. Osterloh, NVwZ 1991, S. 823 <828>; Söhn, in: Festschrift für Klaus Stern, 1997, S. 587 <600 f.>). Sie verbietet sich bereits deshalb, weil im Bereich der steuerlichen Finanzverfassung - anders als im Bereich der nichtsteuerlichen Abgaben - die Ertragshoheit gerade nicht generell der Gesetzgebungskompetenz folgt (Rn. 63).

84

cc) Es kann deshalb auch nicht Aufgabe des einfachen Gesetzgebers sein, den Steuerertrag zu verteilen; Art. 105 f. GG stellt die Ertragsverteilung nicht zur Disposition des Bundesgesetzgebers (Vogel, in: Isensee/Kirchhof, HStR IV, 2. Aufl. 1999, § 87 Rn. 32; Waldhoff/von Aswege, Kernenergie als "goldene Brücke"?, 2010, S. 11). Er ist vielmehr auf die Einführung solcher Steuern beschränkt, die unter den Katalog des Art. 106 GG subsumierbar sind (Starck, StuW 1974, S. 271<276>). Er ist nur insoweit frei in der Neugestaltung des Steuersystems, als die Ertragshoheit, wie sie in der Verfassung vorgesehen ist, durch eine Erhebung von Steuern nicht verändert oder unterlaufen wird (vgl. Ossenbühl/Di Fabio, StuW 1988, S. 349 <351 f.>).

85

Andernfalls müsste jedenfalls sichergestellt sein, dass bei der Zuweisung des Ertrags einer neu erfundenen Steuer die Interessen der Länder gewahrt bleiben. Art. 105 f. GG sehen jedoch das Erfordernis einer Zustimmung des Bundesrates außerhalb des Anwendungsbereichs von Art. 105 Abs. 3 GG, das heißt gerade in den Fällen, in denen der Ertrag ausschließlich dem Bund zufließen soll, nicht vor (a.A. Fischer-Menshausen, in: Münch/Kunig, GG, Bd. 3, 3. Aufl. 1996, Art. 105 Rn. 27; ähnlich: Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 154 f.; Heun, in: Dreier, GG, Bd. 3, 2. Aufl. 2008, Art. 105 Rn. 44). Dass es sich dabei um ein redaktionelles Versehen des Verfassungsgebers handelte, ist nicht ersichtlich. Die Beschränkung von Art. 105 Abs. 3 GG spricht vielmehr dafür, dass eine Zuweisung des Steuerertrags durch den einfachen Gesetzgeber in der Finanzverfassung nicht vorgesehen ist.

86

dd) Es bliebe deshalb nur der Weg einer Ergänzung des Art. 106 GG im Wege des verfassungsändernden Gesetzes (Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 106 Rn. 20 [1978]; vgl. auch Förster, Die Verbrauchsteuern, 1989, S. 34; Müller-Franken, in: Berliner Kommentar, Art. 105 Rn. 206 [2008]; Seer, DStR 2012, S. 325 <330>), um die Ertragshoheit für "frei schwebende Steuererträge" (vgl. etwa: Kloepfer, Finanzverfassungsrecht, 2014, S. 137) einer (nachträglichen) Regelung zuzuführen. Dieser Verfassungsvorbehalt ist nicht etwa deshalb entbehrlich, weil der einfache Gesetzgeber bei allen Besteuerungsentscheidungen ohnehin darauf achten muss, dass das grundgesetzlich angelegte Verteilungssystem keinen Schaden nimmt (vgl. Jarass, Nichtsteuerliche Abgaben und lenkende Steuern unter dem Grundgesetz, 1999, S. 17). Denn es steht dem einfachen Gesetzgeber von vornherein nicht zu, den Katalog des Art. 105 und Art. 106 GG (mittelbar) zu erweitern, indem er den verfassungsändernden Gesetzgeber in die Situation bringt, im Anschluss an die einfachgesetzliche Einführung einer neuen Steuer die Verfassungslage entsprechend anpassen und die Ertragshoheit im Nachgang regeln zu müssen. Es bestünde überdies keine Pflicht des verfassungsändernden Gesetzgebers, auf die einfachgesetzliche Einführung solcher Steuern entsprechend zu reagieren (so aber Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. 3, 1993, S. 1095; derselbe, BB 1994, S. 437 <442>), so dass nicht gewährleistet wäre, dass der "frei schwebende" Ertrag aus neuen Steuern dem Bund oder den Ländern im Nachhinein tatsächlich zugewiesen würde.

87

b) Eine generelle Ertragshoheit der Länder für eine vom Bund erfundene Steuer aus Art. 30 GG herzuleiten, ist aus systematischen Erwägungen ebenfalls ausgeschlossen (so auch Stern, in: Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 1980, S. 1119; Förster, Die Verbrauchsteuern, 1989, S. 34 f.; Vogel/Walter, in: Bonner Kommentar, Art. 105 Rn. 66 [Juli 2004]; Waldhoff, VVDStRL, Bd. 66, 2006, S. 216 <243>; Eiling, Verfassungs- und europarechtliche Vorgaben an die Einführung neuer Verbrauchsteuern, 2014, S. 65 f.; Seiler in: Maunz/Dürig, GG, Art. 105 Rn. 123 [2015]; a.A.: Wieland, Die Konzessionsabgaben, 1991, S. 291 f.; Häde, Finanzausgleich, 1996, S. 164 f.; van Heek, in: van Heek/Lehmann, Die Kernbrennstoffsteuer als "Verbrauchsteuer"?, 2012, S. 33).

88

aa) Art. 106 GG bestimmt für die dort aufgeführten Steuerarten nicht nur die Ertragshoheit des Bundes, sondern auch Ertragshoheiten der Länder und Gemeinden (vgl. Art. 106 Abs. 2, 3, 5, 5a, 6 GG). Diese Regelungen wären nicht erklärbar - sondern offenkundig überflüssig -, stünde den Ländern über Art. 30 GG der Ertrag sämtlicher Steuern ohnehin zu. Es hätte genügt, in Art. 106 GG - als Ausnahmefall von der generellen Länderertragshoheit - die Ertragshoheit des Bundes zu definieren (vgl. Vogel/Walter, in: Bonner Kommentar, Art. 105 Rn. 66 [Juli 2004]). Der ausdrücklichen Aufzählung der Länder- und Gemeindeerträge in Art. 106 GG kann deshalb nur die Bedeutung zukommen, die Anwendung des Art. 30 GG im Bereich der Ertragshoheit insgesamt auszuschließen (Vogel/Walter, in: Bonner Kommentar, Art. 105 Rn. 66 [Juli 2004]).

89

bb) Eine auf Basis des Art. 30 GG zugeordnete Steuer würde überdies in Konkurrenz zu den in den Art. 105 und 106 GG geregelten Steuern und deren Ertragsverteilung treten, ohne dass verlässliche Kriterien für eine Abgrenzung erkennbar wären. In Betracht käme allein eine (entsprechende) Anwendung des Gleichartigkeitsverbots aus dem Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung (Art. 105 Abs. 2 i.V.m. Art. 72 Abs. 1 GG) und des Art. 105 Abs. 2a GG. Umfang und Voraussetzungen des Gleichartigkeitsverbots sind allerdings sowohl im Rahmen des Art. 105 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 72 Abs. 1 GG als auch im Rahmen der - teilweise - eigenständigen Begriffsbestimmung in Art. 105 Abs. 2a GG umstritten. Das Gleichartigkeitsverbot ist zudem auf bereits existente Steuergesetze zugeschnitten. So nimmt Art. 72 Abs. 1 GG darauf Bezug, dass von einer Gesetzgebungszuständigkeit bereits Gebrauch gemacht worden ist, und Art. 105 Abs. 2a GG auf die Gleichartigkeit mit "geregelten" Steuern. Im vorliegenden Zusammenhang wäre aber - letztlich konturenlos - nicht nur zu geregelten, sondern auch zu innerhalb der jeweiligen Steuerarten lediglich regelbaren (aber noch nicht gesetzlich geregelten) Steuern abzugrenzen.

90

c) Schließlich sprechen auch teleologische Gesichtspunkte gegen ein allgemeines Steuererfindungsrecht des Bundes nach Art. 105 Abs. 2 GG.

91

aa) Dem geschlossenen System der Art. 105 f. GG zur Verteilung des Steueraufkommens und des Ertrages der Finanzmonopole zwischen Bund, Ländern und Gemeinden kommt eine zentrale Bedeutung zu (vgl. BVerfGE 55, 274 <301 f.>; Vogel, in: Festschrift für Klaus Tipke, 1995, S. 93 <96>). Jede Unsicherheit bei der Zuordnung von Erträgen kann zu erheblichen Verwerfungen innerhalb der Finanzverfassung führen, ihrer Befriedungsfunktion (Rn. 58 f.) widersprechen und ihr Ziel, "unnötige Auseinandersetzungen zwischen Bund und Ländern" zu vermeiden, verfehlen (BTDrucks V/2861, S. 11 f. ; oben Rn. 73). So wäre etwa jede "neue" Steuer, die an eine bestimmte betriebliche Tätigkeit anknüpft (Stapperfend, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG/KStG, § 4 EStG Rn. 980 [Juni 2016]), grundsätzlich geeignet, das Aufkommen anderer in der Finanzverfassung ausdrücklich vorgesehener Steuern zu schmälern, indem sie etwa bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens als Betriebsausgabe in Abzug gebracht werden kann. Insoweit bestünde die Gefahr einer Verschiebung des Steueraufkommens von den gemäß Art. 106 Abs. 3 in Verbindung mit Art. 107 Abs. 1 GG Bund und Ländern gemeinsam zustehenden Steuern (sog. Gemeinschaftsteuern) hin zu Bund oder Ländern ausschließlich zustehenden Steuern (vgl. zu diesem Effekt etwa BRDrucks 687/1/10, S. 1 ff. und BRDrucks 687/2/10, S. 1 f.).

92

Eine Korrektur eventuell eintretender Ungleichgewichte durch eine Anpassung der jeweiligen Anteile am Umsatzsteueraufkommen gemäß Art. 106 Abs. 4 GG wäre keine angemessene Lösung (vgl. Köck, JZ 1991, S. 692 <696>). Statt auf einen verfassungsrechtlich gesicherten Finanzrahmen vertrauen zu können, würden Bund und Länder durch den Verweis auf eine Neuverhandlung des Umsatzsteueranteils von gegenseitigem Wohlwollen sowie den weiten und weniger verlässlichen Vorgaben des Art. 106 Abs. 4 GG abhängig (vgl. Köck, JZ 1991, S. 692 <696>).

93

bb) Die Geschlossenheit und Ordnungsfunktion der Finanzverfassung sichert zudem das Vertrauen der Bürger darauf, nur in dem durch die Finanzverfassung vorgegebenen Rahmen belastet zu werden (vgl. Rn. 60). Art. 105 und Art. 106 GG kommt insoweit eine eigenständige individualschützende Funktion zu (Gärditz, ZfZ 2014, S. 18<19>). Der Schutz der Bürger vor einer unübersehbaren Vielzahl von Steuern ist ein originärer und eigenständiger Zweck der Kompetenznormen der Finanzverfassung, mit dem die Annahme eines Steuererfindungsrechts nicht in Einklang zu bringen wäre. Es könnten beliebig "neue" Steuern und Steuerarten eingeführt werden. Die steuerliche Art des Zugriffs auf die Ressourcen des Bürgers wäre damit weitgehend unbeschränkt; insbesondere die in der Finanzverfassung ausdrücklich genannten Steuern und Steuerarten würden ihrer begrenzenden Funktion (Rn. 60) entkleidet.

94

cc) Eines allgemeinen Steuererfindungsrechts des Bundes bedarf es auch nicht, damit er über ein Instrumentarium verfügt, um ein Steuererfindungsrecht der Länder entsprechend einzuhegen, weil bereits ein solches allgemeines Steuererfindungsrecht der Länder nicht gegeben ist (vgl. Förster, Die Verbrauchsteuern, 1989, S. 38 f.; Breuer, DVBl. 1992, S. 485 <490>; Höfling, StuW 1992, S. 242 <244>; Vogel, in: Festschrift für Klaus Tipke, 1995, S. 93 <96>; Müller-Franken, in: Berliner Kommentar, GG, Art. 105 Rn. 243 [2008]; Kyrill-A. Schwarz, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, 6. Aufl. 2010, Art. 106 Rn. 17; Heintzen, in: Münch/Kunig, GG, 6. Aufl. 2012, Art. 105 Rn. 46; Wernsmann, ZfZ 2012, S. 29 <30 [Fn. 10]>; Seer, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl. 2015, § 2 Rn. 4; Kloepfer, Finanzverfassungsrecht, 2014, § 4 Rn. 37; Siekmann, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 105 Rn. 50; Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 14. Aufl. 2016, Art. 106 Rn. 2).

95

(1) Das Bundesverfassungsgericht hat die Frage des Bestehens eines Steuererfindungsrechts der Länder bislang offen gelassen (vgl. BVerfGE 98, 83 <101>; insoweit ist der gelegentlich anzutreffende Verweis auf BVerfGE 49, 343 <354 f.> überholt), zumal die Gesetzgebungsgeschichte hier keine eindeutigen Hinweise enthält (vgl. Rn. 72). Auch bei durch die Länder erfundenen Steuern steht die Ertragsverteilung im Mittelpunkt.

96

(2) Eine generelle Ertragshoheit der Länder für durch sie erlassene Steuergesetze wird durch den Verfassungstext ausdrücklich widerlegt. Art. 105 Abs. 2 GG gibt dem Bund im Bereich der "übrigen Steuern" die konkurrierende Gesetzgebung, soweit ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht (1. Alternative) oder die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG gegeben sind (2. Alternative). Art. 72 Abs. 1 GG wiederum definiert die Länderzuständigkeiten im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung. Danach sind die Länder regelungsbefugt, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit keinen Gebrauch gemacht hat. Somit folgt bereits aus dem Wortlaut, dass die Länder bei der Ausübung ihrer durch Art. 105 und 106 GG vorgesehenen Zuständigkeiten auch im Bereich derjenigen Steuern gesetzgebungsbefugt sind, für die dem Bund der Ertrag nach Art. 106 GG zusteht, solange und soweit der Bund seine Gesetzgebungszuständigkeit nicht ausgeübt hat. Es können also auch Ländergesetze zu einem Bundesertrag führen. Aus der Gesetzgebungskompetenz der Länder folgt daher nicht in jedem Fall auch ihre Ertragshoheit (vgl. Stern, in: Das Staatsrecht der Bundesrepublik Deutschland, Bd. II, 1980, S. 1114; Häde, Finanzausgleich, 1996, S. 167 ff.; Hidien, in: Bonner Kommentar, Art. 106 Rn. 1369 [November 2002]; Vogel/Walter, in: Bonner Kommentar, Art. 105 Rn. 77 [Juli 2004]; Heintzen, in: v. Münch/Kunig, GG, 6. Aufl. 2012, Art. 105 Rn. 48; Siekmann, in: Sachs, GG, 7. Aufl. 2014, Art. 105 Rn. 20). Soweit gegen ein solches Ergebnis Bedenken erhoben werden, wird zumeist bereits ein Ausschluss der Gesetzgebungszuständigkeit der Länder erwogen, nicht jedoch eine Ertragszuweisung an diese (vgl. etwa Vogel/Walter, in: Bonner Kommentar, Art. 105 Rn. 77 [Juli 2004]; a.A. Heun, in: Dreier, GG, 2. Aufl. 2008, Art. 105 Rn. 34).

97

(3) Die Begrenzungs- und Schutzfunktion der Finanzverfassung entfaltet ihre Wirkung auch in Bezug auf landesrechtliche Regelungen (vgl. BVerfGE 92, 91 <115 f.>). Ziel einer ausgewogenen Finanzverfassung ist es, einen unkontrollierten Steuerwettbewerb zwischen den Ländern zu verhindern, den die Einräumung eines Steuererfindungsrechts befördern würde. Gerade finanzschwache Länder könnten dadurch noch weiter ins Hintertreffen geraten. Zudem ließe sich ein Steuererfindungsrecht der Länder auch durch die konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis des Bundes gemäß Art. 105 Abs. 2 2. Halbsatz 2. Alternative in Verbindung mit Art. 72 Abs. 2 GG nicht begrenzen.

98

dd) Die durch die Befürworter eines über die in Art. 105 und Art. 106 GG genannten Steuern und Steuerarten hinausgehenden Steuererfindungsrechts behauptete Gefahr einer "Versteinerung" der Finanzverfassung und ihres Regelungsgefüges (Bach, StuW 1995, S. 264<271>; Häde, Finanzausgleich, 1996, S. 162 ff.; van Heek, in: van Heek/Lehmann, Die Kernbrennstoffsteuer als "Verbrauchsteuer"?, 2012, S. 31 f.) besteht nicht (vgl. etwa: Müller-Franken, in: Berliner Kommentar, Art. 105 Rn. 207 [2008]; Drüen, ZfZ 2012, S. 309 <311 f.>). Dem Gesetzgeber verbleibt im Rahmen der durch Art. 105 und Art. 106 GG vorgegebenen Steuern und Steuerarten eine sehr weitreichende Gestaltungsfreiheit (vgl. Rn. 68), von der er in der Vergangenheit häufiger Gebrauch gemacht hat. Dies lässt sich beispielhaft für die Verbrauchsteuer aufzeigen: Innerhalb ihres Typus wurden Salz, Tabak, verschiedene Alkoholika, Essig, Zucker, Leuchtmittel, Spielkarten, Zündwaren, verschiedene Energieerzeugnisse, Mineralwasser, Süßstoffe, Fette, Kaffee und Tee zum Gegenstand der Besteuerung gemacht. Folgerichtig hat die Frage, ob auch außerhalb der in Art. 106 GG genannten Steuern und Steuerarten ein Steuererfindungsrecht besteht, bislang in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts keine hervorgehobene Rolle gespielt.

