Verwaltungsgericht München Urteil, 25. Nov. 2015 - M 7 K 15.3411

published on 25/11/2015 00:00
Verwaltungsgericht München Urteil, 25. Nov. 2015 - M 7 K 15.3411
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Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

Aktenzeichen: M 7 K 15.3411

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 25. November 2015

7. Kammer

Sachgebiets-Nr. 440

Hauptpunkte:

Anordnung eines Abschusskontingents für Rotwild;

Inhaltsadressat

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

... Guts- und Forstverwaltung vertreten durch den Verwalter

- Klägerin -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

..., vertreten durch: Landratsamt ...

- Beklagter -

wegen Anordnung eines Abschusskontingents für Rotwild

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 7. Kammer,

durch die Vorsitzende Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin am Verwaltungsgericht ..., die Richterin ..., die ehrenamtliche Richterin ..., die ehrenamtliche Richterin ... aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25. November 2015 am 25. November 2015 folgendes Urteil:

I.

Der Bescheid des Landratsamts Garmisch-Partenkirchen vom ... Juli 2015 wird aufgehoben.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen einen Bescheid des Beklagten, mit dem ein Abschusskontingent für Rotwild bis Ende September 2015 festgesetzt wurde.

Mit Bescheid vom ... Juli 2015, adressiert an die ... Forst- und Gutsverwaltung ...

ordnete das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen an, dass der Abschussplan für Rotwild des Eigenjagdreviers ... für das Jagdjahr 2015/2016, festgesetzt am 21. Juli 2015, bis 30. September 2015 mindestens zu 40% (18 Stück) zu erfüllen ist (Nummer 1), erklärte diese Anordnung für sofort vollziehbar (Nummer 2) und drohte in Nummer 3 für jedes nicht fristgerecht erlegte Stück Rotwild ein Zwangsgeld in Höhe von 200 Euro an. Zur Begründung wird angeführt, dass die Anordnung eines Abschusskontingents das geeignete Mittel sei, um auf die Erfüllung des Abschussplanes hinzuwirken. Ein frühzeitiger Beginn des Abschusses werde durch diese Maßnahmen gefördert. Der Abschussplan für das Eigenjagdrevier ... für Rotwild sei im letzten Jagdjahr nicht erfüllt worden (Erfüllungsgrad 58%). Laut dem Forstlichen Gutachten und der Revierweisen Aussage aus dem Jahr 2012 sei die Verbissbelastung „deutlich zu hoch“ und die Tendenz der Verbissbelastung „nicht verändert“. Dies habe sich laut einer Stellungnahme des AELF vom ... November 2014 nicht geändert.

Gegen diesen Bescheid ließ die Klägerin am ... August 2015 Klage erheben und beantragte zuletzt,

den Bescheid des Landratsamts Garmisch-Partenkirchen vom ... Juli 2015, betreffend die Anordnung eines Abschusskontingents für Rotwild im Revier ..., aufzuheben.

Zur Begründung wird auf die Ausführungen im Antragsschriftsatz des Eilverfahrens (M 7 S 15.3607) vom 20. August 2015 verwiesen, ferner auf die Ausführungen in den Verfahren M 7 K 15.3412 und M 7 K 14.4367. Der Bescheid vom ... Juli 2015 sei fehlerhaft adressiert. Der Forst werde vom Bruder des Herrn ... verwaltet, das Jagdrecht hingegen durch Herrn ...; dieser sei Vertreter des Eigenjagdreviers gegenüber der Verwaltungsbehörde und eigentlicher Inhaltsadressat. Dies zeige sich bereits darin, dass im zweiten Verfahren (M 7 K 15.3412) Herr ... der Adressat sei. Die „... Forst- und Gutsverwaltung“ gebe es nicht als parteifähige Einrichtung. Auch das Verwaltungsgericht habe in einer vergleichbaren Entscheidung (M 7 S 13.4047) festgehalten, dass die Anordnung zur Erfüllung des Abschussplans an den nach Art. 7 Abs. 4 BayJG bevollmächtigten Revierinhaber zu ergehen habe. Der Verwaltungsakt sei schon wegen evidenter Falschadressierung an einen jagdrechtlich Unzuständigen unwirksam. In der Sache habe weder ein Anlass noch eine rechtliche Grundlage für die getroffene Anordnung eines Abschusskontingents bestanden. Auch die Zwangsgeldandrohung sei rechtswidrig.

