Verwaltungsgericht Münster Urteil, 14. Okt. 2015 - 9 K 399/15


Gericht
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil zu vollstreckenden Betrages, wenn nicht zuvor die Beklagte Sicherheiten in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten über die Heranziehung des Klägers zu Zweitwohnungssteuern.
3Der Kläger hat seinen melderechtlichen Hauptwohnsitz in S. und ist seit 1987 unter der Anschrift xxxx in Münster mit Nebenwohnsitz gemeldet.
4Der Kläger wurde von der Beklagten, nachdem mit Wirkung ab 01.01.2011 durch die „Satzung der Stadt Münster über die Erhebung einer zweitwohnungssteuer vom 08.12.2010“ die Zweitwohnungssteuer eingeführt worden ist, wiederholt - zuletzt mit Schreiben vom 12.03.2014 - dazu aufgefordert, die formularmäßige Erklärung zur Zweitwohnungssteuer abzugeben und eine Kopie seines Mietvertrags zu übersenden. Diesen Aufforderungen kam der Kläger nicht nach. Die Beklagte führte daraufhin eine Vermieteranfrage wegen der monatlichen Nettokaltmiete durch. Diese ergab, dass der Kläger für die Wohnung eine monatliche Nettokaltmiete in Höhe von xxxx Euro zu entrichten habe.
5Mit Bescheid vom 04.07.2014 zog die Beklagte den Kläger für die Zeit vom 01.05.2011 bis 31.12.2014 zu einer Zweitwohnungssteuer in Höhe von insgesamt xxxx Euro heran. Dies entspricht einer jährlichen Steuer in Höhe von xxxx Euro auf der Basis der festgestellten Nettokaltmiete.
6Der Kläger hat am 11.08.2014 – einem Montag - Klage gegen den ihn am 09.07.2014 bekanntgegebenen Bescheid erhoben (9 K 1704/14).
7Am 22.01.2015 erließ die Beklagte einen weiteren Zweitwohnungssteuerbescheid für das Steuerjahr 2015 in Höhe von xxxx Euro, welcher dem Kläger am 24.01.2015 zuging.
8Am 24.02.2015 hat der Kläger auch hiergegen Klage erhoben (9 K 399/15).
9Mit Beschluss vom 30.03.2015 wurden die beiden Verfahren verbunden und unter dem Aktenzeichen 9 K 399/15 fortgeführt.
10Der Kläger, der in der mündlichen Verhandlung u. a. eine Besetzungsrüge erhoben hat, trägt im Wesentlichen zur Begründung vor: Die in der Satzung der Stadt Münster bestimmte Zweitwohnungssteuer sei verfassungswidrig. Sie verstoße gegen Art. 105 Abs. 2 a GG, da es sich bei ihr schon nicht um eine Aufwandsteuer handle. Der Beklagten entstünde durch die Zweitwohnung kein Aufwand, den es zu kompensieren gelte. Die Beklagte verfolge mit der Steuer neben der Einnahmesteigerung unzulässigerweise weitere Ziele. Sie beabsichtige mit dieser Steuer die Betroffenen dazu zu zwingen, sich mit Hauptwohnsitz in ihrer Stadt anzumelden und so die Wählerschaft zu erweitern und ihre an die Einwohnerzahl geknüpften Finanzzuweisungen zu erhöhen. Die Satzung verstoße gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil der Zweitwohnungsinhaber gegenüber dem Inhaber einer Hauptwohnung im Stadtgebiet ungerechtfertigt benachteiligt werde. Sie verstoße auch gegen Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG. Der Kläger bringe mit seiner auf die Stadt S. bezogenen Anmeldung eines Hautwohnsitzes seiner Heimatverbundenheit mit dieser Stadt, in der er auch sein politisches Wahlrecht wahrnehme, und seine Weigerung, sich in Münster mit Hauptwohnsitz zu melden, zum Ausdruck. Der Zwang, sich zur Vermeidung der Zweitwohnungssteuer in Münster mit Hauptwohnsitz anzumelden, benachteilige ihn in seinem grundrechtlich geschützten Recht auf Heimat und Herkunft. Schließlich sei der Kläger jedenfalls nicht zweitwohnungssteuerpflichtig. Seine Wohnung in Münster könne nicht als Zweitwohnung angesehen werden, da es in seinem Falle schon an einer anderweitigen Erstwohnung fehle. Es handele sich in S. um die Wohnung seiner Eltern, in der er seit ungefähr 15 Jahren nicht einmal mehr einen Schlafplatz habe.