IV.

99

Die Kernbrennstoffsteuer ist eine Steuer im finanzverfassungsrechtlichen Sinne (1.). Sie entspricht aber nicht dem Typus einer Verbrauchsteuer im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG (2.).

100

1. a) Steuern sind öffentliche Abgaben, die als Gemeinlast ohne individuelle Gegenleistung ("voraussetzungslos") zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs eines öffentlichen Gemeinwesens erhoben werden (vgl. BVerfGE 49, 343 <353>; 110, 274 <294>; 124, 235 <243>; 124, 348 <364>; 137, 1 <17 Rn. 41>).

101

aa) Sie unterscheiden sich einerseits von den Vorzugslasten, namentlich von Gebühren und Beiträgen, die als Gegenleistung für staatliche Leistungen erbracht werden (vgl. BVerfGE 9, 291 <298>; 137, 1 <18 Rn. 43>). Gebühren und Beiträge werden erhoben, um einen Aufwand der öffentlichen Hand weiterzugeben oder um die Vorteile desjenigen, dem eine öffentliche Leistung gewährt wird, ganz oder teilweise abzuschöpfen (BVerfGE 93, 319 <343 ff.>). Dabei ist der Begriff der öffentlichen Leistung weit zu verstehen. Eine öffentliche Leistung liegt etwa bereits dann vor, wenn Einzelnen die Nutzung eines der Bewirtschaftung unterliegenden Gutes der Allgemeinheit eröffnet wird, weil hierdurch ein Sondervorteil gegenüber all denen vermittelt wird, die das betreffende Gut nicht oder nicht in gleichem Umfang nutzen dürfen (vgl. BVerfGE 93, 319 <345 f.>).

102

bb) Andererseits sind die Steuern von den Sonderabgaben abzugrenzen, denen ebenfalls keine unmittelbare Gegenleistung gegenüber steht. Die Sonderabgabe unterscheidet sich von der Steuer dadurch, dass sie die Abgabenschuldner über die gemeine Steuerpflicht hinaus mit Abgaben belastet, ihre Kompetenzgrundlage in einer Sachgesetzgebungszuständigkeit sucht und das Abgabeaufkommen einem Sonderfonds vorbehalten ist (BVerfGE 101, 141 <148>). Sonderabgaben sind vor diesem Hintergrund doppelt rechtfertigungsbedürftig, weil sie in Konkurrenz zur Steuer stehen und ihr Aufkommen nicht in den allgemeinen Haushalt fließt, sondern der Finanzierung besonderer Aufgaben dient (vgl. statt vieler Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG,14. Aufl. 2016, Art. 105 Rn. 9 m.w.N.).

103

cc) Für die Qualifizierung einer Abgabe als Steuer oder nichtsteuerliche Abgabe ist die Ausgestaltung des betreffenden Gesetzes (vgl. BVerfGE 7, 244 <256>; 49, 343 <352 f.>; 92, 91 <114>; 137, 1 <17 Rn. 40>) maßgeblich. Die Einordnung der Abgabe richtet sich nicht nach ihrer gesetzlichen Bezeichnung, sondern nach ihrem tatbestandlich bestimmten, materiellen Gehalt (BVerfGE 108, 1 <13>; 108, 186 <212>; 110, 370 <384>; 113, 128 <145 f.>; 122, 316 <333>; 124, 348 <364>; 137, 1 <17 Rn. 40>). Einer Qualifikation als "Steuer" steht insbesondere nicht entgegen, dass das Gesetz nur einen eng begrenzten Kreis von Steuerpflichtigen betrifft (vgl. BFH, Urteil vom 8. März 1995 - II R 57/93 -, juris, Rn. 34).

104

b) Nach diesen Maßstäben ist die Kernbrennstoffsteuer eine Steuer im finanzverfassungsrechtlichen Sinne, denn sie ist ohne individuelle Gegenleistung zur Deckung des allgemeinen Finanzbedarfs erhoben worden.

105

aa) Die Kernbrennstoffsteuer ist keine Sonderabgabe. Ausweislich der Gesetzesbegründung sollte das Aufkommen der Kernbrennstoffsteuer ohne Zweckbindung in den allgemeinen Haushalt fließen (BTDrucks 17/3054, S. 5) und dort zur Haushaltskonsolidierung verwendet werden (BTDrucks 17/3054, S. 1 und S. 5). In diesem Zusammenhang wurde berücksichtigt, dass der Haushalt auch durch die Kosten für den Weiterbetrieb und die Stilllegung der Schachtanlage Asse II belastet sei, die alleine der Bund zu tragen habe (BTDrucks 17/3054, S. 1 und S. 5).

106

bb) Die Kernbrennstoffsteuer erfüllt auch nicht die Voraussetzungen einer Vorzugslast. Sie ist insbesondere nicht ausschließlich als ökonomische Kompensation für den von den Betreibern der Kernkraftwerke aus der Laufzeitverlängerung gezogenen Sondervorteil im Sinne einer "anlassbezogenen Konzessionsgebühr" aufzufassen.

107

(1) Eine derartige Verknüpfung mag der gesetzgeberische Hintergrund des Kernbrennstoffsteuergesetzes allerdings zunächst nahelegen. So sprach der Koalitionsvertrag (Wachstum. Bildung. Zusammenhalt. Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP, 17. Legislaturperiode, S. 29, abrufbar unter http://www.bmi.bund.de) in diesem Kontext von einem "Vorteilsausgleich". Zudem bestand in der Debatte über die Anträge einiger Abgeordneter zur Einführung einer "Brennelementesteuer" ein fraktionsübergreifender Konsens (vgl. PlenProt 17/55, S. 5602 [B] f., S. 5605 [B] f., S. 5607 [A], S. 5614 [B] f., S. 5616 [D], S. 5619 [B] f., S. 5620 [B]), dass Gewinne der Kernkraftwerkbetreiber besteuert werden sollten, die teilweise auf die Strompreissteigerungen aufgrund der Belastungen für CO2-emittierende Stromerzeuger, teilweise auf die Laufzeitverlängerung und teilweise auf Subventionen zurückgeführt wurden. Insbesondere der mit "Brennelementesteuer - Windfall Profits der Atomwirtschaft abschöpfen" überschriebene SPD-Antrag machte in seiner Begründung deutlich, dass Bemessungsgrundlage einer solchen "Brennelementesteuer" einerseits die Kosten des Bundes für die Stilllegung und den Rückbau kerntechnischer Anlagen einschließlich der Endlagerung radioaktiver Abfälle und andererseits die Mitnahmegewinne der Anlagenbetreiber infolge der Strompreiserhöhungen nach Einführung des CO2-Emissionshandels sein sollten (vgl. BTDrucks 17/2410, S. 1 und S. 3).

108

(2) In der weiteren Entstehungsgeschichte des Kernbrennstoffsteuergesetzes findet sich der Gedanke einer Gewinnabschöpfung indes nicht wieder. In der Begründung des Referentenentwurfs zur Zielsetzung und Notwendigkeit des Gesetzes erfolgte zwar noch ein Hinweis auf die Steigerung von Gewinnmargen der Kernkraftwerkbetreiber aufgrund des CO2-Emissionshandels (vgl. Referentenentwurf vom 3. August 2010, Anlage 5 des Schriftsatzes der Bundesregierung vom 13. Februar 2015, S. 8). Dieser Passus ist in dem nachfolgenden Gesetzentwurf jedoch nicht mehr enthalten. Dort heißt es - wie zuvor auch im Referentenentwurf - lediglich, die Bundesregierung werde über alle Fragen einer zukünftigen Energieversorgung und damit auch über längere Laufzeiten der Kernkraftwerke im Rahmen der Erarbeitung eines zukünftigen Energiekonzepts entscheiden und dabei im Hinblick auf alle den Betrieb von Kernkraftwerken betreffenden Maßnahmen eine Gesamtbetrachtung durchführen sowie die Höhe der Steuer im Kontext aller Maßnahmen überprüfen (vgl. Schriftsatz der Bundesregierung vom 13. Februar 2015, S. 28 i.V.m. Anlage 6, S. 8).

109

(3) Das spricht gegen eine Koppelung der Kernbrennstoffsteuer an die durch die Laufzeitverlängerung beziehungsweise aufgrund der durch den CO2-Emissionshandel generierten (Mitnahme-)Gewinne. Statt dessen ist das Kernbrennstoffsteuergesetz als fiskalisches Instrument zur Haushaltssanierung zu begreifen, während die Mehreinnahmen aus der Abschöpfung von Zusatzgewinnen aus der Laufzeitverlängerung sowie ab dem Jahre 2013 die Mehreinnahmen aus der Versteigerung der Emissionszertifikate als Grundlage für die Finanzierung des Energie- und Klimafonds nach Maßgabe eines zuvor zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Kernkraftwerkbetreibergesellschaften geschlossenen Förderfondsvertrags dienen sollten (vgl. die Begründung zum Entwurf des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens "Energie- und Klimafonds" [EKFG], BTDrucks 17/3053, S. 1; ferner BTDrucks 17/3405, S. 1). Somit war das energiebezogene Finanzkonzept der Bundesregierung sowohl auf Haushaltskonsolidierung durch das Kernbrennstoffsteuergesetz als auch auf "Sondergewinnabschöpfung" durch den Energie- und Klimafonds angelegt.

110

(4) Die vertragliche Regelung in § 2 Abs. 2 des Förderfondsvertrags steht diesem Nebeneinander von Kernbrennstoffsteuer einerseits und Energie- und Klimafonds andererseits nicht entgegen. Danach sollte sich zwar die Vorausleistung auf den Förderbeitrag jährlich um denjenigen Betrag mindern, der das jährliche Aufkommen der Kernbrennstoffsteuer oder einer ähnlichen Steuer von 2,3 Milliarden Euro überstiegen hat. Entsprechendes gilt für die gesetzliche Regelung in § 4 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 EKFG in der Fassung vom 8. Dezember 2010, der zufolge das Sondervermögen unter anderem aus dem das jährliche Aufkommen von 2,3 Milliarden Euro der Kernbrennstoffsteuer übersteigenden Betrag finanziert werden sollte. Abgesehen davon, dass ein Steueraufkommen von 2,3 Milliarden Euro ohnehin zu keinem Zeitpunkt überschritten wurde, hob der Gesetzgeber im Hinblick darauf, dass aufgrund des von der Bundesregierung beschlossenen beschleunigten Ausstiegs aus der Kernenergie weitere Zahlungen aus dem Förderfondsvertrag an den Energie- und Klimafonds nicht zu erwarten waren, die auf das Kernbrennstoffsteuergesetz rekurrierenden Vorschriften des EKFG bereits ein halbes Jahr nach dessen Inkrafttreten wieder auf (vgl. Gesetz zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens "Energie- und Klimafonds" - EKFG-ÄndG vom 29. Juli 2011, BGBl I S. 1702; Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Gesetzes zur Errichtung eines Sondervermögens "Energie- und Klimafonds", BTDrucks 17/6075 und der Bundesregierung, BTDrucks 17/6252 , sowie die diesbezügliche Beschlussempfehlung und den Bericht des Haushaltsausschusses, BTDrucks 17/6356). Somit ist es über den Energie- und Klimafonds zu keiner relevanten Koppelung zwischen Laufzeitverlängerung und Kernbrennstoffsteuer gekommen.

111

2. Die Kernbrennstoffsteuer entspricht nicht dem Typus der Verbrauchsteuer gemäß Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG.

112

Der Begriff der Verbrauchsteuer wird im Grundgesetz nicht definiert (a)). Er ist als Typusbegriff weit zu verstehen (b)). Die Verbrauchsteuern sind von den Unternehmensteuern abzugrenzen, die nicht die Einkommensverwendung, sondern die Einkommenserzielung zum Ausgangspunkt nehmen (c)). Bei der Verbrauchsteuer handelt es sich im Regelfall um eine indirekte Steuer, die beim Hersteller erhoben wird und auf eine Abwälzung auf den (End-)Verbraucher angelegt ist (d)). Der Typusbegriff der Verbrauchsteuer erfordert zudem den Verbrauch eines Gutes des ständigen Bedarfs (e)). Ferner knüpfen Verbrauchsteuern regelmäßig an den Übergang des Verbrauchsgutes aus einem steuerlichen Nexus in den steuerlich nicht gebundenen allgemeinen Wirtschaftsverkehr an (f)). Nach diesen Maßstäben ist die Kernbrennstoffsteuer keine Verbrauchsteuer (g)).

113

a) Das Grundgesetz enthält, ebenso wie die Reichsverfassungen von 1871 und 1919, aus denen der Typus der Verbrauchsteuer lediglich übernommen wurde, keine Definition der Verbrauchsteuer. Die Materialien des Parlamentarischen Rates von 1948/1949 geben gleichfalls keinen näheren Aufschluss darüber, was der Verfassungsgeber unter einer Verbrauchsteuer verstanden hat. Anhaltspunkte dafür gibt erstmals die Gesetzesbegründung des Finanzverfassungsgesetzes vom 23. Dezember 1955 (BGBl I S. 817). Dort findet sich folgende Begriffsbestimmung für die Verbrauchsteuer (BTDrucks II/480, S. 107 f. ), die in der späteren Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aufgegriffen wurde (vgl. BVerfGE 98, 106 <123 f.>):

Die Kriterien dieses von der Gesetzgebung als gegeben vorausgesetzten Begriffs müssen den Merkmalen der Steuer[n] entnommen werden, die seit jeher unter diesen Begriff subsumiert worden sind. Verbrauchsteuern sind danach Steuern, die den Verbrauch vertretbarer, regelmäßig zum baldigen Verzehr oder kurzfristigen Verbrauch bestimmter Güter des ständigen Bedarfs belasten und die auf Grund eines äußerlich erkennbaren Vorgangs (z. B. Übergang in den Wirtschaftsverkehr) von demjenigen als Steuerschuldner erhoben werden, in dessen Sphäre sich der Vorgang verwirklicht; die Steuer wird wirtschaftlich regelmäßig nicht vom Steuerschuldner, sondern im Wege der Überwälzung vom Endverbraucher getragen.

Die Entscheidung, ob eine bestimmte Steuer den Verbrauchsteuern zuzurechnen ist, bleibt eine Frage der Auslegung. Unter Art. 106a Nr. 2 fallen folgende Verbrauchsteuern:

Tabaksteuer Kaffeesteuer Teesteuer Zuckersteuer Salzsteuer Branntweinsteuer Mineralölsteuer Kohlenabgabe Schaumweinsteuer Essigsäuresteuer Zündwarensteuer Leuchtmittelsteuer Spielkartensteuer Süßstoffsteuer

114

b) Die Typusbegriffe der Art. 105 und 106 GG - und damit auch der Typus der Verbrauchsteuer - sind weit zu interpretieren. Die restriktive Auslegung des Katalogs des Art. 106 GG und seiner Typusbegriffe birgt vor dem Hintergrund der Verneinung eines allgemeinen Steuererfindungsrechts die Gefahr einer Erstarrung der finanzverfassungsrechtlichen Kompetenzverteilung und ist deshalb mit einer hinreichend flexiblen Finanzverfassung nicht vereinbar (so bereits Förster, Die Verbrauchsteuern, 1989, S. 38 f.; Hartmann, DStZ 2012, S. 205 <206>; Waldhoff, ZfZ 2012, S. 57 <58 ff.>).

115

c) Der Begriff der Verbrauchsteuer im Sinne des traditionellen deutschen Steuerrechts umfasst zwar nicht nur Steuern auf Güter des "letzten" Verbrauchs, das heißt die Belastung des Verbrauchs im privaten Haushalt, sondern betrifft auch den produktiven Bereich (BVerfGE 110, 274 <296>).

116

Die Verbrauchsteuern sind aber von den Unternehmensteuern abzugrenzen, die nicht die Einkommensverwendung durch den Erwerb von Waren, sondern die Einkommenserzielung zum Ausgangspunkt nehmen. Die Trennlinie ist demnach bei der Anknüpfung an den Gewinn der Unternehmer einerseits und der Einkommensverwendung der Endverbraucher andererseits zu ziehen (Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl. 2015, § 7 Rn. 22): Eine Steuer, die gezielt auf den unternehmerischen Gewinn oder einen typisierend vermuteten unternehmerischen Gewinn zugreift anstatt auf die Einkommensverwendung, ist nicht als Verbrauchsteuer, sondern als Unternehmensteuer einzuordnen (vgl. Seer, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl. 2015, § 2 Rn. 47).

117

aa) Diese Unterscheidung zwischen (privater) Einkommensverwendung und unternehmerischer Einkommenserzielung ist für das finanzverfassungsrechtliche "Verteilungsgefüge" (Martini, ZUR 2012, S. 219 <225>) von grundsätzlicher Bedeutung. Art. 106 GG verteilt unter anderem das Aufkommen der Verbrauchsteuern (Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG), das ausschließlich dem Bund zugewiesen ist, während das Aufkommen bestimmter Steuern auf die Einkommen- beziehungsweise Gewinnerzielung Bund und Ländern gemeinsam zusteht (vgl. Art. 106 Abs. 3 S. 1 GG).

