Gericht

Verwaltungsgericht München

Gründe

Bayerisches Verwaltungsgericht München

Aktenzeichen: M 5 K 14.2406

Im Namen des Volkes

Urteil

vom 22. Dezember 2014

5. Kammer

Sachgebiets-Nr. 1330

Hauptpunkte: Entlassung; Beamtin auf Probe; Gesundheitliche Nichteignung; Ärztliche Begutachtung; Nicht nachvollziehbar;

Rechtsquellen:

In der Verwaltungsstreitsache

...

- Klägerin -

bevollmächtigt: Rechtsanwälte ...

gegen

Freistaat ...

vertreten durch: Präsidium der ... Bereitschaftspolizei

- Beklagter -

wegen Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe

erlässt das Bayerische Verwaltungsgericht München, 5. Kammer, durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht ... als Einzelrichter aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 22. Dezember 2014 folgendes Urteil:

I.

Der Bescheid des Präsidiums der ... Bereitschaftspolizei vom ... Mai 2014 wird aufgehoben.

II.

Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand:

Die am ... 1994 geborene Klägerin wurde am 3. September 2012 in das Beamtenverhältnis auf Widerruf eingestellt. Mit Wirkung zum 1. September 2013 wurde sie unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Polizeioberwachtmeisterin ernannt.

Gestützt auf Gesundheitszeugnisse des Ärztlichen Dienstes der ... Polizei vom ... Dezember 2013 und ... Februar 2014 verfügte das Präsidium der ... Bereitschaftspolizei nach Anhörung der Beamtin mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom ... Mai 2014, dass die Klägerin mit Ablauf des 30. Juni 2014 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen werde. Neben den dokumentierten polizeiärztlichen Feststellungen und der negativen Prognose zur zeitnahen Wiederaufnahme der Ausbildung bestünden Bedenken wegen der gezeigten kontinuierlichen seelischen Instabilität. Aufgrund des gezeigten Verhaltens bestehe die Gefahr einer nicht vorhandenen Stressstabilität. Insgesamt seien ihre dauernd und abrupt wechselnden Stimmungen dem Polizeivollzugsdienst nicht förderlich. Die Polizeiärztin habe eine negative Prognose zur dauernden Dienstfähigkeit bis zum regulären Ruhestand abgegeben; daher sei die Beamtin gesundheitlich nicht geeignet und die Entlassung geeignet, erforderlich und verhältnismäßig.

Mit Schriftsatz vom 4. Juni 2014, eingegangen bei Gericht am 5. Juni 2014, hat die Antragstellerin Klage erhoben und beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom ... Mai 2014 aufzuheben.

Die der Entlassung zugrunde liegenden polizeiärztlichen Gesundheitszeugnisse hielten einer fachlichen Prüfung nicht stand. Grundlage für das Gutachten vom ... Dezember 2013, das das Gesundheitszeugnis vom ... Dezember 2013 begründe, seien im Wesentlichen die vorgelegten Aktenvermerke der Vorgesetzten und Kollegen. Eine erforderliche eingehende Exploration sei nicht ersichtlich. Eine Auseinandersetzung der Darstellung der Klägerin zu den in den Aktenvermerken festgehaltenen Umständen sei weder durch die Polizeiärztin noch im Entlassungsbescheid erfolgt.

Das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei hat für den Beklagten beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit Beschluss vom 9. Oktober 2014 (M 5 S 14.3203) hat das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entlassungsverfügung vom ... Mai 2014 wieder hergestellt. Dieser Beschluss ist rechtskräftig. Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten in den Verfahren M 5 K 14.2406 und M 5 S 14.3203 sowie auf die ausführliche Sachverhaltsdarstellung im Beschluss vom 9. Oktober 2014 (M 5 S 14.3203) verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet. Der Entlassungsbescheid des Präsidiums der Bayerischen Bereitschaftspolizei vom ... Mai 2014 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO).

1. Nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern - Beamtenstatusgesetz/BeamtStG i. V. m. Art. 12 Abs. 5 des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen - Leistungslaufbahngesetz/LlbG kann ein Beamter auf Probe entlassen werden, wenn er sich in der Probezeit nicht bewährt hat (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung).

Auch die fehlende gesundheitliche Eignung stellt einen Entlassungsgrund dar. Dies folgt zudem aus Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland/GG, dessen Kriterien § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG übernimmt. Geeignet ist nach Art. 33 Abs. 2 GG nur derjenige, der dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist (BVerfG, B. v. 21.2.1995 - 1 BvR 1397/93 - BVerfGE 92, 140; B. v. 20.4.2004 - 1 BvR 838/01 u. a. - BVerfGE 110, 304; BVerwG, U. v. 25.7.2013 - 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244). Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr daher immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht (BVerwG, U. v. 25.7.2013 a. a. O.).

Es obliegt dem Dienstherrn, die körperlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn zu bestimmen. Hierbei steht ihm ein weiter Einschätzungsspielraum zu, bei dessen Wahrnehmung er sich am typischen Aufgabenbereich der Ämter der Laufbahn zu orientieren hat. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist (BVerwG, U. v. 21.6.2007 - BVerwG 2 A 6.06 - DokBer 2007, 312). Auf dieser Grundlage muss festgestellt werden, ob ein Bewerber den Anforderungen gewachsen ist, die die Ämter einer Laufbahn für die Dienstausübung stellen. Dem Dienstherrn steht bei der Entscheidung über die gesundheitliche Eignung eines Beamten kein Beurteilungsspielraum zu. Entsprechend haben die Verwaltungsgerichte über die gesundheitliche Eignung von Beamtenbewerbern zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Würdigungen des Dienstherrn gebunden zu sein (BVerwG, U. v. 25.7.2013 - 2 C 2/11 - BVerwGE 147, 244; U. v. 30.10.2013 - 2 C 16/12 - BVerwGE 148, 204).

Zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung müssen die körperlichen und psychischen Veranlagungen des Bewerbers festgestellt und deren Auswirkungen auf sein Leistungsvermögen bestimmt werden. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt. Dieser muss gegebenenfalls einen Facharzt hinzuziehen. Der Mediziner muss eine fundierte medizinische Tatsachenbasis für die Prognose auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und der gesundheitlichen Verfassung des Bewerbers erstellen. Er muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit und für die Erfüllung der beruflichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen (vgl. zum Ganzen auch Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in ..., Stand: September 2014, § 23 BeamtStG Rn. 138).

Die medizinische Diagnose muss daher Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, die Untersuchungsmethoden erläutern und ihre Hypothesen sowie deren Grundlage offenlegen. Auf dieser Grundlage hat sie unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des Bewerbers eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens zu treffen, die den Dienstherrn in die Lage versetzt, die Rechtsfrage der gesundheitlichen Eignung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG eigenverantwortlich zu beantworten (BVerwG, U. v. 25.7.2013 - 2 C 2/11 - BVerwGE 147, 244, B. v. 13.12.2013 - 2 B 37/13 - juris Rn. 22) Ein Sachverständigengutachten kann seine Aufgabe, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln, nicht erfüllen, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (BVerwG, U. v. 30.10.2013 - 2 C 16/12 - BVerwGE 148, 204 m. w. N.).

Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für das gesundheitliche Eignungsurteil übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe der Dienstherr angewiesen ist, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Der Dienstherr muss die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden (BVerwG, U. v. 21.6.2007 - BVerwG 2 A 6.06 - DokBer 2007, 312).

2. Nach diesen Grundsätzen steht die gesundheitliche Nichteignung der Klägerin für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht zur Überzeugung des Gerichts fest.

a) Die Bewertung des Dienstherrn im Bescheid vom ... Mai 2014, dass die Klägerin gesundheitlich nicht geeignet sei, ist für das Gericht in vollem Umfang nachprüfbar. Diese Eignungsbewertung ist fehlerhaft, da die polizeiärztliche Begutachtung nicht nachvollziehbar ist. Die Einschätzung der Polizeiärztin hält den oben dargestellten Anforderungen an eine medizinische Prognoseentscheidung in keiner Weise Stand.

Wie im bereits zitierten Beschluss vom 9. Oktober 2014 weisen das Gesundheitszeugnis vom ... Dezember 2014 und das diese Bewertung begründende Gutachten vom ... Dezember 2014, ergänzt durch die Stellungnahme der Polizeiärztin im Schreiben vom ... Juli 2014, gravierende Mängel auf, so dass die dort gezogene Schlussfolgerung der gesundheitlichen Nichteignung der Klägerin nicht nachvollziehbar ist.

Im Einzelnen

- ist unklar, von welcher Tatsachengrundlage die Amtsärztin ausgeht (Schilderung der Ausbilder oder der Klägerin oder Reaktion der Klägerin hierauf),

- ist fehlerhaft, dass die Ärztin erst vor Fertigstellung des Gutachtens nachgefragt hat, ob es für die Angabe der Klägerin, ein Ausbilder habe ihr beim „Stress-Drill“ „den Kopf an die Wand geknallt“, Zeugen gegeben habe, obwohl das Ergebnis der Begutachtung mit dem Gesundheitszeugnis vom ... Dezember 2014 bereits zuvor festgestanden hat,

- widerspricht die inhaltliche Negierung des privatärztlichen Attestes vom ... Dezember 2013, dass die Klägerin am ... Juni 2013 (dem Tag des „Stress-Drill“-Trainings) eine Gehirnerschütterung erlitten habe, allgemeinen Bewertungsgrundsätzen,

- fehlt eine Ermittlung, ob und wann die Klägerin wie von ihr angegeben die Übung des „Stress-Drills“ bestanden hat sowie eine Auseinandersetzung mit diesem Umstand,

- fehlen Auseinandersetzungen mit den positiven Bewertungen der Persönlichkeit der Klägerin,

- fehlt neben einer klaren und auf konkret bezeichneten Tatsachen beruhende Diagnose bzw. klare fachärztliche Bewertung, warum das Verhalten bzw. die Persönlichkeit der Klägerin als so problematisch bewertet wird, dass daraus die Folge der gesundheitlichen Nichteignung gezogen wird,

- fehlt eine auf eine die Durchführung von standardisierten Fragebogen gestützte Ermittlung der Persönlichkeitsakzentuierung der Beamtin,

- steht die im Gesundheitszeugnis vom ... Dezember 2013 festgestellte angebliche fehlende Eigenmotivation für eine ambulante oder auch stationäre psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung in Widerspruch zu den Kontakten und der Beratung durch den Zentralen Psychologischen Dienst des Polizeipräsidiums München, wobei dieser Punkt im Gutachten vom ... Dezember 2013 überhaupt nicht angesprochen ist.

Das Gesundheitszeugnis vom ... Februar 2014, das nach Aktenlage erstellt worden ist, baut auf dem nicht nachvollziehbaren Gesundheitszeugnis vom ... Dezember 2013 bzw. dem Gutachten vom ... Dezember 2013. Die Fehlerhaftigkeit dieser Bewertungen setzt sich daher bei der Einschätzung vom ... Februar 2014 fort. Dieses Gesundheitszeugnis ist auch in sich widersprüchlich, wobei unklar ist, wie die Ärztin ohne erneute Untersuchung oder Hinzutreten weiterer Umstände zu der im Vergleich zum Gesundheitszeugnis vom ... Dezember 2013 noch weitergehenden negativen Bewertung der gesundheitlichen Eignung kommt.

Für die Begründung kann im Übrigen auf die ausführliche Begründung des Beschlusses vom 9. Oktober 2014 (M 5 S 14.3203) verwiesen werden, soweit dort nicht Besonderheiten des vorläufigen Rechtsschutzes erörtert werden. Denn im Rahmen des Klageverfahrens wurden mit Blick auf den dem bereits mehrfach zitierten Beschluss vom 9. Oktober 2014 zugrunde liegenden Sachverhalt keine weiteren oder gar neuen Tatsachen oder Umstände vorgetragen. Der Beklagte hat im Klageverfahren keine schriftliche Stellungnahme abgegeben.

Zudem ist eine fehlende anderweitige Verwendungsmöglichkeit nicht durch die Akten belegt. Schließlich ist die im Bescheid angesprochene negative Prognose zur Dienstfähigkeit bis zum regulären Ruhestandsalter nicht durch eine ärztliche Aussage hierzu untermauert.

Angesichts der Mängel der Gesundheitszeugnisse ist zu betonen, dass der Dienstherr die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen nachvollziehen und sich auf dieser Grundlage ein eigenes Urteil bilden muss (BVerwG, U. v. 21.6.2007 - BVerwG 2 A 6.06 - DokBer 2007, 312). Das amtsärztliche Zeugnis mag zwar die wesentliche Entscheidungsgrundlage bilden, vermag aber die Entscheidung der Ernennungsbehörde nicht zu ersetzen (Zängl in Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: September 2014, § 23 BeantStG Rn. 149). Bei auftretenden Unklarheiten oder Widersprüchen muss die Behörde nachfragen. Indes sind die hier vorliegenden polizeiärztlichen Begutachtungen in einer Weise sowohl von der Tatsachengrundlage wie der fachlichen Bewertung mit zahlreichen und grundsätzlichen Mängeln behaftet, so dass diese durch eine Erläuterung durch die Ärztin nicht ausgeräumt werden können.

b) Das Gericht ist zu einer weiteren Sachverhaltsaufklärung, insbesondere durch Einholung eines weiteren ärztlichen Gutachtens zur gesundheitlichen Eignung der Klägerin nicht verpflichtet.

Nach dem vorliegenden Sachverhalt drängt sich die Einholung eines Gutachtens zur gesundheitlichen Eignung der Klägerin nach den Umständen des Einzelfalles nicht auf (Geiger in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 86 Rn. 10). Die in den Akten dokumentierten Umstände, aus denen der Dienstherr Anhaltspunkte für eine möglicherweise fehlende gesundheitliche Eignung der Klägerin ziehen will, sind vom Ablauf her nur vage beschrieben und von der Situation geprägt. Die Bemerkungen der Beamtin mögen missverständlich aufgefasst werden können. Bei vernünftiger, lebensnaher Betrachtung begründen diese nicht die ernsthafte Besorgnis einer gesundheitlichen Nichteignung (vgl. BayVGH, B. v. 14.1.2014 - 6 CE 13.2352 - juris zu den Anforderungen für eine Untersuchung auf Dienstfähigkeit). Umstände, die Zweifel an der gesundheitlichen Eignung eines Beamten begründen können, müssen über missverständliche, u. U. auch befremdlich erscheinende Bemerkungen und Verhaltensweisen hinausgehen und einen konkreten, naheliegenden Bezug zu den dienstlichen Anforderungen begründen. Sowohl von der Anzahl wie von der Schwere begründen die in den Akten dokumentierten Umstände keine hinreichenden Zweifel an der gesundheitlichen Eignung der Klägerin. Soweit etwa festgehalten ist, dass die Klägerin aufgrund psychischer Unausgeglichenheit immer wieder nicht in der Lage sei, Übungen zu absolvieren, fehlt es an einer genaueren Darstellung der Häufigkeit und der genauen Umstände. Andererseits ist zu konstatieren, dass die Beamtin die Ausbildung und die damit verbundenen Prüfungen bislang erfolgreich absolviert hat. Es ist auch nicht Aufgabe des Gerichts, die vom Beklagten zusammengetragenen Umstände den einzelnen Eignungsmerkmalen zuzuordnen und hierzu Ermittlungen anzustellen. Vorliegend steht nur die gesundheitliche Eignung im Raum.

Selbst wenn ein weiterer Aufklärungsbedarf gesehen würde, wäre das Gericht nicht zu einer weiteren Ermittlung und Beweiserhebung verpflichtet, da die Voraussetzungen des § 113 Abs. 3 Satz 1 VwGO gegeben sind. Eine weitere Aufklärung durch ein ärztliches Gutachten hinsichtlich im Dienst aufgetretener Umstände, denen die beklagte Behörde näher steht als das Gericht, wäre erheblich und der Beklagtenseite durch die dort beschäftigten Ärzte des öffentlichen Gesundheitswesens wesentlich leichter möglich als dem Gericht. Auch die Sechsmonatsfrist des § 113 Abs. 3 Satz 4 VwGO ist eingehalten, da die Akten am 18. August 2014 im Verfahren M 5 S 14.3203 vorgelegt wurden (vgl. zum Ganzen: Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 113 Rn. 13; Schmidt in Schoch/Schneider/Bier, VwGO, Stand: März 2014, § 113 Rn. 47 ff.).

3. Der Beklagte hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung/ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Nach §§ 124, 124 a Abs. 4 VwGO können die Beteiligten die Zulassung der Berufung gegen dieses Urteil innerhalb eines Monats nach Zustellung beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich beantragen. In dem Antrag ist das angefochtene Urteil zu bezeichnen.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist bei dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof,

Hausanschrift in München: Ludwigstraße 23, 80539 München, oder

Postanschrift in München: Postfach 34 01 48, 80098 München

Hausanschrift in Ansbach: Montgelasplatz 1, 91522 Ansbach

einzureichen, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist.

Über die Zulassung der Berufung entscheidet der Bayerische Verwaltungsgerichtshof.

Vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Als Prozessbevollmächtigte zugelassen sind neben Rechtsanwälten und den in § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO genannten Rechtslehrern mit Befähigung zum Richteramt die in § 67 Abs. 4 Sätze 4 und 7 VwGO sowie in §§ 3, 5 RDGEG bezeichneten Personen und Organisationen.

Beschluss:

Der Streitwert wird auf EUR 12.250,80 festgesetzt (§ 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 Gerichtskostengesetz - GKG -).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Beschluss steht den Beteiligten die Beschwerde an den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes EUR 200,- übersteigt oder die Beschwerde zugelassen wurde. Die Beschwerde ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, beim Bayerischen Verwaltungsgericht München,

Hausanschrift: Bayerstraße 30, 80335 München, oder

Postanschrift: Postfach 20 05 43, 80005 München

schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann die Beschwerde auch noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden.

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Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entlassungsverfügung vom ... Mai 2014 wird wiederhergestellt.

II.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 6.125,40 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die am ... geborene Antragstellerin wurde am ... September 2012 in das Beamtenverhältnis auf Widerruf eingestellt. Mit Wirkung zum ... September 2013 wurde sie unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Polizei ... ernannt.

Zur Abklärung einer möglicherweise aktuell bestehenden Suizidalität wurde die Beamtin kurzfristig am ... Oktober 2013 von Frau Dr. ... vom Polizeiärztlichen Dienst untersucht. Im Gesundheitszeugnis des Ärztlichen Dienstes der Polizei vom ... November 2013, dem ein polizeiärztliches Gutachten vom selben Tag zugrunde liegt, ist festgehalten, dass aktuell keine Hinweise für eine Selbst- bzw. Fremdgefährdung vorlägen. Die Antragstellerin sei derzeit uneingeschränkt polizeidienstfähig und gesundheitlich geeignet, ihre derzeitige Ausbildung fortzusetzen.

Mit Gesundheitszeugnis des Ärztlichen Dienstes der Polizei vom ... Dezember 2013, dem ein Polizeiärztliches Gutachten vom ... Dezember 2013 zugrunde liegt, wurde der Beamtin attestiert, dass sich zwar keine sicheren Hinweise für eine aktuell vorliegende Selbst- oder Fremdgefährdung ergäben, sie sei aufgrund ihrer aktuellen psychischen Verfassung derzeit nicht uneingeschränkt polizeidienstfähig und insbesondere zum Führen von Schusswaffen und zum Führen von Dienstkraftfahrzeugen unter Nutzung von Sonderrechten gesundheitlich nicht geeignet. Es bestünden Bedenken gegen eine Übernahme der Antragstellerin in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit, sie sei derzeit auch für eine Übernahme in den Verwaltungsdienst nicht geeignet, da Probleme auch im Verwaltungsdienst nicht auszuschließen seien.

Die Untersuchung wurde veranlasst, nachdem die Ausbilder sowie andere Auszubildende aus ihrer Sicht auffällige Verhaltensweisen der Beamtin festgestellt haben wollten. U. a. habe sie am ... November 2013 angegeben, dass das Schießen auf Ziele in der Schießbahn sie zu sehr mit Gewaltanwendung oder sogar mit „Töten“ assoziiere. Sie wolle zwar im Rahmen des Schießtrainings schießen, aber nicht unter Stressbedingungen. Bei einem „Stress-Drill“ im Rahmen des Selbstverteidigungstrainings sei sie nach der Übung zu Boden gegangen und habe von der Übung mitgenommen gewirkt. Kolleginnen gaben an, die Beamtin habe in der Umkleidekabine heftig geweint. Die Antragstellerin ihrerseits betont dazu, dass sie vor Schmerzen geweint habe; der Ausbilder habe sie so geschlagen, dass sie mit dem Kopf gegen die Wand gestoßen sei und sich eine Gehirnerschütterung zugezogen habe. Außerdem habe sie das Geschehen an Situationen erinnert, als sie in der Schule von Mitschülern geschlagen worden sei.

In einem weiteren Gesundheitszeugnis des Ärztlichen Dienstes vom ... Februar 2014, das nach Aktenlage erstellt worden ist, ist festgehalten, dass gegenwärtig nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Antragstellerin die Ausbildung im Polizeivollzugsdienst in absehbarer Zeit wieder aufnehmen könne und mit einer Wiederherstellung der uneingeschränkten Polizeidienstfähigkeit innerhalb der nächsten zwei Jahre voraussichtlich nicht zu rechnen sei. Ob die Beamtin für eine Übernahme in die allgemeine Beamtenlaufbahn gesundheitlich geeignet sei und bis wann damit zu rechnen sei, dass sie an entsprechenden Ausbildungsmaßnahmen teilnehmen könne, könne derzeit nicht beantwortet werden; das erfordere eine längerfristige Beobachtung des weiteren Verlaufs. Aufgrund der vorliegenden Befunde und des bisherigen Verlaufs sei die Antragstellerin derzeit für die spätere Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit sowohl im Polizeivollzugsdienst als auch im allgemeinen Verwaltungsdienst gesundheitlich nicht geeignet.

Im Rahmen der Anhörung verwies die Antragstellerin darauf, dass sich die Polizeiärztin bei ihrer Begutachtung einseitig auf die in den Aktenvermerken festgehaltenen Schilderungen gestützt habe. Mit der Klagebegründung wurde u. a. eine Stellungnahme zum Persönlichkeitsbild der Antragstellerin vom ... Januar 2014 vorgelegt. Darin attestiert der Leiter der Dienstgruppe bei der Polizeiinspektion ..., der die Antragstellerin vom ... August bis ... September 2013 zugeordnet war, eine überdurchschnittliche soziale Kompetenz und die uneingeschränkte Eignung für den Beruf eines Polizeivollzugsbeamten. Weiter wurde ein Attest eines Facharztes für Allgemeinmedizin vom ... Dezember 2013 vorgelegt, wonach sich die Beamtin am ... Juni 2013 bei der Kampfsportausbildung eine Gehirnerschütterung zugezogen habe. Ebenso wurde eine Stellungnahme des Zentralen Psychologischen Dienstes des Polizeipräsidiums ... vom ... April 2014 über die Beratung der Antragstellerin vorgelegt. In den Akten ist ein Beurteilungsbeitrag des Vorgesetzten des ... Zentralservice vom ... April 2043 (richtig: 2014), dem die Beamtin ab ... Januar 2014 als Unterstützungskraft zugeteilt war, an die Personalverwaltung enthalten. Danach mache ihre freundliche und hilfsbereite Art die Antragstellerin im Kollegenkreis sehr beliebt. Allerdings habe sie am ... April 2014 einen Heulkrampf erlitten.

Das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei verfügte mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom ... Mai 2014, dass die Antragstellerin mit Ablauf des ... Juni 2014 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen werde. Neben den dokumentierten polizeiärztlichen Feststellungen und der negativen Prognose zur zeitnahen Wiederaufnahme der Ausbildung bestünden Bedenken wegen der gezeigten kontinuierlichen seelischen Instabilität. Aufgrund des gezeigten Verhalts bestehe die Gefahr einer nicht vorhandenen Stressstabilität. Insgesamt seien ihre dauernd und abrupt wechselnden Stimmungen dem Polizeivollzugsdienst nicht förderlich. Die Polizeiärztin habe eine negative Prognose zur dauernden Dienstfähigkeit bis zum regulären Ruhestand abgegeben; daher sei die Beamtin gesundheitlich nicht geeignet und die Entlassung geeignet, erforderlich und verhältnismäßig. Da das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Entlassungsverfügung die privaten Interessen der Antragstellerin überwiege, sei der Sofortvollzug anzuordnen.

Mit Schriftsatz vom ... Juni 2014, eingegangen bei Gericht am ... Juni 2014, hat die Antragstellerin Klage erhoben (M 5 K 14.2406) mit dem Ziel, die Entlassungsverfügung vom ... Mai 2014 aufzuheben. Über diese Klage ist noch nicht entschieden.

Die begutachtende Polizeiärztin hat nach Übersendung der Klagebegründung zu dem dort enthaltenen Vorwurf, den ärztlichen Gutachten fehle eine Exploration und es werde einseitig nur auf die in die in den Aktenvermerken der Vorgesetzten und Kollegen festgehaltenen Schilderungen zurückgegriffen, mit Schreiben vom ... Juli 2014 Stellung genommen. Die Situation wie die Ergebnisse der Begutachtungen am ... Oktober 2013 und ... Dezember 2013 werden darin näher dargelegt. Vor Fertigstellung ihres Gutachtens vom ... Dezember 2013 habe die Ärztin bei der Personalabteilung angerufen und nachgefragt, ob es für die Darstellung der Antragstellerin Zeugen gebe. Das sei verneint worden. Das gelte auch für den Vorfall bei dem „Stress-Drill“. Schließlich könne das privatärztliche Attest vom ... Dezember 2013 über den Vorfall vom ... Juni 2013 nur auf den Angaben der Beamtin beruhen. Nachdem die Antragstellerin am nächsten Tag zum Dienst erschienen sei und typische Symptome einer Gehirnerschütterung nicht dokumentiert seien, handle es sich dabei lediglich um eine unbewiesene Behauptung, für die es nach ihrem Informationsstand keine Belege gebe. Die Ärztin halte an ihrer Bewertung im Gutachten vom ... Dezember 2013 fest; die dort festgehaltene Diagnose wäre nach der ICD-10 in die Kategorie ... (... Persönlichkeitszüge) oder die Kategorie ... (nicht näher bezeichnete Persönlichkeitsstörung) einzuordnen. Die Polizeidienstunfähigkeit der Beamtin folge aus Nr. 11.1 der Richtlinien zur Ärztlichen Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit/PDV 300. Danach seien im Rahmen der Polizeidienstfähigkeit auch erhebliche Abweichungen - auch solche ohne Krankheitsbedeutung im psychiatrischen Sinne - zu bewerten, die zu erheblichen Störungen im zwischenmenschlichen Bereich führen. Es sei ausführlich dokumentiert und stehe nach fachärztlicher Beurteilung der Polizeiärztin unzweifelhaft fest, dass die Beamtin im vergangenen Jahr wiederholt im dienstlichen Bereich Auffälligkeiten gezeigt habe, die zu empfindlichen Störungen im zwischenmenschlichen Bereich geführt hätten. Die Antragstellerin habe bei der polizeiärztlichen Untersuchung am ... Dezember 2013 keine Fähigkeit erkennen lassen, eigene Anteile an konflikthaften Situationen zu reflektieren. Das sei Ausdruck ... Persönlichkeitszüge. Weiter sei ein Mangel an Empathiefähigkeit aufgefallen.

Mit Schriftsatz vom ... Juli 2014, eingegangen bei Gericht am ... Juli 2014, hat die Antragstellerin beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entlassungsverfügung vom ... Mai 2014 wieder herzustellen.

Die der Entlassung zugrunde liegenden polizeiärztlichen Gesundheitszeugnisse hielten einer fachlichen Prüfung nicht stand. Grundlage für das Gutachten vom ... Dezember 2013, das das Gesundheitszeugnis vom ... Dezember 2013 begründe, seien im Wesentlichen die vorgelegten Aktenvermerke der Vorgesetzten und Kollegen. Eine erforderliche eingehende Exploration sei nicht ersichtlich. Eine Auseinandersetzung der Darstellung der Antragstellerin zu den in den Aktenvermerken festgehaltenen Umständen sei weder durch die Polizeiärztin noch im Entlassungsbescheid erfolgt. Daher könnten der Beamtin nicht „unübliche Verhaltensweisen“ vorgeworfen werden.

Das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei hat für den Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die fachliche Bewertung durch die Polizeiärztin könne nicht in Zweifel gezogen werden. Es sei ausführlich dokumentiert worden, dass die Antragstellerin im vergangenen Jahr wiederholt im dienstlichen Bereich Auffälligkeiten gezeigt habe, die zu empfindlichen Störungen im zwischenmenschlichen Bereich geführt hätten. Die Beamtin habe keinerlei Fähigkeiten erkennen lassen, eigene Anteile an konflikthaften Situationen zu reflektieren mit dem Ziel, ihr eigenes Verhalten anzupassen.

Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag hat in der Sache Erfolg.

1. Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Diese Bestimmung stellt eine zentrale Norm der Verwaltungsrechtspflege dar, denn der Bürger hat nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland/GG Anspruch auf eine tatsächlich wirksame Kontrolle der Verwaltung. Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage aber nicht schlechthin. Die Behörde darf sie gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO durch Anordnung der sofortigen Vollziehung beseitigen, wenn dafür ein besonderes öffentliches Interesse besteht, das grundsätzlich über jenes Interesse hinauszugehen hat, welches den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt.

2. In entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO soll die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs dann angeordnet bzw. wieder hergestellt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Dies ist vorliegend der Fall. Der Bescheid des Präsidiums der Bayerischen Bereitschaftspolizei vom ... Mai 2014 erweist sich bei summarischer Prüfung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren als rechtswidrig.

Diese Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergibt im vorliegenden Fall, dass ganz erhebliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der für sofort vollziehbar erklärten Entlassungsverfügung bestehen.

3. Es bestehen keine Zweifel hinsichtlich der Zulässigkeit des Antrags mit Blick auf den Umstand, dass der vorliegende Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes erst nach dem Entlassungsdatum mit Schriftsatz vom ... Juli 2014, bei Gericht eingegangen am ... Juli 2014, gestellt worden ist. Die Entlassung der Antragstellerin aus dem Beamtenverhältnis auf Probe mit Ablauf des ... Juni 2014 ist durch Bescheid vom ... Mai 2014 verfügt worden. Wenn der von einem für sofort vollziehbar erklärten Verwaltungsakt Betroffene nach fristgerechter Erhebung eines Rechtsbehelfs in der Hauptsache mit der Antragstellung für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuwartet, so nimmt er für diese Zeit die sofortige Vollziehung des verfügten Zustands hin. Nur dann, wenn in diesem Zeitraum Tatsachen eintreten, die ein Bedürfnis für die Anrufung des Gerichts entfallen lassen (vgl. hierzu Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 80 Rn. 66) kann das Rechtsschutzbedürfnis entfallen. Hierfür bestehen aber vorliegend keine Anhaltspunkte. Durch den zeitweiligen Sofortvollzug der Entlassung wurden keine Umstände geschaffen (anders etwa beim Ruhestandseintritt nach Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze), die bei der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Entlassungsverfügung einer einstweiligen Fortsetzung des Beamtenverhältnisses bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens entgegenstehen könnten.

4. Nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern - Beamtenstatusgesetz/BeamtStG i. V. m. Art. 12 Abs. 5 des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen - Leistungslaufbahngesetz/LlbG kann ein Beamter auf Probe entlassen werden, wenn er sich in der Probezeit nicht bewährt hat (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung).

Auch die fehlende gesundheitliche Eignung stellt einen Entlassungsgrund dar. Dies folgt zudem aus Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland/GG, dessen Kriterien § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG übernimmt. Geeignet ist nach Art. 33 Abs. 2 GG nur derjenige, der dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist (BVerfG, B. v. 21.2.1995 - 1 BvR 1397/93 - BVerfGE 92, 140; B. v. 20.4.2004 - 1 BvR 838/01 u. a. - BVerfGE 110, 304; BVerwG, U. v. 25.7.2013 - 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244). Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr daher immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht (BVerwG, U. v. 25.7.2013 a. a. O.).

Es obliegt dem Dienstherrn, die körperlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn zu bestimmen. Hierbei steht ihm ein weiter Einschätzungsspielraum zu, bei dessen Wahrnehmung er sich am typischen Aufgabenbereich der Ämter der Laufbahn zu orientieren hat. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist (BVerwG, U. v. 21.6.2007 - BVerwG 2 A 6.06 - DokBer 2007, 312). Auf dieser Grundlage muss festgestellt werden, ob ein Bewerber den Anforderungen gewachsen ist, die die Ämter einer Laufbahn für die Dienstausübung stellen. Dem Dienstherrn steht bei der Entscheidung über die gesundheitliche Eignung eines Beamten kein Beurteilungsspielraum zu. Entsprechend haben die Verwaltungsgerichte über die gesundheitliche Eignung von Beamtenbewerbern zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Würdigungen des Dienstherrn gebunden zu sein (BVerwG, U. v. 25.7.2013 - 2 C 2/11 - BVerwGE 147, 244; U. v. 30.10.2013 - 2 C 16/12 - BVerwGE 148, 204).

Zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung müssen die körperlichen und psychischen Veranlagungen des Bewerbers festgestellt und deren Auswirkungen auf sein Leistungsvermögen bestimmt werden. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt. Dieser muss gegebenenfalls einen Facharzt hinzuziehen. Der Mediziner muss eine fundierte medizinische Tatsachenbasis für die Prognose auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und der gesundheitlichen Verfassung des Bewerbers erstellen. Er muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit und für die Erfüllung der beruflichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen (vgl. zum Ganzen auch Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Juli 2014, § 23 BeamtStG Rn. 138).

Die medizinische Diagnose muss daher Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, die Untersuchungsmethoden erläutern und ihre Hypothesen sowie deren Grundlage offenlegen. Auf dieser Grundlage hat sie unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des Bewerbers eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens zu treffen, die den Dienstherrn in die Lage versetzt, die Rechtsfrage der gesundheitlichen Eignung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG eigenverantwortlich zu beantworten (BVerwG, U. v. 25.7.2013 - 2 C 2/11 - BVerwGE 147, 244, B. v. 13.12.2013 - 2 B 37/13 - juris Rn. 22)

Ein Sachverständigengutachten kann seine Aufgabe, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln, nicht erfüllen, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (BVerwG, U. v. 30.10.2013 - 2 C 16/12 - BVerwGE 148, 204 m. w. N.).

Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für das gesundheitliche Eignungsurteil übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe der Dienstherr angewiesen ist, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Der Dienstherr muss die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden (BVerwG, U. v. 21.6.2007 - BVerwG 2 A 6.06 - DokBer 2007, 312).

Obwohl § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG davon spricht, dass ein Beamter auf Probe entlassen werden „kann“, ist der Behörde hinsichtlich der Entlassung eines Probebeamten, der sich in der Probezeit nicht bewährt hat, kein Ermessen eröffnet. Entsprechend ist in Art. 12 Abs. 5 LlbG zwingend vorgeschrieben, dass Beamte, die sich nicht bewährt haben oder nicht geeignet sind, entlassen werden. Das Wort „kann“ trägt lediglich dem Gesichtspunkt Rechnung, dass die Probezeit, zu verlängern ist, wenn die Bewährung oder Nichtbewährung des Beamten noch nicht endgültig festgestellt worden ist (BVerwG, U. v. 30.10.2013 - 2 C 16/12 - BVerwGE 148, 204; U. v. 19.3.1998 - BVerwG 2 C 5.97 - BVerwGE 106, 263; U. v. 3.12.1998 - BVerwG 2 C 26.97 - BVerwGE 108, 64).

5. Nach diesen Grundsätzen steht die gesundheitliche Nichteignung der Antragstellerin für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht zur Überzeugung des Gerichts fest. Die Bewertung des Dienstherrn im Bescheid vom ... Mai 2014, dass die Antragstellerin gesundheitlich nicht geeignet sei, ist für das Gericht in vollem Umfang nachprüfbar. Diese Eignungsbewertung ist fehlerhaft, da sie auf einer mangelhaften Ermittlung des Sachverhalts beruht und auch die polizeiärztliche Begutachtung nicht nachvollziehbar ist. Die Einschätzung der Polizeiärztin hält den oben dargestellten Anforderungen an eine medizinische Prognoseentscheidung in keiner Weise Stand.

a) Die Entlassung der Beamtin wurde ausschließlich wegen gesundheitlicher Nichteignung verfügt. Soweit in der Begründung des streitgegenständlichen Bescheids vom ... Mai 2014 (S. 6) auf dauernde und abrupte Stimmungswechsel abgestellt werden, die dem Polizeivollzugsdienst nicht förderlich seien, wird das im Zusammenhang mit der gesundheitlichen Eignung benannt. Das gilt auch für die Bemerkung, dass auch die notwendige Loyalität gegenüber Kollegen und Vorgesetzten sowie Ehrlichkeit, Einsicht bei Fehlverhalten und eine gewisse Kontaktfreude den Charakter eines Polizeivollzugsbeamten ausmachten, wobei die Antragstellerin diese Eigenschaften in ihrem Verhalten nicht habe erkennen lassen.

b) Bereits bei der Erhebung der Tatsachen, die die Ärztin ihrer Begutachtung zugrunde legt, sind Fehler ersichtlich. So wird aus dem Gutachten vom ... Dezember 2013 nicht deutlich, ob die Gutachterin die von den Ausbildern geschilderten Umstände als wahr zugrunde legt oder auch die Darstellungen der Antragstellerin gelten lassen will und dann entsprechend bewertet. Die Ärztin habe sich - wie sie in ihrem Schreiben vom ... Juli 2014 ausführt - vor Fertigstellung des Gutachtens bei der Personalabteilung erkundigt, ob es insbesondere für die Angabe der Antragstellerin, der Ausbilder habe ihr beim „Stress-Drill“ „den Kopf an die Wand geknallt“, Zeugen für deren Version gegeben habe. Das Gesundheitszeugnis vom ... Dezember 2013 ist am Tag der Untersuchung erstellt worden. Bei den divergierenden Darstellungen hätte eine Nachfrage, ob andere Beamte die Version der Antragstellerin bestätigten, am Tag der Untersuchung bzw. der Festlegung auf ein Ergebnis erfolgen müssen und nicht später.

