Verwaltungsgericht München Urteil, 18. Okt. 2016 - M 4 K 14.2436

bei uns veröffentlicht am18.10.2016

Gericht

Verwaltungsgericht München

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt seine Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer.

Der Kläger trat am ... Juli 2008 aufgrund eigener, freiwilliger Bewerbung mit zunächst widerruflicher Verpflichtungserklärung in die Bundeswehr ein. Mit Erklärung vom … Mai 2008 verpflichtete sich der Kläger, 13 Jahre Wehrdienst zu leisten. Nach Abschluss des Annahmeverfahrens für die Laufbahn der Offiziere des Truppendienstes wurde er der Truppengattung „Pioniertruppe“ mit der Studienfachrichtung „Maschinenbau“ (FH) zugeordnet. Im Oktober 2009 begann er das Studium, welches er am … Juni 2012 erfolgreich mit dem Bachelor of Engineering (B. Eng.) abschloss (Bachelor-Urkunde v. …10.2012, Bl. … der Truppenakte).

Nach erfolgreichem Abschluss des Bachelor-Studiengangs begann der Kläger den Master-Studiengang. Diesen schloss er ebenfalls erfolgreich ab (Master of Engineering, M. Eng.). Die Prüfungen für diesen Lehrgang dauerten bis zum … August 2013, die entsprechende Master-Urkunde datiert vom … September 2013.

Bereits am … September 2013, also sechs Tage nach Ablegung der letzten Prüfungen, ging bei dem Karrierecenter der Bundeswehr … ein Schreiben der Bevollmächtigten des Klägers vom … September 2013 ein, dem ein schriftlicher Kriegsdienstverweigerungsantrag mit Begründung, vom Kläger am … August 2013 unterschrieben, beigefügt war. Die der Bevollmächtigten erteilte Vollmacht datiert ebenfalls vom ... September 2013.

Zur Begründung führte der Kläger in seinem Schreiben im Wesentlichen aus:

„Wie kam es zur Entscheidung zum KDV? Für mich persönlich war die Entscheidung, den Kriegsdienst zu verweigern, ein länger Prozess, bei dem ich mir immer mehr Gedanken über das Töten eines Menschen machte.

Zu Beginn meiner Dienstzeit am Standort … besuchte ich die Gedenkstätte des Konzentrationslagers Dachau. Dort wurde mir das dunkelste Kapitel der deutschen Geschichte einmal mehr vor Augen geführt.

Bei dem Besuch der Gedenkstätte, in dem Bewusstsein jetzt selbst Soldat zu sein, hatte ich doch ein etwas anderes Gefühl. Der Gedanke daran, selbst auf Befehl töten zu müssen, war doch sehr beklemmend.

Nachdem ich circa 3 Jahre im Dienst war, wurde mir von einem Bekannten die Frage gestellt, ob ich es mit meinem Gewissen vereinbaren könne, einen anderen Menschen im Kampfeinsatz zu töten. Um meine Entscheidung, Soldat zu sein, zu verteidigen, war meine Antwort: „Lieber der als ich!“, aber ich begann, über diese Situation genauer nachzudenken. Zunächst konnte ich mein Gewissen auch etwas beruhigen, aber die Gedanken daran, einen mir unbekannten Menschen, der genau so sein könnte wie ich, töten zu müssen, ließ mich nicht mehr los. Immer öfter kamen die schlimmen Gedanken auch in meinem Alltag zu tragen, da Kriege in den Nachrichten immer präsenter wurden. Dort und auch in Dokumentationen, wurde ich mit dem Leid, den ein Krieg, gleich aus welchem Grund geführt, konfrontiert. Dies anzusehen, löste bei mir immer größer werdende Betroffenheit aus.

Ich merkte, dass in einem bewaffneten Konflikt nicht nur zwei Armeen gegeneinander kämpfen und Soldaten sterben, sondern dass vor allem die unschuldige Zivilbevölkerung leiden muss. Aufgrund dieser Tatsache befinde ich mich in einem starken Gewissenskonflikt. Meiner persönlichen Auffassung nach ist es schlecht, dass vor allem Unschuldige in einem bewaffneten Konflikt leiden müssen.

Mein Gewissenskonflikt macht sich vor allem dadurch bemerkbar, dass ich abends oft lange wach liege und über Krieg und dessen Folgen nachdenken muss, genauso wie über Situationen, in die ich selber kommen könnte.

Ich stellte mir oft vor wie es sein würde, selbst auf einen Menschen schießen zu müssen, wie der Kontakt mit der Zivilbevölkerung wäre.

Meine Gefühle dabei sind immer sehr schlecht. Ich kann den Gedanken einfach nicht mit meinem Gewissen in Einklang bringen. Dieses sagte mir, dass es falsch sei, einen anderen Menschen zu töten. Ab und zu lässt mich dieser Gedankengang nicht schlafen.

Auch in zahlreichen Gesprächen mit meiner Großmutter, die an Demenz erkrankt ist und ich mir daher mehr Zeit für sie nahm, erörterte sie mir ihre Erlebnisse aus dem Zweiten Weltkrieg.

Sie berichtete mir von den Geschehnissen der damaligen Zeit und dem Kriegsgefangenenlager, welches in ihrem Wohnort stand.

Aufgrund ihrer Schilderungen wurde mein Gewissenskonflikt weiter angefacht. Will ich wirklich dafür verantwortlich sein, dass ein mir gleicher Mensch, vielleicht sogar ein Familienvater, wie ich es hoffentlich sein werde, stirbt?

Dieser Gedanke wurde in meinem Leben doch sehr präsent.

Meiner Meinung nach ist es falsch Menschen, egal aus welchen Gründen, zu töten und ich kann dies nicht mit meinem Gewissen vereinbaren.

Ich bin nach langer Überlegung zu dieser Überzeugung gekommen. Ich kann es, auch aufgrund meiner Erziehung zu einem toleranten und hilfsbereiten Menschen, nicht mit meinem Gewissen in Einklang bringen, andere Menschen zu erschießen.

Ich bin der Auffassung, dass sobald ich in einem möglichen Kampfeinsatz einen Menschen erschießen müsste, ich diese Last nur schwer verarbeiten könnte.

Schon allein der Gedanken an solch ein Szenario lässt mich unruhig schlafen und belastet mich sehr stark.

Meiner Familie, insbesondere meiner Lebensgefährtin, ist in den vergangenen Monaten eine zunehmende Nervosität und Aggressivität aufgefallen. Da ich vor meiner Wehrdienstzeit immer ein ruhiger und sehr toleranter Mensch war, ist diese enorme Wandlung für mich ein negativer Aspekt in meinem Leben. Oft bin ich im Alltag gereizt, was aber mittlerweile so weit geht, dass ich sogar öfter davon spreche, Menschen, die mich in irgendeiner Weise beeinträchtigen oder stören, am liebsten körperlichen Schaden zufügen zu wollen. Allerdings kann ich dieses Verhalten, bei nachträglicher Betrachtung, nicht mit meinem Gewissen vereinbaren. Ich bin und war nie ein gewalttätiger Mensch! Mir ist bewusst, dass ich meine Gewissensentscheidung erst sehr spät bemerkte. Zu begründen ist dies in meinem doch noch jungen Alter und in meiner gesamten Lebenseinstellung. Ich bin mit 19 Jahren in den Wehrdienst eingetreten und versuchte schlechte Gedanken in den Hintergrund zu drängen; schließlich lebt man ja nur einmal und das Leben ist zu kurz, um sich über alles Gedanken und Sorgen zu machen.

Während meiner Grundausbildung und der anschließenden Verwendung machte ich mir nur wenig Gedanken über meinen Beruf und dessen Eigenschaften.

Auch aufgrund der Erwartungshaltung meines Umfeldes schob ich etwaige Bedenken immer in den Hintergrund. Ich komme aus einem Dorf, wo jeder jeden kennt. Von der älteren Generation wird dort fast erwartet, dass man als junger Mann Wehrdienst leistet. Ich wurde an Wochenenden oft gefragt, wie der Dienst sei und mir wurde nahegelegt, mich doch mal über eine weitere Verpflichtung als Berufssoldat zu erkundigen. In irgendeiner Weise fühlte ich mich verpflichtet, Soldat zu sein, da ich aus meinem Bekanntenkreis einen gewissen Stolz auf meinen Beruf erfuhr.

Während meines Studiums begann ich mir erstmals Gedanken über die negativen Aspekte des Soldat seins zu machen. Ich bekam Abstand von meiner Heimat und das Gefühl, es anderen recht machen zu wollen, verringerte sich. Ich konnte meine eigenen Bedürfnisse mehr in den Vordergrund setzen.

Wenn ich abends, oder auch mal am Wochenende, allein auf meiner Stube saß, machte ich mir Gedanken über Krieg. Vor allem aufgrund dessen Präsenz in den Medien.

Ich hatte die Zeit, mein Gewissen für mich zu definieren und für mich die Frage zu erörtern, was kann ich, was will ich, was muss ich mit diesem vereinbaren.

Oft spielte ich in meinen Gedanken hypothetische Situationen durch, in denen ich Menschen auf Befehl töten muss, oder in einer Kampfhandlung eigenmächtig Entscheidungen treffen muss. Außerdem war gerade für mich als zukünftiger Einheitsführer die Frage von Bedeutung, ob ich das Töten von Menschen befehlen kann.

Um für mich eine Entscheidung des für und wider treffen zu können, setzte ich mich auch mit ethischen, moralischen und religiösen Wertvorstellungen auseinander. Wichtig hierbei ist für mich, dass in allen Wertesystemen das Töten als Unrecht angesehen wird.

Für mich persönlich sind diese Werte in meinen Entscheidungen und für mein Gewissen prägend, da sie auch unser Gesellschaftsbild widerspiegeln. Hierbei musste ich auch gezwungener Maßen Situationen überdenken, in denen es um Notwehr oder Nothilfe geht. Ist es gerechtfertigt einen Menschen zu töten, der mich oder einen anderen bedroht? Ist mein Leben höher zu bewerten, als das eines Fremden? Ich kann diese Frage nicht mit letzter Gewissheit beantworten, da ich nicht genau weiß, wie ich in solch einer Situation handeln würde, aber ich bin der Auffassung, dass ich mir immer Vorwürfe wegen des Todes eines anderen machen würde.

Und genau diese Situation kommt im Krieg immer vor. Hier verschwimmt auch die Grenze zwischen sich zur Wehr setzen und aktiv angreifen, wobei es für mich egal wäre, während welcher Aktion ich töten müsste. Für mich hätte dies schwerwiegende psychische Folgen.

Auch die weiterführende Überlegung, ob ich den Befehl zum Töten geben könnte, kann ich mit meinem Gewissen nicht vereinbaren, da ich dann nicht nur schuld an dem Tod eines Menschen wäre, sondern auch die Verantwortung für die möglichen psychischen Belastungen eines Dritten auf mich nehme müsste.

Manchmal wache ich wegen der Überlegungen am Tag nachts auf, weil ich Alpträume habe. Ich erlebe darin immer Situationen, in denen ich in einem bewaffneten Konflikt auf Menschen schießen muss. Danach kann ich lange nicht wieder einschlafen, weil ich mir Gedanken über das Durchlebte mache. Nach meinem Gewissen ist Krieg und Gewalt der falsche Weg und durch die aktuellen Ereignisse in Ägypten oder Syrien wird meine Meinung weiter bestärkt. Ich sehe das Leid der Menschen im Fernsehen oder in Zeitungen und empfinde tiefes Mitleid mit der Bevölkerung in diesen Gebieten, wie Familien um ihre Angehörigen trauern, die vielleicht nur zu falschen Zeit am falschen Ort waren.

Ich stelle mir dann oft die Frage, warum muss das sein? Mein Gewissen verbietet mir, für ein solches Leid verantwortlich zu sein.“

Mit Schreiben vom … November 2013 gab der Kläger noch eine zusätzliche Stellungnahme zu den Gründen für seine Kriegsdienstverweigerung ab. Dort führte er unter anderem aus:

„Eine Aussage zum genauen Zeitpunkt kann ich leider nicht treffen, da sich mein Gewissenskonflikt während meines Studiums schleichend bemerkbar gemacht hat. Die Frage meines Bekannten, ob ich wirklich einen anderen Menschen im Einsatz töten könnte, wurde mir circa im dritten Dienstjahr, und damit während meiner Universitätszeit gestellt. Wie ich schon in der Begründung zu meinem KDV-Antrag ausführte, sagte ich ihm, dass ich es wohl können müsse, um mein Gesicht als Soldat zu wahren und meine Entscheidung für diesen Beruf zu verteidigen. Aber diese Frage regte in mir einen Denkprozess an, in dem ich die Frage mehrfach reflektierte und meine Situation kritisch überdachte. Meine ersten Gedanken dazu waren wie meine ursprüngliche Antwort eher weniger kritisch, doch je mehr ich über Krieg und bewaffnete Konflikte nachdachte, desto mehr wurde meine bisherige Überzeugung verändert. Am Ende dieses Prozesses stand meine Entscheidung gegen den Krieg.