11Die Beklagte hält die angegriffenen Steuerbescheide und die zugrunde liegende Satzung für rechtmäßig.
12Entscheidungsgründe:
131. Entgegen der in der mündlichen Verhandlung vom Kläger erhobenen Besetzungsrüge war das Gericht verpflichtet, über die Klage in mündlicher Verhandlung in der aus § 5 Abs. 3 Satz 1 VwGO folgenden Besetzung als Kammer (§ 5 Abs. 2 VwGO) zu entscheiden. Der Kläger ist bereits mit der Ladungsverfügung und erneut durch Verfügung vom 06.10.2015 darauf hingewiesen worden, dass die Streitsache durch Kammerbeschluss vom 08.09.2015 über die 3. Änderung der Geschäftsverteilung der 9. Kammer für das Jahr 2015 (§ 21g GVG) auf die am 09.09.2015 ernannte und durch Beschluss des Präsidiums des Gerichts (§ 21e GVG) der Kammer zugewiesene Richterin auf Probe Z. als Berichterstatterin übergegangen ist. Diese war im Zeitpunkt der anberaumten mündlichen Verhandlung gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht befugt, auf der Grundlage eines früher nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO ergangenen Beschlusses der Kammer (hier: vom 30.03.2015) über den Rechtsstreit als Einzelrichterin zu entscheiden. In einem solchen Fall ist eine zuvor beschlossene Einzelrichterübertragung von Gesetzes wegen für die Zeit der Hinderung der Berichterstatterin, als Einzelrichterin zu entscheiden, schwebend unwirksam mit der Folge, dass die Kammer zur Entscheidung über den Rechtsstreit berufen ist. Hiervon Abweichendes ist auch nicht in der Geschäftsverteilung der Kammer beschlossen worden.
14Vgl. im Einzelnen den dem Kläger nach Hinweis bekannten Beschluss des VGH Baden-Württemberg vom 25.01.2011 – A 9 S 2774/10 -, m.w.N., juris.
15Was der Kläger dem entgegenhält, geht fehl. Insbesondere ist in der gegebenen prozessualen Situation nicht der nach dem Geschäftsverteilungsplan für den Fall der Verhinderung der Berichterstatterin berufene Vertreter der entscheidungsbefugte Einzelrichter. Die Richterin war nämlich am Terminstag als Berichterstatterin nicht verhindert, so dass kein Verhinderungsfall vorlag, der eine Vertretung durch ein anderes Mitglied der Kammer hätte auslösen können. Für eine Rückübertragung der Sache auf die Kammer bestand nach alledem schon kein Anlass. Dass auch die hierfür geltenden Voraussetzungen des § 6 Abs. 3 VwGO nicht vorlagen, ist dabei unerheblich.
162. ….
173. Die zulässige Klage ist unbegründet.
18Die angefochtenen Zweitwohnsitzsteuerbescheide sind rechtmäßig und verletzen den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO.
19Die angefochtenen Steuerbescheide finden ihre Rechtsgrundlage in der zum 01.01.2011 in Kraft getretenen „Satzung der Stadt Münster über die Erhebung einer Zweitwohnungssteuer vom 08.12.2010“ – (im Folgenden: ZwStS).
20Gemäß § 1 ZwSTS erhebt die Stadt Münster eine Zweitwohnungssteuer für das Innehaben einer Zweitwohnung im Stadtgebiet. Maßgeblich dafür ist die meldepflichtige Nebenwohnung.
21Zweitwohnung im Sinne der ZwSTS ist gem. § 2 Abs. 1 jede Wohnung im Sinne des Abs. 3, die u. a. dem Hauptmieter als Nebenwohnung im Sinne des Meldegesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen dient. Eine Wohnung dient als Nebenwohnung im Sinne des Meldegesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen, wenn sie von einer dort mit Nebenwohnung gemeldeten Person zum Zweck des persönlichen Lebensbedarfs bewohnt wird, § 2 Abs. 4 S. 1 ZwSTS. Steuerpflichtig ist, wer im Stadtgebiet eine Zweitwohnung innehat, § 3 Abs. 1 ZwSTS. Die Steuer beträgt 10 v. H. der Bemessungsgrundlage, § 5 ZwSTS. Die Steuer bemisst sich im Regelfall nach der aufgrund des Mietvertrages im Besteuerungszeitraum geschuldeten Nettokaltmiete, § 4 ZwSTS.
