Verwaltungsgericht Münster Beschluss, 04. Juli 2014 - 1 L 420/14
Gericht
Tenor
Die Anträge werden abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
1
G r ü n d e
2Die sinngemäßen Anträge des Antragstellers,
31. den Antragsgegner zu 1. im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragsteller ab dem Beginn des Schuljahres 2014/2015 bis zu dem Abschluss des Hauptsacheverfahrens 1 K 959/14, längstens bis zum Schuljahresende, vorläufig am Unterricht der 5. Klasse der Gesamtschule F. -O. , Teilstandort O. , hilfsweise am Unterricht der 5. Klasse der Sekundarschule C. , teilnehmen zu lassen,
42. den Antragsgegner zu 2. im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, vorläufig bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens 1 K 959/14 seine Zustimmung zum Besuch einer Regelschule in C. durch den Antragsteller zu geben sowie zumindest provisorische bauliche Maßnahmen zu ergreifen, die dem Antragsteller den Schulbesuch an dieser Regelschule ermöglichen,
5sind zulässig, bleiben aber in der Sache ohne Erfolg.
6Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig und zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes gemäß Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes (GG) geboten, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Anordnungsgrund und Anordnungsanspruch sind glaubhaft zu machen (§ 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2, § 294 Abs. 1 Zivilprozessordnung). Das grundsätzliche Verbot einer Vorwegnahme der Hauptsache steht einer einstweiligen Anordnung nicht entgegen, wenn dies zur Gewährung effektiven Rechtsschutzes geboten ist und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für den mit der Hauptsache verfolgten Anspruch spricht.
7Vgl. BVerwG, Urteil vom 18. April 2013 – 10 C 9.12 –, BVerwGE 146, 189 = juris, Rn. 22; BVerfG, Beschluss vom 15. August 2002 – 1 BvR 1790/00 –, NJW 2002, 3691 = juris, Rn. 18; VG Münster, Beschlüsse vom 15. August 2013 – 1 L 407/13 –, www.nrwe.de, Rn. 7 f., und vom 15. Mai 2014 – 1 L 133/14 –, www.nrwe.de, Rn. 6.
8Bei Zugrundelegung dieses Maßstabs hat der Antragsteller einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht. Nach Auswertung des Akteninhalts steht ihm ein Anspruch gegenüber den Antragsgegnern auf Zustimmung zu seiner Teilnahme am Unterricht der 5. Klasse der Gesamt-schule F. -O. , Teilstandort O. , oder der 5. Klasse der Sekundarschule C. in dem Schuljahr 2014/2015 nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit zu. Ebenso wenig kann der Antragsteller im Wege der einstweiligen Anordnung verlangen, dass der Antragsgegner zu 2. zumindest provisorische bauliche Maßnahmen ergreift, die dem Antragsteller dann den begehrten Schulbesuch an einer dieser Regelschulen ermöglichen.
9Gemäß Art. 2 Abs. 1 Nr. 1, Art. 4 Abs. 1 Satz 1 2. Halbsatz des Ersten Gesetzes zur Umsetzung der VN-Behindertenkonvention in den Schulen (9. Schulrechtsänderungsgesetz) vom 5. November 2013 (GV.NRW. S. 613) finden die Regelungen des § 19 Abs. 5 Satz 3 des Schulgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (SchulG NRW) vom 15. Februar 2005 (GV.NRW. S. 102, zuletzt geändert durch das 10. Schulrechtsänderungsgesetz vom 10. April 2014, GV.NRW. S. 268) in der ab dem 1. August 2014 gültigen Fassung zum Schuljahr 2014/2015 (erstmals) Anwendung u.a. für Schüler, die wie der Antragsteller in der Primarstufe sonderpädagogisch gefördert werden.
