Verwaltungsgericht Münster Urteil, 25. Feb. 2014 - 20 K 1141/12.BDG
Gericht
Tenor
Dem Beklagten wird wegen Dienstvergehens das Ruhegehalt aberkannt.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in beizutreibender
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Verkündet am 25.02.14 -Blömers- (Justizhauptsekretärin) als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des Verwaltungsgerichts |
VERWALTUNGSGERICHT MÜNSTER
3IM NAMEN DES VOLKES
4URTEIL
520 K 1141/12.BDG
6In dem Disziplinarverfahren
7( )
8w e g e n Disziplinarrechts der Bundesbeamten
9hat die 2. Disziplinarkammer
10auf Grund mündlicher Verhandlung am
1111. und 25. Februar 2014
12durch
13Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Dr. Bülter
14Richterin am Verwaltungsgericht Hildebrandt
15Posthauptsekretärin Dartmann als ehrenamtliche Richterin
16für Recht erkannt:
17Dem Beklagten wird wegen Dienstvergehens das Ruhegehalt aberkannt.
18Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
19Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in beizutreibender Höhe leistet.
20T a t b e s t a n d:
21Der am 00.00.0000in I. bei Minden geborene Beklagte trat nach dem Besuch der Volksschule am 00.00.0000als Postjungbote in den Dienst der Deutschen Bundespost ein. Mit Wirkung vom 00.00.0000wurde er in das Beamtenverhältnis auf Probe berufen. Zum Beamten auf Lebenszeit wurde er mit Wirkung zum 00.00.0000ernannt. Der Beklagte wurde 1977 zum Postassistenten, 1978 zum Postsekretär und 1995 zum Posthauptsekretär befördert. Seine letzte Beförderung zum Postbetriebsinspektor erfolgte am 00.00.0000. Er wurde seitdem an verschiedenen Dienstorten – in N. , seinem Wohnort, in H. , I1. und C. – eingesetzt. Zuletzt war er tätig in der Abrechnungsstelle bei der Niederlassung in I1. .
22Die letzten Leistungsbeurteilungen schließen für die Jahre 2008 und 2009 mit dem Urteil „übertrifft die Anforderungen“ – 8 von 12 Punkten bzw. 10 von 12 Punkten – und für das Jahr 2010 mit dem Urteil „voll und ganz zufrieden“ – 7 von 12 Punkten - ab.
23Die Dienstbezüge des Beklagten beliefen sich im Monat 00.00.0000auf0000Euro brutto bzw. 000 Euro netto.
24Auf seinen Antrag vom 00.00.0000hin ist der Beklagte im Alter von 65 Jahren mit Ablauf des 00.00.0000in den Ruhestand versetzt worden.
25Der Beklagte ist verheiratet und hat drei erwachsene Kinder. Er hat seit längerem nicht unerhebliche gesundheitliche Schwierigkeiten, u.a. Diabetes mellitus, arterielle Hypertonie und hypertensive Herzerkrankung.
26Mit Ausnahme des Sachverhalts, der Gegenstand der vorliegenden Disziplinarklage ist, ist der Beklagte bisher weder straf- noch disziplinarrechtlich in Erscheinung getreten.
27Durch Verfügung vom 00.00.0000leitete der Leiter der Niederlassung Brief I1. der Deutschen Post AG ein Disziplinarverfahren gegen den Beklagten wegen des Verdachts des Betruges ein. Ihm wurde Folgendes zur Last gelegt:
28In dem Zeitraum von 2000 bis 2009 habe er zahlreiche Änderungen an ärztlichen Verordnungen vorgenommen und die Inanspruchnahme von Beihilfe- und Kassenleistungen missbraucht, indem er vor Einreichung der Rezepte bei der Postbeamtenkrankenkasse handschriftlich Medikamente und Summen nachgetragen und die Gesamtsumme verändert habe. Der hierdurch entstandene Schaden belaufe sich auf insgesamt 0000Euro, von denen 0000 Euro der Beihilfe und 0000 Euro der Postbeamtenkrankenkasse zuzurechnen seien. Darüber hinaus seien von der Postbeamtenkrankenkasse noch Zinsen in Höhe von 0000 Euro und Verwaltungskosten in Höhe von 0000 Euro in Ansatz gebracht worden.
29Die sich aus der Schadenssumme sowie den Zinsen und den Verwaltungskosten errechnete Gesamtforderung von 0000 Euro wurde mit Leistungsbescheid der Postbeamtenkrankenkasse vom 00.00.0000gegen den Beklagten geltend gemacht. Dieser hat den Betrag seit dem 00.00.0000in monatlichen Raten von 0000 Euro vollständig bezahlt. Mit Wirkung vom 00.00.0000wurde der Beklagte aus der Postbeamtenkrankenkasse ausgeschlossen.
30Der Beklagte bestritt im disziplinarischen Ermittlungsverfahren mit Schreiben vom 00.00.0000und 00.00.0000und auch bereits zuvor auf die erste Anfrage der Postbeamtenkrankenkasse vom 00.00.0000in seiner Antwort vom 00.00.0000, handschriftliche Änderungen auf ärztlichen Verordnungen vorgenommen zu haben. Gegen den Leistungsbescheid vom 00.00.0000oder den Ausschluss aus der Postbeamtenkrankenkasse wandte er sich nicht.
31Die Klägerin erstattete keine Strafanzeige gegen den Beklagten, obwohl die Postbeamtenkrankenkasse dies mit Verfügung vom 00.00.0000empfohlen hatte.
32Mit ihrer am 00.00.0000erhobenen Disziplinarklage legt die Klägerin dem Beklagten nach Abschluss der Ermittlungen zur Last, im Zeitraum von 2000 bis 2009 in mindestens 36 Fällen handschriftliche Änderungen in ärztlichen Verordnungen vorgenommen und damit die Inanspruchnahme von Beihilfe- und Kassenleistungen missbraucht zu haben. Der hierdurch entstandene Schaden belaufe sich auf 0000 Euro. Alle Rezepte seien handschriftlich ergänzt und damit verfälscht worden. Der Beklagte habe die gefälschten Rezepte zur Erstattung von Beihilfe- und Kassenleistungen bei der Postbeamtenkrankenkasse eingereicht, obwohl ihm die handschriftlich ergänzten Medikamente nicht ärztlich verschrieben worden seien. Dabei habe er auf jedem von ihm ausgefüllten und unterschriebenen Antragsformular die Richtigkeit seiner Angaben versichert. Der Beklagte habe die verfälschten Rezepte eingereicht, um sich rechtswidrige Vermögensvorteile zum Schaden seines Dienstherren und der Postbeamtenkrankenkasse zu verschaffen. Er habe sich dadurch über einen sehr langen Zeitraum hinweg des Betruges und der Urkundenfälschung schuldig gemacht und damit ein innerdienstliches Dienstvergehen begangen. Er habe dadurch seine Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten verletzt und das Vertrauen seines Dienstherren in seine Integrität endgültig und unwiderruflich zerstört.