Weiter fehlen wichtige Gesichtspunkte bei der Tatsachenerhebung. Die Angabe, dass die Beamtin die „Kontrollübung unter Stress“ mittlerweile bestanden habe (Gutachten vom ... Dezember 2013, S. 17) wird weder hinterfragt noch berücksichtigt. Schließlich kann die Tatsache nicht übergangen werden, dass die Antragstellerin ein ärztliches Attest vom ... Dezember 2013 vorgelegt hat, dass sie sich am ... Juni 2013 bei der Kampfsportausbildung eine Gehirnerschütterung zugezogen habe. Die ohne Rückfrage bei diesem Arzt oder Einsichtnahme in dessen Behandlungsunterlagen gezogene Schlussfolgerung der Polizeiärztin in ihrem Schreiben vom ... Juli 2014, dabei handle es sich um eine unbewiesene Behauptung, da sich das Attest nur auf die Angaben der Beamtin stützen könne, widerspricht allgemeinen Bewertungsgrundsätzen. Auch der Umstand, dass die Antragstellerin beim „Stress-Drill“ zu Boden gegangen sei, kann mit den Symptomen einer Gehirnerschütterung erklärt werden. Schließlich hat die Ärztin auch die Möglichkeit, dass die Antragstellerin unter überobligatorischer Anstrengung - etwa um möglichst wenig Ausbildungsstoff zu versäumen - wieder zum Dienst erschienen ist, nicht aufgeklärt. Schließlich ist nicht ersichtlich, über welchen Zeitraum sich die der Begutachtung zugrunde liegenden Vorkommnisse erstreckten. Dabei drängt sich die Frage auf, ob entsprechende Beobachtungen hinsichtlich der Beamtin schon in einer früheren Phase der Ausbildung - sie ist seit ... September 2012 bei der Bayerischen Polizei tätig - festgehalten wurden. Hierzu ist in den Begutachtungen nichts ersichtlich.

Schließlich fehlt auch eine Auseinandersetzung mit der sehr positiven Bewertung der Persönlichkeit der Beamtin durch den Dienstgruppenleiter vom ... Januar 2014. Denn auch diese Einschätzung bezieht sich auf die Bewertung der Persönlichkeit der Antragstellerin. Das gilt ebenso für die Einschätzung des Zentralen Psychologischen Dienstes des Polizeipräsidiums ... vom ... April 2014. Dort ist unter Nr. 3 angegeben, dass sich die Polizistin in einem hohem Maß sozial kompetent, tapfer im Umgang mit ihren Mitschülern und Ausbildern sowie bereit gezeigt habe, sich mit der mit der schwierigen Situation auseinanderzusetzen. Auch der Beurteilungsbeitrag des ... Zentralservice vom ... April 2014 hätte als relevant für Bewertung der Persönlichkeit der Beamtin im Rahmen der Einschätzung der gesundheitlichen Eignung berücksichtigt werden müssen. Danach arbeite die Antragstellerin sehr sorgfältig und gewissenhaft, ihre freundliche und hilfsbereite Art mache sie im Kollegenkreis sehr beliebt, wobei sie aber am ... April 2014 Heulkrämpfe und Selbstzweifel gezeigt habe.

c) Die Begutachtung leidet entscheidend unter dem durch ein Gericht zu berücksichtigenden Fehler, dass Anknüpfungs- und Befundtatsachen für die Diagnose nicht dargestellt sind, die Untersuchungsmethode nicht erläutert und die Hypothesen sowie deren Grundlage nicht offengelegt wurden (BVerwG, U. v. 25.7.2013 - 2 C 12/11 - BVerwGE 147, 244).

Wenn im Rahmen der Erhebung des psychischen Befundes (Gutachten vom ... Dezember 2013, S. 23) angegeben ist, dass aus Sicht ihrer Vorgesetzten und Mitschüler Probleme aufgetreten seien, die die Antragstellerin als eine Aneinanderreihung von Ungerechtigkeiten und „Lügen“ bezeichnet, so fehlt eine genaue Bezeichnung der aus Sicht der Ärztin für die Erhebung des Befundes medizinisch relevanten Probleme. Wenn der Beamtin keine Fähigkeit zu selbstkritischer Reflexion und Einsicht in eigenes (Fehl-)Verhalten attestiert wird, so fehlt eine Auseinandersetzung mit möglichen anderen Erklärungsmustern für das Geschehen. Erst recht gilt das für die im Schreiben der Polizeiärztin vom ... Juli 2014 (S. 7) angegebenen zu erwartenden künftigen Konflikte im zwischenmenschlichen Bereich. Im Vordergrund der Aktenvermerke der Ausbilder stehen vielmehr Vorkommnisse bei einem „Stress-Drill“ wie der Schießausbildung, die - nach Ansicht dieser Beamten - eine nicht in erforderlichem Ausmaß vorhandene Stresstoleranz nahelegen. Zu dieser Problematik ist in den Gutachten aber nichts vorhanden.

Im Kern ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, warum die Ärztin das Verhalten als in medizinischer Sicht so problematisch bewertet, dass die gesundheitliche Eignung der Beamtin nicht gegeben sein soll. Eine so weitreichende Bewertung muss entsprechend nachvollziehbar begründet werden. Hierzu findet sich in den dem Gericht vorgelegten Akten jedoch nichts.

Zunächst verwundert, dass in einem so weitreichenden Gutachten keine klare Diagnose gestellt wird. Bereits das spricht gegen die Nachvollziehbarkeit der ärztlichen Einschätzung.

Sollte die Diagnose ... der ICD-10 gestellt sein (nicht näher bezeichnete Persönlichkeitsstörung) so lassen sich sämtlichen Äußerungen der Amtsärztin die Ausfüllung der diagnostischen Kriterien, die für das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung gefordert werden (G1 bis G6, zitiert nach Dilling/Freyberger, Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen, 7. Auflage 2014, F 60, S. 234 ff.) auch nicht ansatzweise entnehmen. Aus den Darstellungen im Gutachten vom ... Dezember 2013 lassen sich auch ansonsten keine Tatsachen entnehmen, die die diagnostischen Kriterien ausfüllen könnten. Insbesondere fehlt der Nachweis, dass die Abweichung stabil, von langer Dauer ist und im späten Kindesalter oder der Adoleszenz begonnen hat (diagnostisches Kriterium G4., zitiert nach Dilling/Freyberger, Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen, 7. Auflage 2014, F 60, S. 235). Diese Einschätzung ist daher fachlich nicht nachvollziehbar.

Soweit die Diagnose ... - Akzentuierung von Persönlichkeitszügen - gestellt wird, ist zu berücksichtigen, dass diese Bezeichnung aus dem „Kapitel XXI - Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen (Z00 - Z99)“ stammt unter der Überschrift „Z73 - Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung“ (zitiert nach Dilling/Freyberger, Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen, 7. Auflage 2014, S. 395/401). Auch hier fehlt eine klare und nachvollziehbare Darstellung, warum die Persönlichkeitszüge in so auffälliger Weise akzentuiert sein sollen, dass dem ein besonderer Stellenwert beizumessen ist.

Das gilt insbesondere für die Bewertung, dass die Beamtin aufgrund dieser akzentuierten Persönlichkeitszüge die besonderen Anforderungen an Polizeivollzugsbeamte nicht erfüllen könne. Dabei ist der Maßstab in Nr. 11.1 der Richtlinien zur Ärztlichen Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit/PDV 300 sehr offen formuliert. Danach soll der Polizeibeamte ausgeglichen, aufgeschlossen, kontaktfähig, ausdauernd, zielstrebig leistungsbereit sein und eine seinem Alter entsprechende Reife besitzen. Erhebliche Abweichungen - auch solche ohne Krankheitsbedeutung im psychiatrischen Sinne - führten zu empfindlichen Störungen im zwischenmenschlichen Bereich. Dass die Akzentuierung der Persönlichkeit der Antragstellerin so ausgeprägt sein soll, dass dadurch eine erhebliche Abweichung im gerade genannten Sinn vorliegt, ist auch nicht ansatzweise begründet. Gerade bei einer so weitreichenden Bewertung wie die der gesundheitlichen Nichteignung muss nachvollziehbar sein, ob und warum der Mediziner die Abweichung als so erheblich ansieht, dass dadurch die Anforderungen an einen Polizeivollzugsbeamten nicht erfüllt werden können. Schließlich ist nicht nachvollziehbar, dass eine so weitreichende Einschätzung der Persönlichkeit ohne eine standardisierte Fragebogen-Auswertung gestellt wird. Dem Gericht ist aus anderen Verfahren bekannt, dass im Rahmen der Begutachtung zur Erkennung und Bewertung von Persönlichkeitsakzentuierungen oder -störungen Fragebogen zur Anwendung kommen. Anhand standardisierter Fragen kann das Vorliegen und die Schwere entsprechender Akzentuierungen oder Störungen eingeordnet werden. Es ist nicht ersichtlich, dass im vorliegenden Fall eine solche Methode zur Anwendung gekommen ist. Zudem ist in Nr.11.1 Satz 3 der PDV 300 ausdrücklich auf geeignete Testmethoden hingewiesen.

Auch auf die Frage, ob den von der Ärztin erkannten Störungen durch geeignete Therapiemaßnahmen begegnet werden könnte, ist nicht hinreichend eingegangen. Soweit im Gesundheitszeugnis vom ... Dezember 2013 in Nr. 2 ausgeführt wird, dass eine Eigenmotivation der Beamtin für eine ambulante oder auch stationäre psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung zum Untersuchungszeitpunkt nicht erkennbar sei, steht das in Widerspruch dazu, dass die die Beamtin seit ... Oktober 2013 in Kontakt mit dem Zentralen Psychologischen Dienst des Polizeipräsidiums M. stand und von dort beraten wurde. Im Gutachten vom ... Dezember 2013 ist diese Aussage auch nicht begründet.

Erst recht gilt die fehlende Nachvollziehbarkeit, soweit konstatiert wird, dass die allgemein an einen Beamten zu stellenden gesundheitlichen Anforderungen durch die Antragstellerin nicht erfüllt würden. Welche Probleme, die auch im Verwaltungsdienst nicht auszuschließen seien, die Polizeiärztin in Nr. 3 des Gesundheitszeugnisses vom ... Dezember 2013 meint, ist auch nicht ansatzweise angegeben oder ersichtlich.

Schließlich ist es nicht nachvollziehbar, wie die Ärztin im Gesundheitszeugnis vom ... Februar 2014 ohne erneute Begutachtung und ohne Hinzutreten weiterer Umstände in Nr. 4 zu der Einschätzung gelangt, dass aufgrund der vorliegenden Befunde und des bisherigen Verlaufs die Beamtin derzeit für die spätere Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit sowohl im Polizeivollzugsdienst als auch im allgemeinen Verwaltungsdienst nicht geeignet sei. Im Gesundheitszeugnis vom ... Dezember 2013 waren in Nr. 4 insoweit nur Bedenken geäußert worden. Zudem besteht ein unauflösbarer logischer Widerspruch zwischen der Bewertung der gesundheitlichen Nichteignung in Nr. 4 des Gesundheitszeugnisses vom ... Februar 2014 und der dort in Nr. 3 getroffenen Aussage. Nach Nr. 3 könnten die Fragen, ob die Antragstellerin für eine Übernahme in die allgemeine Beamtenlaufbahn gesundheitlich geeignet sei und bis wann damit zu rechnen sei, dass die Beamtin an entsprechenden Ausbildungsmaßnahmen teilnehmen könne, derzeit von hiesiger Seite nicht beantwortet werden. Zur Beantwortung dieser Fragen wäre aus medizinischer Sicht eine längerfristige Beobachtung des weiteren Verlaufs erforderlich. Wie bereits im Gesundheitszeugnis vom ... Dezember 2013 mitgeteilt, seien nach gutachterlicher Beurteilung Probleme auch im Verwaltungsdienst nicht auszuschließen. Im nächsten Satz - Nr. 4 des Gesundheitszeugnisses - wird aber in Widerspruch zur vorangegangenen Aussage die derzeitige gesundheitliche Nichteignung sowohl im Polizeivollzugsdienst als auch im allgemeinen Verwaltungsdienst angegeben. Wird in Nr. 3 angegeben, dass die Fragen der gesundheitlichen Eignung derzeit nicht beantwortet werden könnten und eine Beobachtungszeit gefordert, kann nicht andererseits in Nr. 4 angegeben werden, dass die Antragstellerin derzeitig gesundheitlich nicht geeignet sei.

6. Auch wenn nach den vorstehenden Ausführungen nicht unmittelbar entscheidungserheblich, so fällt auf, dass in den Akten nicht belegt ist, dass - wie im Bescheid vom ... April 2014 angegeben ist - eine anderweitige Verwendungsmöglichkeit im Verwaltungsdienst nicht bestehe. Das Polizeipräsidium München - wie dem Gericht bekannt, eine der größten Polizeibehörden in Bayern - hat auf Anfrage mitgeteilt, dass es an der Übernahme der Beamtin nicht interessiert sei. Dass dort kein Bedarf bestehe, ist aus dieser Nachricht nicht ersichtlich. Es fällt auf, dass alle anderen angefragten Polizeibehörden ausdrücklich angegeben haben, dass dort ein Bedarf für eine Verwaltungsbeamtin nicht bestehe. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Suche nach einer entsprechenden anderweitigen Verwendung regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn und nicht lediglich auf aktuell freie Stellen, sondern auf Dienstposten zu erstrecken, die in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzen sind. Dabei gibt die Dauer des Vorbereitungsdienstes den zeitlichen Rahmen vor, in dem sich eine Verwendungsmöglichkeit eröffnen muss (BVerwG, Urteil vom 26.03.2009 - 2 C 73/08 -, BVerwGE 133, 297; VG Göttingen, U. v. 1.10.2014 - 1 A 13/13 - juris Rn. 28),

In streitgegenständlichen Bescheid ist auch in Nr. 4 auf eine negative Prognose zur dauernden Dienstfähigkeit bis zum regulären Ruhestand durch die Polizeiärztin Bezug genommen. In den medizinischen Beurteilungen der Antragstellerin durch den Polizeiärztlichen Dienst ist eine solche Prognose nicht getroffen.

7. Auch eine Interessenabwägung fällt zugunsten der Antragstellerin aus. Bei der Entlassung eines Probebeamten handelt es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in dessen Rechtsstellung (VG Göttingen, U. v. 1.10.2014 - 1 A 13/13 - juris Rn. 30; NdsOVG, B. v. 01.07.2013 - 5 ME 109/13 - NdsVBL 2014, 26). Solange die gesundheitliche Nichteignung der Beamtin nicht nachvollziehbar durch einen Arzt begründet ist, ist daher einem vorläufigen Fortbestand eines Beamtenverhältnisses auf Probe ein erhebliches Gewicht beizumessen. Es spricht für eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, dass die Antragstellerin bislang ihre Ausbildung im Ergebnis erfolgreich absolviert hat. Für sie spricht weiter die sehr positive Bewertung ihres Praktikums bei der Polizeiinspektion ... vom ... Januar 2014 sowie der ebenfalls positive Beurteilungsbeitrag des ... Zentralservice vom ... April 2014. Soweit in den Akten Umstände genannt sind, die aus Sicht des Dienstherrn gegen die Fortsetzung des Dienstverhältnisses sprechen, so sind diese nicht eindeutig geklärt. Sie sind auch nicht von einem solchen Gewicht, dass sie für sich genommen gegen eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache sprechen. Die Ausbilder sprechen sich vielmehr für eine professionelle Behandlung und einen „Neuanfang an einem anderen Standort“ aus (Aktenvermerk L. R. vom 22.11.2013).

8. Der Antragsgegner hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 GKG unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Das Gericht hat dabei die Jahresbezüge einer Beamtin der Besoldungsgruppe ... (Monatsbezüge und jährliche Sonderzahlung) zugrunde gelegt.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Beamtinnen und Beamte sind zu entlassen, wenn sie

1.
den Diensteid oder ein an dessen Stelle vorgeschriebenes Gelöbnis verweigern,
2.
nicht in den Ruhestand oder einstweiligen Ruhestand versetzt werden können, weil eine versorgungsrechtliche Wartezeit nicht erfüllt ist,
3.
dauernd dienstunfähig sind und das Beamtenverhältnis nicht durch Versetzung in den Ruhestand endet,
4.
die Entlassung in schriftlicher Form verlangen oder
5.
nach Erreichen der Altersgrenze berufen worden sind.
Im Fall des Satzes 1 Nr. 3 ist § 26 Abs. 2 entsprechend anzuwenden.

(2) Beamtinnen und Beamte können entlassen werden, wenn sie in Fällen des § 7 Abs. 2 die Eigenschaft als Deutsche oder Deutscher im Sinne des Artikels 116 Absatz 1 des Grundgesetzes verlieren.

(3) Beamtinnen auf Probe und Beamte auf Probe können entlassen werden,

1.
wenn sie eine Handlung begehen, die im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge zur Folge hätte,
2.
wenn sie sich in der Probezeit nicht bewährt haben oder
3.
wenn ihr Aufgabengebiet bei einer Behörde von der Auflösung dieser Behörde oder einer auf landesrechtlicher Vorschrift beruhenden wesentlichen Änderung des Aufbaus oder Verschmelzung dieser Behörde mit einer anderen oder von der Umbildung einer Körperschaft berührt wird und eine andere Verwendung nicht möglich ist.
Im Fall des Satzes 1 Nr. 2 ist § 26 Abs. 2 bei allein mangelnder gesundheitlicher Eignung entsprechend anzuwenden.

(4) Beamtinnen auf Widerruf und Beamte auf Widerruf können jederzeit entlassen werden. Die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung soll gegeben werden.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

(1) Beamtinnen und Beamte sind zu entlassen, wenn sie

1.
den Diensteid oder ein an dessen Stelle vorgeschriebenes Gelöbnis verweigern,
2.
nicht in den Ruhestand oder einstweiligen Ruhestand versetzt werden können, weil eine versorgungsrechtliche Wartezeit nicht erfüllt ist,
3.
dauernd dienstunfähig sind und das Beamtenverhältnis nicht durch Versetzung in den Ruhestand endet,
4.
die Entlassung in schriftlicher Form verlangen oder
5.
nach Erreichen der Altersgrenze berufen worden sind.
Im Fall des Satzes 1 Nr. 3 ist § 26 Abs. 2 entsprechend anzuwenden.

(2) Beamtinnen und Beamte können entlassen werden, wenn sie in Fällen des § 7 Abs. 2 die Eigenschaft als Deutsche oder Deutscher im Sinne des Artikels 116 Absatz 1 des Grundgesetzes verlieren.

(3) Beamtinnen auf Probe und Beamte auf Probe können entlassen werden,

1.
wenn sie eine Handlung begehen, die im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge zur Folge hätte,
2.
wenn sie sich in der Probezeit nicht bewährt haben oder
3.
wenn ihr Aufgabengebiet bei einer Behörde von der Auflösung dieser Behörde oder einer auf landesrechtlicher Vorschrift beruhenden wesentlichen Änderung des Aufbaus oder Verschmelzung dieser Behörde mit einer anderen oder von der Umbildung einer Körperschaft berührt wird und eine andere Verwendung nicht möglich ist.
Im Fall des Satzes 1 Nr. 2 ist § 26 Abs. 2 bei allein mangelnder gesundheitlicher Eignung entsprechend anzuwenden.

(4) Beamtinnen auf Widerruf und Beamte auf Widerruf können jederzeit entlassen werden. Die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung soll gegeben werden.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tatbestand

1

Die Klägerin, die als tarifbeschäftigte Lehrerin im Dienst des Beklagten steht, strebt die Übernahme in das Beamtenverhältnis an.

2

Die 1957 geborene Klägerin bestand im Juni 1987 die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe II. Nach verschiedenen beruflichen Tätigkeiten außerhalb des Schuldienstes stellte der Beklagte sie zu Beginn des Schuljahres 2001/02 durch Abschluss eines Arbeitsvertrags als Lehrerin ein. Seitdem unterrichtet die Klägerin an einem Berufskolleg.

3

Nachdem das Bundesverwaltungsgericht durch Urteil vom 19. Februar 2009 - BVerwG 2 C 18.07 - die damaligen laufbahnrechtlichen Regelungen des Beklagten über Höchstaltersgrenzen für Lehrer für unwirksam erklärt hatte, stellte die Klägerin im Mai 2009 einen Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe. Daraufhin teilte die Bezirksregierung Arnsberg mit, sie werde über den Antrag entscheiden, wenn das Vorgehen von Verordnungsgeber und Ministerium feststehe. Am 18. Juli 2009 trat die neue Laufbahnverordnung des Beklagten in Kraft, in der die Höchstaltersgrenze auf das vollendete 40. Lebensjahr festgelegt wird. Im Hinblick darauf lehnte der Beklagte den Antrag ab. Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf erneute Bescheidung des Übernahmeantrags mit im Wesentlichen folgender Begründung abgewiesen:

4

Nach den neuen laufbahnrechtlichen Regelungen über die Höchstaltersgrenze könne die Klägerin nicht verbeamtet werden. Zwar bestünden Bedenken gegen die Rechtswirksamkeit dieser Regelungen, weil nicht festgestellt werden könne, von welchen Erwägungen sich der Verordnungsgeber bei der Festlegung der Höchstaltersgrenze und der Ausnahmen habe leiten lassen. Das Gericht schließe sich jedoch aus Gründen der Rechtseinheitlichkeit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Münster an, das die Regelungen für rechtswirksam halte.

5

Der Verbleib der Klägerin im Tarifbeschäftigtenverhältnis stelle keine unbillige Härte dar. Die Klägerin habe ihren Antrag als Reaktion auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2009 gestellt. Wie alle tarifbeschäftigten Lehrer, die daraufhin ihre Verbeamtung beantragt hätten, habe sie davon ausgehen müssen, dass der Verordnungsgeber eine neue Höchstaltersgrenze mit Geltung auch für die seit Februar 2009 gestellten Übernahmeanträge festlegen werde. Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des früheren Einstellungsverfahrens lägen nicht vor.

6

Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Sprungrevision beantragt die Klägerin,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 10. November 2010 und den Bescheid der Bezirksregierung Arnsberg vom 29. September 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

7

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Sprungrevision der Klägerin ist zulässig. Das Verwaltungsgericht hat sie in dem angefochtenen Urteil zugelassen; der Beklagte hat der Einlegung form- und fristgerecht zugestimmt (§ 134 Abs. 1 Satz 1 und 3 VwGO). Die Zulassung der Revision bindet den Senat; er hat nicht zu prüfen, ob der vom Verwaltungsgericht angenommene Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gegeben ist.

9

Die Sprungrevision ist nicht begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts verstößt nicht gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO; § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG). Die hier anwendbaren laufbahnrechtlichen Regelungen über Höchstaltersgrenzen stehen in Einklang mit Verfassungs- und Unionsrecht. Sie schließen die Übernahme der Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Probe aus. Ein Wiederaufgreifen des 2001 bestandskräftig abgeschlossenen Einstellungsverfahrens kommt nicht in Betracht.

10

1. Die Klägerin kann die erneute Bescheidung ihres Übernahmeantrags nicht schon deshalb verlangen, weil zum Zeitpunkt der Antragstellung keine rechtswirksame Höchstaltersgrenze bestanden hat. Vielmehr ist das Klagebegehren nach den Regelungen über Höchstaltersgrenzen für Lehrer in der nordrhein-westfälischen Laufbahnverordnung in der Fassung vom 30. Juni 2009 - LVO NRW - (GV. NRW S. 381) zu beurteilen.

11

Der Erfolg einer Klage, mit der ein Anspruch auf Erlass eines Verwaltungsakts oder auf erneute Entscheidung darüber geltend gemacht wird, richtet sich nach dem materiellen Recht, das zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung auf den Sachverhalt anzuwenden ist. Aufgrund der Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) haben die Gerichte bei der Beurteilung von Verpflichtungs- und Neubescheidungsbegehren Rechtsänderungen zu beachten, die während des behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens in Kraft getreten sind, sofern das neue, zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltende Recht nichts anderes bestimmt. Durch seine Auslegung ist zu ermitteln, ob Verpflichtungs- und Neubescheidungsbegehren für bestimmte Fallkonstellationen noch nach dem aufgehobenen oder inhaltlich geänderten Recht zu beurteilen sind (stRspr; vgl. Urteile vom 31. März 2004 - BVerwG 8 C 5.03 - BVerwGE 120, 246 <250> = Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 20 S. 74 f. und vom 24. Juni 2004 - BVerwG 2 C 45.03 - BVerwGE 121, 140 <143 f.> = Buchholz 237.0 § 9 BaWüLBG Nr. 1 S. 4).

12

Dies gilt auch dann, wenn die Verwaltung den Erlass des beantragten Verwaltungsakts rechtswidrig abgelehnt hat, diese Entscheidung aber von einer danach in Kraft getretenen Rechtsänderung gedeckt wird. Auch hier kann das Verwaltungsgericht die Verwaltung nur dann zum Erlass des Verwaltungsakts oder zur erneuten Entscheidung darüber verurteilen, wenn das neue Recht für diese Fälle die Anwendung des alten Rechts anordnet oder einen Anspruch für derartige Fälle (sog. Folgenbeseitigungslast) einräumt (stRspr, vgl. Urteile vom 17. Dezember 1954 - BVerwG 5 C 97.54 - BVerwGE 1, 291 <295 f.> = Buchholz 332 § 72 MRVO 165 Nr. 2 S. 3 f., vom 6. März 1987 - BVerwG 8 C 65.84 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 99 S. 2, vom 18. Juni 1998 - BVerwG 2 C 20.97 - Buchholz 237.7 § 15 NWLBG Nr. 2 S. 2 und vom 24. Juni 2004 a.a.O. S. 143 f. bzw. S. 4).

13

Nach diesen Rechtsgrundsätzen sind die Regelungen über die Höchstaltersgrenze für Lehrer in der nordrhein-westfälischen Laufbahnverordnung in der Fassung vom 30. Juni 2009 auf alle Anträge auf Einstellung oder Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe anwendbar, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Rechtsverordnung am 18. Juli 2009 nicht bestandskräftig beschieden waren. Dementsprechend hängt der Erfolg einer Klage, mit der ein Anspruch auf rechtsfehlerfreie Entscheidung über die Verbeamtung als Lehrer geltend gemacht wird, davon ab, ob diese neuen Regelungen mit höherrangigem Recht vereinbar sind und im Falle ihrer Rechtswirksamkeit die Ablehnung des Einstellungs- oder Übernahmeantrags decken.

14

2. Die Regelungen der §§ 6, 52 Abs. 1 und § 84 Abs. 2 LVO NRW über Höchstaltersgrenzen für die Einstellung und Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe in einer Lehrerlaufbahn sind mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar.

15

a) Höchstaltersgrenzen für die Verbeamtung verwehren Bewerbern mit höherem Lebensalter den nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG eröffneten Zugang zum Beamtenverhältnis. Der in dieser Vorschrift verankerte hergebrachte Grundsatz des Berufsbeamtentums vermittelt Bewerbern um ein öffentliches Amt einen unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleisteten Anspruch darauf, dass über die Bewerbung ausschließlich nach Kriterien entschieden wird, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen (stRspr; vgl. Urteil vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 Rn. 18 f.). Das Lebensalter kann nur dann ein leistungsbezogenes Kriterium darstellen, wenn daraus bei typisierender Betrachtung Schlussfolgerungen für die Erfüllung der Anforderungen des Dienstes gezogen werden können. Dies gilt z.B. für den Polizeivollzugs- und Feuerwehrdienst, nicht aber für die Tätigkeit als Lehrer. Daher knüpft der vom Lebensalter abhängige Zugang zu einer Lehrerlaufbahn an ein nicht durch Art. 33 Abs. 2 GG gedecktes Kriterium an (Urteile vom 19. Februar 2009 - BVerwG 2 C 18.07 - BVerwGE 133, 143 = Buchholz 237.7 § 15 NWLBG Nr. 6 und vom 24. September 2009 - BVerwG 2 C 31.08 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 44 Rn. 21).

16

Die Höchstaltersgrenze des nordrhein-westfälischen Laufbahnrechts kann als Einschränkung des Art. 33 Abs. 2 GG nur durch Interessen gerechtfertigt werden, die ihrerseits Verfassungsrang haben. Das Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten stellt ein solches Interesse dar. Es folgt aus den von Art. 33 Abs. 5 GG geschützten hergebrachten Grundsätzen des Lebenszeit- und des Alimentationsprinzips.

17

Das Lebenszeitprinzip soll eine integre, ausschließlich an Gesetz und Recht orientierte Amtsführung fördern, indem es die Beamten mit rechtlicher und wirtschaftlicher Sicherheit ausstattet. Zu diesem Zweck gewährleistet es die Struktur des Beamtenverhältnisses als ein auf Lebenszeit angelegtes Dienst- und Treueverhältnis, den Schutz der auf Lebenszeit berufenen Beamten vor Entlassung sowie im Zusammenwirken mit dem Alimentationsprinzip die amtsangemessene Besoldung und lebenslange Versorgung (BVerfG, Beschluss vom 28. Mai 2008 - 2 BvL 11/07 - BVerfGE 121, 205 <221 f.>; BVerwG, Vorlagebeschluss vom 27. September 2007 - BVerwG 2 C 21.06, 26.06 und 29.07 - BVerwGE 129, 272 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 90).

18

Die Beamten haben Persönlichkeit und Arbeitskraft dem Dienstherrn grundsätzlich während des gesamten Berufslebens zur Verfügung zu stellen. Diese Dienstleistungspflicht steht in einem engen sachlichen Zusammenhang mit der lebenslang zu gewährenden Alimentation. Beamte erdienen ihre Altersversorgung durch die Dienstleistung, d.h. während der Dienstzeit. Die Dienstbezüge sind im Hinblick auf die künftigen Versorgungsansprüche niedriger festgesetzt. Der Dienstherr behält einen fiktiven Anteil ein, um die Versorgung zu finanzieren (BVerfG, Urteile vom 6. März 2002 - 2 BvL 17/99 - BVerfGE 105, 73 <115> und vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 - BVerfGE 114, 258 <298>).

19

Nach dem Alimentationsprinzip richtet sich die Versorgung der Ruhestandsbeamten nach dem letzten Amt. Der amtsangemessene Lebenszuschnitt soll auch im Ruhestand erhalten bleiben. Der Gesetzgeber darf die Maßgeblichkeit des letzten Amtes an eine Mindestverweildauer in diesem Amt von höchstens zwei Jahren knüpfen (BVerfG, Beschluss vom 20. März 2007 - 2 BvL 11/04 - BVerfGE 117, 372 <384 f.>). Des Weiteren erstreckt sich auch im Ruhestand die Alimentation nach Art. 33 Abs. 5 GG auf die Gewährung von Beihilfen als Hilfeleistungen in Krankheits- und Pflegefällen und bezieht die Hinterbliebenenversorgung ein.

20

Diese durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützte Ausstattung der Altersversorgung und ihr Zusammenhang mit der auf das gesamte Berufsleben ausgerichteten Dienstleistungspflicht der Beamten verleiht dem Interesse an angemessen langen Lebensdienstzeiten vor dem Eintritt in den Ruhestand einen verfassungsrechtlichen Stellenwert. Es folgt aus dem Lebenszeit- und Alimentationsprinzip, die die lebenslange Versorgung der Ruhestandsbeamten gewährleisten (Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <153> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 19 und vom 19. Februar 2009 a.a.O. Rn. 10).

21

b) Es ist Sache des Dienstherrn festzulegen, welche Lebensdienstzeit er für angemessen hält, um die Altersversorgung zu erdienen. Diese Zeit wird zum einen durch die gesetzliche Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand begrenzt. Bei ihrer Festlegung steht dem Gesetzgeber ein weiter Einschätzungsspielraum zu. Sie ist das Ergebnis gesundheits-, finanz-, arbeitsmarkt- und personalpolitischer Erwägungen wie etwa zu dem Umfang der staatlichen Aufgaben, der Entwicklung der Versorgungslasten oder der Altersstrukturen des öffentlichen Dienstes (BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 1985 - 2 BvL 18/83 - BVerfGE 71, 255 <269>; BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2008 - BVerwG 2 C 26.07 - BVerwGE 133, 25 = Buchholz 239.1 § 53 BeamtVG Nr. 17, jeweils Rn. 13). Tritt der Beamte vor Erreichen des dafür vorgesehenen Alters in den Ruhestand, ist das Gleichgewicht zwischen Dienst und Ruhestand verschoben, weil dem Dienstherrn die Arbeitskraft des Beamten zu früh verloren geht (stRspr; vgl. nur Urteil vom 17. Dezember 2008 a.a.O. Rn. 10 f.).

22

Die Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand kann aber ein ausgewogenes Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit für sich genommen nicht sicherstellen. Hierfür bedarf es zusätzlich einer Höchstaltersgrenze für Einstellung und Übernahme in das Beamtenverhältnis. Beide Altersgrenzen verfolgen dieselbe Zielsetzung, sodass sich die für ihre Rechtfertigung bedeutsamen Erwägungen decken.

23

Allerdings wird der Einschätzungsspielraum bei der Festlegung der Höchstaltersgrenze durch den in Art. 33 Abs. 2 GG verankerten Leistungsgrundsatz erheblich eingeschränkt. In den Fällen, in denen aus dem Lebensalter der Bewerber keine Rückschlüsse auf Eignung, Befähigung und fachliche Leistung gezogen werden können, muss der Zugang zum Beamtenverhältnis auch für ältere Bewerber mit außergewöhnlichem beruflichen Werdegang oder Lebensweg offen gehalten werden. Gleiches gilt für Bewerber, deren Berufsausbildung sich aus anerkennenswerten Gründen verzögert hat. Den Angehörigen dieser Gruppen muss bei typisierender Betrachtung eine realistische Chance eröffnet werden, nach leistungsbezogenen Kriterien Zugang zum Beamtenverhältnis zu erhalten. Daher darf sich eine Höchstaltersgrenze nicht ausschließlich an demjenigen Zeitraum orientieren, der üblicherweise benötigt wird, um die laufbahnrechtlich vorgeschriebenen Schul- und Fachausbildungen zu absolvieren. Vielmehr muss sie zusätzlich einen großzügig bemessenen zeitlichen Korridor für Einstellung und Übernahme belassen. Davon ausgehend kann die Höchstaltersgrenze umso niedriger festgelegt werden, je weiter die vorgesehenen Ausnahmen, d.h. die Möglichkeiten einer Anhebung, reichen (Urteil vom 19. Februar 2009 a.a.O. Rn. 22).

24

Die Dienstzeit von ungefähr zwanzig Jahren, die derzeit erforderlich ist, um das nach fünf Dienstjahren gewährte Mindestruhegehalt zu erdienen, stellt eine Orientierungshilfe, aber keine bindende Vorgabe für die Bestimmung der Höchstaltersgrenze dar. Es ist nicht ausgeschlossen, ein Lebensalter als Höchstaltersgrenze festzulegen, das niedriger liegt als dasjenige, das sich aus dem Ruhestandsalter abzüglich einer Dienstzeit von zwanzig Jahren ergibt. Dies folgt aus dem Zweck der Höchstaltersgrenze, der lebenslangen amtsangemessenen Versorgung eine angemessene Lebensdienstzeit gegenüberzustellen (Urteil vom 19. Februar 2009 a.a.O. Rn. 20).

25

Bei der Festlegung der Höchstaltersgrenze kann außer Betracht bleiben, dass Renten, die Bewerber aufgrund ihrer Berufszeiten erwerben, im Ruhestand teilweise auf die Versorgung angerechnet würden (vgl. § 55 Abs. 2 BeamtVG). Denn diese Zeiten erhöhen andererseits den Versorgungsanspruch, wenn sie ruhegehaltfähige Vordienstzeiten darstellen. Dies ist bei beruflichen Vordienstzeiten von Lehrern im öffentlichen Schuldienst der Fall (vgl. § 11 Nr. 1 Buchst. b BeamtVG).

26

Der Gesetzgeber kann die Festlegung der Höchstaltersgrenze dem Verordnungsgeber übertragen. Dem Vorbehalt des Parlamentsgesetzes genügt eine gesetzliche Ermächtigung, die wie § 5 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW i.d.F. vom 21. April 2009 (GV. NRW S. 224) der Landesregierung als Verordnungsgeber die Befugnis zum Erlass von Regelungen über die Laufbahnen der Beamten überträgt. Sie umfasst alle Regelungsmaterien, die herkömmlicherweise zum Laufbahnwesen der Beamten zählen. Hierzu gehören Regelungen über Höchstaltersgrenzen (Urteil vom 19. Februar 2009 a.a.O. Rn. 11). Es obliegt dann dem Verordnungsgeber, die Gewährleistung des leistungsbezogenen Zugangs zum Beamtenverhältnis in einen angemessenen Ausgleich mit dem Interesse des Dienstherrn an einer möglichst langen Lebensdienstzeit zu bringen.

27

c) Nach § 6 Abs. 1 und § 52 Abs. 1 LVO NRW darf als Laufbahnbewerber in den Laufbahnen für Lehrer an Schulen in das Beamtenverhältnis auf Probe nur eingestellt oder übernommen werden, wer das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Nach § 6 Abs. 2 LVO NRW darf diese Altersgrenze im Umfang der Verzögerung, höchstens um bis zu sechs Jahre überschritten werden, wenn sich die Einstellung oder Übernahme wegen der Ableistung einer Dienstpflicht nach Art. 12a GG, der Teilnahme an einem freiwilligen sozialen Jahr, der Geburt eines Kindes, der tatsächlichen Betreuung eines Kindes unter 18 Jahren oder der tatsächlichen Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen verzögert hat. Nach § 6 Abs. 3 LVO NRW liegt die Höchstaltersgrenze für schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte behinderte Menschen beim vollendeten 43. Lebensjahr.

28

Nach § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LVO NRW können Ausnahmen für einzelne Fälle oder Gruppen von Fällen zugelassen werden, wenn der Dienstherr ein erhebliches dienstliches Interesse daran hat, Bewerber als Fachkräfte zu gewinnen oder zu behalten. Nach § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO NRW können Ausnahmen für einzelne Fälle zugelassen werden, wenn sich nachweislich der berufliche Werdegang aus von dem Bewerber nicht zu vertretenden Gründen in einem Maß verzögert hat, das die Anwendung der Höchstaltersgrenze unbillig erscheinen ließe.