Dass der gewählte Zeitpunkt Ihnen komisch vorkommen muss, ist mir durchaus bewusst, aber ich musste, bevor ich den Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer stelle, zuerst meine eigenen Zweifel ablegen. Ich kam mir zuerst vor, als hätte ich versagt, da ich mir diesen Beruf ja selber ausgesucht habe.

Bevor ich den Schritt des KDV-Antrages gegangen bin, habe ich außerdem versucht, meinen Gewissenskonflikt zu unterdrücken, da ich diesen erst nicht wahrnehmen wollte und hoffte, dass sich meine Bedenken gegenüber Kampfeinsätzen von selber wieder legen würden.

Auch habe ich mehrfach mit meiner Freundin über meine Situation gesprochen und auch ihre Meinung war, dass meine Bedenken nur vorübergehend wären und ich einfach abwarten sollte.

Aber weder das Unterdrücken meiner Gefühle, als auch das Abwarten, ob sich die Bedenken wieder legen, brachte mich weiter. Mein Gewissenskonflikt kehrte immer wieder und ich habe die Entscheidung getroffen, dass die einzige Möglichkeit die Verweigerung des Kriegsdienstes ist.

Nach dieser Entscheidung musste ich zusätzlich meine Lebensgefährtin davon überzeugen, dass dies der richtige Weg für mich ist. Vielleicht können Sie sich vorstellen, dass meine Freundin nicht davon begeistert war, dass ich meinen sicheren Beruf aufgebe, ohne klare Aussichten für meine berufliche Zukunft.

Ein weiterer Grund für meine späte Antragstellung ist, dass ich mich erst spät wieder mit dem militärischen Alltag beschäftigt habe, da ich nur ein mittelmäßiger Student war und somit viel Zeit zum Lernen aufbringen musste. Dadurch, dass ich sehr durch das Studium gefordert wurde, konnte ich nur die nötigsten Leistungen im militärischen Bereich erbringen und hatte auch nur sehr selten Berührungspunkte mit dem Truppenalltag.

Als ich mich freiwillig für den Wehrdienst meldete ging ich nicht davon aus, dass ich mich so stark verändern würde, wie ich es in meiner Begründung auf Seite 3 schon ausgeführt habe. Auch aufgrund der Tatsache, dass die Auslandseinsätze damals als humanitäre Hilfe und Wideraufbaumissionen betitelt wurden, ging ich davon aus, ich könnte den Menschen in den betroffenen Gebieten helfen.

Während der Grundausbildung hatte ich noch keine Gewissenskonflikte. Diese machten sich erst gegen Mitte bis Ende meiner Universitätszeit bemerkbar. Ich denke dies resultiert aus meiner gestiegenen Lebenserfahrung und Reife. Ich mache mir mittlerweile viel mehr Gedanken um alles und lebe nicht mehr einfach in den Tag, wie ich es zu Beginn meiner Dienstzeit gemacht habe. Auch habe ich zuerst versucht mir den Gewissenskonflikt auszureden, weil es mir persönlich wie eine Schwäche vorkam und ich mir „blöd“ vorkam, da ich mir diesen Beruf ja selbst ausgesucht habe. Der Gewissenskonflikt war für mich zuerst wie ein Makel in meinem Leben, den ich nicht wahr haben wollte.

Es hat mich sehr viel Überwindung gekostet den Schritt zu gehen und einen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer zu stellen.

Dass die oben angesprochenen Geschehnisse keine sofortige Auswirkung auf meinen Gewissenkonflikt haben, kann ich nicht erklären.

Zu meinen beruflichen Absichten kann ich derzeit noch keine Aussage treffen, da ich, aufgrund der unabsehbaren Dauer des KDV-Verfahrens, bisher nichts in der Richtung unternommen habe.“

Mit Bescheid vom 25. November 2012 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Sie begründete den Bescheid im Wesentlichen damit, dass Zweifel an der Wahrheit der Angaben des Klägers bestünden; eine Umkehr sei nicht glaubhaft dargestellt worden. Er habe ein Schlüsselerlebnis nicht vorgetragen, seine Gesinnungsumkehr auch aufgrund eines längeren intensiven Wandlungsprozesses habe er nicht glaubhaft gemacht. 2011 habe ihn ein Bekannter die Frage gestellt, ob er es mit seinem Gewissen vereinbaren könne, jemanden zu töten. Dies sei ein einschneidendes Erlebnis gewesen, aber es habe noch zwei Jahre gedauert, in denen er weiterhin Soldat geblieben sei. Ähnliches gelte für den Besuch im Konzentrationslager in Dachau. Es sei auch nicht erkennbar, dass die Erlebnisse oder jedes für sich Anlass oder Auslöser für einen längeren anhaltenden Wandlungsprozess gewesen seien. Er bekundet zwar, die Ereignisse zum Anlass genommen zu haben, über seine Rolle als Soldat nachzudenken und auch darüber, ob er im Zusammenhang mit diesen Erlebnissen, die ihn innerlich berührt hätten, eine neue Einstellung zum Wehrdienst gefunden habe, eine nähere Darlegung, welche Überlegungen er angestellt habe, wie dieser Entwicklungsprozess abgelaufen sei, wovon er innerlich und äußerlich begleitet gewesen sei, wie er um seine innere Einstellung gerungen habe, sei jedoch schuldig geblieben.

Mit Schriftsatz vom 19. Dezember 2013 legte der Bevollmächtigte des Klägers Widerspruch gegen den Bescheid ein unter Beifügung einer ergänzenden Stellungnahme des Klägers.

Auch war dem Widerspruch eine Stellungnahme der Lebensgefährtin des Klägers beigefügt. Eine weitere Stellungnahme des Klägers wurde mit Schriftsatz vom 12. Februar 2014 vorgelegt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 17. März 2014 wurde der Widerspruch des Klägers zurückgewiesen. Ein Schlüsselerlebnis oder entsprechende schwerwiegende Umstände habe der Kläger nicht vorgetragen, er habe seine Gesinnungsumkehr auch aufgrund eines längeren intensiven Wandlungsprozesses nicht glaubhaft machen können. Im Übrigen wird auf die Begründung des Widerspruchsbescheids verwiesen.

Mit Schriftsatz vom 15. April 2014 an das Verwaltungsgericht Karlsruhe, dort am selben Tag eingegangen, erhob der Bevollmächtigte des Klägers Klage und beantragte,

die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 25. November 2013 und 17. März 2014 zu verpflichten festzustellen, dass der Kläger berechtigt ist, den Kriegsdienst mit der Waffe zu verweigern.

Mit Beschluss vom 2. Juni 2014 erklärte sich das Verwaltungsgericht Karlsruhe für örtlich unzuständig und verwies den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht München, da der Kläger seinen dienstlichen Wohnsitz mittlerweile im Zuständigkeits-bereich dieses Gerichts hatte.

Mit Schriftsatz vom 16. Juli 2014 begründete der Bevollmächtigte die Klage im Wesentlichen damit, dass es sicher richtig sei, dass der Kläger für seinen Antrag kein einschneidendes Schlüsselerlebnis vortragen könne. Wie er selbst beschreibe, habe eine Reihe von Denkanstößen und überhaupt eine innere Auseinandersetzung mit der Sinnhaftigkeit des Dienstes in der Bundeswehr zu einem intensiven Wandlungsprozess in seiner ethisch-moralischen Einstellung gegenüber dem Militär, insbesondere den Ernstfall eines Einsatzes unter Anwendung von Kriegswaffen geführt. Gegenüber den hierzu vorgetragenen Einwänden sei darauf hinzuweisen, dass es der Eigenart einer Gewissensentscheidung entspreche, dass Handlungen, die vor der Entscheidung vorgenommen wurden und im Widerspruch zur späteren Entscheidung stünden, in der Rückschau als falsch angesehen würden, jedoch nicht einfach rückgängig gemacht werden können. Insbesondere finde in den angefochtenen Bescheiden keine Berücksichtigung, dass der zuständige katholische Militärseelsorger auf der Grundlage eines persönlichen Gesprächs und seinem Hintergrund mit der seelsorgerlichen Beratung und Begleitung von Soldaten die Anerkennung der Entscheidung des Klägers als Gewissensentscheidung befürwortet habe.

Die Beklagte beantragte mit Schreiben vom 22. Juli 2014,

die Klage abzuweisen.

Auf den Schriftsatz wird entsprechend Bezug genommen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen, insbesondere auf die vom Kläger abgegebenen Begründungen für seinen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer, ferner auf die Niederschrift über die mündliche Verhandlung vom 18. Oktober 2016, in der der Kläger als Partei vernommen wurde.

Gründe

Die Klage ist zulässig, insbesondere innerhalb der Monatsfrist beim in der Rechtsbehelfsbelehrung:des Widerspruchsbescheides als zuständiges Gericht genannten Verwaltungsgericht Karlsruhe erhoben worden. Der Eingang beim Verwaltungs-gericht München erst am 5. Juni 2014 kann dem Kläger nicht angelastet werden.

Die Klage ist aber unbegründet.

1. Klagegegenstand ist die Verpflichtung der Beklagten, den Kläger als Kriegsdienstverweigerer anzuerkennen.

Der Bescheid der Beklagten vom 25. November 2013 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17. März 2014 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch darauf, als Kriegsdienstverweigerer anerkannt zu werden (§ 113 Abs. 5, 1 VwGO).

Nach Art. 4 Abs. 3 Satz 1 Grundgesetz -GG- darf niemand gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Wer aus Gewissensgründen unter Berufung auf das Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung i.S. des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert, wird gemäß § 1 Abs. 1 des Gesetzes über die Verweigerung des Kriegsdienstes mit der Waffe aus Gewissensgründen (Kriegsdienstverweigerungsgesetz - KDVG -) als Kriegsdienstverweigerer anerkannt. Nach § 5 KDVG ist eine Person auf ihren Antrag hin als Kriegsdienstverweigerer anzuerkennen, wenn der Antrag vollständig ist, die dargelegten Beweggründe geeignet sind, das Recht auf Kriegsdienstverweigerung zu begründen, und das tatsächliche Gesamtvorbringen und die dem Bundesamt bekannten sonstigen Tatsachen keine Zweifel an der Wahrheit der Angaben des Antragstellers begründen oder die Zweifel aufgrund einer Anhörung nach § 6 KDVG nicht mehr bestehen.

Für eine verbindliche Gewissensentscheidung müssen konkrete Anhaltspunkte festgestellt werden (BVerwG, B.v. 6.2.1978 - VI B 36.77 - BVerwGE 55, 217). Eine Gewissensentscheidung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (U.v. 20.12.1960 - 1 BvL 21/60 - NJW 1961, 355) jede ernste, sittliche, an den Kategorien von „Gut“ und „Böse“ orientierte Entscheidung, die der Einzelne in einer bestimmten Lage als für sich bindend und unbedingt verpflichtend innerlich erfährt, so dass er gegen sie nicht ohne schwere seelische Not bzw. nicht ohne ernstliche Gewissensnot handeln kann. Wie das Bundesverwaltungsgericht im Urteil vom 1. Februar 1989 (BVerwG, U.v. 1.2.1989 - 6 C 61/86 - BVerwGE 81, 239) klargestellt hat, ist Voraussetzung für die Annahme einer Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe i.S.v. Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG nicht das „Zerbrechen der Persönlichkeit“ oder der Eintritt eines „schweren seelischen Schadens“. Es genügt vielmehr eine schwere Gewissensnot des Wehrpflichtigen, die im Einzelfall zu einem seelischen Schaden führen kann, aber nicht muss. Anders als bei Wehrpflichtigen, die vor oder bei Beginn des Wehrdienstes einen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer stellen, ist bei Soldaten auf Zeit, die den Grundwehrdienst geleistet haben, ohne einen Konflikt mit dem Gewissen zu empfinden, für die Ernsthaftigkeit der Gewissensentscheidung allerdings der Nachweis einer „Umkehr“ der gewissensmäßigen Einstellung zum Kriegsdienst mit der Waffe zu fordern. Die Umkehr kann nicht nur durch ein „Schlüsselerlebnis“ oder entsprechend schwerwiegende Umstände herbeigeführt werden, sondern kann auch das Ergebnis eines längeren Wandlungsprozesses sein (BVerwG, U.v. 2.3.1989 - 6 C 10/87 - BVerwGE 81, 294 ff.).

