Verwaltungsgericht München Urteil, 22. Sept. 2015 - M 9 K 14.4149

bei uns veröffentlicht am22.09.2015

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vorher Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Parteien streiten über Ansprüche nach Umweltinformationsrecht, die sich auf Betriebsdokumente eines Kernkraftwerkes beziehen.

Mit Schreiben vom 03. Juli 2014 beantragte der Kläger Einsicht mit Kopierrecht in das vollständige Betriebshandbuch und das Notfallhandbuch zu den Blöcken B und C des Kernkraftwerks ....

Der Umfang des Betriebshandbuchs beträgt 57, der des Notfallhandbuchs 12 Aktenordner. Die Dokumente liegen auch in elektronischer Form vor. Die Inhalte des Betriebshandbuchs sind wie folgt gegliedert: Teil 1 - Betriebsordnungen (Personelle Betriebsorganisation, Warten- und Schichtordnung, Instandhaltungsordnung, Strahlenschutzordnung, Wach- und Zugangsordnung, Alarmordnung, Brandschutzordnung, Erste-Hilfe-Ordnung); Teil 2 - Betrieb der Gesamtanlage (Anweisungen und Bedingungen für den Betrieb, Sicherheitstechnisch wichtige Grenzwerte, Normalbetrieb Gesamtanlage, Anormaler Betrieb, Wiederkehrende Prüfungen); Teil 3 - Störfälle; Teil 4 - Betrieb der Systeme mit Störmeldungen; Anhang. Das Notfallhandbuch hat folgende Teile: Teil 1 - Organisatorische Regelung; Teil 2 - Abfahren der Anlage von den Teilsteuerstellen; Teil 3 - Anlageninterne Notfallschutzmaßnahmen; Teil 4 - Direktschaltung von Komponenten unter Umgehung der Leittechnik; Teil 5 - Bedrohung des Kraftwerkstandortes (u. a. „gezielter terroristischer Flugzeugabsturz“).

Nachdem das Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz des Beklagten (StMUV) im Hinblick auf einen weiteren, im gleichen Schreiben enthaltenen Informationsantrag mit Schreiben vom 30. Juli 2014 Kopien übersandt hatte, wiederholte der Kläger sein Begehren auf Einsicht in die Betriebs- und Notfallhandbücher mit Schreiben vom 04. August 2014.

Mit dem angegriffenen Bescheid vom 04. September 2014 lehnte der Beklagte den Antrag auf Einsichtnahme mit Kopierrecht in das Betriebs- und Notfallhandbuch ab.

Es handle sich bei dem Betriebs- und Notfallhandbuch einschließlich der Inhaltsverzeichnisse nicht um Umweltinformationen. Das Betriebshandbuch sei eine Betreiberunterlage, die in höchst detaillierter Form den Betrieb der gesamten Anlage regle. Das Notfallhandbuch regle den anlageninternen Notfallschutz. Weder das Betriebs- noch das Notfallhandbuch enthielten Daten zum gegenwärtigen Zustand der Umwelt. Inwieweit sich aus den Unterlagen Daten zu Umweltfaktoren - insbesondere ionisierender Strahlung - ergäben, könne dahinstehen, da dazu jedenfalls Informationen im Internet zur Verfügung stünden. Im Ergebnis lägen auch Daten über Tätigkeiten, die sich auf Umweltbestandteile oder Umweltfaktoren auswirken können oder deren Schutz bezwecken, nicht vor. Bei einer äußerst umfangreichen Kompilation von höchst detaillierten technischen Daten könne nicht auf die Auswirkungen des Betriebes eines Kernkraftwerkes auf die Umweltbestandteile oder -faktoren geschlossen werden. Dies gelte sowohl für einzelne Handlungsanweisungen, wie zum Beispiel das Bedienen einer Eingangsschleuse, als auch für die Inhalte in ihrer Gesamtheit. Die tatsächlichen Auswirkungen der Anlage ließen sich nur aus den der Öffentlichkeit ohnehin zur Verfügung stehenden Informationen entnehmen, zum Beispiel die Ortsdosisleistung in der Umgebung von Kernkraftwerken und die strahlungshygienischen Jahresberichte der Internetpräsenz des Landesamtes für Umwelt. Auch ein Bericht über die Umsetzung des Umweltrechtes sei im Betriebs- und Notfallhandbuch nicht zu sehen. Genauso wenig liege eine Kosten-Nutzen-Analyse vor. Weiterhin lägen keine Daten zum Zustand der menschlichen Gesundheit vor. Hinsichtlich der Informationen über die Emissionen des Kernkraftwerkes verwies der Beklagte auf die Internetangebote des Landesamtes für Umwelt und des Staatsministeriums für Umwelt und Verbraucherschutz.

Mit Schriftsatz vom 12. September 2014 hat der Kläger Klage gegen die ablehnende Entscheidung erhoben.

Er beantragt durch seinen Bevollmächtigten,

den Bescheid vom 04. September 2014 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, dem Kläger Einsicht mit Kopierrecht in die vollständigen Betriebshandbücher und die Notfallhandbücher zu den Bereichen B und C des Kernkraftwerks ... zu gewähren.

Das Betriebs- und das Notfallhandbuch seien Informationen über Maßnahmen und Tätigkeiten, die sich auf Umweltbestandteile oder -faktoren auswirkten, auswirken könnten oder dem Schutz der Umwelt dienten. Es seien Schutzmaßnahmen der Atomaufsichtsbehörden gegen radioaktive Freisetzungen betroffen. Das Betriebs- sowie das Notfallhandbuch legten aktuell gültige Maßnahmen zur Störfallbeherrschung rechtsverbindlich fest. Es bestehe eine langjährige bundesweite Praxis der Einsichtgewährung. Die betreffenden atomrechtlichen Genehmigungen seien in vielfältiger Weise fehlerhaft. Die Reaktorgebäude der Blöcke B und C des Kernkraftwerkes ... seien nicht gegen äußere Einwirkungen geschützt. Die diesbezüglichen Gutachten seien falsch. Der Kläger habe bei einer Anlagenbesichtigung Handarmaturen gesehen, die mit „RDB-Venting“ beschildert gewesen seien. Der Beklagte bestreite die Existenz eines solchen Systems. Auch das so genannte zusätzliche Nachwärmeabfuhrsystem (ZUNA) sei ein Notstandssystem, das nicht den gesetzlichen Erfordernissen genüge. Ein Schutz der Schaltanlagen gegen äußere Einwirkungen fehle. Die Sicherheitssysteme seien unzureichend gegen Terror, durch Sabotage bzw. äußere Einwirkungen geschützt. Bei der in Siedewasserreaktoren wie dem betroffenen Kraftwerk am häufigsten auftretenden Störfallkategorie könnten sich prinzipbedingt nukleare Explosionen im Reaktordruckbehälter ereignen, die in Verbindung mit Komponentenausfällen die Auslegungsgrenzen erkennbar überschritten. Da das beklagte Ministerium nicht in der Lage sei, als atomrechtliche Genehmigungsbehörde ordnungsgemäß zu agieren, verlange das öffentliche Interesse dringend Aufklärung. Das Betriebs- und das Notfallhandbuch seien deswegen Gegenstand des Einsichtsbegehrens, weil sie als Arbeitsgrundlagen nicht manipuliert sein könnten.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Es lägen keine Umweltinformationen im Sinne des Gesetzes vor. Insbesondere fehle es für Maßnahmen oder Tätigkeiten im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Nr. 3 des Bayerischen Umweltinformationsgesetzes (BayUIG) am hinreichenden potentiellen Wirkungszusammenhang mit der Umwelt. Höchst detaillierte Informationen - wie technische Systembeschreibungen oder Handlungs- und Organisationsanweisungen - seien ausgeschlossen, weil sie keinen hinreichend wahrscheinlichen potentiellen Wirkungszusammenhang mehr vermittelten. Der Umweltbezug ergebe sich erst durch Hinzudenken weiterer Kausalschritte. Es bestehe ein potentieller Wirkungszusammenhang und es seien Informationen über sich auf Umweltbestandteile oder Umweltfaktoren auswirkende oder sich potentiell auswirkende Tätigkeiten der Maßnahmen gegeben, wenn es um prognostische Angaben zur Freisetzung von Stoffen, um Daten von Produkten, die tatsächlich in den Verkehr gebracht würden, oder zu tatsächlich stattgefundenen Ereignissen wie Stör- oder Unfällen gehe, nicht jedoch bei detaillierten Angaben zur technischen Methodik, zu wissenschaftlichen Erkenntnissen und technischem Knowhow, die lediglich Voraussetzung für das Entstehen von Umweltinformationen seien. Dies entspreche der Rechtslage unter der Aarhus-Konvention. Die Detailausführungen des Betriebs- sowie des Notfallhandbuches als „Gebrauchsanweisung“ für das Kraftwerk gäben als solche keinen Aufschluss darüber, ob und welche Umweltauswirkungen das unterstellte Befolgen dieser Anweisungen oder das nicht zu unterstellende Nichtbefolgen hätte. Um einen potentiellen Wirkungszusammenhang zu konstruieren, müsste eine Vielzahl weiterer Kausalschritte hinzugedacht werden. Die Handbücher würden vom Kraftwerksbetreiber in eigener Verantwortung erstellt. Sie setzen Vorgaben des Atomrechtes, der Genehmigungen und des umfangreichen sowie gesetzlichen Regelwerkes für alle betrieblichen Situationen um. Darüber hinaus diene das Betriebshandbuch naturgemäß auch betriebswirtschaftlichen Zielen, wie etwa dem komponentenschonenden Betrieb der Anlage.

Mit Schreiben vom 04. August 2015 hat der Beklagte die Begründung des Ablehnungsbescheides ergänzt. Der Bekanntgabe der begehrten Unterlagen stehe auch entgegen, dass nachteilige Auswirkungen auf die öffentliche Sicherheit drohten. Die Offenlegung des Betriebs- und des Notfallhandbuches lasse - auch in Kombination mit anderem Wissen - Rückschlüsse darauf zu, mit welchen unbefugten Einwirkungen Dritte an welchen Stellen der Anlage, an welchen Komponenten oder durch Störung welcher Arbeitsabläufe deren Funktionsfähigkeit beeinträchtigen könnten. Sowohl bei der Herausgabe von Kopien als auch bei Akteneinsicht könnten die Daten weitergegeben werden. Die Sicherheitsarchitektur des Kraftwerkes beruhe zu einem guten Teil auch darauf, dass zulasten dieser Sicherheitsarchitektur kombinierbares Einzelwissen nicht verbreitet werde, sei es dass es sich um die Kombination von dem Betriebs- und dem Notfallhandbuch entnommenen Daten untereinander oder mit Daten von außerhalb des Betriebs- und des Notfallhandbuches handele. Je mehr Informationen aus dem Betriebs- und dem Notfallhandbuch an einen oder verschiedene Antragsteller herausgegeben würden, desto leichter lasse sich daraus ein für einen Außen- oder Innentäter nutzbares Gesamtbild als Mosaik zusammensetzen und zu gegebener Zeit zu Einwirkungen auf die Anlage missbrauchen. Die Unterlagen enthielten insbesondere detaillierte Angaben zur räumlichen Anordnung sicherheitstechnisch bedeutsamer Anlagenteile und -komponenten sowie exakt ausgearbeitete Darstellungen von Arbeitsabläufen für jeden Betriebszustand, sei es Normalbetrieb, Störung, Störfall oder Unfall. Durch die Kenntnis von spezifischen Inhalten des Betriebs- sowie des Notfallhandbuches könne eine Identifikation der besonders für eine massive Einwirkung mit großem Schaden geeigneten Anlagenteile und -komponenten erfolgen und die Reaktion des Personals auf Störungen genau vorhergesehen werden. Die Inhalte ließen sich auch nicht in einen „harmlosen“ und einen „sicherheitsrelevanten“ Teil trennen. Anlagenteile, Komponenten und Betriebsabläufe könnten zu einem bestimmten Zeitpunkt noch keine Relevanz für die kerntechnische Sicherheit der Anlage haben, zu einem späteren Zeitpunkt aufgrund einer Neubewertung diese Relevanz jedoch erhalten. Dies sei hinsichtlich einzelner Komponenten beispielsweise bei der Bewertung von Notfallszenarien in deutschen Kernkraftwerken nach dem Unfall von Fukushima der Fall gewesen. Zwar werde wegen der Auslegungsprinzipien Redundanz, Diversität und Fail-Save-Prinzip sichergestellt, dass ein von Dritten ausgelöster Einzelausfall noch nicht zu einem Schadensereignis führen könne. Jedoch dürfe nicht akzeptiert werden, dass durch die Bekanntgabe detaillierter Anlagendaten beispielsweise terroristische Bestrebungen mit dem Ziel der Herbeiführung eines Kernschadens erleichtert würden und damit das Niveau der Anlagensicherung abgesenkt würde. Ein Maßstab dessen, was an Informationen öffentlich zugänglich gemacht werden könne, lasse sich der atomrechtlichen Verfahrensverordnung in § 3 Abs. 1 Nr. 1 entnehmen. Darin werde der Sicherheitsbericht als im Genehmigungsverfahren öffentlich auszulegende Unterlage geregelt. Dieser enthalte eine Beschreibung der Anlage sowie ihres Betriebes, eine Darstellung und Erläuterung der Konzeption der sicherheitstechnischen Auslegungsgrundsätze sowie der Funktion der Anlage einschließlich ihrer Betriebs- und Sicherheitssysteme, eine Darlegung vorgesehener Maßnahmen zur Schadensvorsorge und Angaben zur Direktstrahlung und der Abgabe von radioaktiven Stoffen durch die Anlage und ihren Betrieb.

Eine Teilherausgabe - insbesondere nach teilweiser Schwärzung - der begehrten Unterlagen würde einen solchen Umfang annehmen und die herausgegebene Information derart entstellen, dass sie einer Verweigerung der Herausgabe gleichkäme. Weiterhin stehe auch der Schutz der in den Unterlagen enthaltenen personenbezogenen Daten des Personals der Beigeladenen oder von dessen Auftragnehmern der Bekanntgabe entgegen. Zu den schutzwürdigen personenbezogenen Daten gehörten insbesondere der Vor- und der Familienname, auch soweit sie zu einer personalisierten E-Mail-Adresse gehörten. Unterschriften seien dem gleichzusetzen. Auch die Dienststellung, Abteilungszugehörigkeit, Rufnummer sowie der Umstand, welche unternehmensinternen, nicht öffentlich zugänglichen Dokumente jemand miterstellt oder freigegeben habe, seien zu schützende personenbezogene Daten. Es sei damit zu rechnen, dass eine Einstellung der Informationen ins Internet erfolge und somit eine uneingeschränkte Abrufbarkeit und Auswertbarkeit gegeben sein werde. Eine erhebliche Beeinträchtigung sei zu befürchten, wenn die genannten Angaben ohne die Zustimmung der Betroffenen einem nicht mehr eingrenzbaren Kreis von Personen und Unternehmen unwiderruflich zugänglich seien und Auskunft über das berufliche Umfeld der Betroffenen sowie zu Details ihrer beruflichen Tätigkeit gäben.

Ein die Versagungsgründe überwiegendes öffentliches Bekanntgabeinteresse, das über das allgemeine öffentliche Informationsinteresse hinausgehe, sei nicht ersichtlich. Insbesondere liege dem Informationsbegehren kein konkreter Störfall zugrunde, sondern das persönliche Interesse an einer „Zweitbegutachtung des Kraftwerks“.

Die Beigeladene beantragt durch ihren Bevollmächtigten,

die Klage abzuweisen.

Die begehrten Unterlagen enthielten zwar keine Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen. Betriebsanweisungen würden von Art. 2 Abs. 2 Nr. 3 BayUIG jedoch nicht erfasst, sondern nur existierende Ist-Daten aus Ereignissen und deren Relevanz für die Umwelt bzw. deren Bestandteile.

Mit der Klageerwiderung vom 19. März 2015 hat der Beklagte Auszüge aus den begehrten Unterlagen vorgelegt. Dies sind die jeweiligen Gesamtinhaltsverzeichnisse, die Einführung in das Betriebshandbuch (Teil 0, Kap. 2) und die Einführung in das Notfallhandbuch (Teil 1, Kap. 1).

Wegen der weiteren Einzelheiten sowie des weiteren Parteivorbringens wird auf die Gerichts- und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg.

Die Klage ist unbegründet, da der Kläger keinen Anspruch auf die durch Verwaltungsakt auszusprechende Eröffnung des Zuganges zu den begehrten Informationen im Wege der Akteneinsicht mit Kopiermöglichkeit hat, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

Bei dem Betriebs- und Notfallhandbuch handelt es sich jedenfalls zum überwiegenden Teil nicht um Umweltinformationen im Sinne des BayUIG (1). Unabhängig davon stehen Versagungsgründe der Bekanntgabe der Informationen insgesamt entgegen (2).

1. Das Betriebs- und das Notfallhandbuch fallen jedenfalls zum überwiegenden Teil unter keine der in Art. 2 Abs. 2 BayUIG definierten Kategorien der Umweltinformation.

1.1 Die Handbücher enthalten offensichtlich keine Daten über den Zustand von Umweltbestandteilen wie Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich Feuchtgebiete, Küsten- und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich gentechnisch-veränderter Organismen, sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen (Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 BayUIG). Genauso wenig liegen Daten über Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung, Abfälle aller Art sowie Emissionen, Ableitungen und sonstige Freisetzungen von Stoffen in die Umwelt, die sich auf die genannten Umweltbestandteile auswirken oder wahrscheinlich auswirken, vor (Art. 2 Abs. 2 Nr. 2 BayUIG). Das Gleiche gilt für die Tatbestände des Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 BayUIG und Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 BayUIG.

1.2 Ebenso liegen keine Daten über den Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit, die Lebensbedingungen des Menschen sowie Kulturstätten und Bauwerke vor, soweit sie jeweils vom Zustand der Umweltbestandteile oder von Umweltfaktoren bzw. Maßnahmen oder Tätigkeiten, die sich auf Umweltbestandteile oder Faktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken bzw. den Schutz von Umweltbestandteilen bezwecken, betroffen sind oder sein können (Art. 2 Abs. 2 Nr. 6 BayUIG). Die Definition nennt ausdrücklich Daten über den Zustand. Solche Daten sind nach der zugrunde liegenden Bestimmung des Art. 2 Nr. 1 Buchst. f der Richtlinie 2003/4/EG beispielsweise Daten über Rückstände in Lebensmitteln und Protokolle von Feldversuchen im Zulassungsverfahren von Pflanzenschutzmitteln (vgl. EuGH, U.v.16.12.2010 - Stichting Natuur en Milieu, C-266/99 - curia Rn. 37 ff.). Technische Informationen, Pläne sowie Betriebsanweisungen beinhalten keine solchen Zustandsdaten. Daran ändert der allenfalls entfernte Zusammenhang nichts, dass aufgrund technischer Informationen und Anweisungen Spekulationen angestellt und Hypothesen aufgestellt werden können, wie der Zustand der menschlichen Gesundheit und Sicherheit sowie die auf ihn möglicherweise einwirkenden Umweltbestandteile oder Faktoren in der Zukunft beschaffen sein könnten.

1.3 Es liegen - jedenfalls zum weit überwiegenden Teil - auch keine Umweltinformationen im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a BayUIG vor. Nach dieser Vorschrift sind Umweltinformationen alle Daten über Maßnahmen oder Tätigkeiten, die sich auf die Umweltbestandteile oder Umweltfaktoren auswirken oder wahrscheinlich auswirken.

Die im Notfall- sowie im Betriebshandbuch enthaltenen Informationen betreffen keine solchen Daten über Maßnahmen oder Tätigkeiten, die sich auf Umweltbestandteile wie Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich Feuchtgebiete, Küsten- und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich gentechnisch veränderter Organismen, oder auf Faktoren wie Stoffe, Energie, Lärm und Strahlung, Abfälle aller Art sowie Emissionen, Ableitungen und sonstige Freisetzungen von Stoffen in die Umwelt auswirken oder wahrscheinlich auswirken.