29

Dieses Regelungswerk stellt in seiner Gesamtheit einen verhältnismäßigen Ausgleich der widerstreitenden, durch Art. 33 Abs. 2 und 5 GG geschützten Belange dar:

30

Die Altersgrenze des vollendeten 40. Lebensjahres eröffnet in ausreichendem Maß auch Bewerbern mit außergewöhnlichem beruflichen Werdegang oder Lebensweg die Möglichkeit, nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG als Lehrer verbeamtet zu werden. Die Lehrerausbildung kann bei einem Beginn des Studiums im Alter von ungefähr zwanzig Lebensjahren und einem regelmäßigen Verlauf von Studium und Vorbereitungsdienst deutlich vor der Vollendung des 30. Lebensjahres abgeschlossen werden. Davon ausgehend besteht nunmehr ein zeitlicher Korridor von mehr als zehn Jahren für die Verbeamtung von Bewerbern, die entweder die vorgeschriebene Schulbildung auf dem zweiten Bildungsweg erworben oder aber vor, während oder nach der Lehrerausbildung andere berufliche Tätigkeiten ausgeübt haben. Erheblich bessere Chancen auf die Verbeamtung haben insbesondere Bewerber, deren Antrag nach Abschluss des Vorbereitungsdienstes wegen eines Stellenengpasses abgelehnt wurde.

31

Hinzu kommt, dass der Verordnungsgeber durch die nach § 6 Abs. 2 LVO NRW vorgesehenen Erhöhungen der Höchstaltersgrenze Verzögerungen Rechnung getragen hat, die sich aus der Erfüllung anerkannter gesellschaftlicher und familiärer Pflichten ergeben. Die zusätzlich gewährten Zeiträume reichen angesichts der Grenze des vollendeten 40. Lebensjahres aus.

32

Die Ausnahmeregelung des § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LVO NRW genügt dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit. Sie erscheint geeignet, die Einstellungspraxis inhaltlich zu steuern und die Entwicklung eines schwer durchschaubaren Erlasswesens der Verwaltung (vgl. Urteil vom 19. Februar 2009 a.a.O. Rn. 27) künftig zu verhindern:

33

Der Verordnungsgeber hat den Begriff des erheblichen dienstlichen Interesses im Sinne von § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LVO NRW inhaltlich konkretisiert. Nach dem Wortlaut des Satzes 1 bezieht sich das Interesse darauf, Bewerber als Fachkräfte zu gewinnen oder zu behalten. Nach Satz 2 liegt es insbesondere vor, wenn die Ausnahmeerteilung zur Sicherstellung der Erledigung der öffentlichen Aufgabe erforderlich ist. Diese normativen Erläuterungen lassen den Schluss zu, dass die Schulverwaltung die Altersgrenze nur hinausschieben kann, um Lehrermangel vorzubeugen oder zu begegnen.

34

Da die Bewerber die Bedarfssituation in aller Regel weder kennen noch ermitteln können, folgen aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 und Art. 33 Abs. 2 GG Darlegungspflichten der Schulverwaltung: Sie muss ihre Einschätzung, dass Lehrermangel in dem Tätigkeitsbereich des Bewerbers weder besteht noch droht, für das jeweilige Schuljahr nachvollziehbar belegen. Will sie trotz Lehrermangels keine Ausnahme machen, muss sie darlegen, dass die generellen Einstellungskriterien und deren Anwendung in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG stehen.

35

Auch die Ausnahmeregelung des § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO NRW ist hinreichend bestimmt. Als Härtefallklausel erfasst sie ganz außergewöhnlich gelagerte Sachverhalte, die die Ablehnung der Verbeamtung unerträglich erscheinen lassen. Das Oberverwaltungsgericht Münster hält die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift sowie eine Ermessensreduktion auf Null zutreffend für gegeben, wenn ein Übernahmebegehren bereits vor Erlass des Urteils des Senats vom 19. Februar 2009 (a.a.O.) gestellt und wegen der Unwirksamkeit der damaligen Regelungen über die Höchstaltersgrenze rechtswidrig abgelehnt worden, der ablehnende Bescheid aber bis zum Inkrafttreten der neuen Regelungen nicht bestandskräftig geworden ist (OVG Münster, Urteil vom 27. Juli 2010 - 6 A 858/07 - NVwZ-RR 2010, 992 <994 f.>).

36

Nach dem Wortlaut des § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO NRW trifft die Bewerber eine Nachweisobliegenheit. Dies bedeutet, dass sie tatsächliche Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich, aus denen sie Verzögerung und Unbilligkeit herleiten, substanziiert darzulegen und gegebenenfalls nachzuweisen haben.

37

Ein außergewöhnlicher beruflicher Werdegang oder Lebensweg kann für sich genommen die Unbilligkeit der Anwendung der Höchstaltersgrenze regelmäßig nicht begründen. Dies entspräche nicht dem Verordnungszweck, weil diesen Gründen bereits durch die Anhebung der Höchstaltersgrenze auf die Vollendung des 40. Lebensjahres Rechnung getragen wird.

38

Dem Verordnungsgeber kann auch nicht als Rechtsfehler angelastet werden, er habe die widerstreitenden Belange vor Erlass der Laufbahnverordnung vom 30. Juni 2009 nicht hinreichend abgewogen oder den Abwägungsvorgang nicht offengelegt. Die Begründung des Verordnungsentwurfs lässt erkennen, dass sich die Landesregierung bewusst war, bei der Verfolgung des Interesses an einer möglichst langen Lebensdienstzeit wegen der Auswirkungen der Höchstaltersgrenze auf die verfassungsrechtlich geschützten Zugangschancen zum Beamtenverhältnis Zurückhaltung üben zu müssen. Dies wird durch ihre Antwort auf eine Kleine Anfrage belegt. Daraus geht hervor, dass die Landesregierung die Höchstaltersgrenze auf die Vollendung des 40. Lebensjahres angehoben hat, um auch älteren Bewerbern mit besonderen Berufsbiographien eine Einstellungschance zu eröffnen (LTDrucks 14/10580, S. 2).

39

Der Verordnungsgeber war nicht verpflichtet, der Entscheidung über die Höchstaltersgrenze statistische Erhebungen oder Berechnungen über die Auswirkungen unterschiedlicher Festlegungen auf die Versorgungslasten zugrunde zu legen. Denn bei der Festlegung der Höchstaltersgrenze handelt es sich um eine Abwägungsentscheidung mit im Wesentlichen feststehenden Vorgaben: Je niedriger die Höchstaltersgrenze ist, desto länger ist typischerweise die Lebensdienstzeit, in der die Altersversorgung erdient werden kann. Davon ausgehend steht dem Verordnungsgeber ein Einschätzungsspielraum zu, den er im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG so ausüben muss, dass der leistungsbezogene Zugang zum Beamtenverhältnis auch für Bewerber mit außergewöhnlichem beruflichen Werdegang oder Lebensweg über einen längeren Zeitraum möglich bleibt und anerkannte Verzögerungsgründe durch eine angemessene Erhöhung des Zugangsalters berücksichtigt werden.

40

Außerdem kann das Interesse des Dienstherrn an der Schaffung und Erhaltung ausgewogener Altersstrukturen einer Laufbahn die Beschränkung des durch Art. 33 Abs. 2 GG geschützten Zugangsrechts durch eine Höchstaltersgrenze rechtfertigen. Es kann dahingestellt bleiben, ob dies hier der Fall ist. Zweifel sind angebracht, weil der Beklagte Bewerber, die er trotz Überschreitung der Höchstaltersgrenze als Lehrer gewinnen will, als Tarifbeschäftigte einstellt (Urteil vom 19. Februar 2009 a.a.O. Rn. 21).

3. Die Regelungen der §§ 6, 52 Abs. 1 und § 84 Abs. 2 LVO NRW sind auch mit der
Richtlinie 2000/78/EG
des Rates der Europäischen Union vom 27. November 2000 - RL - (
ABl L 303/16
) und dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 - AGG - (BGBl I S. 1897) vereinbar, das diese Richtlinie in das nationale Recht umsetzt.Höchstaltersgrenzen für den Zugang zu einem Beruf oder einem beruflichen Status stellen eine Ungleichbehandlung wegen des Alters dar (Art. 1, Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a und Art. 3 Abs. 1 RL; § 7 i.V.m
§ 1
,
§ 2
Abs. 1 Nr. 1 und 2 und
§ 3 Abs. 1 Satz 1 AGG
).
43

Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Nach Satz 2 müssen die Mittel zur Erreichung des Ziels angemessen und erforderlich sein. Diese Regelungen stimmen inhaltlich mit Art. 6 Abs. 1 Satz 1 RL überein. Die Auslegung dieser Vorschrift durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) ist wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts für die Auslegung des § 10 Satz 1 und 2 AGG verbindlich.

44

Legitime Ziele im Sinne von § 10 Satz 1 AGG können sich insbesondere aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung ergeben; daneben kommt jedes weitere sozialpolitische Ziel in Betracht (EuGH, Urteil vom 13. September 2011 - C-447/09, Prigge u.a. - NJW 2011, 3209 ). Die Mitgliedstaaten verfügen über einen weiten Spielraum bei der Wahl der Maßnahmen, die sie zur Erreichung eines legitimen Ziels für erforderlich halten. Die Wahl kann auf politischen, wirtschaftlichen, sozialen, demografischen oder fiskalischen Erwägungen beruhen, wobei letztere für sich allein nicht ausreichen (EuGH, Urteil vom 21. Juli 2011 - Rs. C 159/10 und 160/10, Fuchs und Köhler - NVwZ 2011, 1249 ). Die Angemessenheit und Erforderlichkeit einer Maßnahme ist nachgewiesen, wenn sie im Hinblick auf das verfolgte Ziel nicht unvernünftig erscheint und auf Beweismittel gestützt ist, deren Beweiskraft das nationale Gericht zu beurteilen hat (EuGH, Urteil vom 21. Juli 2011 a.a.O. Rn. 83). Somit ist § 10 AGG Ausdruck des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (Urteil vom 19. Februar 2009 a.a.O. Rn. 15).

45

Das Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten, das der Höchstaltersgrenze nach § 6 Abs. 1 und § 52 Abs. 1 LVO NRW zugrunde liegt, stellt ein legitimes Ziel im Sinne von § 10 Satz 1 AGG dar. Die Berechtigung dieser Erwägung ergibt sich aus dem Zusammenhang zwischen der Dienstleistung der Beamten und den Versorgungsleistungen im Ruhestand. Wie unter 2.a) dargelegt, erdienen Beamte die lebenslang zu gewährende Versorgung während der aktiven Zeit. Die unionsrechtliche Anerkennung des daraus folgenden Interesses an einer adäquaten Lebensdienstzeit wird durch Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c RL (§ 10 Satz 3 Nr. 3 AGG) belegt, wonach Ungleichbehandlungen wegen des Alters insbesondere die Festlegung eines Höchstalters für die Einstellung aufgrund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand einschließen. Eine Höchstaltersgrenze für den Zugang zum Beamtenverhältnis stellt dem Grunde nach ein geeignetes und erforderliches Mittel dar, um eine angemessene, die Versorgung rechtfertigende Lebensdienstzeit sicherzustellen.

46

Die Höchstaltersgrenze des vollendeten 40. Lebensjahres nach § 6 Abs. 1 und § 52 Abs. 1 LVO NRW ist in Anbetracht des unionsrechtlich anerkannten weiten Spielraums des Verordnungsgebers auch angemessen im Sinne von § 10 Satz 2 AGG. Insoweit kann auf die Ausführungen unter 2.c) zur Verhältnismäßigkeit dieser Höchstaltersgrenze verwiesen werden.

47

4. Die Rechtswirksamkeit der Regelungen der nordrhein-westfälischen Laufbahnverordnung vom 30. Juni 2009 hängt nicht davon ab, ob die Vorschriften über die Beteiligung der Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und Berufsverbände bei der Vorbereitung eingehalten wurden (§ 53 BeamtStG; 94 Abs. 1 LBG NRW). Dies folgt daraus, dass diese Beteiligung nicht Bestandteil des Normsetzungsverfahrens ist (Beschluss vom 25. Oktober 1979 - BVerwG 2 N 1.78 - BVerwGE 59, 48 = Buchholz 237.5 § 110 HessBG Nr. 1).

48

5. Auf der Grundlage der auf ihren Fall anwendbaren Regelungen über die Höchstaltersgrenze nach § 6 Abs. 1 und 2, § 52 Abs. 1 und § 84 Abs. 2 LVO NRW kann die Klägerin keine erneute Entscheidung über die Verbeamtung verlangen. Sie hatte die neue Höchstaltersgrenze des vollendeten 40. Lebensjahres bereits bei Antragstellung um mehrere Jahre überschritten. Aus den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass wegen einer Verzögerung nach § 6 Abs. 2 LVO NRW eine höhere Altersgrenze gilt.

49

Auch die Voraussetzungen einer Ausnahme nach § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO NRW liegen nicht vor. Die Anwendung der neuen Höchstaltersgrenze begründet keine unbillige Härte. Die Klägerin konnte nicht darauf vertrauen, dass der Verordnungsgeber nach dem Urteil des Senats vom 19. Februar 2009 (a.a.O.) keine neue Höchstaltersgrenze einführen oder die nach diesem Urteil gestellten Übernahmeanträge generell von deren Geltung ausnehmen würde. Für eine derartige Ausnahme hat kein Anlass bestanden, weil der Senat eine Höchstaltersgrenze grundsätzlich für zulässig erklärt hatte.

50

Der Beklagte hat die Bescheidung des Übernahmeantrags auch nicht unangemessen lange hinausgezögert. Er hat der Klägerin unverzüglich nach Eingang des Übernahmeantrags mitgeteilt, darüber erst zu entscheiden, wenn die neue Rechtslage feststehe. Die Klägerin musste mit der Einführung einer neuen Höchstaltersgrenze rechnen. Der Beklagte hat die ablehnende Entscheidung innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten der neuen laufbahnrechtlichen Regelungen am 18. Juli 2009 getroffen.

51

Das Unterlassen der Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten an der behördlichen Entscheidung über den Übernahmeantrag ist jedenfalls nach § 46 VwVfG NRW unbeachtlich, weil feststeht, dass die Beteiligung die Entscheidung nicht hätte beeinflussen können. Die Ablehnung des Übernahmeantrags der Klägerin war durch § 6 Abs. 1 und 2, § 52 Abs. 1 und § 84 Abs. 2 LVO NRW zwingend vorgegeben.

52

6. Ein Wiederaufgreifen des früheren, nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Jahr 2001 bestandskräftig abgeschlossenen Einstellungsverfahrens kommt nicht in Betracht.

53

Ein Anspruch der Klägerin auf Wiederaufgreifen nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG NRW besteht nicht, weil sich die Sach- und Rechtslage nicht nachträglich zu ihren Gunsten geändert hat. Hierfür ist eine Änderung des materiellen Rechts erforderlich, die dem bestandskräftigen Verwaltungsakt die rechtliche Grundlage entzieht. Dies ist regelmäßig nur bei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung der Fall, die eine Regelung für einen noch nicht abgeschlossenen Zeitraum treffen (stRspr; Urteile vom 29. November 1979 - BVerwG 3 C 103.79 - BVerwGE 59, 148 <159 f.> = Buchholz 451.81 § 6a AWG Nr. 3 S. 19 f., vom 14. März 1984 - BVerwG 6 C 107.82 - BVerwGE 69, 90 <92 f.> = Buchholz 448.0 § 25 WPflG Nr. 146 S. 56 f. und vom 15. Januar 2009 - BVerwG 8 C 3.08 - Buchholz 428 § 4 Abs. 2 VermG Nr. 32 Rn. 16 f.). Die Regelungen über die Höchstaltersgrenze in der nordrhein-westfälischen Laufbahnverordnung vom 30. Juni 2009 lassen die Ablehnung der Verbeamtung der Klägerin im Jahr 2001 unberührt.

54

Ein Anspruch der Klägerin auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über das Wiederaufgreifen nach § 51 Abs. 5 und § 48 Abs. 1 VwVfG NRW besteht nicht, weil ein Wiederaufgreifen nach dem ermessenslenkenden ministeriellen Erlass vom 30. Juli 2009 nur zugunsten von Bewerbern möglich ist, die bei Antragstellung die neue, gegebenenfalls nach § 6 Abs. 2 oder Abs. 3 LVO NRW erhöhte Höchstaltersgrenze noch nicht überschritten haben. Dies ist bei der Klägerin nicht der Fall.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe und beansprucht ihre Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit.

2

Am 1. Dezember 1997 berief die Beklagte die 1964 geborene Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Probe. Mit Wirkung vom 1. April 2000 stellte sie die Klägerin an und ernannte sie zur Verwaltungsrätin. Die Klägerin leistete von Anfang 1999 bis Anfang Februar 2005 keinen Dienst. Sie befand sich nach der Geburt ihrer Kinder im Mutterschutz, im Erziehungsurlaub und in der Elternzeit.

3

Nach dem Ende der Elternzeit war die Klägerin von Anfang Februar 2005 bis Ende 2006 wegen der Folgewirkungen zweier Bandscheibenvorfälle dienstunfähig erkrankt. Im Hinblick hierauf verlängerte die Beklagte die Probezeit bis Mitte September 2007. Nachdem die Klägerin von Anfang Januar bis Anfang April 2007 im Rahmen ihrer stufenweisen Wiedereingliederung nur teilweise gearbeitet hatte, leistete sie ab April 2007 wieder vollständig Dienst.

4

Die Beklagte entließ die Klägerin mit Ablauf des 31. Dezember 2007 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe. Die gesundheitliche Eignung der Klägerin sei nicht nachgewiesen. Die bis zum Ablauf der Probezeit verbliebene Dienstzeit reiche nicht aus, um ihre gesundheitliche Eignung zuverlässig festzustellen.

5

In der Berufungsinstanz hat das Oberverwaltungsgericht die erstinstanzlich erfolgreiche Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

6

Die gerichtlich nur beschränkt überprüfbare prognostische Einschätzung der Beklagten, die Klägerin sei aus gesundheitlichen Gründen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht geeignet, sei aufgrund der Beweisaufnahme nicht zu beanstanden. Die Klägerin sei während ihrer verlängerten Probezeit nahezu zwei Jahre ununterbrochen dienstunfähig erkrankt gewesen. Zum einen habe die Klägerin ab Anfang 2005 mehrere Bandscheibenvorfälle erlitten. Zum anderen hätten diese zu einem chronifizierten Schmerzsyndrom mit selbstständigem Krankheitswert geführt. Diese beiden Diagnosen schlössen eine positive gesundheitliche Eignungsprognose zum Ablauf der Probezeit der Klägerin aus.

7

Hiergegen wendet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Sie beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg vom 5. September 2011 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. Juni 2009 zurückzuweisen.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt § 31 des Bundesbeamtengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 9. Juli 2001 (- BBG a.F. -, BGBl I S. 1510). Ob es sich aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO), kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht entscheiden.

10

1. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. kann ein Beamter auf Probe wegen mangelnder Bewährung (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung) entlassen werden. Auch die fehlende gesundheitliche Eignung stellt einen Entlassungsgrund dar. Dies folgt zudem aus Art. 33 Abs. 2 GG, dessen Kriterien § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. übernimmt. Geeignet ist nach Art. 33 Abs. 2 GG nur derjenige, der dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist (BVerfG, Beschlüsse vom 21. Februar 1995 - 1 BvR 1397/93 - BVerfGE 92, 140 <151> und vom 20. April 2004 - 1 BvR 838/01 u.a. - BVerfGE 110, 304 <322>; BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 - Rn. 10 ). Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr daher immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O.).

11

Obwohl § 31 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. davon spricht, dass ein Beamter auf Probe entlassen werden "kann", ist der Behörde hinsichtlich der Entlassung eines Probebeamten, der sich in der Probezeit nicht bewährt hat, kein Ermessen eröffnet. Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 der Bundeslaufbahnordnung (- BLV a.F. -) in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juli 2002 (BGBl I S. 2459) werden Beamtinnen und Beamte, die sich nicht bewährt haben, entlassen. Das Wort "kann" trägt lediglich dem Gesichtspunkt Rechnung, dass die Probezeit, wie hier geschehen, zu verlängern ist, wenn die Bewährung oder Nichtbewährung des Beamten noch nicht endgültig festgestellt worden ist (Urteile vom 24. November 1988 - BVerwG 2 C 24.87 - Buchholz 237.6 § 39 Nds. LBG Nr. 7 S. 6; vom 19. März 1998 - BVerwG 2 C 5.97 - BVerwGE 106, 263 <271> = Buchholz 237.6 § 39 Nds. LBG Nr. 9 S. 7 und vom 3. Dezember 1998 - BVerwG 2 C 26.97 - BVerwGE 108, 64 <70> = Buchholz 111 Art. 20 EV Nr. 4 S. 15).

12

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung eines Probebeamten ist der Ablauf der Probezeit, nicht der Zeitpunkt des Erlasses der letzten Verwaltungsentscheidung. Dies folgt aus dem materiellen Recht, das auch bestimmt zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen (stRspr; vgl. Urteile vom 17. Oktober 1989 - BVerwG 9 C 58.88 - Buchholz 402.25 § 5 AsylVfG Nr. 8 S. 9, vom 31. März 2004 - BVerwG 8 C 5.03 - BVerwGE 120, 246 <250> = Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 20 S. 74 f. und vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 11).

13

Die Vorschrift des § 31 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. über die Entlassung von Beamten auf Probe wegen mangelnder Bewährung (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung) steht im Zusammenhang mit § 9 BBG a.F., der die Voraussetzungen für die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit festlegt. Danach darf Beamter auf Lebenszeit u.a nur werden, wer sich als Laufbahnbewerber oder als anderer Bewerber (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 BBG a.F.) in einer Probezeit bewährt hat. Ferner schreibt § 7 Abs. 3 Satz 1 BLV a.F. vor, dass vor Ablauf der Probezeit festgestellt wird, ob der Beamte sich bewährt hat.

14

Aus diesen Bestimmungen folgt, dass in die Entscheidung des Dienstherrn über die gesundheitliche Bewährung des Probebeamten, nur solche Umstände Eingang finden, die während der Probezeit bekannt geworden sind oder die zwar nach Ablauf dieser Zeit eingetreten sind, aber Rückschlüsse auf die Bewährung des Beamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit zulassen (Urteil vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2 C 27.90 - BVerwGE 92, 147 <150 ff.> = Buchholz 237.7 § 9 NWLBG Nr. 1 S. 5).

15

War die Erkrankung eines Probebeamten bereits vor der Begründung dieses Beamtenverhältnisses bekannt, so darf der Dienstherr die gesundheitliche Eignung des Beamten bei der anstehenden Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit nur dann im Hinblick auf diese Erkrankung verneinen, wenn sich die Grundlagen ihrer Bewertung inzwischen geändert haben. Bei unveränderter Sachlage ist der Dienstherr an seine Bewertung der gesundheitlichen Eignung vor Begründung des Probebeamtenverhältnisses gebunden.

16

a) Ohne Verstoß gegen revisibles Recht hat das Oberverwaltungsgericht entschieden, trotz der Anstellung der Klägerin zum 1. April 2000 habe die Beklagte zum Ablauf der verlängerten Probezeit Mitte September 2007 noch über deren gesundheitliche Eignung befinden können. Mit der Anstellung der Klägerin war nicht die Feststellung ihrer Bewährung in der Probezeit verbunden, die die gesundheitliche Eignung mit umfasst. Ist die Anstellung wegen Kindererziehungszeiten vorgezogen worden, so ist nach § 10 Abs. 3 Satz 6 BLV a.F. die vorgeschriebene Probezeit ungeachtet der Anstellung abzuleisten. Die Regel des § 10 Abs. 2 Satz 1 BLV a.F. findet dann keine Anwendung.

17

b) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, der Beklagten stehe hinsichtlich der Frage der gesundheitlichen Eignung der Klägerin ein Beurteilungsspielraum zu, ist mit Art. 19 Abs. 4 und Art. 33 Abs. 2 GG sowie § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. nicht vereinbar.

18

Die Voraussetzungen, denen ein Bewerber in gesundheitlicher Hinsicht genügen muss, um sich durch die erfolgreiche Ableistung der Probezeit zu bewähren, ergeben sich aus den körperlichen Anforderungen, die der Beamte erfüllen muss, um die Ämter seiner Laufbahn wahrnehmen zu können. Der Dienstherr legt diese Anforderungen in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest; subjektive Rechte der Beamten werden hierdurch grundsätzlich nicht berührt. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist (Urteile vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 22 und vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 12). Für die vergleichende fachliche Eignung der Bewerber steht dem Dienstherrn ein Beurteilungsspielraum zu, der vor allem die Gewichtung der leistungsbezogenen Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG umfasst (Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 17 und vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47 jeweils Rn. 45).

19

Demgegenüber ist dem Dienstherrn kein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage eröffnet, ob der Bewerber den laufbahnbezogenen festgelegten Voraussetzungen in gesundheitlicher Hinsicht genügt. Über die gesundheitliche Eignung von Bewerbern im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG haben letztverantwortlich die Verwaltungsgerichte zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein. Insoweit sind die Voraussetzungen, unter denen eine Einschränkung der aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgenden Letztentscheidungsbefugnis der Verwaltungsgerichte für die Auslegung und Anwendung normativer Regelungen anzunehmen ist, nicht erfüllt (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 24 ff.).

20

Die prognostische Beurteilung, ob der Bewerber den gesundheitlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn voraussichtlich genügen wird, ist aufgrund einer fundierten medizinischen Tatsachengrundlage zu treffen. Auf dieser Basis können sich die Verwaltungsgerichte im gleichen Maße ein eigenverantwortliches Urteil über die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung des Bewerbers und über die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen bilden wie die zuständige Behörde. Können die Verwaltungsgerichte mit sachkundiger Hilfe ihrer Aufgabe gerecht werden, die entscheidungsrelevanten tatsächlichen Umstände festzustellen und rechtlich zu bewerten, besteht kein Anlass, die gerichtliche Kontrolldichte zugunsten der Verwaltung einzuschränken. Insoweit besteht eine Parallele zur Beurteilung der Dienstunfähigkeit eines Beamten als Voraussetzung für seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Auch hier steht der Behörde kein Beurteilungsspielraum zu (vgl. Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 14 f.)

21

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht jedoch nicht auf diesem Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG. Das Oberverwaltungsgericht ist zwar im Obersatz davon ausgegangen, die Entscheidung der Beklagten über die gesundheitliche Eignung sei lediglich auf die Einhaltung der bei einem Beurteilungsspielraum allgemein anerkannten Grenzen überprüfbar. Im Gegensatz hierzu hat es aber zu deren Überprüfung eine umfangreiche Beweisaufnahme durchgeführt und aufgrund dieser die Begründung der Beklagten für die angebliche mangelnde gesundheitliche Eignung der Klägerin wesentlich ergänzt.

22

c) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, die Bewährung in gesundheitlicher Hinsicht erfordere, dass sich nach der prognostischen Einschätzung des Dienstherrn künftige Erkrankungen des Beamten und dauernde vorzeitige Dienstunfähigkeit mit einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit ausschließen lassen, ist mit Art. 33 Abs. 2 GG und demnach mit § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. unvereinbar. Diesen Prognosemaßstab hat der Senat in Bezug auf die Bewertung der gesundheitlichen Eignung von solchen Bewerbern aufgegeben, die die Ernennung zum Probebeamten beanspruchen (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 16). Gleiches muss für die Prognoseentscheidung gelten, ob Probebeamte für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit gesundheitlich geeignet sind. Maßgeblich sind folgende Erwägungen:

23

Das Lebenszeit- und das Alimentationsprinzip (Art. 33 Abs. 5 GG) verpflichten den Dienstherrn zur lebenslangen Versorgung der Ruhestandsbeamten. Daher verleihen sie dem Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten einen verfassungsrechtlichen Stellenwert. Durch die Festlegung der Höchstaltersgrenze für die Verbeamtung und der Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand bringen Gesetz- und Verordnungsgeber zum Ausdruck, welche Lebensdienstzeit angemessen ist, um die Altersversorgung zu erdienen. Dementsprechend kann der Dienstherr unter Berufung auf den gesundheitlichen Zustand des Bewerbers die Begründung eines Beamtenverhältnisses ablehnen, wenn absehbar ist, dass bei diesem das angemessene Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit voraussichtlich spürbar gestört sein wird. Dies ist der Fall, wenn der Beamte vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wird (Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 21). Gleiches gilt, wenn der Beamte zwar die gesetzliche Altersgrenze im Dienst erreichen wird, es aber absehbar ist, dass er wegen einer chronischen Erkrankung voraussichtlich regelmäßig erhebliche dem Dienstherrn in der Gesamtheit nicht zumutbare Ausfallzeiten aufweisen wird. Die wahrscheinlich erwartbaren Fehlzeiten müssen in der Summe ein Ausmaß erreichen, das einer Pensionierung wegen Dienstunfähigkeit etliche Jahre vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze gleichkommt. Es muss der Schluss gerechtfertigt sein, die Lebensdienstzeit sei erheblich verkürzt.

24

Der bisherige, vom Senat aufgegebene Prognosemaßstab stellt demgegenüber eine unverhältnismäßige Einschränkung des Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG auf Zugang zu einem öffentlichen Amt dar. Er hat in der Praxis dazu geführt, dass Bewerber und Probebeamte ohne Prüfung ihrer voraussichtlichen gesundheitlichen Entwicklung als ungeeignet angesehen worden sind, weil ihr Gesundheitszustand vom Regelzustand abgewichen ist oder sie in der Probezeit vorübergehend erkrankten. Dies ist insbesondere im Hinblick auf den langen, sich über Jahrzehnte erstreckenden Prognosezeitraum und die Unsicherheit medizinischer Prognosen angesichts des Art. 33 Abs. 2 GG unverhältnismäßig.

25

Solange der Gesetzgeber keinen kürzeren Prognosezeitraum bestimmt, ist maßgeblich für die Prognose, ob der Bewerber dauernd dienstunfähig oder aufgrund einer chronischen Erkrankung regelmäßig erhebliche Ausfallzeiten aufweisen wird, die Zeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze. Je nach Laufbahn kann sich die Prognose danach auf mehrere Jahrzehnte erstrecken. Die damit verbundenen Unwägbarkeiten werden noch durch die Komplexität von medizinisch fundierten Vorhersagen über den voraussichtlichen Verlauf einer Erkrankung verschärft. Dies gilt nicht nur in Bezug auf die Einschätzung der gesundheitlichen Entwicklung, sondern auch im Hinblick auf den medizinischen Fortschritt. Künftige Präventions- und Heilmethoden können zum Zeitpunkt der Eignungsprognose noch nicht in die Bewertung einbezogen werden. Vielfach ist auch die Wechselwirkung und damit Ursächlichkeit einzelner Faktoren für das Risiko schwerwiegender Symptombildungen noch nicht sicher erforscht. Zudem kann nach gegenwärtigem Erkenntnisstand auch nicht davon ausgegangen werden, der teilweise Ausfall der Lebensdienstzeit von Beamten sei in nennenswertem Umfang auf solche Krankheiten zurückzuführen, die zum Zeitpunkt der Einstellungsentscheidung vorhersehbar waren. Vielmehr geht dies regelmäßig auf erst nachträglich eingetretene Umstände zurück (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 16 ff.).

26

Daher kann der Dienstherr einem Bewerber die gesundheitliche Eignung für die angestrebte Laufbahn nur dann absprechen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt oder er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen (im Anschluss an das Urteil vom 25. Juli 2013). Dabei kann die gesundheitliche Eignung nur im Hinblick auf Erkrankungen, insbesondere chronische Erkrankungen verneint werden, nicht aber unter Berufung auf gesundheitliche Folgen, die mit dem allgemeinen Lebensrisiko, wie z.B. einem Unfall bei sportlichen Aktivitäten des Bewerbers, verbunden sind.

27

Ist zum Zeitpunkt der Begründung des Beamtenverhältnisses auf Probe oder auf Lebenszeit eine Erkrankung des Bewerbers bereits bekannt, so ist der Eintritt der dauernden Dienstunfähigkeit des Bewerbers vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze oder von regelmäßigen und erheblichen Ausfallzeiten über Jahre hinweg überwiegend wahrscheinlich, wenn für die Richtigkeit dieser Annahme nach objektiven Gesichtspunkten derart gewichtige Gründe sprechen, dass andere denkbare Möglichkeiten vernünftigerweise nicht maßgeblich in Betracht kommen.

28

Lassen sich vorzeitige dauernde Dienstunfähigkeit oder krankheitsbedingte erhebliche und regelmäßige Ausfallzeiten nach Ausschöpfen der zugänglichen Beweisquellen weder feststellen noch ausschließen ("non liquet"), so geht dies zu Lasten des Dienstherrn. Denn die Voraussetzungen für die Annahme der mangelnden gesundheitlichen Eignung eines Bewerbers im Sinne von § 31 Abs. 1 BBG a.F. sind nicht erfüllt.

29

Bloße Zweifel des Dienstherrn an der gesundheitlichen Eignung des Bewerbers, die den genannten Anforderungen nicht genügen, sind dagegen unerheblich. Soweit der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung für die Annahme mangelnder gesundheitlicher Eignung des Bewerbers auch "nachhaltige Zweifel" des Dienstherrn, insbesondere aufgrund von erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten, hat ausreichen lassen, wird diese aufgegeben (Urteil vom 18. Juli 2001 - BVerwG 2 A 5.00 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 60 S. 2 und Beschluss vom 16. September 1986 - BVerwG 2 B 92.86 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 39 S. 16 m.w.N.). Auch bei längeren oder wiederkehrenden krankheitsbedingten Fehlzeiten während der Probezeit ist auf der Grundlage aussagekräftiger ärztlicher Stellungnahmen zu klären, ob der Beamte wegen der diesen Fehlzeiten zugrundeliegenden Erkrankung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der Regelaltersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden muss. Gleiches gilt, wenn der Beamte erhebliche und regelmäßige Ausfallzeiten aufweisen wird.

30

Zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung müssen die körperlichen und psychischen Veranlagungen des Bewerbers festgestellt und deren Auswirkungen auf sein Leistungsvermögen bestimmt werden. Das individuelle Leistungsvermögen muss in Bezug zu den körperlichen Anforderungen der Dienstposten gesetzt werden, die den Statusämtern der betreffenden Laufbahn zugeordnet sind. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt.

31

Für die Prognose über die voraussichtliche Entwicklung des Gesundheitszustandes des Bewerbers muss in aller Regel ein Mediziner eine fundierte medizinische Tatsachenbasis auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und seiner Verfassung erstellen. Der Arzt muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit sowie für die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen. Er muss in seiner Stellungnahme Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, seine Untersuchungsmethoden erläutern und seine Hypothesen sowie deren Grundlage offen legen. Auf dieser Grundlage hat er unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des Bewerbers eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens zu treffen, die den Dienstherrn in die Lage versetzt, die Rechtsfrage der gesundheitlichen Eignung eigenverantwortlich zu beantworten (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 23).

32

Als Grundlage für die vom Dienstherrn oder vom Gericht zu treffende Entscheidung über die gesundheitliche Eignung eines Bewerbers reicht die nicht näher belegte Einschätzung eines Mediziners über den voraussichtlichen Verlauf der beim Bewerber bestehenden Erkrankung nicht aus. Sofern statistische Erkenntnisse über die gewöhnlich zu erwartende Entwicklung einer Erkrankung herangezogen werden sollen, sind diese nur verwertbar, wenn sie auf einer belastbaren Basis beruhen. Dafür muss über einen längeren Zeitraum hinweg eine signifikante Anzahl von Personen beobachtet worden sein. Zudem ist es bei der medizinischen Bewertung zu berücksichtigen, wenn der individuelle Krankheitsverlauf des Betroffenen Besonderheiten gegenüber den statistischen Erkenntnissen aufweist.

33

Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für das gesundheitliche Eignungsurteil übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe die zuständige Behörde und das Gericht angewiesen sind, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Die Behörde muss - ebenso wie das Gericht - die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen inhaltlich nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden. Im Hinblick auf die Verwertbarkeit der ärztlichen Stellungnahme muss geprüft werden, ob Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Arztes bestehen, dieser von zutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgegangen ist und die entscheidungserheblichen Fragen plausibel und nachvollziehbar abgehandelt hat. Gegebenenfalls muss darauf hingewirkt werden, dass der Arzt seine Ausführungen ergänzt, oder es ist ein weiterer Arzt, insbesondere ein Facharzt, einzuschalten (Urteile vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 22 f. und vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 11).

34

2. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts kann der Senat nicht entscheiden, ob die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ablaufs der Probezeit nach Maßgabe der dargelegten Grundsätze im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. gesundheitlich ungeeignet und deshalb zu entlassen war. Die mündlichen Erläuterungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. K. in der Berufungsverhandlung, denen das Oberverwaltungsgericht gefolgt ist, sind nicht verwertbar. Diese gutachtliche Stellungnahme leidet an rechtserheblichen Mängeln.

35

Ein Sachverständigengutachten kann seine Aufgabe, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln, nicht erfüllen, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (Urteil vom 19. Dezember 1968 - BVerwG 8 C 29.67 - BVerwGE 31, 149 <156>; Beschlüsse vom 10. März 1977 - BVerwG 6 B 38.76 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 21 S. 6 und vom 31. Oktober 2012 - BVerwG 2 B 33.12 - NVwZ-RR 2013, 115 Rn. 34). Dies gilt auch für mündliche Darlegungen eines Sachverständigen zur Erläuterung des schriftlichen Gutachtens nach § 411 Abs. 3 ZPO.

36

Nach diesen Grundsätzen konnte das Oberverwaltungsgericht seine Einschätzung, die Klägerin sei gesundheitlich nicht geeignet und sei deshalb zu Recht entlassen worden, nicht auf die lediglich mündlichen Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. K. in der Berufungsverhandlung stützen. Die Stellungnahme des Gutachters beruht insoweit auf einer erkennbar unzureichenden tatsächlichen Grundlage.

37

Zum einen hat dieser bei seinen mündlichen Ausführungen zum chronifizierten Schmerzsyndrom der Klägerin nicht gewürdigt, dass die Schmerzbehandlung mit Botox ab September 2006 erfolgreich war. Nach der Niederschrift über die letzte Berufungsverhandlung hat der Gutachter dort selbst ausgeführt, seine Feststellung eines chronifizierten Schmerzsyndroms wäre unrichtig, wenn bei der Klägerin eine Therapieform nachhaltig angeschlagen hätte. Zum anderen hätte der Gutachter vor seiner entscheidenden Aussage zum Vorliegen eines chronifizierten Schmerzsyndroms die Unterlagen des behandelnden Arztes einsehen müssen. Ohne Prüfung der Unterlagen über die intensive und lang andauernde Schmerztherapie war eine sachverständige Äußerung über das Schmerzsyndrom, das den Gutachter zur geänderten Beantwortung der ihm gestellten Beweisfrage veranlasst hat, nicht möglich.