Das Vorliegen einer solchen Gewissensentscheidung lässt sich vielfach nicht in vollem Umfang beweisen. Es kann daher genügen, dass ein auf Grund aller in Betracht kommender Umstände ermittelter hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für eine solche Entscheidung spricht (vgl. BVerwG, U.v. 18.10.1972 - VIII C 46.72 - BVerwGE 41, 53; BVerwG, B.v. 26.6.2014 - 6 B 17/14 - Buchholz 448.6 § 5 KDVG Nr. 11, juris Rn. 7). Kann sich das Gericht jedoch bei wohlwollender Beurteilung des Sachverhalts im Rahmen der ihm obliegenden Beweiswürdigung nicht dazu entschließen, das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen der erforderlichen Gewissensentscheidung abschließend zu bejahen, geht dies nach den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts zu Lasten des seine Anerkennung begehrenden Kriegsdienstverweigerers. Der Maßstab des dergestalt umschriebenen hohen Grades von Wahrscheinlichkeit einer Gewissensentscheidung stimmt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mit demjenigen der Überzeugung, dass eine solche Entscheidung hinreichend sicher angenommen werden kann, überein. Ist dieser letztgenannte Maßstab nicht erfüllt, bestehen wiederum Zweifel an der Wahrheit der Angaben des Antragstellers im Sinne des § 5 Nr. 3 KDVG (BVerwG, B.v. 26.6.2014 - 6 B 17/14 - Buchholz 448.6 § 5 KDVG Nr. 11, juris Rn. 6f.)

2. Gemessen an diesen Grundsätzen hat die Beklagte den Antrag des Klägers auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer zu Recht abgelehnt. Nach Würdigung aller in Betracht kommender Umstände, insbesondere aufgrund des Eindrucks, den das Gericht bei der Befragung des Klägers im Rahmen seiner Einvernahme als Partei gewonnen hat, hält es das Gericht nicht für wahrscheinlich, dass beim Kläger im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung als dem für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage maßgeblichen Zeitpunkt die behauptete verbindliche Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe vorgelegen hat. Er hat eine innere Umkehr nicht glaubhaft gemacht (vgl. zum Prüfungsmaßstab BVerwG, B.v. 26.6.2014 - 6 B 17/14 - Buchholz 448.6 § 5 KDVG Nr. 11). Die von ihm dargelegten Beweggründe für seinen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer konnten die von der Beklagten angeführten Zweifel an einem inneren Wandlungsprozess im Sinne der Rechtsprechung nicht ausräumen. Die Angaben des Klägers zu seinem längeren inneren Wandlungsprozess sind auch bei wohlwollender Betrachtung nicht überzeugend. Der Kläger hat in der Gesamtschau seiner Äußerungen die Zweifel an der Darlegung seiner Angaben, dass ihm, der Kriegsdienst an der Waffe aufgrund eines inneren Umkehrprozesses nicht mehr möglich sei, nicht mit dem notwendigen Grad der Wahrscheinlichkeit ausgeräumt.

a) Gegen die Annahme, der Entschluss des Klägers zur Kriegsdienstverweigerung sei von Gewissensnöten diktiert, spricht bereits der enge zeitliche Zusammenhang zwischen dem Abschluss seiner Ausbildung und der Einreichung des Antrages auf Kriegsdienstverweigerung. Ausweislich der am … September 2013 ausgestellten Master-Urkunde der Universität der Bundeswehr … endeten die Prüfungen zum Master of Engineering (M. Eng.) am … August 2013. Bereits 4 Tage später, am … September 2013 unterschrieb der Kläger die Begründung für seinen KDV-Antrag und beauftragte einen Bevollmächtigten mit der Wahrnehmung seiner Rechte. Dies lässt vermuten, dass es dem Kläger vor Abschluss der Prüfungen nicht so sehr um seine Gewissensnöte als vielmehr um den erfolgreichen Abschluss einer wirtschaftlich und arbeitsmarktpolitisch sehr interessanten Ausbildung gegangen ist. Die Annahme liegt nahe, dass der Kläger mit dem Stellen des KDV-Antrages so lange zuwartete, bis er davon ausgehen konnte, nach dem Ablegen der letzten Prüfungen seinen Master-Studiengang erfolgreich abgeschlossen zu haben.

Dieses starke Indiz gegen eine Gewissensentscheidung im Sinn von Art. 4 Abs. 3 GG konnte der Kläger mit seinen umfangreichen Ausführungen im KDV-Antrag, im behördlichen Verfahren und auch bei seiner Anhörung vor dem Verwaltungsgericht München nicht widerlegen, sondern bestärkte das Gericht vielmehr in der Überzeugung, der KDV-Antrag sei jedenfalls nicht aus Gewissensnot gestellt worden.

b) So ist schon unklar, was für den Kläger die Motivation gewesen ist, das zweite Übungsschießen 2013 abzulehnen sowie bereits im Jahr 2012 nur noch an den nötigsten militärischen Ausbildungen teilzunehmen. In seiner ergänzenden Stellungnahme zum KDV-Antrag vom … November 2013 (S. 2) gibt er als weiteren Grund für seine späte Antragstellung an, dass er sich erst spät wieder mit dem militärischen Alltag beschäftigt habe, da er nur ein mittelmäßiger Student gewesen sei und somit viel Zeit zum Lernen habe aufbringen müssen. Dadurch, dass er sehr durch das Studium gefordert gewesen sei, habe er nur die nötigsten Leistungen im militärischen Bereich erbringen können und auch nur sehr selten Berührungspunkte mit dem Truppenalltag gehabt.

Dem widerspricht die Einlassung auf S. 2 der Widerspruchsbegründung. Hier gibt er - bezogen auf das letzte Schulschießen im Februar 2013 - an, daran habe er - befohlen - teilgenommen und sei noch der Überzeugung gewesen, seine Bedenken würden sich irgendwann von alleine legen. Für ein zweites Schulschießen (Ende April/ Anfang Mai 2013) habe er die Teilnahme schon abgelehnt. Außerdem habe er schon im Jahr 2012 nur noch an den nötigsten, weil befohlenen, militärischen Ausbildungen teilgenommen.

Zieht man die Stellungnahme der Universität der Bundeswehr … vom … September 2013 heran, wonach der Kläger in der Gesamtschau seines Jahrganges eher zum hinteren Mittelfeld gehört habe und durch persönlichen Ehrgeiz, Fleiß sowie seine hohe Selbstdisziplin - verbunden mit einem enormen Lernaufwand - die während seines Studiums sehr hohe persönliche Belastung kompensieren und letztlich das Studium erfolgreich habe beenden können und aufgrund dieser Umstände während seines Studiums nur vereinzelt zusätzliches Engagement habe zeigen können, erscheint die Einlassung in der Widerspruchsbegründung, er habe sich aus Gewissensgründen nach Möglichkeit von dem Truppendienst ferngehalten, als zusätzliche, nicht glaubhafte Steigerung. Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 18. Oktober 2016 konnte der Kläger nicht glaubhaft vermitteln, dass er wirklich aus Gewissensgründen auf Schießübungen verzichtet hatte. Nach seinen Einlassungen musste er die Nichtteilnahme auch nicht weiter begründen.

c) Ebenso erfährt die Schilderung seines allgemeinen Gesundheitszustandes im Laufe des Verwaltungsverfahrens teils drastische Steigerungen. Während der Kläger in der ursprünglichen Begründung seines KDV-Antrages lediglich beschreibt, wie seiner Lebensgefährtin eine zunehmende Nervosität und Aggressivität aufgefallen sei und wie er manchmal wegen der Überlegungen nachts aufwache, weil er Alpträume habe und dann lange nicht einschlafen könne, gibt er in seiner Widerspruchsbegründung an, er habe in letzter Zeit starke Schlafstörungen gehabt, schlafe nur sehr schwer ein, wache jede Nacht mindestens einmal auf, sei total nassgeschwitzt und habe Alpträume. Wenn er daran denke, seine Waffe auf einen Menschen zu richten, fange er an zu zittern, bekomme Bauchschmerzen und müsse schwer schlucken. Die Schilderungen seiner Symptomatik gipfeln in der Aussage auf S. 3 der Widerspruchsbegründung: All diese Gedanken beschäftigten ihn von oben bis unten, von rechts nach links, morgens und abends. Er wisse nicht mehr wohin mit seinen Gedanken. Abgesehen von der deutlichen Steigerung seines Vorbringens im Laufe des Verwaltungsverfahrens wirken diese Schilderungen überzogen und aufgesetzt. Der Kläger war auch in der mündlichen Verhandlung nicht in der Lage, diesen Eindruck auszuräumen. Es ist kaum vorstellbar, wie der Kläger bei der in der Widerspruchsbegründung geschilderten Symptomatik sein anspruchsvolles Studium - wie oben geschildert - erfolgreich zu einem Abschluss hätte bringen können. Nach eigenem Bekunden in der mündlichen Verhandlung hat er sich auch zu keinem Zeitpunkt um professionelle Hilfe bemüht.

d) Auch die Antwort des Klägers auf die Nachfrage des Gerichts, ob er sich keine Gedanken darüber gemacht habe, dass man sich durch Unterlassung schuldig machen könne - etwa wenn es um die Befreiung von Konzentrationslagern ginge - vermochte das Gericht nicht von der Ernsthaftigkeit einer Gewissensentscheidung des Klägers zu überzeugen. Die ausweichende und am Kern der Frage vorbeigehende Antwort des Klägers, dies sei eine schwierige Frage, er habe noch keine endgültige Antwort gefunden, er denke aber, dass der, der Waffen besitze, etwas falsch mache, zeigt in aller Deutlichkeit, dass von einem schleichenden Lernprozess und einer fundiert gereiften Gewissensentscheidung beim Kläger keine Rede sein kann. Dies zeigt auch seine in sich widersprüchliche Äußerung in der mündlichen Verhandlung auf die Frage, ob es sinnvoll sei, Konzentrationslager mit Waffengewalt zu befreien, er habe sich Gedanken gemacht; wenn er gewaltfrei leben würde, würden solche Kriege und Weltkriege nicht stattfinden. Diese Aussage ist weder in sich stimmig, noch zeugt sie von einem ausgereiften Erkenntnisprozess. Gerade der Besuch des Konzentrationslagers Dachau sowie die Schilderungen seiner Großmutter über die Behandlung von Kriegsgefangenen hätten den Kläger zu einer vertieften Auseinandersetzung mit dem Thema „schuldig werden durch Unterlassen“ bewegen müssen. Legt man seine Aussage zugrunde, dass sein Erkenntnisprozess bereits durch die Ansprache durch einen Freund im Jahr 2011 angestoßen worden sei, muss man feststellen, dass sich der Kläger über diesen Aspekt menschlicher Verstrickung in Schuld anscheinend noch überhaupt keine Gedanken gemacht hat. Der Eindruck, dass der KDV-Antrag des Klägers nicht durch eine fundierte Gewissensentscheidung motiviert wurde, wird auch nicht durch die Schilderung der in seinem Freundeskreis vorgefallenen Familientragödie, welche ein paar Monate nach der Stellung des KDV-Antrages zugetragen hat, widerlegt. Ein Freund von ihm habe ein Einfamilienhaus zur Explosion gebracht, wobei seine Kinder getötet worden seien; er selbst habe schwerverletzt überlebt. Die Aussage des Klägers, er habe das als Argument angesehen, dass Gewalt keine Lösung sei, überzeugt das Gericht nicht. Selbst auf Nachfrage, ob der Kläger in einer Situation wie der geschilderten von einer Waffe Gebrauch machen würde, wenn er sehe, dass der Freund das Haus zur Explosion bringen wolle, erklärte der Kläger, er könne dafür keine Lösung nennen. Er wisse nicht, wie er reagieren würde. Auch dies zeigt eindrücklich, dass sich der Kläger des Themas „Schuld und Verstrickung durch Untätigbleiben“ in keinster Weise gewidmet hat. Ein tiefgreifender Wandlungsprozess, der zu einer ausgereiften Gewissensentscheidung geführt hat, ist nicht im Ansatz zu erkennen.

e) Auch die Einlassungen des Klägers zum Thema „Kundus“ haben das Gericht in der Überzeugung bestärkt, wonach der Kläger seinen KDV-Antrag nicht aus tiefer Gewissensnot heraus gestellt hat. Denn gerade die Ereignisse am 4. September 2009 im Norden Afghanistans, als eine Bundeswehreinheit unter Oberst … … einen von Taliban entführten Tanklastwagen bombardiert hat, durch den wahrscheinlich (die Opferzahlen variieren je nach Quelle) um die 100 Menschen, darunter auch Kinder, getötet oder verletzt wurden, was die bisher mit Abstand größte Zahl von Opfern bei einem Einsatz sowohl in der Geschichte der Bundeswehr als durch die Kräfte der ISAF (International Security Assistance Force) hat, hätten dem Kläger wie kaum ein anderer Vorfall Gelegenheit geboten, sich mit dem Dienst an der Waffe und dem damit verbundenen Implikationen von Schuld vertieft auseinanderzusetzen. Dies umso mehr, als der Luftangriff in Kundus nicht nur im Bundestag ausführlich aufgearbeitet wurde, sondern sich die juristische, straf- und staatshaftungsrechtliche Aufarbeitung sogar bis zum 6. Oktober 2016 (Entscheidung des BGH - III ZR 140/15) und damit sogar noch bis wenige Wochen vor der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erstreckt hat. Der Luftangriff auf Kundus scheint aber bei den Überlegungen des Klägers keinerlei Rolle gespielt zu haben, was gegen eine vertiefte Gewissensprüfung spricht.

f) In der Gesamtschau konnte der Kläger die Zweifel an der Wahrheit seiner Angaben nicht ausräumen. Er hat eine Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe im Sinne von Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG, § 1 KDVG nicht mit dem notwendigen hohen Grad an Wahrscheinlichkeit glaubhaft dargelegt.