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Auslegung der RL 2003/4/EG, die dem Bayerischen Umweltinformationsgesetz zugrunde liegt, sowie zur Vorgängervorschrift RL 90/313/EWG sind die Informationstatbestände grundsätzlich weit auszulegen. Dennoch ist kein allgemeines und unbegrenztes Zugangsrecht zu allen bei den Behörden verfügbaren Informationen zu gewähren, die auch nur den geringsten Bezug zu einem Umweltgut aufwiesen (vgl. EuGH, U.v. 12.06.2003 - Glawischnig, C-316/01 - Slg. 2003, I-6009 Rn. 24 f.). Um eine wahrscheinliche Auswirkung im Sinne des Tatbestandes annehmen zu können, bedarf es eines hinreichenden potentiellen Wirkungszusammenhanges (vgl. OVG NRW, U.v. 1.3.2011 - 8 A 2861/07 - juris Rn. 56; BayVGH, B.v. 22.9.2015 - 22 CE 15.1478 - UA Rn. 9). Jeder noch so entfernte, gedanklich konstruierbare Wirkungszusammenhang reicht nicht aus.

Der auf die Konvention von Aarhus (BGBl. 2006 II, 1251), namentlich Art. 2 und 4, sowie die RL 2003/4/EG zurückgehende Begriff der Daten über Maßnahmen und Tätigkeiten setzt zunächst voraus, dass als Anknüpfungspunkt eine Maßnahme oder Tätigkeit vorliegt, die sich auf Umweltbestandteile oder -faktoren auswirkt oder wahrscheinlich auswirkt.

In Betracht kommt zunächst die Erstellung und Fortführung der Handbücher als solche. Dieser Tätigkeit fehlt es an einem hinreichend wahrscheinlichen potentiellen Wirkungszusammenhang mit Umweltbestandteilen oder -faktoren. Weil es sich bei den Handbuchinhalten weitgehend um Anlagenbeschreibungen und Handlungsanweisungen handelt, bedarf es umfangreicher zusätzlicher Annahmen und Unterstellungen, um zwischen der Tatsache, dass Handbücher mit bestimmten Inhalten vorhanden sind, und dem Zustand von Umweltbestandteilen oder Umweltfaktoren einen möglichen kausalen Zusammenhang herzustellen. Ein derart entfernter, auf weitergehenden Spekulationen beruhender Zusammenhang genügt nicht.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht, wenn man als Maßnahme oder Tätigkeit im Sinne des Informationstatbestands die auf den Betrieb der Anlage bezogene Überwachungstätigkeit des Beklagten nach dem Atomrecht verstehen wollte. Diese Tätigkeit kann sich jedenfalls auf Umweltfaktoren im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Nr. 2 BayUIG auswirken, soweit Anordnungen für den Anlagenbetrieb erfolgen (vgl. u. a. § 19 Abs. 3 AtG) und da auch durch den regulären Betrieb eines Kernkraftwerks geringe Mengen ionisierender Strahlung und radioaktiver Stoffe in die Umwelt abgegeben werden.

Das Notfall- sowie das Betriebshandbuch enthalten jedoch keine Daten über diese Überwachungstätigkeiten, weil die darin enthaltenen Informationen selbst nichts über die Tätigkeiten aussagen und keinen hinreichenden Umweltbezug aufweisen. Weder der Wortlaut des Art. 2 Abs. 2 Nr. 3 BayUIG noch die zugrunde liegende Richtlinienvorschrift oder die systematische Anlage der Informationstatbestände lassen eine Auslegung zu, dass jeder noch so entfernte Zusammenhang ausreicht, um den Charakter als Umweltinformation zu begründen. Da Art. 2 Abs. 2 Nr. 3 BayUIG nur Daten über bestimmte umweltbezogene Maßnahmen oder Tätigkeiten als Umweltinformationen erfasst, muss den Daten selbst ein gewisses Maß an inhaltlicher Information und einem durch die Maßnahme oder Tätigkeit vermittelten Umweltbezug zukommen.

Dies folgt aus einer systematischen Zusammenschau der Tatbestände des Art. 2 Abs. 2 Nr. 3 BayUIG mit den weiteren Tatbeständen des Art. 2 Abs. 2 BayUIG, die ergibt, dass nicht nur der Maßnahme oder Tätigkeit, sondern auch den Daten selbst, die „Umweltinformation“ sein sollen, ein hinreichender Umweltbezug zukommen muss. Dieser Umweltbezug ist nämlich bei allen anderen Informationstatbeständen des Art. 2 Abs. 2 BayUIG gegeben. Er liegt bei Daten über Umweltbestandteile im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 BayUIG naturgemäß vor. Gleiches gilt für Daten über die Umweltfaktoren im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Nr. 2 BayUIG. Auch Daten über Berichte über die Umsetzung des Umweltrechtes im Sinne des Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 BayUIG sind begriffsnotwendig umweltbezogen. Daten über Maßnahmen und Tätigkeiten sind regelmäßig nur solche, in denen sich die betreffende umweltrelevante Maßnahme oder Tätigkeit selbst abbildet. Der Gemeinschaftsgesetzgeber hat es deshalb in Art. 2 Nr. 1 Buchst. e RL 2003/4/EG und in Umsetzung davon der bayerische Gesetzgeber in Art. 2 Abs. 2 Nr. 5 BayUIG für erforderlich gehalten, zur Klarstellung des Begriffs der Umweltinformationen ausdrücklich auch Daten über Kosten-Nutzen-Analysen oder sonstige wirtschaftliche Analysen und Annahmen einzubeziehen, die zur Vorbereitung oder Durchführung von Maßnahmen oder Tätigkeiten im Sinn von Nr. 3 der Vorschrift verwendet werden. Dies war nur deshalb notwendig, da nach dem zugrunde gelegten Verständnis des Gesetzes nicht sämtliche Daten, die irgendwie im Zusammenhang mit einer Maßnahme oder Tätigkeit stehen, zugleich auch Daten über diese Maßnahme oder Tätigkeit im Sinne des Umweltinformationsrechtes sind. Dies ergibt sich zudem aus den in Gesetz und Richtlinie aufgenommenen Beispielen politische Konzepte, Rechts- und Verwaltungsvorschriften, Abkommen, Umweltvereinbarungen, Pläne und Programme.

Die höchstrichterlich entschiedenen Fälle bestätigen dieses Ergebnis, dass nur solche Daten unter den Begriff der Umweltinformation fallen. So hat der Europäische Gerichtshof über eine Stellungnahme der Verwaltung entschieden, die die Entscheidung über die Planfeststellung hinsichtlich der Belange des Umweltschutzes beeinflussen konnte, und hat diesbezüglich das Vorliegen einer Umweltinformation bejaht (EuGH, U.v. 17.06.1998 - Mecklenburg, C-321/96 - Slg. 1998, I-3824 Rn. 21). Das Bundesverwaltungsgericht hat zum Umweltinformationsgesetz des Bundes entschieden, dass Bescheide über die Zuteilung von Treibhausgas-Immissionsberechtigungen insgesamt Umweltinformationen sind, da der Bescheid selbst die Daten über die Zuteilung enthält (vgl. BVerwG, U.v. 24.09.2009 - 7 C 2/09 - NVwZ 2010, 189/191).

1.4 enauso wenig liegen mit dem Betriebs- und dem Notfallhandbuch Daten über Maßnahmen oder Tätigkeiten vor, die den Schutz von Umweltbestandteilen wie Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Landschaft sowie natürliche Lebensräume einschließlich Feuchtgebiete, Küsten- und Meeresgebieten, der Artenvielfalt und ihrer Bestandteile, einschließlich gentechnisch veränderter Organismen, bezwecken, Art. 2 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. b BayUIG.

Auch hier bedarf es der Anknüpfung an eine konkrete Tätigkeit oder Maßnahme.

Betrachtet man die Erstellung und Fortführung der Handbücher als solche Tätigkeit, so fehlt es an der Zweckausrichtung auf den Schutz von Umweltbestandteilen. Zwar muss der Schutz von Umweltbestandteilen nicht der Hauptzweck einer Tätigkeit sein und kann auch lediglich mittelbar angestrebt werden (vgl. BVerwG, U.v. 25.3.1999 - 7 C 21.98 - BVerwGE 108, 369/377). Jeder noch so entfernte Bezug zum Schutz von Umweltbestandteilen genügt jedoch nicht. Die Erstellung und Fortführung des Betriebs- und Notfallhandbuchs dient der Sicherstellung eines ordnungsgemäßen und zweckdienlichen Handelns des Bedienpersonals in verschiedenen Betriebssituationen. Zum Schutz der Umweltbestandteile vor negativer Beeinflussung, namentlich durch Emissionen des Kraftwerks, besteht nur ein entfernter, über zahlreiche weitere hypothetische Kausalschritte zu konstruierender Bezug.

Nichts anderes gilt im Ergebnis für die Überwachungstätigkeit des Beklagten nach dem Atomgesetz. Diese dient ausweislich des § 1 Nr. 2 Atomgesetz (AtG) dem Schutz von Leben, Gesundheit und Sachgütern vor den Gefahren der Kernenergie sowie der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung. Die Überwachung des Betriebes dient damit auch dem Schutz von Umweltbestandteilen vor Strahlung. Es liegen jedoch nach den oben dargestellten Maßstäben weder mit dem Betriebs- noch mit dem Notfallhandbuch Daten über diese Tätigkeit vor. Aus dem Inhalt der Dokumente selbst ergibt sich nichts über die Tätigkeit.

2. Ungeachtet dessen ist die Herausgabe ausgeschlossen, da der Ausschlussgrund der nachteiligen Auswirkungen auf die öffentliche Sicherheit dem entgegensteht. Nach Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayUIG ist der Antrag auf Zugänglichmachung von Umweltinformationen abzulehnen, wenn das Bekanntgeben der Informationen nachteilige Auswirkungen auf die öffentliche Sicherheit hätte, es sei denn, das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt.

2.1 Die Bekanntgabe des Betriebshandbuches durch die Gewährung von Akteneinsicht oder Zurverfügungstellung von Kopien hat nachteilige Auswirkungen auf die öffentliche Sicherheit. Zu den Schutzgütern der öffentlichen Sicherheit im Sinne des unionsrechtlich vorgeprägten Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayUIG gehören Leben, Gesundheit und nicht unwesentliche Vermögenswerte. Diese Güter werden durch einen gezielten Angriff auf Kernkraftwerke und die in der Folge auftretende Freisetzung von ionisierender Strahlung und radioaktiven Stoffen beeinträchtigt. Nachteilige Auswirkungen im Sinne der Vorschrift liegen vor, wenn bei einem Zugänglichmachen der begehrten Informationen nach prognostischer Betrachtung mit Handlungen zu rechnen ist, die die genannten Schutzgüter ernsthaft beeinträchtigen können (vgl. OVG RhPf, U.v. 2.6.2006 - 8 A 10267/06 - NVwZ 2007, 351/353). Ebenso wenig wie bei dem entsprechenden Ausschlussgrund des § 3 Nr. 2 Informationsfreiheitsgesetz (IFG) ist eine konkrete Gefahr im sicherheitsrechtlichen Sinne erforderlich. Es genügt die Möglichkeit einer Beeinträchtigung, die allerdings nicht nur eine theoretische sein darf; vielmehr müssen nachteilige Auswirkungen auf das Schutzgut konkret zu erwarten sein. Eher fernliegende Befürchtungen scheiden aus (zu § 3 Nr. 2 IFG: BayVGH, U.v. 5.8.2015 - 5 BV 15.160 - juris Rn. 28; zu § 3 Nr. 1 und 3 IFG: BVerwG, U.v. 27.11.2014 - 7 C 12/13 - NVwZ 2015, 675/676). Nach diesen Maßstäben ist hier eine ernsthafte Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit im Hinblick auf Leben, Gesundheit sowie erhebliche Sachwerte durch mögliche Angriffe Dritter auf kerntechnische Anlagen gegeben. Das Risikopotential im Bereich der so genannten auslegungsüberschreitenden Ereignisse in Atomanlagen wie Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter ist hoch. Nach heutigem Stand von Wissenschaft und Technik werden Vorsorgemaßnahmen auch gegen auslegungsüberschreitende Ereignisse verlangt (BVerwG, B.v. 20.9.2010 - 20 F 9/10 - NVwZ-RR 2011, 135/136; U.v. 10.4.2008 - 7 C 39.07 - BVerwGE 131, 129 Rn. 32). Die Gefahr ist konkret und nachweisbar, da es einen Personenkreis gibt, der bereit ist Anschläge durchzuführen, die für eine Vielzahl von Menschen zu Schaden von Leib und Leben führen können. Diese Gefahr wird mit der Veröffentlichung von detaillierten Daten über die Einrichtungen einer Anlage, deren räumliche Lage sowie technische und organisatorische Einzelheiten des Betriebes erhöht. Dabei kommt es nicht darauf an, dass keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Kläger selbst zu dem gefährdenden Personenkreis gehört. Mit der Herausgabe an einen Antragsteller, der nach der gesetzlichen Konzeption das öffentliche Informationsinteresse repräsentiert, ist davon auszugehen, dass die Information grundsätzlich unbegrenzt weiterverbreitet werden kann.

Gleiches gilt erst recht für das Notfallhandbuch. Dessen Sicherheitsrelevanz ist noch stärker ausgeprägt, da spezifische Maßnahmen zur Bewältigung von irregulären Betriebssituationen und Notfällen Gegenstand dieser Unterlage sind, und die Kenntnis solcher Maßnahmen die aus Sicht eines Angreifers die erfolgreiche, weil die Wirksamkeit dieser Maßnahmen vereitelnde Durchführung eines Angriffs ermöglichen kann.

2.2 Es überwiegt auch nicht das öffentliche Informationsinteresse. Ein besonderes öffentliches Informationsinteresse, das über dasjenige hinausginge, das den voraussetzungslosen Informationsanspruch nach dem Umweltinformationsrecht begründet, ist vorliegend nicht gegeben. Insbesondere sind nicht Informationen betroffen, die einen konkreten Störfall, eine konkrete Beeinträchtigung von Umweltbestandteilen oder sonstige tatsächliche Geschehnisse zum Gegenstand haben, die eine gesteigerte Umweltrelevanz aufweisen und damit das in Art. 7 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayUIG normierte öffentliche Interesse an der Unzugänglichkeit der Information zum Schutze der öffentlichen Sicherheit überwiegen könnten.

2.3 Jedenfalls in Teilen steht auch Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayUIG der Zurverfügungstellung des Betriebs- sowie des Notfallhandbuches entgegen. Soweit verantwortliche Personen und Diensthabende in Schichtplänen, Listen oder sonstigen Dokumenten namentlich benannt sind, liegen personenbezogene Daten vor (vgl. Art. 4 Abs. 1 BayDSG). Es fehlt an der Zustimmung der Betroffenen und an einem öffentlichen Interesse an der Bekanntgabe, das die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen überwiegt, die durch die Bekanntgabe beeinträchtigt würden. Durch das Bekanntwerden persönlicher Daten im Zusammenhang mit der Tätigkeit in einer atomtechnischen Anlage und der spezifischen Funktion im Betrieb würde das schutzwürdige Interesse an der Privatheit von Einzelheiten aus dem Bereich der beruflichen Tätigkeit der Betroffenen beeinträchtigt. Ein überwiegendes Interesse der Öffentlichkeit an der Bekanntgabe ist nicht ersichtlich.

3. Da der Versagungsgrund der nachteiligen Auswirkungen auf die öffentliche Sicherheit das Betriebs- und das Notfallhandbuch insgesamt betrifft, kommt auch eine teilweise Herausgabe nach Art. 6 Abs. 3 BayUIG nicht in Betracht. Jedes Bekanntwerden von exakten Einzelinformationen über betriebliche, technische und organisatorische Verhältnisse beeinträchtigt die öffentliche Sicherheit.

Der Kläger trägt als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens (§ 154 Abs. 1 VwGO). Es entspricht der Billigkeit, ihm auch die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, weil diese einen eigenen Sachantrag gestellt und sich damit selbst einem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergeht nach § 167 Abs. 1 und 2 VwGO, § 708 Nr. 11, § 709 Satz 2, § 711 ZPO.

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Referenzen - Gesetze

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 162


(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens. (2) Die Gebühren und Auslage

Zivilprozessordnung - ZPO | § 709 Vorläufige Vollstreckbarkeit gegen Sicherheitsleistung


Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Ziffern I und II des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München vom 22. Juni 2015 werden geändert.

II.

Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, dem Antragsteller Einsicht in folgende Informationen zu gewähren, die in ihren gaststättenrechtlichen Erlaubnisakten zum Betrieb des Beigeladenen enthalten sind: Aktueller Erlaubnisbescheid, bei lediglich vorläufig erteilter Erlaubnis auch vorheriger Erlaubnisbescheid, immissionsschutzfachliche Lärmgutachten, Lärmprognosen und Lärmmessergebnisse; ggf. immissionsschutzfachliche Geruchsgutachten.

Im Übrigen werden der Antrag abgelehnt und die Beschwerde zurückgewiesen.

III.

Von den Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen haben der Antragsteller und die Antragsgegnerin jeweils die Hälfte zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.

IV.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt im Wege der einstweiligen Anordnung die Gewährung von Akteneinsicht in die von der Antragsgegnerin für die Gaststätte des Beigeladenen geführten gaststättenrechtlichen Erlaubnisakten, um sich gegen Immissionen aus diesem Betrieb wehren zu können. Die Antragsgegnerin hat dies u. a. unter Verweis auf die fehlende Verfahrensbeteiligung des Antragstellers versagt und das Vorliegen von Umweltinformationen verneint.

Einen diesbezüglichen Antrag des Antragstellers nach § 123 VwGO hat das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 22. Juni 2015 abgelehnt; hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers.

Die Antragsgegnerin tritt der Beschwerde entgegen; ebenso sinngemäß der Beigeladene.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten.

II.

Die Beschwerde ist teilweise begründet. Die Beschwerdebegründung des Antragstellers, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO), erfordert eine teilweise Änderung des angefochtenen Beschlusses.

Die Ausführungen der Beschwerdebegründung rechtfertigen nicht, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zur Gewährung umfassender Akteneinsicht bezüglich aller Verwaltungshandlungen im Zusammenhang mit der Erteilung einer Gaststättenerlaubnis an den Beigeladenen für den Betrieb seiner Gaststätte zu verpflichten, sondern lediglich zur Zugänglichmachung bestimmter in den von ihr über den Betrieb des Beigeladenen geführten gaststättenrechtlichen Erlaubnisakten enthaltener Informationen: aktueller Erlaubnisbescheid, bei lediglich vorläufig erteilter Erlaubnis auch vorheriger Erlaubnisbescheid, immissionsschutzfachliche Lärmgutachten, Lärmprognosen und Lärmmessergebnisse, ggf. immissionsschutzfachliche Geruchsgutachten. Für einen weitergehenden Anspruch hat der Antragsteller zumindest keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht; auch im Hinblick auf einen Anordnungsanspruch bestehen Zweifel. Für die oben genannten Informationen sind die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung hingegen erfüllt.

Der Antragsteller begehrt eine die Hauptsache irreversibel vorwegnehmende vorläufige Regelung, die nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO nur ergehen kann, wenn ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg auch in der Hauptsache spricht und wenn die ohne einstweilige Anordnung zu erwartenden Nachteile für den Antragsteller unzumutbar wären (vgl. BayVGH, B. v. 16.9.2011 - 22 CE 11.2174 - Rn. 3). Dies hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren nur für einen Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen glaubhaft gemacht, nicht jedoch für einen weiterreichenden allgemeinen Akteneinsichtsanspruch (vgl. § 123 Abs. 3 VwGO i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO).