38

Das Oberverwaltungsgericht hat nunmehr zu klären, ob die Klägerin zum Ablauf ihrer Probezeit neben der Bandscheibenerkrankung noch an einer weiteren Krankheit litt, die es in ihrer Gesamtheit als überwiegend wahrscheinlich machten, dass sie mit der Folge einer erheblich geringeren Lebensdienstzeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen sein oder über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen wird.

39

3. § 31 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. bestimmt, dass in dem hier gegebenen Fall des Satzes 1 Nr. 2 bei allein mangelnder gesundheitlicher Eignung § 42 Abs. 3 BBG a.F. sinngemäß anzuwenden ist. Auf diese Regelung, deren Verletzung zur Rechtswidrigkeit der Entlassungsverfügung führt, ist das Oberverwaltungsgericht im angegriffenen Urteil nicht eingegangen.

40

Die sinngemäße Anwendung dieser Vorschrift über die Versetzung eines Lebenszeitbeamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit auf den Fall der Entlassung eines Probebeamten wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung muss der gegenüber § 42 Abs. 3 BBG a.F. geänderten Ausgangslage Rechnung tragen. Bei einem dauernd dienstunfähigen Lebenszeitbeamten soll entsprechend dem Grundsatz "Weiterverwendung vor Versorgung" von der Zurruhesetzung abgesehen werden, wenn ihm ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. Demgegenüber kommt es für die anderweitige Verwendung eines Probebeamten darauf an, ob der Betroffene noch für einen ausreichend großen Teil der Dienstposten der gesamten bisherigen Laufbahn oder für eine andere Laufbahn, für die der Beamte die Befähigung besitzt oder voraussichtlich erwerben wird, mit insgesamt geringeren gesundheitlichen Anforderungen gesundheitlich geeignet ist. Die aus § 42 Abs. 3 BBG a.F. folgende Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 25 ff.) besteht im Einzelfall nicht, wenn ihr Zweck von vornherein nicht erreicht werden kann. Dies ist anzunehmen, wenn die Erkrankung des Beamten von solcher Art oder Schwere ist, dass dieser für sämtliche Dienstposten der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die der Beamte wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich ungeeignet ist. Auch diese Frage hat das Oberverwaltungsgericht im erneuten Berufungsverfahren zu klären, falls es erneut zu dem Ergebnis kommt, der Klägerin fehle die gesundheitliche Eignung.

41

4. Wird die gesundheitliche Eignung der Klägerin festgestellt, so ist nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. für die Entscheidung der Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung auch die fachliche Eignung der Klägerin während der Probezeit zu klären. Insoweit steht der Beklagten aber ein gerichtlich nur beschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.

42

5. Im erneuten Berufungsverfahren wird das Oberverwaltungsgericht auch über den gerichtlich geltend gemachten Anspruch der Klägerin auf Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit zu entscheiden haben, den es im angegriffenen Urteil nicht beschieden hat. Dieser Anspruch besteht, wenn feststeht, dass sich die Klägerin in der Probezeit bewährt hat.

43

Rechtsgrundlage dieses Anspruchs der Klägerin auf Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit ist § 9 Abs. 2 BBG a.F. (vgl. § 147 Abs. 2 Satz 1 BBG in der Fassung des Gesetzes zur Unterstützung der Fachkräftegewinnung im Bund und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 15. März 2012, BGBl I S. 462). Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BBG a.F. ist ein Beamtenverhältnis auf Probe spätestens nach fünf Jahren in ein solches auf Lebenszeit umzuwandeln, wenn der Beamte die beamtenrechtlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt, d.h. wenn er sich bewährt hat. Ansonsten ist er zu entlassen. Nach Satz 2 verlängert sich die Frist um die Zeit einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge. Der Anspruch setzt neben den Anforderungen des § 7 BBG a.F. die Vollendung des 27. Lebensjahres sowie die Bewährung des Probebeamten in der Probezeit voraus. Dagegen ist nicht von Bedeutung, ob eine entsprechende Planstelle frei ist.

44

Die Probezeit dient der Klärung der Frage der Bewährung des Probebeamten. Während dieser Zeit hat der Beamte seine allseitige Eignung, unter Einschluss der gesundheitlichen Eignung, für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nachzuweisen. Entsprechend diesem Zweck der Probezeit und der ihm obliegenden Fürsorgepflicht ist der Dienstherr gehalten, unverzüglich nach ihrem Ablauf eine Entscheidung über die Bewährung des Beamten zu treffen (Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit oder Entlassung) und damit zugleich dem Beamten Klarheit über seinen künftigen Berufsweg zu verschaffen (Urteil vom 24. November 1988 - BVerwG 2 C 24.87 - Buchholz 237.6 § 39 NdsLBG Nr. 7 S. 8).

45

Da für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit die Erkenntnisse bis zum Ablauf der Probezeit maßgeblich sind, ist der Beurteilungszeitpunkt des Verpflichtungsbegehrens mit dem der Anfechtungsklage gegen die Entlassungsverfügung identisch. Es können nur solche Umstände Eingang in die Entscheidung finden, die während der Probezeit bekannt geworden sind oder die zwar nach Ablauf der Probezeit eingetreten sind, aber Rückschlüsse auf die Bewährung des Beamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit zulassen (Urteil vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2 C 27.90 - BVerwGE 92, 147 <151 f.> = Buchholz 237.7 § 9 NWLBG Nr. 1 S. 5 m.w.N.).

(1) Beamtinnen und Beamte sind zu entlassen, wenn sie

1.
den Diensteid oder ein an dessen Stelle vorgeschriebenes Gelöbnis verweigern,
2.
nicht in den Ruhestand oder einstweiligen Ruhestand versetzt werden können, weil eine versorgungsrechtliche Wartezeit nicht erfüllt ist,
3.
dauernd dienstunfähig sind und das Beamtenverhältnis nicht durch Versetzung in den Ruhestand endet,
4.
die Entlassung in schriftlicher Form verlangen oder
5.
nach Erreichen der Altersgrenze berufen worden sind.
Im Fall des Satzes 1 Nr. 3 ist § 26 Abs. 2 entsprechend anzuwenden.

(2) Beamtinnen und Beamte können entlassen werden, wenn sie in Fällen des § 7 Abs. 2 die Eigenschaft als Deutsche oder Deutscher im Sinne des Artikels 116 Absatz 1 des Grundgesetzes verlieren.

(3) Beamtinnen auf Probe und Beamte auf Probe können entlassen werden,

1.
wenn sie eine Handlung begehen, die im Beamtenverhältnis auf Lebenszeit mindestens eine Kürzung der Dienstbezüge zur Folge hätte,
2.
wenn sie sich in der Probezeit nicht bewährt haben oder
3.
wenn ihr Aufgabengebiet bei einer Behörde von der Auflösung dieser Behörde oder einer auf landesrechtlicher Vorschrift beruhenden wesentlichen Änderung des Aufbaus oder Verschmelzung dieser Behörde mit einer anderen oder von der Umbildung einer Körperschaft berührt wird und eine andere Verwendung nicht möglich ist.
Im Fall des Satzes 1 Nr. 2 ist § 26 Abs. 2 bei allein mangelnder gesundheitlicher Eignung entsprechend anzuwenden.

(4) Beamtinnen auf Widerruf und Beamte auf Widerruf können jederzeit entlassen werden. Die Gelegenheit zur Beendigung des Vorbereitungsdienstes und zur Ablegung der Prüfung soll gegeben werden.

(1) Jeder Deutsche hat in jedem Lande die gleichen staatsbürgerlichen Rechte und Pflichten.

(2) Jeder Deutsche hat nach seiner Eignung, Befähigung und fachlichen Leistung gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amte.

(3) Der Genuß bürgerlicher und staatsbürgerlicher Rechte, die Zulassung zu öffentlichen Ämtern sowie die im öffentlichen Dienste erworbenen Rechte sind unabhängig von dem religiösen Bekenntnis. Niemandem darf aus seiner Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit zu einem Bekenntnisse oder einer Weltanschauung ein Nachteil erwachsen.

(4) Die Ausübung hoheitsrechtlicher Befugnisse ist als ständige Aufgabe in der Regel Angehörigen des öffentlichen Dienstes zu übertragen, die in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis stehen.

(5) Das Recht des öffentlichen Dienstes ist unter Berücksichtigung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums zu regeln und fortzuentwickeln.

Tatbestand

1

Die Klägerin, die als tarifbeschäftigte Lehrerin im Dienst des Beklagten steht, strebt die Übernahme in das Beamtenverhältnis an.

2

Die 1957 geborene Klägerin bestand im Juni 1987 die Zweite Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe II. Nach verschiedenen beruflichen Tätigkeiten außerhalb des Schuldienstes stellte der Beklagte sie zu Beginn des Schuljahres 2001/02 durch Abschluss eines Arbeitsvertrags als Lehrerin ein. Seitdem unterrichtet die Klägerin an einem Berufskolleg.

3

Nachdem das Bundesverwaltungsgericht durch Urteil vom 19. Februar 2009 - BVerwG 2 C 18.07 - die damaligen laufbahnrechtlichen Regelungen des Beklagten über Höchstaltersgrenzen für Lehrer für unwirksam erklärt hatte, stellte die Klägerin im Mai 2009 einen Antrag auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe. Daraufhin teilte die Bezirksregierung Arnsberg mit, sie werde über den Antrag entscheiden, wenn das Vorgehen von Verordnungsgeber und Ministerium feststehe. Am 18. Juli 2009 trat die neue Laufbahnverordnung des Beklagten in Kraft, in der die Höchstaltersgrenze auf das vollendete 40. Lebensjahr festgelegt wird. Im Hinblick darauf lehnte der Beklagte den Antrag ab. Das Verwaltungsgericht hat die Klage auf erneute Bescheidung des Übernahmeantrags mit im Wesentlichen folgender Begründung abgewiesen:

4

Nach den neuen laufbahnrechtlichen Regelungen über die Höchstaltersgrenze könne die Klägerin nicht verbeamtet werden. Zwar bestünden Bedenken gegen die Rechtswirksamkeit dieser Regelungen, weil nicht festgestellt werden könne, von welchen Erwägungen sich der Verordnungsgeber bei der Festlegung der Höchstaltersgrenze und der Ausnahmen habe leiten lassen. Das Gericht schließe sich jedoch aus Gründen der Rechtseinheitlichkeit der Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Münster an, das die Regelungen für rechtswirksam halte.

5

Der Verbleib der Klägerin im Tarifbeschäftigtenverhältnis stelle keine unbillige Härte dar. Die Klägerin habe ihren Antrag als Reaktion auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 19. Februar 2009 gestellt. Wie alle tarifbeschäftigten Lehrer, die daraufhin ihre Verbeamtung beantragt hätten, habe sie davon ausgehen müssen, dass der Verordnungsgeber eine neue Höchstaltersgrenze mit Geltung auch für die seit Februar 2009 gestellten Übernahmeanträge festlegen werde. Die Voraussetzungen für ein Wiederaufgreifen des früheren Einstellungsverfahrens lägen nicht vor.

6

Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Sprungrevision beantragt die Klägerin,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 10. November 2010 und den Bescheid der Bezirksregierung Arnsberg vom 29. September 2009 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin auf Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden.

7

Der Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Sprungrevision der Klägerin ist zulässig. Das Verwaltungsgericht hat sie in dem angefochtenen Urteil zugelassen; der Beklagte hat der Einlegung form- und fristgerecht zugestimmt (§ 134 Abs. 1 Satz 1 und 3 VwGO). Die Zulassung der Revision bindet den Senat; er hat nicht zu prüfen, ob der vom Verwaltungsgericht angenommene Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO gegeben ist.

9

Die Sprungrevision ist nicht begründet. Das Urteil des Verwaltungsgerichts verstößt nicht gegen revisibles Recht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO; § 127 Nr. 2 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG). Die hier anwendbaren laufbahnrechtlichen Regelungen über Höchstaltersgrenzen stehen in Einklang mit Verfassungs- und Unionsrecht. Sie schließen die Übernahme der Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Probe aus. Ein Wiederaufgreifen des 2001 bestandskräftig abgeschlossenen Einstellungsverfahrens kommt nicht in Betracht.

10

1. Die Klägerin kann die erneute Bescheidung ihres Übernahmeantrags nicht schon deshalb verlangen, weil zum Zeitpunkt der Antragstellung keine rechtswirksame Höchstaltersgrenze bestanden hat. Vielmehr ist das Klagebegehren nach den Regelungen über Höchstaltersgrenzen für Lehrer in der nordrhein-westfälischen Laufbahnverordnung in der Fassung vom 30. Juni 2009 - LVO NRW - (GV. NRW S. 381) zu beurteilen.

11

Der Erfolg einer Klage, mit der ein Anspruch auf Erlass eines Verwaltungsakts oder auf erneute Entscheidung darüber geltend gemacht wird, richtet sich nach dem materiellen Recht, das zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung auf den Sachverhalt anzuwenden ist. Aufgrund der Bindung an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 GG) haben die Gerichte bei der Beurteilung von Verpflichtungs- und Neubescheidungsbegehren Rechtsänderungen zu beachten, die während des behördlichen oder gerichtlichen Verfahrens in Kraft getreten sind, sofern das neue, zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung geltende Recht nichts anderes bestimmt. Durch seine Auslegung ist zu ermitteln, ob Verpflichtungs- und Neubescheidungsbegehren für bestimmte Fallkonstellationen noch nach dem aufgehobenen oder inhaltlich geänderten Recht zu beurteilen sind (stRspr; vgl. Urteile vom 31. März 2004 - BVerwG 8 C 5.03 - BVerwGE 120, 246 <250> = Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 20 S. 74 f. und vom 24. Juni 2004 - BVerwG 2 C 45.03 - BVerwGE 121, 140 <143 f.> = Buchholz 237.0 § 9 BaWüLBG Nr. 1 S. 4).

12

Dies gilt auch dann, wenn die Verwaltung den Erlass des beantragten Verwaltungsakts rechtswidrig abgelehnt hat, diese Entscheidung aber von einer danach in Kraft getretenen Rechtsänderung gedeckt wird. Auch hier kann das Verwaltungsgericht die Verwaltung nur dann zum Erlass des Verwaltungsakts oder zur erneuten Entscheidung darüber verurteilen, wenn das neue Recht für diese Fälle die Anwendung des alten Rechts anordnet oder einen Anspruch für derartige Fälle (sog. Folgenbeseitigungslast) einräumt (stRspr, vgl. Urteile vom 17. Dezember 1954 - BVerwG 5 C 97.54 - BVerwGE 1, 291 <295 f.> = Buchholz 332 § 72 MRVO 165 Nr. 2 S. 3 f., vom 6. März 1987 - BVerwG 8 C 65.84 - Buchholz 11 Art. 20 GG Nr. 99 S. 2, vom 18. Juni 1998 - BVerwG 2 C 20.97 - Buchholz 237.7 § 15 NWLBG Nr. 2 S. 2 und vom 24. Juni 2004 a.a.O. S. 143 f. bzw. S. 4).

13

Nach diesen Rechtsgrundsätzen sind die Regelungen über die Höchstaltersgrenze für Lehrer in der nordrhein-westfälischen Laufbahnverordnung in der Fassung vom 30. Juni 2009 auf alle Anträge auf Einstellung oder Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe anwendbar, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieser Rechtsverordnung am 18. Juli 2009 nicht bestandskräftig beschieden waren. Dementsprechend hängt der Erfolg einer Klage, mit der ein Anspruch auf rechtsfehlerfreie Entscheidung über die Verbeamtung als Lehrer geltend gemacht wird, davon ab, ob diese neuen Regelungen mit höherrangigem Recht vereinbar sind und im Falle ihrer Rechtswirksamkeit die Ablehnung des Einstellungs- oder Übernahmeantrags decken.

14

2. Die Regelungen der §§ 6, 52 Abs. 1 und § 84 Abs. 2 LVO NRW über Höchstaltersgrenzen für die Einstellung und Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe in einer Lehrerlaufbahn sind mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar.

15

a) Höchstaltersgrenzen für die Verbeamtung verwehren Bewerbern mit höherem Lebensalter den nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG eröffneten Zugang zum Beamtenverhältnis. Der in dieser Vorschrift verankerte hergebrachte Grundsatz des Berufsbeamtentums vermittelt Bewerbern um ein öffentliches Amt einen unbeschränkt und vorbehaltlos gewährleisteten Anspruch darauf, dass über die Bewerbung ausschließlich nach Kriterien entschieden wird, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung betreffen (stRspr; vgl. Urteil vom 17. August 2005 - BVerwG 2 C 37.04 - BVerwGE 124, 99 <102 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 32 Rn. 18 f.). Das Lebensalter kann nur dann ein leistungsbezogenes Kriterium darstellen, wenn daraus bei typisierender Betrachtung Schlussfolgerungen für die Erfüllung der Anforderungen des Dienstes gezogen werden können. Dies gilt z.B. für den Polizeivollzugs- und Feuerwehrdienst, nicht aber für die Tätigkeit als Lehrer. Daher knüpft der vom Lebensalter abhängige Zugang zu einer Lehrerlaufbahn an ein nicht durch Art. 33 Abs. 2 GG gedecktes Kriterium an (Urteile vom 19. Februar 2009 - BVerwG 2 C 18.07 - BVerwGE 133, 143 = Buchholz 237.7 § 15 NWLBG Nr. 6 und vom 24. September 2009 - BVerwG 2 C 31.08 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 44 Rn. 21).

16

Die Höchstaltersgrenze des nordrhein-westfälischen Laufbahnrechts kann als Einschränkung des Art. 33 Abs. 2 GG nur durch Interessen gerechtfertigt werden, die ihrerseits Verfassungsrang haben. Das Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten stellt ein solches Interesse dar. Es folgt aus den von Art. 33 Abs. 5 GG geschützten hergebrachten Grundsätzen des Lebenszeit- und des Alimentationsprinzips.

17

Das Lebenszeitprinzip soll eine integre, ausschließlich an Gesetz und Recht orientierte Amtsführung fördern, indem es die Beamten mit rechtlicher und wirtschaftlicher Sicherheit ausstattet. Zu diesem Zweck gewährleistet es die Struktur des Beamtenverhältnisses als ein auf Lebenszeit angelegtes Dienst- und Treueverhältnis, den Schutz der auf Lebenszeit berufenen Beamten vor Entlassung sowie im Zusammenwirken mit dem Alimentationsprinzip die amtsangemessene Besoldung und lebenslange Versorgung (BVerfG, Beschluss vom 28. Mai 2008 - 2 BvL 11/07 - BVerfGE 121, 205 <221 f.>; BVerwG, Vorlagebeschluss vom 27. September 2007 - BVerwG 2 C 21.06, 26.06 und 29.07 - BVerwGE 129, 272 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 5 GG Nr. 90).

18

Die Beamten haben Persönlichkeit und Arbeitskraft dem Dienstherrn grundsätzlich während des gesamten Berufslebens zur Verfügung zu stellen. Diese Dienstleistungspflicht steht in einem engen sachlichen Zusammenhang mit der lebenslang zu gewährenden Alimentation. Beamte erdienen ihre Altersversorgung durch die Dienstleistung, d.h. während der Dienstzeit. Die Dienstbezüge sind im Hinblick auf die künftigen Versorgungsansprüche niedriger festgesetzt. Der Dienstherr behält einen fiktiven Anteil ein, um die Versorgung zu finanzieren (BVerfG, Urteile vom 6. März 2002 - 2 BvL 17/99 - BVerfGE 105, 73 <115> und vom 27. September 2005 - 2 BvR 1387/02 - BVerfGE 114, 258 <298>).

19

Nach dem Alimentationsprinzip richtet sich die Versorgung der Ruhestandsbeamten nach dem letzten Amt. Der amtsangemessene Lebenszuschnitt soll auch im Ruhestand erhalten bleiben. Der Gesetzgeber darf die Maßgeblichkeit des letzten Amtes an eine Mindestverweildauer in diesem Amt von höchstens zwei Jahren knüpfen (BVerfG, Beschluss vom 20. März 2007 - 2 BvL 11/04 - BVerfGE 117, 372 <384 f.>). Des Weiteren erstreckt sich auch im Ruhestand die Alimentation nach Art. 33 Abs. 5 GG auf die Gewährung von Beihilfen als Hilfeleistungen in Krankheits- und Pflegefällen und bezieht die Hinterbliebenenversorgung ein.

20

Diese durch Art. 33 Abs. 5 GG geschützte Ausstattung der Altersversorgung und ihr Zusammenhang mit der auf das gesamte Berufsleben ausgerichteten Dienstleistungspflicht der Beamten verleiht dem Interesse an angemessen langen Lebensdienstzeiten vor dem Eintritt in den Ruhestand einen verfassungsrechtlichen Stellenwert. Es folgt aus dem Lebenszeit- und Alimentationsprinzip, die die lebenslange Versorgung der Ruhestandsbeamten gewährleisten (Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <153> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 19 und vom 19. Februar 2009 a.a.O. Rn. 10).

21

b) Es ist Sache des Dienstherrn festzulegen, welche Lebensdienstzeit er für angemessen hält, um die Altersversorgung zu erdienen. Diese Zeit wird zum einen durch die gesetzliche Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand begrenzt. Bei ihrer Festlegung steht dem Gesetzgeber ein weiter Einschätzungsspielraum zu. Sie ist das Ergebnis gesundheits-, finanz-, arbeitsmarkt- und personalpolitischer Erwägungen wie etwa zu dem Umfang der staatlichen Aufgaben, der Entwicklung der Versorgungslasten oder der Altersstrukturen des öffentlichen Dienstes (BVerfG, Beschluss vom 10. Dezember 1985 - 2 BvL 18/83 - BVerfGE 71, 255 <269>; BVerwG, Urteil vom 17. Dezember 2008 - BVerwG 2 C 26.07 - BVerwGE 133, 25 = Buchholz 239.1 § 53 BeamtVG Nr. 17, jeweils Rn. 13). Tritt der Beamte vor Erreichen des dafür vorgesehenen Alters in den Ruhestand, ist das Gleichgewicht zwischen Dienst und Ruhestand verschoben, weil dem Dienstherrn die Arbeitskraft des Beamten zu früh verloren geht (stRspr; vgl. nur Urteil vom 17. Dezember 2008 a.a.O. Rn. 10 f.).

22

Die Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand kann aber ein ausgewogenes Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit für sich genommen nicht sicherstellen. Hierfür bedarf es zusätzlich einer Höchstaltersgrenze für Einstellung und Übernahme in das Beamtenverhältnis. Beide Altersgrenzen verfolgen dieselbe Zielsetzung, sodass sich die für ihre Rechtfertigung bedeutsamen Erwägungen decken.

23

Allerdings wird der Einschätzungsspielraum bei der Festlegung der Höchstaltersgrenze durch den in Art. 33 Abs. 2 GG verankerten Leistungsgrundsatz erheblich eingeschränkt. In den Fällen, in denen aus dem Lebensalter der Bewerber keine Rückschlüsse auf Eignung, Befähigung und fachliche Leistung gezogen werden können, muss der Zugang zum Beamtenverhältnis auch für ältere Bewerber mit außergewöhnlichem beruflichen Werdegang oder Lebensweg offen gehalten werden. Gleiches gilt für Bewerber, deren Berufsausbildung sich aus anerkennenswerten Gründen verzögert hat. Den Angehörigen dieser Gruppen muss bei typisierender Betrachtung eine realistische Chance eröffnet werden, nach leistungsbezogenen Kriterien Zugang zum Beamtenverhältnis zu erhalten. Daher darf sich eine Höchstaltersgrenze nicht ausschließlich an demjenigen Zeitraum orientieren, der üblicherweise benötigt wird, um die laufbahnrechtlich vorgeschriebenen Schul- und Fachausbildungen zu absolvieren. Vielmehr muss sie zusätzlich einen großzügig bemessenen zeitlichen Korridor für Einstellung und Übernahme belassen. Davon ausgehend kann die Höchstaltersgrenze umso niedriger festgelegt werden, je weiter die vorgesehenen Ausnahmen, d.h. die Möglichkeiten einer Anhebung, reichen (Urteil vom 19. Februar 2009 a.a.O. Rn. 22).

24

Die Dienstzeit von ungefähr zwanzig Jahren, die derzeit erforderlich ist, um das nach fünf Dienstjahren gewährte Mindestruhegehalt zu erdienen, stellt eine Orientierungshilfe, aber keine bindende Vorgabe für die Bestimmung der Höchstaltersgrenze dar. Es ist nicht ausgeschlossen, ein Lebensalter als Höchstaltersgrenze festzulegen, das niedriger liegt als dasjenige, das sich aus dem Ruhestandsalter abzüglich einer Dienstzeit von zwanzig Jahren ergibt. Dies folgt aus dem Zweck der Höchstaltersgrenze, der lebenslangen amtsangemessenen Versorgung eine angemessene Lebensdienstzeit gegenüberzustellen (Urteil vom 19. Februar 2009 a.a.O. Rn. 20).

25

Bei der Festlegung der Höchstaltersgrenze kann außer Betracht bleiben, dass Renten, die Bewerber aufgrund ihrer Berufszeiten erwerben, im Ruhestand teilweise auf die Versorgung angerechnet würden (vgl. § 55 Abs. 2 BeamtVG). Denn diese Zeiten erhöhen andererseits den Versorgungsanspruch, wenn sie ruhegehaltfähige Vordienstzeiten darstellen. Dies ist bei beruflichen Vordienstzeiten von Lehrern im öffentlichen Schuldienst der Fall (vgl. § 11 Nr. 1 Buchst. b BeamtVG).

26

Der Gesetzgeber kann die Festlegung der Höchstaltersgrenze dem Verordnungsgeber übertragen. Dem Vorbehalt des Parlamentsgesetzes genügt eine gesetzliche Ermächtigung, die wie § 5 Abs. 1 Satz 1 LBG NRW i.d.F. vom 21. April 2009 (GV. NRW S. 224) der Landesregierung als Verordnungsgeber die Befugnis zum Erlass von Regelungen über die Laufbahnen der Beamten überträgt. Sie umfasst alle Regelungsmaterien, die herkömmlicherweise zum Laufbahnwesen der Beamten zählen. Hierzu gehören Regelungen über Höchstaltersgrenzen (Urteil vom 19. Februar 2009 a.a.O. Rn. 11). Es obliegt dann dem Verordnungsgeber, die Gewährleistung des leistungsbezogenen Zugangs zum Beamtenverhältnis in einen angemessenen Ausgleich mit dem Interesse des Dienstherrn an einer möglichst langen Lebensdienstzeit zu bringen.

27

c) Nach § 6 Abs. 1 und § 52 Abs. 1 LVO NRW darf als Laufbahnbewerber in den Laufbahnen für Lehrer an Schulen in das Beamtenverhältnis auf Probe nur eingestellt oder übernommen werden, wer das 40. Lebensjahr noch nicht vollendet hat. Nach § 6 Abs. 2 LVO NRW darf diese Altersgrenze im Umfang der Verzögerung, höchstens um bis zu sechs Jahre überschritten werden, wenn sich die Einstellung oder Übernahme wegen der Ableistung einer Dienstpflicht nach Art. 12a GG, der Teilnahme an einem freiwilligen sozialen Jahr, der Geburt eines Kindes, der tatsächlichen Betreuung eines Kindes unter 18 Jahren oder der tatsächlichen Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen verzögert hat. Nach § 6 Abs. 3 LVO NRW liegt die Höchstaltersgrenze für schwerbehinderte und ihnen gleichgestellte behinderte Menschen beim vollendeten 43. Lebensjahr.

28

Nach § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LVO NRW können Ausnahmen für einzelne Fälle oder Gruppen von Fällen zugelassen werden, wenn der Dienstherr ein erhebliches dienstliches Interesse daran hat, Bewerber als Fachkräfte zu gewinnen oder zu behalten. Nach § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO NRW können Ausnahmen für einzelne Fälle zugelassen werden, wenn sich nachweislich der berufliche Werdegang aus von dem Bewerber nicht zu vertretenden Gründen in einem Maß verzögert hat, das die Anwendung der Höchstaltersgrenze unbillig erscheinen ließe.

29

Dieses Regelungswerk stellt in seiner Gesamtheit einen verhältnismäßigen Ausgleich der widerstreitenden, durch Art. 33 Abs. 2 und 5 GG geschützten Belange dar:

30

Die Altersgrenze des vollendeten 40. Lebensjahres eröffnet in ausreichendem Maß auch Bewerbern mit außergewöhnlichem beruflichen Werdegang oder Lebensweg die Möglichkeit, nach Maßgabe des Art. 33 Abs. 2 GG als Lehrer verbeamtet zu werden. Die Lehrerausbildung kann bei einem Beginn des Studiums im Alter von ungefähr zwanzig Lebensjahren und einem regelmäßigen Verlauf von Studium und Vorbereitungsdienst deutlich vor der Vollendung des 30. Lebensjahres abgeschlossen werden. Davon ausgehend besteht nunmehr ein zeitlicher Korridor von mehr als zehn Jahren für die Verbeamtung von Bewerbern, die entweder die vorgeschriebene Schulbildung auf dem zweiten Bildungsweg erworben oder aber vor, während oder nach der Lehrerausbildung andere berufliche Tätigkeiten ausgeübt haben. Erheblich bessere Chancen auf die Verbeamtung haben insbesondere Bewerber, deren Antrag nach Abschluss des Vorbereitungsdienstes wegen eines Stellenengpasses abgelehnt wurde.

31

Hinzu kommt, dass der Verordnungsgeber durch die nach § 6 Abs. 2 LVO NRW vorgesehenen Erhöhungen der Höchstaltersgrenze Verzögerungen Rechnung getragen hat, die sich aus der Erfüllung anerkannter gesellschaftlicher und familiärer Pflichten ergeben. Die zusätzlich gewährten Zeiträume reichen angesichts der Grenze des vollendeten 40. Lebensjahres aus.

32

Die Ausnahmeregelung des § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LVO NRW genügt dem rechtsstaatlichen Gebot der Normenklarheit. Sie erscheint geeignet, die Einstellungspraxis inhaltlich zu steuern und die Entwicklung eines schwer durchschaubaren Erlasswesens der Verwaltung (vgl. Urteil vom 19. Februar 2009 a.a.O. Rn. 27) künftig zu verhindern:

33

Der Verordnungsgeber hat den Begriff des erheblichen dienstlichen Interesses im Sinne von § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 LVO NRW inhaltlich konkretisiert. Nach dem Wortlaut des Satzes 1 bezieht sich das Interesse darauf, Bewerber als Fachkräfte zu gewinnen oder zu behalten. Nach Satz 2 liegt es insbesondere vor, wenn die Ausnahmeerteilung zur Sicherstellung der Erledigung der öffentlichen Aufgabe erforderlich ist. Diese normativen Erläuterungen lassen den Schluss zu, dass die Schulverwaltung die Altersgrenze nur hinausschieben kann, um Lehrermangel vorzubeugen oder zu begegnen.

34

Da die Bewerber die Bedarfssituation in aller Regel weder kennen noch ermitteln können, folgen aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 und Art. 33 Abs. 2 GG Darlegungspflichten der Schulverwaltung: Sie muss ihre Einschätzung, dass Lehrermangel in dem Tätigkeitsbereich des Bewerbers weder besteht noch droht, für das jeweilige Schuljahr nachvollziehbar belegen. Will sie trotz Lehrermangels keine Ausnahme machen, muss sie darlegen, dass die generellen Einstellungskriterien und deren Anwendung in Einklang mit Art. 33 Abs. 2 GG stehen.

35

Auch die Ausnahmeregelung des § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO NRW ist hinreichend bestimmt. Als Härtefallklausel erfasst sie ganz außergewöhnlich gelagerte Sachverhalte, die die Ablehnung der Verbeamtung unerträglich erscheinen lassen. Das Oberverwaltungsgericht Münster hält die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift sowie eine Ermessensreduktion auf Null zutreffend für gegeben, wenn ein Übernahmebegehren bereits vor Erlass des Urteils des Senats vom 19. Februar 2009 (a.a.O.) gestellt und wegen der Unwirksamkeit der damaligen Regelungen über die Höchstaltersgrenze rechtswidrig abgelehnt worden, der ablehnende Bescheid aber bis zum Inkrafttreten der neuen Regelungen nicht bestandskräftig geworden ist (OVG Münster, Urteil vom 27. Juli 2010 - 6 A 858/07 - NVwZ-RR 2010, 992 <994 f.>).

36

Nach dem Wortlaut des § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO NRW trifft die Bewerber eine Nachweisobliegenheit. Dies bedeutet, dass sie tatsächliche Umstände aus dem persönlichen Lebensbereich, aus denen sie Verzögerung und Unbilligkeit herleiten, substanziiert darzulegen und gegebenenfalls nachzuweisen haben.

37

Ein außergewöhnlicher beruflicher Werdegang oder Lebensweg kann für sich genommen die Unbilligkeit der Anwendung der Höchstaltersgrenze regelmäßig nicht begründen. Dies entspräche nicht dem Verordnungszweck, weil diesen Gründen bereits durch die Anhebung der Höchstaltersgrenze auf die Vollendung des 40. Lebensjahres Rechnung getragen wird.

38

Dem Verordnungsgeber kann auch nicht als Rechtsfehler angelastet werden, er habe die widerstreitenden Belange vor Erlass der Laufbahnverordnung vom 30. Juni 2009 nicht hinreichend abgewogen oder den Abwägungsvorgang nicht offengelegt. Die Begründung des Verordnungsentwurfs lässt erkennen, dass sich die Landesregierung bewusst war, bei der Verfolgung des Interesses an einer möglichst langen Lebensdienstzeit wegen der Auswirkungen der Höchstaltersgrenze auf die verfassungsrechtlich geschützten Zugangschancen zum Beamtenverhältnis Zurückhaltung üben zu müssen. Dies wird durch ihre Antwort auf eine Kleine Anfrage belegt. Daraus geht hervor, dass die Landesregierung die Höchstaltersgrenze auf die Vollendung des 40. Lebensjahres angehoben hat, um auch älteren Bewerbern mit besonderen Berufsbiographien eine Einstellungschance zu eröffnen (LTDrucks 14/10580, S. 2).

39

Der Verordnungsgeber war nicht verpflichtet, der Entscheidung über die Höchstaltersgrenze statistische Erhebungen oder Berechnungen über die Auswirkungen unterschiedlicher Festlegungen auf die Versorgungslasten zugrunde zu legen. Denn bei der Festlegung der Höchstaltersgrenze handelt es sich um eine Abwägungsentscheidung mit im Wesentlichen feststehenden Vorgaben: Je niedriger die Höchstaltersgrenze ist, desto länger ist typischerweise die Lebensdienstzeit, in der die Altersversorgung erdient werden kann. Davon ausgehend steht dem Verordnungsgeber ein Einschätzungsspielraum zu, den er im Hinblick auf Art. 33 Abs. 2 GG so ausüben muss, dass der leistungsbezogene Zugang zum Beamtenverhältnis auch für Bewerber mit außergewöhnlichem beruflichen Werdegang oder Lebensweg über einen längeren Zeitraum möglich bleibt und anerkannte Verzögerungsgründe durch eine angemessene Erhöhung des Zugangsalters berücksichtigt werden.

40

Außerdem kann das Interesse des Dienstherrn an der Schaffung und Erhaltung ausgewogener Altersstrukturen einer Laufbahn die Beschränkung des durch Art. 33 Abs. 2 GG geschützten Zugangsrechts durch eine Höchstaltersgrenze rechtfertigen. Es kann dahingestellt bleiben, ob dies hier der Fall ist. Zweifel sind angebracht, weil der Beklagte Bewerber, die er trotz Überschreitung der Höchstaltersgrenze als Lehrer gewinnen will, als Tarifbeschäftigte einstellt (Urteil vom 19. Februar 2009 a.a.O. Rn. 21).

3. Die Regelungen der §§ 6, 52 Abs. 1 und § 84 Abs. 2 LVO NRW sind auch mit der
Richtlinie 2000/78/EG
des Rates der Europäischen Union vom 27. November 2000 - RL - (
ABl L 303/16
) und dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz vom 14. August 2006 - AGG - (BGBl I S. 1897) vereinbar, das diese Richtlinie in das nationale Recht umsetzt.Höchstaltersgrenzen für den Zugang zu einem Beruf oder einem beruflichen Status stellen eine Ungleichbehandlung wegen des Alters dar (Art. 1, Art. 2 Abs. 1 und Abs. 2 Buchst. a und Art. 3 Abs. 1 RL; § 7 i.V.m
§ 1
,
§ 2
Abs. 1 Nr. 1 und 2 und
§ 3 Abs. 1 Satz 1 AGG
).
43

Nach § 10 Satz 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist. Nach Satz 2 müssen die Mittel zur Erreichung des Ziels angemessen und erforderlich sein. Diese Regelungen stimmen inhaltlich mit Art. 6 Abs. 1 Satz 1 RL überein. Die Auslegung dieser Vorschrift durch den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) ist wegen des Anwendungsvorrangs des Unionsrechts für die Auslegung des § 10 Satz 1 und 2 AGG verbindlich.

44

Legitime Ziele im Sinne von § 10 Satz 1 AGG können sich insbesondere aus den Bereichen Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung ergeben; daneben kommt jedes weitere sozialpolitische Ziel in Betracht (EuGH, Urteil vom 13. September 2011 - C-447/09, Prigge u.a. - NJW 2011, 3209 ). Die Mitgliedstaaten verfügen über einen weiten Spielraum bei der Wahl der Maßnahmen, die sie zur Erreichung eines legitimen Ziels für erforderlich halten. Die Wahl kann auf politischen, wirtschaftlichen, sozialen, demografischen oder fiskalischen Erwägungen beruhen, wobei letztere für sich allein nicht ausreichen (EuGH, Urteil vom 21. Juli 2011 - Rs. C 159/10 und 160/10, Fuchs und Köhler - NVwZ 2011, 1249 ). Die Angemessenheit und Erforderlichkeit einer Maßnahme ist nachgewiesen, wenn sie im Hinblick auf das verfolgte Ziel nicht unvernünftig erscheint und auf Beweismittel gestützt ist, deren Beweiskraft das nationale Gericht zu beurteilen hat (EuGH, Urteil vom 21. Juli 2011 a.a.O. Rn. 83). Somit ist § 10 AGG Ausdruck des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit (Urteil vom 19. Februar 2009 a.a.O. Rn. 15).