Das Gericht konnte bei dem Kläger keinen Wandlungsprozess feststellen, der zu einer Umkehr seiner gewissensmäßigen Einstellung zum Kriegsdienst geführt hat. Eine ernste, sittliche, die ganze Persönlichkeit des Klägers ergreifende unbedingte Entscheidung gegen das Töten im Krieg hat der Kläger nach Auffassung der Kammer nicht getroffen.

Nach alledem ist die Klage mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 708 ff. ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO nicht vorliegen (§ 135 VwGO i.V.m. § 10 Abs. 2 KDVG).

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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Bundesverwaltungsgericht Beschluss, 26. Juni 2014 - 6 B 17/14

bei uns veröffentlicht am 26.06.2014

Tenor Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 14. Januar 2014 wird zurückgewiesen.

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(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Wer aus Gewissensgründen unter Berufung auf das Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung im Sinne des Artikels 4 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert, wird nach den Vorschriften dieses Gesetzes als Kriegsdienstverweigerin oder Kriegsdienstverweigerer anerkannt.

(2) Wehrpflichtige, die als Kriegsdienstverweigerer anerkannt worden sind, haben im Spannungs- oder Verteidigungsfall statt des Wehrdienstes Zivildienst außerhalb der Bundeswehr als Ersatzdienst nach Artikel 12a Absatz 2 des Grundgesetzes zu leisten.

Die Antragstellerin ist als Kriegsdienstverweigerin und der Antragsteller ist als Kriegsdienstverweigerer anzuerkennen, wenn

1.
der Antrag vollständig ist (§ 2 Abs. 2),
2.
die dargelegten Beweggründe das Recht auf Kriegsdienstverweigerung zu begründen geeignet sind und
3.
das tatsächliche Gesamtvorbringen und die dem Bundesamt bekannten sonstigen Tatsachen keine Zweifel an der Wahrheit der Angaben der Antragstellerin oder des Antragstellers begründen oder die Zweifel aufgrund einer Anhörung nach § 6 nicht mehr bestehen.

(1) Hat das Bundesamt Zweifel an der Wahrheit der Angaben der Antragstellerin oder des Antragstellers, gibt es ihr oder ihm Gelegenheit, sich innerhalb eines Monats zu den Zweifeln ergänzend schriftlich zu äußern und die Angaben zu belegen (schriftliche Anhörung). Bestehen weiterhin Zweifel, kann es die Antragstellerin oder den Antragsteller auch mündlich befragen (mündliche Anhörung).

(2) Die mündliche Anhörung ist nicht öffentlich. Das Bundesamt nimmt über die mündliche Anhörung ein Protokoll auf.

(3) Das Bundesamt kann ein Führungszeugnis nach § 31 des Bundeszentralregistergesetzes anfordern, wenn Zweifel an der Wahrheit der Angaben der Antragstellerin oder des Antragstellers bestehen und anzunehmen ist, dass diese Zweifel durch die Einholung eines Führungszeugnisses aufgeklärt werden können. Die Antragstellerin oder der Antragsteller ist über die Einholung des Führungszeugnisses zu unterrichten.

(4) Eine darüber hinausgehende Tatsachenaufklärung findet durch das Bundesamt nicht statt.

(5) Im Falle der Teilnahme an einer mündlichen Anhörung sind der Antragstellerin oder dem Antragsteller die notwendigen Auslagen zu erstatten. Nimmt eine Arbeitnehmerin oder ein Arbeitnehmer an einer mündlichen Anhörung teil, hat die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber für die ausfallende Arbeitszeit das Arbeitsentgelt weiterzuzahlen. Ist eine Antragstellerin oder ein Antragsteller nicht Arbeitnehmerin oder Arbeitnehmer, werden die notwendigen Aufwendungen, die ihr oder ihm durch die Bestellung einer Vertretung entstehen, erstattet, wenn die Fortführung des Geschäftsbetriebs oder der selbstständigen Tätigkeit nicht durch andere Vorkehrungen ermöglicht werden kann.

(6) Das Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung das Nähere zum Verfahren bei der Anhörung sowie zur Erstattung von notwendigen Auslagen, Verdienstausfall und notwendigen Aufwendungen zu regeln.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 14. Januar 2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Die Klägerin ist Stabsärztin und Soldatin auf Zeit. Ihren Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerin lehnte das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben mit Bescheid vom 25. Juli 2012 ab. Das Verwaltungsgericht hat die nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens erhobene Klage abgewiesen und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Die Klägerin erstrebt mit ihrer Beschwerde die Zulassung der Revision.

II

2

Die auf die Zulassungsgründe der Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (1.) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (2.) - jeweils in Verbindung mit § 10 Abs. 2 Satz 1 und 2 KDVG und § 135 Satz 3 VwGO - gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

3

1. Eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Divergenz liegt nur vor, wenn das Ausgangsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem ebensolchen Rechtssatz abgewichen ist, den eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Dies ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO in der Beschwerdebegründung darzulegen. Den Darlegungen der Klägerin lassen sich die Merkmale einer solchen Abweichung nicht entnehmen.

4

a) Die Klägerin meint (unter 1. a) der Beschwerdebegründung), das Verwaltungsgericht habe den Rechtssatz aufgestellt (die Klägerin verweist auf UA S. 11), es reiche für eine gerichtliche Bestätigung der Ablehnung der Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer aus, wenn nicht wahrscheinlich sei, dass eine Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe getroffen worden sei. Demgegenüber habe das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluss vom 25. Mai 1984 - BVerwG 6 B 40.84 - (Buchholz 448.6 § 14 KDVG Nr. 1 S. 7) nur, was die Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer anbelange, auf den Maßstab der Wahrscheinlichkeit abgestellt und zwar dergestalt, dass ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Gewissensentscheidung sprechen müsse. Für eine ablehnende Entscheidung reiche nach den Maßgaben des Bundesverwaltungsgerichts eine Wahrscheinlichkeit im Sinne des von dem Verwaltungsgericht zu Grunde gelegten Verständnisses dagegen nicht aus.

5

Mit diesem Vortrag missversteht die Klägerin sowohl das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts als auch den angeführten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts. Tatsächlich besteht die gerügte Divergenz nicht.

6

Sowohl der von der Klägerin zitierte Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Mai 1984 (a.a.O.) als auch das angefochtene Urteil (UA S. 12) nehmen wegen der Anforderungen an den Nachweis einer Gewissensentscheidung im Sinne des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Oktober 1972 - BVerwG 8 C 46.72 - (BVerwGE 41, 53 <58>) Bezug. In diesem Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, ein voller Beweis dafür, dass der Kriegsdienst aus durch Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten Gewissensgründen verweigert werde, lasse sich häufig nicht führen. Deshalb müsse im verwaltungsgerichtlichen Verfahren insoweit ein auf Grund aller in Betracht kommenden Umstände ermittelter hoher Grad von Wahrscheinlichkeit genügen. Könne sich jedoch das Gericht auch bei wohlwollender Beurteilung des Sachverhalts im Rahmen der ihm obliegenden Beweiswürdigung nicht dazu entschließen, das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen der erforderlichen Gewissensentscheidung abschließend zu bejahen, gehe dies nach den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts zu Lasten des seine Anerkennung begehrenden Kriegsdienstverweigerers.

7

Der Maßstab des dergestalt umschriebenen hohen Grades von Wahrscheinlichkeit einer Gewissensentscheidung stimmt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mit demjenigen der Überzeugung, dass eine solche Entscheidung hinreichend sicher angenommen werden kann, überein (Beschluss vom 25. Mai 1984 a.a.O., Urteil vom 24. Oktober 1984 - BVerwG 6 C 49.84 - BVerwGE 70, 216 <220 f.> = Buchholz 448.6 § 14 KDVG Nr. 4 S. 17). Ist dieser letztgenannte Maßstab nicht erfüllt, bestehen wiederum Zweifel an der Wahrheit der Angaben des Antragstellers im Sinne des § 5 Nr. 3 KDVG (BTDrucks 15/908 S. 10).

8

Hiernach gibt es die von der Klägerin behaupteten unterschiedlichen Maßstäbe für die Anerkennung bzw. die Ablehnung eines Rechts zur Kriegsdienstverweigerung in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht. Die Entscheidung richtet sich vielmehr insgesamt danach, ob eine Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst - jedenfalls - mit hoher Wahrscheinlichkeit bzw. hinreichend sicher bejaht werden kann oder nicht. Nach ebendiesen Vorgaben und nicht nach dem von der Klägerin unterstellten reduzierten Aufklärungsmaßstab hat das Verwaltungsgericht, wie sich aus dem weiteren Zusammenhang der von der Klägerin in Bezug genommenen Ausführungen des angefochtenen Urteils (UA S. 11 bis 13) ergibt, das Anerkennungsbegehren der Klägerin beurteilt.

9

b) Die Klägerin wirft dem Verwaltungsgericht ferner vor (unter 2. a) der Beschwerdebegründung, auf UA S. 17 verweisend), es habe in Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einen Rechtssatz aufgestellt, demzufolge der Umstand, dass sich ein Kriegsdienstverweigerer wegen der zu erwartenden, auf § 56 Abs. 4 SG gestützten Forderung des Dienstherrn auf Erstattung von Ausbildungskosten von der Geltendmachung einer Gewissensentscheidung auch nur vorübergehend abhalten lasse, gegen das Vorliegen einer solchen Gewissensentscheidung spreche. Das Bundesverwaltungsgericht sei im Gegensatz hierzu in dem Urteil vom 30. März 2006 - BVerwG 2 C 18.05 - (Buchholz 449 § 56 SG Nr. 3 Rn. 16) davon ausgegangen, dass eine Gewissensentscheidung getroffen worden sein könne und der Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer gleichwohl aus Gründen der zu erwartenden finanziellen Belastung gar nicht oder erst später gestellt werde.

10

Auch die derart begründete Abweichung besteht bei zutreffendem Verständnis der in Rede stehenden Entscheidungen nicht.

11

Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem von der Klägerin benannten Urteil vom 30. März 2006 (a.a.O. Rn. 13 ff.) dargelegt, dass die in § 56 Abs. 4 SG statuierte Erstattungspflicht mit Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG vereinbar sei, wenn und soweit sie nicht ein Druckmittel darstelle, das die betroffenen Soldaten von der Grundrechtsausübung abhalte, sondern als Instrument des wirtschaftlichen Vorteilsausgleichs eingesetzt werde. Dies sei über eine entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG sicherzustellen, die den Dienstherrn ermächtige, auf die Erstattung ganz oder teilweise zu verzichten, wenn diese für den früheren Soldaten eine besondere Härte bedeute. Die Erstattungsverpflichtung, der sich ein wegen seiner Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer entlassener Soldat gegenübersehe, sei als besondere Härte im Sinne der Vorschrift zu werten. Denn der Betroffene befinde sich in einer Zwanglage, der er sich nicht entziehen könne, weil er zwar der Erstattungsverpflichtung dadurch entgehen könnte, dass er den für die Anerkennung seiner Gewissensentscheidung erforderlichen Antrag nicht stelle und so im Wehrdienstverhältnis verbleibe, damit aber seinem Gewissen zuwider handeln müsste. Die grundrechtliche Gewährleistung des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG fordere deshalb, dass der Dienstherr sich im Rahmen des von ihm nach § 56 Abs. 4 Satz 3 SG auszuübenden Ermessens für eine Reduzierung der Erstattungsforderung auf denjenigen Betrag entscheide, den der als Kriegsdienstverweigerer anerkannte Soldat dadurch erspart habe, dass der Dienstherr ihm den Erwerb von Spezialkenntnissen und Fähigkeiten, die im weiteren Berufsleben von Nutzen seien, finanziert habe. Durch diese Abschöpfung nur des erst durch die Ausbildung erworbenen finanziellen Vorteils werde sichergestellt, dass die Erstattung nicht zu einer Maßnahme werde, die den Betroffenen von der Stellung eines Antrags auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer abschrecke.