1. Der Antragsteller hat einen Anspruch auf Zugang zu Umweltinformationen über die vom Beigeladenen betriebene Gaststätte als Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.

a) Der Antragsteller begehrt Zugang zu Umweltinformationen. Umweltinformationen sind nach Art. 2 Abs. 2 BayUIG alle Daten u. a. über Faktoren wie Lärm und Emissionen sowie über Maßnahmen oder Tätigkeiten, die sich auf Umweltbestandteile auswirken oder wahrscheinlich auswirken. Dieser Begriff ist von der Zielsetzung einer Transparenz zwischen Bürger und Staat in Angelegenheiten des Umweltschutzes her weit auszulegen und schließt jede Tätigkeit einer Behörde ein, die dem Schutz der Umwelt dient (vgl. BVerwG, U. v. 25.3.1999 - 7 C 21.98 - BVerwGE 108, 369/376 m. w. N.). Dazu zählen alle Daten im Zusammenhang mit Tätigkeiten im Sinne von Art. 2 Abs. 2 Nr. 3 BayUIG, ohne dass dies für jede einzelne Angabe gesondert festgestellt zu werden braucht (vgl. BVerwG, U. v. 24.9.2009 - 7 C 2.09 - NVwZ 2010, 189; OVG Rh-Pf, U. v. 1.3.2011 - 8 A 2861/07 - juris Rn. 62 zu § 2 Abs. 3 Nr. 3 UIG). Da eine gaststättenrechtliche Erlaubnis nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG nur erteilt werden darf, wenn keine schädlichen Umwelteinwirkungen zu befürchten sind, dienen der Erlaubnisvorbehalt gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 GastG, die Prüfung insbesondere der Erlaubnisvoraussetzungen nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG und schließlich die Erlaubniserteilung - ggf. unter umweltschützenden Nebenbestimmungen - (auch) dem Schutz der Umwelt. Umweltinformationen sind hier aktueller Erlaubnisbescheid, bei lediglich vorläufig erteilter Erlaubnis auch vorheriger Erlaubnisbescheid, immissionsschutzfachliche Lärmgutachten, Lärmprognosen und Lärmmessergebnisse, ggf. immissionsschutzfachliche Geruchsgutachten als relevante Tätigkeiten zum Schutz der Umwelt vor dem Betrieb des Beigeladenen. Es ist nach dem Beschwerdevorbringen hinreichend wahrscheinlich, dass sich etwaige Immissionen aus diesem Betrieb auf die Umwelt auswirken, wobei ein potentieller Wirkungszusammenhang genügt (vgl. OVG Rh-Pf, U. v. 30.1.2014 - 1 A 10999/13 - juris Rn. 49 m. w. N.). Es ist jedenfalls möglich, dass der strittige Gaststättenbetrieb über der Geringfügigkeitsgrenze liegende Auswirkungen auf immissionsschutzfachliche Belange hat (vgl. BayVGH, B. v. 2.10.2007 - 22 CE 07.2187 - Rn. 2).

b) Die Antragsgegnerin ist eine nach Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 BayUIG i. V. m. § 1 Abs. 1 GastV und Art. 9 Abs. 1 Satz 1 BayGO informationspflichtige Stelle. Sie verfügt auch über die strittigen Informationen. Gegenteiliges hat sie nicht eingewandt; auch hat sie nicht substantiiert mitgeteilt, dass und wo die begehrten Informationen anderweitig im Sinne von Art. 3 Abs. 2 Satz 3 BayUIG bereits zur Verfügung stünden.

c) Nach dem Vortrag der Beteiligten stehen dem Zugang zu den genannten Umweltinformationen keine von Art. 7 und Art. 8 BayUIG geschützten Belange entgegen (für Emissionsdaten gilt zudem Art. 8 Abs. 1 Satz 2 BayUIG). Insbesondere hat der vom Verwaltungsgerichtshof zum Verfahren beigeladene Gastwirt keine solchen Belange geltend gemacht. Allerdings erstreckt sich der Anspruch des Antragstellers nach Art. 3 Abs. 1 und Abs. 2 BayUIG nur auf Umweltinformationen. Andere, insbesondere die gaststättenrechtliche Zuverlässigkeit des Beigeladenen (§ 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 GastG) betreffende Informationen sind von diesem Anspruch nicht umfasst. Sollten solche in den im Tenor genannten Unterlagen enthalten sein, hat die Antragsgegnerin sie in geeigneter Weise vor der Zugangsgewährung unkenntlich zu machen (vgl. BVerwG, U. v. 25.3.1999 - 7 C 21.98 - BVerwGE 108, 369/379).

d) Gewichtige Gründe gegen die vom Antragsteller begehrte Gewährung von Akteneinsicht sind weder geltend gemacht noch ersichtlich (Art. 3 Abs. 2 Satz 1 BayUIG).

2. Hinsichtlich des unter II.1. genannten Anordnungsanspruchs hat der Antragsteller auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Die Unzumutbarkeit eines Zuwartens bis zum Ausgang eines etwaigen Klageverfahrens in der Hauptsache ergibt sich zwar nicht allein aus einer etwaigen Beeinträchtigung seiner in derselben Wohneigentumsanlage wie die Gaststättenräume gelegenen Wohnung. Dass er nach eigenem Vortrag fortdauernden Lärm- und Geruchsimmissionen ausgesetzt sei, genügt allein wohl noch nicht, denn dass diese bis zum Abschluss des Hauptsachverfahrens unzumutbar wären, ist nur behauptet, aber nicht substantiiert. Allerdings kann der Antragsteller für seinen Anordnungsgrund zusätzlich auf die aus dem Beschleunigungsgrundsatz folgende Monatsfrist des Art. 3 Abs. 3 BayUIG verweisen. Diese ist vorliegend seit seinem an die Antragsgegnerin gerichteten Zugangsbegehren bereits länger verstrichen, so dass die Dringlichkeit der Erfüllung des Zugangsbegehrens umso mehr Gewicht erlangt (wie hier Troidl, BayVBl. 2015, 581/590). Zwar sieht Art. 9 BayUIG keine speziellen Erleichterungen im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes vor, so dass die einstweilige Anordnung auch hier nötig erscheinen muss, um wesentliche Nachteile abzuwenden, doch legen die dem Umweltinformationsgesetz zugrunde liegenden Zwecke jedenfalls dann eine Beschleunigung der Rechtsdurchsetzung nahe, wenn der Regelungsanspruch einen hohen Evidenzgrad besitzt. Die Unzumutbarkeit der Verweisung des Rechtsuchenden auf ein Hauptsacheverfahren wird auch hier zusätzlich von materiell-rechtlichen Wertungen beeinflusst (vgl. BayVGH, B. v. 22.11.2000 - 22 ZE 00.2779 - NVwZ 2001, 342 f.). Daher ist ein Anordnungsgrund insoweit glaubhaft gemacht.

3. Keinen Anordnungsgrund hat der Antragsteller hingegen für seine weiterreichenden Ansprüche auf Akteneinsicht und Information glaubhaft gemacht, so dass die Prüfung und ggf. Erfüllung der behaupteten Ansprüche erforderlichenfalls einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben muss. Weder sind dem Antragsteller drohende unzumutbare Nachteile hinreichend substantiiert vorgebracht, noch findet die Annahme einer Dringlichkeit sonst eine Stütze. Was den Anordnungsanspruch angeht, ist darauf hinzuweisen, dass die Umweltinformationsgesetze nicht bezwecken, ein allgemeines und unbegrenztes Zugangsrecht zu allen bei den Behörden verfügbaren Informationen zu gewähren, die auch nur den geringsten Bezug zu einem der geschützten Umweltgüter oder -belange aufweisen (vgl. EuGH, U. v. 12.6.2003 - C-316/01 - Slg. 2003, I-5995 Rn. 25; BayVGH, B. v. 2.10.2007 - 22 CE 07.2187 - Rn. 2). Es ist auch darauf hinzuweisen, dass die Bekanntgabe personenbezogener Daten über die gaststättenrechtliche Zuverlässigkeit des Beigeladenen dessen schutzwürdige Interessen beeinträchtigen könnte (Art. 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BayUIG).

Kosten: § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen waren den anderen Beteiligten auch nicht teilweise aus Billigkeit aufzuerlegen, da der Beigeladene zwar einen - sachlich falschen - Antrag auf Klageabweisung statt auf Beschwerdezurückweisung gestellt hat und damit ein Kostenrisiko eingegangen ist, aber das Verfahren inhaltlich in keiner Weise gefördert hat.

Streitwert: § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 2, § 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG; wie Vorinstanz.

(1) Der Umgang und Verkehr mit radioaktiven Stoffen, die Errichtung, der Betrieb und der Besitz von Anlagen der in § 7 bezeichneten Art und die Beförderung dieser Stoffe und Anlagen unterliegen der staatlichen Aufsicht. Die Aufsichtsbehörden haben insbesondere darüber zu wachen, daß nicht gegen die Vorschriften dieses Gesetzes und der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen, die hierauf beruhenden Anordnungen und Verfügungen der Aufsichtsbehörden und die Bestimmungen des Bescheids über die Genehmigung oder allgemeine Zulassung verstoßen wird und daß nachträgliche Auflagen eingehalten werden. Auf die Befugnisse und Obliegenheiten der Aufsichtsbehörden finden die Vorschriften des § 139b der Gewerbeordnung entsprechende Anwendung. Das für die kerntechnische Sicherheit und den Strahlenschutz zuständige Bundesministerium kann die ihm von den nach den §§ 22 bis 24 zuständigen Behörden übermittelten Informationen, die auf Verstöße gegen Ein- und Ausfuhrvorschriften dieses Gesetzes oder der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen, gegen die hierauf beruhenden Anordnungen und Verfügungen der Aufsichtsbehörden oder gegen die Bestimmungen des Bescheids über die Genehmigung hinweisen, an das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat übermitteln, soweit dies für die Wahrnehmung der Aufgaben des Bundeskriminalamtes bei der Verfolgung von Straftaten im Außenwirtschaftsverkehr erforderlich ist; die übermittelten Informationen dürfen, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, nur für den Zweck verwendet werden, zu dem sie übermittelt worden sind.

(2) Die Beauftragten der Aufsichtsbehörde und die von ihr nach § 20 zugezogenen Sachverständigen oder die Beauftragten anderer zugezogener Behörden sind befugt, Orte, an denen sich radioaktive Stoffe oder Anlagen der in den der in § 7 bezeichneten Art befinden oder an denen hiervon herrührende Strahlen wirken, oder Orte, für die diese Voraussetzungen den Umständen nach anzunehmen sind, jederzeit zu betreten und dort alle Prüfungen anzustellen, die zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendig sind. Sie können hierbei von den verantwortlichen oder dort beschäftigten Personen die erforderlichen Auskünfte verlangen. Im übrigen gilt § 7 Absatz 4 und 5 des Gesetzes über überwachungsbedürftige Anlagen entsprechend. Das Grundrecht des Artikels 13 des Grundgesetzes über die Unverletzlichkeit der Wohnung wird eingeschränkt, soweit es diesen Befugnissen entgegensteht.

(3) Die Aufsichtsbehörde kann anordnen, daß ein Zustand beseitigt wird, der den Vorschriften dieses Gesetzes oder der auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Rechtsverordnungen, den Bestimmungen des Bescheids über die Genehmigung oder allgemeine Zulassung oder einer nachträglich angeordneten Auflage widerspricht oder aus dem sich durch die Wirkung ionisierender Strahlen Gefahren für Leben, Gesundheit oder Sachgüter ergeben können. Sie kann insbesondere anordnen,

1.
daß und welche Schutzmaßnahmen zu treffen sind,
2.
daß radioaktive Stoffe bei einer von ihr bestimmten Stelle aufbewahrt oder verwahrt werden,
3.
dass der Umgang mit radioaktiven Stoffen, die Errichtung und der Betrieb von Anlagen der in § 7 bezeichneten Art einstweilen oder, wenn eine erforderliche Genehmigung nicht erteilt oder rechtskräftig widerrufen ist, endgültig eingestellt wird.

(4) Die Aufsichtsbefugnisse nach anderen Rechtsvorschriften und die sich aus den landesrechtlichen Vorschriften ergebenden allgemeinen Befugnisse bleiben unberührt.

(5) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für Anlagen des Bundes nach § 9a Absatz 3 Satz 1 und für die Schachtanlage Asse II.

Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht,

1.
wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen haben kann auf
a)
internationale Beziehungen,
b)
militärische und sonstige sicherheitsempfindliche Belange der Bundeswehr,
c)
Belange der inneren oder äußeren Sicherheit,
d)
Kontroll- oder Aufsichtsaufgaben der Finanz-, Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden,
e)
Angelegenheiten der externen Finanzkontrolle,
f)
Maßnahmen zum Schutz vor unerlaubtem Außenwirtschaftsverkehr,
g)
die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens, den Anspruch einer Person auf ein faires Verfahren oder die Durchführung strafrechtlicher, ordnungswidrigkeitsrechtlicher oder disziplinarischer Ermittlungen,
2.
wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden kann,
3.
wenn und solange
a)
die notwendige Vertraulichkeit internationaler Verhandlungen oder
b)
die Beratungen von Behörden beeinträchtigt werden,
4.
wenn die Information einer durch Rechtsvorschrift oder durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegt,
5.
hinsichtlich vorübergehend beigezogener Information einer anderen öffentlichen Stelle, die nicht Bestandteil der eigenen Vorgänge werden soll,
6.
wenn das Bekanntwerden der Information geeignet wäre, fiskalische Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr oder wirtschaftliche Interessen der Sozialversicherungen zu beeinträchtigen,
7.
bei vertraulich erhobener oder übermittelter Information, soweit das Interesse des Dritten an einer vertraulichen Behandlung im Zeitpunkt des Antrags auf Informationszugang noch fortbesteht,
8.
gegenüber den Nachrichtendiensten sowie den Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Bundes, soweit sie Aufgaben im Sinne des § 10 Nr. 3 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes wahrnehmen.

Gründe

Bayerischer Verwaltungsgerichtshof München

5 BV 15.160

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 5. August 2015

(VG Ansbach, Entscheidung vom 14. November 2014, Az.: AN 14 K 13.302149)

5. Senat

Sachgebietsschlüssel: 1730

Hauptpunkte: Informationszugang; Diensttelefonliste eines Jobcenters; Amtliche Information (offen gelassen); Ausschlussgrund „mögliche Gefährdung der öffentlichen Sicherheit“; Rechtsgüter des Einzelnen; Funktionsfähigkeit einer Behörde

Rechtsquellen:

Leitsätze:

In der Verwaltungsstreitsache

...,

gegen

Jobcenter ...,

vertreten durch den Geschäftsführer, R.-W.-Platz ..., N.,

- Beklagter -

beteiligt:

Landesanwaltschaft B., als Vertreter des öffentlichen Interesses, L.-str. ..., M.,

wegen Verfahren nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG);

hier: Berufung des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Ansbach vom 14. November 2014,

erlässt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof, 5. Senat, durch den Präsidenten des Verwaltungsgerichtshofs Kersten, die Richterin am Verwaltungsgerichtshof Greve-Decker, den Richter am Verwaltungsgerichtshof Dr. Wagner aufgrund mündlicher Verhandlung vom 5. August 2015 am 5. August 2015 folgendes Urteil:

I.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

IV.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der auch im Zuständigkeitsbereich des Beklagten als Rechtsanwalt tätige Kläger begehrt die Übermittlung einer Diensttelefonliste mit den Durchwahlnummern der mit Bürgerkontakt tätigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen im Jobcenter N.-Stadt.

Der Beklagte hat als gemeinsame Einrichtung von Bundesagentur für Arbeit und Stadt N. den Entschluss gefasst, die Dienstleistung „Telefonie“ der Bundesagentur für Arbeit zu übertragen (§ 44b Abs. 4 SGB II). Diese stellt generell die telefonische Erreichbarkeit der Mitarbeiter/-innen der Jobcenter in Deutschland nicht über Durchwahltelefonnummern sicher, sondern steuert sie über ein Service Center, das montags bis freitags von 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr unter einer einheitlichen, im Internet veröffentlichten Telefonnummer erreichbar ist.

Am 15. August 2013 beantragte der Kläger beim Beklagten die Übersendung der internen Diensttelefonliste mit den entsprechenden Durchwahlnummern der mit Bürgerkontakt tätigen Mitarbeiter/-innen.

Mit Bescheid vom 22. August 2013 lehnte der Beklagte dies ab. Zur Begründung führte er aus, die telefonische Erreichbarkeit des Jobcenters sei durch das Service Center gewährleistet. Der Schutz personenbezogener Mitarbeiterdaten nach § 5 Abs. 1 IFG stehe einer Herausgabe der Telefonliste entgegen. Eine Telefonliste ohne Namen der Mitarbeiter sei nicht hilfreich, da es für Außenstehende aufgrund der Kundensteuerung und der Sonderteams im Jobcenter N.-Stadt praktisch unmöglich sei, die jeweils richtige Rufnummer zu finden.

Den dagegen erhobenen Widerspruch des Klägers wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 25. November 2013 zurück. Eine Abwägung der Interessen der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen am Schutz ihrer personenbezogenen Daten mit dem Informationsinteresse des Widerspruchsführers ergebe, dass die Schutzbedürftigkeit der Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen das Interesse des Widerspruchsführers überwiege.

Die hiergegen mit Schreiben vom 16. Dezember 2013 erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Ansbach mit Urteil vom 14. November 2014 abgewiesen. Einiges spreche dafür, dass rein dienstinterne Daten, die wie die streitgegenständliche Telefonliste nicht Bestandteil eines bestimmten Verwaltungsvorgangs werden sollten, ebenso wie Entwürfe und Notizen i. S. v. § 2 Nr. 1 IFG nicht als amtliche Informationen angesehen werden könnten. Im Übrigen hätte das Begehren des Klägers eine Informationsbeschaffungspflicht zum Inhalt, die das Informationsfreiheitsgesetz gerade nicht normiere. Denn beim Beklagten sei lediglich eine Telefonliste vorhanden, die die vollständigen Namen sämtlicher Mitarbeiter enthalte, also auch derer, die nicht mit Bürgerkontakt im Sinne des klägerischen Antrags tätig seien, so dass dieser im Grunde die Erstellung einer derzeit nicht vorhandenen Liste verlange. Ungeachtet dessen scheitere der geltend gemachte Anspruch jedenfalls am Ausnahmetatbestand des § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG, da das Informationsbegehren des Klägers weit über die vom Gesetzgeber in § 5 Abs. 4 IFG zugelassene Bekanntgabe personenbezogener Daten von Amtsträgern (Name, Titel, akademischer Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung, Büroanschrift und -telekommunikationsnummer von Bearbeitern, soweit sie Ausdruck und Folge der amtlichen Tätigkeit sind) hinausgehe.

Mit der vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des verwaltungsgerichtlichen Urteils zu verurteilen, dem Kläger Zugang zu den Diensttelefonlisten mit den Durchwahlnummern der im Bürgerkontakt tätigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen des Jobcenters N.-Stadt zu gewähren.

Das klägerische Begehren, von einem namentlichen Mitarbeiter eine telefonische Durchwahl zu erhalten, berühre weder das Persönlichkeitsrecht des Mitarbeiters noch dessen (privaten) Wirkungskreis. Die mögliche Einschränkung der Funktionsfähigkeit des Jobcenters durch die Bekanntgabe der Telefondurchwahlnummern der Mitarbeiter/-innen sei kein zulässiger Abwägungsgrund im Rahmen des Informationsfreiheitsgesetz.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Er führt weiter aus, bei der begehrten internen Telefonliste des Beklagten handele es sich nicht um amtliche Informationen, da sie nicht Bestandteil eines Verwaltungsvorgangs werden sollten. Sie dienten lediglich der internen Kommunikation. Der Beklagte weist zusätzlich darauf hin, dass einzelne Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen nach einer Veröffentlichung der Diensttelefonliste auf www... privat angeschrieben, in sozialen Netzwerken persönlich diffamiert und bedroht worden seien. Die telefonische Erreichbarkeit des Beklagten sei für den Kläger auch ohne Bekanntgabe sämtlicher Durchwahlnummern sichergestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 5. August 2015 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers hat keinen Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zugang zur aktuellen Diensttelefonliste des Beklagten. Der den Antrag ablehnende Bescheid des Beklagten ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

1. Als Rechtsgrundlage für den geltend gemachten Anspruch auf Gewährung des Zugangs zu den Diensttelefonlisten mit der Durchwahlnummer der im Bürgerkontakt tätigen Mitarbeiter/innen des Beklagten kommt allein § 1 Abs. 1 IFG in Betracht. Danach hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen.

1.1 Der Beklagte ist grundsätzlich nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG informationspflichtig. Er ist zwar keine Bundesbehörde und auch kein sonstiges Bundesorgan‚ keine sonstige Bundeseinrichtung und keine Person im Sinne von § 1 Abs. 1 Satz 2‚ 3 IFG. Die Anwendbarkeit des IFG auf den Beklagten ergibt sich jedoch aus § 50 Abs. 4 Satz 2 SGB II‚ wonach sich der Informationsanspruch gegenüber einer „gemeinsamen Einrichtung“ nach § 44b Abs. 1 SGB II nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes richtet.