118

bb) Die Verbrauchsteuern stehen in Parallele zu den Aufwandsteuern (FG Hamburg, Beschluss vom 29. Januar 2013 - 4 K 270/11 -, juris, Rn. 255; Lang, in: DStJG, Bd. 15 [1993], Umweltschutz im Abgaben- und Steuerrecht, S. 115 <135>; Englisch, in: Festschrift für Paul Kirchhof, Bd. 2, 2013, § 190 Rn. 10; vgl. auch Schmölders, Zur Begriffsbestimmung der Verbrauchsteuern, 1955, S. 26), die ebenfalls auf die in der Einkommensverwendung für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit abstellen; in der Absicht der Besteuerung privater Einkommensverwendung liegt das wesentliche Merkmal der Aufwandsteuern (BVerfGE 16, 64 <74>; 49, 343 <354>; 123, 1 <15>). Für die Aufwandsteuer hat das Bundesverfassungsgericht bereits klargestellt, dass das Merkmal der "Einkommensverwendung" in erster Linie zur Abgrenzung von den Einkommensentstehungssteuern dient (BVerfGE 65, 325 <346 f.>; ferner BVerfGE 49, 343 <356 f.>).

119

d) Verbrauchsteuern sind im Regelfall indirekte Steuern. Sie werden zwar auf der Ebene des Verteilers oder Herstellers des verbrauchsteuerbaren Gutes erhoben (vgl. nur BTDrucks II/480, S. 107 f. ; BVerfGE 98, 106 <124>). Steuerschuldner und Steuerträger - das heißt die (natürliche oder juristische) Person, die die Steuerlast im wirtschaftlichen Ergebnis trägt - sind jedoch nicht identisch. Vielmehr ist die Steuer auf eine Abwälzung auf den Endverbraucher angelegt, mit der Folge, dass die Unternehmer als Steuerschuldner von der Steuerlast wirtschaftlich ent- und die privaten Verbraucher als Steuerträger wirtschaftlich belastet werden. Verbrauchsteuern sollen die in der Einkommens- und Vermögensverwendung zu Tage tretende steuerliche Leistungsfähigkeit des Endverbrauchers abschöpfen (BVerfGE 31, 8 <20>; 98, 106 <124>; 110, 274 <297 f.>; BFHE 141, 369 <375>; Schmölders, Zur Begriffsbestimmung der Verbrauchsteuern, 1955, S. 83 f.; F. Kirchhof, Die steuerliche Doppelbelastung der Zigaretten, 1990, S. 31; Lang, in: DStJG, Bd. 15 [1993], Umweltschutz im Abgaben- und Steuerrecht, S. 115 <134 ff.>; Arndt, Rechtsfragen einer deutschen CO²-Energiesteuer entwickelt am Beispiel des DIW-Vorschlages, 1995, S. 63 f.; Jatzke, Das System des deutschen Verbrauchsteuerrechts, 1997, S. 87; Herdegen/Schön, Ökologische Steuerreform, Verfassungsrecht und Verkehrsgewerbe, 2000, S. 28 f.; Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 2001, S. 97; Waldhoff, in: Henneke/Pünder/Waldhoff, Recht der Kommunalfinanzen, 2006, § 13 Rn. 2; P. Kirchhof, in: Isensee/Kirchhof, HStR V, 3. Aufl. 2007, § 118 Rn. 247; Schaumburg, in: Festschrift für Wolfgang Reiß, 2008, S. 25 <37 f.>; Jachmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 105 Rn. 56; Drüen, ZfZ 2012, S. 309 <315>; Martini, ZUR 2012, S. 219 <222>; Desens, in: Festschrift für Paul Kirchhof, Bd. 2, 2013, § 189 Rn. 21; Seer, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl. 2015, § 2 Rn. 47).

120

aa) Ob mit der (indirekten) Besteuerung die Einkommensverwendung des Verbrauchers getroffen werden soll, beurteilt sich nach dem Regelungsanliegen des Gesetzes. Die Motivation des Unternehmers ist demgegenüber nicht entscheidend. Da er regelmäßig bestrebt sein wird, sämtliche Steuern auf den Konsumenten abzuwälzen, kann sein Wille für die Frage, ob der Typus einer Verbrauchsteuer gegeben ist, nicht maßstabsbildend sein.

121

bb) Ob dem Gesetz die "Idee" (BVerfGE 14, 76 <96>) oder das "Konzept" (BVerfGE 110, 274 <298>) einer Abwälzbarkeit der Steuer zugrunde liegt, ist nach der subjektiven Zielsetzung des Gesetzgebers, dem objektiven Regelungsgehalt des betreffenden Gesetzes und etwaigen flankierenden Maßnahmen zu beurteilen (vgl. BVerfGE 91, 186 <203>). Neben den Gesetzesmaterialien sind dabei alle objektiv feststellbaren Indizien in den Blick zu nehmen.

122

cc) Ein Indiz dafür, dass die Steuer auf Abwälzbarkeit angelegt ist, kann insbesondere die nach den Umständen gegebene tatsächliche Abwälzbarkeit der Steuer sein. Dies bedeutet, dass für den steuerpflichtigen Unternehmer grundsätzlich die Möglichkeit besteht, den von ihm geschuldeten Steuerbetrag wirtschaftlich auf die Endverbraucher abzuwälzen.

123

(1) Die Abwälzbarkeit hat allerdings dann keine Indizwirkung, wenn sich ein gegenteiliger Wille des Gesetzgebers positiv feststellen lässt. Eine tatsächlich gegebene Abwälzbarkeit, die der Intention des Gesetzgebers widerspricht, ist ohne Belang (vgl. FG Hamburg, Vorlagebeschluss vom 29. Januar 2013 - 4 K 270/11 -, juris, Rn. 408 f.; Jobs, Steuern auf Energie als Element einer ökologischen Steuerreform, 1999, S. 216; Herdegen/Schön, Ökologische Steuerreform, Verfassungsrecht und Verkehrsgewerbe, 2000, S. 28 f.; Seer, DStJG 23 [2000], S. 87 <116>; Drüen, ZfZ 2012, S. 309 <319 f.>; Martini, ZUR 2012, S. 219 <224>; Seer, DStR 2012, S. 325 <332 f.>; Gärditz, ZfZ 2014, S. 18 <20 f.>).

124

(2) Andererseits ist nicht notwendig, dass die Möglichkeit einer Abwälzung in jedem Einzelfall besteht; auch eine rechtliche Gewähr dafür, dass dem Unternehmer eine Abwälzung tatsächlich gelingt, ist nicht erforderlich. Ausreichend ist eine kalkulatorische Abwälzbarkeit. Dies bedeutet, dass für den steuerpflichtigen Unternehmer generell die Möglichkeit besteht, den von ihm geschuldeten Steuerbetrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einzusetzen und hiernach die zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten Maßnahmen - Preiserhöhung, Umsatzsteigerung oder Senkung der sonstigen Kosten - zu treffen (BVerfGE 31, 8 <20>; 110, 274 <295>; 123, 1 <35>).

125

Wird das mit einer Verbrauchsteuer belastete Gut produktiv verwendet, ist der im Typus der Verbrauchsteuer angelegten Abwälzungsmöglichkeit bereits dann Genüge getan, wenn der zunächst belastete gewerbliche Verbraucher jedenfalls grundsätzlich nicht gehindert ist, die Verbrauchsteuerbelastung in den Preis für das von ihm hergestellte Produkt einzustellen und so seinerseits die Steuerlast als Preisbestandteil über eine oder mehrere Handelsstufen auf den privaten End- oder Letztverbraucher abzuwälzen. Dabei ist es unerheblich, ob die wirtschaftliche Abwälzung der Verbrauchsteuerlast für ihn tatsächlich realisierbar ist (BVerfGE 110, 274 <295 f.>). Die Voraussetzung einer kalkulatorischen Abwälzbarkeit ist zumindest so lange gegeben, wie der Umsatz nicht nur den Steuerbetrag und die sonstigen notwendigen Unkosten deckt, sondern in der Regel sogar noch Gewinn abwirft (vgl. BVerfGE 31, 8 <20>).

126

(3) Allerdings kann der Einsatz eines besteuerten Gegenstandes selbst dann noch Gewinn abwerfen, wenn gerade die durch die Verbrauchsteuer begründeten Kostenpositionen nicht abgewälzt werden können. Das Merkmal der kalkulatorischen Abwälzbarkeit hat in diesem Fall nicht nur für den Typus einer Verbrauchsteuer Bedeutung, sondern ist auch auf materieller Ebene erheblich (vgl. BVerfGE 123, 1 <16 ff. und 35 ff.>; vgl. auch BVerfGE 135, 126 <142 Rn. 46>; BVerfGK 17, 44 <48 f.>; FG Hamburg, Vorlagebeschluss vom 29. Januar 2013 - 4 K 270/11 -, juris, Rn. 255; Lang, in: DStJG, Bd. 15 [1993], Umweltschutz im Abgaben- und Steuerrecht, S. 115 <137>; Martini, ZUR 2012, S. 219 <224>; Eiling, Verfassungs- und europarechtliche Vorgaben an die Einführung neuer Verbrauchsteuern, 2014, S. 85). Dort sichert es die Besteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip im Einzelfall. Da Verbrauchsteuern an die Leistungsfähigkeit der wirtschaftlich hiervon betroffenen Konsumenten und nicht an die des rechtlichen Steuerschuldners anknüpfen sollen (vgl. Hey, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl. 2015, § 7 Rn. 20), ist immer dann, wenn eine Abwälzung der Steuer durch den rechtlichen Steuerschuldner auf den Konsumenten wirtschaftlich im Einzelfall nicht möglich ist, die materielle Frage der Besteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip aufgeworfen.

127

Auf die Gesetzgebungszuständigkeit nach Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG hat dies jedoch keine Auswirkung. Die Finanzverfassung und ihre Kompetenzordnung verfolgen - mangels erkennbarer Vorgaben - nicht das Ziel, materiellen Grundrechtsschutz zu gewährleisten. Verletzungen von Grundrechten, insbesondere des Grundsatzes der Besteuerung nach der individuellen Leistungsfähigkeit, spielen für das Vorliegen einer Verbrauchsteuer und einer Bundeskompetenz daher keine Rolle (BVerfGE 123, 1 <17>; 135, 126 <142 Rn. 46>; BVerfGK 17, 44 <48 f.>).

128

e) Der Typus einer Verbrauchsteuer erfordert ferner den Verbrauch eines Gutes, das der Befriedigung eines ständigen privaten Bedarfs dient. Der weite Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers bei der Auswahl der Steuergegenstände (vgl. Rn. 68) ist insoweit typusbedingt eingeschränkt.

129

aa) Dabei kommt es nicht auf einen - im Einzelfall nicht kontrollierbaren - tatsächlichen Verbrauch an, sondern darauf, ob der Besteuerungsgegenstand zum Verbrauch bestimmt ist (Bongartz, in: Bongartz/Schröer-Schallenberg, Verbrauchsteuerrecht, 2. Aufl. 2011, Rn. C 6; Eiling, Verfassungs- und europarechtliche Vorgaben an die Einführung neuer Verbrauchsteuern, 2014, S. 105). Ein Verbrauch ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn der Besteuerungsgegenstand nach Abschluss des konkreten Verwendungsvorgangs nach dem Sinn und Zweck des Gesetzes verbrauchsteuerrechtlich als nicht mehr existent angesehen (BFHE 212, 340 <344>) oder funktions- und wertlos werden soll (BVerfGE 98, 106 <124>).

130

bb) Ferner nehmen die herkömmlichen Verbrauchsteuern typischerweise Güter des ständigen privaten Bedarfs zum Ausgangspunkt. Soweit einige der tradierten Verbrauchsteuern - wie etwa die Spielkartensteuer (vgl. das Spielkartensteuergesetz vom 10. September 1919, RGBl S. 1643) - diesem Kriterium nicht entsprechen, liegen nicht typusbestimmende Einzelfälle vor. Hingegen ist es für die herkömmlichen Verbrauchsteuern nicht typusbildend, an "Genussmittel" anzuknüpfen. Zwar hatte die Mehrzahl der traditionellen Verbrauchsteuern Genussmittel zum Gegenstand, jedoch gibt es in nennenswerter Zahl abweichende Beispiele, wie folgende, auch in der Gesetzesbegründung (BTDrucks II/480, S. 107 f. ; oben Rn. 113) des Finanzverfassungsgesetzes vom 23. Dezember 1955 (BGBl I S. 817) aufgeführte Verbrauchsteuern belegen: die Mineralölsteuer, die Kohlenabgabe, die Zündwarensteuer, die Leuchtmittelsteuer und die Spielkartensteuer.

131

f) Schließlich setzen Verbrauchsteuern regelmäßig den Übergang des Verbrauchsgutes aus einem steuerlichen Nexus in den steuerlich nicht gebundenen allgemeinen Wirtschaftsverkehr voraus, ohne aber - wie die Verkehrsteuern - im Tatbestand beide Seiten, insbesondere beide Vertragspartner, zu erfassen (BVerfGE 16, 64 <74>; 98, 106 <124>).

132

aa) Dem liegt die Erkenntnis zugrunde (vgl. unten Rn. 144), dass spätestens ab der Weimarer Zeit eine Üblichkeit bestand, für die Steuerentstehung an das Verbringen eines Endproduktes in den freien Wirtschaftsverkehr anzuknüpfen. Dies betraf insbesondere die Verbrauchsteuer auf Bier, Essigsäure, Kohlen, Leuchtmittel, Mineralöl, Mineralwasser, Schaumwein, Spielkarten, Süßstoff, Tabak, Wein, Zucker und Zündwaren.

133

bb) Der Typus der Verbrauchsteuern umfasst danach Steuern, die nach ihrem Regelungskonzept den Verbrauch bestimmter Güter des ständigen Bedarfs durch den privaten Endverbraucher belasten sollen und auf Grund eines äußerlich erkennbaren Vorgangs - regelmäßig das Verbringen des Verbrauchsgutes in den allgemeinen Wirtschaftsverkehr - von demjenigen als Steuerschuldner erhoben werden, in dessen Sphäre sich der Vorgang verwirklicht.

134

g) Nach diesen Maßstäben ist die Kernbrennstoffsteuer - trotz des gebotenen weiten Verständnisses ihres Typus (oben Rn. 114) - keine Verbrauchsteuer. Sie ist nach der Konzeption des Gesetzgebers bereits nicht auf eine Abwälzung auf die privaten Verbraucher angelegt (aa)). Die Kernbrennstoffsteuer besteuert zudem ein reines Produktionsmittel (bb)). Besondere Umstände, aus denen im Einzelfall trotz der steuerlichen Anknüpfung an ein reines Produktionsmittel dennoch auf das Vorliegen einer Verbrauchsteuer geschlossen werden könnte, sind für die Kernbrennstoffsteuer nicht gegeben (cc)). Schließlich erfüllt die Kernbrennstoffsteuer nicht das Typusmerkmal der Anknüpfung an ein Gut des ständigen privaten Bedarfs (dd)). Die gebotene Gesamtbetrachtung führt zu dem Ergebnis, dass sie nicht mehr unter den Typus der Verbrauchsteuer eingeordnet werden kann (ee)).

135

aa) Die Gesetzesmaterialien über die Einführung der Kernbrennstoffsteuer sprechen gegen eine Zielsetzung des Gesetzgebers, für die Besteuerung an die Einkommensverwendung der privaten Verbraucher anzuknüpfen. Er geht in der Gesetzesbegründung nicht von einer Steigerung der Stromkosten für Bund, Länder und Gemeinden aus, da nach seiner Auffassung eine "Überwälzung der den Stromerzeugern entstehenden zusätzlichen Kosten nur in geringem Umfang möglich sein wird" (BTDrucks 17/3054, S. 1 und S. 5):

Strompreiserhöhungen gehen von der Kernbrennstoffsteuer nur insoweit aus, wie die Steuerbelastung auf Stromkunden überwälzt werden kann. Grundsätzlich ist die vollständige Überwälzung der Steuerlast möglich. Da Strom aus Kernkraftwerken aufgrund der bisher geringen Erzeugungskosten im Regelfall keinen Einfluss auf die Strompreisbildung an den Börsen (sog. merit-order) hat, wird angenommen, dass die erhöhten Kosten der Kernkraftwerke allenfalls gelegentlich und für kurze Zeiträume auf die Preisbildung am Strommarkt durchschlagen werden. Die Einkaufspreise an den Strombörsen bilden einen Bestandteil der Kalkulation der Verbraucherpreise der Energieanbieter. In die Verbraucherpreise gehen jedoch nicht nur die Strompreise an den Börsen, sondern auch die Netznutzungsentgelte, die Umlagen des Erneuerbare-Energien-Gesetzes, des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes sowie Konzessionsabgaben, Stromsteuer und Mehrwertsteuer ein. Für die Verbraucher sind daher allenfalls relativ geringe Erhöhungen des Endabnehmerpreises für Strom zu erwarten. Über eine eventuelle Überwälzung auf Industriekunden, deren Preise vertraglich ggf. nicht an die Börsenpreise gebunden sind, liegen keine Informationen vor. Unmittelbare Auswirkungen, die sich in den Einzelpreisen, dem allgemeinen Preisniveau oder dem Verbraucherpreisniveau niederschlagen könnten, sind damit kaum zu erwarten.