10Nach § 19 Abs. 5 Satz 3 SchulG NRW (in der nachfolgend ausschließlich angewendeten Fassung ab dem 1. August 2014) schlägt zwar die Schulaufsichtsbehörde den Eltern eines Schülers, bei dem ein Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung besteht, mit Zustimmung des Schulträgers mindestens eine allgemeine Schule vor, an der ein Angebot zum Gemeinsamen Lernen eingerichtet ist. Allerdings bleiben insoweit gemäß § 19 Abs. 5 Satz 4 SchulG NRW die Absätze 4 und 5 des § 20 SchulG NRW unberührt.
11Gemäß § 20 Abs. 4 Satz 1 SchulG NRW kann die Schulaufsichtsbehörde in besonderen Ausnahmefällen abweichend von der Wahl der Eltern die Förderschule anstelle der allgemeinen Schule als Förderort bestimmen. Dies setzt nach Satz 2 voraus, dass die personellen und sachlichen Voraussetzungen am gewählten Förderort nicht erfüllt sind und auch nicht mit vertretbarem Aufwand erfüllt werden können. Die Schulaufsichtsbehörde legt die Gründe dar und gibt den Eltern die Gelegenheit, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern. Gleichzeitig informiert sie über weitere Beratungsangebote.
12Nach der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage ist gegenwärtig davon auszugehen, dass die Voraussetzungen des § 20 Abs. 4 SchulG NRW in Bezug auf den Antragsteller vorliegen, so dass der Antragsgegner zu 1. als Schulaufsichtsbehörde abweichend von der Wahl der Eltern des Antragstellers die von diesem gegenwärtig in dem Bildungsgang „geistige Entwicklung“ besuchte X-Förderschule (Förderschwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung) anstelle einer allgemeinen Schule zunächst noch weiterhin als Förderort bestimmen kann bzw. darf.
13Dabei wird nicht verkannt, dass gemäß § 2 Abs. 5 Satz 2 SchulG NRW Menschen mit und ohne Behinderung in der Schule in der Regel gemeinsam unterrichtet und erzogen werden (inklusive Bildung), dass sonderpädagogische Förderung nach § 20 Abs. 2 Satz 1 SchulG NRW in der Regel in der allgemeinen Schule im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 SchulG NRW stattfindet und dass die Eltern, nicht aber die Schulaufsichtsbehörde und/oder der Schulträger, abweichend davon die Förderschule wählen können gemäß § 20 Abs. 2 Satz 2 SchulG NRW.
14Der Antragsgegner zu 1. hat als Schulaufsichtsbehörde aber in dem Bescheid vom 31. März 2014 nachvollziehbar dargelegt, dass bei dem Antragsteller weiterhin sonderpädagogischer Förderbedarf besteht (vorrangig im Bereich körperliche und motorische Entwicklung, § 19 Abs. 1 und 2 Nr. 7 SchulG NRW),
15dass er im Bildungsgang geistige Entwicklung unterrichtet wird und dass es für seine selbstbestimmte Teilhabe am gemeinsamen Lernen neben geschultem Personal wichtiger baulicher und tatsächlicher Voraussetzungen bedarf, die an dem gewählten Förderort, hier in Form der Gesamtschule F. -O. (Teilstandort O. ) bzw. der Sekundarschule C. , gegenwärtig nicht erfüllt sind und auch nicht mit vertretbarem Aufwand bis zum Beginn des Schuljahres 2014/2015 (oder unmittelbar anschließend) erfüllt werden können.