1.2 § 1 Abs. 1 IFG gewährt einen Anspruch auf Zugang zu „amtlichen Informationen“. Ob es sich bei Diensttelefonliste von Jobcentern um eine solche amtliche Information handelt‚ wird in der bisher hierzu ergangenen Rechtsprechung uneinheitlich beurteilt (vgl. bejahend: VG Leipzig‚ U. v. 10.1.2013 - 5 K 98/11 - juris Rn. 27 ff.; VG Arnsberg‚ U. v. 31.3.2014 - 7 K 1755/13 - juris Rn. 27 ff.; VG Gießen‚ U. v. 24.2.2014 - 4 K 2911/13.GI - juris Rn. 21 ff.; VG Neustadt an der Weinstraße‚ U. v.4.9.2014 - 4 K 46614 - juris Rn. 323 ff.; VG Köln‚ U. v. 30.10.2014 - 13 K 498/14; OVG NW, U. v. 16.6.2015 - 8 A 2429/14 in juris Rn. 45; verneinend: VG Augsburg‚ B. v. 6.8.2014 - Au 4 K 14.983 - juris Rn. 18; VG Ansbach‚ U. v. 27.5.2014 - AN 4 K 13.1194‚ juris Rn. 29; vgl. a. BayVGH‚ U. v. 7.10.2008 - 5 BV 07.2162 - zur Adressenliste der bei einem gesetzlichen Unfallversicherungsträger Versicherten, DVBl 2009‚ 323‚ juris Rn. 37 ff.).

Die in den zitierten Entscheidungen geäußerten Zweifel an der Einordnung von Diensttelefonlisten als amtliche Informationen hält der Senat durchaus für nachvollziehbar: Das Informationsfreiheitsgesetz dient vor allem der demokratischen Meinungs- und Willensbildung angesichts der wachsenden Informationsmacht des Staates‚ dessen Aktivitäten die Bürger kritisch begleiten können sollen (vgl. BT-Drs. 15/4493 S. 6). Durch den Zugang zu Informationen sollen die demokratischen Beteiligungsrechte der Bürger und Bürgerinnen gestärkt und eine effektive Wahrnehmung von Bürgerrechten an staatlichen Entscheidungsprozessen durch Sachkenntnisse ermöglicht werden. Eine Eingriffsmöglichkeit des Einzelnen in die Organisationsfreiheit der jeweiligen Bundesbehörde im Hinblick auf die Form eines bestimmten Konzeptes der Arbeitsabläufe wollte der Gesetzgeber dagegen nicht schaffen.

Die in der Gesetzesbegründung dargelegte Zweckbestimmung des IFG legt es nahe‚ die Definition des Begriffs „amtliche Information“ in § 2 Nr. 1 IFG dahingehend auszulegen‚ das darunter Listen dienstlicher Telefonnummern von Bundesbehörden nicht fallen (vgl. a. BayVGH‚ U. v. 7.10.2008 - 5 BV 07.2162 a. a. O. zur Adressensammlung der Versicherten eines gesetzlichen Unfallversicherungsträgers). Denn ein Zugang zu diesen Listen trägt zur skizzierten Zielsetzung des Gesetzgebers nichts bei: Mit deren Bekanntgabe würden weder die Transparenz noch die Nachvollziehbarkeit und Akzeptanz behördlicher Entscheidungen erhöht, noch würde den Bürgern etwa eine verbesserte Argumentationsgrundlage für die sachliche Auseinandersetzung mit behördlichen Entscheidungen an die Hand gegeben. Vielmehr würde die Herausgabe der Telefonlisten allein dazu führen‚ dass die auch im Interesse der Arbeitseffizienz getroffene Entscheidung des Beklagten vereitelt würde‚ die Möglichkeit einer unmittelbaren telefonischen Kontaktaufnahme mit den Sachbearbeitern nicht zuzulassen. Der geltend gemachte Informationsanspruch zielt damit darauf ab‚ die behördenintern vorgesehenen Arbeitsabläufe zu umgehen, und nicht etwa auf eine bessere Kontrolle der Staatstätigkeit oder Erzielung einer höheren Transparenz staatlichen Handels. Die Umgehung behördeninterner Arbeitsorganisationen wollte der Gesetzgeber mit dem Informationsfreiheitsgesetz aber nicht ermöglichen.

Andererseits sieht der Gesetzgeber offensichtlich Geschäftsverteilungspläne, denen Namen‚ dienstliche Rufnummern und Aufgabenbereiche der einzelnen Mitarbeiter und damit Informationen zu entnehmen sind, die auch die hier streitigen dienstlichen Telefonlisten enthalten‚ als „sonstige amtliche Informationen“ an (BT-Drs. 15/4493 S. 16), was wiederum für die Einstufung der streitgegenständlichen Listen als „amtliche Information“ sprechen könnte.

Die Frage‚ ob die Diensttelefonlisten von Bundesbehörden unter den Begriff der amtlichen Information im Sinne des § 1 Abs. 1 IFG fallen‚ braucht indes vorliegend nicht entschieden zu werden.

2. Denn auch bejahendenfalls hätte der Kläger keinen Anspruch auf Informationszugang‚ weil jedenfalls der Schutz besonderer öffentlicher Belange dem entgegensteht.

2.1 Entgegen der vom Verwaltungsgericht vertretenen Auffassung scheitert der Anspruch nicht bereits daran, dass die Klage auf eine Informationsbeschaffung gerichtet wäre. Es trifft zwar zu‚ das sich der Informationsanspruch grundsätzlich auf den bei der informationspflichtigen Behörde vorhandenen Bestand beschränkt. Die Behörde trifft keine Informationsbeschaffungspflicht und sie ist nicht gehalten‚ begehrte Informationen erst zu generieren (vgl. BVerwG‚ U. v. 27.11.2014 - 7 C 20/12 - NVwZ 2015‚ 669/672 Rn. 37).

Eine Diensttelefonliste mit den vollständigen Namen aller seiner Mitarbeiter liegt dem Beklagten allerdings vor und muss nicht erst angefertigt werden‚ auch wenn der Klageantrag sich lediglich auf die Durchwahlnummern und Nachnamen derjenigen Mitarbeiter des Beklagten beschränkt‚ die mit Bürgerkontakten tätig sind. Zwar erhöht sich der zeitliche Aufwand für die Beantwortung der Anfrage durch die entsprechend der Beschränkung der Anfrage erforderlichen Schwärzungen; am Vorhandensein der Information beim Beklagten ändert dies aber nichts. Es bedürfte keiner Neuanfertigung einer entsprechend reduzierten Liste‚ sondern lediglich einer - wenn auch möglicherweise umfangreicheren - Teilschwärzung oder- löschung der vorhandenen Telefonliste (so auch OVG NW‚ U. v. 16.6.2015 - 8 A 2429/14 - juris Rn. 60).

2.2 Der begehrten Zugänglichmachung von Durchwahlnummern und Namen der mit Bürgerkontakt tätigen Mitarbeiter/-innen des Beklagten steht jedoch § 3 Nr. 2 IFG entgegen (so auch OVG NW, U. v. 16.6.2015 - 8 A 2429/14 - juris). Nach dieser Vorschrift besteht kein Anspruch auf Informationszugang‚ wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden kann. Die Voraussetzungen dieses Ausschlussgrundes liegen hier vor.

Das Tatbestandsmerkmal der öffentlichen Sicherheit gewährleistet sowohl den Schutz von Individualrechtsgütern (Unversehrtheit von Gesundheit, Ehre, Freiheit, Eigentum und sonstige Rechtsgüter des Einzelnen) als auch den Schutz der Unversehrtheit der Rechtsordnung und der grundlegenden Einrichtungen und Veranstaltungen des Staates; Schutzgut ist mithin auch die Funktionsfähigkeit der staatlichen Einrichtungen (vgl. BT-Drs. 14/4493 S. 10; OVG NW‚ U. v. 6.5.2015 - 8 A 1943/13 - zum insoweit inhaltsgleichen nordrhein-westfälischen Recht, juris Rn. 62 m. w. N.; U. v. 16.6.2015 - 8 A 2429/14 - juris Rn. 63). Zu den staatlichen Einrichtungen im Sinne dieser Vorschrift zählt auch der Beklagte.

Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 3 Nr. 2 IFG („gefährden kann“) genügt eine mögliche Gefährdung des Schutzgutes, um einen Anspruch auf Informationszugang auszuschließen. Soweit es um die Wahrscheinlichkeit der Beeinträchtigung der fiskalischen Interessen gemäß § 3 Nr. 1 und 3 IFG geht‚ hat das Bundesverwaltungsgericht entschieden‚ dass der sichere Nachweis nachteiliger Auswirkungen nicht erbracht werden muss; es genügt die Möglichkeit einer Beeinträchtigung‚ die allerdings nicht nur eine theoretische sein darf‚ vielmehr müssen nachteilige Auswirkungen auf das Schutzgut konkret zu erwarten sein. Deswegen scheiden eher fernliegende Befürchtungen aus (vgl. BVerwG‚ U. v. 27.11.2014 - 7 C 12/13 - NVwZ 2015‚ 675/676 Rn. 25 m. w. N.). Es spricht nichts gegen die Anwendung dieses Maßstabs auch bei § 3 Nr. 2 IFG‚ insbesondere nachdem die Schutzstandards der besonderen öffentlichen Belange in § 3 Nr. 1 und Nr. 2 IFG im Gesetzgebungsverfahren durch die Ersetzung der Formulierung „nachteilige Auswirkungen haben könnte“ durch „haben kann“ in § 3 Nr. 1 IFG vereinheitlicht wurden (vgl. BT-Drs. 15/5606 S. 3‚ 5; BVerwG‚ U. v. 27.11.2014 - 7 C 12/13 - a. a. O. m. w. N.). Eine Beeinträchtigung im erforderlichen Sinn liegt daher vor‚ wenn aufgrund einer auf konkreten Tatsachen beruhenden prognostischen Bewertung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist‚ dass das Bekanntwerden der Information das Schutzgut beeinträchtigt (vgl. BVerwG‚ U. v. 27.11.2014 - 7 C 18.12 - juris Rn. 16 ff.). Das ist vorliegend der Fall.

2.2.1 Wie die Vertreterin des Beklagten in der mündlichen Verhandlung nochmals ausdrücklich geschildert hat, dient die Entscheidung, Namen und Durchwahlnummern der Beschäftigten der Jobcenter nicht allgemein bekannt zu geben und die telefonische Erreichbarkeit des Beklagten durch ein speziell dafür zuständiges Service-Center sicherzustellen, auch dem Schutz der Individualrechtsgüter der Mitarbeiter.

Die Besorgnis des Beklagten, die Bekanntgabe der Liste könnte zu verstärkten und nicht kontrollierbaren Angriffen und Diffamierungen gegenüber den Mitarbeitern auch in deren persönlicher Sphäre führen, ist nicht nur fernliegend. Vielmehr zeigen entsprechende, durch Presseveröffentlichungen allgemein bekannt gewordene Vorgänge bei Jobcentern im gesamten Bundesgebiet, dass Beschimpfungen, Drohungen und Gewalt gegen Sachen und auch Mitarbeiter bis hin zu Tötungsdelikten zum beruflichen Alltag in deutschen Jobcentern gehören (z. B. 2015: Angriffe in Zittau, Bad Neustadt, Ulm und Erding; 2014: Rothenburg ob der Tauber; 2013: Leipzig; 2012: Neuss; weitere Fälle vgl. http://www.rp-online.de/panorame/deutschland/gewalt-gegen-jobcenter-mitarbeiter-bid-1.3009387). Die Konflikte sind vor allem darauf zurückzuführen, dass die Mitarbeiter der Jobcenter es mit Menschen zu tun haben, die arbeitslos und frustriert sind, sich in einer Ausnahmesituation befinden und für die es um die Existenzsicherung, ums tägliche Überleben geht. Viele der Kunden der Jobcenter haben „keine realistische Vorstellung vom Umfang der gesetzlich vorgesehenen Unterstützungsleistungen“ (vgl. „Die ständige Angst der Fallmanager vor dem Angriff“, Hamburger Abendblatt vom 14.1.2015,). Kommt es dann aufgrund der Überlastung der Fallmanager zu längeren Bearbeitungszeiten oder werden die Leistungen gar wegen Regelverstößen gekürzt, sind Konflikte - vor allem mit verbalen Entgleisungen gegenüber den Mitarbeitern - vorprogrammiert.

Angesichts dieser Situation im beruflichen Alltag ist es mehr als nachvollziehbar, dass die Bundesagentur Maßnahmen trifft, um zumindest den privaten Bereich der Mitarbeiter so weit wie möglich gegen Angriffe und Pöbeleien von Kunden oder allgemein unzufriedenen Personen zu schützen, indem sie verhindert, dass Listen mit persönlichen Daten allgemein für jedermann zugänglich gemacht werden. Die Beklagtenvertreterin schilderte glaubwürdig, dass die Veröffentlichung einer früheren Diensttelefonliste auf der Website eines Erwerbslosen- und Sozialhilfevereins tatsächlich zu den befürchteten privaten Diffamierungen einzelner Mitarbeiter in sozialen Netzwerken geführt hatte. Diese bieten jedermann ein Forum, anonym (d. h. unter einem Fantasienamen) verbale Attacken und auch Drohungen gegen die namentlich bekannten Jobcenter-Mitarbeiter zu richten und so auch in deren privates Umfeld zu tragen. Die davon ausgehende Gefahr und Belästigung für die einzelnen Mitarbeiter ist daher sehr konkret. Über die Organisation des Telefonverkehrs über ein Service-Center hinaus sieht die interne Aufgabenverteilung beim Beklagten daher zum weiteren Schutz der Mitarbeiter in ihrem privaten Umfeld vor, dass keine Mitarbeiter für den Bezirk zuständig ist, in dem er wohnt, so dass die Wahrscheinlichkeit geringer ist, dass ein Mitarbeiter in seiner Freizeit auf seine möglicherweise unzufriedenen Kunden trifft.

2.2.2 Das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit umfasst daneben auch die Funktionsfähigkeit der staatlichen Einrichtungen. Auch diese würde i. S.v. § 3 Nr. 2 IFG gefährdet, wenn die Telefondurchwahlnummern der Sachbearbeiter Dritten zugänglich gemacht würden. Zur Erhaltung der aufgabengemäßen Funktionsfähigkeit ist auch die Verhinderung und Abwehr äußerer Störungen des Arbeitsablaufs erforderlich. Denn das Funktionieren der Behörden hängt entscheidend auch von der effektiven Organisation der Arbeitsabläufe ab. Es ist Aufgabe der staatlichen Stellen‚ im Rahmen der rechtlichen Vorgaben durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen‚ dass die ihnen zugewiesenen Aufgaben mit den zur Verfügung stehenden personellen und sächlichen Mitteln sachgerecht und effektiv erledigt werden können (OVG NW‚ U. v. 6.5.2015 - 8 A 1943/13 a. a. O. Rn. 78f. m. w. N.). Dazu gehört auch die Entscheidung über eine sachgerechte Steuerung eingehender Telefonanrufe.

Die Entscheidung der für die Organisation der telefonischen Kommunikation nach § 44c Abs. 2 SGB II verantwortlichen Trägerversammlung‚ die telefonische Erreichbarkeit von Jobcentern über eine Zentrale oder - wie hier - über ein sogenanntes Service Center sicherzustellen‚ dient daher ersichtlich (zumindest auch) dazu‚ ein effektives und möglichst störungsfreies Arbeiten gerade der mit Bürgerkontakten befassten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen zu gewährleisten. Die weitgehende Auslagerung des Telefonverkehrs auf ein speziell dafür zuständiges Servicecenter erfüllt eine wichtige Filterfunktion und entlastet die Sachbearbeiter spürbar‚ die sich ohne Unterbrechung durch ständige Spontananrufe mit voller Konzentration ihren Kunden in persönlichen Beratungsgesprächen widmen können.

Angesichts der Vielzahl von Leistungsempfängern wäre die Funktionsfähigkeit des Beklagten erheblich beeinträchtigt‚ wenn die Telefonnummern seiner Sachbearbeiter Dritten zugänglich gemacht würden. Es ist allgemein anerkannt‚ dass ungefilterte‚ zu jeder Zeit mögliche direkte Telefonanrufe einen erheblichen Störfaktor für konzentriertes Arbeiten darstellen (vgl. OVG NW‚ U. v. 16.6.2015 - 8 A 2429/14 - juris Rn. 77ff.). Hinzu kommt‚ dass die Kunden erwarten dürfen‚ dass sich der für sie zuständige Sachbearbeiter während eines zuvor vereinbarten Termins auf sie konzentriert. Er muss nicht hinnehmen‚ dass seine Beratung immer wieder unterbrochen wird, weil sich der Sachbearbeiter aufgrund diverser Anrufe mit anderen Kunden beschäftigen muss. Der Einwand des Klägers, der jeweilige Sachbearbeiter könne einen ungelegenen Anruf ja ignorieren, führt hier nicht weiter. Auch ständiges Läuten des Telefons stört die Beratungsatmosphäre und die Konzentration der Gesprächsteilnehmer empfindlich.

Bei der Beurteilung der Frage, ob die Funktionsfähigkeit des Beklagten durch die Herausgabe der begehrten Telefonliste beeinträchtigt würde, kann auch nicht lediglich auf den Kläger und den von ihm beabsichtigten Gebrauch der Liste abgestellt werden. Der Gesetzgeber hat jedem das Zugangsrecht eingeräumt und keine Unterscheidung zwischen möglicherweise besonders vertrauenswürdigen (wie etwa Rechtsanwälten als Organen der Rechtspflege) und allen anderen Personen getroffen.

Die informationspflichtige Stelle kann nur für alle Anträge einheitlich beurteilen, ob ein Ablehnungsgrund nach § 3 Nr. 2 IFG vorliegt. Maßgeblich ist insoweit, ob das Bekanntwerden der Information objektiv, also beispielsweise erst in der Hand anderer, geeignet ist, die behördlich vorgesehenen effektiven Arbeitsabläufe nicht unerheblich zu erschweren. Die informationspflichtige Stelle darf deshalb bereits bei dem ersten gestellten Antrag die möglichen Auswirkungen einer Freigabe der Information umfassend in Betracht ziehen (vgl. BVerwG, U. v. 29.10.2009 - 7 C 22.08 - DVBl 2010, 120, juris Rn. 24).

Die Organisationsentscheidung der Bundesanstalt für Arbeit gegen die Veröffentlichung der Durchwahlnummern und der damit zumindest auch bezweckte Schutz der effektiven Arbeit der einzelnen Sachbearbeiter würde konterkariert‚ wenn der Beklagte die Telefonliste seiner Mitarbeiter mit Bürgerkontakten auf der Grundlage des § 1 IFG auf Antrag an jeden herausgeben müsste.

Ein Zugangsanspruch zu diesen Daten widerspräche auch dem Umstand‚ dass Geschäftsverteilungspläne‚ die - anders als Organisations- und Aktenpläne - in der Regel z. B. Namen‚ dienstliche Rufnummern und Aufgabenbereich des einzelnen Behördenmitarbeiters (also genau die Daten‚ die auch die streitgegenständliche Dienststellentelefonliste enthält) enthalten‚ nicht von § 11 Abs. 2 IFG erfasst werden und demzufolge nicht allgemein zugänglich zu machen sind. Die Ausklammerung von Geschäftsverteilungsplänen aus dem Anwendungsbereich des § 11 Abs. 2 IFG wird vom Gesetzgeber mit der „persönlichen Sicherheit der Mitarbeiter‚ deren Arbeitsfähigkeit und dem behördlichen Interesse an einer ordnungsgemäßen Aufgabenwahrnehmung“ begründet (BT-Drs. 15/4493 S. 16; Schoch‚ IFG‚ 1. Aufl. 2009‚ § 11 Rn. 27). Daraus wird deutlich‚ dass der Gesetzgeber die allgemeine Veröffentlichung solcher Mitarbeiterdaten gerade auch mit Blick auf die Erhaltung der aufgabengemäßen Funktionsfähigkeit und die Abwehr äußerer Störungen des Arbeitsablaufs nicht zum Ziel hatte.

Der mögliche Einwand‚ die Bekanntgabe der Telefonliste auf Antrag an einen einzelnen stelle sich nicht als „Veröffentlichung“ im Sinne von § 11 Abs. 2 IFG dar und sei von dieser Vorschrift nicht tangiert‚ geht an der Lebenswirklichkeit vorbei: Er übersieht‚ dass dieser Einzelne nicht wirksam daran gehindert werden könnte‚ die Telefonliste trotz ungeklärter Fragen des Datenschutzes im Internet allgemein zu verbreiten. Dies war in der Vergangenheit bereits häufig der Fall. Die Aushebelung seiner nicht zu beanstandenden Organisationsentscheidung sowie die damit verbundenen Einbußen seiner Arbeitseffizienz muss der Beklagte nicht hinnehmen.