136

Auch die Annahme des Gesetzgebers, die Unternehmen würden durch die Kernbrennstoffsteuer mit "bis zu 2,3 Milliarden Euro" (BTDrucks 17/3054, S. 5) belastet werden, weist in dieselbe Richtung. Diese Summe ist identisch mit dem damals kalkulierten Steueraufkommen (vgl. BTDrucks 17/3054, S. 1). Aus den weiteren Gesetzesmaterialien ergibt sich nichts anderes, insbesondere nicht aus dem Hinweis, die vollständige Abwälzung der Steuerlast sei "[g]rundsätzlich […] möglich" (vgl. BTDrucks 17/3054, S. 5). Dies wird durch die eigene Feststellung des Gesetzgebers, eine Abwälzung werde im maßgeblichen (BVerfGE 110, 274 <298>) Regelfall nicht gelingen, widerlegt. Wäre eine Belastung der Verbraucher - die einzig über den Preis für den an sie abgegebenen Strom erfolgen kann - gewollt gewesen, hätte es, wie das vorlegende Gericht zu Recht hervorhebt (Vorlagebeschluss vom 29. Januar 2013 - 4 K 270/11 -, juris, Rn. 456), zudem nahe gelegen, dafür an die mit den Kernbrennstoffen produzierte und an die Verbraucher abgegebene Strommenge statt an das Einsetzen der Brennelemente oder -stäbe in einen Kernreaktor und das Auslösen einer sich selbsttragenden Kettenreaktion (§ 5 Abs. 1 KernbrStG) und damit einen Vorgang weit außerhalb der Sphäre der Verbraucher anzuknüpfen.

137

Auf Einzelheiten der (kalkulatorischen) Abwälzbarkeit der Kernbrennstoffsteuer kommt es daher nicht mehr an. Insbesondere sind ihre Auswirkungen auf die Rentabilität von Kernreaktoren in diesem Zusammenhang ohne Belang.

138

bb) Die Kernbrennstoffsteuer besteuert zudem ein reines Produktionsmittel. Eine entsprechende Anknüpfung ist bei einer Betrachtung der herkömmlichen Verbrauchsteuern nicht typusgerecht (1). Die Besteuerung reiner Produktionsmittel ist auch deshalb typusfremd, weil darin kein Zugriff auf die private Einkommensverwendung liegt (2).

139

(1) Kernbrennstoffe sind einer konsumtiven Nutzung durch private Endverbraucher nicht zugänglich. Die herkömmlichen Verbrauchsteuern haben aber nur ausnahmsweise an reine Produktionsmittel angeknüpft.

140

(a) Allerdings ist nahezu jedes besteuerte Gut zumindest "auch" in einem Produktionsprozess nutzbar und eine konsequente Trennung von Produktiv- und Konsumtionsverbrauch durch den Steuergesetzgeber daher kaum möglich (vgl. Birk/Förster, DB zum Heft 30 1985, S. 1 <4>). Vor diesem Hintergrund wurden Steuern auf "auch" konsumtiv nutzbare Produktionsmittel im traditionellen deutschen Verbrauchsteuerrecht als Verbrauchsteuern eingeordnet; das Anknüpfen an ein Produktionsmittel war in diesem Zusammenhang nicht grundsätzlich ausgeschlossen (BTDrucks 9/167, S. 6; BVerfGE 110, 274 <296>; BFHE 141, 369 <372 f.>).

141

(b) Für das traditionelle deutsche Verbrauchsteuerrecht lässt sich für die Zeit bis zum 23. Dezember 1955 - dem Zeitpunkt des Erlasses des Finanzverfassungsgesetzes (BGBl I S. 817) und der in seinen Gesetzesmaterialien (BTDrucks II/480, S. 107 f. ) enthaltenen Definition von Verbrauchsteuern - der Typus einer an reine Produktionsmittel anknüpfenden Verbrauchsteuer als Regelfall jedoch nicht feststellen. Die Verbrauchsteuern nahmen vielmehr typischerweise Güter zum Ausgangspunkt, die einer "auch" konsumtiven Nutzung zugänglich waren, während die Anknüpfung an einer konsumtiven Nutzung nicht fähige Produktionsmittel einen Sonderfall darstellte.

142

Den im Kaiserreich erhobenen Steuern lag noch keine einheitliche, in sich abgeschlossene Systematik zugrunde. Allerdings ist eine Entwicklung weg von der Besteuerung von Produktionsmitteln erkennbar. Dies wird etwa für die Maischebesteuerung (vgl. § 1 des Gesetzes wegen Erhebung der Brausteuer in der Fassung vom 31. Mai 1872, RGBl S. 153) deutlich: Diese knüpfte zwar ursprünglich an ein reines Produktionsmittel an, die Steuer wurde allerdings zum Ende des Kaiserreiches durch die Biersteuer (vgl. das Biersteuergesetz in der Fassung vom 26. Juli 1918, RGBl S. 863) ersetzt, die nicht mehr ein Produktionsmittel, sondern das - zum privaten Konsum nutzbare - Endprodukt zum Anknüpfungspunkt nahm. Maßgeblich für die Besteuerung war zudem nicht mehr die bloße Herstellung, sondern ein Inverkehrbringen des Produkts, das angenommen wurde, "sobald das Bier aus der Brauerei entfernt oder innerhalb der Brauerei getrunken wird" (§§ 1 und 8 des Biersteuergesetzes in der Fassung vom 26. Juli 1918, RGBl S. 863).

143

Diese Verschiebung in der Art des steuerlichen Zugriffs zeigt sich in weiteren Beispielen zum Ende des Kaiserreiches: Die Zuckersteuer knüpfte ab 1891 nicht mehr an die Verarbeitung von rohen Rüben, sondern an das Inverkehrbringen des Zuckers an (vgl. §§ 1 und 3 des Gesetzes, die Besteuerung des Zuckers betreffend, in der Fassung vom 31. Mai 1891, RGBl S. 295). Auch die ab 1902 erhobene Schaumweinsteuer wurde vergleichbar erhoben (vgl. §§ 1 und 3 Schaumweinsteuergesetz in der Fassung vom 9. Mai 1902, RGBl S. 155).

144

Die Änderungen in der Weimarer Republik gingen ebenfalls in diese Richtung: Es wurde nicht mehr an die Produktion und Materialverwendung angeknüpft, sondern an das Verbringen eines Endproduktes in den freien Verkehr. Die ab 1930 erhobene Branntweinersatzsteuer (Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol vom 15. April 1930, RGBl I S. 138) knüpfte zwar an einen bevorstehenden Produktionsprozess an, betraf allerdings "auch" konsumtiv nutzbare Güter. Auch spätere Steuern hatten jedenfalls der "auch" konsumtiven Nutzung fähige Güter zum Gegenstand. Bestätigt wird dieser Befund durch die Gesetzesbegründung des Finanzverfassungsgesetzes vom 23. Dezember 1955 (BTDrucks II/480, S. 107 f. ; vgl. Rn. 113). Den "seit jeher" als Verbrauchsteuer klassifizierten Steuern entnahm diese erkennbar keine Anknüpfung an reine Produktionsmittel, sondern stellte auf den "Verbrauch vertretbarer, regelmäßig zum baldigen Verzehr oder kurzfristigen Verbrauch bestimmter Güter des ständigen Bedarfs" ab.

145

(c) Wird die Zeit nach Inkrafttreten des Finanzverfassungsgesetzes im Jahre 1955 in den Blick genommen, ergibt sich kein anderes Bild (vgl. Englisch, in: Festschrift für Paul Kirchhof, Bd. 2, 2013, § 190 Rn. 6). Die Änderungen der Schnupftabaksteuer und die Anknüpfung an Rohtabak (1957) und damit an einen Rohstoff waren jeweils gesetzlich mit einem konkreten Endverbrauchsgut verbunden, welches das eigentliche Ziel der Besteuerung bildete (Schnupf- bzw. Kautabak). Zudem betraf die Steuer ein "auch" konsumtiv nutzbares Gut. Mit der Neufassung des Tabaksteuergesetzes im Jahre 1980 wurde die Besteuerung von Kau- und Schnupftabak wieder an das System der übrigen Tabakwaren angepasst (vgl. § 1 Abs. 1 Ziffer 1, § 7 Abs. 1 des Tabaksteuergesetzes [TabStG 1980] in der Fassung vom 13. Dezember 1979, BGBl I S. 2118). Die Änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol im Jahr 1978 (vgl. Art. 1 Ziffer 27 [§ 103a] des Gesetzes zur Änderung des Gesetzes über das Branntweinmonopol vom 13. November 1979, BGBl I S. 1937) betraf endverbrauchsfähige Güter. Ferner war nur ein Randbereich der Besteuerung betroffen; diese war erneut gesetzlich mit der Herstellung eines endverbrauchsfähigen Guts verknüpft. Es sollten Umgehungen dadurch verhindert werden, dass auch Ersatzstoffe zum Anknüpfungspunkt der Steuer genommen wurden; maßgeblich sollte die Anknüpfung an Spirituosen bleiben (BTDrucks 8/2319, S. 8 f.).

146

(d) Aus der seit dem Jahre 1981 geltenden Besteuerung einiger technischer Alkohole (vgl. Art. 2 Ziffer 7 [§ 103b] des Mineralöl- und Branntweinsteuer-Änderungsgesetzes 1981 [MinöBranntwStÄndG 1981] vom 20. März 1981, BGBl I S. 301) zur Herstellung von Riech- und Schönheitsmitteln folgt nichts anderes. Danach unterlagen auch die Alkoholarten Propanol-1 und Propanol-2 sowie Methanol, "wenn sie zu Riech- und Schönheitsmitteln verarbeitet werden", der Branntweinsteuer. Die Steuer entstand "mit dem Beginn der Verarbeitung zu Riech- und Schönheitsmitteln"; Steuerschuldner war der Inhaber des Verarbeitungsbetriebs. Die Branntweinsteuer bezog sich insoweit auf reine, keiner konsumtiven Nutzung fähige Produktionsmittel. Der Bundesfinanzhof hat in diesem Zusammenhang § 103b des Gesetzes über das Branntweinmonopol für kompetenzgemäß im Sinne des Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG erachtet (BFHE 141, 369 unter Bezugnahme auf BTDrucks 9/167, S. 6). Die gegen § 103b des Gesetzes über das Branntweinmonopol gerichteten Verfassungsbeschwerden wurden durch das Bundesverfassungsgericht nicht zur Entscheidung angenommen (BVerfG, Beschluss des Vorprüfungsausschusses des Ersten Senats vom 17. September 1985 - 1 BvR 1260/84 -, DStZ/E 1985, S. 334; Beschluss des Vorprüfungsausschusses des Ersten Senats vom 17. September 1985 - 1 BvR 1261/84 -, Information StuW 1985, S. 575). Auch in einer weiteren Entscheidung vom 2. Mai 1985 (BVerfG, Beschluss des Vorprüfungsausschusses des Zweiten Senats vom 2. Mai 1985 - 2 BvR 285/85 -, DB 1985, S. 1569 <1570>) hat das Bundesverfassungsgericht keine verfassungsrechtlichen Einwände gegen das Mineralöl- und Branntweinsteuer-Änderungsgesetz vom 20. März 1981 (BGBl I S. 301) erhoben, insbesondere keinen Kompetenzverstoß erkannt.

147

Allerdings lag in Bezug auf den steuerlichen Tatbestand ein nicht typusbildender Einzelfall vor. Ziel des Gesetzes war es, das Substitut eines durch die Branntweinsteuer erfassten Alkohols zu besteuern und die einheitliche Erfassung einer Warengruppe einschließlich von Ersatzstoffen zu gewährleisten, um auf diese Weise die Einheitlichkeit der Besteuerung sicherzustellen. In einem solchen Fall kann eine Besteuerung von Produktionsmitteln ausnahmsweise als typusgerecht angesehen werden (vgl. mit ähnlicher Argumentation BVerfGE 137, 350 <362 Rn. 30> zur Luftverkehrsteuer und BVerfGE 27, 375 <383 f.> zu Nachsteuern). Dies dient insbesondere dem Schutz des Besteuerungsaufkommens vor dem steuerumgehenden Ersatz der besteuerten Güter durch funktionsgleiche, aber unbesteuerte Substitute. Zudem lag den genannten Entscheidungen ein Sachverhalt zugrunde, in welchem der besteuerte Rohstoff in dem Endverbrauchsprodukt noch körperlich vorhanden war. Eine vorbehaltlose Aussage, dass die Besteuerung reiner Produktionsmittel typuskongruent ist, enthalten damit weder die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts noch die Ausführungen des Vermittlungsausschusses (BTDrucks 9/167, S. 6) oder des Bundesfinanzhofs (BFHE 141, 369 <373>).

148

(e) Nichts anderes folgt aus der - verfassungsgemäßen (BVerfGE 110, 274) - "Ökosteuer" (vgl. Gesetz zum Einstieg in die ökologische Steuerreform vom 24. März 1999, BGBl I S. 378). Diese betraf von vornherein keine ausschließlich produktiv nutzbaren Güter. Besteuert wurden elektrischer Strom und Steuergegenstände des Mineralölsteuergesetzes und damit Güter, die "auch" einer konsumtiven Nutzung zugänglich sind.

149

(2) Die Besteuerung reiner Produktionsmittel ist auch deshalb typusfremd, weil darin kein zielgerichteter Zugriff auf die private Einkommensverwendung liegt.

150

(a) Im Falle der Besteuerung zumindest auch konsumtiv nutzbarer Güter kann eine solche Anknüpfung noch bejaht werden, weil es hier regelmäßig (auch) das Ziel bleibt, primär - und nicht nur "irgendwie" am Ende einer Handelskette - den privaten Verbrauch zu besteuern. Ob insoweit Voraussetzung ist, dass die Belastung der Produktion lediglich eine untergeordnete oder sogar zwangsläufige "Nebenerscheinung" (Förster, Die Verbrauchsteuern, 1989, S. 63 und S. 102 f.; vgl. auch Zitzelsberger, BB 1995, S. 1769 <1776>) der Besteuerung des privaten Verbrauchs ist, kann dahinstehen, da die Kernbrennstoffsteuer ein reines Produktionsmittel besteuert.

151

(b) Die Besteuerung des unternehmerischen Verbrauchs eines reinen Produktionsmittels ist mit einem gesetzgeberischen Konzept, im Wege der Verbrauchsteuer auf die private Einkommensverwendung Zugriff zu nehmen (vgl. Rn.115), hingegen nicht mehr zu vereinbaren (vgl. Jatzke, Das System des deutschen Verbrauchsteuerrechts, 1997, S. 87; Herdegen/Schön, Ökologische Steuerreform, Verfassungsrecht und Verkehrsgewerbe, 2000, S. 28; Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 2001, S. 97; Gärditz, ZfZ 2012, 18 <20>; Seer, DStR 2012, S. 325 <330 ff.>). Dieses setzt die gezielte Besteuerung gerade des privaten Verbrauchs voraus (vgl. Lang, in: DStJG, Bd. 15 [1993], Umweltschutz im Abgaben- und Steuerrecht, S. 115 <137>; Jachmann, in: v. Mangoldt/Klein/Starck, GG, Bd. 3, 6. Aufl. 2010, Art. 105 Rn. 56), weil anderenfalls mit der Anknüpfung an einen Produktionsschritt oder ein Produktionsmittel ein hieraus typisierend angenommener unternehmerischer Gewinn und nicht eine private Einkommensverwendung die Grundlage der Besteuerung wäre (vgl. Zitzelsberger, BB 1995, S. 1769 <1776>; Schaumburg, in: Festschrift für Wolfgang Reiß, 2008, S. 25 <42>; Seer, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 22. Aufl. 2015, § 2 Rn. 6).

152

(c) Ein gewerblicher Verbrauch ist grundsätzlich kein geeigneter Anknüpfungspunkt für eine Verbrauchsteuer. Ist die Steuer lediglich darauf angelegt, den Endverbraucher wirtschaftlich "irgendwie" zu treffen, kann die randscharfe Abgrenzung zwischen einer Besteuerung der Einkommenserzielung einerseits und einer Besteuerung der Einkommensverwendung andererseits nicht gelingen. Durch den steuerlichen Zugriff auf den Verbrauch eines Gutes auf einer Vorstufe des Privatkonsums lässt sich eine Besteuerung der Einkommensverwendung des Endverbrauchers nicht zielgenau erreichen. Die Tatsache, dass das besteuerte Gut dazu dient, ein anderes, für den Endverbraucher gedachtes Gut herzustellen, ist zur notwendigen Abgrenzung von Verbrauchsteuern zu anderen Steuertypen nicht geeignet.

153

cc) Besondere Umstände, aus denen im Einzelfall trotz der steuerlichen Anknüpfung an ein reines Produktionsmittel dennoch auf das Vorliegen einer Verbrauchsteuer geschlossen werden könnte, sind für die Kernbrennstoffsteuer nicht gegeben.

154

Insbesondere sind keine sonstigen Indizien für ein Anknüpfen der Besteuerung an die private Einkommensverwendung erkennbar (1). Es muss auch nicht zwingend deshalb an ein reines Produktionsmittel angeknüpft werden, um Umgehungs- oder Ausweichverhalten auszuschließen (2).