12

Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass das Bundesverwaltungsgericht entgegen der Ansicht der Klägerin gerade nicht davon ausgegangen ist, dass ein Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer trotz getroffener Gewissensentscheidung wegen zu erwartender finanzieller Nachteile nicht oder mit zeitlicher Verzögerung gestellt wird. Die Gründe des in Rede stehenden Urteils zielen im Gegenteil darauf, eine durch das Zurückhalten eines Anerkennungsantrags verursachte Grundrechtsbeeinträchtigung dadurch auszuschließen, dass tatsächliche finanzielle Einbußen der betroffenen Soldaten vermieden werden.

13

Hinzu kommt, dass auch das Verwaltungsgericht sein angefochtenes Urteil nicht tragend auf einen Erfahrungssatz mit dem von der Klägerin bezeichneten Inhalt gestützt hat. Es hat vielmehr den Gesichtspunkt der Pflicht zur Erstattung von Ausbildungskosten nur als einen von mehreren Aspekten im Hinblick auf den langen Zeitraum von dem Eintritt der Klägerin in die Bundeswehr bis zu ihrem Entlassungsbegehren gewürdigt. Dabei stellt dieser Zeitraum seinerseits nur eines von mehreren von dem Verwaltungsgericht (UA S. 13 ff.) bezeichneten Indizien gegen den von der Klägerin geltend gemachten Wandlungsprozess zu einer Entscheidung gegen jegliches Töten im Krieg dar.

14

c) Erfolglos bleibt auch die dritte von der Klägerin erhobene Divergenzrüge. Mit ihrem Vortrag (unter 7. der Beschwerdebegründung), das Verwaltungsgericht habe die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellte Maxime einer wohlwollenden Beurteilung der Bekundungen eines Kriegsdienstverweigerers nicht beachtet, bezeichnet die Klägerin keine divergierenden Rechtssätze im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO. Sie rügt vielmehr einen ihrer Ansicht nach vorliegenden, für den Zulassungsgrund der Divergenz jedoch von vornherein irrelevanten Rechtsanwendungsfehler.

15

2. Die Revision ist auch nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Eine solche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist. Aus den Darlegungen der Klägerin in der Begründung ihrer Beschwerde ergibt sich nicht, dass diese Voraussetzungen hier erfüllt sind.

16

a) Die Klägerin hält (nach 1. b) der Beschwerdebegründung) die Frage für grundsätzlich bedeutsam,

"(ob) es für die Ablehnung eines Antrages auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerin aus(reicht), wenn festgestellt wird, dass das Vorliegen einer Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe nicht wahrscheinlich sei."

17

Dieser Frage kommt keine Grundsatzbedeutung zu, weil sie in einem Revisionsverfahren weder klärungsfähig noch klärungsbedürftig ist.

18

Die Frage ist nicht klärungsfähig, weil sie sich, wie sich aus den obigen Ausführungen (unter 1. a) ergibt, dem Verwaltungsgericht nicht gestellt hat und dementsprechend nicht Grundlage der angefochtenen Entscheidung geworden ist (vgl. zu dieser Konstellation zuletzt: Beschluss vom 21. Mai 2014 - BVerwG 6 B 24.14 - juris Rn. 17). An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es der Frage, weil die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bestehenden Anforderungen an den Nachweis einer Gewissensentscheidung im Sinne des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG in der oben bezeichneten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt sind.

19

b) Eine grundsätzliche Bedeutung misst die Klägerin (nach 2. b) der Beschwerdebegründung) ferner der Frage bei,

"(ob) die Inkaufnahme einer drohenden Rückzahlungsverpflichtung gem. § 56 Abs. 4 Satz 2 SG ein Indiz für das Vorliegen einer Gewissensentscheidung (ist)."

20

Die Klägerin knüpft hieran als ihrer Ansicht nach grundsätzlich bedeutsam die weiteren Fragen,

"(ob) die Bereitschaft, auf Ansprüche nach dem Soldatenversorgungsgesetz zu verzichten und Rückzahlungsverpflichtungen in erheblicher Höhe in Kauf zu nehmen, als 'tragendes Indiz' für das Vorliegen einer Gewissensentscheidung zu betrachten (ist)"

und

"(ob) die Tatsache, dass ein seine (Anerkennung als) Kriegsdienstverweigerer begehrender Soldat im Hinblick auf mit der Anerkennung verbundene finanzielle Einbußen und Rückzahlungsverpflichtungen seinen Kriegsdienstverweigerungsantrag hinauszögert, Zweifel an (der) Wahrheit (seiner Angaben) i.S.v. § 5 Nr. 3 KDVG (begründet)."

21

Auch diesen Fragen kommt mangels Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit in einem Revisionsverfahren eine grundsätzliche Bedeutung nicht zu.

22

Ausweislich der obigen Ausführungen (unter 1. b) ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass der Dienstherr auf § 56 Abs. 4 SG gestützte Ansprüche auf Erstattung von Ausbildungskosten derart auszugestalten hat, dass sich Beeinträchtigungen des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG nicht ergeben. Aus den bisherigen Darlegungen ergibt sich ferner, dass sich die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen dem Verwaltungsgericht zum einen nicht gestellt haben und dieses zum anderen den Gesichtspunkt der Pflicht zur Erstattung von Ausbildungskosten nur als einen der zahlreichen für den zu beurteilenden Einzelfall relevanten Umstände in den Blick genommen hat, so dass es keinen Anknüpfungspunkt für eine fallübergreifende Klärung im Sinne der von der Klägerin aufgeworfenen Fragen gibt.

23

c) Eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung sieht die Klägerin (unter 6. der Beschwerdebegründung) weiter darin,

"(ob) die vom Bundesverwaltungsgericht für die Kriegsdienstverweigerung von Reservisten, die den vollen Grundwehrdienst geleistet haben, entwickelten Kriterien auf die Fälle von weiblichen Zeitsoldaten anzuwenden (sind), die den Kriegsdienst aus Gewissensgründen verweigern."

24

Auch diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Grundsatzrevision. Sie bedarf nicht der revisionsgerichtlichen Klärung, weil sie anhand der Maßgaben, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung zu den von der Frage berührten Sachverhaltskomplexen bereits entwickelt hat, ohne Weiteres mit dem Verwaltungsgericht (UA S. 12 f.) bejahend beantwortet werden kann.

25

So hat das Bundesverwaltungsgericht unter der uneingeschränkten Geltung der Wehrpflicht entschieden, dass die für den Nachweis einer Gewissensentscheidung eines Reservisten gegen den Kriegsdienst anerkannten Grundsätze in Bezug auf eine Umkehr hinsichtlich der gewissensmäßigen Einstellung zum Kriegsdienst (zusammenfassend etwa: Urteil vom 2. März 1989 - BVerwG 6 C 10.87 - BVerwGE 81, 294 <295 f.> = Buchholz 448.6 § 1 KDVG Nr. 33 S. 57 f.) auch dann gelten, wenn der Grundwehrdienst in einer Sanitätseinheit geleistet wurde (Urteil vom 11. März 1981 - BVerwG 6 C 73.80 - Buchholz 448.0 § 25 WPflG Nr. 120 S. 4 f.). Das Bundesverwaltungsgericht hat ferner geklärt, dass die genannten Grundsätze ebenfalls Anwendung finden, wenn ein Zeitsoldat, der längere Zeit freiwillig Wehrdienst mit der Waffe geleistet hat, einen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer stellt (Beschluss vom 29. April 1991 - BVerwG 6 B 9.91 - Buchholz 448.6 § 1 KDVG Nr. 44 S. 77 f.). Nicht mehr zweifelhaft ist schließlich nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass im Hinblick auf die Behandlung des Begehrens von Berufs- und Zeitsoldaten des Sanitätsdienstes, als Kriegsdienstverweigerer anerkannt zu werden, im Vergleich mit Anerkennungsanträgen von - vormals -anderen Wehrpflichtigen und von anderen Soldaten der Bundeswehr keine Besonderheiten bestehen (Urteil vom 22. Februar 2012 - BVerwG 6 C 11.11 -BVerwGE 142, 48 = Buchholz 448.6 § 2 KDVG Nr. 7 Rn. 31).

26

d) In einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig und daher ohne Grundsatzbedeutung sind schließlich alle übrigen von der Klägerin (unter 3. bis 5. der Beschwerdebegründung) bezeichneten Fragestellungen. Die Fragen, ob

"die Begründung eines Kriegsdienstverweigerungsantragstellers, blauäugig und naiv eine Verpflichtung als Zeitsoldat eingegangen zu sein, Glaubwürdigkeitszweifel i.S.d. § 5 Nr. 3 KDVG (begründet), wenn ansonsten gute Schulleistungen vorliegen und schwierige Lebensverhältnisse gemeistert wurden",

ob

"das Vorbringen einer KDV-Antragstellerin Zweifel i.S.d. § 5 Nr. 3 KDVG (begründet), wenn sie vorträgt, sich im Alter von 18 oder 19 Jahren noch nicht mit der nötigen Ernsthaftigkeit mit den Aufgaben der Bundeswehr befasst zu haben",

ob

"im Falle der Kriegsdienstverweigerung einer Zeitsoldatin ein Zeitraum von mehr als zehn Jahren zwischen Dienstantritt und Antragstellung maßgeblich gegen das Vorliegen einer geltend gemachten Gewissensentscheidung im Sinne des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG (spricht)",

und ob

"der Umstand, dass eine Antragstellerin vorträgt, nach der Geburt ihres Kindes und der Schwangerschaft mit einem weiteren Kind und dessen Geburt für einen längeren Zeitraum so in Anspruch genommen gewesen zu sein, dass sie nicht in der Lage gewesen sei, die Gründe für ihre Kriegsdienstverweigerung schriftlich niederzulegen, Zweifel an der Wahrheit ihrer Angaben (begründet)",

beziehen sich handgreiflich auf die konkreten Umstände des Einzelfalls und sind einer fallübergreifenden allgemeinen Klärung nicht zugänglich.

26

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Die Antragstellerin ist als Kriegsdienstverweigerin und der Antragsteller ist als Kriegsdienstverweigerer anzuerkennen, wenn

1.
der Antrag vollständig ist (§ 2 Abs. 2),
2.
die dargelegten Beweggründe das Recht auf Kriegsdienstverweigerung zu begründen geeignet sind und
3.
das tatsächliche Gesamtvorbringen und die dem Bundesamt bekannten sonstigen Tatsachen keine Zweifel an der Wahrheit der Angaben der Antragstellerin oder des Antragstellers begründen oder die Zweifel aufgrund einer Anhörung nach § 6 nicht mehr bestehen.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 14. Januar 2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Die Klägerin ist Stabsärztin und Soldatin auf Zeit. Ihren Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerin lehnte das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben mit Bescheid vom 25. Juli 2012 ab. Das Verwaltungsgericht hat die nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens erhobene Klage abgewiesen und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Die Klägerin erstrebt mit ihrer Beschwerde die Zulassung der Revision.

II

2

Die auf die Zulassungsgründe der Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (1.) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (2.) - jeweils in Verbindung mit § 10 Abs. 2 Satz 1 und 2 KDVG und § 135 Satz 3 VwGO - gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

3

1. Eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Divergenz liegt nur vor, wenn das Ausgangsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem ebensolchen Rechtssatz abgewichen ist, den eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Dies ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO in der Beschwerdebegründung darzulegen. Den Darlegungen der Klägerin lassen sich die Merkmale einer solchen Abweichung nicht entnehmen.

4

a) Die Klägerin meint (unter 1. a) der Beschwerdebegründung), das Verwaltungsgericht habe den Rechtssatz aufgestellt (die Klägerin verweist auf UA S. 11), es reiche für eine gerichtliche Bestätigung der Ablehnung der Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer aus, wenn nicht wahrscheinlich sei, dass eine Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe getroffen worden sei. Demgegenüber habe das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluss vom 25. Mai 1984 - BVerwG 6 B 40.84 - (Buchholz 448.6 § 14 KDVG Nr. 1 S. 7) nur, was die Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer anbelange, auf den Maßstab der Wahrscheinlichkeit abgestellt und zwar dergestalt, dass ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Gewissensentscheidung sprechen müsse. Für eine ablehnende Entscheidung reiche nach den Maßgaben des Bundesverwaltungsgerichts eine Wahrscheinlichkeit im Sinne des von dem Verwaltungsgericht zu Grunde gelegten Verständnisses dagegen nicht aus.