33Nachdem der Klägerin mit Beschluss vom 00.00.0000gemäß § 55 Abs. 3 BDG aufgegeben worden ist, eine ausreichend bestimmte Klageschrift einzureichen, ist im Schriftsatz vom 00.00.0000ergänzend Folgendes vorgetragen worden:
34Der Beklagte habe in mindestens 35 Erstattungsvorgängen vorsätzlich, systematisch und geplant über einen Zeitraum von mehr als 7 Jahren massiv gegen seine Beamtenpflichten verstoßen, einen erheblichen Schaden verursacht und dadurch das in ihn gesetzte Vertrauen seines Dienstherrn endgültig zerstört. Der Vorwurf zur Leistungsabrechnung vom 00.00.0000(Nr. 1 der in den Beiakten befindlichen Übersicht) werde fallengelassen.
35Der Beklagte habe im Zeitraum von 2003 bis 2009
36die von Herrn E. . X. für ihn ausgestellten Rezepte verfälscht durch
37- handschriftliche Ergänzung der ärztlichen Medikamentenverordnung
38(27 Fälle),
39- handschriftliche Fälschung des Namenszeichens des Herrn. E. . X.
40(27 Fälle),
41- handschriftliche Ergänzung der Apothekenpreise für die ihm nicht verordneten
42Medikamente (10 Fälle),
43- handschriftliche Fälschung des Namenszeichens des Apothekers bzw seiner
44Mitarbeiter (7 Fälle),
45-alle „hochgefälschten“ Rezepte/Verordnungen bei der Postbeamten-krankenkasse eingereicht zur betrügerischen Erlangung der ihm nicht zustehenden
46a) Krankenkassenleistungen,
47b) Beihilfeleistungen (die von der Postbeamtenkrankenkasse im Auftrag der
48Deutschen Post AG für den Beamten festgesetzt und gezahlt werden),
49- mit seinen Krankenkassen/Beihilfeanträgen in mindestens 35 Fällen durch
50seine Unterschrift die Richtigkeit seiner Angaben versichert,
51- die ihm nicht zustehenden Verordnungen sowie die darauf entfallenden
52Krankenkasse-/Beihilfeleistungen für sich verbraucht und mit betrügerischen
53Mitteln einen unmittelbaren Schaden bei der Deutschen Post AG bzw. der
54Postbeamtenkrankenkasse in Höhe von insgesamt mindestens 0000 Euro
55(ohne Zinsschaden) verursacht.
56Der unmittelbar von dem Beklagten verursachte Betrugsschaden betrage mindestens 0000 Euro (ohne Zinsschaden). Der von der Postbeamtenkrankenkasse ermittelte Betrugsschaden in Höhe von 0000 Euro reduziere sich nämlich um die jeweils abzusetzenden und nicht erstattungsfähigen Selbstbehalte in Höhe von maximal 10 % der vorstehenden Summe.
57Mit Schriftsatz vom 00.00.0000hat die Klägerin ergänzend vorgetragen, der von dem Beklagten verursachte Schaden (ohne Zinsen) belaufe sich nach den Berechnungen der Postbeamtenkrankenkasse auf 0000 Euro.
58Die Klägerin beantragt,
59dem Beklagten das Ruhegehalt abzuerkennen.
60Der Beklagte beantragt,
61die Klage abzuweisen,
62hilfsweise auf eine mildere Disziplinarmaßnahme zu erkennen.
63Der Beklagte hat auch im Disziplinarklageverfahren zunächst bestritten, handschriftliche Änderungen auf ärztlichen Rezepten und Verordnungen vorgenommen und sich dadurch Beihilfe- und Kassenleistungen erschlichen zu haben. Er habe keinerlei Betrugshandlungen begangen. Er habe den geltend gemachten Schaden reguliert, obwohl er nicht dazu verpflichtet gewesen sei.
64Von dieser Darstellung hat er im weiteren Verlauf des Klageverfahrens Abstand genommen. In einer durch seinen Prozessbevollmächtigten vorgelegten eidesstattlichen Versicherung vom 00.00.0000hat der Beklagte angegeben, Nachtragungen auf Rezepten vorgenommen zu haben, wenn er aus gesundheitlichen Gründen bestimmte Medikamente oder höhere Dosen benötigt habe, das aber mit normalen Verordnungen nicht wie gewünscht funktioniert habe.
65In einer weiteren eidesstattlichen Versicherung vom 00.00.0000, die in der mündlichen Verhandlung vom 00.00.0000durch seinen Prozessbevollmächtigten überreicht worden ist, hat der Beklagte diese Darstellung wiederholt und sie, wie folgt, ergänzt: „Ich habe gedacht, ich darf Ergänzungen vornehmen und das stellt kein Unrecht/Fälschung dar, weil es um die Versorgung mit den Medikamenten ging, die ich dringend gebraucht habe. Mit den normalen Verordnungen konnte mein Gesundheitszustand nicht verbessert werden. Das Verhältnis zu meinem Arzt E. . X. ist immer noch sehr gut.“
66In der weiteren mündlichen Verhandlung vom 00.00.0000, in der der Beklagte auf Anordnung des Gerichts persönlich erschienen ist, hat er auf Fragen des Gerichts seine schriftlichen Angaben insofern ergänzt, als dass er abhängig gewesen sei von dem Beruhigungsmittel „C1. “, das ihm sein Hausarzt nicht mehr habe verschreiben wollen. Auch andere Mittel, die er gebraucht habe, habe der Arzt aus verschiedenen Gründen nicht mehr verordnet. Diese Medikamente oder auch das Blutzuckermessgerät „B. Check“ habe er dann selbst nachgetragen. Er habe alle Medikamente in den Apotheken erhalten und bezahlt. In keinem Fall sei es ihm darum gegangen, Geld zu erhalten. Er habe in keinem Fall die Einzelpreise der Medikamente und die Gesamtsumme auf den Rezepten handschriftlich eingetragen. Das habe allein der Apotheker gemacht. Auf nochmalige Nachfrage unter Vorhalt des letzten von ihm eingereichten gefälschten Rezepts vom 00.00.0000hat der Beklagte schließlich eingeräumt, auch die Medikamentenpreise nachträglich eingetragen zu haben. Er könne nicht erklären, warum er das gemacht habe. Es sei ihm nicht um finanzielle Vorteile gegangen.
67Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Ermittlungsakten, der Personalakten und weiterer übersandter Beiakten Bezug genommen.
68E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
69Die Klage ist zulässig und begründet. Dem Beklagten ist das Ruhegehalt abzuerkennen, weil er sich eines einheitlichen schweren Dienstvergehens schuldig gemacht hat.
70I.
71In tatsächlicher Hinsicht geht das Gericht davon aus, dass der Beklagte zwischen dem 00.00.0000und dem 00.00.0000in 35 Fällen Rezepte und Verordnungen des Arztes E. . X. in N. durch handschriftliche Ergänzungen und die Hinzufügung eines Unterschriftszeichens verfälschte und diese gefälschten Rezepte zwischen dem 00.00.0000und dem 00.00.0000mit 28 Anträgen auf Gewährung von Beihilfe des Bundes und von Krankenkassenleistungen bei der Postbeamtenkrankenkasse, Bezirksstelle Münster, einreichte. Die Postbeamtenkrankenkasse ist eine bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts und eine betriebliche Sozialeinrichtung der früheren Deutschen Bundespost. Sie setzt im Auftrag der Klägerin auf Antrag der bei ihr tätigen Beamten sowohl die Beihilfeleistungen als auch die Krankenkassenleistungen fest.
72Der Beklagte ging in zwei unterschiedlichen Tatvarianten vor: In 24 der insgesamt 35 Fälle fälschte er die Rezepte vor der Vorlage in einer Apotheke, erhielt und bezahlte also auch die von ihm selbst handschriftlich ergänzten Medikamente und Hilfsmittel und reichte sodann das Rezept bei der Postbeamtenkrankenkasse ein (Tatvariante I). In den restlichen 11 Fällen fügte er die handschriftlichen Ergänzungen nach dem Einkauf der vom Arzt tatsächlich verordneten Medikamente in das Rezept ein, ergänzte auch selbst den angeblich gezahlten, tatsächlich jedoch nicht entrichteten Kaufpreis und reichte dann das gefälschte Rezept mit dem nächsten Erstattungsantrag bei der Postbeamtenkrankenkasse ein (Tatvariante II).
73Durch seine Urkundenfälschungen täuschte er jeweils vor, sein Hausarzt E. . X. habe ihm die tatsächlich von ihm selbst handschriftlich nach Erhalt des Rezepts nachgetragenen Medikamente verschrieben. Er erweckte dadurch bei dem zuständigen Sachbearbeiter der Postbeamtenkrankenkasse den Irrtum, er, der Beklagte, habe einen Anspruch auf Erstattung der geltend gemachten Beträge. Diese wurden ihm, abzüglich eines Selbstbehalts von höchstens 10 % der beantragten Summe, über mehr als sechs Jahre anstandslos erstattet, da die – deutlich als solche erkennbaren - Fälschungen der Rezepte bei der Abrechnungsstelle der Postbeamtenkrankenkasse zunächst nicht auffielen. Der dadurch bei der Beihilfestelle der Klägerin und der Postbeamtenkrankenkasse herbeigeführte unmittelbare Vermögensschaden belief sich in dem Zeitraum 0000 bis 0000 auf insgesamt 0000 Euro. Erst im Sommer 0000 bemerkte ein Sachbearbeiter der Postbeamtenkrankenkasse Unregelmäßigkeiten in dem Erstattungsantrag des Beklagten vom 00.00.0000, woraufhin eine Überprüfung aller noch vorhandenen, von ihm eingereichten Anträge veranlasst wurde, die zu der Entdeckung zahlreicher Rezeptfälschungen führte.
74Im Einzelnen nahm der Beklagte folgende handschriftlichen Änderungen auf den Verordnungen des E. . X. vor und reichte diese gefälschten Rezepte zur Erstattung ein (In der folgenden Auflistung wird die von der Klägerin vorgenommene Nummerierung der einzelnen Vorgänge beibehalten. Die Tatvarianten sind mit I oder II gekennzeichnet.):
75lfd. (I) Rezept handschr. Preis Antrag Nr.
76Nr. oder vom Ergänzung vom
77(II)
781 ---------------------- Vorwurf wurde fallengelassen -----------------------
792 (I) 31.01.03 C1. 6 7,54 1) 03.02.03
803 (I) 12.06.03 C1. 6 7,54 2) 17.06.03
81Gastrosil 9,14
824 (I) 21.10.03 C1. 6 7.54 3) 31.10.03
83Delix 2,5 49,57
84Agopton15 160,81
855 (I) 17.09.04 C1. 6 14,05 4) 04.10.04
866 (I) 04.02.05 C1. 6 14,05 5) 08.02.05 Voltaren 13,11
877 (I) 10.10.05 Gastrosil 14,45 6) 16.10.05 .
888 (I) 05.12.05 C1. 6 14,05 7) 10.12.05 .