45

Das Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten, das der Höchstaltersgrenze nach § 6 Abs. 1 und § 52 Abs. 1 LVO NRW zugrunde liegt, stellt ein legitimes Ziel im Sinne von § 10 Satz 1 AGG dar. Die Berechtigung dieser Erwägung ergibt sich aus dem Zusammenhang zwischen der Dienstleistung der Beamten und den Versorgungsleistungen im Ruhestand. Wie unter 2.a) dargelegt, erdienen Beamte die lebenslang zu gewährende Versorgung während der aktiven Zeit. Die unionsrechtliche Anerkennung des daraus folgenden Interesses an einer adäquaten Lebensdienstzeit wird durch Art. 6 Abs. 1 Satz 2 Buchst. c RL (§ 10 Satz 3 Nr. 3 AGG) belegt, wonach Ungleichbehandlungen wegen des Alters insbesondere die Festlegung eines Höchstalters für die Einstellung aufgrund der Notwendigkeit einer angemessenen Beschäftigungszeit vor dem Eintritt in den Ruhestand einschließen. Eine Höchstaltersgrenze für den Zugang zum Beamtenverhältnis stellt dem Grunde nach ein geeignetes und erforderliches Mittel dar, um eine angemessene, die Versorgung rechtfertigende Lebensdienstzeit sicherzustellen.

46

Die Höchstaltersgrenze des vollendeten 40. Lebensjahres nach § 6 Abs. 1 und § 52 Abs. 1 LVO NRW ist in Anbetracht des unionsrechtlich anerkannten weiten Spielraums des Verordnungsgebers auch angemessen im Sinne von § 10 Satz 2 AGG. Insoweit kann auf die Ausführungen unter 2.c) zur Verhältnismäßigkeit dieser Höchstaltersgrenze verwiesen werden.

47

4. Die Rechtswirksamkeit der Regelungen der nordrhein-westfälischen Laufbahnverordnung vom 30. Juni 2009 hängt nicht davon ab, ob die Vorschriften über die Beteiligung der Spitzenorganisationen der zuständigen Gewerkschaften und Berufsverbände bei der Vorbereitung eingehalten wurden (§ 53 BeamtStG; 94 Abs. 1 LBG NRW). Dies folgt daraus, dass diese Beteiligung nicht Bestandteil des Normsetzungsverfahrens ist (Beschluss vom 25. Oktober 1979 - BVerwG 2 N 1.78 - BVerwGE 59, 48 = Buchholz 237.5 § 110 HessBG Nr. 1).

48

5. Auf der Grundlage der auf ihren Fall anwendbaren Regelungen über die Höchstaltersgrenze nach § 6 Abs. 1 und 2, § 52 Abs. 1 und § 84 Abs. 2 LVO NRW kann die Klägerin keine erneute Entscheidung über die Verbeamtung verlangen. Sie hatte die neue Höchstaltersgrenze des vollendeten 40. Lebensjahres bereits bei Antragstellung um mehrere Jahre überschritten. Aus den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass wegen einer Verzögerung nach § 6 Abs. 2 LVO NRW eine höhere Altersgrenze gilt.

49

Auch die Voraussetzungen einer Ausnahme nach § 84 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 LVO NRW liegen nicht vor. Die Anwendung der neuen Höchstaltersgrenze begründet keine unbillige Härte. Die Klägerin konnte nicht darauf vertrauen, dass der Verordnungsgeber nach dem Urteil des Senats vom 19. Februar 2009 (a.a.O.) keine neue Höchstaltersgrenze einführen oder die nach diesem Urteil gestellten Übernahmeanträge generell von deren Geltung ausnehmen würde. Für eine derartige Ausnahme hat kein Anlass bestanden, weil der Senat eine Höchstaltersgrenze grundsätzlich für zulässig erklärt hatte.

50

Der Beklagte hat die Bescheidung des Übernahmeantrags auch nicht unangemessen lange hinausgezögert. Er hat der Klägerin unverzüglich nach Eingang des Übernahmeantrags mitgeteilt, darüber erst zu entscheiden, wenn die neue Rechtslage feststehe. Die Klägerin musste mit der Einführung einer neuen Höchstaltersgrenze rechnen. Der Beklagte hat die ablehnende Entscheidung innerhalb von drei Monaten nach Inkrafttreten der neuen laufbahnrechtlichen Regelungen am 18. Juli 2009 getroffen.

51

Das Unterlassen der Beteiligung der Gleichstellungsbeauftragten an der behördlichen Entscheidung über den Übernahmeantrag ist jedenfalls nach § 46 VwVfG NRW unbeachtlich, weil feststeht, dass die Beteiligung die Entscheidung nicht hätte beeinflussen können. Die Ablehnung des Übernahmeantrags der Klägerin war durch § 6 Abs. 1 und 2, § 52 Abs. 1 und § 84 Abs. 2 LVO NRW zwingend vorgegeben.

52

6. Ein Wiederaufgreifen des früheren, nach den bindenden tatsächlichen Feststellungen des Verwaltungsgerichts im Jahr 2001 bestandskräftig abgeschlossenen Einstellungsverfahrens kommt nicht in Betracht.

53

Ein Anspruch der Klägerin auf Wiederaufgreifen nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 VwVfG NRW besteht nicht, weil sich die Sach- und Rechtslage nicht nachträglich zu ihren Gunsten geändert hat. Hierfür ist eine Änderung des materiellen Rechts erforderlich, die dem bestandskräftigen Verwaltungsakt die rechtliche Grundlage entzieht. Dies ist regelmäßig nur bei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung der Fall, die eine Regelung für einen noch nicht abgeschlossenen Zeitraum treffen (stRspr; Urteile vom 29. November 1979 - BVerwG 3 C 103.79 - BVerwGE 59, 148 <159 f.> = Buchholz 451.81 § 6a AWG Nr. 3 S. 19 f., vom 14. März 1984 - BVerwG 6 C 107.82 - BVerwGE 69, 90 <92 f.> = Buchholz 448.0 § 25 WPflG Nr. 146 S. 56 f. und vom 15. Januar 2009 - BVerwG 8 C 3.08 - Buchholz 428 § 4 Abs. 2 VermG Nr. 32 Rn. 16 f.). Die Regelungen über die Höchstaltersgrenze in der nordrhein-westfälischen Laufbahnverordnung vom 30. Juni 2009 lassen die Ablehnung der Verbeamtung der Klägerin im Jahr 2001 unberührt.

54

Ein Anspruch der Klägerin auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über das Wiederaufgreifen nach § 51 Abs. 5 und § 48 Abs. 1 VwVfG NRW besteht nicht, weil ein Wiederaufgreifen nach dem ermessenslenkenden ministeriellen Erlass vom 30. Juli 2009 nur zugunsten von Bewerbern möglich ist, die bei Antragstellung die neue, gegebenenfalls nach § 6 Abs. 2 oder Abs. 3 LVO NRW erhöhte Höchstaltersgrenze noch nicht überschritten haben. Dies ist bei der Klägerin nicht der Fall.

Gründe

1

Die Beschwerde der Klägerin hat mit der Maßgabe Erfolg, dass der Rechtsstreit gemäß § 133 Abs. 6 VwGO zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist. Die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO liegen vor, weil das Berufungsurteil auf dem von der Klägerin geltend gemachten Verstoß gegen die gerichtliche Aufklärungspflicht (§ 86 Abs. 1 VwGO) beruhen kann.

2

1. Nach Bestehen der Zweiten Staatsprüfung für die Laufbahn der Realschullehrerin im Dezember 1997 war die 1967 geborene Klägerin bis Ende August 2005 als angestellte Lehrkraft tätig. Aufgrund eines amtsärztlichen Gutachtens, wonach mit hinreichender Wahrscheinlichkeit angenommen werden könne, dass sie gesundheitlich in der Lage sein werde, die Tätigkeit als Lehrkraft dauernd auszuüben, ernannte das Land Schleswig-Holstein die Klägerin mit Wirkung vom 1. September 2005 unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Lehrerin zur Anstellung. Im Hinblick auf ihre noch zweifelhafte gesundheitliche Eignung wurde ihre Probezeit mehrfach verlängert, zuletzt bis Ende Februar 2010. Im Juli 2010 entließ der Beklagte die Klägerin mit Ablauf des Monats September 2010 wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe. Auch die erneute amtsärztliche Untersuchung vom März 2010 bescheinige ein erhebliches Übergewicht. Damit könnten eine vorzeitige Dienstunfähigkeit oder vermehrte Dienstausfallzeiten nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden. In der Entlassungsverfügung bot der Beklagte der Klägerin zugleich zum Oktober 2010 ein unbefristetes Beschäftigungsverhältnis an. Das Verwaltungsgericht hat den Ausgangs- sowie den Widerspruchsbescheid aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, über die Ernennung der Klägerin zur Beamtin auf Lebenszeit erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Die Klage auf Verpflichtung des Beklagten, die Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu berufen, hat es dagegen abgewiesen. Auf die Berufung des Beklagten hat das Oberverwaltungsgericht die Klage insgesamt abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

3

Die gesundheitliche Eignung könne schon dann nicht festgestellt werden, wenn die Möglichkeit künftiger Erkrankungen oder des Eintritts dauernder Dienstunfähigkeit nicht mit einem hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden könne. Insoweit sei dem Dienstherrn eine Beurteilungsermächtigung eingeräumt, sodass die Prognose nur eingeschränkt nachprüfbar sei. In Bezug auf die Überprüfung der Prognoseentscheidung sei grundsätzlich von der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung auszugehen. Nach diesen Grundsätzen sei die Prognose des Beklagten, die Möglichkeit des Eintritts der dauernden Dienstunfähigkeit der Klägerin könne nicht mit dem dafür erforderlichen hohen Grad an Wahrscheinlichkeit ausgeschlossen werden, nicht zu beanstanden. Aufgrund des erheblichen Übergewichts (Body-Mass-Index 37,5 kg/qm) und besonders des stammbetonten Fettverteilungsmusters sei von einem deutlich erhöhten Risiko bezüglich der Entwicklung von Herz-, Kreislauf- und Stoffwechselerkrankungen, Erkrankungen des Stütz- und Bewegungsapparates sowie Krebserkrankungen auszugehen.

4

2. Der Rechtssache kommt nicht die grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu, die ihr die Beschwerde beimisst.

5

Die Klägerin sieht die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in den Fragen:

"Ist die Adipositas mit einem bestimmten BMI-Wert als 'Indikator' für die gesundheitliche Eignung von Bewerbern für das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit geeignet?"

"Ist es zulässig, bei der Klärung der gesundheitlichen Eignung von Bewerbern für das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit, die eine körperliche Veranlagung haben wie Adipositas, auf allgemeine wissenschaftliche Erfahrungswerte abzustellen, obwohl das Ausmaß der gesundheitlichen Risiken sich nach Alter, Geschlecht und anderen Merkmalen wesentlich unterscheidet?"

"Ist eine körperliche Anlage (wie die Adipositas), die aktuell zwar keine Beeinträchtigung bei der Berufsausübung zur Folge hat, wohl aber Risiken im Hinblick auf die dauerhafte gesundheitliche Eignung, als Behinderung jedenfalls im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG anzusehen?"

"Unter welchen Voraussetzungen darf, sofern Adipositas als Behinderung anzusehen ist, bei einer solchen Behinderung die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit abgelehnt werden?"

"Ist es, ggf. unter welchen Voraussetzungen, zulässig, einem behinderten Bewerber wegen fehlender gesundheitlicher Eignung die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit zu versagen?"

6

Grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine - vom Beschwerdeführer zu bezeichnende - grundsätzliche, bisher höchstrichterlich nicht beantwortete Rechtsfrage aufwirft, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder einer Weiterentwicklung des Rechts revisionsgerichtlicher Klärung bedarf und die für die Entscheidung des Revisionsgerichts erheblich sein wird (stRspr; u.a. Beschluss vom 2. Oktober 1961 - BVerwG 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91 f.> = Buchholz 310 § 132 VwGO Nr. 18 S. 21 f.). Die Grundsatzrügen der Klägerin erfüllen diese Voraussetzungen nicht.

7

Die erste Frage kann die Zulassung der Revision wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache nicht rechtfertigen, weil sie keine Rechtsfrage, sondern eine Tatsachenfrage betrifft. Ihr Gegenstand sind die tatsächlichen Voraussetzungen, unter denen die im Obersatz des Oberverwaltungsgerichts genannten Anforderungen für die Annahme der mangelnden gesundheitlichen Eignung einer Beamtin auf Probe als erfüllt anzusehen sind. Aufgabe der Revision nach § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist es aber lediglich, im Interesse der Fortbildung des Rechts oder seiner einheitlichen Auslegung und Anwendung eine Rechtsfrage zum revisiblen Recht zu klären (Urteil vom 31. Juli 1984 - BVerwG 9 C 46.84 - BVerwGE 70, 24 <25 f.> = Buchholz 402.25 § 32 AsylVfG Nr. 4 S. 7 f.).

8

Die zweite Frage hat keine grundsätzliche Bedeutung, weil sie nicht entscheidungserheblich ist. Die gesundheitliche Eignung einer Beamtenbewerberin ist nicht aufgrund eines Vergleichs verschiedener Personengruppen oder verschiedener gesundheitlicher Risiken zu beurteilen. Vielmehr kommt es darauf an, ob für die jeweilige Bewerberin die Prognose gestellt werden kann, sie werde vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt oder sie werde bis dahin über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen. Dies kommt insbesondere bei Angehörigen einer Risikogruppe in Betracht, die an einer Krankheit leiden, aufgrund derer das Risiko, wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt zu werden oder regelmäßig krankheitsbedingt auszufallen, deutlich erhöht ist. Eine im Einzelfall negative Prognose kann nicht durch den Verweis in Frage gestellt werden, eine andere Personengruppe, wie etwa Männer mit einem gegenüber einer adipösen Frau um nahezu 50 % höheren Sterberisiko, sei ungerechtfertigt besser gestellt als die Gruppe von adipösen Frauen (Beschluss vom 4. April 2013 - BVerwG 2 B 87.12 - juris Rn. 9).

9

Auch wenn die Verwaltungspraxis bei der beamtenrechtlichen Eignungsprüfung bestimmte Risiken entgegen den wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht berücksichtigen oder unterschätzen sollte, kann dies nicht dazu führen, dass auch andere Risiken außer Acht gelassen werden müssen. Die Klägerin fordert die Gleichbehandlung mit einer aus ihrer Sicht zu Unrecht bevorzugten Personengruppe. Nach allgemeiner Ansicht kann aber eine sachlich nicht gerechtfertigte Verwaltungspraxis keine Ansprüche auf Gleichheit im Unrecht begründen (BVerfG, Beschlüsse vom 17. März 1959 - 1 BvR 53/56 - BVerfGE 9, 213 <223> und vom 17. Januar 1979 - 1 BvL 25/77 - BVerfGE 50, 142 <166>; Urteil vom 27. Juni 1991 - 2 BvR 1493/89 - BVerfGE 84, 239 <284>; BVerwG, Urteil vom 26. Februar 1993 - BVerwG 8 C 20.92 - BVerwGE 92, 153 <157> = Buchholz 448.0 § 21 WPflG Nr. 47 S. 15).

10

Die Fragen drei bis fünf rechtfertigen die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung nicht, weil sie nicht entscheidungserheblich sind. Sie würden sich in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen. Im Übrigen sind diese Fragen in der neueren Rechtsprechung des Senats für Personen, die, wie die Klägerin, weder schwerbehindert noch Schwerbehinderten nach § 2 Abs. 3 SGB IX gleichgestellt sind, auch geklärt (Urteil vom 25. Juli 2013 - BVerwG 2 C 12.11 - juris Rn. 41 ff. = IÖD 2014, 2).

11

Das Oberverwaltungsgericht ist durch den Verweis auf das Urteil des OVG Lüneburg vom 31. Juli 2012 - 5 LB 33/11 - (ZBR 2012, 414 Rn. 68 ff.) von der Rechtsprechung des EuGH zum Begriff der Behinderung im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf ausgegangen. Danach schließt der Begriff "Behinderung" einen Zustand ein, der durch eine ärztlich diagnostizierte heilbare oder unheilbare Krankheit verursacht wird, wenn diese Krankheit eine Einschränkung mit sich bringt, die insbesondere auf physische, geistige oder psychische Beeinträchtigungen zurückzuführen ist, die in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren den Betreffenden an der vollen und wirksamen Teilhabe am Berufsleben, gleichberechtigt mit den anderen Arbeitnehmern, hindern können, und wenn diese Einschränkung von langer Dauer ist (EuGH, Urteil vom 11. Juli 2006 - Rs. C-13/05, Navas - Slg. 2006, I-6467 Rn. 41, vgl. auch EuGH, Urteil vom 11. April 2013 - Rs. C-335/11 und C-337/11 - juris Rn. 41).

12

Ausgehend von diesem Begriffsverständnis ist das Oberverwaltungsgericht bei Würdigung der konkreten Umstände des Falles zu dem Ergebnis gekommen, dass die bei der Klägerin festgestellte Adipositas 2. Grades keine Behinderung im Sinne des Art. 3 Abs. 3 Satz 2 GG und des § 1 AGG darstellt, der die Richtlinie 2000/78/EG in nationales Recht umsetzt. Da die Klägerin insoweit keine Verfahrensrügen erhoben hat, müsste im Revisionsverfahren davon ausgegangen werden, dass die Klägerin nicht im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG behindert ist.

13

3. Auch die Divergenzrüge (§ 127 Nr. 1 BRRG, § 63 Abs. 3 Satz 2 BeamtStG) ist unbegründet.

14

Eine die Revision eröffnende Divergenz ist nur dann im Sinne des § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Bezugsentscheidung eines anderen Oberverwaltungsgerichts aufgestellten ebensolchen, seine Entscheidung tragenden Rechtssatz in Anwendung derselben Vorschrift widersprochen hat. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.

15

Zunächst betreffen das Berufungsurteil und die von der Beschwerde angeführte Bezugsentscheidung unterschiedliche Fallgestaltungen. Gegenstand des angegriffenen Urteils ist die auf § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG gestützte Entlassung einer Beamtin auf Probe wegen mangelnder Bewährung in der Probezeit. Dagegen ist Gegenstand des Urteils des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim vom 31. Mai 2011 - 4 S 187/10 - die von der dortigen Klägerin beanspruchte Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Probe. Ferner bezieht sich die von der Beschwerde gerügte - angebliche - Abweichung nicht auf einen abstrakten, die Entscheidung tragenden richterrechtlichen Rechtssatz. Sie betrifft vielmehr die tatsächliche Frage, welche Bedeutung der Body-Mass-Index eines Bewerbers für seine Bewährung in gesundheitlicher Hinsicht im Sinne von § 10 Satz 1 und § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG hat und ab welchem BMI-Wert der Bewerber wegen seines Unter- oder Übergewichts als gesundheitlich ungeeignet anzusehen ist. Dass es auch bei der Zulassung der Revision wegen Divergenz nach § 127 Nr. 1 BRRG um Rechtsfragen geht, kommt im Wortlaut der Norm zum Ausdruck ("in der Rechtsfrage").

16

Ohnehin sind die beiden Entscheidungen in tatsächlicher Hinsicht nicht miteinander vergleichbar. Nach den nicht mit Verfahrensrügen angegriffenen und deshalb nach § 137 Abs. 2 VwGO bindenden tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts hatte die Klägerin zum Ende der Probezeit einen BMI von 37,5 kg/qm und war deshalb der Gruppe Adipositas 2. Grades zuzurechnen. Demgegenüber bezieht sich die von der Beschwerde herangezogene Aussage des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim in seinem Urteil vom 31. Mai 2011 zum Zusammenhang zwischen dem Body-Mass-Index und einem erhöhten kardiovaskulären Risiko auf einen BMI von knapp über 30 kg/qm (Adipositas 1. Grades).

17

4. Begründet ist aber die Verfahrensrüge, das Oberverwaltungsgericht habe bei der Ablehnung des Hilfsbeweisantrags der Klägerin auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Klärung der Bedeutung der Verteilung des Körperfetts eines an Adipositas leidenden Menschen für seine zukünftige gesundheitliche Entwicklung gegen die ihm nach § 86 Abs. 1 VwGO obliegende Pflicht zur Aufklärung des entscheidungserheblichen Sachverhalts verstoßen.

18

Das Oberverwaltungsgericht hat zur Begründung ausgeführt, dem hilfsweise gestellten Beweisantrag müsse nicht nachgegangen werden, weil es auf die Frage der Tauglichkeit der Verteilung des Körperfetts als alleiniges Ausschlusskriterium nicht ankomme. Das amtsärztliche Gutachten vom März 2010, auf das der Beklagte seine negative Prognose gestützt habe, beruhe auf der Zusammenschau der bei der Klägerin festgestellten Adipositas 2. Grades mit einem BMI von 37,5 kg/qm einerseits sowie dem stammbetonten Fettverteilungsmuster andererseits.

19

Auch wenn zwei Aspekte in ihrer Zusammenschau zur Begründung einer Schlussfolgerung herangezogen werden, muss die Aussagekraft jede der beiden Gesichtspunkte wissenschaftlich belegt sein. Mit dem Beweisantrag wurde jedoch gerade geltend gemacht, für die als problematisch bewertete Verteilung des Körperfetts gebe es noch kein allgemein anerkanntes Messverfahren, sodass die vom Beklagten hinsichtlich der Klägerin angenommene ungünstige Fettverteilung tatsächlich zweifelhaft sei.

20

Zudem beruht die Begründung des Oberverwaltungsgerichts auf rechtlichen Annahmen, die nach der neueren Rechtsprechung des Senats überholt sind (Urteile vom 25. Juli 2013 - BVerwG 2 C 12.11 - juris und vom 30. Oktober 2013 - BVerwG 2 C 16.12 -, jeweils zur Veröffentlichung in den Entscheidungssammlungen BVerwGE und Buchholz vorgesehen).

21

Zunächst steht der Behörde bei der Bewertung der gesundheitlichen Eignung einer Probebeamtin zum Ablauf ihrer Probezeit kein Beurteilungsspielraum zu. Einer Beamtin auf Probe fehlt die gesundheitliche Eignung für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, sie werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt. Die gesundheitliche Eignung fehlt auch, wenn sie mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen wird. Ferner ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung der Probebeamtin der Ablauf der Probezeit, nicht der Zeitpunkt des Erlasses der letzten Verwaltungsentscheidung.

22

Für die vom Gericht in vollem Umfang zu überprüfende Prognose über die voraussichtliche Entwicklung des Gesundheitszustandes einer Bewerberin muss in aller Regel ein Mediziner eine fundierte medizinische Tatsachenbasis auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und seiner Verfassung erstellen. Der Arzt muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit sowie für die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen. Er muss in seiner Stellungnahme Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, seine Untersuchungsmethoden erläutern und seine Hypothesen sowie deren Grundlage offen legen. Auf dieser Grundlage hat er unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand der Bewerberin eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens zu treffen, die den Dienstherrn in die Lage versetzt, die Rechtsfrage der gesundheitlichen Eignung eigenverantwortlich zu beantworten.

23

Als Grundlage für die vom Dienstherrn oder vom Gericht zu treffende Entscheidung über die gesundheitliche Eignung einer Bewerberin reicht die nicht näher belegte Einschätzung eines Mediziners über den voraussichtlichen Verlauf der bei einer Bewerberin bestehenden Erkrankung nicht aus. Sofern statistische Erkenntnisse über die gewöhnlich zu erwartende Entwicklung einer Erkrankung herangezogen werden sollen, sind diese nur verwertbar, wenn sie auf einer belastbaren Basis beruhen. Dafür muss über einen längeren Zeitraum hinweg eine signifikante Anzahl von Personen beobachtet worden sein. Zudem ist es bei der medizinischen Bewertung zu berücksichtigen, wenn der individuelle Krankheitsverlauf der Betroffenen Besonderheiten gegenüber den statistischen Erkenntnissen aufweist.

24

Beim erneuten Berufungsverfahren hat das Oberverwaltungsgericht nicht nur die vorstehend dargelegten neuen Grundsätze der Urteile des Senats vom 25. Juli und vom 30. Oktober 2013 zu beachten. Es wird auch zu berücksichtigen haben, dass der Dienstherr bei unveränderter Sachlage an seine Bewertung der gesundheitlichen Eignung vor Begründung des Probebeamtenverhältnisses gebunden ist. War die Erkrankung einer Probebeamtin bereits vor der Begründung dieses Beamtenverhältnisses bekannt, so darf der Dienstherr die gesundheitliche Eignung der Beamtin bei der anstehenden Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit nur dann im Hinblick auf diese Erkrankung verneinen, wenn sich die Grundlagen ihrer Bewertung inzwischen geändert haben (Urteil vom 30. Oktober 2013 - BVerwG 2 C 16.12 -). Das ärztliche Gutachten vom 8. August 2005, aufgrund dessen die Klägerin zur Beamtin auf Probe ernannt wurde, war von einem Amtsarzt erstellt worden, der dem Bereich des Beklagten zuzurechnen ist.

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Entlassung aus dem Beamtenverhältnis auf Probe und beansprucht ihre Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit.

2

Am 1. Dezember 1997 berief die Beklagte die 1964 geborene Klägerin in das Beamtenverhältnis auf Probe. Mit Wirkung vom 1. April 2000 stellte sie die Klägerin an und ernannte sie zur Verwaltungsrätin. Die Klägerin leistete von Anfang 1999 bis Anfang Februar 2005 keinen Dienst. Sie befand sich nach der Geburt ihrer Kinder im Mutterschutz, im Erziehungsurlaub und in der Elternzeit.

3

Nach dem Ende der Elternzeit war die Klägerin von Anfang Februar 2005 bis Ende 2006 wegen der Folgewirkungen zweier Bandscheibenvorfälle dienstunfähig erkrankt. Im Hinblick hierauf verlängerte die Beklagte die Probezeit bis Mitte September 2007. Nachdem die Klägerin von Anfang Januar bis Anfang April 2007 im Rahmen ihrer stufenweisen Wiedereingliederung nur teilweise gearbeitet hatte, leistete sie ab April 2007 wieder vollständig Dienst.

4

Die Beklagte entließ die Klägerin mit Ablauf des 31. Dezember 2007 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe. Die gesundheitliche Eignung der Klägerin sei nicht nachgewiesen. Die bis zum Ablauf der Probezeit verbliebene Dienstzeit reiche nicht aus, um ihre gesundheitliche Eignung zuverlässig festzustellen.

5

In der Berufungsinstanz hat das Oberverwaltungsgericht die erstinstanzlich erfolgreiche Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

6

Die gerichtlich nur beschränkt überprüfbare prognostische Einschätzung der Beklagten, die Klägerin sei aus gesundheitlichen Gründen für die Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht geeignet, sei aufgrund der Beweisaufnahme nicht zu beanstanden. Die Klägerin sei während ihrer verlängerten Probezeit nahezu zwei Jahre ununterbrochen dienstunfähig erkrankt gewesen. Zum einen habe die Klägerin ab Anfang 2005 mehrere Bandscheibenvorfälle erlitten. Zum anderen hätten diese zu einem chronifizierten Schmerzsyndrom mit selbstständigem Krankheitswert geführt. Diese beiden Diagnosen schlössen eine positive gesundheitliche Eignungsprognose zum Ablauf der Probezeit der Klägerin aus.

7

Hiergegen wendet sich die vom Senat zugelassene Revision der Klägerin, mit der sie die Verletzung formellen und materiellen Rechts rügt. Sie beantragt,

das Urteil des Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg vom 5. September 2011 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. Juni 2009 zurückzuweisen.

8

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist mit der Maßgabe begründet, dass das Berufungsurteil aufzuheben und die Sache an das Oberverwaltungsgericht zurückzuverweisen ist (§ 144 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 VwGO). Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts verletzt § 31 des Bundesbeamtengesetzes in der Fassung des Gesetzes zur Neuordnung des Bundesdisziplinarrechts vom 9. Juli 2001 (- BBG a.F. -, BGBl I S. 1510). Ob es sich aus anderen Gründen im Ergebnis als richtig darstellt (§ 144 Abs. 4 VwGO), kann der Senat mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht entscheiden.

10

1. Nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. kann ein Beamter auf Probe wegen mangelnder Bewährung (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung) entlassen werden. Auch die fehlende gesundheitliche Eignung stellt einen Entlassungsgrund dar. Dies folgt zudem aus Art. 33 Abs. 2 GG, dessen Kriterien § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. übernimmt. Geeignet ist nach Art. 33 Abs. 2 GG nur derjenige, der dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist (BVerfG, Beschlüsse vom 21. Februar 1995 - 1 BvR 1397/93 - BVerfGE 92, 140 <151> und vom 20. April 2004 - 1 BvR 838/01 u.a. - BVerfGE 110, 304 <322>; BVerwG, Urteil vom 25. Juli 2013 - 2 C 12.11 - Rn. 10 ). Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr daher immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O.).

11

Obwohl § 31 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. davon spricht, dass ein Beamter auf Probe entlassen werden "kann", ist der Behörde hinsichtlich der Entlassung eines Probebeamten, der sich in der Probezeit nicht bewährt hat, kein Ermessen eröffnet. Nach § 7 Abs. 8 Satz 1 der Bundeslaufbahnordnung (- BLV a.F. -) in der hier maßgeblichen Fassung der Bekanntmachung vom 2. Juli 2002 (BGBl I S. 2459) werden Beamtinnen und Beamte, die sich nicht bewährt haben, entlassen. Das Wort "kann" trägt lediglich dem Gesichtspunkt Rechnung, dass die Probezeit, wie hier geschehen, zu verlängern ist, wenn die Bewährung oder Nichtbewährung des Beamten noch nicht endgültig festgestellt worden ist (Urteile vom 24. November 1988 - BVerwG 2 C 24.87 - Buchholz 237.6 § 39 Nds. LBG Nr. 7 S. 6; vom 19. März 1998 - BVerwG 2 C 5.97 - BVerwGE 106, 263 <271> = Buchholz 237.6 § 39 Nds. LBG Nr. 9 S. 7 und vom 3. Dezember 1998 - BVerwG 2 C 26.97 - BVerwGE 108, 64 <70> = Buchholz 111 Art. 20 EV Nr. 4 S. 15).

12

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der gesundheitlichen Eignung eines Probebeamten ist der Ablauf der Probezeit, nicht der Zeitpunkt des Erlasses der letzten Verwaltungsentscheidung. Dies folgt aus dem materiellen Recht, das auch bestimmt zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen erfüllt sein müssen (stRspr; vgl. Urteile vom 17. Oktober 1989 - BVerwG 9 C 58.88 - Buchholz 402.25 § 5 AsylVfG Nr. 8 S. 9, vom 31. März 2004 - BVerwG 8 C 5.03 - BVerwGE 120, 246 <250> = Buchholz 428 § 4 Abs. 3 VermG Nr. 20 S. 74 f. und vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 11).

13

Die Vorschrift des § 31 Abs. 1 Satz 1 BBG a.F. über die Entlassung von Beamten auf Probe wegen mangelnder Bewährung (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung) steht im Zusammenhang mit § 9 BBG a.F., der die Voraussetzungen für die Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit festlegt. Danach darf Beamter auf Lebenszeit u.a nur werden, wer sich als Laufbahnbewerber oder als anderer Bewerber (§ 7 Abs. 1 Nr. 3 BBG a.F.) in einer Probezeit bewährt hat. Ferner schreibt § 7 Abs. 3 Satz 1 BLV a.F. vor, dass vor Ablauf der Probezeit festgestellt wird, ob der Beamte sich bewährt hat.

14

Aus diesen Bestimmungen folgt, dass in die Entscheidung des Dienstherrn über die gesundheitliche Bewährung des Probebeamten, nur solche Umstände Eingang finden, die während der Probezeit bekannt geworden sind oder die zwar nach Ablauf dieser Zeit eingetreten sind, aber Rückschlüsse auf die Bewährung des Beamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit zulassen (Urteil vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2 C 27.90 - BVerwGE 92, 147 <150 ff.> = Buchholz 237.7 § 9 NWLBG Nr. 1 S. 5).

15

War die Erkrankung eines Probebeamten bereits vor der Begründung dieses Beamtenverhältnisses bekannt, so darf der Dienstherr die gesundheitliche Eignung des Beamten bei der anstehenden Ernennung zum Beamten auf Lebenszeit nur dann im Hinblick auf diese Erkrankung verneinen, wenn sich die Grundlagen ihrer Bewertung inzwischen geändert haben. Bei unveränderter Sachlage ist der Dienstherr an seine Bewertung der gesundheitlichen Eignung vor Begründung des Probebeamtenverhältnisses gebunden.

16

a) Ohne Verstoß gegen revisibles Recht hat das Oberverwaltungsgericht entschieden, trotz der Anstellung der Klägerin zum 1. April 2000 habe die Beklagte zum Ablauf der verlängerten Probezeit Mitte September 2007 noch über deren gesundheitliche Eignung befinden können. Mit der Anstellung der Klägerin war nicht die Feststellung ihrer Bewährung in der Probezeit verbunden, die die gesundheitliche Eignung mit umfasst. Ist die Anstellung wegen Kindererziehungszeiten vorgezogen worden, so ist nach § 10 Abs. 3 Satz 6 BLV a.F. die vorgeschriebene Probezeit ungeachtet der Anstellung abzuleisten. Die Regel des § 10 Abs. 2 Satz 1 BLV a.F. findet dann keine Anwendung.

17

b) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, der Beklagten stehe hinsichtlich der Frage der gesundheitlichen Eignung der Klägerin ein Beurteilungsspielraum zu, ist mit Art. 19 Abs. 4 und Art. 33 Abs. 2 GG sowie § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. nicht vereinbar.

18

Die Voraussetzungen, denen ein Bewerber in gesundheitlicher Hinsicht genügen muss, um sich durch die erfolgreiche Ableistung der Probezeit zu bewähren, ergeben sich aus den körperlichen Anforderungen, die der Beamte erfüllen muss, um die Ämter seiner Laufbahn wahrnehmen zu können. Der Dienstherr legt diese Anforderungen in Ausübung seiner Organisationsgewalt fest; subjektive Rechte der Beamten werden hierdurch grundsätzlich nicht berührt. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist (Urteile vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 22 und vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 12). Für die vergleichende fachliche Eignung der Bewerber steht dem Dienstherrn ein Beurteilungsspielraum zu, der vor allem die Gewichtung der leistungsbezogenen Auswahlkriterien des Art. 33 Abs. 2 GG umfasst (Urteile vom 28. Oktober 2004 - BVerwG 2 C 23.03 - BVerwGE 122, 147 <150 f.> = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 30 S. 17 und vom 4. November 2010 - BVerwG 2 C 16.09 - BVerwGE 138, 102 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 47 jeweils Rn. 45).

19

Demgegenüber ist dem Dienstherrn kein Beurteilungsspielraum hinsichtlich der Frage eröffnet, ob der Bewerber den laufbahnbezogenen festgelegten Voraussetzungen in gesundheitlicher Hinsicht genügt. Über die gesundheitliche Eignung von Bewerbern im Sinne von Art. 33 Abs. 2 GG haben letztverantwortlich die Verwaltungsgerichte zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Wertungen des Dienstherrn gebunden zu sein. Insoweit sind die Voraussetzungen, unter denen eine Einschränkung der aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG folgenden Letztentscheidungsbefugnis der Verwaltungsgerichte für die Auslegung und Anwendung normativer Regelungen anzunehmen ist, nicht erfüllt (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 24 ff.).

20

Die prognostische Beurteilung, ob der Bewerber den gesundheitlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn voraussichtlich genügen wird, ist aufgrund einer fundierten medizinischen Tatsachengrundlage zu treffen. Auf dieser Basis können sich die Verwaltungsgerichte im gleichen Maße ein eigenverantwortliches Urteil über die voraussichtliche gesundheitliche Entwicklung des Bewerbers und über die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen bilden wie die zuständige Behörde. Können die Verwaltungsgerichte mit sachkundiger Hilfe ihrer Aufgabe gerecht werden, die entscheidungsrelevanten tatsächlichen Umstände festzustellen und rechtlich zu bewerten, besteht kein Anlass, die gerichtliche Kontrolldichte zugunsten der Verwaltung einzuschränken. Insoweit besteht eine Parallele zur Beurteilung der Dienstunfähigkeit eines Beamten als Voraussetzung für seine vorzeitige Versetzung in den Ruhestand. Auch hier steht der Behörde kein Beurteilungsspielraum zu (vgl. Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 14 f.)

21

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts beruht jedoch nicht auf diesem Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 i.V.m. Art. 33 Abs. 2 GG. Das Oberverwaltungsgericht ist zwar im Obersatz davon ausgegangen, die Entscheidung der Beklagten über die gesundheitliche Eignung sei lediglich auf die Einhaltung der bei einem Beurteilungsspielraum allgemein anerkannten Grenzen überprüfbar. Im Gegensatz hierzu hat es aber zu deren Überprüfung eine umfangreiche Beweisaufnahme durchgeführt und aufgrund dieser die Begründung der Beklagten für die angebliche mangelnde gesundheitliche Eignung der Klägerin wesentlich ergänzt.