3. Die Berufung des Klägers war nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 10‚ 711 ZPO.

Die Revision war nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen‚ weil die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Die entscheidungserheblichen‚ revisibles Recht betreffenden Rechtsfragen werden in der bisher ganz überwiegend erstinstanzlichen Rechtsprechung unterschiedlich beantwortet‚ so dass eine Klärung durch das Bundesverwaltungsgericht geboten erscheint.

Rechtsmittelbelehrung

Nach § 139 VwGO kann die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof (in München Hausanschrift: Ludwigstraße 23, 80539 München; Postfachanschrift: Postfach 34 01 48, 80098 München; in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach) eingelegt werden. Die Revision muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen. Sie ist spätestens innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist beim Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig (Postfachanschrift: Postfach 10 08 54, 04008 Leipzig), einzureichen. Die Revisionsbegründung muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

Vor dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer in Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und Rechtslehrern an den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Hochschulen mit Befähigung zum Richteramt nur die in § 67 Abs. 4 Satz 4 VwGO und in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen. Für die in § 67 Abs. 4 Satz 5 VwGO genannten Angelegenheiten (u. a. Verfahren mit Bezügen zu Dienst- und Arbeitsverhältnissen) sind auch die dort bezeichneten Organisationen und juristischen Personen als Bevollmächtigte zugelassen. Sie müssen in Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln.

Beschluss:

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 5.000‚- Euro festgesetzt (§ 47 Abs. 1‚ § 52 Abs. 2 GKG).

Der Anspruch auf Informationszugang besteht nicht,

1.
wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen haben kann auf
a)
internationale Beziehungen,
b)
militärische und sonstige sicherheitsempfindliche Belange der Bundeswehr,
c)
Belange der inneren oder äußeren Sicherheit,
d)
Kontroll- oder Aufsichtsaufgaben der Finanz-, Wettbewerbs- und Regulierungsbehörden,
e)
Angelegenheiten der externen Finanzkontrolle,
f)
Maßnahmen zum Schutz vor unerlaubtem Außenwirtschaftsverkehr,
g)
die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens, den Anspruch einer Person auf ein faires Verfahren oder die Durchführung strafrechtlicher, ordnungswidrigkeitsrechtlicher oder disziplinarischer Ermittlungen,
2.
wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden kann,
3.
wenn und solange
a)
die notwendige Vertraulichkeit internationaler Verhandlungen oder
b)
die Beratungen von Behörden beeinträchtigt werden,
4.
wenn die Information einer durch Rechtsvorschrift oder durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegt,
5.
hinsichtlich vorübergehend beigezogener Information einer anderen öffentlichen Stelle, die nicht Bestandteil der eigenen Vorgänge werden soll,
6.
wenn das Bekanntwerden der Information geeignet wäre, fiskalische Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr oder wirtschaftliche Interessen der Sozialversicherungen zu beeinträchtigen,
7.
bei vertraulich erhobener oder übermittelter Information, soweit das Interesse des Dritten an einer vertraulichen Behandlung im Zeitpunkt des Antrags auf Informationszugang noch fortbesteht,
8.
gegenüber den Nachrichtendiensten sowie den Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Bundes, soweit sie Aufgaben im Sinne des § 10 Nr. 3 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes wahrnehmen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten Einsicht in Akten, die den Verkauf eines Grundstücks betreffen.

2

Die Beklagte, eine bundesunmittelbare rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts, hat die Aufgabe, das Liegenschaftsvermögen des Bundes nach kaufmännischen Grundsätzen zu verwalten und nicht mehr benötigtes Vermögen wirtschaftlich zu veräußern (§ 1 Abs. 1 Satz 5 des Gesetzes über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben - BImAG - vom 9. Dezember 2004, BGBl I S. 3235). Grundstücke veräußert sie nach Durchführung eines sogenannten Bieterverfahrens. Sie erstellt ein Exposé, das Informationen insbesondere über die Lage des Grundstücks, mögliche Nutzungen und ihre Preisvorstellungen enthält. Auf der Grundlage des Exposés können Interessenten Angebote abgeben. Veräußert wird das Grundstück an diejenige Person, die das höchste Angebot abgegeben hat. Die Beklagte bricht das Verfahren jedoch ab und leitet gegebenenfalls ein neues Verfahren ein, wenn das höchste Gebot und ihre Preisvorstellungen zu weit auseinanderliegen.

3

Der Kläger gab bei der Beklagten mehrfach ein Angebot für den Kauf des ehemals militärisch genutzten, in der Nähe seines landwirtschaftlichen Betriebes gelegenen Grundstücks „...“ ab. Die Beklagte veräußerte das Grundstück an einen Mitbewerber. Der Kläger ist der Ansicht, dass das Grundstück an ihn hätte veräußert werden müssen, da er jedenfalls auf die vorletzte Ausschreibung das höchste Gebot abgegeben habe.

4

Bereits vor der Veräußerung des Grundstücks hatte er beantragt, ihm Akteneinsicht in die gesamten Veräußerungsvorgänge zu gewähren. Die Beklagte lehnte den Antrag mit formlosem Schreiben vom 30. November 2009 und Widerspruchsbescheid vom 8. Januar 2010 ab.

5

Mit Urteil vom 7. April 2011 verpflichtete das Verwaltungsgericht die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide, den Antrag des Klägers auf Gewährung von Akteneinsicht unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden; im Übrigen wies es die Klage ab. Es war der Auffassung, dass die Beklagte nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) Akteneinsicht gewähren müsse, soweit nicht Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Dritter zu schützen seien, was die Beklagte vor der erneuten Entscheidung zu prüfen habe. Der Versagungsgrund des § 3 Nr. 6 IFG stehe dem Informationszugang nicht entgegen; die Akteneinsicht sei nicht geeignet, fiskalische Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr zu beeinträchtigen.

6

Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht mit Urteil vom 19. März 2013 das Urteil des Verwaltungsgerichts geändert und die Beklagte unter Aufhebung der entgegenstehenden Bescheide verpflichtet, den Antrag unter Beachtung seiner Rechtsauffassung erneut zu bescheiden. Im Übrigen hat es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Auch die Berufung des Klägers hat es zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Da die Veräußerung von Grundstücken durch die Beklagte nicht als öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit, sondern als privatrechtlicher Vorgang zu qualifizieren sei, ergebe sich ein Anspruch auf Akteneinsicht nicht aus § 29 VwVfG. Der Kläger könne aber gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG Einsicht in die nachfolgend bezeichneten Verkaufsakten der Beklagten verlangen. § 3 Nr. 6 Alt. 1 IFG schließe den Informationszugang nicht schon dann aus, wenn die öffentliche Stelle erwerbswirtschaftlich tätig sei oder mit anderen Marktakteuren auf einer Ebene privatrechtlicher Gleichordnung agiere. Der Ausschlussgrund erfordere eine Beeinträchtigung des Schutzguts von hinreichendem Gewicht. Erforderlich sei die konkrete Möglichkeit, dass das Bekanntwerden der Information zu einer Beeinträchtigung der fiskalischen Interessen des Bundes führe bzw. dass eine solche Beeinträchtigung hinreichend wahrscheinlich sei. Die der Beklagten insoweit obliegende Prognose sei gerichtlich voll überprüfbar. Ausgehend hiervon rechtfertige es die hinreichend wahrscheinliche Möglichkeit einer Ausforschung der Beklagten durch Kaufinteressenten und Wettbewerber, den Informationszugang zur Verkaufsakte gemäß § 3 Nr. 6 Alt. 1 IFG einzuschränken. Wenn - wie hier - das Grundstück bereits verkauft und der Kaufvertrag in seinen Hauptpflichten erfüllt sei, könne sich der Gesichtspunkt der Ausforschung nur auf die zukünftige Veräußerung anderer Grundstücke durch die Beklagte beziehen.

7

Der Einsichtnahme unterlägen danach:

- die Unterlagen zur Entwicklung des Grundstücks (insbesondere grundstücksbezogene Gutachten einschließlich solcher zu dessen möglicher Nutzung sowie der auf dessen Entwicklung bezogene Schriftverkehr mit Behörden, Gutachtern etc.),

- das Exposé,

- Anfragen von Interessenten, die nicht mit der Abgabe eines Angebots verbunden seien, und der mit solchen Anfragen verbundene Schriftverkehr,

- der Kaufvertrag,

- Unterlagen zur Bonität der Bieter.

8

Hinsichtlich der auf die mögliche Nutzung des Grundstücks bezogenen Gutachten sowie des diesbezüglichen Schriftverkehrs sei nicht ersichtlich, inwieweit die darin enthaltenen Informationen Rückschlüsse auf die mögliche Entwicklung anderer Grundstücke oder die diesbezügliche Strategie der Beklagten zuließen. Dies komme allenfalls für in unmittelbarer Nähe gelegene Grundstücke in Betracht. Hierauf habe sich die Beklagte nicht berufen. Inwieweit das Bekanntwerden von Interessenten-Anfragen, die nicht mit einem Angebot verbunden seien, sowie des mit solchen Anfragen verbundenen Schriftverkehrs geeignet sein solle, das Immobiliengeschäft der Beklagten auszuforschen, habe diese nicht ansatzweise dargelegt. Hinsichtlich des Kaufvertrags sei nicht ersichtlich, inwiefern selbst die Kenntnis einer Vielzahl von Verträgen Wettbewerber der Beklagten in die Lage versetzen sollte, bei künftigen Veräußerungen ein vergleichbares Grundstück günstiger als die Beklagte anzubieten, bzw. potentielle Vertragspartner, ihr Angebot auf das ihrer Konkurrenten abzustimmen. Unterlagen zur Bonität der Bieter ließen zwar eine Ausforschung dieses Personenkreises, nicht aber der Beklagten zu.

9

Demgegenüber könne die Einsichtnahme in

- sämtliche internen Vermerke (insbesondere zur Entwicklung des Grundstücks, zur Preisermittlung, zu den Verkaufsverhandlungen sowie zur Bonität der Bieter),

- sämtliche Angebote von Bietern und den auf die Verkaufsverhandlungen bezogenen Schriftverkehr mit den Bietern,

- sämtliche Vertragsentwürfe,

- sämtliche Unterlagen zum Vollzug des Kaufvertrags (z.B. in Bezug auf Nachbesserungsklauseln, Haftungsausschlüsse, Ausübung von Rücktrittsrechten, Sicherheiten)

- Namen und Adressen von Interessenten, Bietern und Erwerbern

verwehrt werden. Das Bekanntwerden dieser Unterlagen lasse bei der gebotenen typisierenden Betrachtungsweise Rückschlüsse auf die Vorgehensweise der Beklagten und deren Vermarktungsstrategie in einem Ausmaß zu, das zu einer Beeinträchtigung ihrer Wettbewerbsposition und infolge dessen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit dazu führen könne, dass bei zukünftigen Verkäufen niedrigere Preise erzielt würden. Die Kenntnis von Namen und Adressen der Interessenten, Bieter und Erwerber würde es Wettbewerbern der Beklagten ermöglichen, gezielt an diese Personen heranzutreten, um ihnen eigene Angebote zu unterbreiten.

10

Die von der Beklagten befürchtete „Abwendung potentieller Geschäftspartner“ rechtfertige es nicht, den Informationszugang weitergehend zu beschränken. Es sei auch nicht ersichtlich, dass die Befürchtung potentieller Geschäftspartner, in Rechtsstreitigkeiten betreffend den Informationszugang hineingezogen zu werden, ein maßgeblicher Grund sein solle, von einem Erwerb Abstand zu nehmen.

11

Mangels Spruchreife stehe dem Kläger lediglich ein Anspruch auf erneute Bescheidung seines Antrags zu. Es sei nicht Aufgabe des Senats, die nach § 8 Abs. 1 IFG erforderliche Anhörung der betroffenen Dritten selbst durchzuführen.

12

Gegen dieses Urteil haben sowohl der Kläger als auch die Beklagte die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Revision eingelegt.

13

Der Kläger macht zur Begründung geltend: Das Oberverwaltungsgericht habe § 29 VwVfG zu Unrecht als Anspruchsgrundlage verneint; in Bezug auf die Auswahl des Käufers habe die Beklagte öffentlich-rechtlich gehandelt. Die Gewährung von Akteneinsicht sei zudem - wie nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bei der Vergabe von Aufträgen durch öffentlich-rechtliche Körperschaften unterhalb des Schwellenwertes anerkannt - Voraussetzung für die Schadensersatzklage eines übergangenen Bewerbers und daher nach Art. 3 Abs. 1, Art. 19 Abs. 4 GG geboten. Die fiskalischen Interessen der Beklagten würden durch § 3 Nr. 6 IFG nicht geschützt; als selbstständige Anstalt sei sie nicht „Bund“ im Sinne dieser Vorschrift. Jedenfalls müsse § 3 Nr. 6 IFG hier einschränkend ausgelegt werden, weil der Kläger Betroffener und nicht „jedermann“ sei; zudem sei der Verkaufsvorgang längst abgeschlossen. Schließlich habe das Oberverwaltungsgericht die Sache spruchreif machen müssen. Dass dies die Anhörung einer größeren Zahl von Personen erfordere, sei rechtlich bedeutungslos.

14

Der Kläger beantragt,

1. das Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 19. März 2013 und das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 7. April 2011 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30. November 2009 und des Widerspruchsbescheids vom 8. Januar 2010 zu verpflichten, ihm Einsicht in die Akten der Veräußerung des Grundstücks „...“ zu gewähren,

hilfsweise,

das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen,

2. die Revision und die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

15

Die Beklagte beantragt,

1. das Urteil des Oberverwaltungsgerichts vom 19. März 2013 und das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 7. April 2011 zu ändern und die Klage abzuweisen,

2. die Revision des Klägers zurückzuweisen.

16

Sie trägt zur Begründung vor: Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verstoße gegen § 3 Nr. 6 Alt. 1 IFG. Das vom Oberverwaltungsgericht geforderte hinreichende Gewicht und die hinreichende Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung fiskalischer Interessen des Bundes seien mit dieser Vorschrift nicht vereinbar. Der Ausschlussgrund greife bereits dann ein, wenn das Bekanntwerden der Information „geeignet wäre“, die fiskalischen Interessen des Bundes zu beeinträchtigen; er lasse jede Beeinträchtigung ausreichen. Der vom Bundesverwaltungsgericht für § 3 Nr. 1 und 2 IFG entwickelte Maßstab könne auf § 3 Nr. 6 IFG nicht übertragen werden. Eine enge Auslegung des § 3 Nr. 6 IFG werde der Wettbewerbssituation der Beklagten nicht gerecht. Die Gefahr, dass geschäftliche Informationen von Verhandlungs- und Vertragspartnern der Beklagten gegen deren Willen bekannt würden, mindere ihre Attraktivität als Vertragspartner erheblich. Kontakte zu privaten Konkurrenten der Beklagten seien nicht mit derartigen Risiken verbunden. Hinsichtlich der Frage, ob das Bekanntwerden der Informationen geeignet wäre, fiskalische Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr zu beeinträchtigen, müsse ihr ein Beurteilungs- bzw. Prognosespielraum zuerkannt werden. Dem Bund stehe im Wirtschaftsverkehr ein erheblicher Gestaltungsspielraum zu; die Beurteilung der Frage setze in besonderem Maße praktisches Erfahrungswissen voraus.

17

Ausgehend hiervon habe das Oberverwaltungsgericht den Ausschlussgrund des § 3 Nr. 6 IFG in Bezug auf die genannten Unterlagen zu Unrecht verneint. Unterlagen zur Entwicklung des Grundstücks seien geeignet, fiskalische Interessen des Bundes zu beeinträchtigen, weil sich bei der Nutzung und Entwicklung eines Grundstücks - insbesondere bei Konversionsflächen - stets ähnliche und parallele Fragestellungen ergäben. Bei Interessentenanfragen ließen sich auch bei weitestgehender Anonymisierung Rückschlüsse auf die Identität des Interessenten nie gänzlich ausschließen. Gleiches gelte für den Inhalt anonymisierter Kaufverträge. Die Befürchtung potentieller Erwerber, dass der Kaufpreis und weitere Vertragsdetails bekannt werden könnten, sei geeignet, einen erheblichen abschreckenden Effekt zu entfalten. Günstige Vertragsgestaltungen würden auch von anderen Erwerbern eingefordert und vorausgesetzt. Bei Unterlagen zur Bonität der Bieter handele es sich um hoch sensible Informationen mit einem entsprechenden Ausforschungsrisiko; die Vermeidung dieses Risikos sei das Anliegen von § 3 Nr. 6 IFG.

18

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruhe zudem auf einem Verfahrensfehler. Das Oberverwaltungsgericht habe den Vortrag der Beklagten zur Schwächung ihrer Verhandlungsposition und zur Vertraulichkeit der Verhandlungssituation nicht zur Kenntnis genommen und nicht ernsthaft in seine Erwägungen einbezogen und dadurch das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, verletzt.

Entscheidungsgründe

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Die zulässigen Revisionen sind nicht begründet. Das angefochtene Urteil beruht weder zum Nachteil des Klägers noch der Beklagten auf einer Verletzung von Bundesrecht. Auch die Verfahrensrüge der Beklagten ist unbegründet.

20

1. Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, dass der Kläger auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes - vorbehaltlich der Prüfung, ob dem Anspruch der Schutz personenbezogener Daten (§ 5 IFG) oder von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (§ 6 Satz 2 IFG) entgegensteht - Einsicht in die Unterlagen zur Entwicklung des Grundstücks, das Exposé, Anfragen von Interessenten, die nicht mit der Abgabe eines Angebots verbunden sind, den Kaufvertrag und Unterlagen zur Bonität der Bieter, nicht aber in die internen Vermerke, die Angebote der Bieter, den auf die Verkaufsverhandlungen bezogenen Schriftverkehr mit den Bietern, sämtliche Vertragsentwürfe, die Unterlagen zum Vollzug des Kaufvertrags sowie Namen und Adressen von Interessenten, Bietern und Erwerbern verlangen kann, ist mit § 3 Nr. 6 Alt. 1 IFG vereinbar. Nach dieser Vorschrift besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Informationen geeignet wäre, fiskalische Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr zu beeinträchtigen.

21

a) Der Einwand des Klägers, dass die Beklagte nicht „Bund“ im Sinne dieser Vorschrift sei, geht fehl. Ob das Bekanntwerden einer Information geeignet wäre, fiskalische Interessen des Bundes zu beeinträchtigen, hängt nicht davon ab, ob die nach § 1 Abs. 1 IFG informationspflichtige Stelle Teil der unmittelbaren Bundesverwaltung oder - wie die Beklagte - eine bundesunmittelbare rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts ist. Entscheidend ist die Relevanz der Informationen für den Bundeshaushalt. Soweit hier das Bekanntwerden der Verkaufsakte zu Mindereinnahmen der Beklagten bei der zukünftigen Veräußerung von Liegenschaften führen kann, hat dies Auswirkungen auf den Bundeshaushalt. Die Beklagte hat die Erlöse auf der Grundlage des vom Bundesministerium der Finanzen zu genehmigenden Wirtschaftsplans an den Bundeshaushalt abzuführen (§ 1 Abs. 1 Satz 6, § 7 Abs. 1 Satz 3, Abs. 2 BImAG).

22

b) Das Oberverwaltungsgericht hat im Anschluss an die Begründung des Gesetzentwurfs (BTDrucks 15/4493 S. 11) angenommen, dass die fiskalischen Interessen des Bundes maßgeblich durch das Haushaltsrecht bestimmt würden; bei der Veräußerung von Grundstücken seien sie darauf gerichtet, den höchstmöglichen Marktpreis zu erzielen, wie er z.B. in einem Bieterwettbewerb ermittelt werde (juris Rn. 40). Dagegen wenden sich die Beteiligten mit ihren Revisionen nicht. Das Oberverwaltungsgericht hat im Anschluss an die Entscheidung des Senats zu den Angelegenheiten der externen Finanzkontrolle als Ausschlussgrund nach § 3 Nr. 1 Buchst. e IFG (Urteil vom 15. November 2012 - BVerwG 7 C 1.12 - Buchholz 404 IFG Nr. 10 Rn. 39 bis 42) weiter angenommen, dass § 3 Nr. 6 Alt. 1 IFG eine Beeinträchtigung des Schutzguts von hinreichendem Gewicht erfordere (juris Rn. 50 bis 56) und dass eine solche Beeinträchtigung hinreichend wahrscheinlich sein müsse (juris Rn. 57 bis 79).