16Der für die Fortbewegung auf einen Rollstuhl angewiesene Antragsteller stellt nicht in Frage, dass in der auf zwei Gebäuden verteilten Gesamtschule F. -O. ein Aufzug nicht vorhanden ist. Entsprechend sind jedenfalls die naturwissenschaftlichen Fachräume der Sekundarschule C. nicht mittels eines Aufzugs erreichbar. Dass der Antragsteller zum Erreichen der Unterrichtsräume und zum dortigen Aufenthalt während des Unterrichts tatsächlich keinen Aufzug benötigt, weil er auf einen Elektro-Rollstuhl nicht angewiesen ist, sondern dafür ein Aktiv-Rollstuhl ausreicht und er von einem Integrationshelfer die Treppen hochgetragen werden kann, ergibt sich nicht (mit der hier erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeit) aus den von ihm beigebrachten Arztbriefen der Neuropädiaterin Dr. med. L. aus Hamm vom 24. Mai und 27. August 2013. Danach hilft der Antragsteller zwar beim Ein- und Aussteigen aus seinem Rollstuhl, ob es sich dabei um einen Elektro- oder einen Aktiv-Rollstuhl handelt, ist daraus aber nicht ersichtlich. Auch könne der Antragsteller ansatzweise Schritte vorwärts laufen im Kauergang, habe aber bisher keine „Kulturtechnik erworben“.
17Demgegenüber bedarf der Antragsteller nach der aktuelleren Stellungnahme der Schulrektorin der M. -G. P. vom 18. Februar 2014 für eine selbstbestimmte Teilhabe im Rahmen des gemeinsamen Lernens u.a. eines Fahrstuhls für den Transport mit dem Elektro-Rollstuhl und ausreichend große Klassenräume zum Befahren mit dem Elektro-Rollstuhl. Dies deckt sich mit den Angaben der Lehrerin des Antragstellers am 7. Januar 2014 und wird durch die Stellungnahme der den Antragsteller in der G. behandelnden Therapeutinnen vom 12. Juni 2014 gestützt.
18Auch wenn der Antragsteller einen Aktiv-Rollstuhl zur Stärkung seines Bewegungsapparates weiterhin nutzen soll, wie er ohne näheren Nachweis mit Schriftsatz vom 2. Juli 2014 geltend macht, ergibt sich aus den Stellungnahmen der Schulrektorin der G. vom 18. Februar 2014 und der den Antragsteller dort behandelnden Therapeutinnen vom 12. Juni 2014, dass gerade die Nutzung des Elektro-Rollstuhls für den Antragsteller erhebliche Vorteile nicht nur bei der Fortbewegung, sondern auch bei der Teilnahme am Unterricht hat („gewonnene Mobilität, viel selbstsicherer im Umgang mit anderen Mitschülern/Personen, Gewährleistung wichtiger Prophylaxeschwerpunkte“). Daher ist es – bei der im Eilverfahren nur möglichen summarischen Prüfung – nachvollziehbar, dass die Therapeutinnen die Nutzung des Elektro-Rollstuhls als ein unverzichtbares Mittel für seine physische und psychosoziale Entwicklung und größtmögliche Selbständigkeit ansehen.
19Dies spricht dafür, dass der Antragsgegner zu 1. die Möglichkeit der Nutzung des Elektro-Rollstuhls während des Schulbesuchs als wesentlich für einen erfolgreichen Schulbesuch des Antragstellers an einer allgemeinen Schule ansehen und diesem Aspekt entscheidende Bedeutung beimessen durfte bzw. darf. Nach § 2 Abs. 5 Satz 3 SchulG NRW soll Schülern, die auf sonderpädagogische Unterstützung angewiesen sind, gerade ein möglichst hohes Maß an schulischer und beruflicher Eingliederung, gesellschaftlicher Teilhabe und selbständiger Lebensgestaltung ermöglicht werden.
20Im Übrigen ergibt sich aus einem Vermerk des Antragsgegners zu 2. vom 9. Mai 2014 über einen Ortstermin mit dem Antragsteller an der Gesamtschule O. vom 6. Mai 2014 nicht nur, dass die dortigen dreigeschossigen Schulgebäude nicht barrierefrei sind, sondern auch, dass der Schulhof wegen Unebenheiten und leichten Anhöhen als nicht für einen Aktiv-Rollstuhl geeignet angesehen wird, der Antragsteller in einem solchen Rollstuhl nur bedingt mobil ist, sich nur langsam fortbewegt und dafür nicht viel Kraft aufwenden kann.