899 (I) 19.12.05 Gastrosil 14,45 8) 03.01.06
9010 (I) 20.04.06 C1. 6 14,01 9) 24.04.06
91Voltaren 13,11
9211 (I) 11.08.06 Botafen 15,41 10) 18.08.06
9312 (I) 21.07.06 Nerisona 13,75 ebenfalls
94Voltaren 13,11 18.08.06
95Pulmicort 24,77
9613 (I) 26.10.06 C1. 6 14,00 11) 04.11.06
97Gastrosil 14,13
9814 (I) 31.01.07 Gastrosil 14,51 12)01.04.07
9915 (I) 03.04.07 B. Check 36,51 13) 24.04.07
10016 (I) 18.06.07 Amlodipin 12,67 14) 01.07.07
10117 (I) 17.08.07 C1. 6 14,33 15) 25.08.07
102Topisolon 13,67
10318 (II) 28.11.07 B. Check 36,51 16) 02.12.07
10419 (II) 23.01.08 Agopton 87,04 17) 24.02.08
10520 (I) 04.02.08 Amlodipin 16,11 ebenfalls
10624.02.08
10721 (II) 22.02.08 B. Check 36,51 18) 08.03.08
10822 (I) 20.03.08 C1. 6 14,33 19) 10.04.08
10923 (II) 08.04.08 Avalox 37,98 ebenfalls
11010.04.08
11124 (I) 05.05.08 Amlodipin 14,44 20) 31.05.08
112+ (II) Aarane 70,44
11325 (II) 03.07.08 Aarane 70,44 21) 17.07.08
11426 (I) 09.07.08 C1. 6 14,33 ebenfalls
11517.07.08
11627 (II) 12.08.08 Agopton 70,79 22) 10.09.08
11728 (I) 28.08.08 Topisolon 13,67 ebenfalls
11810.09.08
11929 (II) 10.11.08 B. Check 27,41 23) 12.11.08
12030 (I) 10.11.08 Topisolon 13,67 ebenfalls
12112.11.08
12231 (II) 24.11.08 Aarane 70,44 24) 02.12.08
12332 (I) 11.12.08 Ass Protect 3,58 25) 21.12.08
124Topisolon 13,67
12533 (II) 15.12.08 B. Check 33,40 ebenfalls
126(Rezept wurde zurückgeschickt, Betrag nicht erstattet) 21.12.08
12734 (I) 16.02.09 C1. 6 14,33 26) 05.03.09
12835 (II) 13.03.09 Aarane 70,44 27) 21.03.09
12936 (II) 14.05.09 Aarane 70,44 28) 18.05.09
130Agopton 70,79
131Voltaren 13,71
132___________________________
133Gesamtsumme 1.375,99 Euro
134abzgl. Selbstbehalt von 10 % - 137,60Euro
135= 1.238,39 Euro
136Soweit der Beklagte in den Fällen 2 – 17, 20, 22, 24a, 26, 28, 30, 32 und 34 der Auflistung die ärztlichen Verschreibungen vor der Vorlage in einer Apotheke handschriftlich ergänzte – und damit eine Urkundenfälschung gemäß § 267 des Strafgesetzbuches (StGB) vornahm -, erhielt er die Medikamente gegen Bezahlung ausgehändigt (Tatvariante I). Nach der anschließenden Beantragung von Beihilfe- und Krankenkassenleistungen bei der Postbeamtenkrankenkasse unter Einreichung der gefälschten Rezepte wurden ihm die von ihm gezahlten Beträge abzüglich eines Selbstbehalts von maximal 10 % des Kaufpreises erstattet. In diesen Fällen täuschte der Beklagte die Postbeamtenkrankenkasse zwar über seinen Rechtsanspruch auf Erstattung der geltend gemachten Beträge, da die Medikamente ihm tatsächlich nicht ärztlich verordnet worden waren. Er war auch durch die auf seinen Antrag hin erfolgte rechtsgrundlose Erstattung der Beträge für diese Medikamente bereichert, da ein Ersatzanspruch für nicht verordnete Medikamente gegen die Beihilfestelle bzw. die Postbeamtenkrankenkasse nicht bestand, was dem Beklagten bewusst war. Er handelte in diesen Fällen auch, jedoch nicht vornehmlich in Bereicherungsabsicht, da er den Gegenwert für die an ihn übergebenen Medikamente in den Apotheken entrichtet hatte. Dem Beklagten kam es in diesen Fällen aber weniger auf die Erstattung der von ihm für die Medikamente gezahlten Beträge als vielmehr vornehmlich darauf an, die von ihm selbst handschriftlich nachgetragenen, aber tatsächlich nicht verordneten Medikamente – dabei in mindestens 00 Fällen das Schlafmittel „C2. “ – zu erhalten.
137Der Gesamtkaufpreis für die in diesen Fällen ohne ärztliche Verordnung erhaltenen und bezahlten Medikamente lag bei 0000 Euro. Abzüglich des Selbstbehalts von - nach den unbestrittenen Angaben der Klägerin - maximal 10 % wurden dem Beklagten für diese eingereichten Rezepte insgesamt 0000 Euro rechtsgrundlos erstattet.
138Soweit der Beklagte ab November 2007 in den Fällen Nr. 18, 19, 21, 23, 24b, 25, 27, 29, 31, 35 und 36 der Auflistung die ärztlichen Verordnungen nach dem Kauf der von E. . X. tatsächlich verschriebenen Medikamente ergänzte (Tatvariante II) und damit fälschte und diese Rezepte mit 11 Erstattungsanträgen zwischen dem 00.00.0000und dem 00.00.0000bei der Postbeamtenkrankenkasse einreichte, handelte er ausschließlich in der Absicht, sich rechtswidrig zu bereichern und erlangte auf Grund seiner Täuschungshandlungen einen unberechtigten Vermögensvorteil in Höhe in Höhe von insgesamt 0000 Euro (Medikamente für insgesamt 0000 Euro abzüglich des Selbstbehalts von maximal 10 %). Da in dem weiteren Fall Nr. 33 das eingereichte, zuvor von ihm verfälschte Rezept vom 00.00.0000von der Postbeamtenkrankenkasse – aus nicht bekannten Gründen – zurückgeschickt und der dort geltend gemachte Betrag von 0000 Euro nicht erstattet wurde, liegt insofern ein Betrugsversuch vor.
139Dabei handelte der Beklagte in allen Fällen vorsätzlich hinsichtlich der von ihm begangenen Urkundenfälschungen und Betrugstaten. Ihm war bewusst, dass er die Verordnungen seines Hausarztes und die Abrechnungen der Apotheker nicht selbst verändern und mit Unterschriftszeichen versehen durfte. Ebenso wusste er, dass er keinen Anspruch auf Erstattung der ärztlich nicht verordneten Medikamente und Hilfsmittel hatte. Soweit der Beklagte in seinen eidesstattlichen Versicherungen vom 00 und vom 00.00.0000noch angegeben hat, er habe gedacht, er dürfe die Eintragungen vornehmen, das stelle kein Unrecht, keine Fälschung dar, weil er die Medikamente dringend gebraucht habe, ist er in der mündlichen Verhandlung auf Fragen des Gerichts von dieser von vornherein unglaubhaften Darstellung abgerückt und hat eingeräumt, ihm sei bewusst gewesen, dass er die Rezepte seines Arztes nicht selbst habe ergänzen dürfen.