155

(1) Ein Hinweis, dass auf die Einkommensverwendung zugegriffen werden soll, könnte in dem körperlichen Vorhandensein des besteuerten Rohstoffs im Endprodukt für den privaten Konsum zu sehen sein (Drüen, ZfZ 2012, S. 309 <316>; vgl. identisch: BTDrucks 9/167, S. 6 und BFHE 141, 369 <373>; ähnlich auch: Köck, JZ 1991, S. 692 <697>; Breuer, DVBl. 1992, S. 485 <490>; Franke, StuW 1994, S. 26 <31>; Bach, StuW 1995, S. 264 <272>; Herdegen/Schön, Ökologische Steuerreform, Verfassungsrecht und Verkehrsgewerbe, 2000, S. 30 f.; Eiling, Verfassungs- und europarechtliche Vorgaben an die Einführung neuer Verbrauchsteuern, 2014, S. 107 ff.). Ein solches körperliches Vorhandensein könnte eine hinreichende Verbindung zwischen dem besteuerten Gut und dem privaten Verbrauch als Ausdruck der Einkommensverwendung herstellen und die Annahme rechtfertigen, der Gesetzgeber habe den privaten Verbrauch besteuern wollen und die Anknüpfung an den Privatkonsum lediglich auf eine Vorstufe verlagert.

156

Die besteuerten Kernbrennstoffe finden allerdings keinen körperlichen Eingang in den produzierten elektrischen Strom als das für den privaten Verbrauch allein in Betracht kommende Endverbrauchsgut. Die Verbrauchsgüter des Kernbrennstoffsteuergesetzes (vgl. § 1 Abs. 1 i.V.m. § 2 Nr. 1 KernbrStG: Uran und Plutonium) sind in dem hergestellten beziehungsweise abgegebenen Strom nicht physisch enthalten. Allenfalls findet sich dort - nach einem aufwendigen Transformationsprozess - das in den vorgenannten Elementen enthaltene energetische Potential wieder. Nicht dieses unterliegt aber der Besteuerung durch die Kernbrennstoffsteuer, sondern das Einsetzen der Brennelemente oder -stäbe in einen Kernreaktor (§ 5 KernbrStG), unabhängig von der tatsächlich erzielten Energieausbeute. Zudem war der abgegebene elektrische Strom nicht das Ziel der Kernbrennstoffsteuer; von einer - etwa aus Vereinfachungsgründen bei der Steuererhebung erfolgten - Verlagerung der Besteuerung des Stroms auf eine Vorstufe kann daher keine Rede sein (so auch EuGH, Urteil vom 4. Juni 2015 - C-5/14 -, juris, Rn. 65 ff.).

157

(2) Es musste auch nicht zwingend deshalb an ein reines Produktionsmittel angeknüpft werden, weil die Einbeziehung einzelner Güter zur Wahrung einer geschlossenen Besteuerung bestimmter Warengruppen im Rahmen einer ansonsten systemgerechten Steuer notwendig war, insbesondere zum Schutz des Besteuerungsaufkommens vor dem Ersatz der Waren, die für die Besteuerung zum Ausgangspunkt genommen werden, durch funktionsgleiche, aber unbesteuerte Substitute.

158

Die Kernbrennstoffsteuer zielt nicht auf die Besteuerung einzelner Substitutsgüter zur Wahrung einer geschlossenen Besteuerung bestimmter Warengruppen im Rahmen einer ansonsten systemgerechten Steuer. Zwar unterliegen auch andere Rohstoffe zur Energiegewinnung dem Zugriff durch Verbrauchsteuern. Eine geschlossene Besteuerung der Energieträger, in die sich die Kernbrennstoffsteuer einfügen ließe, ist jedoch nicht festzustellen. Im Bereich der Energieträgerbesteuerung verfolgt die Besteuerung oftmals das Ziel der Verhaltenssteuerung und nicht ausschließlich fiskalische Zwecke. Daher ist steuerlich von vornherein keine Vergleichbarkeit der einzelnen Energieträger gegeben.

159

Zudem dient die Besteuerung von Kernbrennstoffen nicht dem Schutz des Besteuerungsaufkommens einer bestehenden Steuer vor einer Umgehung mittels Substituten der besteuerten Güter, sondern der eigenständigen Beschaffung von Haushaltsmitteln (vgl. BTDrucks 17/3054 S. 1 und S. 5).

160

dd) Schließlich erfüllt die Kernbrennstoffsteuer nicht das Typusmerkmal der Anknüpfung an ein Gut des ständigen privaten Bedarfs. Zudem ist ein freier Warenverkehr von Kernbrennstoffen aufgrund ihrer Gefährlichkeit ausgeschlossen. Die Kernbrennstoffsteuer knüpft demgemäß in § 5 Abs. 1 KernbrStG nicht an den Realakt des Verbringens des Besteuerungsgutes aus einem steuerlichen Nexus in den allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr an, sondern an den Realakt des erstmaligen Einsetzens der Brennstäbe in einen Kernreaktor und das Auslösen einer sich selbsttragenden Kettenreaktion. Darin liegt eine weitere Abweichung vom Steuertypus der Verbrauchsteuer.

161

ee) Die gebotene Gesamtbetrachtung (vgl. Rn. 65) führt zu dem Ergebnis, dass die Kernbrennstoffsteuer nicht mehr unter den Typus der Verbrauchsteuer eingeordnet werden kann. Sie erfüllt bereits das zentrale Typusmerkmal einer Besteuerung der privaten Einkommensverwendung nicht und ist aufgrund der Besteuerung eines reinen Produktionsmittels - auch im Hinblick darauf, dass Verbrauchsteuern üblicherweise an Güter des ständigen Bedarfs anknüpfen - typusfremd. Im Falle der Besteuerung eines reinen Produktionsmittels, das sich nicht im Endverbrauchsgut körperlich wiederfindet, hat die Abgrenzung zwischen der Besteuerung der privaten Einkommensverwendung der Endverbraucher und der Besteuerung unternehmerischer Tätigkeit entscheidende Bedeutung für den Verbrauchsteuertypus. Trotz des gebotenen weiten Verständnisses bei der Bestimmung der Einzelsteuerbegriffe der Art. 105 und 106 GG (vgl. Rn. 114) kommt demgegenüber den Gesichtspunkten, dass die Kernbrennstoffe bei ihrem Einsatz wirtschaftlich aufgezehrt und damit im Sinne des Verbrauchsteuerbegriffs "verbraucht" werden und dass es nicht zum Typus von Verbrauchsteuern gehört, allein Genussmittel zu besteuern, kein ausreichendes Gewicht zu, um dennoch eine Verbrauchsteuer annehmen zu können.

V.

162

Der Verstoß des Kernbrennstoffsteuergesetzes gegen Art. 105 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG führt vorliegend zur Nichtigerklärung (vgl. § 82 Abs. 1 i.V.m. § 78 BVerfGG) des Gesetzes und nicht nur zur Feststellung der Unvereinbarkeit der Norm mit dem Grundgesetz (vgl. § 82 Abs. 1 i.V.m. § 79 Abs. 1 und § 31 Abs. 2 BVerfGG). Eine bloße Unvereinbarkeitserklärung hat das Bundesverfassungsgericht zwar wiederholt bei haushaltswirtschaftlich bedeutsamen Normen, insbesondere Steuer- und Abgabengesetzen, ausgesprochen. Die Notwendigkeit einer verlässlichen Finanz- und Haushaltsplanung sowie einer entsprechenden Finanz- und Haushaltswirtschaft kann es hier gebieten, von einer Rückwirkung der Entscheidung abzusehen (BVerfGE 72, 330 <422>; 87, 153 <178 ff.>; 93, 121 <148>; 105, 73 <134>; 111, 191 <224 f.>; 117, 1 <70>), da der rückwirkenden Neubemessung staatlicher Einnahmen keine Möglichkeit zur Neubemessung der Ausgaben entgegenstünde. Hieraus würde eine erhebliche Gefährdung der periodisch erfolgenden staatlichen Finanzplanung und -stabilität und eine Entlastung aktueller und vergangener Steuerzahler zu Lasten künftiger Steuerzahler folgen. Die Notwendigkeit einer verlässlichen Finanz- und Haushaltsplanung steht einer Rückwirkung der Entscheidung allerdings nicht stets entgegen (vgl. BVerfGE 122, 210 <246>; 126, 268 <285 f.>) und kann nur Geltung beanspruchen, wenn der Gesetzgeber sich auf seine Finanz- und Haushaltsplanung verlassen durfte. Dies war im Hinblick auf die von Anfang an mit erheblichen finanzverfassungsrechtlichen Unsicherheiten belastete Kernbrennstoffsteuer nicht der Fall.

Abw. Meinung

1

Soweit die Senatsmehrheit das Kernbrennstoffsteuergesetz für verfassungswidrig hält, stimmen wir dem zwar im Ergebnis, nicht jedoch in der Begründung zu. Entgegen der Auffassung der Senatsmehrheit hat der Bund durchaus die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz zur Erfindung neuer, nicht in Art. 106 GG aufgeführter Steuern (I.). Solche Gesetze bedürfen jedoch der Zustimmung des Bundesrates (II.). Da diese hier nicht erteilt worden ist, ist das Kernbrennstoffsteuergesetz nichtig (III.).

I.

2

Die Auffassung der Senatsmehrheit, die Gesetzgebungskompetenz des Bundes im Steuerrecht auf die in Art. 106 GG genannten Steuertypen zu beschränken, vermag nicht zu überzeugen. Ob eine Gesetzgebungskompetenz im Bereich des Steuerrechts besteht, bemisst sich ausschließlich nach Art. 105 GG (1.). Dort zugewiesene Befugnisse werden nicht durch Art. 106 GG konditioniert (2.). Der Ausschluss eines so genannten Steuererfindungsrechts lässt sich auch nicht mit der These von der Schutz- und Garantiefunktion der Finanzverfassung begründen (3.). Bei der Zuweisung der Ertragshoheit hat der Steuergesetzgeber allerdings den Vorrang der Verfassung zu beachten und darf sich mit Art. 106 GG nicht in Widerspruch setzen (4.).

3

1. Art. 105 GG enthält eine Regelung über die Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen im Bereich des Steuerrechts, die sich im Verhältnis zu den allgemeinen Regeln der Art. 73 f. GG als speziellere Regelung darstellt. Entgegen der Auffassung der Senatsmehrheit lässt sich der Bestimmung nicht entnehmen, dass sich diese Gesetzgebungszuständigkeit auf die in Art. 106 GG aufgeführten Steuern beschränkt. Dafür sprechen weder der Wortlaut der Norm (a) noch systematische (b), teleologische (c) und entstehungsgeschichtliche Gründe (d).

4

a) Nach Art. 105 Abs. 1 GG hat der Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz über Zölle und Finanzmonopole, während die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für örtliche Verbrauch- und Aufwandsteuern nach Art. 105 Abs. 2a GG bei den Ländern liegt. Für die übrigen Steuern ist Art. 105 Abs. 2 GG maßgeblich. Hiernach hat der Bund eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz, wenn ihm das Aufkommen dieser Steuern ganz oder zum Teil zusteht oder die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen. Art. 105 Abs. 2 GG unterwirft die "übrigen Steuern" damit der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes.

5

Schon dem Wortlaut lässt sich nicht entnehmen, dass damit ausschließlich die in Art. 106 GG aufgelisteten Steuern gemeint sein sollten. Im allgemeinen Sprachgebrauch kommt dem Begriff "übrig" eine umfassende Auffangfunktion zu. Er ist gleichbedeutend mit "verbleibend", "restlich" oder "als Rest noch vorhanden" (Duden, Deutsches Universalwörterbuch, 5. Aufl. 2003, S. 1634). Ausschließlich in dieser Bedeutung wird er auch an anderer Stelle des Grundgesetzes verwendet (im Einzelnen: Art. 13 Abs. 7; Art. 23 Abs. 5 Satz 1; Art. 29 Abs. 6 Satz 2; Art. 35 Abs. 3 Satz 2; Art. 36 Abs. 1 Satz 2; Art. 87b Abs. 2 Satz 1; Art. 91 Abs. 2 Satz 2; Art. 93 Abs. 1 Nr. 5; Art. 106 Abs. 7 Satz 2; Art. 108 Abs. 2; Art. 114 Abs. 2 Satz 3; Art. 135 Abs. 5 GG). Aufschlussreich ist insoweit insbesondere der Vergleich mit Art. 108 GG (Finanzverwaltung), dessen Abs. 2 Satz 1 ebenfalls den Begriff der "übrigen Steuern" verwendet und damit - nach einhelliger Auffassung - sämtliche Steuerarten erfasst, die nicht in Art. 108 Abs. 1 Satz 1 GG ausdrücklich erwähnt sind (vgl. Heintzen, in: Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 108 Rn. 23; Heun, in: Dreier, GG, Bd. 3, 2. Aufl. 2008, Art. 108 Rn. 14; Kemmler, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 108 Rn. 9; Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 108 Rn. 33 ; Pieroth, in: Jarass/Pieroth, GG, 14. Aufl. 2016, Art. 108 Rn. 4).

6

Die Senatsmehrheit setzt sich mit dem Wortsinn des Begriffs "übrig" nicht auseinander, sondern beschränkt sich auf die mit systematischen, teleologischen und historischen Argumenten (dazu Rn. 9 ff.) unterlegte Behauptung, unter "übrigen Steuern" seien ausschließlich die in Art. 106 GG aufgeführten Steuern und Steuerarten zu verstehen (vgl. Rn. 68). Damit übergeht sie den Wortlaut von Art. 105 Abs. 2 GG, der keinerlei Bezugnahme auf Art. 106 GG enthält. Hätte der Verfassungsgeber beziehungsweise der verfassungsändernde Gesetzgeber eine Beschränkung der Gesetzgebungsbefugnisse auf die in Art. 106 GG genannten Steuern und Steuerarten gewollt, hätte er dies durch eine entsprechende Formulierung in Art. 105 Abs. 2 GG zum Ausdruck bringen können. Zu Recht ist das Fehlen einer ausdrücklichen Verweisung in Art. 105 Abs. 2 GG auf Art. 106 GG daher als "sehr beredtes Schweigen" des Verfassungstextes qualifiziert worden (vgl. Osterloh, NVwZ 1991, S. 823 <828>).

7

b) Das vorstehend dargelegte Verständnis des Begriffs "übrige Steuern" wird auch durch die Systematik des Grundgesetzes gestützt. Abweichend von der sonstigen Gliederung nach Organen und Funktionen ist die Finanzverfassung als Querschnittsmaterie in einem eigenen Abschnitt (X.) übergreifend geregelt. Dies zeigt, dass der Verfassungsgeber den Anspruch hatte, die Materie in diesem Abschnitt einheitlich und abschließend zu regeln. Eine entsprechende Intention des Finanzreformgesetzes vom 12. Mai 1969 (Einundzwanzigstes Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 12. Mai 1969, BGBl I S. 359) lässt sich dem damals neu in das Grundgesetz aufgenommenen Art. 105 Abs. 2a GG entnehmen, der als lex specialis und Bereichsausnahme zu Art. 105 Abs. 2 GG konzipiert ist. Vor diesem Hintergrund muss Art. 105 GG als abschließende Regelung der Gesetzgebungskompetenzen für das materielle Steuerrecht begriffen werden (Heintzen, in: Münch/Kunig, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 105 Rn. 9; Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 105 Rn. 22; Seiler, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 105 Rn. 116 ff. ; Vogel/Walter, in: Bonner Kommentar zum GG, Bd. 14, Art. 105 Rn. 61 f. ; vgl. auch BTDrucks V/2861, S. 94 f.).

8

Dies steht auch nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, soweit dieses in mehreren Entscheidungen ein allgemeines Abgabenerfindungsrecht des Staates verneint hat (BVerfGE 55, 274 <300 f.>; 67, 256 <282 ff.>; 78, 249 <266 f.>; 93, 319 <342 ff.>; 108, 1 <16>; 108, 186 <214 ff.>; 113, 128 <145 ff.>; 122, 316 <333 ff.>; 123, 132 <140 ff.>). Diese Entscheidungen betrafen ausschließlich nichtsteuerliche Abgaben (vgl. BVerfGE 113, 128 <145 ff.>). Nur in diesem Kontext - als Ausschluss einer beliebigen Erfindung von außersteuerlichen Abgaben, insbesondere Sonderabgaben - machen die Hinweise auf den "numerus clausus" der Leistungspflichten der Art. 105 f. GG (BVerfGE 67, 256 <286>) und die "Formenklarheit und Formenbindung" (BVerfGE 67, 256 <288 f.>; 105, 185 <193 f.>) der Finanzverfassung Sinn. Soweit die Rechtsprechung eine Einnahmenerschließung "außerhalb des von der Finanzverfassung erfassten Bereichs" abgelehnt hat (BVerfGE 55, 274 <300 f.>; 78, 249 <266 f.>), bezog sich dies durchgängig auf nichtsteuerliche Abgaben, die dem Regime der Art. 105 ff. GG gerade nicht unterfallen sollten. Das betraf unter anderem eine Berufsausbildungsabgabe zur Förderung des Angebots an Ausbildungsplätzen (BVerfGE 55, 274 <300 f.>), eine rückzahlbare Abgabe zur Wohnungsbauförderung (BVerfGE 67, 256 <282 ff.>), eine Abschöpfungsabgabe zur Rückabwicklung fehlgeleiteter Subventionen (BVerfGE 78, 249 <266 f.>), Entgelte für Wasserentnahmen (BVerfGE 93, 319 <342 ff.>), Rückmeldegebühren an Universitäten (BVerfGE 108, 1 <15 ff.>), eine Abgabe zur Finanzierung von Ausbildungsvergütungen in der Altenpflege (BVerfGE 108, 186 <212 ff.>), eine Abgabe zur Finanzierung der Kosten staatlicher Abfallrückführung (BVerfGE 113, 128 <145 ff.>), eine Abgabe von Unternehmen der Land- und Ernährungswirtschaft nach dem Absatzfondsgesetz (BVerfGE 122, 316 <333 ff.>) und eine Sonderabgabe zur Holzabsatzförderung (BVerfGE 123, 132 <140 ff.>). Die hierbei angelegten strengen Maßstäbe hat das Bundesverfassungsgericht deshalb mit dem Hinweis auf die Begrenzungsfunktion der Finanzverfassung gerechtfertigt (vgl. zuletzt BVerfGE 122, 316 <333 ff.>; 123, 132 <140>), um eine Erweiterung der Abgabenbelastung der Bürger unter Rückgriff auf die allgemeinen Sachkompetenzen der Art. 70 ff. GG unter Umgehung der Finanzverfassung zu verhindern. Darum geht es hier jedoch gerade nicht.