23

aa) Die Einwände der Beklagten gegen die Übertragung dieser für die Ausschlussgründe des § 3 Nr. 1 IFG entwickelten Anforderungen auf den Ausschlussgrund des § 3 Nr. 6 Alt. 1 IFG greifen nicht durch.

24

(1) Die Unterschiede in der Formulierung - „nachteilige Auswirkungen haben kann“ in § 3 Nr. 1 IFG und „geeignet wäre,... zu beeinträchtigen“ in § 3 Nr. 6 IFG - führen nicht auf unterschiedliche rechtliche Maßstäbe. Ein Nachteil ist nach der Rechtsprechung des Senats all das, was dem Schutzgut abträglich ist; die nachteiligen Auswirkungen können demnach auch mit dem Begriff der Beeinträchtigung umschrieben werden (Urteil vom 15. November 2012 a.a.O. Rn. 39). Der Begriff „Beeinträchtigung“ hat mithin keine andere Bedeutung als der Begriff „nachteilige Auswirkungen“. Dass die mögliche Beeinträchtigung der fiskalischen Interessen des Bundes von gewissem Gewicht sein muss, folgt nicht anders als in § 3 Nr. 1 IFG aus dem Gebot einer engen Auslegung der Ausnahmetatbestände (Urteil vom 15. November 2012 a.a.O. Rn. 39; BTDrucks 15/4493 S. 9). Die in der Gesetzesbegründung ausdrücklich geforderte enge Auslegung der Ausnahmetatbestände der §§ 3 bis 6 IFG ist unabhängig davon, ob sie im Informationsrecht eine allgemein übliche Auslegungsregel ist, jedenfalls Folge eines am Gesetzeszweck orientierten Gesetzesverständnisses. Das Informationsfreiheitsgesetz verfolgt u.a. das Ziel, durch Zugang zur Information die Kontrolle staatlichen Handelns zu verbessern und dadurch zur Korruptionsbekämpfung beizutragen (BTDrucks 15/4493 S. 6). Der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 6 IFG wurde geschaffen, um die Einnahmeerzielung des Bundes u.a. bei der Veräußerung von Liegenschaften nicht zu gefährden (BTDrucks 15/4493 S. 11). Würde bereits jede noch so geringe und deshalb kaum auszuschließende Beeinträchtigung fiskalischer Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr ausreichen, um den Informationszugang zu verweigern, käme dies einer im Gesetz nicht vorgesehenen Bereichsausnahme für die gesamte Tätigkeit der Beklagten gleich (vgl. Urteile vom 24. Mai 2011 - BVerwG 7 C 6.10 - Buchholz 400 IFG Nr. 4 Rn. 13 und vom 15. November 2012 a.a.O. Rn. 41).

25

Soweit es um die Wahrscheinlichkeit der Beeinträchtigung der fiskalischen Interessen geht, hat der Senat zu § 3 Nr. 1 und 3 IFG entschieden, dass der sichere Nachweis nachteiliger Auswirkungen nicht erbracht werden muss; es genügt die Möglichkeit einer Beeinträchtigung. Diese Möglichkeit darf nicht nur eine theoretische sein. Deswegen scheiden eher fernliegende Befürchtungen aus. Es gilt der allgemeine ordnungsrechtliche Wahrscheinlichkeitsmaßstab der hinreichenden Wahrscheinlichkeit eines Schadenseintritts, der sich wiederum nach dem Gewicht des Schutzguts richtet (Urteil vom 15. November 2012 a.a.O. Rn. 40 und Beschluss vom 18. Juli 2011 - BVerwG 7 B 14.11 - Buchholz 400 IFG Nr. 5 Rn. 11). Dass es nach § 3 Nr. 6 IFG genügt, wenn das Bekanntwerden geeignet „wäre“, fiskalische Interessen des Bundes zu beeinträchtigen, spricht nicht gegen die Anwendung dieses Maßstabs. Die Norm geht davon aus, dass die Informationen nicht bekannt werden, die Folgen des Bekanntwerdens also nur hypothetisch untersucht werden können. In § 3 Nr. 1 IFG ist im Gesetzgebungsverfahren die Formulierung „nachteilige Auswirkungen haben könnte“ durch „haben kann“ ersetzt worden, um die Schutzstandards der besonderen öffentlichen Belange in § 3 Nr. 1 und 2 IFG zu vereinheitlichen (BTDrucks 15/5606 S. 3, 5; vgl. Urteil vom 15. November 2012 a.a.O. Rn. 42); in § 3 Nr. 6 IFG ist der Konjunktiv verblieben. Der Schluss, dass zum Schutz der fiskalischen Interessen ein großzügigerer Wahrscheinlichkeitsmaßstab als z.B. zum Schutz der inneren oder äußeren Sicherheit (§ 3 Nr. 1 Buchst. c IFG) gelten soll, lässt sich hieraus nicht ziehen.

26

Die Anwendung der dargelegten ordnungsrechtlichen Maßstäbe führt entgegen der Auffassung der Beklagten auch nicht zu einer Interessenabwägung zwischen den geschützten Belangen und dem Interesse an der Bekanntgabe der Information, die in § 3 IFG anders als in §§ 8 und 9 Umweltinformationsgesetz (UIG) nicht vorgesehen ist.

27

(2) In der Begründung des Gesetzentwurfs wird dargelegt, dass bei der Veräußerung von Liegenschaften das fiskalische Interesse des Bundes dadurch gekennzeichnet sei, dass der Staat wie ein Dritter als Marktteilnehmer am Privatrechtsverkehr und am Wirtschaftsleben teilnehme und seine wirtschaftlichen Informationen ebenso schutzwürdig seien wie die Privater; da sich Käufer und Verkäufer auf der Ebene der Gleichordnung gegenüberstünden, wäre eine Pflicht zur Offenbarung von Informationen nicht gerechtfertigt (BTDrucks 15/4493 S. 11). Wie bereits das Oberverwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat (juris Rn. 47), erläutern diese Ausführungen lediglich den Schutzzweck des § 3 Nr. 6 IFG; dass der Informationszugang unabhängig von Gewicht und Wahrscheinlichkeit einer Beeinträchtigung fiskalischer Interessen schon dann ausgeschlossen sein soll, wenn die Beklagte erwerbswirtschaftlich tätig wird, lässt sich der Gesetzesbegründung nicht entnehmen. Auch wenn sich beim Abschluss eines Grundstückskaufvertrags die Beklagte und der Käufer auf der Ebene der Gleichordnung gegenüberstehen, unterliegt die Beklagte als Behörde öffentlich-rechtlichen Bindungen und damit auch dem Informationsfreiheitsgesetz. Insoweit besteht von vornherein ein wesentlicher Unterschied zwischen der Beklagten und einem Privaten. Es ist auch nicht ersichtlich, warum das Kontrollbedürfnis gegenüber dem Staat bei der Teilnahme am Wirtschaftsverkehr geringer als bei hoheitlichem Handeln sein sollte. In der Begründung des Gesetzentwurfs wird die Korruptionsbekämpfung ausdrücklich als Ziel des Gesetzes genannt (BTDrucks 15/4493 S. 6). Dementsprechend heißt es in der Begründung des Gesetzentwurfs zu § 3 Nr. 6 IFG lediglich, dass durch die Offenlegung von Informationen über die Veräußerung von Liegenschaften fiskalische Interessen des Bundes beeinträchtigt werden „können“. Der Bund soll als Marktteilnehmer nicht generell vor Informationsansprüchen geschützt werden, sondern nur u.a. davor, „eigene Geschäftsgeheimnisse offenbaren zu müssen“ (BTDrucks 15/4493 S. 11).

28

(3) § 3 Nr. 6 IFG soll ausweislich der Gesetzesbegründung eine Entsprechung zu dem Schutz wirtschaftlicher Interessen privater Dritter nach § 6 IFG, insbesondere zum Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sein (BTDrucks 15/4493 S. 11). Auch dies spricht nicht dafür, auf ein gewisses Gewicht und eine hinreichende Wahrscheinlichkeit der Beeinträchtigung fiskalischer Interessen des Bundes durch eine Ausforschung der Beklagten zu verzichten. Die Schutzgüter beider Regelungen sind zwar ungeachtet der dargelegten Entsprechung unterschiedlich; § 6 Satz 2 IFG soll die Berufs- und Eigentumsfreiheit nach Art. 12 und 14 GG schützen, § 3 Nr. 6 IFG haushaltsrechtlichen Grundsätzen Rechnung tragen (BTDrucks 15/4493 S. 11). Zudem werden auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Dritter nur geschützt, wenn der Geheimnisträger ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung hat. Ein solches Interesse ist anzuerkennen, wenn die Offenlegung der Information geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Konkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen. Auch hierfür muss die prognostische Einschätzung nachteiliger Auswirkungen im Fall des Bekanntwerdens der Informationen nachvollziehbar und plausibel dargelegt werden (Beschluss vom 25. Juli 2013 - BVerwG 7 B 45.12 - juris Rn. 10, 16 und Urteil vom 24. September 2009 - BVerwG 7 C 2.09 - BVerwGE 135, 34 Rn. 52, 58 f. = Buchholz 406.252 § 9 UIG Nr. 2 Rn. 52, 58 f. = Buchholz 406.252 § 9 UIG Nr. 2 Rn. 52, 58 f.).

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(4) Die dargelegten Anforderungen sind schließlich mit Sinn und Zweck des Ausschlussgrundes vereinbar. § 3 Nr. 6 IFG soll, wenn der Staat als Marktteilnehmer am Privatrechtsverkehr teilnimmt, nicht Transparenz verhindern, sondern einen fairen Wettbewerb gewährleisten (Schoch, Informationsfreiheitsgesetz, 2009, § 3 Rn. 169; Roth, in: Berger/Partsch/Roth/Scheel, Informationsfreiheitsgesetz, 2013, § 3 Rn. 140). Die Beklagte muss zwar nicht nur während laufender Veräußerungsverfahren vor Ausforschung durch Kaufinteressenten und konkurrierende Grundstücksanbieter geschützt werden; nach Abschluss und Vollzug des Kaufvertrags darf aber nicht im Wege einer generalisierenden Sichtweise entgegen der gesetzgeberischen Konzeption der Sache nach eine Bereichsausnahme für die gesamte Tätigkeit der Beklagten geschaffen werden (vgl. Urteil vom 15. November 2012 a.a.O. Rn. 41).

30

Die allgemeine Befürchtung, die Attraktivität der Beklagten als Geschäftspartner könne leiden, wenn potentielle Vertragspartner nicht von vornherein ausschließen könnten, dass aufgrund von Ansprüchen nach dem Informationsfreiheitsgesetz geschäftliche Informationen gegen ihren Willen bekannt würden, kann hiernach für die Bejahung des Ausschlussgrundes nicht genügen. Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen ihrer Geschäftspartner darf die Beklagte gemäß § 6 Satz 2 IFG nur gewähren, soweit diese zugestimmt haben. Anders als im Umweltinformationsrecht (§ 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 UIG) kann der Schutz eines Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses nicht im Wege der Abwägung überwunden werden. Der Schutz ist durch § 8 IFG auch verfahrensrechtlich gesichert: Die Beklagte muss einem Dritten, dessen Belange durch den Antrag auf Informationszugang berührt sind, schriftlich Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats geben, sofern Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss des Informationszugangs hat; die Entscheidung über den Informationszugang ergeht schriftlich und ist auch dem Dritten bekanntzugeben; der Informationszugang darf erst erfolgen, wenn die Entscheidung ihm gegenüber bestandskräftig ist oder die sofortige Vollziehung angeordnet worden ist und seit der Bekanntgabe der Anordnung an den Dritten zwei Wochen verstrichen sind. Damit wird gewährleistet, dass ein Dritter, wenn die Beklagte seiner Einstufung einer Information als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis nicht folgt, vor Gewährung des Informationszugangs um einstweiligen Rechtsschutz nachsuchen kann. Das Risiko, die Einstufung einer Information als Betriebs- und Geschäftsgeheimnis gegebenenfalls gerichtlich durchsetzen zu müssen, mutet das Informationsfreiheitsgesetz Dritten zu; es ist mit der Bindung der Beklagten an das Informationsfreiheitsgesetz notwendigerweise verbunden. Der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen betroffener Dritter dient zwar nicht nur deren Interessen; er liegt auch im eigenen, durch § 3 Nr. 6 IFG geschützten Interesse der Beklagten. Denn ohne diesen Schutz würden Dritte geschäftlichen Kontakt zur Beklagten nicht aufnehmen. § 3 Nr. 6 IFG schützt das öffentliche Interesse an der Wahrung der Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der Vertragspartner der Beklagten jedoch nicht weitergehend als § 6 Satz 2 IFG deren eigenes Geheimhaltungsinteresse.

31

Nichts anderes gilt für die allgemeine Befürchtung, die Vertraulichkeit der Verhandlungssituation und damit die Attraktivität der Beklagten als Geschäftspartnerin werde beeinträchtigt, wenn ihre Verhandlungspartner damit rechnen müssten, dass Verhandlungsunterlagen mit den Mitteln des Informationsfreiheitsgesetzes in die Hände der Konkurrenz gelangen könnten. Wenn die Verhandlungsunterlagen zugunsten der betroffenen Dritten weder als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse noch als personenbezogene Daten noch aus einem sonstigen Grund geschützt sind, kann auch die Beklagte über § 3 Nr. 6 IFG keinen weitergehenden Vertraulichkeitsschutz geltend machen.

32

(5) Ein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage, ob das Bekanntwerden der begehrten Informationen geeignet wäre, fiskalische Interessen des Bundes zu beeinträchtigen, kommt der Beklagten nicht zu.

33

Die Feststellung der konkreten Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen setzt seitens der informationspflichtigen Stelle die Darlegung von Tatsachen voraus, aus denen sich im jeweiligen Fall eine Beeinträchtigung des Schutzguts ergeben kann (Urteil vom 15. November 2012 a.a.O. Rn. 41). Dies kann eine auf einzelne Teile des Aktenbestands bezogene differenzierende Darstellung erfordern. Ob auf der Grundlage der dargelegten Tatsachen die konkrete Möglichkeit nachteiliger Auswirkungen auf die fiskalischen Interessen des Bundes besteht, ist - wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend erkannt hat (juris Rn. 68 bis 79) - gerichtlich voll überprüfbar. Die verbindliche Konkretisierung unbestimmter Rechtsbegriffe ist grundsätzlich Sache der Gerichte. Ein Beurteilungsspielraum der Verwaltung mit der Folge einer nur eingeschränkten gerichtlichen Kontrolldichte muss im Gesetz angelegt sein und der besonderen Komplexität oder Dynamik der geregelten Materie Rechnung tragen. Es reicht nicht aus, dass eine rechtliche Würdigung auf der Grundlage eines komplexen Sachverhalts, etwa aufgrund unübersichtlicher und sich häufig ändernder Verhältnisse, zu treffen ist. Hinzu kommen muss, dass die Gerichte bei der Aufgabe, die entscheidungserheblichen tatsächlichen Umstände eigenverantwortlich festzustellen und rechtlich zu bewerten, auch dann an Grenzen stoßen, wenn sie im gebotenen Umfang auf die Sachkunde der Verwaltung zurückgreifen oder sich auf andere Weise sachverständiger Hilfe bedienen (stRspr; vgl. zuletzt Urteile vom 31. März 2011 - BVerwG 2 A 3.09 - Buchholz 402.8 § 5 SÜG Nr. 24 Rn. 36 f. und vom 28. Mai 2009 - BVerwG 2 C 33.08 - BVerwGE 134, 108 Rn. 11 m.w.N. = Buchholz 240 § 58a BBesG Nr. 2 Rn. 11). Diese Voraussetzungen sind bei Gefahrenprognosen im Bereich des Ordnungsrechts im Allgemeinen nicht erfüllt (Urteile vom 31. März 2011 a.a.O. Rn. 38 und vom 3. Juli 2002 - BVerwG 6 CN 8.01 - BVerwGE 116, 347 <351> = Buchholz 402.41 Allgemeines Polizeirecht Nr. 71 S. 27 f.; Rachor, in: Lisken/Denninger, Handbuch des Polizeirechts, 5. Aufl. 2012, E Rn. 141, L Rn. 151 ff.).

34

Für den Ausschlussgrund des § 3 Nr. 1 Buchst. a IFG - nachteilige Auswirkungen auf internationale Beziehungen - hat das Bundesverwaltungsgericht der informationspflichtigen Stelle allerdings einen Beurteilungsspielraum zuerkannt (Urteil vom 29. Oktober 2009 - BVerwG 7 C 22.08 - Buchholz 400 IFG Nr. 1 Rn. 13 ff.). Maßgebend hierfür war der auch in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 7. Mai 2008 - 2 BvE 1/03 - BVerfGE 121, 135 <158>) anerkannte Umstand, dass das Grundgesetz der Bundesregierung für die Regelung der auswärtigen Beziehungen einen grundsätzlich weit bemessenen Spielraum eigener Gestaltung einräumt (Urteil vom 29. Oktober 2009 a.a.O. Rn. 15). Die Zuerkennung eines Prognosespielraums hinsichtlich der Frage, ob und wie sich das Bekanntwerden von Informationen auf die außenpolitischen Ziele auswirkt (a.a.O. Rn. 20), knüpft hieran an. Auch das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hat den von ihm bejahten Beurteilungsspielraum der Bundesregierung bei der Prüfung, ob die Bekanntgabe von Informationen nachteilige Auswirkungen auf Belange der inneren oder äußeren Sicherheit im Sinne des § 3 Nr. 1 Buchst. c IFG haben kann, aus der Art des in Rede stehenden Rechtsguts abgeleitet: Die innere Sicherheit sei ein Schutzgut, das in besonderem Maße die Beurteilung praktischen Erfahrungswissens voraussetze, wie es nur bei der Exekutive gesammelt werden könne (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20. März 2012 - 12 B 27.11 - NVwZ 2012, 1196 Rn. 36).

35

Derartige Besonderheiten liegen beim Schutzgut des § 3 Nr. 6 IFG nicht vor. Was fiskalische Interessen des Bundes sind, ergibt sich im Wesentlichen aus dem Haushaltsrecht. Dass der Beklagten ein unternehmerischer Gestaltungsspielraum bei der Veräußerung von Liegenschaften zukommt, steht der gerichtlichen Kontrolle ihrer Entscheidungen über Ansprüche auf Informationszugang nicht entgegen. Das für die Beeinträchtigungsprognose erforderliche Erfahrungswissen über das Verhalten der Marktteilnehmer unter Einschluss mittel- und langfristiger Entwicklungen kann auch außerhalb der Exekutive gesammelt werden. Dass sich die Beeinträchtigungen der fiskalischen Interessen möglicherweise nicht unmittelbar, sondern erst mittel- und langfristig und in Kumulation mit anderen Entwicklungen zeigen, unterscheidet § 3 Nr. 6 IFG nicht von anderen Ausschlussgründen. An ihre Funktionsgrenzen stößt die Rechtsprechung bei der nachvollziehenden Kontrolle einer solchen Prognose nicht.

36

bb) Die Einwände des Klägers gegen den vom Oberverwaltungsgericht zugrunde gelegten Maßstab greifen ebenfalls nicht durch.

37

Dass der Kläger „Betroffener“ ist, kann - wie das Oberverwaltungsgericht zutreffend dargelegt hat (juris Rn. 80) - nicht zu einer engeren Auslegung des § 3 Nr. 6 IFG führen. Ob ein Ablehnungsgrund im Sinne des § 3 IFG vorliegt, hängt nicht von der Person des konkreten Antragstellers ab. Maßgeblich ist vielmehr, ob das Bekanntwerden der Information objektiv, also beispielsweise erst in der Hand anderer, geeignet ist, sich nachteilig auf das Schutzgut auszuwirken; die informationspflichtige Stelle kann dies nur einheitlich beurteilen (Urteil vom 29. Oktober 2009 a.a.O. Rn. 24).

38

Dass der Vorgang, auf den sich der Informationsanspruch bezieht, abgeschlossen ist, hat das Oberverwaltungsgericht nicht übersehen. Es hat geprüft, ob das Bekanntwerden der Informationen fiskalische Interessen des Bundes in künftigen Verkaufsfällen berühren könnte (juris Rn. 100). Das ist mit Bundesrecht vereinbar.