140Der Beklagte handelte auch schuldhaft. Ob er, wie er es bei seiner Befragung durch das Gericht dargestellt hat, tatsächlich während des gesamten Tatzeitraums abhängig war von dem Schlaf- und Beruhigungsmittel „C3. “, das ihm sein Hausarzt – so der Beklagte – nicht mehr habe verschreiben wollen, erscheint möglich, konnte jedoch nicht sicher festgestellt werden. Der Vortrag des Beklagten erschöpft sich in einer dahingehenden Behauptung. Von der naheliegenden Möglichkeit, insofern eine ärztliche Bescheinigung vorzulegen, hat er keinen Gebrauch gemacht. Aber selbst wenn eine jahrelange Beruhigungsmittelabhängigkeit bestanden haben sollte, haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Schuldfähigkeit des Beklagten in den Jahren 0000 bis 0000 erheblich eingeschränkt oder gar aufgehoben gewesen sein könnte. Eine Beeinträchtigung seiner Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit auf Grund einer krankhaften seelischen Störung, hier einer Abhängigkeitserkrankung, ist von dem Beklagten auch nicht behauptet worden.
141II.
142Der Beklagte, der in 35 Fällen Rezepte, die er von seinem Hausarzt E. . X. erhalten hatte, nachträglich handschriftlich um weitere Medikamente oder Hilfsmittel ergänzte und damit fälschte und sich mit der Antragstellung auf Ersatz seiner Aufwendungen unter Einreichung der verfälschten Rezepte dabei gleichzeitig in 29 Fällen eines Betruges zum Nachteil seines Dienstherrn und der Postbeamtenkrankenkasse schuldig gemacht hat, hat durch seine Handlungen ein einheitliches schwerwiegendes innerdienstlichen Dienstvergehen gemäß § 77 Abs. 1 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) begangen.
143Er hat durch seine Handlungen gegen seine beamtenrechtliche Pflicht zur uneigennützigen Aufgabenwahrnehmung und zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten innerhalb des Dienstes, die innerdienstliche Wohlverhaltenspflicht gemäß § 61 Absatz 1 BBG verstoßen. Durch Vorspiegelung falscher Tatsachen gegenüber der Postbeamtenkrankenkasse, die im Auftrag der Klägerin nicht nur die ergänzenden Krankenkassenleistungen, sondern auch die einem Beamten zustehenden Beihilfeleistungen abrechnet, hat der Beklagte im Beamtenrecht begründete Zahlungen seines Dienstherrn erhalten, auf die er keinen Anspruch hatte. Er hat gleichzeitig durch seine falschen Angaben, deren Richtigkeit er bei jeder Antragstellung durch seine Unterschrift auf dem Antragsformular versicherte, gegen die dem Dienstherrn gegenüber bestehende beamtenrechtliche Wahrheitspflicht verstoßen.
144Das Dienstvergehen ist als innerdienstlich zu qualifizieren, weil es bei der Unterscheidung zwischen inner- und außerdienstlichem Verhalten eines Beamten maßgeblich auf die materielle Dienstbezogenheit seiner Handlung ankommt und der Beklagte im vorliegenden Fall durch seine Betrugshandlungen die Beihilfestelle seines Dienstherrn sowie die in seinem Auftrag handelnde Postbeamtenkrankenkasse – also nicht etwa einen außenstehenden Dritten – geschädigt hat.
145III.
146Welche Disziplinarmaßnahme im Einzelfall angemessen ist, richtet sich gemäߠ § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 des Bundesdisziplinargesetzes (BDG) nach der Schwere des Dienstvergehens, dem Persönlichkeitsbild des Beamten und der Beeinträchtigung des Vertrauens des Dienstherrn und der Allgemeinheit. Dabei ist die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 5 BDG bzw. die Aberkennung des Ruhegehalts bei Ruhestandsbeamten gemäß § 5 Abs. 2 Nr. 2 BDG dann auszusprechen, wenn der Beamte durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen seines Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat.
147Maßgebendes Bemessungskriterium gemäß § 13 Abs. 1 BDG ist zunächst die Schwere des Dienstvergehens, wobei auf das Eigengewicht der Verfehlung abzustellen ist. Des Weiteren sind das Persönlichkeitsbild des Beamten sowie der Umfang der Vertrauensbeeinträchtigung zu berücksichtigen.
148Das Eigengewicht des dem Beklagten anzulastenden Dienstvergehens ist erheblich. Die Verwaltung ist bei ihren Entscheidungen im personellen und fürsorgerischen Bereich auf die Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit der Bediensteten angewiesen, insbesondere dann, wenn von den Beamten dienstrechtliche Ansprüche geltend gemacht werden. Die öffentliche Verwaltung kann, insbesondere in personalintensiven Dienstzweigen, nicht jeden ihrer Bediensteten überwachen; sie ist auch im Interesse des ihr auferlegten Sparsamkeitsprinzips gehalten, bei der Betreuung ihrer Bediensteten den personellen und materiellen Aufwand so gering wie möglich zu halten. Deshalb lässt sie sich bei der Beantragung von Beihilfeleistungen auch die Richtigkeit und Vollständigkeit der Angaben des Antragstellers ausdrücklich versichern. Ein Beamter, der – wie hier - trotz dieser Versicherung seine Pflicht zur wahrheitsgemäßen Angabe in zahlreichen Fällen und über einen Zeitraum von mehr als sechs Jahren verletzt und seinen Dienstherrn sowie die in seinem Auftrag handelnde Sozialeinrichtung betrügt, offenbart ein erhebliches Maß an Pflichtvergessenheit. Er belastet das zwischen ihm und seinem Dienstherrn bestehende, für die Erfüllung der Aufgaben der öffentlichen Verwaltung unerlässliche Vertrauensverhältnis nachhaltig.
149Im Fall eines innerdienstlichen Betruges stellt die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis oder die Aberkennung des Ruhegehalts nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts allerdings nicht die disziplinarrechtliche Regelmaßnahme dar.
150Vgl. u.a. Urteile vom 5. Mai 1993 – 1 D 59/91-, vom 17. Januar 1995 – 1 D 59/94,
151vom 22. Februar 2005 – 1 D 30/03 -, und Beschluss vom 20. Dezember 2011,
152- 2 B 64/11-, juris.