9

c) Auch Sinn und Zweck der Finanzverfassung sprechen für die Anerkennung einer konkurrierenden Steuererfindungskompetenz nach Art. 105 Abs. 2 GG.

10

Ziel der Finanzverfassung ist es, die finanziellen Grundlagen für eine wirksame Erfüllung der öffentlichen Aufgaben in Bund, Ländern und Gemeinden zu schaffen. Im Rahmen der Finanzreform des Jahres 1969 und ihrem Leitgedanken eines kooperativen Föderalismus sollte der grundgesetzlichen Verpflichtung zur Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit sowie zur Förderung der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse im Bundesgebiet durch annähernd gleichmäßige öffentliche Leistungen, eine gleichmäßige Steuerbelastung im Bundesstaat und durch die Verhinderung von Wettbewerbsverzerrungen durch regional abweichende Steuerregelungen und uneinheitliche Steuerbelastung Rechnung getragen werden (vgl. Begründung des unverändert übernommenen Regierungsentwurfs, BTDrucks V/2861, S. 11 ). Zur Erreichung dieses Ziels wurde dem Bund in Art. 105 GG eine weitgehende konkurrierende Gesetzgebungsbefugnis auf dem Gebiet der Steuern eingeräumt. Dabei ging der verfassungsändernde Gesetzgeber davon aus, dass mit den in Art. 105 Abs. 2 GG aufgeführten Steuerarten alle denkbaren Steuern erfasst sind, deren einheitliche Gestaltung für die Wahrung der Rechts- und Wirtschaftseinheit erforderlich sein könnte (vgl. BTDrucks V/2861, S. 32 ).

11

Die mit dem Finanzreformgesetz vom 12. Mai 1969 (BGBl I S. 359) einhergehende Ablösung der ursprünglich abschließenden, das heißt enumerativen Festlegung der Steuergesetzgebungskompetenzen des Bundes wurde als erforderlich betrachtet, um das Steuersystem anpassen und fortentwickeln zu können, ohne dass es dafür stets einer Verfassungsänderung bedarf. Durch diese Flexibilisierung sollte einem Erstarren des Regelungsgefüges im gegenstandsnotwendig dynamischen Feld des Steuerrechts vorgebeugt werden (vgl. Heun, in: Dreier, GG, Bd. 3, 2. Aufl. 2008, Art. 105 Rn. 33; Schmidt, StuW 2015, S. 171 <175>).

12

Zwar sollte mit dem Finanzreformgesetz vom 12. Mai 1969 (BGBl I S. 359) auch ein dauerhaftes und überschaubar gestaltetes Steuerverteilungssystem geschaffen werden, das entsprechend der finanziellen Bedeutung der Aufgaben das Verhältnis zwischen Steuerbedarf und Steuereinnahmen bei Bund und Ländern möglichst im Zustand des Gleichgewichts erhält (Begründung des unverändert übernommenen Regierungsentwurfs, BTDrucks V/2861, S. 33 ) und unnötige Auseinandersetzungen zwischen Bund und Ländern zu vermeiden hilft (BTDrucks V/2861, S. 11 f. ). Eine Versteinerung der Steuerquellen war jedoch nicht beabsichtigt und ist - wie nicht zuletzt die deutliche Ausweitung der Sonderabgaben aller Art zeigt - auch gar nicht möglich. Die Begründung des Finanzreformgesetzes vom 12. Mai 1969 bekennt sich ausdrücklich dazu, dass Ziel der Reform eine bewegliche Anpassung der Steuerverteilung an die wechselnden Finanzbedürfnisse der verschiedenen Aufgabenträger (Bund, Länder und Gemeinden) im Rahmen einer vorausschauenden, in sich abgewogenen Gesamtplanung ist (vgl. BTDrucks V/2861, S. 33 ; zum Konzept der Herstellung von Dauerhaftigkeit durch Flexibilität vgl. Osterloh, NVwZ 1991, S. 823 <828>).

13

Die vom verfassungsändernden Gesetzgeber angestrebte Flexibilität würde durch eine Begrenzung der Steuergesetzgebungsbefugnisse auf die in Art. 106 GG genannten Steuerarten verfehlt. Umgekehrt vermag sie - wie nicht zuletzt der vorliegende Fall und die Überlegungen der Senatsmehrheit zum "kleinen Steuererfindungsrecht" oder der Streit um die Verteilung der UMTS-Lizenzen (vgl. BVerfGE 105, 185 ff.) zeigen - auch keine nachhaltigen und dauerhaften Verhältnisse sicherzustellen. Auseinandersetzungen über die Reichweite von Gesetzgebungskompetenzen im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung sind im Übrigen systemimmanent und keineswegs auf den Bereich der Steuern beschränkt. Das damit verbundene Konfliktpotenzial wird zudem durch das Erfordernis einer Zustimmung des Bundesrates entschärft (siehe dazu Abschnitt II.). Das gilt auch für den perhorreszierten "Wettlauf der Steuererfindungen" (vgl. Seer, DStR 2012, S. 325 <330>), dem darüber hinaus der Vorrang der Verfassung entgegensteht.

14

d) Schließlich spricht die Entstehungsgeschichte der Art. 105 f. GG eher für die hier vertretene Interpretation. In der ursprünglichen Fassung des Grundgesetzes vom 23. Mai 1949 waren die Gegenstände der konkurrierenden Steuergesetzgebungskompetenz des Bundes in Art. 105 Abs. 2 GG noch enumerativ aufgelistet. Für diese alte Rechtslage vor dem Finanzreformgesetz vom 12. Mai 1969 hatte das Bundesverfassungsgericht ein Steuererfindungsrecht der Länder aus Art. 70 GG ausdrücklich anerkannt und sich damit bereits gegen die Vorstellung von einer abschließenden Natur der Finanzverfassung ausgesprochen (vgl. BVerfGE 14, 76 <91>; 16, 64 <77 ff.>). Die Aufzählung möglicher Steuerarten in Art. 105 Abs. 2 GG wurde gerade nicht als abschließend verstanden, die These von der Vollständigkeit des Steuerkataloges verworfen (vgl. BVerfGE 16, 64 <78 f.>).

15

Daran hat sich durch das Finanzreformgesetz vom 12. Mai 1969 (BGBl I S. 359) nichts Grundlegendes geändert. Zwar wurde durch dieses Gesetz die zuvor bestehende Beschränkung der Gesetzgebungskompetenzen des Bundes in Art. 105 Abs. 2 GG auf bestimmte Steuerarten aufgehoben. Damit sollte insbesondere die bis dahin umstrittene Zuständigkeit des Bundes für das allgemeine Steuerrecht eindeutig festgelegt werden (Begründung des unverändert übernommenen Regierungsentwurfs, BTDrucks V/2861, S. 32 f. , S. 52 f. ), wobei der verfassungsändernde Gesetzgeber davon ausging, dass es sachlich nicht begründet sei, die Gesetzgebung des Bundes auf bestimmte Steuerkategorien zu beschränken. Für die Notwendigkeit bundeseinheitlicher Gesetzgebung könnten nur die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG maßgeblich sein (BTDrucks V/2861, S. 32).

16

Das schon zuvor anerkannte Steuererfindungsrecht der Länder sollte durch die Neufassung des Art. 105 Abs. 2 GG jedoch nicht beseitigt oder beschränkt werden. Vielmehr wurde dessen Fortbestand ausdrücklich betont (BTDrucks V/2861, S. 33 ).

17

Soweit die Senatsmehrheit demgegenüber darauf verweist, der verfassungsändernde Gesetzgeber sei möglicherweise bereits bei Erlass des Finanzverfassungsgesetzes vom 23. Dezember 1955 (BGBl I S. 817) der Auffassung gewesen, dass den Ländern ein allgemeines Steuererfindungsrecht nicht zustehe, vermag dies nicht zu überzeugen. Zwar findet sich in der damaligen Gesetzesbegründung die von der Senatsmehrheit zitierte Feststellung, die verfassungspolitische Bedeutung, die das Grundgesetz der Verteilung der Steuerertragshoheit beimesse, lasse es nicht zu, die Zuteilung der Einnahmen aus künftigen Steuern dem einfachen Bundesgesetzgeber zu überlassen. Damit wurde allerdings lediglich die - später nicht weiterverfolgte - Forderung begründet, dass das Finanzausgleichsgesetz nach Art. 107 GG auch die Grundsätze über die Verteilung solcher Steuern normieren sollte, die nach seiner Verabschiedung neu eingeführt werden (vgl. BTDrucks II/480, S. 40 ). Insoweit setzt die zitierte Passage die Möglichkeit der Einführung neuer Steuern und damit den Bestand eines Steuererfindungsrechts gerade voraus. Nichts anderes ergibt sich auch aus dem Hinweis der Senatsmehrheit auf die Beratungen des Finanzausschusses zum Entwurf eines Mineralöl- und Branntweinsteuer-Änderungsgesetzes 1981. Die dortige Feststellung, dass dem Bund ein Steuererfindungsrecht hinsichtlich des Verbrauchsteuerbegriffs des Art. 106 GG zustehe (vgl. BTDrucks 9/167, S. 6), schließt den Bestand sonstiger Steuererfindungsrechte von Bund und Ländern nicht aus.

18

Mit der Finanzreform 1969 sollte dem Bund die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit zugewiesen werden, soweit eine von den Ländern "erfundene" Steuer wegen der Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse bundeseinheitlich geregelt werden muss (vgl. BTDrucks V/2861, S. 94 f.). Dies wird durch die Erklärung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages bei der unveränderten Übernahme der im Regierungsentwurf enthaltenen Fassung des Art. 105 Abs. 2 GG bestätigt, dass "eine umfassende Gesetzgebungskompetenz des Bundes im Interesse der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und einer weiteren Vereinheitlichung des Steuerrechts notwendig ist" und dass "der Bund grundsätzlich für alle Steuern das konkurrierende Gesetzgebungsrecht besitzt" (Stellungnahme des Rechtsausschusses des Bundestages, BTDrucks V/3605, S. 6 f.). Daraus lässt sich der gesetzgeberische Wille entnehmen, nicht nur das Steuererfindungsrecht der Länder nicht in Frage zu stellen, sondern auch dem Bund mit der Auffangklausel des Art. 105 Abs. 2 GG die Erschließung neuer Steuerarten grundsätzlich zu erlauben.

19

Dieses Verständnis findet sich auch in der Rechtsprechung des Senats. In einem Beschluss vom 12. Oktober 1978 zur landesgesetzlichen Regelung einer neuen, als Steuer eingeordneten Abgabenart, hat dieser eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz aus Art. 105 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 72 Abs. 1 GG abgeleitet, ohne die Abgabenregelung einer der in Art. 106 GG ausdrücklich aufgeführten Steuertypen zuordnen zu können oder auf diese Bestimmung auch nur Bezug zu nehmen (BVerfGE 49, 343<354>). Die schleswig-holsteinische Abgabe wegen Änderung der Gemeindeverhältnisse hatte insoweit Bestand (vgl. BVerfGE 49, 343 <354>).

20

2. Die "Steuererfindungsbefugnis" nach Art. 105 GG wird nicht durch Art. 106 GG eingeschränkt (a). Zum Gegenstand der Steuergesetzgebung gehört - vorbehaltlich der Vorgaben von Art. 106 GG - auch die Zuweisung der Steuerertragshoheit (b).

21

a) Art. 105 GG unterscheidet sich in seiner Funktion grundlegend von Art. 106 GG. Während Art. 105 GG die Gesetzgebungskompetenzen im Bereich des Steuerrechts zuordnet, dient Art. 106 GG der Verteilung des gesamtstaatlichen Steueraufkommens zwischen Bund, Ländern und Gemeinden. Warum die Verteilung des Aufkommens der in Art. 106 GG aufgeführten Steuern und Steuerarten zu einer Beschneidung der Regelungskompetenzen des Steuergesetzgebers gemäß Art. 105 GG führen soll, erschließt sich angesichts der unterschiedlichen Regelungsgegenstände beider Vorschriften nicht.

22

aa) Würde man die Verteilung der Steuergesetzgebungskompetenzen in Art. 105 GG nur auf die in Art. 106 GG aufgeführten Steuern beziehen, käme dieser Vorschrift eine Begrenzungs- und Garantiefunktion in dem Sinne zu, dass andere Steuern nicht erhoben werden könnten (vgl. Vogel, in: Isensee/Kirchhof, HStR IV, 1. Aufl. 1990, § 87 Rn. 32). Dies widerspräche - wie dargelegt - nicht nur dem Willen des verfassungsändernden Gesetzgebers, der das "Steuererfindungsrecht" der Länder mit dem Finanzreformgesetz vom 12. Mai 1969 ausdrücklich bestätigt hat, sondern auch der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 14, 76 <91>; 16, 64 <78 f.>; 49, 343 <354, 359>). Es widerspräche aber auch der Staatspraxis, weil der Katalog des Art. 106 GG selbst bei weiter Auslegung der dort verwendeten Begriffe nicht sämtliche denkbaren Steuern und Steuerarten erfasst (vgl. Brockmeyer, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, 11. Aufl. 2008, Art. 106 Rn. 7 f.; Fischer-Menshausen, in: Münch/Kunig, GG, Bd. 3, 3. Aufl. 1996, Art. 106 Rn. 14a; Heun, in: Dreier, GG, Bd. 3, 2. Aufl. 2008, Art. 106 Rn. 14, 45; Osterloh, NVwZ 1991, S. 823 <828>; Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 154 f.; Wendt, in: Isensee/Kirchhof, HStR IV, 1. Aufl. 1990, § 104 Rn. 29 f.; vgl. auch BVerfGE 49, 343 <354>). Eine Begrenzung des gesamten Steuerwesens auf die vom Verfassungsgeber vorgefundenen und in Art. 106 GG niedergelegten Steuerarten ist dem System der Finanzverfassung fremd (vgl. BVerfGE 16, 64 <78>).

23

bb) Es kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass der verfassungsändernde Gesetzgeber mit der Neuregelung des Art. 106 GG zugleich eine Beschneidung zumindest der Steuergesetzgebungskompetenzen von Bund und Ländern angestrebt hat. Ziel der Neuregelung des Art. 106 GG war vielmehr, vor allem durch die Einbeziehung der Umsatzsteuer in die Verbundmasse und die gleichmäßige Aufteilung von Einkommens- und Umsatzsteuer einen umfassenden Steuerverbund zu erreichen, so dass die unterschiedliche Entwicklung des Aufkommens dieser Steuern nicht zu einseitigen Begünstigungen oder Belastungen des Bundes oder der Länder führt (vgl. BTDrucks V/2861, S. 33 ). Damit sollte eine Befriedung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern erreicht und die Grundlage für ein dauerhaftes und überschaubares Steuersystem geschaffen werden, das eine bewegliche Anpassung der Steuerverteilung an die wechselnden Finanzbedürfnisse von Bund, Ländern und Gemeinden ermöglichen sollte (vgl. BTDrucks V/2861, S. 33 ). Einschränkungen der Gesetzgebungszuständigkeiten hinsichtlich der Einführung neuer, beziehungsweise der Abschaffung oder Änderung bestehender Steuern waren hingegen nicht Gegenstand der Regelung des Art. 106 GG.

24

cc) Die Senatsmehrheit betont demgegenüber die vom verfassungsändernden Gesetzgeber angestrebte Befriedungsfunktion der Finanzverfassung als Ziel der Finanzreform 1969. Sie setze voraus, dass Verschiebungen im Steueraufkommen unterblieben und das Verhältnis zwischen Steuerbedarf und Steuereinnahmen bei Bund und Ländern möglichst im Zustand des Gleichgewichts erhalten bliebe.

25

Dies lässt freilich bereits außer Betracht, dass schon die Inanspruchnahme der unstreitig bestehenden Regelungskompetenzen des Bundes und der Länder hinsichtlich der in Art. 106 GG aufgeführten Steuern zu wesentlichen Verschiebungen im Steueraufkommen und der Steuerverteilung zwischen Bund und Ländern führen kann. Zwar legt Art. 106 GG wesentliche Steuerarten fest, innerhalb dieser jedoch weder die Anzahl der Steuern noch deren Gestaltung und Höhe, so dass die Vorstellung von einem stabilen und ausgewogenen, verfassungskräftig verankerten Verteilungssystem nicht überzeugt (vgl. Möckel, DÖV 2012, S. 265 <267>). Dass dem Steuergesetzgeber bezüglich der in Art. 106 GG genannten Steuerarten eine sehr weitreichende Gestaltungsfreiheit verbleibt, gesteht die Senatsmehrheit ausdrücklich zu. Dies ist aber mit der Vorstellung, Art. 106 GG gewährleiste eine dauerhafte und gleichgewichtige Steuerverteilung zwischen Bund und Ländern, nicht vereinbar.