5

Mit diesem Vortrag missversteht die Klägerin sowohl das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts als auch den angeführten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts. Tatsächlich besteht die gerügte Divergenz nicht.

6

Sowohl der von der Klägerin zitierte Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Mai 1984 (a.a.O.) als auch das angefochtene Urteil (UA S. 12) nehmen wegen der Anforderungen an den Nachweis einer Gewissensentscheidung im Sinne des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Oktober 1972 - BVerwG 8 C 46.72 - (BVerwGE 41, 53 <58>) Bezug. In diesem Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, ein voller Beweis dafür, dass der Kriegsdienst aus durch Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten Gewissensgründen verweigert werde, lasse sich häufig nicht führen. Deshalb müsse im verwaltungsgerichtlichen Verfahren insoweit ein auf Grund aller in Betracht kommenden Umstände ermittelter hoher Grad von Wahrscheinlichkeit genügen. Könne sich jedoch das Gericht auch bei wohlwollender Beurteilung des Sachverhalts im Rahmen der ihm obliegenden Beweiswürdigung nicht dazu entschließen, das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen der erforderlichen Gewissensentscheidung abschließend zu bejahen, gehe dies nach den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts zu Lasten des seine Anerkennung begehrenden Kriegsdienstverweigerers.

7

Der Maßstab des dergestalt umschriebenen hohen Grades von Wahrscheinlichkeit einer Gewissensentscheidung stimmt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mit demjenigen der Überzeugung, dass eine solche Entscheidung hinreichend sicher angenommen werden kann, überein (Beschluss vom 25. Mai 1984 a.a.O., Urteil vom 24. Oktober 1984 - BVerwG 6 C 49.84 - BVerwGE 70, 216 <220 f.> = Buchholz 448.6 § 14 KDVG Nr. 4 S. 17). Ist dieser letztgenannte Maßstab nicht erfüllt, bestehen wiederum Zweifel an der Wahrheit der Angaben des Antragstellers im Sinne des § 5 Nr. 3 KDVG (BTDrucks 15/908 S. 10).

8

Hiernach gibt es die von der Klägerin behaupteten unterschiedlichen Maßstäbe für die Anerkennung bzw. die Ablehnung eines Rechts zur Kriegsdienstverweigerung in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht. Die Entscheidung richtet sich vielmehr insgesamt danach, ob eine Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst - jedenfalls - mit hoher Wahrscheinlichkeit bzw. hinreichend sicher bejaht werden kann oder nicht. Nach ebendiesen Vorgaben und nicht nach dem von der Klägerin unterstellten reduzierten Aufklärungsmaßstab hat das Verwaltungsgericht, wie sich aus dem weiteren Zusammenhang der von der Klägerin in Bezug genommenen Ausführungen des angefochtenen Urteils (UA S. 11 bis 13) ergibt, das Anerkennungsbegehren der Klägerin beurteilt.

9

b) Die Klägerin wirft dem Verwaltungsgericht ferner vor (unter 2. a) der Beschwerdebegründung, auf UA S. 17 verweisend), es habe in Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einen Rechtssatz aufgestellt, demzufolge der Umstand, dass sich ein Kriegsdienstverweigerer wegen der zu erwartenden, auf § 56 Abs. 4 SG gestützten Forderung des Dienstherrn auf Erstattung von Ausbildungskosten von der Geltendmachung einer Gewissensentscheidung auch nur vorübergehend abhalten lasse, gegen das Vorliegen einer solchen Gewissensentscheidung spreche. Das Bundesverwaltungsgericht sei im Gegensatz hierzu in dem Urteil vom 30. März 2006 - BVerwG 2 C 18.05 - (Buchholz 449 § 56 SG Nr. 3 Rn. 16) davon ausgegangen, dass eine Gewissensentscheidung getroffen worden sein könne und der Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer gleichwohl aus Gründen der zu erwartenden finanziellen Belastung gar nicht oder erst später gestellt werde.

10

Auch die derart begründete Abweichung besteht bei zutreffendem Verständnis der in Rede stehenden Entscheidungen nicht.

11

Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem von der Klägerin benannten Urteil vom 30. März 2006 (a.a.O. Rn. 13 ff.) dargelegt, dass die in § 56 Abs. 4 SG statuierte Erstattungspflicht mit Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG vereinbar sei, wenn und soweit sie nicht ein Druckmittel darstelle, das die betroffenen Soldaten von der Grundrechtsausübung abhalte, sondern als Instrument des wirtschaftlichen Vorteilsausgleichs eingesetzt werde. Dies sei über eine entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG sicherzustellen, die den Dienstherrn ermächtige, auf die Erstattung ganz oder teilweise zu verzichten, wenn diese für den früheren Soldaten eine besondere Härte bedeute. Die Erstattungsverpflichtung, der sich ein wegen seiner Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer entlassener Soldat gegenübersehe, sei als besondere Härte im Sinne der Vorschrift zu werten. Denn der Betroffene befinde sich in einer Zwanglage, der er sich nicht entziehen könne, weil er zwar der Erstattungsverpflichtung dadurch entgehen könnte, dass er den für die Anerkennung seiner Gewissensentscheidung erforderlichen Antrag nicht stelle und so im Wehrdienstverhältnis verbleibe, damit aber seinem Gewissen zuwider handeln müsste. Die grundrechtliche Gewährleistung des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG fordere deshalb, dass der Dienstherr sich im Rahmen des von ihm nach § 56 Abs. 4 Satz 3 SG auszuübenden Ermessens für eine Reduzierung der Erstattungsforderung auf denjenigen Betrag entscheide, den der als Kriegsdienstverweigerer anerkannte Soldat dadurch erspart habe, dass der Dienstherr ihm den Erwerb von Spezialkenntnissen und Fähigkeiten, die im weiteren Berufsleben von Nutzen seien, finanziert habe. Durch diese Abschöpfung nur des erst durch die Ausbildung erworbenen finanziellen Vorteils werde sichergestellt, dass die Erstattung nicht zu einer Maßnahme werde, die den Betroffenen von der Stellung eines Antrags auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer abschrecke.

12

Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass das Bundesverwaltungsgericht entgegen der Ansicht der Klägerin gerade nicht davon ausgegangen ist, dass ein Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer trotz getroffener Gewissensentscheidung wegen zu erwartender finanzieller Nachteile nicht oder mit zeitlicher Verzögerung gestellt wird. Die Gründe des in Rede stehenden Urteils zielen im Gegenteil darauf, eine durch das Zurückhalten eines Anerkennungsantrags verursachte Grundrechtsbeeinträchtigung dadurch auszuschließen, dass tatsächliche finanzielle Einbußen der betroffenen Soldaten vermieden werden.

13

Hinzu kommt, dass auch das Verwaltungsgericht sein angefochtenes Urteil nicht tragend auf einen Erfahrungssatz mit dem von der Klägerin bezeichneten Inhalt gestützt hat. Es hat vielmehr den Gesichtspunkt der Pflicht zur Erstattung von Ausbildungskosten nur als einen von mehreren Aspekten im Hinblick auf den langen Zeitraum von dem Eintritt der Klägerin in die Bundeswehr bis zu ihrem Entlassungsbegehren gewürdigt. Dabei stellt dieser Zeitraum seinerseits nur eines von mehreren von dem Verwaltungsgericht (UA S. 13 ff.) bezeichneten Indizien gegen den von der Klägerin geltend gemachten Wandlungsprozess zu einer Entscheidung gegen jegliches Töten im Krieg dar.

14

c) Erfolglos bleibt auch die dritte von der Klägerin erhobene Divergenzrüge. Mit ihrem Vortrag (unter 7. der Beschwerdebegründung), das Verwaltungsgericht habe die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellte Maxime einer wohlwollenden Beurteilung der Bekundungen eines Kriegsdienstverweigerers nicht beachtet, bezeichnet die Klägerin keine divergierenden Rechtssätze im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO. Sie rügt vielmehr einen ihrer Ansicht nach vorliegenden, für den Zulassungsgrund der Divergenz jedoch von vornherein irrelevanten Rechtsanwendungsfehler.

15

2. Die Revision ist auch nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Eine solche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist. Aus den Darlegungen der Klägerin in der Begründung ihrer Beschwerde ergibt sich nicht, dass diese Voraussetzungen hier erfüllt sind.

16

a) Die Klägerin hält (nach 1. b) der Beschwerdebegründung) die Frage für grundsätzlich bedeutsam,

"(ob) es für die Ablehnung eines Antrages auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerin aus(reicht), wenn festgestellt wird, dass das Vorliegen einer Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe nicht wahrscheinlich sei."

17

Dieser Frage kommt keine Grundsatzbedeutung zu, weil sie in einem Revisionsverfahren weder klärungsfähig noch klärungsbedürftig ist.

18

Die Frage ist nicht klärungsfähig, weil sie sich, wie sich aus den obigen Ausführungen (unter 1. a) ergibt, dem Verwaltungsgericht nicht gestellt hat und dementsprechend nicht Grundlage der angefochtenen Entscheidung geworden ist (vgl. zu dieser Konstellation zuletzt: Beschluss vom 21. Mai 2014 - BVerwG 6 B 24.14 - juris Rn. 17). An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es der Frage, weil die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bestehenden Anforderungen an den Nachweis einer Gewissensentscheidung im Sinne des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG in der oben bezeichneten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt sind.

19

b) Eine grundsätzliche Bedeutung misst die Klägerin (nach 2. b) der Beschwerdebegründung) ferner der Frage bei,

"(ob) die Inkaufnahme einer drohenden Rückzahlungsverpflichtung gem. § 56 Abs. 4 Satz 2 SG ein Indiz für das Vorliegen einer Gewissensentscheidung (ist)."

20

Die Klägerin knüpft hieran als ihrer Ansicht nach grundsätzlich bedeutsam die weiteren Fragen,

"(ob) die Bereitschaft, auf Ansprüche nach dem Soldatenversorgungsgesetz zu verzichten und Rückzahlungsverpflichtungen in erheblicher Höhe in Kauf zu nehmen, als 'tragendes Indiz' für das Vorliegen einer Gewissensentscheidung zu betrachten (ist)"

und

"(ob) die Tatsache, dass ein seine (Anerkennung als) Kriegsdienstverweigerer begehrender Soldat im Hinblick auf mit der Anerkennung verbundene finanzielle Einbußen und Rückzahlungsverpflichtungen seinen Kriegsdienstverweigerungsantrag hinauszögert, Zweifel an (der) Wahrheit (seiner Angaben) i.S.v. § 5 Nr. 3 KDVG (begründet)."

21

Auch diesen Fragen kommt mangels Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit in einem Revisionsverfahren eine grundsätzliche Bedeutung nicht zu.

22

Ausweislich der obigen Ausführungen (unter 1. b) ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass der Dienstherr auf § 56 Abs. 4 SG gestützte Ansprüche auf Erstattung von Ausbildungskosten derart auszugestalten hat, dass sich Beeinträchtigungen des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG nicht ergeben. Aus den bisherigen Darlegungen ergibt sich ferner, dass sich die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen dem Verwaltungsgericht zum einen nicht gestellt haben und dieses zum anderen den Gesichtspunkt der Pflicht zur Erstattung von Ausbildungskosten nur als einen der zahlreichen für den zu beurteilenden Einzelfall relevanten Umstände in den Blick genommen hat, so dass es keinen Anknüpfungspunkt für eine fallübergreifende Klärung im Sinne der von der Klägerin aufgeworfenen Fragen gibt.

23

c) Eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung sieht die Klägerin (unter 6. der Beschwerdebegründung) weiter darin,

"(ob) die vom Bundesverwaltungsgericht für die Kriegsdienstverweigerung von Reservisten, die den vollen Grundwehrdienst geleistet haben, entwickelten Kriterien auf die Fälle von weiblichen Zeitsoldaten anzuwenden (sind), die den Kriegsdienst aus Gewissensgründen verweigern."

24

Auch diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Grundsatzrevision. Sie bedarf nicht der revisionsgerichtlichen Klärung, weil sie anhand der Maßgaben, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung zu den von der Frage berührten Sachverhaltskomplexen bereits entwickelt hat, ohne Weiteres mit dem Verwaltungsgericht (UA S. 12 f.) bejahend beantwortet werden kann.