153Im Unterschied zu sogenannten Zugriffsdelikten wie Diebstahl oder Unterschlagung hat der innerdienstliche Betrug ein geringeres disziplinares Gewicht, weil das Fehlverhalten des Beamten ausschließlich oder doch schwerpunktmäßig sein dienstrechtliches Verhältnis zu seinem Dienstherrn, nicht aber entscheidend auch das Vertrauen der Allgemeinheit in die Rechtmäßigkeit der Verwaltung und in die Zuverlässigkeit der Beamtenschaft bei der Amtsführung tangiert. Bei einem innerdienstlichen Betrug ist der Beamte dann regelmäßig aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen, wenn im Einzelfall Erschwerungsgründe vorliegen, denen keine Milderungsgründe von solchem Gewicht gegenüberstehen, dass eine Gesamtbetrachtung den Schluss rechtfertigt, der Beamte habe das Vertrauen seines Dienstherrn endgültig verloren. Erschwerungsgründe können sich nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts u.a. aus der Anzahl und Häufigkeit der Betrugshandlungen, der Länge des Tatzeitraums, der Höhe des Gesamtschadens sowie daraus ergeben, dass die Betrugshandlungen im Zusammenhang mit weiteren Verfehlungen von erheblichem disziplinarischem Eigengewicht, z.B. Urkundenfälschungen, stehen. Dabei lässt sich den Entscheidungen der Grundsatz entnehmen, dass die Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bei einem Gesamtschaden von mehr als 5.000 Euro ohne Hinzutreten weiterer Erschwerungsgründe gerechtfertigt sein kann.
154Vgl. nur Bundesverwaltungsgericht, Urteile vom 28. November 2000 – 1 D 56.99 -,
155vom 26. September 2001 – 1 D 32.00 – und Beschlüsse vom 22. Februar 2005
156– 2 B 108.04 – und vom 10. September 2010 – 2 B 97.09 -, juris.
157Vorliegend ist der Betrag von 5.000 Euro, der in der Regel zu einer Entfernung aus dem Beamtenverhältnis bzw. der Aberkennung des Ruhgehalts führt, bei weitem nicht erreicht. Der auf Grund betrügerischer Handlungen an den Beklagten ausgezahlte Gesamtbetrag belief sich auf lediglich 0000 Euro, wobei etwa die Hälfte dieses Betrages, nämlich 0000 Euro, mit atypischer Motivation erlangt wurde, da der Beklagte insofern nicht vornehmlich mit Bereicherungsabsicht handelte, sondern vielmehr mit dem Ziel, Medikamente, die ihm sein Arzt nicht (mehr) verordnete, zu erhalten. Die Aberkennung des Ruhegehalts wäre hier nur dann gerechtfertigt, wenn erhebliche Erschwerungsgründe vorlägen, denen keine ebenso gewichtigen Milderungsgründe gegenüber stünden. Das ist hier der Fall.
158Der Beklagte hat über einen langen Tatzeitraum hinweg – mindestens von 00.00.0000bis 00.00.00– in 28 Fällen seinen Dienstherrn durch betrügerische Beantragung von Beihilfe- und Krankenkassenleistungen geschädigt. Er verwirklichte dabei gleichzeitig jeweils den Tatbestand der Urkundenfälschung. Der Beklagte ging planvoll und mit ansteigender krimineller Energie vor. Schon die Anzahl der Betrugshandlungen – drei in 0000, eine in 0000, drei in 0000, vier in 0000, fünf in 0000, neun in 0000 und drei bis 00.00.00– verdeutlicht das. Aber auch die Intensität seiner Vorgehensweise steigerte sich im Tatzeitraum. Während er in den ersten 4 ½ Jahren ausschließlich gefälschte Rezepte einreichte, auf denen er – in der Regel preisgünstige – Medikamente eingetragen hatte, die er in den Apotheken gegen Bezahlung ausgehändigt erhielt, änderte er ab 00.00.0000die Rezepte mehrheitlich nach der Vorlage in der Apotheke ab und reichte sie dann ein (Tatvariante II), ausschließlich in der Absicht, sich rechtswidrig zu bereichern. Dabei trug er in der Regel teurere Medikamente, wie z.B. „B1. “ oder „B2. “, ein, was sein zielgerichtetes Vorgehen verdeutlicht.
159Insbesondere musste aber das Nachtatverhalten des Beklagten erschwerend berücksichtigt werden. Dass der eines Dienstvergehens beschuldigte Beamte sich nicht zu der Verfehlung äußert, mag im Einzelfall als zulässiges Verteidigungsverhalten anzusehen sein und ihm nicht zum Nachteil gereichen. Bestreitet der Beamte allerdings die von ihm verübten Taten dezidiert und führt – wie hier – zur Untermauerung seiner nicht wahrheitsgemäßen Darstellung und zur Täuschung des Dienstherrn oder des Gerichts Umstände an, die wiederum nicht der Wahrheit entsprechen, muss von fehlender Einsicht in das Unrecht seiner Handlungen ausgegangen werden. Nur so kann die trotz klarer Beweislage bis zum Schluss aufrechterhaltene Darstellung des Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor der Kammer, es sei ihm in keinem Fall um einen finanziellen Vorteil gegangen, gewertet werden. Der Vertrauensverlust wird dadurch verstärkt, dass der Beklagte in der mündlichen Verhandlung jeweils erst auf Vorhalt bereit war, sein Fehlverhalten nach und nach einzuräumen. Dabei scheute er sich nicht, gegenüber der Kammer offensichtlich falsche Behauptungen hinsichtlich verschiedener, von ihm vorgenommener Rezeptfälschungen aufzustellen, um seine Verfehlungen zu erklären. So gab er an, er habe auf Rezepten das Blutzuckermessgerät „B. Check“ nachgetragen, weil er Nadeln (Lanzetten) für die Blutzuckermessung benötigt habe, die nicht ohne das Gerät hätten erworben werden können. Weiter erklärte er, das Medikament „W. “ aufgeschrieben zu haben, weil sein Hausarzt ihm dies nicht habe verschreiben wollen, sondern gesagt habe, dafür sei der Orthopäde zuständig. Diese Vorgehensweise des Beklagten noch in der mündlichen Verhandlung ist vor allem deshalb nicht nachzuvollziehen, weil die Kammer unmissverständlich zu erkennen gegeben hatte, dass nur ein der Wahrheitspflicht entsprechendes Verhalten geeignet wäre, die disziplinare Höchstmaßnahme für Ruhestandsbeamte zu verhindern. Gleichwohl nahm der Beklagte auch die mehrfachen Unterbrechungen der mündlichen Verhandlung, die ihm Gelegenheit gaben, sich mit seinem Prozessbevollmächtigten zu beraten, nicht zum Anlass, seiner Wahrheitspflicht uneingeschränkt nachzukommen. Die in seinen Erklärungen deutlich gewordene Einstellung des Beklagten ist nicht geeignet, die Annahme zu rechtfertigen, er sei zumindest künftig vertrauenswürdig.