22Auf den Inhalt der Satzung im Übrigen wird verwiesen.
23Die Satzung, gegen deren formelle Wirksamkeit keine Bedenken bestehen, ist materiell beanstandungsfrei, insbesondere ist sie mit höherrangigem Landesrecht vereinbar und entspricht auch den an sie zu stellenden verfassungsrechtlichen Anforderungen.
24Die Satzung findet ihre rechtliche Grundlage in §§ 7, 41 der Gemeindeordnung für das Land Nordrhein-Westfalen und in §§ 1, 2, 3, 17 und 20 des Kommunalabgabengesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen. Danach sind die Gemeinden berechtigt, ihre Angelegenheiten durch Satzung zu regeln und Steuern zu erheben.
25Bei der Zweitwohnungssteuer handelt es sich entgegen der Auffassung des Klägers um eine örtliche Aufwandsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2 a GG. Aufwandsteuern sind Steuern, die an das Halten eines Gegenstandes oder einen tatsächlichen oder rechtlichen Zustand anknüpfen. Sie sollen die in der Verwendung des Einkommens zum Ausdruck kommende wirtschaftliche Leistungsfähigkeit besteuern. Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein solcher besonderer Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Es handelt sich dabei um einen Sachverhalt, der sich einerseits von der Inanspruchnahme einer Erstwohnung unterscheidet, die keinen besonderen, über die Befriedigung des allgemeinen Lebensbedarfs hinausgehenden Aufwand darstellt, andererseits aber keineswegs eine besonders aufwändige oder luxuriöse Einkommensverwendung voraussetzt. Soll zulässigerweise die in dem Aufwand für eine Zweitwohnung zum Ausdruck gebrachte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit getroffen werden, so kommt es schon aus Gründen der Praktikabilität nicht darauf an, dass diese Leistungsfähigkeit in jedem einzelnen Fall konkret festgestellt wird. Ausschlaggebendes Merkmal ist vielmehr der Konsum in Form eines äußerlich erkennbaren Merkmals, für den finanzielle Mittel verwendet werden. Der Aufwand im Sinne von Konsum ist typischerweise Ausdruck und Indikator der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit, ohne dass es darauf ankäme, von wem und mit welchen Mitteln dieser finanziert wird und welchen Zwecken er des Näheren dient.
26Vgl. BVerwG, Urteile vom 13.05.2009 - 9 C 7/08 – und vom 17.09.2008 – 9 C 17/07 -, jeweils juris.
27Damit kommt es, anders als der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, gerade nicht darauf an, ob die Steuer einen etwaigen (Verwaltungs- oder Finanz-) Aufwand der Gemeinde gerade für Zweitwohnungen ausgleichen soll. Dies ist nicht der Aufwand, auf den die Steuer abzielt.
28Die Steuer ist nach ihrer in der Ermächtigung zum Ausdruck kommenden Zweckbestimmung auf die Einnahmeerzielung durch die Gemeinde angelegt. Eine darüber hinausgehende Zweckverfolgung durch den Satzungsgeber ist nicht erforderlich,
29vgl. BVerwG, Beschluss vom 18.08.2015 - 9 BN 2/15 -, juris,
30wäre aber auch rechtlich unschädlich. Das gilt insbesondere für ein mit der Steuer möglicherweise ergänzend verfolgtes Ziel, die Betroffen zu einer Verlegung ihres Erstwohnsitzes zu veranlassen.
31Vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2008 – 9 C 17/07 -, m.w.N., juris.
32Ein verfassungsrechtlich erheblicher Eingriff der Zweitwohnungssteuer etwa in das an den Hauptwohnsitz angeknüpfte kommunale Wahlrecht (§ 7 KWahlG) scheidet von vornherein aus.
33Gleiches gilt für eine vom Kläger – jedenfalls für seinen Fall – angeführte Verletzung des Art. 3 Abs. 3 S. 1 GG. Die Steuersatzung greift schon in den dort angesprochenen Schutzbereich, wonach niemand u.a. wegen seiner Heimat oder Herkunft benachteiligt werden darf, nicht ein. Der Kläger mag im Übrigen seine Verbundenheit zu der Stadt S., in der er seinen Hauptwohnsitz gemeldet hat, in jeder in Betracht kommenden Weise zum Ausdruck bringen. Die finanzielle Belastung mit einer Zweitwohnungssteuer für eine anderweitig gehaltene Zweitwohnung steht dem nicht entgegen.