Der Beklagte beantragte,

die Klage abzuweisen.

Er erklärte mit Schriftsatz vom ... September 2015, dass Inhaltsadressat die „... Forst- und Gutsverwaltung“ sei, das Eigenjagdrevier stehe im Eigentum der drei Brüder ..., die auch Jagdausübungsberechtigte seien. Herr ... sei nach Art. 7 Abs. 4 BayJG als Bevollmächtigter benannt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten verwiesen. Das Gericht hat am 25. November 2015 mündlich zur Sache verhandelt.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist begründet. Der Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Statthafte Klageart ist vorliegend die Anfechtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO. Trotz Zeitablaufs des im Bescheid gesetzten Termins (30. September 2015) für die Erfüllung der Anordnung liegt keine Erledigung vor. Eine Erledigung tritt nicht ein, wenn die Nichterfüllung für den abgelaufenen Zeitraum gegenwärtig noch nachteilige Rechtswirkungen für den Betroffenen entfaltet. Das ist der Fall, wenn sie weiterhin Rechtsgrundlage für Vollstreckungsmaßnahmen bildet (vgl. BVerwG, U. v. 20.6.2013 - 8 C 17/12 - juris Rn. 19, 20). Das in Nummer 3 des Bescheids angedrohte Zwangsgeld bei Nichterfüllung kann noch beigetrieben werden, so dass für die Klägerin weiterhin nachteilige Wirkungen vom Bescheid ausgehen können (vgl. auch Art. 32 Abs. 2 Satz 4 BayJG). Die Klägerin ist ferner klagebefugt gemäß § 42 Abs. 2 VwGO, da sie Adressatin des streitgegenständlichen Bescheids ist.

Der Bescheid ist rechtswidrig, weil er an den falschen Inhaltsadressaten gerichtet ist.

Nach Art. 32 Abs. 3 Satz 1 BayJG ergehen Anordnungen nach Art. 32 Abs. 2 Satz 2 BayJG im Fall des Art. 7 Abs. 4 BayJG an den Bevollmächtigten, dies ist vorliegend Herr Dr. ... Der bevollmächtigte Revierinhaber hat nach Art. 32 Abs. 3 Satz 1 BayJG auf die Erfüllung des Abschussplanes durch die Mitpächter oder die verantwortlichen Personen im Sinne des Art. 7 Abs. 2 BayJG hinzuwirken und nach Art. 32 Abs. 3 Satz 2 BayJG haben die Mitpächter oder verantwortlichen Personen die zur Erfüllung des Abschussplanes erforderliche Handlungen des Bevollmächtigten zu dulden. Er soll als Inhaltsadressat allein rechtlich verpflichtet werden und nicht lediglich als Bekanntgabeadressat fungieren (VG München, B. v. 14.4.2014 - M 7 S 13.4047 - juris Rn.19).

Der materielle Adressat, der durch die hoheitliche Regelung verpflichtet oder berechtigt werden soll (Inhaltsadressat), ist vom Bekanntgabeadressat, dem der Verwaltungsakt bekanntgegeben wird, zu unterscheiden (vgl. zu dieser Differenzierung BVerwG, B. v. 18.6.2014 - 3 B 28/14 - juris Rn. 11, 12). In der Regel ist der Bekanntgabe- mit dem Inhaltsadressat identisch, sie können jedoch auseinanderfallen, da die Behörde Verwaltungsakte auch gegenüber Bevollmächtigten bekanntgeben kann. Für wen der Verwaltungsakt inhaltlich bestimmt ist, ergibt sich in der Regel - aber wegen der Unterscheidung zwischen Bekanntgabe- und Inhaltsadressat nicht zwingend - aus dem Anschriftenfeld des Verwaltungsakts (vgl. OVG Lüneburg, U. v. 19.12.2002 - 8 L 1823/99 - juris Rn. 30; Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, Kommentar, 8. Aufl., § 37, Rn. 10, 19).