160Angesichts dieses Verhaltens sind die vorliegenden Milderungsgründe in ihrer Gesamtheit nicht so gewichtig, dass sie ein Absehen von der Höchstmaßnahme rechtfertigen könnten. Mildernd ist berücksichtigt worden, dass der Beklagte sich in mehr als 40 Dienstjahren bis zum Beginn der hier in Rede stehenden Tatserie weder disziplinarisch noch strafrechtlich etwas hat zu Schulden kommen lassen. Er hat seinen Dienst – wie sich aus den Leistungsbeurteilungen ergibt – stets zuverlässig geleistet. Obwohl er, soweit festgestellt werden konnte, seit längerem an verschiedenen, nicht unerheblichen Erkrankungen leidet, sind in seinen Personalakten keine längeren Fehlzeiten verzeichnet. Der Beklagte hat nach der Entdeckung der Taten in vollem Umfang Schadenswiedergutmachung geleistet. Es ist auch nicht verkannt worden, dass den 67 Jahre alten Beklagten und seine Ehefrau die Aberkennung des Ruhegehalts, die einhergeht mit dem Verlust der Beihilfeberechtigung, finanziell und mit Blick auf ihre gesundheitliche Versorgung erheblich treffen wird.
161Zudem war festzustellen, dass der Dienstherr eine Mitverantwortung an dem eingetretenen Schaden trägt. Wären die Beihilfeanträge in der Abrechnungsstelle der Postbeamtenkrankenkasse sorgfältiger geprüft worden, hätte zumindest ein Teil der Verfehlungen verhindert werden können, denn die zahlreichen und ausnahmslos plumpen Fälschungen der von dem Beklagten eingereichten Rezepte waren im Grunde nicht zu übersehen. Zwar ist die öffentliche Verwaltung gehalten, Verwaltungsaufwand sowie Personaleinsatz und –kosten möglichst gering zu halten, weshalb sie, insbesondere im personellen und fürsorgerischen Bereich, auf die Zuverlässigkeit und die Ehrlichkeit der Bediensteten angewiesen ist, damit Kontrollen nicht laufend durchgeführt werden müssen. Im vorliegenden Fall drängte sich eine Überprüfung der Echtheit der von dem Beklagten eingereichten Rezepte aber förmlich auf, da die auf den ausgedruckten Rezepten handschriftlich vorgenommenen Ergänzungen keinesfalls geschickt ausgeführt waren und voraussichtlich mit einem Anruf in der Arztpraxis hätten aufgeklärt werden können.
162Die Beachtung aller aufgeführten Entlastungsgründe ist in der Gesamtabwägung aber nicht geeignet, die nachteilige Wirkung der erschwerenden Umstände auszugleichen. Das Vertrauen des Dienstherrn in die Integrität des Beklagten ist durch seine schwerwiegende Dienstpflichtverletzung in erheblicher und unwiederbringlicher Weise beschädigt worden. Es haben sich keine Umstände ergeben, auf Grund derer von der Aberkennung des Ruhegehalts hätte abgesehen werden können.
163IV.
164Das Gericht hat keine Veranlassung gesehen, eine von der gesetzlichen Regelung in § 12 Abs. 2 BDG abweichende Bestimmung hinsichtlich des dem Beklagten zu gewährenden Unterhaltsbeitrags zu treffen.
165V.
166Die Kostenentscheidung beruht auf § 77 Abs. 1 BDG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO; diejenige über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 3 BDG i.V.m. §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
167Rechtsmittelbelehrung
168Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zu. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung bei dem Verwaltungsgericht, Piusallee 38, 48147 Münster (Postanschrift: Postfach 8048, 48043 Münster) einzulegen und zu begründen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe) enthalten.
169Vor dem Oberverwaltungsgericht muss sich jeder Beteiligte – außer im Prozesskostenhilfeverfahren – durch einen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte sind nur die in § 67 Abs. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneten und ihnen kraft Gesetzes gleichgestellten Personen zu gelassen.
170Dr. Bülter Hildebrandt
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(1) Bei einer Disziplinarklage hat der Beamte wesentliche Mängel des behördlichen Disziplinarverfahrens oder der Klageschrift innerhalb zweier Monate nach Zustellung der Klage oder der Nachtragsdisziplinarklage geltend zu machen.
(2) Wesentliche Mängel, die nicht oder nicht innerhalb der Frist des Absatzes 1 geltend gemacht werden, kann das Gericht unberücksichtigt lassen, wenn ihre Berücksichtigung nach seiner freien Überzeugung die Erledigung des Disziplinarverfahrens verzögern würde und der Beamte über die Folgen der Fristversäumung belehrt worden ist; dies gilt nicht, wenn der Beamte zwingende Gründe für die Verspätung glaubhaft macht.
(3) Das Gericht kann dem Dienstherrn zur Beseitigung eines wesentlichen Mangels, den der Beamte rechtzeitig geltend gemacht hat oder dessen Berücksichtigung es unabhängig davon für angezeigt hält, eine Frist setzen. § 53 Abs. 2 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend. Wird der Mangel innerhalb der Frist nicht beseitigt, wird das Disziplinarverfahren durch Beschluss des Gerichts eingestellt.
(4) Die rechtskräftige Einstellung nach Absatz 3 steht einem rechtskräftigen Urteil gleich.
(1) Beamtinnen und Beamte begehen ein Dienstvergehen, wenn sie schuldhaft die ihnen obliegenden Pflichten verletzen. Außerhalb des Dienstes ist dieses nur dann ein Dienstvergehen, wenn die Pflichtverletzung nach den Umständen des Einzelfalls in besonderem Maße geeignet ist, das Vertrauen in einer für ihr Amt oder das Ansehen des Beamtentums bedeutsamen Weise zu beeinträchtigen.
(2) Bei Ruhestandsbeamtinnen und Ruhestandsbeamten sowie früheren Beamtinnen mit Versorgungsbezügen und früheren Beamten mit Versorgungsbezügen gilt es als Dienstvergehen, wenn sie
- 1.
sich gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes betätigen, - 2.
an Bestrebungen teilnehmen, die darauf abzielen, den Bestand oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland zu beeinträchtigen, - 3.
gegen die Verschwiegenheitspflicht, gegen die Anzeigepflicht oder das Verbot einer Tätigkeit nach Beendigung des Beamtenverhältnisses oder gegen das Verbot der Annahme von Belohnungen, Geschenken und sonstigen Vorteilen verstoßen oder - 4.
einer Verpflichtung nach § 46 Absatz 1, 2, 4 oder 7 oder § 57 schuldhaft nicht nachkommen.