25

So hat das Bundesverwaltungsgericht unter der uneingeschränkten Geltung der Wehrpflicht entschieden, dass die für den Nachweis einer Gewissensentscheidung eines Reservisten gegen den Kriegsdienst anerkannten Grundsätze in Bezug auf eine Umkehr hinsichtlich der gewissensmäßigen Einstellung zum Kriegsdienst (zusammenfassend etwa: Urteil vom 2. März 1989 - BVerwG 6 C 10.87 - BVerwGE 81, 294 <295 f.> = Buchholz 448.6 § 1 KDVG Nr. 33 S. 57 f.) auch dann gelten, wenn der Grundwehrdienst in einer Sanitätseinheit geleistet wurde (Urteil vom 11. März 1981 - BVerwG 6 C 73.80 - Buchholz 448.0 § 25 WPflG Nr. 120 S. 4 f.). Das Bundesverwaltungsgericht hat ferner geklärt, dass die genannten Grundsätze ebenfalls Anwendung finden, wenn ein Zeitsoldat, der längere Zeit freiwillig Wehrdienst mit der Waffe geleistet hat, einen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer stellt (Beschluss vom 29. April 1991 - BVerwG 6 B 9.91 - Buchholz 448.6 § 1 KDVG Nr. 44 S. 77 f.). Nicht mehr zweifelhaft ist schließlich nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass im Hinblick auf die Behandlung des Begehrens von Berufs- und Zeitsoldaten des Sanitätsdienstes, als Kriegsdienstverweigerer anerkannt zu werden, im Vergleich mit Anerkennungsanträgen von - vormals -anderen Wehrpflichtigen und von anderen Soldaten der Bundeswehr keine Besonderheiten bestehen (Urteil vom 22. Februar 2012 - BVerwG 6 C 11.11 -BVerwGE 142, 48 = Buchholz 448.6 § 2 KDVG Nr. 7 Rn. 31).

26

d) In einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig und daher ohne Grundsatzbedeutung sind schließlich alle übrigen von der Klägerin (unter 3. bis 5. der Beschwerdebegründung) bezeichneten Fragestellungen. Die Fragen, ob

"die Begründung eines Kriegsdienstverweigerungsantragstellers, blauäugig und naiv eine Verpflichtung als Zeitsoldat eingegangen zu sein, Glaubwürdigkeitszweifel i.S.d. § 5 Nr. 3 KDVG (begründet), wenn ansonsten gute Schulleistungen vorliegen und schwierige Lebensverhältnisse gemeistert wurden",

ob

"das Vorbringen einer KDV-Antragstellerin Zweifel i.S.d. § 5 Nr. 3 KDVG (begründet), wenn sie vorträgt, sich im Alter von 18 oder 19 Jahren noch nicht mit der nötigen Ernsthaftigkeit mit den Aufgaben der Bundeswehr befasst zu haben",

ob

"im Falle der Kriegsdienstverweigerung einer Zeitsoldatin ein Zeitraum von mehr als zehn Jahren zwischen Dienstantritt und Antragstellung maßgeblich gegen das Vorliegen einer geltend gemachten Gewissensentscheidung im Sinne des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG (spricht)",

und ob

"der Umstand, dass eine Antragstellerin vorträgt, nach der Geburt ihres Kindes und der Schwangerschaft mit einem weiteren Kind und dessen Geburt für einen längeren Zeitraum so in Anspruch genommen gewesen zu sein, dass sie nicht in der Lage gewesen sei, die Gründe für ihre Kriegsdienstverweigerung schriftlich niederzulegen, Zweifel an der Wahrheit ihrer Angaben (begründet)",

beziehen sich handgreiflich auf die konkreten Umstände des Einzelfalls und sind einer fallübergreifenden allgemeinen Klärung nicht zugänglich.

26

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Die Antragstellerin ist als Kriegsdienstverweigerin und der Antragsteller ist als Kriegsdienstverweigerer anzuerkennen, wenn

1.
der Antrag vollständig ist (§ 2 Abs. 2),
2.
die dargelegten Beweggründe das Recht auf Kriegsdienstverweigerung zu begründen geeignet sind und
3.
das tatsächliche Gesamtvorbringen und die dem Bundesamt bekannten sonstigen Tatsachen keine Zweifel an der Wahrheit der Angaben der Antragstellerin oder des Antragstellers begründen oder die Zweifel aufgrund einer Anhörung nach § 6 nicht mehr bestehen.

Tenor

Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Verwaltungsgerichts Minden vom 14. Januar 2014 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

I

1

Die Klägerin ist Stabsärztin und Soldatin auf Zeit. Ihren Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerin lehnte das Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben mit Bescheid vom 25. Juli 2012 ab. Das Verwaltungsgericht hat die nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens erhobene Klage abgewiesen und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Die Klägerin erstrebt mit ihrer Beschwerde die Zulassung der Revision.

II

2

Die auf die Zulassungsgründe der Divergenz nach § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (1.) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (2.) - jeweils in Verbindung mit § 10 Abs. 2 Satz 1 und 2 KDVG und § 135 Satz 3 VwGO - gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

3

1. Eine die Zulassung der Revision rechtfertigende Divergenz liegt nur vor, wenn das Ausgangsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem ebensolchen Rechtssatz abgewichen ist, den eines der in § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO genannten Gerichte in Anwendung derselben Rechtsvorschrift aufgestellt hat. Dies ist gemäß § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO in der Beschwerdebegründung darzulegen. Den Darlegungen der Klägerin lassen sich die Merkmale einer solchen Abweichung nicht entnehmen.

4

a) Die Klägerin meint (unter 1. a) der Beschwerdebegründung), das Verwaltungsgericht habe den Rechtssatz aufgestellt (die Klägerin verweist auf UA S. 11), es reiche für eine gerichtliche Bestätigung der Ablehnung der Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer aus, wenn nicht wahrscheinlich sei, dass eine Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe getroffen worden sei. Demgegenüber habe das Bundesverwaltungsgericht in dem Beschluss vom 25. Mai 1984 - BVerwG 6 B 40.84 - (Buchholz 448.6 § 14 KDVG Nr. 1 S. 7) nur, was die Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer anbelange, auf den Maßstab der Wahrscheinlichkeit abgestellt und zwar dergestalt, dass ein hohes Maß an Wahrscheinlichkeit für das Vorliegen einer Gewissensentscheidung sprechen müsse. Für eine ablehnende Entscheidung reiche nach den Maßgaben des Bundesverwaltungsgerichts eine Wahrscheinlichkeit im Sinne des von dem Verwaltungsgericht zu Grunde gelegten Verständnisses dagegen nicht aus.

5

Mit diesem Vortrag missversteht die Klägerin sowohl das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts als auch den angeführten Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts. Tatsächlich besteht die gerügte Divergenz nicht.

6

Sowohl der von der Klägerin zitierte Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Mai 1984 (a.a.O.) als auch das angefochtene Urteil (UA S. 12) nehmen wegen der Anforderungen an den Nachweis einer Gewissensentscheidung im Sinne des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Oktober 1972 - BVerwG 8 C 46.72 - (BVerwGE 41, 53 <58>) Bezug. In diesem Urteil hat das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt, ein voller Beweis dafür, dass der Kriegsdienst aus durch Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG geschützten Gewissensgründen verweigert werde, lasse sich häufig nicht führen. Deshalb müsse im verwaltungsgerichtlichen Verfahren insoweit ein auf Grund aller in Betracht kommenden Umstände ermittelter hoher Grad von Wahrscheinlichkeit genügen. Könne sich jedoch das Gericht auch bei wohlwollender Beurteilung des Sachverhalts im Rahmen der ihm obliegenden Beweiswürdigung nicht dazu entschließen, das Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen der erforderlichen Gewissensentscheidung abschließend zu bejahen, gehe dies nach den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts zu Lasten des seine Anerkennung begehrenden Kriegsdienstverweigerers.

7

Der Maßstab des dergestalt umschriebenen hohen Grades von Wahrscheinlichkeit einer Gewissensentscheidung stimmt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts mit demjenigen der Überzeugung, dass eine solche Entscheidung hinreichend sicher angenommen werden kann, überein (Beschluss vom 25. Mai 1984 a.a.O., Urteil vom 24. Oktober 1984 - BVerwG 6 C 49.84 - BVerwGE 70, 216 <220 f.> = Buchholz 448.6 § 14 KDVG Nr. 4 S. 17). Ist dieser letztgenannte Maßstab nicht erfüllt, bestehen wiederum Zweifel an der Wahrheit der Angaben des Antragstellers im Sinne des § 5 Nr. 3 KDVG (BTDrucks 15/908 S. 10).

8

Hiernach gibt es die von der Klägerin behaupteten unterschiedlichen Maßstäbe für die Anerkennung bzw. die Ablehnung eines Rechts zur Kriegsdienstverweigerung in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht. Die Entscheidung richtet sich vielmehr insgesamt danach, ob eine Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst - jedenfalls - mit hoher Wahrscheinlichkeit bzw. hinreichend sicher bejaht werden kann oder nicht. Nach ebendiesen Vorgaben und nicht nach dem von der Klägerin unterstellten reduzierten Aufklärungsmaßstab hat das Verwaltungsgericht, wie sich aus dem weiteren Zusammenhang der von der Klägerin in Bezug genommenen Ausführungen des angefochtenen Urteils (UA S. 11 bis 13) ergibt, das Anerkennungsbegehren der Klägerin beurteilt.

9

b) Die Klägerin wirft dem Verwaltungsgericht ferner vor (unter 2. a) der Beschwerdebegründung, auf UA S. 17 verweisend), es habe in Abweichung von der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einen Rechtssatz aufgestellt, demzufolge der Umstand, dass sich ein Kriegsdienstverweigerer wegen der zu erwartenden, auf § 56 Abs. 4 SG gestützten Forderung des Dienstherrn auf Erstattung von Ausbildungskosten von der Geltendmachung einer Gewissensentscheidung auch nur vorübergehend abhalten lasse, gegen das Vorliegen einer solchen Gewissensentscheidung spreche. Das Bundesverwaltungsgericht sei im Gegensatz hierzu in dem Urteil vom 30. März 2006 - BVerwG 2 C 18.05 - (Buchholz 449 § 56 SG Nr. 3 Rn. 16) davon ausgegangen, dass eine Gewissensentscheidung getroffen worden sein könne und der Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer gleichwohl aus Gründen der zu erwartenden finanziellen Belastung gar nicht oder erst später gestellt werde.

10

Auch die derart begründete Abweichung besteht bei zutreffendem Verständnis der in Rede stehenden Entscheidungen nicht.

11

Das Bundesverwaltungsgericht hat in dem von der Klägerin benannten Urteil vom 30. März 2006 (a.a.O. Rn. 13 ff.) dargelegt, dass die in § 56 Abs. 4 SG statuierte Erstattungspflicht mit Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG vereinbar sei, wenn und soweit sie nicht ein Druckmittel darstelle, das die betroffenen Soldaten von der Grundrechtsausübung abhalte, sondern als Instrument des wirtschaftlichen Vorteilsausgleichs eingesetzt werde. Dies sei über eine entsprechende Anwendung der Vorschrift des § 56 Abs. 4 Satz 3 SG sicherzustellen, die den Dienstherrn ermächtige, auf die Erstattung ganz oder teilweise zu verzichten, wenn diese für den früheren Soldaten eine besondere Härte bedeute. Die Erstattungsverpflichtung, der sich ein wegen seiner Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer entlassener Soldat gegenübersehe, sei als besondere Härte im Sinne der Vorschrift zu werten. Denn der Betroffene befinde sich in einer Zwanglage, der er sich nicht entziehen könne, weil er zwar der Erstattungsverpflichtung dadurch entgehen könnte, dass er den für die Anerkennung seiner Gewissensentscheidung erforderlichen Antrag nicht stelle und so im Wehrdienstverhältnis verbleibe, damit aber seinem Gewissen zuwider handeln müsste. Die grundrechtliche Gewährleistung des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG fordere deshalb, dass der Dienstherr sich im Rahmen des von ihm nach § 56 Abs. 4 Satz 3 SG auszuübenden Ermessens für eine Reduzierung der Erstattungsforderung auf denjenigen Betrag entscheide, den der als Kriegsdienstverweigerer anerkannte Soldat dadurch erspart habe, dass der Dienstherr ihm den Erwerb von Spezialkenntnissen und Fähigkeiten, die im weiteren Berufsleben von Nutzen seien, finanziert habe. Durch diese Abschöpfung nur des erst durch die Ausbildung erworbenen finanziellen Vorteils werde sichergestellt, dass die Erstattung nicht zu einer Maßnahme werde, die den Betroffenen von der Stellung eines Antrags auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer abschrecke.

12

Aus diesen Ausführungen ergibt sich, dass das Bundesverwaltungsgericht entgegen der Ansicht der Klägerin gerade nicht davon ausgegangen ist, dass ein Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer trotz getroffener Gewissensentscheidung wegen zu erwartender finanzieller Nachteile nicht oder mit zeitlicher Verzögerung gestellt wird. Die Gründe des in Rede stehenden Urteils zielen im Gegenteil darauf, eine durch das Zurückhalten eines Anerkennungsantrags verursachte Grundrechtsbeeinträchtigung dadurch auszuschließen, dass tatsächliche finanzielle Einbußen der betroffenen Soldaten vermieden werden.