26

Auch der verfassungsändernde Gesetzgeber ging erkennbar nicht davon aus, dass mit der Neuregelung der Art. 105 und Art. 106 GG ein abschließendes System der Steuerverteilung geschaffen werden konnte, das einfachgesetzlicher Nachjustierungen weder bedarf noch zugänglich ist. Angestrebt war vielmehr eine Reform, die eine bewegliche Anpassung der Steuerverteilung an die wechselnden Finanzbedürfnisse der verschiedenen Aufgabenträger ermöglichen sollte (vgl. BTDrucks V/2861, S. 33 ). Dabei stellt sich das bei der Verteilung der Umsatzsteueranteile zwischen Bund und Ländern nach Art. 106 Abs. 3 Satz 3 und Satz 4 GG angewandte Deckungsquotenverfahren als "flexibles Element des Steuerverteilungssystems" (Henneke, in: Schmidt-Bleibtreu/Klein, GG, 13. Aufl. 2014, Art. 106 Rn. 70) dar, auf dessen Grundlage den in den jeweiligen Haushalten veranschlagten Einnahmen und Ausgaben durch Ausgleichsansprüche und -verpflichtungen Rechnung getragen werden soll. Zeichnet sich das von Art. 106 GG geschaffene System der Ertragsverteilung somit gerade durch das Fehlen fester Verteilungsergebnisse aus, so steht auch bei Hinzutreten neuer Steuerarten und -erträge nicht die Entstehung von verfassungsrechtlich nicht gewollten und nicht korrigierbaren Ertragsungleichgewichten zu befürchten. Im Falle derartiger Verschiebungen im Steueraufkommen ist vielmehr eine Neubestimmung der Umsatzsteueranteile nach Maßgabe des Art. 106 Abs. 3 Satz 3 und Satz 4, Abs. 4 GG vorzunehmen (vgl. insoweit auch BVerfGE 105, 185 <194 f.>). Warum dies "keine angemessene Lösung" darstellen soll, ist nicht ersichtlich, da es sich insoweit um einen im Kern justiziablen Anspruch von Bund und Ländern handelt.

27

Hinzu kommt, dass das Zustimmungserfordernis des Bundesrates einen einseitigen und nicht abgestimmten Zugriff des Bundes auf das Steueraufkommen ebenso verhindern dürfte wie einen "Wettlauf der Steuererfindungen" (vgl. Seer, DStR 2012, S. 325 <330>). Dabei kann auch nicht auf eine die einseitige Durchsetzung von Bundesinteressen ermöglichende Unterschiedlichkeit der Länderinteressen verwiesen werden; vielmehr ist davon auszugehen, dass bei der Einführung neuer Steuern durch den Bund ein im föderalen Kontext sonst nicht selbstverständlicher Gleichklang der Landesinteressen vorliegt.

28

b) Von Art. 105 GG gedeckt ist - soweit ihr wegen des Vorrangs der Verfassung Art. 106 GG nicht entgegensteht - auch die Zuweisung der Ertragshoheit (vgl. Fischer-Menshausen, in: Münch/Kunig, GG, Bd. 3, 3. Aufl. 1996, Art. 106 Rn. 14a; Heun, in: Dreier, GG, Bd. 3, 2. Aufl. 2008, Art. 105 Rn. 44; Osterloh, NVwZ 1991, S. 823 <828>; Selmer, Steuerinterventionismus und Verfassungsrecht, 1972, S. 154 f.; Wendt, in: Isensee/Kirchhof, HStR IV, 1. Aufl. 1990, § 104 Rn. 29 f.). Dem insoweit bestehenden Regelungsbedarf kann nicht nur durch den verfassungsändernden Gesetzgeber entsprochen werden (so aber Tipke, Die Steuerrechtsordnung, Bd. III, 1. Aufl. 1993, S. 1095), sondern auch durch den einfachen Gesetzgeber.

29

Dass die Zuständigkeit des Steuergesetzgebers nicht auch die Regelung der Ertragsverteilung beinhalten soll, ist nicht nachvollziehbar. Neben der Regelung von Steuertatbestand, Steuerschuldner und Steuertarif ist auch die Bestimmung des Steuergläubigers und des Ertragszuständigen ein unverzichtbarer Bestandteil steuerrechtlicher Regelungen. Die einschlägigen Regelungen mögen durch höher- oder vorrangiges Recht gebrochen oder überlagert werden; an ihrer Zuordnung zum Steuerrecht ändert dies jedoch nichts. Dem lässt sich nicht entgegenhalten, dass der verfassungsändernde Gesetzgeber bereits bei der Finanzreform 1955 die Regelung der Ertragsverteilung dem verfassungsändernden Gesetzgeber habe vorbehalten wollen, denn die damals angestrebte Regelung einer Verteilung der Erträge künftig neu eingeführter Steuern im Rahmen von Art. 107 GG wurde nicht weiterverfolgt (vgl. oben Rn. 17).

30

Ebenso wenig vermag der Hinweis zu überzeugen, dass der einfache Gesetzgeber keinen Zugriff auf das Ertragsverteilungssystem des Art. 106 GG habe. Aus dem Bestand verfassungsrechtlicher Ertragsverteilungsregelungen für bestimmte Steuern kann nicht auf den Bestand eines Verfassungsvorbehaltes für die Ertragsverteilung dort nicht erfasster Steuern geschlossen werden; Art. 106 GG ist vielmehr als verfassungskräftige Spezialregelung für die Ertragsverteilung der dort aufgeführten Steuerarten einzuordnen, steht einer einfachgesetzlichen Festlegung der Aufkommensverteilung der übrigen Steuern durch den jeweiligen Steuergesetzgeber aber aufgrund seines nicht abschließenden Charakters nicht entgegen. Dafür spricht nicht zuletzt, dass Art. 106 Abs. 3 Satz 3 und Abs. 4 GG selbst einen Regelungsauftrag an den einfachen Gesetzgeber nach Maßgabe der Grundsätze des Art. 106 Abs. 3 Satz 4 GG enthält.

31

Der einfache Gesetzgeber kann bei Einführung einer neuen, nicht dem Katalog des Art. 106 GG unterfallenden Steuer somit auch über deren Ertragszuweisung entscheiden. Zwischen Steuergesetzgebung und Ertragszuweisung besteht ein so enger sachlicher Zusammenhang, dass eine Materie sinnvollerweise nicht ohne die andere geregelt werden kann. Die Ertragshoheit ist der gesetzlichen Inanspruchnahme einer Steuerquelle daher im Grunde immanent (Wendt, in: Isensee/Kirchhof, HStR IV, 1. Aufl. 1990, § 104 Rn. 29). Die Zuordnung der Ertragsverteilung als integraler Teil der Steuergesetzgebungskompetenz trägt der Einheit der Finanzverfassung Rechnung und erübrigt den systemwidrigen Rückgriff auf die allgemeinen Kompetenzverteilungsregeln der Art. 30, Art. 70 GG (so aber Häde, Finanzausgleich, 1996, S. 164 f.; Schmidt, StuW 2015, S. 171 <177>).

32

Dass es dabei gegebenenfalls zu einem Auseinanderfallen von Gesetzgebungs- und Ertragshoheit kommen kann, ist in Art. 105 GG angelegt und findet sich auch in anderen Bereichen (vgl. z.B. die Steuerarten in Art. 106 Abs. 2 GG; Schmidt, StuW 2015, S. 171 <177>). Selbst in den Fällen einer vollständigen Ertragszuweisung an die Länder, wie bei der Vermögens- (Art. 106 Abs. 2 Nr. 1 GG), Erbschafts- (Art. 106 Abs. 2 Nr. 2 GG) oder Biersteuer (Art. 106 Abs. 2 Nr. 4 GG) sieht das Grundgesetz vor, dass die Belastungsentscheidung vom Bund getroffen wird, weil nur der Bund die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse in ganz Deutschland garantieren kann. Nur er kann und muss - etwa über seine Gesetzgebungsbefugnisse nach Art. 106 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 Satz 1, Abs. 5 Satz 2 GG oder den Bund-Länder-Finanzausgleich gemäß Art. 107 GG - auf Verschiebungen im Verhältnis der Einnahmen und Ausgaben des Bundes und der Länder reagieren (zu Letzterem vgl. Schmidt, StuW 2015, S. 171 <177>).

33

3. Auch die zur Begründung einer Beschränkung der Gesetzgebungsbefugnisse gemäß Art. 105 Abs. 2 GG geltend gemachte Vorstellung von der individualschützenden Garantiefunktion der Finanzverfassung findet in Wortlaut, Systematik, Telos und Entstehungsgeschichte der Art. 105 f. GG keine Stütze. Letztlich handelt es sich dabei um eine Zweckschöpfung, die einen unbegrenzten Steuerzugriff des Staates auf grundrechtlich geschützte Interessen der Steuerpflichtigen vermeiden und die Schwierigkeiten, die materiellen Grundrechte insoweit zu entfalten (vgl. BVerfGE 93, 121 <136 ff.>; 115, 97 <110 ff.>), kompensieren soll. Bei Art. 105 und Art. 106 GG handelt es sich jedoch um staatsorganisationsrechtliche Regelungen ohne eigenen materiellen Gehalt (vgl. BVerfGE 123, 1 <17>; Heintzen, in: Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 105 Rn. 39; Seiler, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 105 Rn. 125 ; Tipke, BB 1994, S. 437 <439 ff.>). Einen Schutz vor übermäßiger Steuerbelastung des Bürgers könnten diese Bestimmungen schon deshalb nur eingeschränkt bieten, weil sie zum einen keine Obergrenzen für die Sätze der aufgeführten Steuern enthalten, zum anderen durch die Verwendung weit gefasster Begriffe in Art. 106 GG (z.B. "Verbrauchsteuern") aber auch keine effektive Begrenzungswirkung entfalten. Art. 106 GG begrenzt weder die Zahl der Steuern im Rahmen der dort aufgeführten Steuertypen, noch die Höhe der Steuersätze oder der dadurch verursachten Gesamtbelastung. Die Regelung zielt zudem nicht auf eine individualschützende Beschränkung des Zugriffs des Steuergesetzgebers auf die finanziellen Ressourcen des Bürgers, sondern auf die Verteilung staatlicher Einnahmen. Effektiven Belastungsschutz für den Bürger kann diese Finanzverteilungsregelung nicht gewähren (vgl. Möckel, DÖV 2012, S. 265 <268 f.>).

34

Diesem Verständnis entspricht auch die in der Rechtsprechung beider Senate unumstrittene Interpretation der allgemeinen Kompetenzregeln der Art. 73 f. GG. Auch dort wird der Schutz des Bürgers vor zu weitgehenden gesetzgeberischen Eingriffen nicht im Wege der restriktiven Auslegung von Kompetenznormen, sondern durch die prozeduralen und materiellen Garantiegehalte der Grundrechte sichergestellt (vgl. BVerfGE 4, 7 <15>; 55, 274 <302>; zuletzt BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 7. März 2017 - 1 BvR 1314/12 -, juris). So bedarf etwa jede Steuer im Hinblick auf die materiellen Gewährleistungen der Grundrechte (insbesondere Art. 3 Abs. 1; Art. 12; Art. 14; Art. 2 Abs. 1 GG) der Rechtfertigung.

35

Diese verfassungsrechtlichen Vorgaben entfalten Steuerungs- und Kontrollfunktion, hegen den Steuergesetzgeber im Hinblick auf Steuererfindungen ein und gewährleisten dadurch den Schutz der Bürger vor übermäßiger Abgabenbelastung. Jede Steuer muss nicht nur den formalen Anforderungen des Grundgesetzes (Gesetzmäßigkeit und Bestimmtheit) genügen, sondern auch und gerade den materiellen Maßstäben der Grundrechte. Dazu gehören insbesondere die Prinzipien der Leistungsfähigkeit (vgl. BVerfGE 6, 55 <67, 69>; 8, 51 <68 f.>; 9, 237 <243>; 13, 290 <297>; 14, 34 <41>; 27, 58 <64>; 32, 333 <339>; 36, 66 <72>; 43, 108 <118 ff.>; 47, 1 <29>; 55, 274 <302>; 61, 319 <343 ff.>; 66, 214 <223>; 68, 143 <152 f.>; 82, 60 <86 f.>; 117, 1 <30 f.>; 122, 210 <230 f.>), der Folgerichtigkeit (BVerfGE 84, 239 <271>; 93, 121 <136>; 99, 88 <95>; 99, 280 <290>; 101, 132 <138>; 101, 151 <155>; 105, 73 <125 f.>; 107, 27 <46 f.>; 117, 1 <30 f.>; 122, 210 <231>), der Lastengleichheit (BVerfGE 35, 324 <335>; 84, 239 <268 ff.>), des Schutzes des Existenzminimums (BVerfGE 82, 60 <85 f.>), des Verbots der Benachteiligung von Ehe und Familie (BVerfGE 99, 216 <231 ff.>), des Verbots der Erdrosselungssteuer (BVerfGE 19, 119 <128 f.>; 23, 288 <315>; 27, 111 <131>; 30, 250 <271 f.>; 50, 57 <104 ff.>; 63, 343 <368>; 68, 287 <310 f.>; 70, 219 <230>; 78, 214 <230>; 78, 232 <243>; 82, 159 <190>; 87, 153 <169>; 95, 267 <300>; 105, 17 <32>; 115, 97 <115>) und der eigentumsschonenden Besteuerung (vgl. BVerfGE 93, 121 <138>; 115, 97 <114>). Die hierdurch dem steuererfindenden Gesetzgeber auferlegten Grenzen unterliegen der Überprüfung durch das Bundesverfassungsgericht und sind im Ergebnis auch wirkungsvoller als die vermeintliche Schutz- und Garantiefunktion der Art. 105 f. GG.

36

4. Der Vorrang der Verfassung bindet den Steuergesetzgeber schließlich an die Regelungen über die Aufteilung des Steuerertrags in Art. 106 GG. Danach ist ihm die Entscheidung über die Ertragsverteilung für die in Art. 106 GG aufgeführten, bei weitem bedeutsamsten Steuerarten entzogen.

II.

37

Die Inanspruchnahme der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz zur Einführung neuer Steuern durch den Bund erfordert jedoch nach Art. 105 Abs. 3 GG die Zustimmung des Bundesrates, wenn er mit der Erschließung der neuen Steuerquelle zugleich die Ertragshoheit in Anspruch nimmt. Der scheinbar auf den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) bereits zufließende Steuern begrenzte Wortlaut des Art. 105 Abs. 3 GG erweist sich insoweit als zu eng.

38

Zwar knüpft der Wortlaut des Art. 105 Abs. 3 GG die Zustimmungspflicht des Bundesrates an die Voraussetzung, dass das Steueraufkommen ganz oder zum Teil den Ländern oder den Gemeinden (Gemeindeverbänden) zufließt. Das kann so verstanden werden, dass die Norm ein bestehendes Steueraufkommen voraussetzt. Sie würde dann - jenseits des Art. 106 GG - nur auf solche Fälle Anwendung finden, in denen die Länder, wie etwa bei der Abgabe wegen Änderung der Gemeindeverhältnisse in Schleswig-Holstein, bereits von ihrer "Steuererfindungskompetenz" Gebrauch gemacht haben, nicht hingegen auf neu einzuführende Steuern, die eine Aufkommenszuweisung ausschließlich an den Bund vorsehen. Ein solches Verständnis ist jedoch nicht zwingend. Vielmehr kann Art. 105 Abs. 3 GG auch so verstanden werden, dass er den Ländern potentiell - das heißt vorbehaltlich einer bundesgesetzlichen Intervention gemäß Art. 72 Abs. 1 und Abs. 2 GG - zustehende Steueraufkommen erfasst. Dafür sprechen sowohl systematische als auch teleologische Erwägungen.

39

Die systematische Stellung von Art. 105 Abs. 3 GG spricht zunächst gegen eine Beschränkung auf die in Art. 106 GG aufgeführten oder schon in Wirkung gesetzten Steuern. Andernfalls wäre das in Art. 106 Abs. 3 Satz 3, Abs. 4 Satz 2, Abs. 5 Satz 2, Abs. 6 Satz 5 GG vorgesehene Zustimmungserfordernis des Bundesrates für die Regelung der Ertragsverteilung bei der Umsatz- und Einkommensteuer überflüssig und Art. 105 Abs. 3 GG nur eine subsidiäre Auffangregelung für die übrigen bundesgesetzlichen Landessteuern in Art. 106 Abs. 2 GG. Eine solche Interpretation ist nicht ausgeschlossen, angesichts der zahlreichen speziell in Art. 106 GG geregelten Zustimmungserfordernisse jedoch auch nicht naheliegend.