Im Zweifel ist durch Auslegung zu ermitteln, ob der im Anschriftenfeld des Verwaltungsakts Genannte nicht nur der Bekanntgabe-, sondern auch der Inhaltsadressat des Verwaltungsakts ist (vgl. OVG Lüneburg, U. v. 19.12.2002 - 8 L 1823/99 - juris Rn. 30; Stelkens/Bonk/Sachs, § 37, Rn. 7, 11). Die Auslegung eines Verwaltungsakts richtet sich nach allgemeinen Grundsätzen und erfolgt mithin in entsprechender Anwendung der §§ 133, 157 BGB (BVerwG, U. v. 7.6.1991 - 7 C 43.90 - juris Rn. 18). Damit ist auf den objektiven Erklärungswert unter Berücksichtigung des Gesamtzusammenhangs der Erklärung abzustellen, ferner darauf, wie ihn der Adressat nach Treu und Glauben verstehen durfte (BVerwG, B. v. 31.1.2008 - 7 B 48.07 - juris Rn. 6 m. w. N.). Bei der Auslegung sind auch die Begleitumstände heranzuziehen, unter denen die Willenserklärung abgegeben wurde (BVerwG, U. v. 31.5.2012 - 3 C 12.11 - juris Rn. 16). Dabei können auch vorhergehende Bescheide zur Auslegung herangezogen werden (vgl. OVG Sachsen-Anhalt, B. v. 16.2.2009 - 4 L 344/08 - juris Rn. 3).

Die Auslegung ergibt, dass der Bescheid an Herrn Dr. ... als Bekanntgabeadressat gerichtet wurde. Dies zeigt sich an der Formulierung des Adressfelds in Zusammenschau mit der Anrede und den Ausführungen des Beklagten zur Bevollmächtigung des Herrn Dr. ... Die Bekanntgabe erfolgte damit im Einklang mit der gesetzlichen Regelung aus Art. 7 Abs. 4 BayJG, wonach der nach dieser Norm Bevollmächtigte zur Entgegennahme von Erklärungen berechtigt ist.

Der Bescheid ist jedoch an den falschen materiellen Adressaten gerichtet. Richtiger Inhaltsadressat wäre nach Art. 32 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 BayJG Herr Dr. ... gewesen, da er der nach Art. 7 Abs. 4 BayJG Bevollmächtigte ist. Auf Nachfrage, wer Inhaltsadressat des Bescheids sein soll, hat die Behörde geäußert, dass Inhaltsadressat die „... Forst- und Gutsverwaltung“ sei und dass das Eigenjagdrevier im Eigentum der drei Brüder ... stehe, die auch Jagdausübungsberechtigte seien. So hat auch die Klägerin den Bescheid verstanden. Sie hat sich nicht als für die Anordnung Verantwortliche angesehen und geltend gemacht, dass der Bescheid im Gegensatz zu der Festsetzung der Abschusszahlen für Rotwild erstmals an sie ergangen sei. Eine Auslegung nach den oben genannten Maßstäben ergibt daher, dass der Bescheid nicht nur an die Klägerin adressiert war, sondern sie daraus auch verpflichtet werden sollte. Sie war aber die falsche Inhaltsadressatin.

Der Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO stattzugeben.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen. Dem Antrag sollen vier Abschriften beigefügt werden.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 5.000,- festgesetzt (§ 52 Abs. 1, Abs. 2 Gerichtskostengesetz -GKG-)

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

Der Beschwerdeschrift eines Beteiligten sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au
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Tatbestand 1 Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer Ordnungsverfügung, mit der dem Kläger die Vermittlung von Sportwetten an private Wettanbieter untersagt
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Tenor I. Es wird festgestellt, dass der Bescheid des Beklagten vom 8. August 2016, soweit er nicht aufgehoben ist, rechtswidrig war. II. Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist v
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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegu
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Tenor I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegu
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Annotations

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts (Anfechtungsklage) sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts (Verpflichtungsklage) begehrt werden.

(2) Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt oder seine Ablehnung oder Unterlassung in seinen Rechten verletzt zu sein.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

Verträge sind so auszulegen, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.