22

c) Die Auffassung des Oberverwaltungsgerichts, die Bewährung in gesundheitlicher Hinsicht erfordere, dass sich nach der prognostischen Einschätzung des Dienstherrn künftige Erkrankungen des Beamten und dauernde vorzeitige Dienstunfähigkeit mit einem hohen Grad der Wahrscheinlichkeit ausschließen lassen, ist mit Art. 33 Abs. 2 GG und demnach mit § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. unvereinbar. Diesen Prognosemaßstab hat der Senat in Bezug auf die Bewertung der gesundheitlichen Eignung von solchen Bewerbern aufgegeben, die die Ernennung zum Probebeamten beanspruchen (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 16). Gleiches muss für die Prognoseentscheidung gelten, ob Probebeamte für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit gesundheitlich geeignet sind. Maßgeblich sind folgende Erwägungen:

23

Das Lebenszeit- und das Alimentationsprinzip (Art. 33 Abs. 5 GG) verpflichten den Dienstherrn zur lebenslangen Versorgung der Ruhestandsbeamten. Daher verleihen sie dem Interesse des Dienstherrn an einem ausgewogenen zeitlichen Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit der Beamten einen verfassungsrechtlichen Stellenwert. Durch die Festlegung der Höchstaltersgrenze für die Verbeamtung und der Altersgrenze für den Eintritt in den Ruhestand bringen Gesetz- und Verordnungsgeber zum Ausdruck, welche Lebensdienstzeit angemessen ist, um die Altersversorgung zu erdienen. Dementsprechend kann der Dienstherr unter Berufung auf den gesundheitlichen Zustand des Bewerbers die Begründung eines Beamtenverhältnisses ablehnen, wenn absehbar ist, dass bei diesem das angemessene Verhältnis von Lebensdienstzeit und Ruhestandszeit voraussichtlich spürbar gestört sein wird. Dies ist der Fall, wenn der Beamte vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt wird (Urteil vom 23. Februar 2012 - BVerwG 2 C 76.10 - BVerwGE 142, 59 = Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 54 jeweils Rn. 21). Gleiches gilt, wenn der Beamte zwar die gesetzliche Altersgrenze im Dienst erreichen wird, es aber absehbar ist, dass er wegen einer chronischen Erkrankung voraussichtlich regelmäßig erhebliche dem Dienstherrn in der Gesamtheit nicht zumutbare Ausfallzeiten aufweisen wird. Die wahrscheinlich erwartbaren Fehlzeiten müssen in der Summe ein Ausmaß erreichen, das einer Pensionierung wegen Dienstunfähigkeit etliche Jahre vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze gleichkommt. Es muss der Schluss gerechtfertigt sein, die Lebensdienstzeit sei erheblich verkürzt.

24

Der bisherige, vom Senat aufgegebene Prognosemaßstab stellt demgegenüber eine unverhältnismäßige Einschränkung des Rechts aus Art. 33 Abs. 2 GG auf Zugang zu einem öffentlichen Amt dar. Er hat in der Praxis dazu geführt, dass Bewerber und Probebeamte ohne Prüfung ihrer voraussichtlichen gesundheitlichen Entwicklung als ungeeignet angesehen worden sind, weil ihr Gesundheitszustand vom Regelzustand abgewichen ist oder sie in der Probezeit vorübergehend erkrankten. Dies ist insbesondere im Hinblick auf den langen, sich über Jahrzehnte erstreckenden Prognosezeitraum und die Unsicherheit medizinischer Prognosen angesichts des Art. 33 Abs. 2 GG unverhältnismäßig.

25

Solange der Gesetzgeber keinen kürzeren Prognosezeitraum bestimmt, ist maßgeblich für die Prognose, ob der Bewerber dauernd dienstunfähig oder aufgrund einer chronischen Erkrankung regelmäßig erhebliche Ausfallzeiten aufweisen wird, die Zeit bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze. Je nach Laufbahn kann sich die Prognose danach auf mehrere Jahrzehnte erstrecken. Die damit verbundenen Unwägbarkeiten werden noch durch die Komplexität von medizinisch fundierten Vorhersagen über den voraussichtlichen Verlauf einer Erkrankung verschärft. Dies gilt nicht nur in Bezug auf die Einschätzung der gesundheitlichen Entwicklung, sondern auch im Hinblick auf den medizinischen Fortschritt. Künftige Präventions- und Heilmethoden können zum Zeitpunkt der Eignungsprognose noch nicht in die Bewertung einbezogen werden. Vielfach ist auch die Wechselwirkung und damit Ursächlichkeit einzelner Faktoren für das Risiko schwerwiegender Symptombildungen noch nicht sicher erforscht. Zudem kann nach gegenwärtigem Erkenntnisstand auch nicht davon ausgegangen werden, der teilweise Ausfall der Lebensdienstzeit von Beamten sei in nennenswertem Umfang auf solche Krankheiten zurückzuführen, die zum Zeitpunkt der Einstellungsentscheidung vorhersehbar waren. Vielmehr geht dies regelmäßig auf erst nachträglich eingetretene Umstände zurück (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 16 ff.).

26

Daher kann der Dienstherr einem Bewerber die gesundheitliche Eignung für die angestrebte Laufbahn nur dann absprechen, wenn tatsächliche Anhaltspunkte die Annahme rechtfertigen, er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen dauernder Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand versetzt oder er werde mit überwiegender Wahrscheinlichkeit bis zur Pensionierung über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen und deshalb eine erheblich geringere Lebensdienstzeit aufweisen (im Anschluss an das Urteil vom 25. Juli 2013). Dabei kann die gesundheitliche Eignung nur im Hinblick auf Erkrankungen, insbesondere chronische Erkrankungen verneint werden, nicht aber unter Berufung auf gesundheitliche Folgen, die mit dem allgemeinen Lebensrisiko, wie z.B. einem Unfall bei sportlichen Aktivitäten des Bewerbers, verbunden sind.

27

Ist zum Zeitpunkt der Begründung des Beamtenverhältnisses auf Probe oder auf Lebenszeit eine Erkrankung des Bewerbers bereits bekannt, so ist der Eintritt der dauernden Dienstunfähigkeit des Bewerbers vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze oder von regelmäßigen und erheblichen Ausfallzeiten über Jahre hinweg überwiegend wahrscheinlich, wenn für die Richtigkeit dieser Annahme nach objektiven Gesichtspunkten derart gewichtige Gründe sprechen, dass andere denkbare Möglichkeiten vernünftigerweise nicht maßgeblich in Betracht kommen.

28

Lassen sich vorzeitige dauernde Dienstunfähigkeit oder krankheitsbedingte erhebliche und regelmäßige Ausfallzeiten nach Ausschöpfen der zugänglichen Beweisquellen weder feststellen noch ausschließen ("non liquet"), so geht dies zu Lasten des Dienstherrn. Denn die Voraussetzungen für die Annahme der mangelnden gesundheitlichen Eignung eines Bewerbers im Sinne von § 31 Abs. 1 BBG a.F. sind nicht erfüllt.

29

Bloße Zweifel des Dienstherrn an der gesundheitlichen Eignung des Bewerbers, die den genannten Anforderungen nicht genügen, sind dagegen unerheblich. Soweit der Senat in seiner bisherigen Rechtsprechung für die Annahme mangelnder gesundheitlicher Eignung des Bewerbers auch "nachhaltige Zweifel" des Dienstherrn, insbesondere aufgrund von erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten, hat ausreichen lassen, wird diese aufgegeben (Urteil vom 18. Juli 2001 - BVerwG 2 A 5.00 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 60 S. 2 und Beschluss vom 16. September 1986 - BVerwG 2 B 92.86 - Buchholz 232 § 31 BBG Nr. 39 S. 16 m.w.N.). Auch bei längeren oder wiederkehrenden krankheitsbedingten Fehlzeiten während der Probezeit ist auf der Grundlage aussagekräftiger ärztlicher Stellungnahmen zu klären, ob der Beamte wegen der diesen Fehlzeiten zugrundeliegenden Erkrankung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit vor Erreichen der Regelaltersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand versetzt werden muss. Gleiches gilt, wenn der Beamte erhebliche und regelmäßige Ausfallzeiten aufweisen wird.

30

Zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung müssen die körperlichen und psychischen Veranlagungen des Bewerbers festgestellt und deren Auswirkungen auf sein Leistungsvermögen bestimmt werden. Das individuelle Leistungsvermögen muss in Bezug zu den körperlichen Anforderungen der Dienstposten gesetzt werden, die den Statusämtern der betreffenden Laufbahn zugeordnet sind. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt.

31

Für die Prognose über die voraussichtliche Entwicklung des Gesundheitszustandes des Bewerbers muss in aller Regel ein Mediziner eine fundierte medizinische Tatsachenbasis auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und seiner Verfassung erstellen. Der Arzt muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit sowie für die Erfüllung der dienstlichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen. Er muss in seiner Stellungnahme Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, seine Untersuchungsmethoden erläutern und seine Hypothesen sowie deren Grundlage offen legen. Auf dieser Grundlage hat er unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des Bewerbers eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens zu treffen, die den Dienstherrn in die Lage versetzt, die Rechtsfrage der gesundheitlichen Eignung eigenverantwortlich zu beantworten (Urteil vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 23).

32

Als Grundlage für die vom Dienstherrn oder vom Gericht zu treffende Entscheidung über die gesundheitliche Eignung eines Bewerbers reicht die nicht näher belegte Einschätzung eines Mediziners über den voraussichtlichen Verlauf der beim Bewerber bestehenden Erkrankung nicht aus. Sofern statistische Erkenntnisse über die gewöhnlich zu erwartende Entwicklung einer Erkrankung herangezogen werden sollen, sind diese nur verwertbar, wenn sie auf einer belastbaren Basis beruhen. Dafür muss über einen längeren Zeitraum hinweg eine signifikante Anzahl von Personen beobachtet worden sein. Zudem ist es bei der medizinischen Bewertung zu berücksichtigen, wenn der individuelle Krankheitsverlauf des Betroffenen Besonderheiten gegenüber den statistischen Erkenntnissen aufweist.

33

Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für das gesundheitliche Eignungsurteil übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe die zuständige Behörde und das Gericht angewiesen sind, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Die Behörde muss - ebenso wie das Gericht - die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen inhaltlich nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden. Im Hinblick auf die Verwertbarkeit der ärztlichen Stellungnahme muss geprüft werden, ob Zweifel an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Arztes bestehen, dieser von zutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgegangen ist und die entscheidungserheblichen Fragen plausibel und nachvollziehbar abgehandelt hat. Gegebenenfalls muss darauf hingewirkt werden, dass der Arzt seine Ausführungen ergänzt, oder es ist ein weiterer Arzt, insbesondere ein Facharzt, einzuschalten (Urteile vom 21. Juni 2007 - BVerwG 2 A 6.06 - Buchholz 11 Art. 33 Abs. 2 GG Nr. 35 Rn. 22 f. und vom 25. Juli 2013 a.a.O. Rn. 11).

34

2. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts kann der Senat nicht entscheiden, ob die Klägerin zum maßgeblichen Zeitpunkt des Ablaufs der Probezeit nach Maßgabe der dargelegten Grundsätze im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. gesundheitlich ungeeignet und deshalb zu entlassen war. Die mündlichen Erläuterungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. K. in der Berufungsverhandlung, denen das Oberverwaltungsgericht gefolgt ist, sind nicht verwertbar. Diese gutachtliche Stellungnahme leidet an rechtserheblichen Mängeln.

35

Ein Sachverständigengutachten kann seine Aufgabe, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln, nicht erfüllen, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (Urteil vom 19. Dezember 1968 - BVerwG 8 C 29.67 - BVerwGE 31, 149 <156>; Beschlüsse vom 10. März 1977 - BVerwG 6 B 38.76 - Buchholz 310 § 86 Abs. 3 VwGO Nr. 21 S. 6 und vom 31. Oktober 2012 - BVerwG 2 B 33.12 - NVwZ-RR 2013, 115 Rn. 34). Dies gilt auch für mündliche Darlegungen eines Sachverständigen zur Erläuterung des schriftlichen Gutachtens nach § 411 Abs. 3 ZPO.

36

Nach diesen Grundsätzen konnte das Oberverwaltungsgericht seine Einschätzung, die Klägerin sei gesundheitlich nicht geeignet und sei deshalb zu Recht entlassen worden, nicht auf die lediglich mündlichen Ausführungen des Gutachters Prof. Dr. K. in der Berufungsverhandlung stützen. Die Stellungnahme des Gutachters beruht insoweit auf einer erkennbar unzureichenden tatsächlichen Grundlage.

37

Zum einen hat dieser bei seinen mündlichen Ausführungen zum chronifizierten Schmerzsyndrom der Klägerin nicht gewürdigt, dass die Schmerzbehandlung mit Botox ab September 2006 erfolgreich war. Nach der Niederschrift über die letzte Berufungsverhandlung hat der Gutachter dort selbst ausgeführt, seine Feststellung eines chronifizierten Schmerzsyndroms wäre unrichtig, wenn bei der Klägerin eine Therapieform nachhaltig angeschlagen hätte. Zum anderen hätte der Gutachter vor seiner entscheidenden Aussage zum Vorliegen eines chronifizierten Schmerzsyndroms die Unterlagen des behandelnden Arztes einsehen müssen. Ohne Prüfung der Unterlagen über die intensive und lang andauernde Schmerztherapie war eine sachverständige Äußerung über das Schmerzsyndrom, das den Gutachter zur geänderten Beantwortung der ihm gestellten Beweisfrage veranlasst hat, nicht möglich.

38

Das Oberverwaltungsgericht hat nunmehr zu klären, ob die Klägerin zum Ablauf ihrer Probezeit neben der Bandscheibenerkrankung noch an einer weiteren Krankheit litt, die es in ihrer Gesamtheit als überwiegend wahrscheinlich machten, dass sie mit der Folge einer erheblich geringeren Lebensdienstzeit vor Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze wegen Dienstunfähigkeit in den Ruhestand zu versetzen sein oder über Jahre hinweg regelmäßig krankheitsbedingt ausfallen wird.

39

3. § 31 Abs. 1 Satz 2 BBG a.F. bestimmt, dass in dem hier gegebenen Fall des Satzes 1 Nr. 2 bei allein mangelnder gesundheitlicher Eignung § 42 Abs. 3 BBG a.F. sinngemäß anzuwenden ist. Auf diese Regelung, deren Verletzung zur Rechtswidrigkeit der Entlassungsverfügung führt, ist das Oberverwaltungsgericht im angegriffenen Urteil nicht eingegangen.

40

Die sinngemäße Anwendung dieser Vorschrift über die Versetzung eines Lebenszeitbeamten in den Ruhestand wegen Dienstunfähigkeit auf den Fall der Entlassung eines Probebeamten wegen mangelnder gesundheitlicher Eignung muss der gegenüber § 42 Abs. 3 BBG a.F. geänderten Ausgangslage Rechnung tragen. Bei einem dauernd dienstunfähigen Lebenszeitbeamten soll entsprechend dem Grundsatz "Weiterverwendung vor Versorgung" von der Zurruhesetzung abgesehen werden, wenn ihm ein anderes Amt derselben oder einer anderen Laufbahn übertragen werden kann. Demgegenüber kommt es für die anderweitige Verwendung eines Probebeamten darauf an, ob der Betroffene noch für einen ausreichend großen Teil der Dienstposten der gesamten bisherigen Laufbahn oder für eine andere Laufbahn, für die der Beamte die Befähigung besitzt oder voraussichtlich erwerben wird, mit insgesamt geringeren gesundheitlichen Anforderungen gesundheitlich geeignet ist. Die aus § 42 Abs. 3 BBG a.F. folgende Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung (Urteil vom 26. März 2009 - BVerwG 2 C 73.08 - BVerwGE 133, 297 = Buchholz 232 § 42 BBG Nr. 25 jeweils Rn. 25 ff.) besteht im Einzelfall nicht, wenn ihr Zweck von vornherein nicht erreicht werden kann. Dies ist anzunehmen, wenn die Erkrankung des Beamten von solcher Art oder Schwere ist, dass dieser für sämtliche Dienstposten der betreffenden oder einer anderen Laufbahn, in die der Beamte wechseln könnte, ersichtlich gesundheitlich ungeeignet ist. Auch diese Frage hat das Oberverwaltungsgericht im erneuten Berufungsverfahren zu klären, falls es erneut zu dem Ergebnis kommt, der Klägerin fehle die gesundheitliche Eignung.

41

4. Wird die gesundheitliche Eignung der Klägerin festgestellt, so ist nach § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BBG a.F. für die Entscheidung der Rechtmäßigkeit der Entlassungsverfügung auch die fachliche Eignung der Klägerin während der Probezeit zu klären. Insoweit steht der Beklagten aber ein gerichtlich nur beschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum zu.

42

5. Im erneuten Berufungsverfahren wird das Oberverwaltungsgericht auch über den gerichtlich geltend gemachten Anspruch der Klägerin auf Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit zu entscheiden haben, den es im angegriffenen Urteil nicht beschieden hat. Dieser Anspruch besteht, wenn feststeht, dass sich die Klägerin in der Probezeit bewährt hat.

43

Rechtsgrundlage dieses Anspruchs der Klägerin auf Ernennung zur Beamtin auf Lebenszeit ist § 9 Abs. 2 BBG a.F. (vgl. § 147 Abs. 2 Satz 1 BBG in der Fassung des Gesetzes zur Unterstützung der Fachkräftegewinnung im Bund und zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 15. März 2012, BGBl I S. 462). Nach § 9 Abs. 2 Satz 1 BBG a.F. ist ein Beamtenverhältnis auf Probe spätestens nach fünf Jahren in ein solches auf Lebenszeit umzuwandeln, wenn der Beamte die beamtenrechtlichen Voraussetzungen hierfür erfüllt, d.h. wenn er sich bewährt hat. Ansonsten ist er zu entlassen. Nach Satz 2 verlängert sich die Frist um die Zeit einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge. Der Anspruch setzt neben den Anforderungen des § 7 BBG a.F. die Vollendung des 27. Lebensjahres sowie die Bewährung des Probebeamten in der Probezeit voraus. Dagegen ist nicht von Bedeutung, ob eine entsprechende Planstelle frei ist.

44

Die Probezeit dient der Klärung der Frage der Bewährung des Probebeamten. Während dieser Zeit hat der Beamte seine allseitige Eignung, unter Einschluss der gesundheitlichen Eignung, für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nachzuweisen. Entsprechend diesem Zweck der Probezeit und der ihm obliegenden Fürsorgepflicht ist der Dienstherr gehalten, unverzüglich nach ihrem Ablauf eine Entscheidung über die Bewährung des Beamten zu treffen (Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit oder Entlassung) und damit zugleich dem Beamten Klarheit über seinen künftigen Berufsweg zu verschaffen (Urteil vom 24. November 1988 - BVerwG 2 C 24.87 - Buchholz 237.6 § 39 NdsLBG Nr. 7 S. 8).

45

Da für die Berufung in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit die Erkenntnisse bis zum Ablauf der Probezeit maßgeblich sind, ist der Beurteilungszeitpunkt des Verpflichtungsbegehrens mit dem der Anfechtungsklage gegen die Entlassungsverfügung identisch. Es können nur solche Umstände Eingang in die Entscheidung finden, die während der Probezeit bekannt geworden sind oder die zwar nach Ablauf der Probezeit eingetreten sind, aber Rückschlüsse auf die Bewährung des Beamten in der laufbahnrechtlichen Probezeit zulassen (Urteil vom 25. Februar 1993 - BVerwG 2 C 27.90 - BVerwGE 92, 147 <151 f.> = Buchholz 237.7 § 9 NWLBG Nr. 1 S. 5 m.w.N.).

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entlassungsverfügung vom ... Mai 2014 wird wiederhergestellt.

II.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 6.125,40 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die am ... geborene Antragstellerin wurde am ... September 2012 in das Beamtenverhältnis auf Widerruf eingestellt. Mit Wirkung zum ... September 2013 wurde sie unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Polizei ... ernannt.

Zur Abklärung einer möglicherweise aktuell bestehenden Suizidalität wurde die Beamtin kurzfristig am ... Oktober 2013 von Frau Dr. ... vom Polizeiärztlichen Dienst untersucht. Im Gesundheitszeugnis des Ärztlichen Dienstes der Polizei vom ... November 2013, dem ein polizeiärztliches Gutachten vom selben Tag zugrunde liegt, ist festgehalten, dass aktuell keine Hinweise für eine Selbst- bzw. Fremdgefährdung vorlägen. Die Antragstellerin sei derzeit uneingeschränkt polizeidienstfähig und gesundheitlich geeignet, ihre derzeitige Ausbildung fortzusetzen.

Mit Gesundheitszeugnis des Ärztlichen Dienstes der Polizei vom ... Dezember 2013, dem ein Polizeiärztliches Gutachten vom ... Dezember 2013 zugrunde liegt, wurde der Beamtin attestiert, dass sich zwar keine sicheren Hinweise für eine aktuell vorliegende Selbst- oder Fremdgefährdung ergäben, sie sei aufgrund ihrer aktuellen psychischen Verfassung derzeit nicht uneingeschränkt polizeidienstfähig und insbesondere zum Führen von Schusswaffen und zum Führen von Dienstkraftfahrzeugen unter Nutzung von Sonderrechten gesundheitlich nicht geeignet. Es bestünden Bedenken gegen eine Übernahme der Antragstellerin in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit, sie sei derzeit auch für eine Übernahme in den Verwaltungsdienst nicht geeignet, da Probleme auch im Verwaltungsdienst nicht auszuschließen seien.

Die Untersuchung wurde veranlasst, nachdem die Ausbilder sowie andere Auszubildende aus ihrer Sicht auffällige Verhaltensweisen der Beamtin festgestellt haben wollten. U. a. habe sie am ... November 2013 angegeben, dass das Schießen auf Ziele in der Schießbahn sie zu sehr mit Gewaltanwendung oder sogar mit „Töten“ assoziiere. Sie wolle zwar im Rahmen des Schießtrainings schießen, aber nicht unter Stressbedingungen. Bei einem „Stress-Drill“ im Rahmen des Selbstverteidigungstrainings sei sie nach der Übung zu Boden gegangen und habe von der Übung mitgenommen gewirkt. Kolleginnen gaben an, die Beamtin habe in der Umkleidekabine heftig geweint. Die Antragstellerin ihrerseits betont dazu, dass sie vor Schmerzen geweint habe; der Ausbilder habe sie so geschlagen, dass sie mit dem Kopf gegen die Wand gestoßen sei und sich eine Gehirnerschütterung zugezogen habe. Außerdem habe sie das Geschehen an Situationen erinnert, als sie in der Schule von Mitschülern geschlagen worden sei.

In einem weiteren Gesundheitszeugnis des Ärztlichen Dienstes vom ... Februar 2014, das nach Aktenlage erstellt worden ist, ist festgehalten, dass gegenwärtig nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Antragstellerin die Ausbildung im Polizeivollzugsdienst in absehbarer Zeit wieder aufnehmen könne und mit einer Wiederherstellung der uneingeschränkten Polizeidienstfähigkeit innerhalb der nächsten zwei Jahre voraussichtlich nicht zu rechnen sei. Ob die Beamtin für eine Übernahme in die allgemeine Beamtenlaufbahn gesundheitlich geeignet sei und bis wann damit zu rechnen sei, dass sie an entsprechenden Ausbildungsmaßnahmen teilnehmen könne, könne derzeit nicht beantwortet werden; das erfordere eine längerfristige Beobachtung des weiteren Verlaufs. Aufgrund der vorliegenden Befunde und des bisherigen Verlaufs sei die Antragstellerin derzeit für die spätere Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit sowohl im Polizeivollzugsdienst als auch im allgemeinen Verwaltungsdienst gesundheitlich nicht geeignet.

Im Rahmen der Anhörung verwies die Antragstellerin darauf, dass sich die Polizeiärztin bei ihrer Begutachtung einseitig auf die in den Aktenvermerken festgehaltenen Schilderungen gestützt habe. Mit der Klagebegründung wurde u. a. eine Stellungnahme zum Persönlichkeitsbild der Antragstellerin vom ... Januar 2014 vorgelegt. Darin attestiert der Leiter der Dienstgruppe bei der Polizeiinspektion ..., der die Antragstellerin vom ... August bis ... September 2013 zugeordnet war, eine überdurchschnittliche soziale Kompetenz und die uneingeschränkte Eignung für den Beruf eines Polizeivollzugsbeamten. Weiter wurde ein Attest eines Facharztes für Allgemeinmedizin vom ... Dezember 2013 vorgelegt, wonach sich die Beamtin am ... Juni 2013 bei der Kampfsportausbildung eine Gehirnerschütterung zugezogen habe. Ebenso wurde eine Stellungnahme des Zentralen Psychologischen Dienstes des Polizeipräsidiums ... vom ... April 2014 über die Beratung der Antragstellerin vorgelegt. In den Akten ist ein Beurteilungsbeitrag des Vorgesetzten des ... Zentralservice vom ... April 2043 (richtig: 2014), dem die Beamtin ab ... Januar 2014 als Unterstützungskraft zugeteilt war, an die Personalverwaltung enthalten. Danach mache ihre freundliche und hilfsbereite Art die Antragstellerin im Kollegenkreis sehr beliebt. Allerdings habe sie am ... April 2014 einen Heulkrampf erlitten.

Das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei verfügte mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom ... Mai 2014, dass die Antragstellerin mit Ablauf des ... Juni 2014 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen werde. Neben den dokumentierten polizeiärztlichen Feststellungen und der negativen Prognose zur zeitnahen Wiederaufnahme der Ausbildung bestünden Bedenken wegen der gezeigten kontinuierlichen seelischen Instabilität. Aufgrund des gezeigten Verhalts bestehe die Gefahr einer nicht vorhandenen Stressstabilität. Insgesamt seien ihre dauernd und abrupt wechselnden Stimmungen dem Polizeivollzugsdienst nicht förderlich. Die Polizeiärztin habe eine negative Prognose zur dauernden Dienstfähigkeit bis zum regulären Ruhestand abgegeben; daher sei die Beamtin gesundheitlich nicht geeignet und die Entlassung geeignet, erforderlich und verhältnismäßig. Da das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Entlassungsverfügung die privaten Interessen der Antragstellerin überwiege, sei der Sofortvollzug anzuordnen.

Mit Schriftsatz vom ... Juni 2014, eingegangen bei Gericht am ... Juni 2014, hat die Antragstellerin Klage erhoben (M 5 K 14.2406) mit dem Ziel, die Entlassungsverfügung vom ... Mai 2014 aufzuheben. Über diese Klage ist noch nicht entschieden.

Die begutachtende Polizeiärztin hat nach Übersendung der Klagebegründung zu dem dort enthaltenen Vorwurf, den ärztlichen Gutachten fehle eine Exploration und es werde einseitig nur auf die in die in den Aktenvermerken der Vorgesetzten und Kollegen festgehaltenen Schilderungen zurückgegriffen, mit Schreiben vom ... Juli 2014 Stellung genommen. Die Situation wie die Ergebnisse der Begutachtungen am ... Oktober 2013 und ... Dezember 2013 werden darin näher dargelegt. Vor Fertigstellung ihres Gutachtens vom ... Dezember 2013 habe die Ärztin bei der Personalabteilung angerufen und nachgefragt, ob es für die Darstellung der Antragstellerin Zeugen gebe. Das sei verneint worden. Das gelte auch für den Vorfall bei dem „Stress-Drill“. Schließlich könne das privatärztliche Attest vom ... Dezember 2013 über den Vorfall vom ... Juni 2013 nur auf den Angaben der Beamtin beruhen. Nachdem die Antragstellerin am nächsten Tag zum Dienst erschienen sei und typische Symptome einer Gehirnerschütterung nicht dokumentiert seien, handle es sich dabei lediglich um eine unbewiesene Behauptung, für die es nach ihrem Informationsstand keine Belege gebe. Die Ärztin halte an ihrer Bewertung im Gutachten vom ... Dezember 2013 fest; die dort festgehaltene Diagnose wäre nach der ICD-10 in die Kategorie ... (... Persönlichkeitszüge) oder die Kategorie ... (nicht näher bezeichnete Persönlichkeitsstörung) einzuordnen. Die Polizeidienstunfähigkeit der Beamtin folge aus Nr. 11.1 der Richtlinien zur Ärztlichen Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit/PDV 300. Danach seien im Rahmen der Polizeidienstfähigkeit auch erhebliche Abweichungen - auch solche ohne Krankheitsbedeutung im psychiatrischen Sinne - zu bewerten, die zu erheblichen Störungen im zwischenmenschlichen Bereich führen. Es sei ausführlich dokumentiert und stehe nach fachärztlicher Beurteilung der Polizeiärztin unzweifelhaft fest, dass die Beamtin im vergangenen Jahr wiederholt im dienstlichen Bereich Auffälligkeiten gezeigt habe, die zu empfindlichen Störungen im zwischenmenschlichen Bereich geführt hätten. Die Antragstellerin habe bei der polizeiärztlichen Untersuchung am ... Dezember 2013 keine Fähigkeit erkennen lassen, eigene Anteile an konflikthaften Situationen zu reflektieren. Das sei Ausdruck ... Persönlichkeitszüge. Weiter sei ein Mangel an Empathiefähigkeit aufgefallen.

Mit Schriftsatz vom ... Juli 2014, eingegangen bei Gericht am ... Juli 2014, hat die Antragstellerin beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entlassungsverfügung vom ... Mai 2014 wieder herzustellen.

Die der Entlassung zugrunde liegenden polizeiärztlichen Gesundheitszeugnisse hielten einer fachlichen Prüfung nicht stand. Grundlage für das Gutachten vom ... Dezember 2013, das das Gesundheitszeugnis vom ... Dezember 2013 begründe, seien im Wesentlichen die vorgelegten Aktenvermerke der Vorgesetzten und Kollegen. Eine erforderliche eingehende Exploration sei nicht ersichtlich. Eine Auseinandersetzung der Darstellung der Antragstellerin zu den in den Aktenvermerken festgehaltenen Umständen sei weder durch die Polizeiärztin noch im Entlassungsbescheid erfolgt. Daher könnten der Beamtin nicht „unübliche Verhaltensweisen“ vorgeworfen werden.

Das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei hat für den Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die fachliche Bewertung durch die Polizeiärztin könne nicht in Zweifel gezogen werden. Es sei ausführlich dokumentiert worden, dass die Antragstellerin im vergangenen Jahr wiederholt im dienstlichen Bereich Auffälligkeiten gezeigt habe, die zu empfindlichen Störungen im zwischenmenschlichen Bereich geführt hätten. Die Beamtin habe keinerlei Fähigkeiten erkennen lassen, eigene Anteile an konflikthaften Situationen zu reflektieren mit dem Ziel, ihr eigenes Verhalten anzupassen.

Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag hat in der Sache Erfolg.

1. Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Diese Bestimmung stellt eine zentrale Norm der Verwaltungsrechtspflege dar, denn der Bürger hat nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland/GG Anspruch auf eine tatsächlich wirksame Kontrolle der Verwaltung. Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage aber nicht schlechthin. Die Behörde darf sie gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO durch Anordnung der sofortigen Vollziehung beseitigen, wenn dafür ein besonderes öffentliches Interesse besteht, das grundsätzlich über jenes Interesse hinauszugehen hat, welches den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt.

2. In entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO soll die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs dann angeordnet bzw. wieder hergestellt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Dies ist vorliegend der Fall. Der Bescheid des Präsidiums der Bayerischen Bereitschaftspolizei vom ... Mai 2014 erweist sich bei summarischer Prüfung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren als rechtswidrig.

Diese Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergibt im vorliegenden Fall, dass ganz erhebliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der für sofort vollziehbar erklärten Entlassungsverfügung bestehen.

3. Es bestehen keine Zweifel hinsichtlich der Zulässigkeit des Antrags mit Blick auf den Umstand, dass der vorliegende Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes erst nach dem Entlassungsdatum mit Schriftsatz vom ... Juli 2014, bei Gericht eingegangen am ... Juli 2014, gestellt worden ist. Die Entlassung der Antragstellerin aus dem Beamtenverhältnis auf Probe mit Ablauf des ... Juni 2014 ist durch Bescheid vom ... Mai 2014 verfügt worden. Wenn der von einem für sofort vollziehbar erklärten Verwaltungsakt Betroffene nach fristgerechter Erhebung eines Rechtsbehelfs in der Hauptsache mit der Antragstellung für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuwartet, so nimmt er für diese Zeit die sofortige Vollziehung des verfügten Zustands hin. Nur dann, wenn in diesem Zeitraum Tatsachen eintreten, die ein Bedürfnis für die Anrufung des Gerichts entfallen lassen (vgl. hierzu Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 80 Rn. 66) kann das Rechtsschutzbedürfnis entfallen. Hierfür bestehen aber vorliegend keine Anhaltspunkte. Durch den zeitweiligen Sofortvollzug der Entlassung wurden keine Umstände geschaffen (anders etwa beim Ruhestandseintritt nach Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze), die bei der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Entlassungsverfügung einer einstweiligen Fortsetzung des Beamtenverhältnisses bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens entgegenstehen könnten.

4. Nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern - Beamtenstatusgesetz/BeamtStG i. V. m. Art. 12 Abs. 5 des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen - Leistungslaufbahngesetz/LlbG kann ein Beamter auf Probe entlassen werden, wenn er sich in der Probezeit nicht bewährt hat (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung).

Auch die fehlende gesundheitliche Eignung stellt einen Entlassungsgrund dar. Dies folgt zudem aus Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland/GG, dessen Kriterien § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG übernimmt. Geeignet ist nach Art. 33 Abs. 2 GG nur derjenige, der dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist (BVerfG, B. v. 21.2.1995 - 1 BvR 1397/93 - BVerfGE 92, 140; B. v. 20.4.2004 - 1 BvR 838/01 u. a. - BVerfGE 110, 304; BVerwG, U. v. 25.7.2013 - 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244). Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr daher immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht (BVerwG, U. v. 25.7.2013 a. a. O.).

Es obliegt dem Dienstherrn, die körperlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn zu bestimmen. Hierbei steht ihm ein weiter Einschätzungsspielraum zu, bei dessen Wahrnehmung er sich am typischen Aufgabenbereich der Ämter der Laufbahn zu orientieren hat. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist (BVerwG, U. v. 21.6.2007 - BVerwG 2 A 6.06 - DokBer 2007, 312). Auf dieser Grundlage muss festgestellt werden, ob ein Bewerber den Anforderungen gewachsen ist, die die Ämter einer Laufbahn für die Dienstausübung stellen. Dem Dienstherrn steht bei der Entscheidung über die gesundheitliche Eignung eines Beamten kein Beurteilungsspielraum zu. Entsprechend haben die Verwaltungsgerichte über die gesundheitliche Eignung von Beamtenbewerbern zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Würdigungen des Dienstherrn gebunden zu sein (BVerwG, U. v. 25.7.2013 - 2 C 2/11 - BVerwGE 147, 244; U. v. 30.10.2013 - 2 C 16/12 - BVerwGE 148, 204).

Zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung müssen die körperlichen und psychischen Veranlagungen des Bewerbers festgestellt und deren Auswirkungen auf sein Leistungsvermögen bestimmt werden. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt. Dieser muss gegebenenfalls einen Facharzt hinzuziehen. Der Mediziner muss eine fundierte medizinische Tatsachenbasis für die Prognose auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und der gesundheitlichen Verfassung des Bewerbers erstellen. Er muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit und für die Erfüllung der beruflichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen (vgl. zum Ganzen auch Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Juli 2014, § 23 BeamtStG Rn. 138).

Die medizinische Diagnose muss daher Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, die Untersuchungsmethoden erläutern und ihre Hypothesen sowie deren Grundlage offenlegen. Auf dieser Grundlage hat sie unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des Bewerbers eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens zu treffen, die den Dienstherrn in die Lage versetzt, die Rechtsfrage der gesundheitlichen Eignung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG eigenverantwortlich zu beantworten (BVerwG, U. v. 25.7.2013 - 2 C 2/11 - BVerwGE 147, 244, B. v. 13.12.2013 - 2 B 37/13 - juris Rn. 22)

Ein Sachverständigengutachten kann seine Aufgabe, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln, nicht erfüllen, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (BVerwG, U. v. 30.10.2013 - 2 C 16/12 - BVerwGE 148, 204 m. w. N.).

Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für das gesundheitliche Eignungsurteil übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe der Dienstherr angewiesen ist, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Der Dienstherr muss die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden (BVerwG, U. v. 21.6.2007 - BVerwG 2 A 6.06 - DokBer 2007, 312).

Obwohl § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG davon spricht, dass ein Beamter auf Probe entlassen werden „kann“, ist der Behörde hinsichtlich der Entlassung eines Probebeamten, der sich in der Probezeit nicht bewährt hat, kein Ermessen eröffnet. Entsprechend ist in Art. 12 Abs. 5 LlbG zwingend vorgeschrieben, dass Beamte, die sich nicht bewährt haben oder nicht geeignet sind, entlassen werden. Das Wort „kann“ trägt lediglich dem Gesichtspunkt Rechnung, dass die Probezeit, zu verlängern ist, wenn die Bewährung oder Nichtbewährung des Beamten noch nicht endgültig festgestellt worden ist (BVerwG, U. v. 30.10.2013 - 2 C 16/12 - BVerwGE 148, 204; U. v. 19.3.1998 - BVerwG 2 C 5.97 - BVerwGE 106, 263; U. v. 3.12.1998 - BVerwG 2 C 26.97 - BVerwGE 108, 64).

5. Nach diesen Grundsätzen steht die gesundheitliche Nichteignung der Antragstellerin für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht zur Überzeugung des Gerichts fest. Die Bewertung des Dienstherrn im Bescheid vom ... Mai 2014, dass die Antragstellerin gesundheitlich nicht geeignet sei, ist für das Gericht in vollem Umfang nachprüfbar. Diese Eignungsbewertung ist fehlerhaft, da sie auf einer mangelhaften Ermittlung des Sachverhalts beruht und auch die polizeiärztliche Begutachtung nicht nachvollziehbar ist. Die Einschätzung der Polizeiärztin hält den oben dargestellten Anforderungen an eine medizinische Prognoseentscheidung in keiner Weise Stand.

a) Die Entlassung der Beamtin wurde ausschließlich wegen gesundheitlicher Nichteignung verfügt. Soweit in der Begründung des streitgegenständlichen Bescheids vom ... Mai 2014 (S. 6) auf dauernde und abrupte Stimmungswechsel abgestellt werden, die dem Polizeivollzugsdienst nicht förderlich seien, wird das im Zusammenhang mit der gesundheitlichen Eignung benannt. Das gilt auch für die Bemerkung, dass auch die notwendige Loyalität gegenüber Kollegen und Vorgesetzten sowie Ehrlichkeit, Einsicht bei Fehlverhalten und eine gewisse Kontaktfreude den Charakter eines Polizeivollzugsbeamten ausmachten, wobei die Antragstellerin diese Eigenschaften in ihrem Verhalten nicht habe erkennen lassen.

b) Bereits bei der Erhebung der Tatsachen, die die Ärztin ihrer Begutachtung zugrunde legt, sind Fehler ersichtlich. So wird aus dem Gutachten vom ... Dezember 2013 nicht deutlich, ob die Gutachterin die von den Ausbildern geschilderten Umstände als wahr zugrunde legt oder auch die Darstellungen der Antragstellerin gelten lassen will und dann entsprechend bewertet. Die Ärztin habe sich - wie sie in ihrem Schreiben vom ... Juli 2014 ausführt - vor Fertigstellung des Gutachtens bei der Personalabteilung erkundigt, ob es insbesondere für die Angabe der Antragstellerin, der Ausbilder habe ihr beim „Stress-Drill“ „den Kopf an die Wand geknallt“, Zeugen für deren Version gegeben habe. Das Gesundheitszeugnis vom ... Dezember 2013 ist am Tag der Untersuchung erstellt worden. Bei den divergierenden Darstellungen hätte eine Nachfrage, ob andere Beamte die Version der Antragstellerin bestätigten, am Tag der Untersuchung bzw. der Festlegung auf ein Ergebnis erfolgen müssen und nicht später.