40

Insbesondere teleologische Erwägungen sprechen aber dafür, das Zustimmungserfordernis auch auf die erstmalige bundesgesetzliche Zuweisung eines Steuerertrags an den Bund zu erstrecken. Sinn und Zweck des Art. 105 Abs. 3 GG ist es, die materiellen Interessen der Länder im Hinblick auf die Aufteilung des Steueraufkommens zwischen Bund und Ländern zu wahren (BVerfGE 14, 197<220>). Sie sollen insbesondere vor einer Auszehrung ihrer finanziellen Grundlagen und ihrer Steuerquellen geschützt werden (Heintzen, in: Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 6. Aufl. 2012, Art. 105 Rn. 56; Heun, in: Dreier, GG, Bd. 3, 2. Aufl. 2008, Art. 105 Rn. 43 f.). Materielle Interessen der Länder sind aber nicht nur dann berührt, wenn Änderungen an der Aufkommensverteilung der ihnen oder den Gemeinden ganz oder zum Teil bereits zugewiesenen Steuern vorgenommen werden, sondern erst recht, wenn eine neue Steuerquelle erschlossen und den Ländern eine Beteiligung daran vorenthalten wird. Auch bei einem gesetzgeberischen Zugriff auf neue, in Art. 106 GG nicht aufgeführte Steuern und die Regelung ihrer Aufkommensverteilung wird das Gesamtgefüge der Steuerertragsverteilung zwischen Bund und Ländern berührt. Zudem hängt es letztlich vom Zufall ab, ob die Länder eine potenzielle Steuerquelle vor einem Zugriff des Bundes bereits gesetzlich erschlossen haben oder ob dies noch nicht geschehen ist. Da ihre finanziellen Interessen in beiden Fällen gleichermaßen beeinträchtigt werden können, kann das Zustimmungserfordernis des Bundesrates davon nicht abhängen. Es wäre sinnwidrig, wenn einerseits bei einer Teilung des Ertrages einer neu eingeführten Steuer die Wahrnehmung der Länderinteressen im Wege der Zustimmungsbedürftigkeit garantiert wäre, bei einer vollständigen Vorenthaltung des Steueraufkommens eine derartige Wahrnehmung der Länderinteressen jedoch entfiele.

41

Über den Wortlaut hinaus erfasst das Zustimmungserfordernis des Art. 105 Abs. 3 GG demnach auch Fälle, in denen der Bund kraft seiner konkurrierenden Gesetzgebungsbefugnis nach Art. 105 Abs. 2 GG erstmals ein Steueraufkommen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Länder ausschließt. Solange und soweit der Bund von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz nach Art. 105 Abs. 2 GG keinen Gebrauch gemacht hat, steht der steuergesetzgeberische Zugriff auf die neu zu erschließende Steuerquelle potenziell auch den Ländern zu. Diese Zugriffsmöglichkeit wird ihnen durch eine "Steuererfindung" des Bundes für die betroffene Steuerquelle genommen. Einer landesgesetzlichen Regelung steht fortan Art. 72 Abs. 1 GG entgegen. Hierdurch werden die finanziellen Interessen der Länder, deren Schutz Art. 105 Abs. 3 GG zu dienen bestimmt ist, unmittelbar betroffen. Dem muss durch eine Erstreckung des Zustimmungserfordernisses auf diese Fälle Rechnung getragen werden.

III.

42

Nach diesen Maßstäben hat der Bund zwar die konkurrierende Gesetzgebungszuständigkeit für die Kernbrennstoffsteuer (1.). Das Kernbrennstoffsteuergesetz wurde jedoch nicht mit Zustimmung des Bundesrates erlassen und ist daher formell verfassungswidrig und nichtig (2.).

43

1. Der Bund hat für die Kernbrennstoffsteuer eine Gesetzgebungskompetenz. Diese ergibt sich - wenn man mit der Senatsmehrheit zu Recht davon ausgeht, dass die Kernbrennstoffsteuer nicht als Verbrauchsteuer im Sinne von Art. 106 Abs. 1 Nr. 2 GG eingeordnet werden kann - aus Art. 105 Abs. 2 GG. Die Kernbrennstoffsteuer fällt weder unter Art. 105 Abs. 1 GG noch unter Art. 105 Abs. 2a GG.

44

2. Das Kernbrennstoffsteuergesetz ist dennoch verfassungswidrig, da es an der nach Art. 105 Abs. 3 GG erforderlichen Zustimmung des Bundesrates fehlt.

45

Das Kernbrennstoffsteuergesetz wurde als Einspruchsgesetz erlassen, hätte aber nach Art. 105 Abs. 3 GG der Zustimmung des Bundesrates bedurft. Mangels Einhaltung dieser verfassungsrechtlichen Vorgaben ist das Kernbrennstoffsteuergesetz auch nach unserer Ansicht formell verfassungswidrig und somit nichtig.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Gründe

1

Die zulässige Beschwerde ist begründet. Zwar rechtfertigt das Beschwerdevorbringen nicht die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (1.). Die Beschwerde macht jedoch erfolgreich einen Verfahrensmangel geltend (2.). Dies führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Oberverwaltungsgericht (§ 133 Abs. 6 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).

2

1. Die Grundsatzrügen (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) greifen nicht durch.

3

a) Die Fragen,

aa) ob aus dem Gebot der Gleichmäßigkeit der Besteuerung gemäß Art. 3 Abs. 1 GG eine verfassungsrechtlich zulässige Belastungsgrenze folgt, die unterhalb derjenigen Belastungsgrenze liegt, welche durch das sog. Erdrosselungsverbot aus Art. 12 und 14 GG gesetzt wird,

bb) ob sich die verfassungsrechtliche Darlegungslast, welche für gesetzgeberische Prognoseentscheidungen anerkannt ist, auch auf Prognosen über die steuerliche Überwälzbarkeit von Steuermehrbelastungen erstreckt, wenn die Mehrbelastungen auf einem erheblichen Tarifsprung beruhen und die Gesamtsteuerbelastung eine Höhe erreicht oder übersteigt, welche von Gerichten bereits als verfassungsrechtlicher Grenzbereich gewürdigt worden ist, und

cc) ob die Überwälzbarkeit im Sinne von Art. 105 Abs. 2a GG voraussetzt, dass sie für den Steuerpflichtigen mit verhältnismäßigen Mitteln erreichbar ist,

rechtfertigen nicht die Zulassung der Revision. Denn sie sind aufgrund des Senatsurteils vom 14. Oktober 2015 - 9 C 22.14 - (zur Veröffentlichung in BVerwGE vorgesehen), mit dem der Rechtsstreit in einem vergleichbaren Verfahren an das Oberverwaltungsgericht des Landes Nordrhein-Westfalen zurückverwiesen wurde, bereits grundsätzlich geklärt.

4

Danach ist für eine allgemeine, unterhalb der Erdrosselungsgrenze liegende Schwelle einer unverhältnismäßig hohen Steuerbelastung (Frage aa) kein Raum. Wirkt die Steuer nicht erdrosselnd, weil sie einem umsichtig handelnden durchschnittlichen Unternehmer die Möglichkeit belässt, einen angemessenen Gewinn zu erwirtschaften, ist sie in der Regel nicht unverhältnismäßig. Etwas anderes kommt allenfalls in besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht (Urteil des Senats vom 14. Oktober 2015 Rn. 30). Das Erfordernis der Abwälzbarkeit ist teilidentisch mit der im Rahmen der Erdrosselungswirkung anstehenden Prüfung, ob eine Steuererhöhung für einen durchschnittlichen Unternehmer wirtschaftlich verkraftbar ist. Zwar unterscheiden sich das Erdrosselungsverbot und das Gebot der kalkulatorischen Überwälzbarkeit in ihrer dogmatischen Herleitung; eine unterschiedliche Schwelle steuerlicher Belastung folgt aus diesen Unterschieden jedoch nicht (Urteil des Senats vom 14. Oktober 2015 Rn. 35).

5

Eine besondere Darlegungslast der Gemeinde in Bezug auf die steuerliche Überwälzbarkeit von Steuermehrbelastungen (Frage bb) besteht nicht. Die Rechtsprechung zu Prognosespielräumen ist schon deshalb nicht übertragbar, weil der Gemeinde hinsichtlich der Höhe einer Vergnügungssteuer kein derartiger Spielraum zusteht; vielmehr überprüft das Gericht - ohne vergleichbare Einschränkung der gerichtlichen Kontrolle -, ob die Steuerhöhe verfassungsrechtlich zulässig ist oder nicht. Auch aus dem Umstand, dass die Vergnügungssteuer auf eine Überwälzbarkeit der Steuerlast vom Steuerschuldner auf den Steuerträger "angelegt" sein muss (stRspr, vgl. BVerfG, Beschluss vom 4. Februar 2009 - 1 BvL 8/05 - BVerfGE 123, 1 <23> m.w.N.), ergibt sich keine besondere Darlegungspflicht des Satzungsgebers. Hierbei handelt es sich um ein materiell-rechtliches, allein objektiv zu bestimmendes Kriterium, für welches die subjektive Vorstellung des Normgebers ohne Bedeutung ist (s. das o.g. Urteil des Senats vom 14. Oktober 2015, Rn. 14).

6

Die Frage cc) bezieht sich auf die Aussage des Oberverwaltungsgerichts, die gewerberechtlichen Rahmenbedingungen hinderten einen Unternehmer nicht, seinen Umsatz zu steigern bzw. seine Betriebskosten zu senken, insbesondere setze die gewerberechtliche Regelung in der Spielverordnung der Erhöhung des Umsatzes je Apparat keine rechtlichen Grenzen (UA S. 8 f.). Diese Möglichkeit der Preissteigerung hatte die Klägerin mit dem Argument in Abrede gestellt, dass der Aufstellunternehmer auf die Auszahlungsquoten mit Blick auf die von der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt geprüfte und zugelassene Gerätesoftware keinen Einfluss nehmen könne; ein etwaiger vollständiger Geräteaustausch sei einem Unternehmer - jedenfalls ohne längere Ankündigungsphase - unzumutbar. Auch diese Fragen sind durch das Senatsurteil vom 14. Oktober 2015 im Grundsatz geklärt. Danach stehen einer Preiserhöhung durch den Einsatz von Geräten mit einem höheren durchschnittlichen Kasseninhalt zwar keine prinzipiellen Erwägungen entgegen; es ist aber im Einzelfall zu untersuchen, ob den im Gemeindegebiet vorhandenen Unternehmern ein nachträglicher Austausch der Geräte zumutbar ist oder ob die Gemeinde aus Gründen des allgemeinen Vertrauensschutzes eine Übergangsfrist zur Umstellung auf den neuen Steuermaßstab einräumen muss (Rn. 23 ff.).

7

b) Nicht zur Zulassung der Revision führt auch die Frage,

ob es folgerichtig im Sinne der Folgerichtigkeitsrechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts ist, die Steuererhöhung (auch) mit Lenkungszwecken (Spielerschutz) zu rechtfertigen, dann aber die ebenfalls im Gemeindegebiet betriebenen Geldspielgeräte der Spielbanken von der Steuererhöhung auszunehmen,

denn sie geht von einem nicht festgestellten Sachverhalt aus. Das Oberverwaltungsgericht hat keine Feststellungen zu einem von der Beklagten mit der Spielgerätesteuer verfolgten Lenkungszweck getroffen. Es hat lediglich ausgeführt, dass die Vergnügungssteuer "traditionell eine Lenkungssteuer" ist und erläutert, unter welchen Voraussetzungen die Verfolgung eines Lenkungszwecks zulässig ist (UA S. 9 f.).

8

Hiervon unabhängig ist die Frage aber ebenfalls bereits in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt. Bei der Besteuerung von Spielapparaten in Spielbanken und in Spielhallen bzw. Gaststätten liegen nicht vergleichbare Sachverhalte vor, die einen sachlichen Grund für eine unterschiedliche Behandlung bieten. Der Bundesgesetzgeber hat einen Unterschied gesehen zwischen den Spielapparaten, die in einer Spielbank (§ 33h GewO) und solchen, die an anderen Plätzen aufgestellt sind. Die in Spielhallen und anderen Plätzen besteuerten Spielgeräte unterliegen für ihre technische Zulassung bestimmten Einschränkungen, die die Gefahr unangemessen hoher Verluste in kurzer Zeit ausschließen sollen (§ 33i GewO). Das gewerbsmäßige Aufstellen solcher Spielgeräte ist zwar erlaubnispflichtig (§ 33c GewO), bei Vorliegen der Voraussetzungen besteht jedoch auf die Erteilung der Erlaubnis ein Rechtsanspruch. Die Spielgeräte in einer Spielbank sind demgegenüber uneingeschränkt zum Glücksspiel geeignet. Für sie gelten die Einschränkungen der Gewerbeordnung nicht (§ 33h GewO). Das Glücksspiel ist aber nur aufgrund eigens erteilter staatlicher Konzession erlaubt; schon diese Unterschiede rechtfertigen eine unterschiedliche vergnügungssteuerliche Behandlung (BVerwG, Beschlüsse vom 10. Juni 2010 - 9 BN 3.09 - Buchholz 401.68 Vergnügungssteuer Nr. 51 Rn. 4 und vom 13. Juni 2013 - 9 B 50.12 - juris Rn. 6 m.w.N.). Die Beschwerde legt nicht dar, inwiefern diese Rechtsprechung einer Weiterentwicklung bedarf.

9

2. Die Beschwerde hat aber Erfolg, weil ein von ihr geltend gemachter Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Das Oberverwaltungsgericht hat sich seine im Berufungsurteil niedergelegte Überzeugung in verfahrensfehlerhafter Weise gebildet, so dass die auf einen Verstoß gegen den Überzeugungsgrundsatz des § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO gestützte Verfahrensrüge durchgreift.

10

Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO entscheidet das Gericht nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Dabei hat das Gericht seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen. Wie es seine Überzeugung bildet, wie es also die ihm vorliegenden Tatsachen und Beweise würdigt, unterliegt seiner "Freiheit". Die Einhaltung der daraus entstehenden verfahrensmäßigen Verpflichtungen ist nicht schon dann in Frage gestellt, wenn ein Beteiligter das vorliegende Tatsachenmaterial anders würdigen oder aus ihm andere Schlüsse ziehen will als das Gericht. Die "Freiheit" des Gerichts ist erst dann überschritten, wenn es entweder seiner Sachverhalts- und Beweiswürdigung nicht das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde legt, sondern nach seiner Rechtsauffassung entscheidungserheblichen Akteninhalt übergeht oder aktenwidrige Tatsachen annimmt oder wenn die von ihm gezogenen Schlussfolgerungen gegen die Denkgesetze verstoßen (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 11. Januar 2012 - 8 PKH 8.11 <8 B 81.11> - Buchholz 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 72 Rn. 3 m.w.N.). Des Weiteren hat das Tatsachengericht nach § 108 Abs. 1 Satz 2 VwGO die Ergebnisse schlüssig, insbesondere in sich widerspruchsfrei darzustellen. Mangelt es hieran, so betrifft dies bereits die tragfähige Grundlage für die innere Überzeugungsbildung des Gerichts und zugleich die Überprüfbarkeit seiner Entscheidung, ob die Grenze einer objektiv willkürfreien, die Natur- und Denkgesetze sowie allgemeine Erfahrungssätze beachtenden Würdigung überschritten ist (BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1994 - 9 C 158.94 - Buchholz 402.25 § 1 AsylVfG Nr. 174 S. 27 f. m.w.N., Beschluss vom 13. November 2007 - 7 B 32.07 - juris Rn. 4).

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Ein solcher Verstoß ist dem Oberverwaltungsgericht hier unterlaufen. Denn es hat, wie sich aus dem Tatbestandsberichtigungsbeschluss vom 15. Juni 2015 ergibt, das unter Beweis gestellte Vorbringen der Klägerin, dass "auf Basis eines Jahressteueraufkommens in Höhe von 1 316.957 €, einem Steuersatz von 12 % auf die Bruttokasse und einem daraus errechneten durchschnittlichen Geräteumsatz pro Monat von 2 547,50 € im Jahr 2012 eine Erhöhung des Steuersatzes von 12 % auf 20 % zu einer Mehrbelastung führt, die im Durchschnitt nicht ausreicht, die Steuermehrbelastung kalkulatorisch überzuwälzen, weil kein angemessener Unternehmerlohn und keine angemessene Kapitalverzinsung mehr verbleibt", als wahr unterstellt, ohne sich jedoch mit diesem Umstand in den Entscheidungsgründen auseinanderzusetzen. Damit fehlt es an einer in sich schlüssigen, widerspruchsfreien Beweiswürdigung, denn es bleibt völlig offen, ob und mit welchen Überlegungen das Gericht diese ersichtlich entscheidungserheblichen tatsächlichen Umstände in seine Überzeugungsbildung einbezogen hat. Verbleiben einem Unternehmer aufgrund der Steuermehrbelastung nämlich weder ein angemessener Unternehmerlohn noch eine angemessene Kapitalverzinsung, so ist von einer erdrosselnden Wirkung der Steuererhöhung bzw. von einer mangelnden Abwälzbarkeit zumindest hinsichtlich dieses Unternehmers auszugehen. Auch wenn damit noch nicht zwingend feststeht, dass dies auch für einen durchschnittlichen Unternehmer zutrifft, auf den das Oberverwaltungsgericht zu Recht abgestellt hat (vgl. UA S. 11 f.), weil Art. 12 GG keinen Bestandsschutz für die Fortsetzung einer unwirtschaftlichen Betriebsführung gewährleistet (s. hierzu ebenfalls das Urteil des Senats vom 14. Oktober 2015 Rn. 17), hätte das Oberverwaltungsgericht eine erdrosselnde Wirkung jedenfalls nicht mit dem pauschalen Argument verneinen dürfen, hierfür sei "nicht einmal im Ansatz etwas dargetan und auch ansonsten nichts ersichtlich" (UA S. 12).

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Angesichts dessen kommt es auf den weiteren von der Beschwerde gerügten Verfahrensfehler der mangelnden Sachaufklärung nach § 86 VwGO nicht mehr an.

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Der Senat macht von der durch § 133 Abs. 6 VwGO eingeräumten Befugnis Gebrauch und verweist unter Aufhebung des angegriffenen Urteils den Rechtsstreit zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurück.

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Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 und § 52 Abs. 2 GKG.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.