(3) Die Verfolgung von Dienstvergehen richtet sich nach dem Bundesdisziplinargesetz.
(1) Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Sie haben das ihnen übertragene Amt uneigennützig nach bestem Gewissen wahrzunehmen. Ihr Verhalten innerhalb und außerhalb des Dienstes muss der Achtung und dem Vertrauen gerecht werden, die ihr Beruf erfordert.
(2) Beamtinnen und Beamte haben bei Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug auch hinsichtlich ihres Erscheinungsbilds Rücksicht auf das ihrem Amt entgegengebrachte Vertrauen zu nehmen. Insbesondere das Tragen von bestimmten Kleidungsstücken, Schmuck, Symbolen und Tätowierungen im sichtbaren Bereich sowie die Art der Haar- und Barttracht können von der obersten Dienstbehörde eingeschränkt oder untersagt werden, soweit die Funktionsfähigkeit der Verwaltung oder die Pflicht zum achtungs- und vertrauenswürdigen Verhalten dies erfordert. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 durch ihre über das übliche Maß hinausgehende besonders individualisierende Art geeignet sind, die amtliche Funktion der Beamtin oder des Beamten in den Hintergrund zu drängen. Religiös oder weltanschaulich konnotierte Merkmale des Erscheinungsbilds nach Satz 2 können nur dann eingeschränkt oder untersagt werden, wenn sie objektiv geeignet sind, das Vertrauen in die neutrale Amtsführung der Beamtin oder des Beamten zu beeinträchtigen. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat, das Bundesministerium der Finanzen sowie das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz werden ermächtigt, jeweils für ihren Geschäftsbereich die Einzelheiten zu den Sätzen 2 bis 4 durch Rechtsverordnung zu regeln. Die Verhüllung des Gesichts bei der Ausübung des Dienstes oder bei einer Tätigkeit mit unmittelbarem Dienstbezug ist stets unzulässig, es sei denn, dienstliche oder gesundheitliche Gründe erfordern dies.
(3) Beamtinnen und Beamte sind verpflichtet, an Maßnahmen der dienstlichen Qualifizierung zur Erhaltung oder Fortentwicklung ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten teilzunehmen.
(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.
(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.
(1) Disziplinarmaßnahmen gegen Beamte sind:
- 1.
Verweis (§ 6) - 2.
Geldbuße (§ 7) - 3.
Kürzung der Dienstbezüge (§ 8) - 4.
Zurückstufung (§ 9) und - 5.
Entfernung aus dem Beamtenverhältnis (§ 10).
(2) Disziplinarmaßnahmen gegen Ruhestandsbeamte sind:
(3) Beamten auf Probe und Beamten auf Widerruf können nur Verweise erteilt und Geldbußen auferlegt werden. Für die Entlassung von Beamten auf Probe und Beamten auf Widerruf wegen eines Dienstvergehens gelten § 34 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 sowie § 37 des Bundesbeamtengesetzes.
(1) Die Entscheidung über eine Disziplinarmaßnahme ergeht nach pflichtgemäßem Ermessen. Die Disziplinarmaßnahme ist nach der Schwere des Dienstvergehens zu bemessen. Das Persönlichkeitsbild des Beamten ist angemessen zu berücksichtigen. Ferner soll berücksichtigt werden, in welchem Umfang der Beamte das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit beeinträchtigt hat.
(2) Ein Beamter, der durch ein schweres Dienstvergehen das Vertrauen des Dienstherrn oder der Allgemeinheit endgültig verloren hat, ist aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Dem Ruhestandsbeamten wird das Ruhegehalt aberkannt, wenn er als noch im Dienst befindlicher Beamter aus dem Beamtenverhältnis hätte entfernt werden müssen.
(1) Mit der Aberkennung des Ruhegehalts verliert der Ruhestandsbeamte den Anspruch auf Versorgung einschließlich der Hinterbliebenenversorgung und die Befugnis, die Amtsbezeichnung und die Titel zu führen, die im Zusammenhang mit dem früheren Amt verliehen wurden.
(2) Nach der Aberkennung des Ruhegehalts erhält der Ruhestandsbeamte bis zur Gewährung einer Rente auf Grund einer Nachversicherung, längstens jedoch für die Dauer von sechs Monaten, einen Unterhaltsbeitrag in Höhe von 70 Prozent des Ruhegehalts, das ihm bei Eintritt der Unanfechtbarkeit der Entscheidung zusteht; eine Kürzung des Ruhegehalts nach § 38 Abs. 3 bleibt unberücksichtigt. § 10 Abs. 3 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.
(3) Die Aberkennung des Ruhegehalts und ihre Rechtsfolgen erstrecken sich auf alle Ämter, die der Ruhestandsbeamte bei Eintritt in den Ruhestand inne gehabt hat.
(4) § 10 Abs. 2 Satz 1 sowie Abs. 5 und 6 gilt entsprechend.
(1) Für die Kostentragungspflicht der Beteiligten und die Erstattungsfähigkeit von Kosten gelten die Bestimmungen der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend, sofern sich aus den nachfolgenden Vorschriften nichts anderes ergibt.
(2) Wird eine Disziplinarverfügung trotz Vorliegens eines Dienstvergehens aufgehoben, können die Kosten ganz oder teilweise dem Beamten auferlegt werden.
(3) In Verfahren über den Antrag auf gerichtliche Fristsetzung (§ 62) hat das Gericht zugleich mit der Entscheidung über den Fristsetzungsantrag über die Kosten des Verfahrens zu befinden.
(4) Kosten im Sinne dieser Vorschrift sind auch die Kosten des behördlichen Disziplinarverfahrens.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
Zur Ergänzung dieses Gesetzes sind die Bestimmungen des Verwaltungsverfahrensgesetzes und der Verwaltungsgerichtsordnung entsprechend anzuwenden, soweit sie nicht zu den Bestimmungen dieses Gesetzes in Widerspruch stehen oder soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.
(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur
- 1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen, - 2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht, - 3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten, - 3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen, - 4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder, - 5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder, - 6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten, - 7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.
(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.
(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.
(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.
(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.