21Der Hinweis des Antragstellers auf die Möglichkeit eines (kurzfristigen) Einbaus und Einsatzes eines Treppenliftes oder einer Treppenraupe führt nicht weiter. Er hat nicht glaubhaft gemacht, dass ein solcher dem Antragsteller innerhalb der Schule, in der sich naturgemäß viele Kinder gleichzeitig auf recht engem Raum aufhalten, eine gefahrlose bzw. gefahrarme und damit vertretbare Erreichbarkeit der oberen Stockwerke ermöglicht. Darüber hinaus geht der Antragsteller selbst davon aus, dass seine inklusive Beschulung nicht möglich ist ohne eine Begleitung durch einen Integrationshelfer, der ihn auf einen Treppenlift oder eine Treppenraupe setze oder von einem Raum zum anderen Raum befördere.
22Der Antragsteller ist zwar der Auffassung, einen Rechtsanspruch auf die Stellung eines Integrationshelfers zu haben, räumt aber ein, einen ansprechenden Antrag noch nicht gestellt zu haben. Unter diesen Umständen hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, dass ihm mit hoher Wahrscheinlichkeit ein Integrationshelfer durch das Jugendamt oder den Sozialhilfeträger (zum Beginn des nächsten Schuljahres) gewährt wird, sobald eine allgemeine Schule feststeht, die den Antragsteller aufnimmt. Sein Verweis auf einen Beschluss des Landessozialgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen führt zu keinem anderen Ergebnis. In jenem Eilverfahren wurde die öffentliche Hand vorläufig zur Kostenübernahme für einen Integrationshelfer im Rahmen einer Folgenabwägung verpflichtet. Ob ein entsprechender Anspruch bestehe, ließ der Senat ausdrücklich offen, da die diesbezüglich notwendigen Kenntnisse erst im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens zu gewinnen seien.
23Vgl. LSG NRW, Beschluss vom 5. Februar 2014 – L 9 SO 413/13 B ER, juris, Rn. 7.
24Im Übrigen benötigt der Antragsteller nach den nachvollziehbaren Darlegungen der von ihm besuchten G. einen Elektro-Rollstuhl nicht nur zum Erreichen der Klassenräume, sondern auch während des Unterrichts.
25Vor diesem Hintergrund ist gegenwärtig nicht überwiegend wahrscheinlich, dass bereits zu dem vom Antragsteller begehrten Zeitpunkt des Eintritts in die allgemeine Schule zu Beginn des Schuljahres 2014/2015 die personellen und sachlichen Voraussetzungen am gewählten Förderort erfüllt sind bzw. mit vertretbarem Aufwand (im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang) erfüllt werden könnten.
26Die alternative Erwägung des Antragstellers, naturwissenschaftlicher Unterricht könne zunächst auch im Erdgeschoß unterrichtet werden, ggf. unter Umstellung des Lehrplans, verkennt, dass die Schulaufsichtsbehörde in ihre Entscheidungsfindung auch organisatorische Schwierigkeiten und schutzwürdige Belange Dritter, insbesondere anderer Schüler, einstellen muss.
27Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 16. April 2003 – 19 B 403/03 –, www.nrwe.de, Rn. 36 f., und vom 11. April 2006 – 19 B 192/06 –, S. 5 BA.
28Aufgrund der nachvollziehbaren Darlegungen in dem Schriftsatz des Antragsgegners zu 1. vom 18. Juni 2014 ist davon auszugehen, dass eine Unterrichtung des Antragstellers bzw. der 5. Klasse in mehreren naturwissenschaftlichen Unterrichtsfächern (insb. Physik, Chemie) in den – ohne Aufzug mit dem Rollstuhl erreichbaren – Erdgeschossräumen der von den Beteiligten in den Blick genommenen beiden Schulen nicht möglich ist.