13

Hinzu kommt, dass auch das Verwaltungsgericht sein angefochtenes Urteil nicht tragend auf einen Erfahrungssatz mit dem von der Klägerin bezeichneten Inhalt gestützt hat. Es hat vielmehr den Gesichtspunkt der Pflicht zur Erstattung von Ausbildungskosten nur als einen von mehreren Aspekten im Hinblick auf den langen Zeitraum von dem Eintritt der Klägerin in die Bundeswehr bis zu ihrem Entlassungsbegehren gewürdigt. Dabei stellt dieser Zeitraum seinerseits nur eines von mehreren von dem Verwaltungsgericht (UA S. 13 ff.) bezeichneten Indizien gegen den von der Klägerin geltend gemachten Wandlungsprozess zu einer Entscheidung gegen jegliches Töten im Krieg dar.

14

c) Erfolglos bleibt auch die dritte von der Klägerin erhobene Divergenzrüge. Mit ihrem Vortrag (unter 7. der Beschwerdebegründung), das Verwaltungsgericht habe die in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aufgestellte Maxime einer wohlwollenden Beurteilung der Bekundungen eines Kriegsdienstverweigerers nicht beachtet, bezeichnet die Klägerin keine divergierenden Rechtssätze im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO. Sie rügt vielmehr einen ihrer Ansicht nach vorliegenden, für den Zulassungsgrund der Divergenz jedoch von vornherein irrelevanten Rechtsanwendungsfehler.

15

2. Die Revision ist auch nicht wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzulassen. Eine solche Bedeutung kommt einer Rechtssache nur zu, wenn für die angefochtene Entscheidung der Vorinstanz eine konkrete, fallübergreifende und bislang höchstrichterlich ungeklärte Rechtsfrage des revisiblen Rechts von Bedeutung war, deren Klärung im Revisionsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist. Aus den Darlegungen der Klägerin in der Begründung ihrer Beschwerde ergibt sich nicht, dass diese Voraussetzungen hier erfüllt sind.

16

a) Die Klägerin hält (nach 1. b) der Beschwerdebegründung) die Frage für grundsätzlich bedeutsam,

"(ob) es für die Ablehnung eines Antrages auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerin aus(reicht), wenn festgestellt wird, dass das Vorliegen einer Gewissensentscheidung gegen den Kriegsdienst mit der Waffe nicht wahrscheinlich sei."

17

Dieser Frage kommt keine Grundsatzbedeutung zu, weil sie in einem Revisionsverfahren weder klärungsfähig noch klärungsbedürftig ist.

18

Die Frage ist nicht klärungsfähig, weil sie sich, wie sich aus den obigen Ausführungen (unter 1. a) ergibt, dem Verwaltungsgericht nicht gestellt hat und dementsprechend nicht Grundlage der angefochtenen Entscheidung geworden ist (vgl. zu dieser Konstellation zuletzt: Beschluss vom 21. Mai 2014 - BVerwG 6 B 24.14 - juris Rn. 17). An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es der Frage, weil die im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bestehenden Anforderungen an den Nachweis einer Gewissensentscheidung im Sinne des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG in der oben bezeichneten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bereits geklärt sind.

19

b) Eine grundsätzliche Bedeutung misst die Klägerin (nach 2. b) der Beschwerdebegründung) ferner der Frage bei,

"(ob) die Inkaufnahme einer drohenden Rückzahlungsverpflichtung gem. § 56 Abs. 4 Satz 2 SG ein Indiz für das Vorliegen einer Gewissensentscheidung (ist)."

20

Die Klägerin knüpft hieran als ihrer Ansicht nach grundsätzlich bedeutsam die weiteren Fragen,

"(ob) die Bereitschaft, auf Ansprüche nach dem Soldatenversorgungsgesetz zu verzichten und Rückzahlungsverpflichtungen in erheblicher Höhe in Kauf zu nehmen, als 'tragendes Indiz' für das Vorliegen einer Gewissensentscheidung zu betrachten (ist)"

und

"(ob) die Tatsache, dass ein seine (Anerkennung als) Kriegsdienstverweigerer begehrender Soldat im Hinblick auf mit der Anerkennung verbundene finanzielle Einbußen und Rückzahlungsverpflichtungen seinen Kriegsdienstverweigerungsantrag hinauszögert, Zweifel an (der) Wahrheit (seiner Angaben) i.S.v. § 5 Nr. 3 KDVG (begründet)."

21

Auch diesen Fragen kommt mangels Klärungsbedürftigkeit und Klärungsfähigkeit in einem Revisionsverfahren eine grundsätzliche Bedeutung nicht zu.

22

Ausweislich der obigen Ausführungen (unter 1. b) ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass der Dienstherr auf § 56 Abs. 4 SG gestützte Ansprüche auf Erstattung von Ausbildungskosten derart auszugestalten hat, dass sich Beeinträchtigungen des Grundrechts aus Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG nicht ergeben. Aus den bisherigen Darlegungen ergibt sich ferner, dass sich die von der Klägerin aufgeworfenen Fragen dem Verwaltungsgericht zum einen nicht gestellt haben und dieses zum anderen den Gesichtspunkt der Pflicht zur Erstattung von Ausbildungskosten nur als einen der zahlreichen für den zu beurteilenden Einzelfall relevanten Umstände in den Blick genommen hat, so dass es keinen Anknüpfungspunkt für eine fallübergreifende Klärung im Sinne der von der Klägerin aufgeworfenen Fragen gibt.

23

c) Eine Frage von grundsätzlicher Bedeutung sieht die Klägerin (unter 6. der Beschwerdebegründung) weiter darin,

"(ob) die vom Bundesverwaltungsgericht für die Kriegsdienstverweigerung von Reservisten, die den vollen Grundwehrdienst geleistet haben, entwickelten Kriterien auf die Fälle von weiblichen Zeitsoldaten anzuwenden (sind), die den Kriegsdienst aus Gewissensgründen verweigern."

24

Auch diese Frage rechtfertigt nicht die Zulassung der Grundsatzrevision. Sie bedarf nicht der revisionsgerichtlichen Klärung, weil sie anhand der Maßgaben, die das Bundesverwaltungsgericht in seiner Rechtsprechung zu den von der Frage berührten Sachverhaltskomplexen bereits entwickelt hat, ohne Weiteres mit dem Verwaltungsgericht (UA S. 12 f.) bejahend beantwortet werden kann.

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So hat das Bundesverwaltungsgericht unter der uneingeschränkten Geltung der Wehrpflicht entschieden, dass die für den Nachweis einer Gewissensentscheidung eines Reservisten gegen den Kriegsdienst anerkannten Grundsätze in Bezug auf eine Umkehr hinsichtlich der gewissensmäßigen Einstellung zum Kriegsdienst (zusammenfassend etwa: Urteil vom 2. März 1989 - BVerwG 6 C 10.87 - BVerwGE 81, 294 <295 f.> = Buchholz 448.6 § 1 KDVG Nr. 33 S. 57 f.) auch dann gelten, wenn der Grundwehrdienst in einer Sanitätseinheit geleistet wurde (Urteil vom 11. März 1981 - BVerwG 6 C 73.80 - Buchholz 448.0 § 25 WPflG Nr. 120 S. 4 f.). Das Bundesverwaltungsgericht hat ferner geklärt, dass die genannten Grundsätze ebenfalls Anwendung finden, wenn ein Zeitsoldat, der längere Zeit freiwillig Wehrdienst mit der Waffe geleistet hat, einen Antrag auf Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer stellt (Beschluss vom 29. April 1991 - BVerwG 6 B 9.91 - Buchholz 448.6 § 1 KDVG Nr. 44 S. 77 f.). Nicht mehr zweifelhaft ist schließlich nach der neueren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass im Hinblick auf die Behandlung des Begehrens von Berufs- und Zeitsoldaten des Sanitätsdienstes, als Kriegsdienstverweigerer anerkannt zu werden, im Vergleich mit Anerkennungsanträgen von - vormals -anderen Wehrpflichtigen und von anderen Soldaten der Bundeswehr keine Besonderheiten bestehen (Urteil vom 22. Februar 2012 - BVerwG 6 C 11.11 -BVerwGE 142, 48 = Buchholz 448.6 § 2 KDVG Nr. 7 Rn. 31).

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d) In einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig und daher ohne Grundsatzbedeutung sind schließlich alle übrigen von der Klägerin (unter 3. bis 5. der Beschwerdebegründung) bezeichneten Fragestellungen. Die Fragen, ob

"die Begründung eines Kriegsdienstverweigerungsantragstellers, blauäugig und naiv eine Verpflichtung als Zeitsoldat eingegangen zu sein, Glaubwürdigkeitszweifel i.S.d. § 5 Nr. 3 KDVG (begründet), wenn ansonsten gute Schulleistungen vorliegen und schwierige Lebensverhältnisse gemeistert wurden",

ob

"das Vorbringen einer KDV-Antragstellerin Zweifel i.S.d. § 5 Nr. 3 KDVG (begründet), wenn sie vorträgt, sich im Alter von 18 oder 19 Jahren noch nicht mit der nötigen Ernsthaftigkeit mit den Aufgaben der Bundeswehr befasst zu haben",

ob

"im Falle der Kriegsdienstverweigerung einer Zeitsoldatin ein Zeitraum von mehr als zehn Jahren zwischen Dienstantritt und Antragstellung maßgeblich gegen das Vorliegen einer geltend gemachten Gewissensentscheidung im Sinne des Art. 4 Abs. 3 Satz 1 GG (spricht)",

und ob

"der Umstand, dass eine Antragstellerin vorträgt, nach der Geburt ihres Kindes und der Schwangerschaft mit einem weiteren Kind und dessen Geburt für einen längeren Zeitraum so in Anspruch genommen gewesen zu sein, dass sie nicht in der Lage gewesen sei, die Gründe für ihre Kriegsdienstverweigerung schriftlich niederzulegen, Zweifel an der Wahrheit ihrer Angaben (begründet)",

beziehen sich handgreiflich auf die konkreten Umstände des Einzelfalls und sind einer fallübergreifenden allgemeinen Klärung nicht zugänglich.

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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Die Antragstellerin ist als Kriegsdienstverweigerin und der Antragsteller ist als Kriegsdienstverweigerer anzuerkennen, wenn

1.
der Antrag vollständig ist (§ 2 Abs. 2),
2.
die dargelegten Beweggründe das Recht auf Kriegsdienstverweigerung zu begründen geeignet sind und
3.
das tatsächliche Gesamtvorbringen und die dem Bundesamt bekannten sonstigen Tatsachen keine Zweifel an der Wahrheit der Angaben der Antragstellerin oder des Antragstellers begründen oder die Zweifel aufgrund einer Anhörung nach § 6 nicht mehr bestehen.

(1) Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.

(2) Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet.

(3) Niemand darf gegen sein Gewissen zum Kriegsdienst mit der Waffe gezwungen werden. Das Nähere regelt ein Bundesgesetz.

(1) Wer aus Gewissensgründen unter Berufung auf das Grundrecht der Kriegsdienstverweigerung im Sinne des Artikels 4 Abs. 3 Satz 1 des Grundgesetzes den Kriegsdienst mit der Waffe verweigert, wird nach den Vorschriften dieses Gesetzes als Kriegsdienstverweigerin oder Kriegsdienstverweigerer anerkannt.

(2) Wehrpflichtige, die als Kriegsdienstverweigerer anerkannt worden sind, haben im Spannungs- oder Verteidigungsfall statt des Wehrdienstes Zivildienst außerhalb der Bundeswehr als Ersatzdienst nach Artikel 12a Absatz 2 des Grundgesetzes zu leisten.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.

Gegen das Urteil eines Verwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 2) steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn durch Bundesgesetz die Berufung ausgeschlossen ist. Die Revision kann nur eingelegt werden, wenn das Verwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat. Für die Zulassung gelten die §§ 132 und 133 entsprechend.

(1) Im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht und dem Bundesverwaltungsgericht gelten die §§ 8 und 9 Abs. 2 entsprechend. § 67 der Verwaltungsgerichtsordnung bleibt unberührt.

(2) Die Berufung gegen ein Urteil und die Beschwerde gegen eine andere Entscheidung des Verwaltungsgerichts sind ausgeschlossen. Das gilt nicht für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision nach § 135 in Verbindung mit § 133 der Verwaltungsgerichtsordnung und die Beschwerde gegen Beschlüsse über den Rechtsweg nach § 17a Abs. 2 und 3 des Gerichtsverfassungsgesetzes. Auf die Beschwerde gegen Beschlüsse über den Rechtsweg ist § 17a Abs. 4 Satz 4 bis 6 des Gerichtsverfassungsgesetzes entsprechend anzuwenden.