34Die Satzung ist auch im Übrigen verfassungsgemäß. Insbesondere ist in ihr mit § 3 Abs. 4 ZwSTS ein Befreiungstatbestand für Ehegatten und eingetragene Lebenspartnerschaften enthalten, der auf den diese treffenden „melderechtlichen Zwang“ (§ 16 Abs. 2 S. 2 Meldegesetz NRW) Rücksicht nimmt, wonach einer der Ehegatten/Lebenspartner, der sich berufsbedingt überwiegend in einer Zweitwohnung im Stadtgebiet aufhält, gehindert ist, diesen Wohnsitz als Hauptwohnung anzumelden.
35Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30.04.2013 – 14 A 875/13 -, juris.
36Die nach alledem wirksame Satzung wurde im konkreten Fall rechtsfehlerfrei angewandt.
37Die formellen Voraussetzungen liegen vor, insbesondere wurde dem Kläger Gelegenheit zur Erklärung der Besteuerungsgrundlagen gegeben, § 91 Abs. 1 S. 1 AO. Hiervon hat er keinen Gebrauch gemacht.
38Die materiellen Voraussetzungen liegen ebenfalls vor. Der Kläger hat, wie er auch selbst nicht bestreitet, für die Zeit, die der Steuerfestsetzung hier zu Grunde gelegt worden ist, eine melderechtlich als Zweitwohnung gemeldete Wohnung inne.
39Diese Wohnung erfüllt die Voraussetzungen einer Zweitwohnung. Dabei kommt es – entgegen der Ansicht des Klägers – nicht auf die Qualität seiner melderechtlichen Hauptwohnung in S. an. Sein Vorbringen, er habe seit ungefähr 15 Jahren in dieser von ihm melderechtlich als Hauptwohnsitz gemeldeten Wohnung seiner Eltern in S. weder ein eigenes Zimmer noch eine eigene Wohnung, sein früheres Kinderzimmer werde anders genutzt, weshalb er dort nicht einmal ein Bett mehr habe, ist rechtlich unerheblich. In der Rechtsprechung des OVG NRW,
40vgl. etwa Beschlüsse vom 29.12.2008 – 14 A 1089/07 –, juris, und vom 30. 11. 2009 – 14 B 581/09 -, n. v.,
41und des BVerwG,
42vgl. BVerwG, Urteil vom 17.09.2008 – 9 C 17/07 -, a.a.O.,
43ist geklärt, dass ein eigenes Zimmer oder eine sonstige rechtliche oder tatsächliche Verfügungsbefugnis für die Annahme einer Erstwohnung nicht erforderlich ist, es vielmehr insoweit allein darauf ankommt, ob ein Steuerpflichtiger diese Wohnung melderechtlich als Hauptwohnung angemeldet hat. Damit erklärt der Steuerpflichtige, dass er diese Erstwohnung jedenfalls zur Mitwohnmöglichkeit vorwiegend nutzt und dort typischerweise sein allgemeines Wohnbedürfnis abgedeckt wird. Sollte dies unzutreffend sein, wäre eine melderechtliche Bereinigung vorzunehmen. Solange dies jedoch nicht erfolgt ist, ist die melderechtliche Situation von der Beklagten zugrunde zu legen. Die Kammer folgt diesen Beurteilungen.
44Die Zweitwohnungssteuerbescheide sind der Höhe nach nicht zu beanstanden. Der Kläger zieht dies auch nicht in Zweifel.

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(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Das Verwaltungsgericht besteht aus dem Präsidenten und aus den Vorsitzenden Richtern und weiteren Richtern in erforderlicher Anzahl.
(2) Bei dem Verwaltungsgericht werden Kammern gebildet.
(3) Die Kammer des Verwaltungsgerichts entscheidet in der Besetzung von drei Richtern und zwei ehrenamtlichen Richtern, soweit nicht ein Einzelrichter entscheidet. Bei Beschlüssen außerhalb der mündlichen Verhandlung und bei Gerichtsbescheiden (§ 84) wirken die ehrenamtlichen Richter nicht mit.
(1) Innerhalb des mit mehreren Richtern besetzten Spruchkörpers werden die Geschäfte durch Beschluss aller dem Spruchkörper angehörenden Berufsrichter auf die Mitglieder verteilt. Bei Stimmengleichheit entscheidet das Präsidium.
(2) Der Beschluss bestimmt vor Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer, nach welchen Grundsätzen die Mitglieder an den Verfahren mitwirken; er kann nur geändert werden, wenn es wegen Überlastung, ungenügender Auslastung, Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Mitglieder des Spruchkörpers nötig wird.