39

c) Ausgehend von diesem bundesrechtlich nicht zu beanstandenden Maßstab hat das Oberverwaltungsgericht den Vortrag der Beklagten geprüft und den Ausschlussgrund des § 3 Nr. 6 IFG - wie dargelegt - für bestimmte Arten von Unterlagen verneint, für andere bejaht. Das ist aus revisionsgerichtlicher Sicht nicht zu beanstanden.

40

(1) An die tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts insbesondere zum Inhalt der Verkaufsakte und zu den Gegebenheiten des Grundstücksmarktes ist der Senat gemäß § 137 Abs. 2 VwGO gebunden. Zulässige und begründete Revisionsgründe in Bezug auf diese Feststellungen haben die Beteiligten nicht vorgebracht. Die von der Beklagten erhobene Gehörsrüge ist unbegründet. Ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG ist nur dann gegeben, wenn auf den Einzelfall bezogene Umstände deutlich ergeben, dass das Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung ersichtlich nicht erwogen worden ist (stRspr, vgl. Beschlüsse vom 13. Dezember 2010 - BVerwG 7 B 64.10 - [insoweit nicht veröffentlicht in Buchholz 11 Art. 31 GG Nr. 2] juris Rn. 24 und vom 19. August 2014 - BVerwG 7 BN 1.14 - juris Rn. 8). Derartige Umstände fehlen hier. Das Oberverwaltungsgericht hat sich sowohl mit dem Vorbringen der Beklagten zu den Auswirkungen des Informationszugangs auf ihre Verhandlungsposition (juris Rn. 104 bis 110) - auch in Bezug auf andere vertragliche Konditionen als den Kaufpreis (Rn. 108) wie z.B. Nachbesserungsklauseln -, als auch zur Bedeutung von Vertraulichkeit (juris Rn. 116 f.) auseinandergesetzt. Dass es den Argumenten der Beklagten nicht gefolgt ist, stellt keinen Verfahrensmangel dar.

41

(2) Die dem materiellen Recht zuzurechnende Sachverhalts- und Beweiswürdigung unterliegt nur eingeschränkter Nachprüfung durch das Revisionsgericht. Die Freiheit der richterlichen Überzeugungsbildung findet ihre Grenze nicht nur im anzuwendenden Recht und dessen Auslegung, sondern auch in Bestimmungen, die den Vorgang der Überzeugungsbildung leiten wie etwa gesetzliche Beweisregeln, allgemeine Erfahrungssätze und die Denkgesetze. Des Weiteren verstößt das Gericht gegen das Gebot, seiner Überzeugungsbildung das Gesamtergebnis des Verfahrens zugrunde zu legen, wenn es von einem unrichtigen oder unvollständigen Sachverhalt ausgeht. Wegen der Bindung des Revisionsgerichts an die tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz nach § 137 Abs. 2 VwGO können diesbezügliche Fehler nur berücksichtigt werden, wenn die Tatsachenfeststellung aufgrund durchgreifender Verfahrensrügen erschüttert wird (Urteile vom 29. Februar 2012 - BVerwG 7 C 8.11 - BVerwGE 142, 73 = Buchholz 419.01 § 26 GenTG Nr. 1 Rn. 35 und vom 29. Januar 2009 - BVerwG 4 C 16.07 - BVerwGE 133, 98 Rn. 14 = Buchholz 406.11 § 1 BauGB Nr. 129 Rn. 14). Letzteres ist hier - wie dargelegt - nicht der Fall. Ein Verstoß gegen gesetzliche Beweisregeln, allgemeine Erfahrungssätze oder Denkgesetze ergibt sich aus dem Revisionsvorbringen der Beteiligten nicht; er ist auch sonst nicht ersichtlich.

42

(2.1) In Bezug auf die Unterlagen zur Entwicklung des Grundstücks und das Exposé hat das Oberverwaltungsgericht den Ausschlussgrund des § 3 Nr. 6 IFG verneint, weil diese von Interessenten auf Wunsch eingesehen werden könnten bzw. zur Bekanntgabe nach außen bestimmt seien (juris Rn. 102). Die Tragfähigkeit dieser Erwägung hat die Beklagte nicht in Frage gestellt. Hinsichtlich der auf die mögliche Grundstücksnutzung bezogenen Gutachten sowie den Schriftverkehr zur Grundstücksentwicklung hat das Gericht fiskalische Interessen nicht berührt gesehen, da nicht ersichtlich sei, inwiefern die Informationen Rückschlüsse auf die mögliche Entwicklung anderer im Eigentum der Beklagten stehenden Grundstücke und auf ihre diesbezügliche Strategie zuließen (juris Rn. 103). Die Beklagte meint, dass sich bei der Nutzung und Entwicklung eines Grundstücks - insbesondere bei Konversionsflächen - stets ähnliche und parallele Fragestellungen ergäben. Insoweit setzt sie lediglich ihre eigene Einschätzung zur Vergleichbarkeit von Grundstücken an die Stelle derjenigen des Oberverwaltungsgerichts, das eine Vergleichbarkeit allenfalls bei unmittelbar in der Nähe gelegenen Grundstücken in Betracht gezogen hat (juris Rn. 103). Ihre allgemeine Befürchtung, dass ein potentieller Erwerber, der damit rechnen müsse, dass die Unterlagen auch seinen Konkurrenten oder anderen Dritten zugänglich würden, geschäftliche Beziehungen mit ihr nicht aufnehmen werde, genügt - wie dargelegt - für die Bejahung des Ausschlussgrundes nicht.

43

(2.2) In Bezug auf anonymisierte Interessenten-Anfragen, die nicht mit der Abgabe eines Angebots verbunden sind, hat das Oberverwaltungsgericht der Beklagten entgegengehalten, sie habe nicht ansatzweise dargelegt, inwieweit diese Angaben geeignet sein sollten, ihr Immobiliengeschäft auszuforschen (juris Rn. 104). Mit ihrer Revision macht die Beklagte geltend, Rückschlüsse auf die Identität des Interessenten und seine geschäftlichen Intentionen ließen sich auch bei weitestgehender Anonymisierung nie gänzlich ausschließen. Insoweit verkennt sie den rechtlichen Maßstab. Ob eine den Anforderungen des § 3 Abs. 6 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) genügende Anonymisierung möglich ist, ist im Rahmen von §§ 5 und 6 Satz 2 IFG zu prüfen. Ein darüber hinausgehender Schutz ergibt sich aus § 3 Nr. 6 IFG nicht.

44

(2.3) In Bezug auf den anonymisierten Kaufvertrag hat das Oberverwaltungsgericht nicht ersehen können, inwiefern die Kenntnis selbst einer Vielzahl von Kaufverträgen Wettbewerber der Beklagten bei zukünftigen Grundstücksveräußerungen in die Lage versetzen sollte, ein vergleichbares Grundstück günstiger anzubieten als die Beklagte, bzw. potentielle Vertragspartner, ihr Angebot auf das ihrer Konkurrenten abzustimmen (juris Rn. 105). Die Beklagte beruft sich auf den abschreckenden Effekt, den bereits die Möglichkeit des Bekanntwerdens des Vertragsinhalts auf potentielle Erwerber entfalte. Sie befürchtet außerdem, dass im Fall des Bekanntwerdens des Vertragsinhalts bei künftigen Verkäufen eine günstige Vertragsgestaltung auch von zukünftigen Erwerbern eingefordert und vorausgesetzt werde. Hiergegen hat bereits das Oberverwaltungsgericht eingewandt, dass derartige Vertragsgestaltungen in einer engen Relation zum Preis und damit zur jeweiligen Grundstücks- und Marktsituation stünden (juris Rn. 108). Ein Verstoß gegen die Grenzen der richterlichen Überzeugungsbildung ergibt sich aus dem Revisionsvorbringen der Beklagten auch insoweit nicht.

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(2.4) In Bezug auf die Unterlagen zur Bonität der Bieter hat das Oberverwaltungsgericht den Ausschlussgrund des § 3 Nr. 6 IFG verneint, weil die Einsicht in diese Unterlagen zwar eine Ausforschung der nicht durch diese Vorschrift geschützten Dritten, nicht aber der Beklagten zulasse (juris Rn. 109). Mit ihrer Revision macht die Beklagte geltend, § 3 Nr. 6 IFG solle die Beklagte davor schützen, dass Bieter ihre Geheimhaltungsinteressen im Rahmen von § 6 Satz 2 IFG in einem Verwaltungsverfahren und gegebenenfalls auch verwaltungsprozessual verteidigen müssten und zur Vermeidung dieses Risikos von einer Beteiligung am Bieterverfahren absähen. Insoweit verkennt sie wiederum den rechtlichen Maßstab. Selbstauskünfte zur Bonität eines Bieters werden als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse durch § 6 Satz 2 IFG absolut geschützt. Anhaltspunkte dafür, dass dieser Schutz insoweit weniger verlässlich als bei anderen Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sein könnte, hat das Oberverwaltungsgericht nicht festgestellt; auch die Beklagte zeigt derartige Anhaltspunkte nicht auf.

46

(2.5) Bezogen auf die in der Verkaufsakte enthaltenen internen Vermerke hat das Oberverwaltungsgericht den Ausschlussgrund des § 3 Nr. 6 IFG bejaht, weil dort das Vorgehen der Beklagten insbesondere mit kaufmännischen Kalkulationen und rechtlichen Standpunkten begründet werde und sich so insbesondere bei Einsicht in eine Vielzahl von Verkaufsakten die Vorgehensweise der Beklagten in bestimmten Situationen unmittelbar ersehen lasse (juris Rn. 110). Es hat die Vermerke mithin nicht vom Informationszugang ausgenommen, weil sie für den internen Gebrauch bestimmt waren, sondern weil die hier in Rede stehenden Vermerke Rückschlüsse auf das Vorgehen der Beklagten in bestimmten wiederkehrenden Verkaufssituationen zuließen. Diese Einschätzung ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden. Mit derselben Begründung hat das Oberverwaltungsgericht den Ausschlussgrund des § 3 Nr. 6 IFG für die Angebote von Bietern, den Schriftverkehr mit ihnen, die Vertragsentwürfe sowie die Unterlagen zum Vollzug des Kaufvertrags bejaht. Namen und Adressen von Interessenten, Bietern und Erwerbern hat das Oberverwaltungsgericht vom Informationszugang ausgenommen, weil ihre Kenntnis den Wettbewerbern der Beklagten ermöglichen würde, gezielt an diese Personen heranzutreten, um ihnen eigene Angebote zu unterbreiten; dann bestehe die konkrete Möglichkeit, dass die Beklagte niedrigere Verkaufserlöse erziele (juris Rn. 114). Auch gegen diese Sachverhaltswürdigung ist revisionsgerichtlich nichts zu erinnern.

47

d) Entgegen der Auffassung des Klägers verstößt das angefochtene Urteil nicht gegen § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Nach dieser Vorschrift spricht das Gericht, soweit die Ablehnung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Bei gebundenen Entscheidungen ist das Gericht grundsätzlich verpflichtet, alle für die Entscheidung maßgeblichen tatsächlichen Voraussetzungen des geltend gemachten Anspruchs in eigener Verantwortung festzustellen (Urteile vom 10. Februar 1998 - BVerwG 9 C 28.97 - BVerwGE 106, 171 <172> = Buchholz 310 § 113 VwGO Nr. 29 S. 32 und vom 19. April 2011 - BVerwG 1 C 3.10 - Buchholz 402.242 § 25 AufenthG Nr. 16 Rn. 15; Beschluss vom 10. März 2011 - BVerwG 2 B 37.10 - juris Rn. 32). Das ist hier nicht möglich. Die nach § 8 Abs. 1 IFG erforderliche Anhörung Dritter, deren Belange durch den Antrag auf Informationszugang berührt werden, kann nicht im gerichtlichen Verfahren durch deren Beiladung nachgeholt werden. Die Beiladung würde zur Offenlegung personenbezogener Daten der Dritten, insbesondere von Namen und Anschrift, und im weiteren gerichtlichen Verfahren möglicherweise auch von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen führen, die durch das von der Beklagten durchzuführende Anhörungsverfahren und gegebenenfalls eine von dieser abzugebende Sperrerklärung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO gerade geschützt werden sollen. Entgegen der Auffassung des Klägers kann das Gericht der Hauptsache auch nicht eine in-camera-Prüfung der Ausschlussgründe nach §§ 5 und 6 IFG vornehmen. § 99 VwGO begrenzt die Pflicht der Behörde, dem Gericht der Hauptsache Akten vorzulegen, nicht aber das Akteneinsichtsrecht der Beteiligten nach § 100 Abs. 1 VwGO.

48

2. Einen Anspruch des Klägers auf Akteneinsicht nach § 29 VwVfG hat das Oberverwaltungsgericht zu Recht verneint (juris Rn. 30 bis 32). Der Anwendungsbereich des Verwaltungsverfahrensgesetzes ist nach der hier allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 1 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG nicht eröffnet, weil der Verkauf eines bundeseigenen Grundstücks auf der Grundlage eines Bieterverfahrens durch die Beklagte keine öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit darstellt, sondern - wie das Oberverwaltungsgericht in seinem in Bezug genommenen Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Münster vom 19. Mai 2010 - 8 E 419/10 - zutreffend dargelegt hat - ein privatrechtlicher Vorgang ist (so auch OVG Greifswald, Beschluss vom 30. Mai 2007 - 3 O 58/07 - juris; Geulen, LKV 2011, 63). Die Aufspaltung des Verkaufsvorgangs in eine vorgelagerte öffentlich-rechtliche Entscheidung, mit wem der Kaufvertrag geschlossen wird, und eine nachgelagerte privatrechtliche Abwicklung käme allenfalls in Betracht, wenn die Beklagte bei einer solchen Grundstücksveräußerung spezifisch verwaltungsrechtlichen Bindungen unterläge. Das ist nicht der Fall. Die Beklagte hat gemäß § 1 Abs. 1 Satz 5 BImAG die Aufgabe, das Liegenschaftsvermögen des Bundes nach kaufmännischen Grundsätzen einheitlich zu verwalten und nicht betriebsnotwendiges Vermögen wirtschaftlich zu veräußern. Ihre Tätigkeit im Zusammenhang mit der Veräußerung von Bundesvermögen ist nach dem Gesetz ausschließlich zivilrechtlich konzipiert. Für seine Behauptung, die Beklagte sei gerade um der von ihr zu treffenden Auswahl der Vertragspartner willen mit hoheitlicher Gewalt ausgestattet worden, ist der Kläger einen Beleg schuldig geblieben. Aus der Begründung des Gesetzentwurfs geht vielmehr hervor, dass die Übertragung der Bundesvermögensverwaltung auf eine GmbH verworfen wurde, weil damit „ein nicht vertretbarer Transformationsaufwand verbunden“ sei; demgegenüber biete eine Anstalt des öffentlichen Rechts im Vergleich zu anderen Verwaltungslösungen „die größte unternehmerische Flexibilität und die besten Möglichkeiten, nach rein immobilienwirtschaftlichen Zielen zu operieren“ (BTDrucks 15/2720 S. 11). Allein die Bindung der Beklagten an das Gleichbehandlungsgebot des Art. 3 Abs. 1 GG rechtfertigt es nicht, das Verhältnis zwischen ihr und den Bietern als öffentlich-rechtlich zu qualifizieren. Angesichts der umfassenden Bindung der öffentlichen Verwaltung an Art. 3 Abs. 1 GG wäre andernfalls nahezu jedes Rechtsverhältnis zwischen ihr und dem Bürger als öffentlich-rechtlich anzusehen; für die Annahme privatrechtlichen Handelns der öffentlichen Hand bliebe letztlich kein Raum (Beschluss vom 2. Mai 2007 - BVerwG 6 B 10.07 - BVerwGE 129, 9 = Buchholz 310 § 40 VwGO Nr. 298 Rn. 10).

49

3. Der Kläger kann einen Anspruch auf Einsicht in die Verkaufsakte schließlich nicht mit dem Argument, dass die Erhebung einer Schadensersatzklage gegen die Beklagte Akteneinsicht voraussetze, auf Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG stützen. Der Schutzbereich des Art. 19 Abs. 4 GG ist nicht berührt; die Veräußerung des Grundstücks ist - wie dargelegt - nicht in Ausübung öffentlicher Gewalt erfolgt (vgl. BVerfG, Beschluss vom 13. Juni 2006 - 1 BvR 1160/03 - BVerfGE 116, 135 <149>). Im Übrigen folgen nicht eigens geregelte Auskunftsansprüche nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen als Voraussetzung effektiver Rechtswahrung aus dem streitigen materiellen Recht, zu dem sie Annexe oder Nebenansprüche darstellen (Beschluss vom 27. Juni 2013 - BVerwG 3 C 20.12 - AUR 2014, 73 Rn. 5; zum Zivilrecht vgl. etwa BGH, Urteile vom 7. Mai 2013 - X ZR 69/11 - juris Rn. 27 ff. und vom 29. Mai 2013 - IV ZR 165/12 - juris Rn. 10). Ein Anspruch des Klägers auf Schadensersatz kann sich allenfalls aus dem privatrechtlichen Rechtsverhältnis zur Beklagten ergeben; für einen vorbereitenden Auskunftsanspruch gilt nichts anderes.

50

Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Tenor

Auf den Antrag des Antragstellers wird festgestellt, dass die Verweigerung der Aktenvorlage durch den Beigeladenen zu 2 hinsichtlich des in den Originalunterlagen zu Nr. 6 befindlichen Anschreibens und der in den Originalunterlagen zu Nr. 8 befindlichen Anlage 2 rechtswidrig ist.

Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Zwischenverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Zwischenverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Der Antragsteller wendet sich mit dem diesem Zwischenverfahren zugrundeliegenden Verfahren gegen die der Beigeladenen zu 1 erteilten atomrechtlichen Genehmigung zur Aufbewahrung von Kernbrennstoffen aus dem Kernkraftwerk Brunsbüttel im zugehörigen Standortzwischenlager. Nach Aufhebung des Urteils des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts vom 31. Januar 2007 und Zurückverweisung der Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung gab das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 24. September 2009 der Beklagten auf, das Schreiben zur Anlagensicherung vom 28. November 2003 im Wortlaut mit seinen Ziffern 1 - 4, das unter Ziffer 5 des Schreibens aufgelistete Regelwerk, die in Anlage 2 des Schreibens unter Ziffer 1 - 4 aufgelisteten Gutachten und die in der Genehmigung vom 28. November 2003 genannte SEWD-Richtlinie vorzulegen.

2

Mit Sperrerklärung vom 28. Januar 2010 verweigerte der Beigeladene zu 2 die Vorlage der angeforderten Akten, die ausweislich der Sperrerklärung insgesamt zwölf Unterlagen umfassen. Mit Schriftsatz vom 2. Februar 2010 wies die Beklagte ergänzend darauf hin, dass ein Teil der unter Ziffer 5 des Schreibens zur Anlagensicherung vom 28. November 2003 aufgelisteten Regelwerke öffentlich zugänglich sei und benannte die Regelwerke mit Fundstelle. Ein nicht veröffentlichtes Regelwerk übersandte sie als Anlage.

3

Auf den Antrag des Klägers hat das Oberverwaltungsgericht mit Beschluss vom 26. März 2010 die Sache dem Fachsenat des Bundesverwaltungsgerichts vorgelegt.

II

4

Der Antrag, über den gemäß § 99 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1, § 189 VwGO der Fachsenat des Bundesverwaltungsgerichts beschließt, ist im tenorierten Umfang begründet. Im Übrigen ist der Antrag unbegründet.

5

1. Der für eine Sachentscheidung des Fachsenats erforderlichen Bejahung der Entscheidungserheblichkeit der Unterlagen durch das Gericht der Hauptsache ist mit dem mit einer Begründung versehenen Beschluss vom 24. September 2009 Genüge getan. Hat das Gericht der Hauptsache - wie hier - die Entscheidungserheblichkeit in einem Beschluss geprüft und bejaht, ist der Fachsenat grundsätzlich an dessen Rechtsauffassung gebunden (stRspr, vgl. nur Beschluss vom 5. Februar 2009 - BVerwG 20 F 3.08 - juris Rn.4). Mit Erlass des Beschlusses vom 24. September 2009 hat das Hauptsachegericht, das ausdrücklich betont, dass die gerichtliche Kontrolle beschränkt sei, in rechtlicher Hinsicht hinreichend deutlich zum Ausdruck gebracht, dass es eine Vorlageverweigerung jedenfalls nicht schon deswegen für gerechtfertigt erachtet, weil - wie der Beigeladene zu 2 und mit ihm die Beigeladene zu 1 geltend machen - im Atomrecht der sog. Funktionsvorbehalt gilt.