Weiter fehlen wichtige Gesichtspunkte bei der Tatsachenerhebung. Die Angabe, dass die Beamtin die „Kontrollübung unter Stress“ mittlerweile bestanden habe (Gutachten vom ... Dezember 2013, S. 17) wird weder hinterfragt noch berücksichtigt. Schließlich kann die Tatsache nicht übergangen werden, dass die Antragstellerin ein ärztliches Attest vom ... Dezember 2013 vorgelegt hat, dass sie sich am ... Juni 2013 bei der Kampfsportausbildung eine Gehirnerschütterung zugezogen habe. Die ohne Rückfrage bei diesem Arzt oder Einsichtnahme in dessen Behandlungsunterlagen gezogene Schlussfolgerung der Polizeiärztin in ihrem Schreiben vom ... Juli 2014, dabei handle es sich um eine unbewiesene Behauptung, da sich das Attest nur auf die Angaben der Beamtin stützen könne, widerspricht allgemeinen Bewertungsgrundsätzen. Auch der Umstand, dass die Antragstellerin beim „Stress-Drill“ zu Boden gegangen sei, kann mit den Symptomen einer Gehirnerschütterung erklärt werden. Schließlich hat die Ärztin auch die Möglichkeit, dass die Antragstellerin unter überobligatorischer Anstrengung - etwa um möglichst wenig Ausbildungsstoff zu versäumen - wieder zum Dienst erschienen ist, nicht aufgeklärt. Schließlich ist nicht ersichtlich, über welchen Zeitraum sich die der Begutachtung zugrunde liegenden Vorkommnisse erstreckten. Dabei drängt sich die Frage auf, ob entsprechende Beobachtungen hinsichtlich der Beamtin schon in einer früheren Phase der Ausbildung - sie ist seit ... September 2012 bei der Bayerischen Polizei tätig - festgehalten wurden. Hierzu ist in den Begutachtungen nichts ersichtlich.

Schließlich fehlt auch eine Auseinandersetzung mit der sehr positiven Bewertung der Persönlichkeit der Beamtin durch den Dienstgruppenleiter vom ... Januar 2014. Denn auch diese Einschätzung bezieht sich auf die Bewertung der Persönlichkeit der Antragstellerin. Das gilt ebenso für die Einschätzung des Zentralen Psychologischen Dienstes des Polizeipräsidiums ... vom ... April 2014. Dort ist unter Nr. 3 angegeben, dass sich die Polizistin in einem hohem Maß sozial kompetent, tapfer im Umgang mit ihren Mitschülern und Ausbildern sowie bereit gezeigt habe, sich mit der mit der schwierigen Situation auseinanderzusetzen. Auch der Beurteilungsbeitrag des ... Zentralservice vom ... April 2014 hätte als relevant für Bewertung der Persönlichkeit der Beamtin im Rahmen der Einschätzung der gesundheitlichen Eignung berücksichtigt werden müssen. Danach arbeite die Antragstellerin sehr sorgfältig und gewissenhaft, ihre freundliche und hilfsbereite Art mache sie im Kollegenkreis sehr beliebt, wobei sie aber am ... April 2014 Heulkrämpfe und Selbstzweifel gezeigt habe.

c) Die Begutachtung leidet entscheidend unter dem durch ein Gericht zu berücksichtigenden Fehler, dass Anknüpfungs- und Befundtatsachen für die Diagnose nicht dargestellt sind, die Untersuchungsmethode nicht erläutert und die Hypothesen sowie deren Grundlage nicht offengelegt wurden (BVerwG, U. v. 25.7.2013 - 2 C 12/11 - BVerwGE 147, 244).

Wenn im Rahmen der Erhebung des psychischen Befundes (Gutachten vom ... Dezember 2013, S. 23) angegeben ist, dass aus Sicht ihrer Vorgesetzten und Mitschüler Probleme aufgetreten seien, die die Antragstellerin als eine Aneinanderreihung von Ungerechtigkeiten und „Lügen“ bezeichnet, so fehlt eine genaue Bezeichnung der aus Sicht der Ärztin für die Erhebung des Befundes medizinisch relevanten Probleme. Wenn der Beamtin keine Fähigkeit zu selbstkritischer Reflexion und Einsicht in eigenes (Fehl-)Verhalten attestiert wird, so fehlt eine Auseinandersetzung mit möglichen anderen Erklärungsmustern für das Geschehen. Erst recht gilt das für die im Schreiben der Polizeiärztin vom ... Juli 2014 (S. 7) angegebenen zu erwartenden künftigen Konflikte im zwischenmenschlichen Bereich. Im Vordergrund der Aktenvermerke der Ausbilder stehen vielmehr Vorkommnisse bei einem „Stress-Drill“ wie der Schießausbildung, die - nach Ansicht dieser Beamten - eine nicht in erforderlichem Ausmaß vorhandene Stresstoleranz nahelegen. Zu dieser Problematik ist in den Gutachten aber nichts vorhanden.

Im Kern ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, warum die Ärztin das Verhalten als in medizinischer Sicht so problematisch bewertet, dass die gesundheitliche Eignung der Beamtin nicht gegeben sein soll. Eine so weitreichende Bewertung muss entsprechend nachvollziehbar begründet werden. Hierzu findet sich in den dem Gericht vorgelegten Akten jedoch nichts.

Zunächst verwundert, dass in einem so weitreichenden Gutachten keine klare Diagnose gestellt wird. Bereits das spricht gegen die Nachvollziehbarkeit der ärztlichen Einschätzung.

Sollte die Diagnose ... der ICD-10 gestellt sein (nicht näher bezeichnete Persönlichkeitsstörung) so lassen sich sämtlichen Äußerungen der Amtsärztin die Ausfüllung der diagnostischen Kriterien, die für das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung gefordert werden (G1 bis G6, zitiert nach Dilling/Freyberger, Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen, 7. Auflage 2014, F 60, S. 234 ff.) auch nicht ansatzweise entnehmen. Aus den Darstellungen im Gutachten vom ... Dezember 2013 lassen sich auch ansonsten keine Tatsachen entnehmen, die die diagnostischen Kriterien ausfüllen könnten. Insbesondere fehlt der Nachweis, dass die Abweichung stabil, von langer Dauer ist und im späten Kindesalter oder der Adoleszenz begonnen hat (diagnostisches Kriterium G4., zitiert nach Dilling/Freyberger, Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen, 7. Auflage 2014, F 60, S. 235). Diese Einschätzung ist daher fachlich nicht nachvollziehbar.

Soweit die Diagnose ... - Akzentuierung von Persönlichkeitszügen - gestellt wird, ist zu berücksichtigen, dass diese Bezeichnung aus dem „Kapitel XXI - Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen (Z00 - Z99)“ stammt unter der Überschrift „Z73 - Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung“ (zitiert nach Dilling/Freyberger, Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen, 7. Auflage 2014, S. 395/401). Auch hier fehlt eine klare und nachvollziehbare Darstellung, warum die Persönlichkeitszüge in so auffälliger Weise akzentuiert sein sollen, dass dem ein besonderer Stellenwert beizumessen ist.

Das gilt insbesondere für die Bewertung, dass die Beamtin aufgrund dieser akzentuierten Persönlichkeitszüge die besonderen Anforderungen an Polizeivollzugsbeamte nicht erfüllen könne. Dabei ist der Maßstab in Nr. 11.1 der Richtlinien zur Ärztlichen Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit/PDV 300 sehr offen formuliert. Danach soll der Polizeibeamte ausgeglichen, aufgeschlossen, kontaktfähig, ausdauernd, zielstrebig leistungsbereit sein und eine seinem Alter entsprechende Reife besitzen. Erhebliche Abweichungen - auch solche ohne Krankheitsbedeutung im psychiatrischen Sinne - führten zu empfindlichen Störungen im zwischenmenschlichen Bereich. Dass die Akzentuierung der Persönlichkeit der Antragstellerin so ausgeprägt sein soll, dass dadurch eine erhebliche Abweichung im gerade genannten Sinn vorliegt, ist auch nicht ansatzweise begründet. Gerade bei einer so weitreichenden Bewertung wie die der gesundheitlichen Nichteignung muss nachvollziehbar sein, ob und warum der Mediziner die Abweichung als so erheblich ansieht, dass dadurch die Anforderungen an einen Polizeivollzugsbeamten nicht erfüllt werden können. Schließlich ist nicht nachvollziehbar, dass eine so weitreichende Einschätzung der Persönlichkeit ohne eine standardisierte Fragebogen-Auswertung gestellt wird. Dem Gericht ist aus anderen Verfahren bekannt, dass im Rahmen der Begutachtung zur Erkennung und Bewertung von Persönlichkeitsakzentuierungen oder -störungen Fragebogen zur Anwendung kommen. Anhand standardisierter Fragen kann das Vorliegen und die Schwere entsprechender Akzentuierungen oder Störungen eingeordnet werden. Es ist nicht ersichtlich, dass im vorliegenden Fall eine solche Methode zur Anwendung gekommen ist. Zudem ist in Nr.11.1 Satz 3 der PDV 300 ausdrücklich auf geeignete Testmethoden hingewiesen.

Auch auf die Frage, ob den von der Ärztin erkannten Störungen durch geeignete Therapiemaßnahmen begegnet werden könnte, ist nicht hinreichend eingegangen. Soweit im Gesundheitszeugnis vom ... Dezember 2013 in Nr. 2 ausgeführt wird, dass eine Eigenmotivation der Beamtin für eine ambulante oder auch stationäre psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung zum Untersuchungszeitpunkt nicht erkennbar sei, steht das in Widerspruch dazu, dass die die Beamtin seit ... Oktober 2013 in Kontakt mit dem Zentralen Psychologischen Dienst des Polizeipräsidiums M. stand und von dort beraten wurde. Im Gutachten vom ... Dezember 2013 ist diese Aussage auch nicht begründet.

Erst recht gilt die fehlende Nachvollziehbarkeit, soweit konstatiert wird, dass die allgemein an einen Beamten zu stellenden gesundheitlichen Anforderungen durch die Antragstellerin nicht erfüllt würden. Welche Probleme, die auch im Verwaltungsdienst nicht auszuschließen seien, die Polizeiärztin in Nr. 3 des Gesundheitszeugnisses vom ... Dezember 2013 meint, ist auch nicht ansatzweise angegeben oder ersichtlich.

Schließlich ist es nicht nachvollziehbar, wie die Ärztin im Gesundheitszeugnis vom ... Februar 2014 ohne erneute Begutachtung und ohne Hinzutreten weiterer Umstände in Nr. 4 zu der Einschätzung gelangt, dass aufgrund der vorliegenden Befunde und des bisherigen Verlaufs die Beamtin derzeit für die spätere Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit sowohl im Polizeivollzugsdienst als auch im allgemeinen Verwaltungsdienst nicht geeignet sei. Im Gesundheitszeugnis vom ... Dezember 2013 waren in Nr. 4 insoweit nur Bedenken geäußert worden. Zudem besteht ein unauflösbarer logischer Widerspruch zwischen der Bewertung der gesundheitlichen Nichteignung in Nr. 4 des Gesundheitszeugnisses vom ... Februar 2014 und der dort in Nr. 3 getroffenen Aussage. Nach Nr. 3 könnten die Fragen, ob die Antragstellerin für eine Übernahme in die allgemeine Beamtenlaufbahn gesundheitlich geeignet sei und bis wann damit zu rechnen sei, dass die Beamtin an entsprechenden Ausbildungsmaßnahmen teilnehmen könne, derzeit von hiesiger Seite nicht beantwortet werden. Zur Beantwortung dieser Fragen wäre aus medizinischer Sicht eine längerfristige Beobachtung des weiteren Verlaufs erforderlich. Wie bereits im Gesundheitszeugnis vom ... Dezember 2013 mitgeteilt, seien nach gutachterlicher Beurteilung Probleme auch im Verwaltungsdienst nicht auszuschließen. Im nächsten Satz - Nr. 4 des Gesundheitszeugnisses - wird aber in Widerspruch zur vorangegangenen Aussage die derzeitige gesundheitliche Nichteignung sowohl im Polizeivollzugsdienst als auch im allgemeinen Verwaltungsdienst angegeben. Wird in Nr. 3 angegeben, dass die Fragen der gesundheitlichen Eignung derzeit nicht beantwortet werden könnten und eine Beobachtungszeit gefordert, kann nicht andererseits in Nr. 4 angegeben werden, dass die Antragstellerin derzeitig gesundheitlich nicht geeignet sei.

6. Auch wenn nach den vorstehenden Ausführungen nicht unmittelbar entscheidungserheblich, so fällt auf, dass in den Akten nicht belegt ist, dass - wie im Bescheid vom ... April 2014 angegeben ist - eine anderweitige Verwendungsmöglichkeit im Verwaltungsdienst nicht bestehe. Das Polizeipräsidium München - wie dem Gericht bekannt, eine der größten Polizeibehörden in Bayern - hat auf Anfrage mitgeteilt, dass es an der Übernahme der Beamtin nicht interessiert sei. Dass dort kein Bedarf bestehe, ist aus dieser Nachricht nicht ersichtlich. Es fällt auf, dass alle anderen angefragten Polizeibehörden ausdrücklich angegeben haben, dass dort ein Bedarf für eine Verwaltungsbeamtin nicht bestehe. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Suche nach einer entsprechenden anderweitigen Verwendung regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn und nicht lediglich auf aktuell freie Stellen, sondern auf Dienstposten zu erstrecken, die in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzen sind. Dabei gibt die Dauer des Vorbereitungsdienstes den zeitlichen Rahmen vor, in dem sich eine Verwendungsmöglichkeit eröffnen muss (BVerwG, Urteil vom 26.03.2009 - 2 C 73/08 -, BVerwGE 133, 297; VG Göttingen, U. v. 1.10.2014 - 1 A 13/13 - juris Rn. 28),

In streitgegenständlichen Bescheid ist auch in Nr. 4 auf eine negative Prognose zur dauernden Dienstfähigkeit bis zum regulären Ruhestand durch die Polizeiärztin Bezug genommen. In den medizinischen Beurteilungen der Antragstellerin durch den Polizeiärztlichen Dienst ist eine solche Prognose nicht getroffen.

7. Auch eine Interessenabwägung fällt zugunsten der Antragstellerin aus. Bei der Entlassung eines Probebeamten handelt es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in dessen Rechtsstellung (VG Göttingen, U. v. 1.10.2014 - 1 A 13/13 - juris Rn. 30; NdsOVG, B. v. 01.07.2013 - 5 ME 109/13 - NdsVBL 2014, 26). Solange die gesundheitliche Nichteignung der Beamtin nicht nachvollziehbar durch einen Arzt begründet ist, ist daher einem vorläufigen Fortbestand eines Beamtenverhältnisses auf Probe ein erhebliches Gewicht beizumessen. Es spricht für eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, dass die Antragstellerin bislang ihre Ausbildung im Ergebnis erfolgreich absolviert hat. Für sie spricht weiter die sehr positive Bewertung ihres Praktikums bei der Polizeiinspektion ... vom ... Januar 2014 sowie der ebenfalls positive Beurteilungsbeitrag des ... Zentralservice vom ... April 2014. Soweit in den Akten Umstände genannt sind, die aus Sicht des Dienstherrn gegen die Fortsetzung des Dienstverhältnisses sprechen, so sind diese nicht eindeutig geklärt. Sie sind auch nicht von einem solchen Gewicht, dass sie für sich genommen gegen eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache sprechen. Die Ausbilder sprechen sich vielmehr für eine professionelle Behandlung und einen „Neuanfang an einem anderen Standort“ aus (Aktenvermerk L. R. vom 22.11.2013).

8. Der Antragsgegner hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 GKG unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Das Gericht hat dabei die Jahresbezüge einer Beamtin der Besoldungsgruppe ... (Monatsbezüge und jährliche Sonderzahlung) zugrunde gelegt.

Tenor

I.

Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 10. Oktober 2013 - AN 11 E 13.1705 - in den Nummern 1 und 2 aufgehoben.

II.

Der Antragsgegnerin wird aufgegeben, den Antragsteller vorläufig von der Verpflichtung freizustellen, die mit Weisung der Bezirksfinanzdirektion Südost vom 30. August und 12. September 2013 angeordneten Erprobungen und Untersuchungen durchführen zu lassen.

III.

Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.

IV.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller steht als Zollamtmann (Besoldungsgruppe A 11) im Dienst der Antragsgegnerin. Er wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes dagegen, sich auf Anordnung seines Dienstherrn wegen Zweifeln über die Dienstunfähigkeit ärztlich untersuchen und beobachten zu lassen.

Mit Schreiben vom 10. August 2012 hatte die Bezirksfinanzdirektion Südost ein Zurruhesetzungsverfahren wegen Dienstunfähigkeit eingeleitet. Grundlage waren insbesondere ein amtsärztliches Gutachten des Gesundheitsamtes N. vom 12. Juli 2012, ferner ein augenfachärztliches Gutachten des Universitätsklinikums E. vom 1. März 2012, das zum Ergebnis gelangt ist, dass beim Antragsteller eine funktionelle Einäugigkeit vorliege. Das Bundesministerium der Finanzen teilte mit Schreiben vom 5. Februar 2013 mit, dass es mit der Versetzung des Antragstellers in den vorzeitigen Ruhestand aufgrund des amtsärztlichen Gutachtens vom 12. Juli 2012 nicht einverstanden sei. Daraufhin forderte die Bundesfinanzdirektion Südost erneut eine amtsärztliche Begutachtung durch das Gesundheitsamt N. an. Dieses führte mit amtsärztlichem Zeugnis vom 30. Juli 2013 aus, dass zur grundsätzlichen Frage der Dienstfähigkeit nicht abschließend Stellung genommen werden könne. Hierzu sei zur Klärung des Umfangs möglicher Bildschirmtätigkeit vorab eine Erprobung bei dem Berufsförderungswerk W., inkl. augenfachärztliche Untersuchung bei der Universitätsklinik W. erforderlich; weiterhin solle eine nervenfachärztliche Zusatzbegutachtung durchgeführt werden.

Daraufhin teilte die Bezirksfinanzdirektion Südost dem Antragsteller mit Schreiben vom 30. August 2013 mit, sie habe für ihn beim Berufsförderungswerk W. einen Termin zu einer stationären Sehhilfenerprobung, die eine augenfachärztliche Untersuchung der Universitätsklinik W. umfasse, und zu einer sich daran anschließenden stationären Arbeitserprobung vereinbart sowie das Gesundheitsamt um eine nervenfachärztliche Zusatzbegutachtung gebeten. Es wies den Antragsteller an, diese Termine wahrzunehmen. Auf den Widerspruch des Antragstellers hin setzte die Bezirksfinanzdirektion Südost mit Schreiben vom 12. September 2013 die nervenfachärztliche Zusatzbegutachtung bis zum Vorliegen erster Erkenntnisse aus der Sehhilfenerprobung aus und hielt seine Weisung im Übrigen aufrecht.

Der Antragsteller hat daraufhin beim Verwaltungsgericht Ansbach einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel gestellt, ihn vorläufig von der Verpflichtung freizustellen, an der angeordneten Sehhilfenerprobung einschließlich einer augenfachärztlichen Untersuchung und einer sich anschließenden Arbeitserprobung teilzunehmen. Das Verwaltungsgericht hat diesen Antrag mit Beschluss vom 10. Oktober 2013 abgelehnt und zur Begründung ausgeführt, dass der Antrag zwar zulässig, aber unbegründet sei, weil es an einem Anordnungsanspruch fehle; die streitigen Anordnungen seien bei summarischer Prüfung rechtmäßig.

Hiergegen richtet sich die Beschwerde des Antragstellers, der die Antragsgegnerin entgegentritt.

II.

Die Beschwerde des Antragstellers ist zulässig und begründet. Die begehrte einstweilige Anordnung ist aus den Gründen, die innerhalb der Frist des § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO dargelegt worden sind, zu erlassen.

Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO ist statthaft. Bei der Anordnung gegenüber einem Beamten, sich gemäß § 44 Abs. 6 BBG zur Klärung seiner Dienstunfähigkeit ärztlich untersuchen und beobachten zu lassen, handelt es sich nicht um einen Verwaltungsakt im Sinn von § 35 Satz 1 VwVfG, sondern um eine gemischt dienstlich-persönliche Weisung (BVerwG, U.v. 26.4.2012 - 2 C 17.10 - NVwZ 2012, 1483 ff.). Die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes richtet sich daher nicht nach § 80 Abs. 5 VwGO, sondern nach § 123 VwGO (BayVGH, B.v. 27.2.2013 - 6 CE 12.2788 - juris Rn. 7).

Dem Erlass einer einstweiligen Anordnung steht nicht entgegen, dass die Untersuchungsaufforderung als behördliche Verfahrenshandlung im Sinn von § 44a Satz 1 VwGO zu qualifizieren ist. Zwar können nach dieser Bestimmung Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden mit der Folge, dass über die Rechtmäßigkeit der Untersuchungsaufforderung erst im Rahmen des Rechtsschutzes gegen die Zurruhesetzung wegen Dienstunfähigkeit zu befinden ist. Diese Rechtsfolge gilt nach § 44a Satz 2 VwGO aber dann nicht, wenn behördliche Verfahrenshandlungen vollstreckt werden können. Das ist bei einer Untersuchungsanordnung bereits dann der Fall, wenn ihre Nichtbefolgung mit disziplinarischen Mitteln sanktioniert werden kann, was jedenfalls bei aktiven Beamten möglich ist (vgl. OVG NRW, B.v. 1.10.2012 - 1 B 550/12 - NVwZ-RR 2013, 139 f.). Ferner sollen von § 44a Satz 2 VwGO seinem Rechtsgedanken nach auch solche Fallgestaltungen erfasst werden, bei denen andernfalls, also ohne selbstständige Anfechtbarkeit des behördlichen Handelns, die Möglichkeit eines Rechtsbehelfs in der Hauptsache nicht dem Rechtsschutzbedürfnis des Betroffenen genügen würde. Deshalb ist gegen eine Untersuchungsaufforderung nach § 44 Abs. 6 BBG ein Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes dann zulässig, wenn sie - wie hier - eine grundrechtlich geschützte subjektiv-öffentliche Rechtsstellung beeinträchtigt (BayVGH, B.v. 28.1.2013 - 3 CE 12.1883 - juris Rn. 27). Damit ist zugleich, wovon das Verwaltungsgericht zutreffend ausgegangen ist, ein Anordnungsgrund gegeben.

Dem Antragsteller steht auch ein Anordnungsanspruch zur Seite. Die streitige Untersuchungsaufforderung der Bezirksfinanzdirektion Südost vom 30. August und 12. September 2013 genügt bei summarischer Prüfung nicht den gesetzlichen Anforderungen und wird sich deshalb im Hauptsacheverfahren wohl als rechtswidrig erweisen.

Die behördliche Anordnung einer ärztlichen Untersuchung und Beobachtung muss nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit inhaltlichen und formellen Anforderungen genügen. Die Anordnung muss sich auf solche Umstände beziehen, die bei vernünftiger, lebensnaher Einschätzung die ernsthafte Besorgnis begründen, der betroffene Beamte sei dienstunfähig (oder nur begrenzt dienstfähig). In formeller Hinsicht muss die Anordnung aus sich heraus verständlich sein. Der Beamte muss ihr entnehmen können, was konkret ihr Anlass ist und ob das in ihr Verlautbarte die behördlichen Zweifel an seiner Dienstfähigkeit zu rechtfertigen vermag (BVerwG, U.v. 26.4.2012 - 2 C 17.10 - NVwZ 2012, 1483 ff.). Ferner muss die Anordnung Angaben zu Art und Umfang der ärztlichen Untersuchung enthalten. Die Behörde darf dies nicht dem Arzt überlassen. Nur wenn in der Aufforderung selbst Art und Umfang der geforderten ärztlichen Untersuchung nachvollziehbar sind, kann der Betroffene auch nach Maßgabe des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit ihre Rechtmäßigkeit überprüfen. Dementsprechend muss sich der Dienstherr bereits im Vorfeld des Erlasses nach entsprechender sachkundiger ärztlicher Beratung zumindest in den Grundzügen darüber klar werden, in welcher Hinsicht Zweifel am körperlichen Zustand oder der Gesundheit des Beamten bestehen und welche ärztlichen Untersuchungen zur endgültigen Klärung geboten sind (BVerwG, U.v. 30.5.2013 - 2 C 68.11 - ZBR 2013, 248 ff.).

Diesen Anforderungen genügt die Untersuchungsaufforderung vom 30. August und 12. September 2013 nicht. Zwar dürfte die Weisung, an der „stationären Sehhilfenerprobung … ggf. mit einer sich daran anschließenden stationären Arbeitserprobung“ teilzunehmen, vor dem Hintergrund des in Bezug genommenen und dem Antragsteller bekannten amtsärztlichen Zeugnisses vom 30. Juli 2013 für sich betrachtet weder formell noch inhaltlich zu beanstanden sein, wie das Verwaltungsgericht überzeugend angenommen hat; nachdem eine solche Beobachtung amtsärztlich für erforderlich gehalten wird, ist für einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Rechte des Antragstellers nicht zuletzt mit Blick auf die erheblichen krankheitsbedingten Fehlzeiten nichts ersichtlich. Die damit verbundene Anordnung, sich im Rahmen der Sehhilfenerprobung einer „augenfachärztlichen Untersuchung der Universitätsklinik W.“ zu unterziehen, kann indes aufgrund der besonderen Umstände bereits den formellen Anforderungen nicht genügen. Denn Art und Umfang dieser Untersuchung bleiben auch unter Berücksichtigung des amtsärztlichen Zeugnisses vom 30. Juli 2013 unklar, weshalb dem Antragsteller wie dem Gericht eine Prüfung am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verwehrt ist.

Zum einen ist denkbar, dass es sich lediglich um eine die Sehhilfenerprobung ergänzende und begleitende fachärztliche Zusatzuntersuchung handeln soll, die sich üblicherweise auf einen Sehtest und die Messung des Augeninnendrucks beschränkt. So hat das Verwaltungsgericht (S. 13 des Beschlusses) die Anordnung im Anschluss an die Ausführungen der Antragsgegnerin im erstinstanzlichen Verfahren (Schriftsatz vom 1.10.2013 S. 5) verstanden. Mit einem solchen Inhalt wäre eine augenfachärztliche Untersuchung zur Klärung der vorhandenen Sehfähigkeit mit dem unbeeinträchtigten Auge dem Antragsteller ohne weiteres zumutbar.

In deutlichem Widerspruch zu einem solchen „engen“ Verständnis steht indes der Untersuchungsauftrag, den die Bezirksfinanzdirektion Südost unter dem 30. August 2013 dem mit der Sehhilfenerprobung betrauten Berufsförderungswerk erteilt hat (Blatt 327 R und 331 der Personalakte). Denn dort heißt es ausdrücklich, dass insbesondere „das Gutachten der Universitätsklinik W., ob bei dem Beamten funktionelle Einäugigkeit vorliegt ..., von größter Bedeutung“ ist. Das kann nur so verstanden werden, dass die fachärztliche Untersuchung vor allem das beeinträchtigte Auge des Antragstellers betreffen und klären soll, ob überhaupt eine funktionelle Einäugigkeit vorliegt. Das ist aber bereits durch das vom Dienstherrn eingeholte augenfachärztliche Gutachten des Universitätsklinikums E. vom 1. März 2012 geschehen. Den Akten, insbesondere den amtsärztlichen Schreiben vom 12. Juli 2012 und 30. Juli 2013, lassen sich keine Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die damaligen Feststellungen einer funktionellen Einäugigkeit unplausibel oder überholt sein könnten und deshalb einer erneuten Begutachtung bedürften. Im Gegenteil geht die Antragsgegnerin in ihrer Beschwerdeerwiderung selbst davon aus, dass der Antragsteller unter funktioneller Einäugigkeit leidet (Schriftsatz vom 29.11.2013 S. 4). Die Wiederholung einer fachärztlichen Untersuchung zu einer bereits festgestellten und außer Streit stehenden gesundheitlichen Beeinträchtigung wäre aber ersichtlich überflüssig und deshalb dem Antragsteller offenkundig nicht zumutbar, zumal dieser die vorangegangene Untersuchung am Universitätsklinikum E. als äußerst unangenehm und schmerzhaft empfunden hat.

Da der Inhalt der streitigen Anordnung mithin in einem entscheidungserheblichen Punkt offen bleibt, kann diese bereits den formellen Anforderungen nicht genügen. Dieser Mangel trifft die Weisung insgesamt, weil die einzelnen Untersuchungs- und Beobachtungsanordnungen nicht teilbar sind. Die Antragsgegnerin ist freilich nicht gehindert, eine neue Aufforderung mit präzisiertem Inhalt und verbesserter Begründung zu erlassen (BVerwG, U.v. 30.5.2013 - 2 C 68.11 - ZBR 2013, 348/350).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, 2 VwGO i. V. m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

Tenor

I.

Die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entlassungsverfügung vom ... Mai 2014 wird wiederhergestellt.

II.

Der Antragsgegner hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Der Streitwert wird auf 6.125,40 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

Die am ... geborene Antragstellerin wurde am ... September 2012 in das Beamtenverhältnis auf Widerruf eingestellt. Mit Wirkung zum ... September 2013 wurde sie unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Probe zur Polizei ... ernannt.

Zur Abklärung einer möglicherweise aktuell bestehenden Suizidalität wurde die Beamtin kurzfristig am ... Oktober 2013 von Frau Dr. ... vom Polizeiärztlichen Dienst untersucht. Im Gesundheitszeugnis des Ärztlichen Dienstes der Polizei vom ... November 2013, dem ein polizeiärztliches Gutachten vom selben Tag zugrunde liegt, ist festgehalten, dass aktuell keine Hinweise für eine Selbst- bzw. Fremdgefährdung vorlägen. Die Antragstellerin sei derzeit uneingeschränkt polizeidienstfähig und gesundheitlich geeignet, ihre derzeitige Ausbildung fortzusetzen.

Mit Gesundheitszeugnis des Ärztlichen Dienstes der Polizei vom ... Dezember 2013, dem ein Polizeiärztliches Gutachten vom ... Dezember 2013 zugrunde liegt, wurde der Beamtin attestiert, dass sich zwar keine sicheren Hinweise für eine aktuell vorliegende Selbst- oder Fremdgefährdung ergäben, sie sei aufgrund ihrer aktuellen psychischen Verfassung derzeit nicht uneingeschränkt polizeidienstfähig und insbesondere zum Führen von Schusswaffen und zum Führen von Dienstkraftfahrzeugen unter Nutzung von Sonderrechten gesundheitlich nicht geeignet. Es bestünden Bedenken gegen eine Übernahme der Antragstellerin in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit, sie sei derzeit auch für eine Übernahme in den Verwaltungsdienst nicht geeignet, da Probleme auch im Verwaltungsdienst nicht auszuschließen seien.

Die Untersuchung wurde veranlasst, nachdem die Ausbilder sowie andere Auszubildende aus ihrer Sicht auffällige Verhaltensweisen der Beamtin festgestellt haben wollten. U. a. habe sie am ... November 2013 angegeben, dass das Schießen auf Ziele in der Schießbahn sie zu sehr mit Gewaltanwendung oder sogar mit „Töten“ assoziiere. Sie wolle zwar im Rahmen des Schießtrainings schießen, aber nicht unter Stressbedingungen. Bei einem „Stress-Drill“ im Rahmen des Selbstverteidigungstrainings sei sie nach der Übung zu Boden gegangen und habe von der Übung mitgenommen gewirkt. Kolleginnen gaben an, die Beamtin habe in der Umkleidekabine heftig geweint. Die Antragstellerin ihrerseits betont dazu, dass sie vor Schmerzen geweint habe; der Ausbilder habe sie so geschlagen, dass sie mit dem Kopf gegen die Wand gestoßen sei und sich eine Gehirnerschütterung zugezogen habe. Außerdem habe sie das Geschehen an Situationen erinnert, als sie in der Schule von Mitschülern geschlagen worden sei.

In einem weiteren Gesundheitszeugnis des Ärztlichen Dienstes vom ... Februar 2014, das nach Aktenlage erstellt worden ist, ist festgehalten, dass gegenwärtig nicht davon ausgegangen werden könne, dass die Antragstellerin die Ausbildung im Polizeivollzugsdienst in absehbarer Zeit wieder aufnehmen könne und mit einer Wiederherstellung der uneingeschränkten Polizeidienstfähigkeit innerhalb der nächsten zwei Jahre voraussichtlich nicht zu rechnen sei. Ob die Beamtin für eine Übernahme in die allgemeine Beamtenlaufbahn gesundheitlich geeignet sei und bis wann damit zu rechnen sei, dass sie an entsprechenden Ausbildungsmaßnahmen teilnehmen könne, könne derzeit nicht beantwortet werden; das erfordere eine längerfristige Beobachtung des weiteren Verlaufs. Aufgrund der vorliegenden Befunde und des bisherigen Verlaufs sei die Antragstellerin derzeit für die spätere Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit sowohl im Polizeivollzugsdienst als auch im allgemeinen Verwaltungsdienst gesundheitlich nicht geeignet.

Im Rahmen der Anhörung verwies die Antragstellerin darauf, dass sich die Polizeiärztin bei ihrer Begutachtung einseitig auf die in den Aktenvermerken festgehaltenen Schilderungen gestützt habe. Mit der Klagebegründung wurde u. a. eine Stellungnahme zum Persönlichkeitsbild der Antragstellerin vom ... Januar 2014 vorgelegt. Darin attestiert der Leiter der Dienstgruppe bei der Polizeiinspektion ..., der die Antragstellerin vom ... August bis ... September 2013 zugeordnet war, eine überdurchschnittliche soziale Kompetenz und die uneingeschränkte Eignung für den Beruf eines Polizeivollzugsbeamten. Weiter wurde ein Attest eines Facharztes für Allgemeinmedizin vom ... Dezember 2013 vorgelegt, wonach sich die Beamtin am ... Juni 2013 bei der Kampfsportausbildung eine Gehirnerschütterung zugezogen habe. Ebenso wurde eine Stellungnahme des Zentralen Psychologischen Dienstes des Polizeipräsidiums ... vom ... April 2014 über die Beratung der Antragstellerin vorgelegt. In den Akten ist ein Beurteilungsbeitrag des Vorgesetzten des ... Zentralservice vom ... April 2043 (richtig: 2014), dem die Beamtin ab ... Januar 2014 als Unterstützungskraft zugeteilt war, an die Personalverwaltung enthalten. Danach mache ihre freundliche und hilfsbereite Art die Antragstellerin im Kollegenkreis sehr beliebt. Allerdings habe sie am ... April 2014 einen Heulkrampf erlitten.

Das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei verfügte mit für sofort vollziehbar erklärtem Bescheid vom ... Mai 2014, dass die Antragstellerin mit Ablauf des ... Juni 2014 aus dem Beamtenverhältnis auf Probe entlassen werde. Neben den dokumentierten polizeiärztlichen Feststellungen und der negativen Prognose zur zeitnahen Wiederaufnahme der Ausbildung bestünden Bedenken wegen der gezeigten kontinuierlichen seelischen Instabilität. Aufgrund des gezeigten Verhalts bestehe die Gefahr einer nicht vorhandenen Stressstabilität. Insgesamt seien ihre dauernd und abrupt wechselnden Stimmungen dem Polizeivollzugsdienst nicht förderlich. Die Polizeiärztin habe eine negative Prognose zur dauernden Dienstfähigkeit bis zum regulären Ruhestand abgegeben; daher sei die Beamtin gesundheitlich nicht geeignet und die Entlassung geeignet, erforderlich und verhältnismäßig. Da das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Entlassungsverfügung die privaten Interessen der Antragstellerin überwiege, sei der Sofortvollzug anzuordnen.

Mit Schriftsatz vom ... Juni 2014, eingegangen bei Gericht am ... Juni 2014, hat die Antragstellerin Klage erhoben (M 5 K 14.2406) mit dem Ziel, die Entlassungsverfügung vom ... Mai 2014 aufzuheben. Über diese Klage ist noch nicht entschieden.

Die begutachtende Polizeiärztin hat nach Übersendung der Klagebegründung zu dem dort enthaltenen Vorwurf, den ärztlichen Gutachten fehle eine Exploration und es werde einseitig nur auf die in die in den Aktenvermerken der Vorgesetzten und Kollegen festgehaltenen Schilderungen zurückgegriffen, mit Schreiben vom ... Juli 2014 Stellung genommen. Die Situation wie die Ergebnisse der Begutachtungen am ... Oktober 2013 und ... Dezember 2013 werden darin näher dargelegt. Vor Fertigstellung ihres Gutachtens vom ... Dezember 2013 habe die Ärztin bei der Personalabteilung angerufen und nachgefragt, ob es für die Darstellung der Antragstellerin Zeugen gebe. Das sei verneint worden. Das gelte auch für den Vorfall bei dem „Stress-Drill“. Schließlich könne das privatärztliche Attest vom ... Dezember 2013 über den Vorfall vom ... Juni 2013 nur auf den Angaben der Beamtin beruhen. Nachdem die Antragstellerin am nächsten Tag zum Dienst erschienen sei und typische Symptome einer Gehirnerschütterung nicht dokumentiert seien, handle es sich dabei lediglich um eine unbewiesene Behauptung, für die es nach ihrem Informationsstand keine Belege gebe. Die Ärztin halte an ihrer Bewertung im Gutachten vom ... Dezember 2013 fest; die dort festgehaltene Diagnose wäre nach der ICD-10 in die Kategorie ... (... Persönlichkeitszüge) oder die Kategorie ... (nicht näher bezeichnete Persönlichkeitsstörung) einzuordnen. Die Polizeidienstunfähigkeit der Beamtin folge aus Nr. 11.1 der Richtlinien zur Ärztlichen Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit/PDV 300. Danach seien im Rahmen der Polizeidienstfähigkeit auch erhebliche Abweichungen - auch solche ohne Krankheitsbedeutung im psychiatrischen Sinne - zu bewerten, die zu erheblichen Störungen im zwischenmenschlichen Bereich führen. Es sei ausführlich dokumentiert und stehe nach fachärztlicher Beurteilung der Polizeiärztin unzweifelhaft fest, dass die Beamtin im vergangenen Jahr wiederholt im dienstlichen Bereich Auffälligkeiten gezeigt habe, die zu empfindlichen Störungen im zwischenmenschlichen Bereich geführt hätten. Die Antragstellerin habe bei der polizeiärztlichen Untersuchung am ... Dezember 2013 keine Fähigkeit erkennen lassen, eigene Anteile an konflikthaften Situationen zu reflektieren. Das sei Ausdruck ... Persönlichkeitszüge. Weiter sei ein Mangel an Empathiefähigkeit aufgefallen.