29Darüber hinaus benötigt der Antragsteller nach der Begründung des Bescheids vom 31. März 2014 und der ergänzenden Stellungnahme der Schulrektorin der G. vom 13. Juni 2014, der der Antragsteller in dem Schriftsatz vom 2. Juli 2014 nicht entgegen getreten ist, eine möglichst reizarme Umgebung. Dass die dem Bescheid zu Grunde liegende Einschätzung, eine solche Umgebung sei bei Klassenstärken von voraussichtlich 27 Kindern in den Gesamtschulklassen bzw. 25 Kindern in den Sekundarschulklassen nicht erreichbar, (offensichtlich) fehlsam wäre, ist nicht ersichtlich. Die Antragsgegner haben aufgezeigt, dass die personellen und die räumlichen Voraussetzungen für eine diesen Bedürfnissen des Antragstellers gerecht werdende Betreuung und Förderung in den dortigen allgemeinen Schulen jedenfalls gegenwärtig noch nicht gegeben sind. Dies betrifft auch den für den lebenspraktischen Unterricht und die physiotherapeutische Behandlung des Antragstellers wohl regelmäßig nötigen zusätzlichen Raum.
30Der Antragsgegner zu 1. hat den Eltern des Antragstellers die Gründe für seine beabsichtigte Entscheidung dargelegt und ihnen Gelegenheit gegeben, sich zu der beabsichtigten Entscheidung zu äußern (§ 20 Abs. 4 Satz 3 SchulG NRW). Dies ist unter anderem am 28. Januar 2014 und mit Schreiben vom 19. Februar 2014 erfolgt.
31Die Entscheidung des Antragsgegners zu 1. verletzt nicht das Benachteiligungsverbot nach Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG. Ein solcher Verstoß ist gegeben, wenn die Beschulung in der G. den Gegebenheiten und Verhältnissen des Einzelfalls ersichtlich nicht gerecht wird.
32Vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 8. Oktober 1997 – 1 BvR 9/97 –, BVerfGE 96, 288 = juris, und vom 10. Februar 2006 – 1 BvR 91/06 –, BVerfGK 7, 269 = juris; OVG NRW, Beschluss vom 16. April 2003 – 19 B 403/03 –, www.nrwe.de, Rn. 34 m.w.N.
33Dies ist nicht der Fall. Die Antragsgegner haben nachvollziehbar aufgezeigt, weshalb die personellen und sachlichen Voraussetzungen für eine inklusive Beschulung des Antragstellers am gewählten Förderort fehlen und gegenwärtig auch noch nicht mit vertretbarem Aufwand erfüllt werden können.
34Ebenso wenig kann davon ausgegangen werden, dass Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG nach Inkrafttreten des – vom Antragsteller in Bezug genommenen, aber nicht unmittelbar anwendbaren – Art. 24 der VN-Behindertenkonvention nun strenger auszulegen wäre.
35Vgl. VGH Baden-Württemberg, Beschluss vom 21. November 2012 – 9 S 1833/12, juris, Rn. 62; s. auch BVerwG, Beschluss vom 18. Januar 2010 – 6 B 52.09 –, juris, Rn. 4; Hessischer VGH, Beschluss vom 16. Mai 2012 – 7 A 1138/11.Z –, juris, Rn. 14; OVG Niedersachsen, Beschluss vom 16. September 2010 – 2 ME 278/10 –, juris, Rn. 14 f.
36Nach alledem ist ein Anordnungsanspruch gegenwärtig ebenso wenig ersichtlich für das Begehren, den Antragsgegner zu 2. im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, vorläufig – entgegen seiner Entscheidung vom 6. Februar 2014 – seine Zustimmung zum Besuch einer Regelschule in C. durch den Antragsteller zu geben sowie zumindest provisorische bauliche Maßnahmen zu ergreifen, die dem Antragsteller den Schulbesuch an einer dieser Regelschulen ermöglichen.