6

2. Die Verweigerung von Akten oder Auskünften durch die oberste Aufsichtsbehörde erfordert das Vorliegen eines Geheimhaltungsgrundes nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Die Vorlage von Urkunden oder Akten, die Übermittlung der elektronischen Dokumente und die Erteilung der Auskünfte kann verweigert werden, wenn das Bekanntwerden des Inhalts der Unterlagen dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen.

7

2.1 Akten sind nicht schon - ihrem Wesen nach - wegen ihrer Einstufung als Verschlusssache geheimhaltungsbedürftig; vielmehr richtet sich die Geheimhaltungsbedürftigkeit nach den materiellen Maßstäben des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO (Beschluss vom 19. April 2010 - BVerwG 20 F 13.09 - juris Rn. 21, vorgesehen zur Veröffentlichung in BVerwGE; Urteil vom 19. August 1986 - BVerwG 1 C 7.85 - BVerwGE 75, 1 <14> = Buchholz 306 § 96 StPO Nr. 2; Beschluss vom 21. Juni 1993 - BVerwG 1 B 62.92 - Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 22 S. 11 f.).

8

2.2 Ebenso wenig ergibt sich die Geheimhaltungsbedürftigkeit der Unterlagen aus einem Gesetz. § 4 SÜG, auf den der Beigeladene zu 2 unter Bezugnahme auf § 3 VSA verweist, zählt schon deswegen nicht zu einem Gesetz im Sinne des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO, weil die Vorschrift lediglich eine allgemeine Definition der Verschlusssachen und eine generelle Vorgabe für die Abstufung der Geheimhaltungsgrade enthält. Die konkrete Einstufung eines Dokuments als Verschlusssache mit einem bestimmten Geheimhaltungsgrad wird durch die jeweilige Behörde (§ 4 Abs. 1 Satz 2 SÜG) auf der Grundlage der hierzu ergangenen Verschlusssachenanordnungen vorgenommen. Im Übrigen führt selbst eine solche Einstufung als Verschlusssache nicht bereits dazu, ihre Vorlage im gerichtlichen Verfahren nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO verweigern zu dürfen. Ebenso wenig wie Akten und Unterlagen allein deshalb in einem gerichtlichen Verfahren zurückgehalten werden dürfen, weil sie sicherheitsrelevante Informationen enthalten, kann die formale Einstufung als Verschlusssache eine Vorlageverweigerung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtfertigen. Es kommt vielmehr auch insoweit darauf an, ob sich nach den materiellen Maßstäben des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO eine Geheimhaltungsbedürftigkeit ergibt, ob also der Grund für die Einstufung als Verschlusssache noch fortbesteht (Beschluss vom 19. April 2010 a.a.O. Rn. 23).

9

2.3 Materiell-rechtlicher Maßstab zur Beurteilung der Geheimhaltungsbedürftigkeit ist das Vorliegen eines Nachteils i.S.d. § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO. Bereitet das Bekanntwerden des Inhalts zurückgehaltener Dokumente und Unterlagen dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile, ist ihre Geheimhaltung ein legitimes Anliegen des Gemeinwohls (stRspr, vgl. nur Beschlüsse vom 7. November 2002 - BVerwG 2 AV 2.02 - NVwZ 2003, 347 und vom 23. März 2009 - BVerwG 20 F 11.08 - juris Rn. 5), das eine Verweigerung der Vorlage gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO rechtfertigen kann.

10

Nachteile im Sinne dieses Geheimhaltungsgrundes erfassen Beeinträchtigungen und Gefährdungen des Bestands und der Funktionsfähigkeit des Staates und seiner wesentlichen Einrichtungen, insbesondere Beeinträchtigungen der inneren und äußeren Sicherheit. Der Weigerungsgrund ist eng auszulegen; der Nachteil muss von erheblichem Gewicht sein. Nicht jede Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vermag einen Nachteil i.S.d. § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu begründen. Ob eine erhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung vorliegt, ergibt sich aus dem Ausmaß der befürchteten Beeinträchtigung mit Blick auf die betroffenen Rechtsgüter.

11

Gemessen an diesem Maßstab stellt die Offenlegung von sicherheitsrelevanten Informationen über Schutzkonzepte und -maßnahmen, die der Vorsorge gegen sog. auslegungsüberschreitende Ereignisse wie Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter dienen, einen Nachteil i.S.d. § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO dar. Die weitreichenden Folgen für Leben, Gesundheit und Sachgüter, die aus einem durch einen Anschlag oder sonstige Einwirkungen auf ein Kernkraftwerk herbeigeführten Störfall angesichts der Gefahren der Kernenergie und der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlen und radioaktiver Stoffe resultieren können, begründen ein gewichtiges öffentliches Geheimhaltungsinteresse, das die Zurückhaltung von Informationen über Schutzkonzepte und -maßnahmen von atomrechtlichen Anlagen zu rechtfertigen vermag. Es liegt auf der Hand, dass Maßnahmen zum Schutz solcher sicherheitsempfindlichen Anlagen unterlaufen werden, wenn durch Offenlegung die Gefahr besteht, dass die Allgemeinheit und damit (auch) Personen, die Angriffe auf solche Anlagen planen, Kenntnis über Reichweite und Ausgestaltung der Vorkehrungen erlangen können, die gerade zum Schutz gegen solche Angriffe als notwendig erachtet werden.

12

Es ist auch nicht lediglich von der "bloßen" Möglichkeit eines Nachteils auszugehen (vgl. dazu Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl., 2009, § 99 Rn. 10). Wie die Entwicklung zu der nach Stand von Wissenschaft und Technik erforderlichen atomrechtlichen Schadensvorsorge zeigt, hat das Risikopotential im Bereich der sog. auslegungsüberschreitenden Ereignisse wie Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter zugenommen. Aus der Einfügung der Sicherheitsebene 4 in das gestaffelte Schutzkonzept ergibt sich, dass nach heutigem Stand von Wissenschaft und Technik auch gegen auslegungsüberschreitende Ereignisse Vorsorgemaßnahmen verlangt werden (Urteil vom 10. April 2008 - BVerwG 7 C 39.07 - BVerwGE 131, 129 Rn. 32). Geleitet von dieser Einschätzung genügt die hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass das Wissen über Schutzvorkehrungen zu Störmaßnahmen oder sonstigen Einwirkungen Dritter auf Kernkraftwerkanlagen missbraucht werden kann. Die Erfahrungen mit terroristischen Angriffen in jüngerer Vergangenheit belegen, dass es einen Personenkreis gibt, der bereit ist, Anschläge durchzuführen, die für eine Vielzahl von Menschen zu Schaden an Leib und Leben führen können. Dass es bislang nicht zu einem Anschlag auf ein Kernkraftwerk gekommen ist, ändert nichts an der Gefahr, die mit der Veröffentlichung von Schutzvorkehrungen für solche hochsensiblen Anlagen verbunden ist. Die hinreichende Wahrscheinlichkeit der Gefahr orientiert sich nicht an der empirisch belegten Eintrittswahrscheinlichkeit von Störmaßnahmen oder sonstigen Einwirkungen Dritter, sondern an dem Umstand, dass nach heutigem Stand von Wissenschaft und Technik auch gegen solche klar erkannten Unfallszenarien Vorsorgemaßnahmen verlangt werden.

13

3. Grundsätzlich setzt die Entscheidung über die Verweigerung der Aktenvorlage bei Geheimhaltungsbedarf eine Ermessensausübung gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO voraus. Durch die Ermessenseinräumung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO wird der obersten Aufsichtsbehörde die Möglichkeit eröffnet, dem öffentlichen Interesse und dem individuellen Interesse der Prozessparteien an der Wahrheitsfindung in dem vom Untersuchungsgrundsatz beherrschten Verwaltungsprozess den Vorrang vor dem Interesse an der Geheimhaltung der Schriftstücke zu geben. § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO regelt die Auskunftserteilung und Aktenvorlage im Verhältnis der mit geheimhaltungsbedürftigen Vorgängen befassten Behörde zum Verwaltungsgericht, das in einem schwebenden Prozess für eine sachgerechte Entscheidung auf die Kenntnis der Akten angewiesen ist. In diesem Verhältnis stellt das Gesetz die Auskunftserteilung und Aktenvorlage in das Ermessen der Behörde, lässt dieser also die Wahl, ob sie die Akten oder die Auskunft wegen ihrer Geheimhaltungsbedürftigkeit zurückhält oder ob sie davon um des effektiven Rechtsschutzes willen absieht. Dementsprechend ist ihr auch in den Fällen Ermessen zugebilligt, in denen das Fachgesetz der zuständigen Fachbehörde kein Ermessen einräumt (stRspr, vgl. nur Beschlüsse vom 1. August 2007 - BVerwG 20 F 10.06 - juris Rn. 5 und vom 21. Februar 2008 - BVerwG 20 F 2.07 - BVerwGE 130, 236 = Buchholz 310 § 99 VwGO Nr. 46, jeweils Rn. 19). Dabei hat die oberste Aufsichtsbehörde für jeden Vorgang, dessen Vorlage verweigert wird, Ermessenserwägungen anzustellen und zu entscheiden, ob das öffentliche und private Interesse an der Wahrheitsfindung und an effektivem Rechtsschutz das öffentliche Geheimhaltungsinteresse überwiegt. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verpflichtet die oberste Aufsichtsbehörde, auch sorgfältig zu prüfen, ob dem öffentlichen und privaten Interesse an der Offenlegung gegebenenfalls durch Schwärzungen Rechnung getragen werden kann.

14

Entgegen der Auffassung des Antragstellers folgt aus dem Umstand, dass die Risikoermittlung und Risikobewertung im Bereich der atomrechtlichen Schadensvorsorge der Genehmigungsbehörde obliegt, nicht, dass an die Ermessensausübung gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO "besonders strenge" Anforderungen zu stellen sind. Der im Atomrecht geltende sog. Funktionsvorbehalt, mit dem zum Ausdruck gebracht wird, dass die Genehmigungsbehörde in eigener Verantwortung über das Maß des erforderlichen Schutzes entscheidet (Urteile vom 10. April 2008 a.a.O. Rn. 25 und vom 22. Oktober 1987 - BVerwG 7 C 4.85 - BVerwGE 78, 177 <180 f.> = Buchholz 451.171 AtG Nr. 20 S. 8 f.; Beschluss vom 24. August 2006 - BVerwG 7 B 38.06 - Buchholz 451.171 § 9a AtG Nr. 1), führt zwar zu einer eingeschränkten gerichtlichen Nachprüfung der behördlichen Risikoermittlung und -bewertung einschließlich des hinzunehmenden Restrisikos. Das wirkt sich indes nicht auf das in-camera-Verfahren aus. Im Zwischenverfahren gemäß § 99 Abs. 2 VwGO geht es allein um die Frage der Vorlage der Akten im Prozess. Welche Akten entscheidungserheblich sind, bestimmt das Gericht der Hauptsache, das bei seiner Entscheidung die einschlägigen materiell-rechtlichen Maßstäbe zugrunde zu legen hat. Nur in diesem Rahmen wirkt sich der Funktionsvorbehalt aus.

15

Besondere Umstände, aus denen sich ergeben könnte, dass das Ergebnis der Ermessensausübung nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit rechtlich zwingend dahingehend vorgezeichnet wäre, dass als rechtmäßige Entscheidung nur eine Vorlage in Betracht käme, sind nicht zu erkennen. Die drittschützende Wirkung der Vorschriften über die erforderliche Schadensvorsorge vermag eine Gewichtungsvorgabe nicht zu vermitteln. Soweit die Behörde Schadensvorsorge für erforderlich hält, steht dem Drittbetroffenen zwar ein entsprechender Genehmigungsabwehranspruch zur Verfügung, wenn er einen hinreichend wahrscheinlichen Geschehensablauf vorträgt, bei dem trotz der getroffenen Vorsorge eine Verletzung in seinen Rechten möglich erscheint (Urteil vom 10. April 2008 a.a.O. Rn. 33). Der grundrechtliche Schutz des Einzelnen vor den Gefahren der friedlichen Nutzung der Kernenergie verpflichtet aber zugleich, die Wirksamkeit der Maßnahmen der erforderlichen Schadensvorsorge nicht zu gefährden. Streiten grundrechtliche Interessen sowohl für eine Offenlegung als auch eine Geheimhaltung, ist das Ergebnis der Ermessensausübung nicht in eindeutiger Weise vorgeprägt.

16

Diesen Anforderungen an die Ermessensausübung gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO wird die Sperrerklärung vom 28. Januar 2010 im ganz überwiegenden Umfang noch gerecht. Hinsichtlich des in den Originalunterlagen zu Nr. 6 befindlichen Anschreibens und der in den Originalunterlagen zu Nr. 8 befindlichen Anlage 2 genügt die Sperrerklärung vom 28. Januar 2010 dagegen nicht den Anforderungen, die an die Ermessensausübung gemäß § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO zu stellen sind.

17

3.1 Soweit der Beigeladene zu 2 der Auffassung ist, bereits durch die Einstufungsgrade des SÜG werde der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit dahingehend konkretisiert, dass ab der Einstufung als "VS-Vertraulich" das Geheimhaltungsinteresse in aller Regel gegenüber dem Vorlageinteresse überwiege, es sei denn, besondere Umstände lägen vor, wird zwar nicht beachtet, dass - wie dargelegt - die formale Einstufung als Verschlusssache eine Vorlageverweigerung nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO nicht zu rechtfertigen vermag und daher auch nicht Grundlage einer Ermessensreduzierung im Sinne des vom Beigeladenen zu 2 angewandten Regel-Ausnahme-Prinzips sein kann.

18

3.2 Der Beigeladene zu 2 hat aber vorsorglich ("hilfsweise") eine eigenständige Interessenabwägung vorgenommen. Dabei hat er zwischen den zwölf Unterlagen unterschieden und für jede der Unterlagen nicht nur die aus seiner Sicht einschlägigen Geheimhaltungsgründe angeführt, sondern auch dargelegt, von welchen Ermessenserwägungen er sich geleitet gesehen hat.

19

3.2.1 Zwar missversteht der Beigeladene zu 2 möglicherweise den Begriff "Beweisthema", wenn er rügt, in dem Beweisbeschluss vom 24. September 2009 werde im Tenor kein Beweisthema benannt. Das Oberverwaltungsgericht hat - im Tenor - die von ihm als entscheidungserheblich angesehenen Unterlagen exakt benannt. Auf der Grundlage des Beschlusses ist der Umfang der als beweiserheblich erachteten Unterlagen - wie die Präzisierung seitens des Beigeladene zu 2 belegt - auch hinreichend bestimmt. In den Gründen hat das Gericht - wie auch der Beigeladene zu 2 erkennt - den rechtlichen Maßstab erläutert, der ihn nach seiner Auffassung verpflichtet, die genannten Unterlagen beizuziehen und dabei ausdrücklich betont, dass die gerichtliche Kontrolle beschränkt sei. Damit ist das "Beweisthema" hinreichend präzisiert worden.

20

3.2.2 Ebenso wenig verfängt der Hinweis, eine Aufhebung der Genehmigung sei zwar theoretisch möglich, jedoch unwahrscheinlich, da anerkannt sei, dass die gerichtliche Kontrolle der von der Exekutive zu verantwortenden Risikoermittlung und Risikobewertung darauf beschränkt sei, ob sie auf einer ausreichenden Datenbasis beruhe und dem Stand von Wissenschaft und Technik Rechnung trage. Der Funktionsvorbehalt, auf den das Oberverwaltungsgericht in dem Beweisbeschluss ausdrücklich hinweist, führt zwar zu einer eingeschränkten Nachprüfung der behördlichen Risikoermittlung und -bewertung einschließlich des hinzunehmenden Restrisikos. Die Feststellung, ob die Behörde im Hinblick auf die Ergebnisse des von ihr durchgeführten Genehmigungsverfahrens "diese Überzeugung von Rechts wegen haben durfte" (Urteil vom 22. Oktober 1987 a.a.O. S. 180 bzw. S. 8), setzt aber Klarheit über den aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik sowie der "ausreichenden" Datenbasis voraus. Auf eben diesen "Nachvollzug der gedanklichen Operationen der Genehmigungsbehörde" (Urteil vom 22. Oktober 1987 a.a.O. S. 181 bzw. S. 9) zielt die mit dem Beweisbeschluss angeordnete Sachverhaltsaufklärung. Ob der Antragsteller bei Vorlage der als entscheidungserheblich erachteten Aktenbestandteile Erfolg haben wird, hat allein das Hauptsachegericht zu beurteilen.

21

3.2.3 Die Erwägungen, die der Beigeladene zu 2 zur Unterlage Nr. 1 (unter 1.3.3-1.3.6 der Sperrerklärung) anstellt und auf die er hinsichtlich der anderen Unterlagen jeweils verweist und im Übrigen je nach Inhalt der Unterlage variiert, zeigen aber, dass er unabhängig davon die widerstreitenden Belange und Interessen gewichtet und eine auf den laufenden Rechtsstreit bezogene Abwägung vorgenommen hat. Er hat erkannt, dass die gerichtliche Aufklärung erschwert wird und auf dieser Grundlage eine Abwägung im Einzelfall vorgenommen. Dass er das öffentliche und private Interesse an der Wahrheitsfindung bei der Abwägung hat zurücktreten lassen, ist angesichts des gewichtigen öffentlichen und privaten Interesses an effektivem Schutz vor Störmaßnahmen und sonstigen Einwirkungen Dritter, die zu weitreichenden Schäden an Leib und Leben führen können, nicht zu beanstanden.

22

3.3 Als ermessensfehlerhaft erweist sich jedoch, dass der Beigeladene zu 2 bei den Unterlagen zu Nr. 6 und 8 nicht hinreichend nach den jeweiligen Bestandteilen differenziert hat. Bei den dem Senat vorgelegten Originalunterlagen zu Nr. 6 ist nicht nur der Rahmenplan vom 23. Oktober 2000 abgeheftet, sondern auch ein Anschreiben. Dem Senat ist aus einem anderen anhängigen Verfahren, das eine ähnliche Fallkonstellation - mit einem Landesministerium als oberste Aufsichtsbehörde - betrifft (BVerwG 20 F 7.10), bekannt, dass das gleiche Anschreiben dem dortigen Hauptsachegericht gegenüber offengelegt worden ist. Unter diesen Umständen bedarf es jedenfalls einer Begründung, warum der Beigeladene zu 2 im vorliegenden Fall sein Ermessen nicht ebenfalls im Sinne einer Vorlage ausgeübt hat. Unterlage Nr. 8 enthält als Anlage 2 den Bericht über die Sitzung des Länderausschusses für Atomkernenergie - Hauptausschuss - vom 3./4. Juli 2003, der im Urteil des 7. Senats vom 10. April 2008 (a.a.O. Rn. 30) inhaltlich referiert wird. Auch hierzu fehlen Ermessenserwägungen, insbesondere warum unter diesen Umständen nicht zumindest eine Teilvorlage in Betracht kommt. Die Feststellung, dass die Sperrerklärung vom 28. Januar 2010 hinsichtlich des in den Originalunterlagen zu Nr. 6 befindlichen Anschreibens und der in den Originalunterlagen zu Nr. 8 befindlichen Anlage 2 rechtswidrig ist, hindert den Beigeladenen zu 2 nicht, insoweit erneut eine Sperrerklärung abzugeben.

23

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 3, § 162 Abs. 3 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 52 Abs. 2 GKG.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Kosten sind die Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) und die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten einschließlich der Kosten des Vorverfahrens.

(2) Die Gebühren und Auslagen eines Rechtsanwalts oder eines Rechtsbeistands, in den in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nummer 3 und 3a genannten Angelegenheiten auch einer der dort genannten Personen, sind stets erstattungsfähig. Soweit ein Vorverfahren geschwebt hat, sind Gebühren und Auslagen erstattungsfähig, wenn das Gericht die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig erklärt. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können an Stelle ihrer tatsächlichen notwendigen Aufwendungen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen den in Nummer 7002 der Anlage 1 zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz bestimmten Höchstsatz der Pauschale fordern.

(3) Die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen sind nur erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.