Mit Schriftsatz vom ... Juli 2014, eingegangen bei Gericht am ... Juli 2014, hat die Antragstellerin beantragt,

die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Entlassungsverfügung vom ... Mai 2014 wieder herzustellen.

Die der Entlassung zugrunde liegenden polizeiärztlichen Gesundheitszeugnisse hielten einer fachlichen Prüfung nicht stand. Grundlage für das Gutachten vom ... Dezember 2013, das das Gesundheitszeugnis vom ... Dezember 2013 begründe, seien im Wesentlichen die vorgelegten Aktenvermerke der Vorgesetzten und Kollegen. Eine erforderliche eingehende Exploration sei nicht ersichtlich. Eine Auseinandersetzung der Darstellung der Antragstellerin zu den in den Aktenvermerken festgehaltenen Umständen sei weder durch die Polizeiärztin noch im Entlassungsbescheid erfolgt. Daher könnten der Beamtin nicht „unübliche Verhaltensweisen“ vorgeworfen werden.

Das Präsidium der Bayerischen Bereitschaftspolizei hat für den Antragsgegner beantragt,

den Antrag abzulehnen.

Die fachliche Bewertung durch die Polizeiärztin könne nicht in Zweifel gezogen werden. Es sei ausführlich dokumentiert worden, dass die Antragstellerin im vergangenen Jahr wiederholt im dienstlichen Bereich Auffälligkeiten gezeigt habe, die zu empfindlichen Störungen im zwischenmenschlichen Bereich geführt hätten. Die Beamtin habe keinerlei Fähigkeiten erkennen lassen, eigene Anteile an konflikthaften Situationen zu reflektieren mit dem Ziel, ihr eigenes Verhalten anzupassen.

Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.

II.

Der zulässige Antrag hat in der Sache Erfolg.

1. Nach § 80 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO haben Widerspruch und Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung. Diese Bestimmung stellt eine zentrale Norm der Verwaltungsrechtspflege dar, denn der Bürger hat nach Art. 19 Abs. 4 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland/GG Anspruch auf eine tatsächlich wirksame Kontrolle der Verwaltung. Art. 19 Abs. 4 GG gewährleistet die aufschiebende Wirkung von Widerspruch und Anfechtungsklage aber nicht schlechthin. Die Behörde darf sie gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO durch Anordnung der sofortigen Vollziehung beseitigen, wenn dafür ein besonderes öffentliches Interesse besteht, das grundsätzlich über jenes Interesse hinauszugehen hat, welches den Verwaltungsakt selbst rechtfertigt.

2. In entsprechender Anwendung des § 80 Abs. 4 Satz 3 VwGO soll die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs dann angeordnet bzw. wieder hergestellt werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen. Dies ist vorliegend der Fall. Der Bescheid des Präsidiums der Bayerischen Bereitschaftspolizei vom ... Mai 2014 erweist sich bei summarischer Prüfung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren als rechtswidrig.

Diese Überprüfung der Sach- und Rechtslage ergibt im vorliegenden Fall, dass ganz erhebliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der für sofort vollziehbar erklärten Entlassungsverfügung bestehen.

3. Es bestehen keine Zweifel hinsichtlich der Zulässigkeit des Antrags mit Blick auf den Umstand, dass der vorliegende Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes erst nach dem Entlassungsdatum mit Schriftsatz vom ... Juli 2014, bei Gericht eingegangen am ... Juli 2014, gestellt worden ist. Die Entlassung der Antragstellerin aus dem Beamtenverhältnis auf Probe mit Ablauf des ... Juni 2014 ist durch Bescheid vom ... Mai 2014 verfügt worden. Wenn der von einem für sofort vollziehbar erklärten Verwaltungsakt Betroffene nach fristgerechter Erhebung eines Rechtsbehelfs in der Hauptsache mit der Antragstellung für die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes zuwartet, so nimmt er für diese Zeit die sofortige Vollziehung des verfügten Zustands hin. Nur dann, wenn in diesem Zeitraum Tatsachen eintreten, die ein Bedürfnis für die Anrufung des Gerichts entfallen lassen (vgl. hierzu Schmidt in Eyermann, VwGO, 14. Auflage 2014, § 80 Rn. 66) kann das Rechtsschutzbedürfnis entfallen. Hierfür bestehen aber vorliegend keine Anhaltspunkte. Durch den zeitweiligen Sofortvollzug der Entlassung wurden keine Umstände geschaffen (anders etwa beim Ruhestandseintritt nach Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze), die bei der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Entlassungsverfügung einer einstweiligen Fortsetzung des Beamtenverhältnisses bis zum Abschluss des Hauptsacheverfahrens entgegenstehen könnten.

4. Nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 des Gesetzes zur Regelung des Statusrechts der Beamtinnen und Beamten in den Ländern - Beamtenstatusgesetz/BeamtStG i. V. m. Art. 12 Abs. 5 des Gesetzes über die Leistungslaufbahn und die Fachlaufbahnen der bayerischen Beamten und Beamtinnen - Leistungslaufbahngesetz/LlbG kann ein Beamter auf Probe entlassen werden, wenn er sich in der Probezeit nicht bewährt hat (Eignung, Befähigung, fachliche Leistung).

Auch die fehlende gesundheitliche Eignung stellt einen Entlassungsgrund dar. Dies folgt zudem aus Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland/GG, dessen Kriterien § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG übernimmt. Geeignet ist nach Art. 33 Abs. 2 GG nur derjenige, der dem angestrebten Amt in körperlicher, psychischer und charakterlicher Hinsicht gewachsen ist (BVerfG, B. v. 21.2.1995 - 1 BvR 1397/93 - BVerfGE 92, 140; B. v. 20.4.2004 - 1 BvR 838/01 u. a. - BVerfGE 110, 304; BVerwG, U. v. 25.7.2013 - 2 C 12.11 - BVerwGE 147, 244). Bei der von Art. 33 Abs. 2 GG geforderten Eignungsbeurteilung hat der Dienstherr daher immer auch eine Entscheidung darüber zu treffen, ob der Bewerber den Anforderungen des jeweiligen Amtes in gesundheitlicher Hinsicht entspricht (BVerwG, U. v. 25.7.2013 a. a. O.).

Es obliegt dem Dienstherrn, die körperlichen Anforderungen der jeweiligen Laufbahn zu bestimmen. Hierbei steht ihm ein weiter Einschätzungsspielraum zu, bei dessen Wahrnehmung er sich am typischen Aufgabenbereich der Ämter der Laufbahn zu orientieren hat. Diese Vorgaben bilden den Maßstab, an dem die individuelle körperliche Leistungsfähigkeit der Bewerber zu messen ist (BVerwG, U. v. 21.6.2007 - BVerwG 2 A 6.06 - DokBer 2007, 312). Auf dieser Grundlage muss festgestellt werden, ob ein Bewerber den Anforderungen gewachsen ist, die die Ämter einer Laufbahn für die Dienstausübung stellen. Dem Dienstherrn steht bei der Entscheidung über die gesundheitliche Eignung eines Beamten kein Beurteilungsspielraum zu. Entsprechend haben die Verwaltungsgerichte über die gesundheitliche Eignung von Beamtenbewerbern zu entscheiden, ohne an tatsächliche oder rechtliche Würdigungen des Dienstherrn gebunden zu sein (BVerwG, U. v. 25.7.2013 - 2 C 2/11 - BVerwGE 147, 244; U. v. 30.10.2013 - 2 C 16/12 - BVerwGE 148, 204).

Zur Beurteilung der gesundheitlichen Eignung müssen die körperlichen und psychischen Veranlagungen des Bewerbers festgestellt und deren Auswirkungen auf sein Leistungsvermögen bestimmt werden. Diese Beurteilungsvorgänge erfordern in aller Regel besondere medizinische Sachkunde, über die nur ein Arzt verfügt. Dieser muss gegebenenfalls einen Facharzt hinzuziehen. Der Mediziner muss eine fundierte medizinische Tatsachenbasis für die Prognose auf der Grundlage allgemeiner medizinischer Erkenntnisse und der gesundheitlichen Verfassung des Bewerbers erstellen. Er muss das Ausmaß der Einschränkungen feststellen und deren voraussichtliche Bedeutung für die Leistungsfähigkeit und für die Erfüllung der beruflichen Anforderungen medizinisch fundiert einschätzen (vgl. zum Ganzen auch Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: Juli 2014, § 23 BeamtStG Rn. 138).

Die medizinische Diagnose muss daher Anknüpfungs- und Befundtatsachen darstellen, die Untersuchungsmethoden erläutern und ihre Hypothesen sowie deren Grundlage offenlegen. Auf dieser Grundlage hat sie unter Ausschöpfung der vorhandenen Erkenntnisse zum Gesundheitszustand des Bewerbers eine Aussage über die voraussichtliche Entwicklung des Leistungsvermögens zu treffen, die den Dienstherrn in die Lage versetzt, die Rechtsfrage der gesundheitlichen Eignung im Sinne des Art. 33 Abs. 2 GG eigenverantwortlich zu beantworten (BVerwG, U. v. 25.7.2013 - 2 C 2/11 - BVerwGE 147, 244, B. v. 13.12.2013 - 2 B 37/13 - juris Rn. 22)

Ein Sachverständigengutachten kann seine Aufgabe, dem Gericht die zur Feststellung des entscheidungserheblichen Sachverhalts erforderliche Sachkunde zu vermitteln, nicht erfüllen, wenn es grobe, offen erkennbare Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, wenn es von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgeht oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder der Unparteilichkeit des Gutachters besteht (BVerwG, U. v. 30.10.2013 - 2 C 16/12 - BVerwGE 148, 204 m. w. N.).

Die Notwendigkeit, einen Arzt hinzuzuziehen, bedeutet aber nicht, dass diesem die Entscheidungsverantwortung für das gesundheitliche Eignungsurteil übertragen werden darf. Vielmehr wird der Arzt als Sachverständiger tätig, auf dessen Hilfe der Dienstherr angewiesen ist, um die notwendigen Feststellungen treffen zu können. Der Dienstherr muss die ärztlichen Befunde und Schlussfolgerungen nachvollziehen und sich auf ihrer Grundlage ein eigenes Urteil bilden (BVerwG, U. v. 21.6.2007 - BVerwG 2 A 6.06 - DokBer 2007, 312).

Obwohl § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 BeamtStG davon spricht, dass ein Beamter auf Probe entlassen werden „kann“, ist der Behörde hinsichtlich der Entlassung eines Probebeamten, der sich in der Probezeit nicht bewährt hat, kein Ermessen eröffnet. Entsprechend ist in Art. 12 Abs. 5 LlbG zwingend vorgeschrieben, dass Beamte, die sich nicht bewährt haben oder nicht geeignet sind, entlassen werden. Das Wort „kann“ trägt lediglich dem Gesichtspunkt Rechnung, dass die Probezeit, zu verlängern ist, wenn die Bewährung oder Nichtbewährung des Beamten noch nicht endgültig festgestellt worden ist (BVerwG, U. v. 30.10.2013 - 2 C 16/12 - BVerwGE 148, 204; U. v. 19.3.1998 - BVerwG 2 C 5.97 - BVerwGE 106, 263; U. v. 3.12.1998 - BVerwG 2 C 26.97 - BVerwGE 108, 64).

5. Nach diesen Grundsätzen steht die gesundheitliche Nichteignung der Antragstellerin für die Übernahme in ein Beamtenverhältnis auf Lebenszeit nicht zur Überzeugung des Gerichts fest. Die Bewertung des Dienstherrn im Bescheid vom ... Mai 2014, dass die Antragstellerin gesundheitlich nicht geeignet sei, ist für das Gericht in vollem Umfang nachprüfbar. Diese Eignungsbewertung ist fehlerhaft, da sie auf einer mangelhaften Ermittlung des Sachverhalts beruht und auch die polizeiärztliche Begutachtung nicht nachvollziehbar ist. Die Einschätzung der Polizeiärztin hält den oben dargestellten Anforderungen an eine medizinische Prognoseentscheidung in keiner Weise Stand.

a) Die Entlassung der Beamtin wurde ausschließlich wegen gesundheitlicher Nichteignung verfügt. Soweit in der Begründung des streitgegenständlichen Bescheids vom ... Mai 2014 (S. 6) auf dauernde und abrupte Stimmungswechsel abgestellt werden, die dem Polizeivollzugsdienst nicht förderlich seien, wird das im Zusammenhang mit der gesundheitlichen Eignung benannt. Das gilt auch für die Bemerkung, dass auch die notwendige Loyalität gegenüber Kollegen und Vorgesetzten sowie Ehrlichkeit, Einsicht bei Fehlverhalten und eine gewisse Kontaktfreude den Charakter eines Polizeivollzugsbeamten ausmachten, wobei die Antragstellerin diese Eigenschaften in ihrem Verhalten nicht habe erkennen lassen.

b) Bereits bei der Erhebung der Tatsachen, die die Ärztin ihrer Begutachtung zugrunde legt, sind Fehler ersichtlich. So wird aus dem Gutachten vom ... Dezember 2013 nicht deutlich, ob die Gutachterin die von den Ausbildern geschilderten Umstände als wahr zugrunde legt oder auch die Darstellungen der Antragstellerin gelten lassen will und dann entsprechend bewertet. Die Ärztin habe sich - wie sie in ihrem Schreiben vom ... Juli 2014 ausführt - vor Fertigstellung des Gutachtens bei der Personalabteilung erkundigt, ob es insbesondere für die Angabe der Antragstellerin, der Ausbilder habe ihr beim „Stress-Drill“ „den Kopf an die Wand geknallt“, Zeugen für deren Version gegeben habe. Das Gesundheitszeugnis vom ... Dezember 2013 ist am Tag der Untersuchung erstellt worden. Bei den divergierenden Darstellungen hätte eine Nachfrage, ob andere Beamte die Version der Antragstellerin bestätigten, am Tag der Untersuchung bzw. der Festlegung auf ein Ergebnis erfolgen müssen und nicht später.

Weiter fehlen wichtige Gesichtspunkte bei der Tatsachenerhebung. Die Angabe, dass die Beamtin die „Kontrollübung unter Stress“ mittlerweile bestanden habe (Gutachten vom ... Dezember 2013, S. 17) wird weder hinterfragt noch berücksichtigt. Schließlich kann die Tatsache nicht übergangen werden, dass die Antragstellerin ein ärztliches Attest vom ... Dezember 2013 vorgelegt hat, dass sie sich am ... Juni 2013 bei der Kampfsportausbildung eine Gehirnerschütterung zugezogen habe. Die ohne Rückfrage bei diesem Arzt oder Einsichtnahme in dessen Behandlungsunterlagen gezogene Schlussfolgerung der Polizeiärztin in ihrem Schreiben vom ... Juli 2014, dabei handle es sich um eine unbewiesene Behauptung, da sich das Attest nur auf die Angaben der Beamtin stützen könne, widerspricht allgemeinen Bewertungsgrundsätzen. Auch der Umstand, dass die Antragstellerin beim „Stress-Drill“ zu Boden gegangen sei, kann mit den Symptomen einer Gehirnerschütterung erklärt werden. Schließlich hat die Ärztin auch die Möglichkeit, dass die Antragstellerin unter überobligatorischer Anstrengung - etwa um möglichst wenig Ausbildungsstoff zu versäumen - wieder zum Dienst erschienen ist, nicht aufgeklärt. Schließlich ist nicht ersichtlich, über welchen Zeitraum sich die der Begutachtung zugrunde liegenden Vorkommnisse erstreckten. Dabei drängt sich die Frage auf, ob entsprechende Beobachtungen hinsichtlich der Beamtin schon in einer früheren Phase der Ausbildung - sie ist seit ... September 2012 bei der Bayerischen Polizei tätig - festgehalten wurden. Hierzu ist in den Begutachtungen nichts ersichtlich.

Schließlich fehlt auch eine Auseinandersetzung mit der sehr positiven Bewertung der Persönlichkeit der Beamtin durch den Dienstgruppenleiter vom ... Januar 2014. Denn auch diese Einschätzung bezieht sich auf die Bewertung der Persönlichkeit der Antragstellerin. Das gilt ebenso für die Einschätzung des Zentralen Psychologischen Dienstes des Polizeipräsidiums ... vom ... April 2014. Dort ist unter Nr. 3 angegeben, dass sich die Polizistin in einem hohem Maß sozial kompetent, tapfer im Umgang mit ihren Mitschülern und Ausbildern sowie bereit gezeigt habe, sich mit der mit der schwierigen Situation auseinanderzusetzen. Auch der Beurteilungsbeitrag des ... Zentralservice vom ... April 2014 hätte als relevant für Bewertung der Persönlichkeit der Beamtin im Rahmen der Einschätzung der gesundheitlichen Eignung berücksichtigt werden müssen. Danach arbeite die Antragstellerin sehr sorgfältig und gewissenhaft, ihre freundliche und hilfsbereite Art mache sie im Kollegenkreis sehr beliebt, wobei sie aber am ... April 2014 Heulkrämpfe und Selbstzweifel gezeigt habe.

c) Die Begutachtung leidet entscheidend unter dem durch ein Gericht zu berücksichtigenden Fehler, dass Anknüpfungs- und Befundtatsachen für die Diagnose nicht dargestellt sind, die Untersuchungsmethode nicht erläutert und die Hypothesen sowie deren Grundlage nicht offengelegt wurden (BVerwG, U. v. 25.7.2013 - 2 C 12/11 - BVerwGE 147, 244).

Wenn im Rahmen der Erhebung des psychischen Befundes (Gutachten vom ... Dezember 2013, S. 23) angegeben ist, dass aus Sicht ihrer Vorgesetzten und Mitschüler Probleme aufgetreten seien, die die Antragstellerin als eine Aneinanderreihung von Ungerechtigkeiten und „Lügen“ bezeichnet, so fehlt eine genaue Bezeichnung der aus Sicht der Ärztin für die Erhebung des Befundes medizinisch relevanten Probleme. Wenn der Beamtin keine Fähigkeit zu selbstkritischer Reflexion und Einsicht in eigenes (Fehl-)Verhalten attestiert wird, so fehlt eine Auseinandersetzung mit möglichen anderen Erklärungsmustern für das Geschehen. Erst recht gilt das für die im Schreiben der Polizeiärztin vom ... Juli 2014 (S. 7) angegebenen zu erwartenden künftigen Konflikte im zwischenmenschlichen Bereich. Im Vordergrund der Aktenvermerke der Ausbilder stehen vielmehr Vorkommnisse bei einem „Stress-Drill“ wie der Schießausbildung, die - nach Ansicht dieser Beamten - eine nicht in erforderlichem Ausmaß vorhandene Stresstoleranz nahelegen. Zu dieser Problematik ist in den Gutachten aber nichts vorhanden.

Im Kern ist für das Gericht nicht nachvollziehbar, warum die Ärztin das Verhalten als in medizinischer Sicht so problematisch bewertet, dass die gesundheitliche Eignung der Beamtin nicht gegeben sein soll. Eine so weitreichende Bewertung muss entsprechend nachvollziehbar begründet werden. Hierzu findet sich in den dem Gericht vorgelegten Akten jedoch nichts.

Zunächst verwundert, dass in einem so weitreichenden Gutachten keine klare Diagnose gestellt wird. Bereits das spricht gegen die Nachvollziehbarkeit der ärztlichen Einschätzung.

Sollte die Diagnose ... der ICD-10 gestellt sein (nicht näher bezeichnete Persönlichkeitsstörung) so lassen sich sämtlichen Äußerungen der Amtsärztin die Ausfüllung der diagnostischen Kriterien, die für das Vorliegen einer Persönlichkeitsstörung gefordert werden (G1 bis G6, zitiert nach Dilling/Freyberger, Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen, 7. Auflage 2014, F 60, S. 234 ff.) auch nicht ansatzweise entnehmen. Aus den Darstellungen im Gutachten vom ... Dezember 2013 lassen sich auch ansonsten keine Tatsachen entnehmen, die die diagnostischen Kriterien ausfüllen könnten. Insbesondere fehlt der Nachweis, dass die Abweichung stabil, von langer Dauer ist und im späten Kindesalter oder der Adoleszenz begonnen hat (diagnostisches Kriterium G4., zitiert nach Dilling/Freyberger, Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen, 7. Auflage 2014, F 60, S. 235). Diese Einschätzung ist daher fachlich nicht nachvollziehbar.

Soweit die Diagnose ... - Akzentuierung von Persönlichkeitszügen - gestellt wird, ist zu berücksichtigen, dass diese Bezeichnung aus dem „Kapitel XXI - Faktoren, die den Gesundheitszustand beeinflussen und zur Inanspruchnahme des Gesundheitswesens führen (Z00 - Z99)“ stammt unter der Überschrift „Z73 - Probleme mit Bezug auf Schwierigkeiten bei der Lebensbewältigung“ (zitiert nach Dilling/Freyberger, Taschenführer zur ICD-10-Klassifikation psychischer Störungen, 7. Auflage 2014, S. 395/401). Auch hier fehlt eine klare und nachvollziehbare Darstellung, warum die Persönlichkeitszüge in so auffälliger Weise akzentuiert sein sollen, dass dem ein besonderer Stellenwert beizumessen ist.

Das gilt insbesondere für die Bewertung, dass die Beamtin aufgrund dieser akzentuierten Persönlichkeitszüge die besonderen Anforderungen an Polizeivollzugsbeamte nicht erfüllen könne. Dabei ist der Maßstab in Nr. 11.1 der Richtlinien zur Ärztlichen Beurteilung der Polizeidiensttauglichkeit und der Polizeidienstfähigkeit/PDV 300 sehr offen formuliert. Danach soll der Polizeibeamte ausgeglichen, aufgeschlossen, kontaktfähig, ausdauernd, zielstrebig leistungsbereit sein und eine seinem Alter entsprechende Reife besitzen. Erhebliche Abweichungen - auch solche ohne Krankheitsbedeutung im psychiatrischen Sinne - führten zu empfindlichen Störungen im zwischenmenschlichen Bereich. Dass die Akzentuierung der Persönlichkeit der Antragstellerin so ausgeprägt sein soll, dass dadurch eine erhebliche Abweichung im gerade genannten Sinn vorliegt, ist auch nicht ansatzweise begründet. Gerade bei einer so weitreichenden Bewertung wie die der gesundheitlichen Nichteignung muss nachvollziehbar sein, ob und warum der Mediziner die Abweichung als so erheblich ansieht, dass dadurch die Anforderungen an einen Polizeivollzugsbeamten nicht erfüllt werden können. Schließlich ist nicht nachvollziehbar, dass eine so weitreichende Einschätzung der Persönlichkeit ohne eine standardisierte Fragebogen-Auswertung gestellt wird. Dem Gericht ist aus anderen Verfahren bekannt, dass im Rahmen der Begutachtung zur Erkennung und Bewertung von Persönlichkeitsakzentuierungen oder -störungen Fragebogen zur Anwendung kommen. Anhand standardisierter Fragen kann das Vorliegen und die Schwere entsprechender Akzentuierungen oder Störungen eingeordnet werden. Es ist nicht ersichtlich, dass im vorliegenden Fall eine solche Methode zur Anwendung gekommen ist. Zudem ist in Nr.11.1 Satz 3 der PDV 300 ausdrücklich auf geeignete Testmethoden hingewiesen.

Auch auf die Frage, ob den von der Ärztin erkannten Störungen durch geeignete Therapiemaßnahmen begegnet werden könnte, ist nicht hinreichend eingegangen. Soweit im Gesundheitszeugnis vom ... Dezember 2013 in Nr. 2 ausgeführt wird, dass eine Eigenmotivation der Beamtin für eine ambulante oder auch stationäre psychiatrisch-psychotherapeutische Behandlung zum Untersuchungszeitpunkt nicht erkennbar sei, steht das in Widerspruch dazu, dass die die Beamtin seit ... Oktober 2013 in Kontakt mit dem Zentralen Psychologischen Dienst des Polizeipräsidiums M. stand und von dort beraten wurde. Im Gutachten vom ... Dezember 2013 ist diese Aussage auch nicht begründet.

Erst recht gilt die fehlende Nachvollziehbarkeit, soweit konstatiert wird, dass die allgemein an einen Beamten zu stellenden gesundheitlichen Anforderungen durch die Antragstellerin nicht erfüllt würden. Welche Probleme, die auch im Verwaltungsdienst nicht auszuschließen seien, die Polizeiärztin in Nr. 3 des Gesundheitszeugnisses vom ... Dezember 2013 meint, ist auch nicht ansatzweise angegeben oder ersichtlich.

Schließlich ist es nicht nachvollziehbar, wie die Ärztin im Gesundheitszeugnis vom ... Februar 2014 ohne erneute Begutachtung und ohne Hinzutreten weiterer Umstände in Nr. 4 zu der Einschätzung gelangt, dass aufgrund der vorliegenden Befunde und des bisherigen Verlaufs die Beamtin derzeit für die spätere Übernahme in das Beamtenverhältnis auf Lebenszeit sowohl im Polizeivollzugsdienst als auch im allgemeinen Verwaltungsdienst nicht geeignet sei. Im Gesundheitszeugnis vom ... Dezember 2013 waren in Nr. 4 insoweit nur Bedenken geäußert worden. Zudem besteht ein unauflösbarer logischer Widerspruch zwischen der Bewertung der gesundheitlichen Nichteignung in Nr. 4 des Gesundheitszeugnisses vom ... Februar 2014 und der dort in Nr. 3 getroffenen Aussage. Nach Nr. 3 könnten die Fragen, ob die Antragstellerin für eine Übernahme in die allgemeine Beamtenlaufbahn gesundheitlich geeignet sei und bis wann damit zu rechnen sei, dass die Beamtin an entsprechenden Ausbildungsmaßnahmen teilnehmen könne, derzeit von hiesiger Seite nicht beantwortet werden. Zur Beantwortung dieser Fragen wäre aus medizinischer Sicht eine längerfristige Beobachtung des weiteren Verlaufs erforderlich. Wie bereits im Gesundheitszeugnis vom ... Dezember 2013 mitgeteilt, seien nach gutachterlicher Beurteilung Probleme auch im Verwaltungsdienst nicht auszuschließen. Im nächsten Satz - Nr. 4 des Gesundheitszeugnisses - wird aber in Widerspruch zur vorangegangenen Aussage die derzeitige gesundheitliche Nichteignung sowohl im Polizeivollzugsdienst als auch im allgemeinen Verwaltungsdienst angegeben. Wird in Nr. 3 angegeben, dass die Fragen der gesundheitlichen Eignung derzeit nicht beantwortet werden könnten und eine Beobachtungszeit gefordert, kann nicht andererseits in Nr. 4 angegeben werden, dass die Antragstellerin derzeitig gesundheitlich nicht geeignet sei.

6. Auch wenn nach den vorstehenden Ausführungen nicht unmittelbar entscheidungserheblich, so fällt auf, dass in den Akten nicht belegt ist, dass - wie im Bescheid vom ... April 2014 angegeben ist - eine anderweitige Verwendungsmöglichkeit im Verwaltungsdienst nicht bestehe. Das Polizeipräsidium München - wie dem Gericht bekannt, eine der größten Polizeibehörden in Bayern - hat auf Anfrage mitgeteilt, dass es an der Übernahme der Beamtin nicht interessiert sei. Dass dort kein Bedarf bestehe, ist aus dieser Nachricht nicht ersichtlich. Es fällt auf, dass alle anderen angefragten Polizeibehörden ausdrücklich angegeben haben, dass dort ein Bedarf für eine Verwaltungsbeamtin nicht bestehe. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist die Suche nach einer entsprechenden anderweitigen Verwendung regelmäßig auf den gesamten Bereich des Dienstherrn und nicht lediglich auf aktuell freie Stellen, sondern auf Dienstposten zu erstrecken, die in absehbarer Zeit voraussichtlich neu zu besetzen sind. Dabei gibt die Dauer des Vorbereitungsdienstes den zeitlichen Rahmen vor, in dem sich eine Verwendungsmöglichkeit eröffnen muss (BVerwG, Urteil vom 26.03.2009 - 2 C 73/08 -, BVerwGE 133, 297; VG Göttingen, U. v. 1.10.2014 - 1 A 13/13 - juris Rn. 28),

In streitgegenständlichen Bescheid ist auch in Nr. 4 auf eine negative Prognose zur dauernden Dienstfähigkeit bis zum regulären Ruhestand durch die Polizeiärztin Bezug genommen. In den medizinischen Beurteilungen der Antragstellerin durch den Polizeiärztlichen Dienst ist eine solche Prognose nicht getroffen.

7. Auch eine Interessenabwägung fällt zugunsten der Antragstellerin aus. Bei der Entlassung eines Probebeamten handelt es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in dessen Rechtsstellung (VG Göttingen, U. v. 1.10.2014 - 1 A 13/13 - juris Rn. 30; NdsOVG, B. v. 01.07.2013 - 5 ME 109/13 - NdsVBL 2014, 26). Solange die gesundheitliche Nichteignung der Beamtin nicht nachvollziehbar durch einen Arzt begründet ist, ist daher einem vorläufigen Fortbestand eines Beamtenverhältnisses auf Probe ein erhebliches Gewicht beizumessen. Es spricht für eine Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung, dass die Antragstellerin bislang ihre Ausbildung im Ergebnis erfolgreich absolviert hat. Für sie spricht weiter die sehr positive Bewertung ihres Praktikums bei der Polizeiinspektion ... vom ... Januar 2014 sowie der ebenfalls positive Beurteilungsbeitrag des ... Zentralservice vom ... April 2014. Soweit in den Akten Umstände genannt sind, die aus Sicht des Dienstherrn gegen die Fortsetzung des Dienstverhältnisses sprechen, so sind diese nicht eindeutig geklärt. Sie sind auch nicht von einem solchen Gewicht, dass sie für sich genommen gegen eine Fortsetzung des Dienstverhältnisses bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache sprechen. Die Ausbilder sprechen sich vielmehr für eine professionelle Behandlung und einen „Neuanfang an einem anderen Standort“ aus (Aktenvermerk L. R. vom 22.11.2013).

8. Der Antragsgegner hat als unterlegener Beteiligter nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 GKG unter Berücksichtigung der Empfehlungen des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Das Gericht hat dabei die Jahresbezüge einer Beamtin der Besoldungsgruppe ... (Monatsbezüge und jährliche Sonderzahlung) zugrunde gelegt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

(1) Die Beteiligten können vor dem Verwaltungsgericht den Rechtsstreit selbst führen.

(2) Die Beteiligten können sich durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, der die Befähigung zum Richteramt besitzt, als Bevollmächtigten vertreten lassen. Darüber hinaus sind als Bevollmächtigte vor dem Verwaltungsgericht vertretungsbefugt nur

1.
Beschäftigte des Beteiligten oder eines mit ihm verbundenen Unternehmens (§ 15 des Aktiengesetzes); Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich auch durch Beschäftigte anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen,
2.
volljährige Familienangehörige (§ 15 der Abgabenordnung, § 11 des Lebenspartnerschaftsgesetzes), Personen mit Befähigung zum Richteramt und Streitgenossen, wenn die Vertretung nicht im Zusammenhang mit einer entgeltlichen Tätigkeit steht,
3.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Abgabenangelegenheiten,
3a.
Steuerberater, Steuerbevollmächtigte, Wirtschaftsprüfer und vereidigte Buchprüfer, Personen und Vereinigungen im Sinne der §§ 3a und 3c des Steuerberatungsgesetzes im Rahmen ihrer Befugnisse nach § 3a des Steuerberatungsgesetzes, zu beschränkter geschäftsmäßiger Hilfeleistung in Steuersachen nach den §§ 3d und 3e des Steuerberatungsgesetzes berechtigte Personen im Rahmen dieser Befugnisse sowie Gesellschaften im Sinne des § 3 Satz 1 Nummer 2 und 3 des Steuerberatungsgesetzes, die durch Personen im Sinne des § 3 Satz 2 des Steuerberatungsgesetzes handeln, in Angelegenheiten finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie, wenn und soweit diese Hilfsprogramme eine Einbeziehung der Genannten als prüfende Dritte vorsehen,
4.
berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,
5.
Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
6.
Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder in Angelegenheiten der Kriegsopferfürsorge und des Schwerbehindertenrechts sowie der damit im Zusammenhang stehenden Angelegenheiten,
7.
juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nummern 5 und 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
Bevollmächtigte, die keine natürlichen Personen sind, handeln durch ihre Organe und mit der Prozessvertretung beauftragten Vertreter.

(3) Das Gericht weist Bevollmächtigte, die nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 vertretungsbefugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann den in Absatz 2 Satz 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Bevollmächtigten durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.

(4) Vor dem Bundesverwaltungsgericht und dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskostenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht oder einem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte sind nur die in Absatz 2 Satz 1 bezeichneten Personen zugelassen. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 als Bevollmächtigte zugelassen, jedoch nur in Angelegenheiten, die Rechtsverhältnisse im Sinne des § 52 Nr. 4 betreffen, in Personalvertretungsangelegenheiten und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen, einschließlich Prüfungsangelegenheiten. Die in Satz 5 genannten Bevollmächtigten müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht sind auch die in Absatz 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 bezeichneten Personen und Organisationen als Bevollmächtigte zugelassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Sätze 3, 5 und 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

(5) Richter dürfen nicht als Bevollmächtigte vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören. Ehrenamtliche Richter dürfen, außer in den Fällen des Absatzes 2 Satz 2 Nr. 1, nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Absatz 3 Satz 1 und 2 gilt entsprechend.

(6) Die Vollmacht ist schriftlich zu den Gerichtsakten einzureichen. Sie kann nachgereicht werden; hierfür kann das Gericht eine Frist bestimmen. Der Mangel der Vollmacht kann in jeder Lage des Verfahrens geltend gemacht werden. Das Gericht hat den Mangel der Vollmacht von Amts wegen zu berücksichtigen, wenn nicht als Bevollmächtigter ein Rechtsanwalt auftritt. Ist ein Bevollmächtigter bestellt, sind die Zustellungen oder Mitteilungen des Gerichts an ihn zu richten.

(7) In der Verhandlung können die Beteiligten mit Beiständen erscheinen. Beistand kann sein, wer in Verfahren, in denen die Beteiligten den Rechtsstreit selbst führen können, als Bevollmächtigter zur Vertretung in der Verhandlung befugt ist. Das Gericht kann andere Personen als Beistand zulassen, wenn dies sachdienlich ist und hierfür nach den Umständen des Einzelfalls ein Bedürfnis besteht. Absatz 3 Satz 1 und 3 und Absatz 5 gelten entsprechend. Das von dem Beistand Vorgetragene gilt als von dem Beteiligten vorgebracht, soweit es nicht von diesem sofort widerrufen oder berichtigt wird.

(1) Kammerrechtsbeistände stehen in den nachfolgenden Vorschriften einem Rechtsanwalt gleich:

1.
§ 79 Absatz 1 Satz 2 und Absatz 2 Satz 1, § 88 Absatz 2, § 121 Absatz 2 bis 4, § 122 Absatz 1, den §§ 126, 130d und 133 Absatz 2, den §§ 135, 157 und 169 Absatz 2, den §§ 174, 195 und 317 Absatz 5 Satz 2, § 348 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 Buchstabe d, § 397 Absatz 2 und § 702 Absatz 2 Satz 2 der Zivilprozessordnung,
2.
§ 10 Absatz 2 Satz 1, § 11 Satz 4, § 13 Absatz 4, den §§ 14b und 78 Absatz 2 bis 4 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit,
3.
§ 11 Absatz 2 Satz 1 und § 46g des Arbeitsgerichtsgesetzes,
4.
den §§ 65d und 73 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 5 des Sozialgerichtsgesetzes, wenn nicht die Erlaubnis das Sozial- und Sozialversicherungsrecht ausschließt,
5.
den §§ 55d und 67 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Verwaltungsgerichtsordnung,
6.
den §§ 52d und 62 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 6 Satz 4 der Finanzgerichtsordnung, wenn die Erlaubnis die geschäftsmäßige Hilfeleistung in Steuersachen umfasst.

(2) Registrierte Erlaubnisinhaber stehen im Sinn von § 79 Abs. 2 Satz 1 der Zivilprozessordnung, § 10 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit, § 11 Abs. 2 Satz 1 des Arbeitsgerichtsgesetzes, § 73 Abs. 2 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes, § 67 Abs. 2 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung und § 62 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung einem Rechtsanwalt gleich, soweit ihnen die gerichtliche Vertretung oder das Auftreten in der Verhandlung

1.
nach dem Umfang ihrer bisherigen Erlaubnis,
2.
als Prozessagent durch Anordnung der Justizverwaltung nach § 157 Abs. 3 der Zivilprozessordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung,
3.
durch eine für die Erteilung der Erlaubnis zum mündlichen Verhandeln vor den Sozialgerichten zuständige Stelle,
4.
nach § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung oder
5.
nach § 13 des Gesetzes über die Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit in der bis zum 30. Juni 2008 geltenden Fassung
gestattet war. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 bis 3 ist der Umfang der Befugnis zu registrieren und im Rechtsdienstleistungsregister bekanntzumachen.

(3) Das Gericht weist registrierte Erlaubnisinhaber, soweit sie nicht nach Maßgabe des Absatzes 2 zur gerichtlichen Vertretung oder zum Auftreten in der Verhandlung befugt sind, durch unanfechtbaren Beschluss zurück. Prozesshandlungen eines nicht vertretungsbefugten Bevollmächtigten und Zustellungen oder Mitteilungen an diesen Bevollmächtigten sind bis zu seiner Zurückweisung wirksam. Das Gericht kann registrierten Erlaubnisinhabern durch unanfechtbaren Beschluss die weitere Vertretung oder das weitere Auftreten in der Verhandlung untersagen, wenn sie nicht in der Lage sind, das Sach- und Streitverhältnis sachgerecht darzustellen.§ 335 Abs. 1 Nr. 5 der Zivilprozessordnung gilt entsprechend.