(3) Absatz 2 gilt entsprechend, soweit nach den Vorschriften der Prozessordnungen die Verfahren durch den Spruchkörper einem seiner Mitglieder zur Entscheidung als Einzelrichter übertragen werden können.
(4) Ist ein Berufsrichter an der Beschlussfassung verhindert, tritt der durch den Geschäftsverteilungsplan bestimmte Vertreter an seine Stelle.
(5) § 21i Abs. 2 findet mit der Maßgabe entsprechende Anwendung, dass die Bestimmung durch den Vorsitzenden getroffen wird.
(6) Vor der Beschlussfassung ist den Berufsrichtern, die von dem Beschluss betroffen werden, Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
(7) § 21e Abs. 9 findet entsprechend Anwendung.
(1) Das Präsidium bestimmt die Besetzung der Spruchkörper, bestellt die Ermittlungsrichter, regelt die Vertretung und verteilt die Geschäfte. Es trifft diese Anordnungen vor dem Beginn des Geschäftsjahres für dessen Dauer. Der Präsident bestimmt, welche richterlichen Aufgaben er wahrnimmt. Jeder Richter kann mehreren Spruchkörpern angehören.
(2) Vor der Geschäftsverteilung ist den Richtern, die nicht Mitglied des Präsidiums sind, Gelegenheit zur Äußerung zu geben.
(3) Die Anordnungen nach Absatz 1 dürfen im Laufe des Geschäftsjahres nur geändert werden, wenn dies wegen Überlastung oder ungenügender Auslastung eines Richters oder Spruchkörpers oder infolge Wechsels oder dauernder Verhinderung einzelner Richter nötig wird. Vor der Änderung ist den Vorsitzenden Richtern, deren Spruchkörper von der Änderung der Geschäftsverteilung berührt wird, Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.
(4) Das Präsidium kann anordnen, daß ein Richter oder Spruchkörper, der in einer Sache tätig geworden ist, für diese nach einer Änderung der Geschäftsverteilung zuständig bleibt.
(5) Soll ein Richter einem anderen Spruchkörper zugeteilt oder soll sein Zuständigkeitsbereich geändert werden, so ist ihm, außer in Eilfällen, vorher Gelegenheit zu einer Äußerung zu geben.
(6) Soll ein Richter für Aufgaben der Justizverwaltung ganz oder teilweise freigestellt werden, so ist das Präsidium vorher zu hören.
(7) Das Präsidium entscheidet mit Stimmenmehrheit. § 21i Abs. 2 gilt entsprechend.
(8) Das Präsidium kann beschließen, dass Richter des Gerichts bei den Beratungen und Abstimmungen des Präsidiums für die gesamte Dauer oder zeitweise zugegen sein können. § 171b gilt entsprechend.
(9) Der Geschäftsverteilungsplan des Gerichts ist in der von dem Präsidenten oder aufsichtführenden Richter bestimmten Geschäftsstelle des Gerichts zur Einsichtnahme aufzulegen; einer Veröffentlichung bedarf es nicht.
(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn
- 1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und - 2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.
(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.
(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Bevor ein Verwaltungsakt erlassen wird, der in Rechte eines Beteiligten eingreift, soll diesem Gelegenheit gegeben werden, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern. Dies gilt insbesondere, wenn von dem in der Steuererklärung erklärten Sachverhalt zuungunsten des Steuerpflichtigen wesentlich abgewichen werden soll.
(2) Von der Anhörung kann abgesehen werden, wenn sie nach den Umständen des Einzelfalls nicht geboten ist, insbesondere wenn
- 1.
eine sofortige Entscheidung wegen Gefahr im Verzug oder im öffentlichen Interesse notwendig erscheint, - 2.
durch die Anhörung die Einhaltung einer für die Entscheidung maßgeblichen Frist in Frage gestellt würde, - 3.
von den tatsächlichen Angaben eines Beteiligten, die dieser in einem Antrag oder einer Erklärung gemacht hat, nicht zu seinen Ungunsten abgewichen werden soll, - 4.
die Finanzbehörde eine Allgemeinverfügung oder gleichartige Verwaltungsakte in größerer Zahl oder Verwaltungsakte mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen will, - 5.
Maßnahmen in der Vollstreckung getroffen werden sollen.
(3) Eine Anhörung unterbleibt, wenn ihr ein zwingendes öffentliches Interesse entgegensteht.