37Auch ergibt sich aus dem Verwaltungsvorgang des Antragsgegners zu 2., dass dieser gegenwärtig den (umfassenden) Entscheidungsprozess, welche der dortigen allgemeinen Schulen durch bauliche Maßnahmen (zuerst) barrierefrei werden soll, noch nicht zu einem abschließenden Ende führen konnte. Auch in Ansehung der mit dem Ersten Gesetz zur Umsetzung der VN-Behindertenkonvention in den Schulen verfolgten Ziele, insbesondere der regelmäßigen Durchführung der sonderpädagogischen Förderung in den allgemeinen Schulen und der damit verbundenen subjektiven Rechte der betroffenen Schüler und ihrer Erziehungsberechtigten (§ 19 Abs. 5 Satz 3, § 20 Abs. 2 SchulG NRW), sprechen die vom Gesetzgeber vorgesehenen Ausnahmevorschriften § 19 Abs. 5 Satz 4 und § 20 Abs. 4 und 5 SchulG NRW grundsätzlich dagegen, dass auch bei unzureichenden bzw. nicht mit vertretbarem Aufwand erfüllbaren personellen und sachlichen Voraussetzungen durch eine gerichtliche Eilentscheidung der noch nicht abgeschlossene, eine Vielzahl von Faktoren gewichtende Entscheidungsprozess der Schulaufsichtsbehörde und des Schulträgers vorweggenommen werden sollte, an welcher (barrierefreien) allgemeinen Schule Gemeinsames Lernen eingerichtet wird.
38Der Vortrag des Antragstellers, seinem Antrag sei jedenfalls im Rahmen einer allgemeinen Folgenabwägung stattzugeben, weil eine inklusive Beschulung für ihn von wesentlicher Bedeutung sei, führt zu keinem anderen Ergebnis.
39Nach dem Inhalt der Akten, insbesondere der Stellungnahmen der M. -G. P. , erscheint es als zweifelhaft, dass eine Beschulung des Antragstellers an einer allgemeinen Schule bereits ab dem Schuljahr 2014/2015 angesichts der im Gebiet des Antragsgegners zu 2. gegenwärtig für die Bedürfnisse des Antragstellers noch unzureichenden personellen und sachlichen Voraussetzungen für sein Wohlergehen und seinen schulischen Erfolg bzw. für die Erreichung der in § 2 Abs. 5 Satz 3 SchulG NRW genannten Ziele tatsächlich von Vorteil bzw. von wesentlicher Bedeutung wäre. Erst recht ist nicht erkennbar, dass dem Antragsteller durch eine (vorübergehende) Fortführung seiner Beschulung an der M. -G. P. schwere und unzumutbare Nachteile,
40vgl. BVerfG, Beschluss vom 25. Februar 2009 – 1 BvR 120/09 –, BVerfGK 15, 133 = juris, Rn. 11,
41drohen könnten.
42Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
43Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 39 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG. Das Gericht bemisst die sich aus den zwei Anträgen des Antragstellers für ihn ergebende Bedeutung der Sache wegen des vorläufigen Charakters des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens jeweils mit der Hälfte des im Hauptsacheverfahren anzunehmenden Auffangstreitwerts, woraus sich eine Streitwertsumme von 5.000,- Euro ergibt.
moreResultsText
Annotations
(1) Auf Antrag kann das Gericht, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, daß durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern oder aus anderen Gründen nötig erscheint.
(2) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen ist das Gericht der Hauptsache zuständig. Dies ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. § 80 Abs. 8 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Für den Erlaß einstweiliger Anordnungen gelten §§ 920, 921, 923, 926, 928 bis 932, 938, 939, 941 und 945 der Zivilprozeßordnung entsprechend.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluß.
(5) Die Vorschriften der Absätze 1 bis 3 gelten nicht für die Fälle der §§ 80 und 80a.
(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.
(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.
(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.